200 Jahre Code d’instruction criminelle - Le Bicentenaire du Code d'instruction criminelle, hg. v. Jung, Heike/Leblois-Happe, Jocelyne/Witz, Claude (= Saarbrücker Studien zum internationalen Recht 44). Nomos, Basen-Baden 2010. 248 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen I. Code pénal et code d’instruction criminelle – Livre du bicentenaire. Dalloz, Paris 2010. XI, 828 S. Besprochen von Werner Schubert.
II. Du compromis au dysfonctionnement – les destinées du Code d’instruction criminelle, 1808-2008. Actes du colloque international, Lille, 24 et 25 janvier 2008 (organisé par) le Centre d’histoire judiciaire, réunis et présentées par Aboucaya, Chantal/Martinage, Renée, Lille, Centre d’histoire judiciaire 2009. 256 S. Besprochen von Werner Schubert.
III. 200 Jahre Code d’instruction criminelle – Le Bicentenaire du Code d’instruction criminelle, hg. v. Heike Jung/Jocelyne Leblois-Happe/Claude Witz (= Saarbrücker Studien zum internationalen Recht 44). Nomos, Baden-Baden 2010. 248 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der Bicentenaire des Code d’instruction criminelle war Gegenstand von Tagungen in Lille im Januar 2008 und in Saarbrücken im März 2009. Im April 2010 ist eine umfangreiche Festschrift der Université Panthéon-Assas (Paris II) zum Code pénal, der 1810 erlassen wurde und zusammen mit dem Code d’instruction criminelle am 1. 1. 1811 in Kraft trat, erschienen. Die Festschrift von 2010 und der Saarbrücker Tagungsband berücksichtigen in weitem Umfang auch die Neukodifikationen des französischen Strafrechts im Code de procédure pénale von 1958 und im neuen Code pénal von 1992/94.
I. Die Pariser Festschrift umfasst 48 Beiträge von Hochschullehrern der Université Panthéon-Assas und hat ihren Schwerpunkt in einer kritischen, oft rechtspolitisch ausgerichteten Auseinandersetzung mit dem geltenden Strafprozess- und Strafrecht. Das in drei Teile gegliederte Werk (Des Mots et des Codes; Des hommes et des juges; Des délits et des crimes) beginnt mit einer Abhandlung von Y. Mayaud über „La loi pénale, instrument de valorisation sociale“, die sich mit den gesellschaftlichen Werten (valeurs sociales) bzw. den Grundlagen des Strafrechts befasst. Der folgende Beitrag von J.-L. Sourioux beschäftigt sich mit der Ve |
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Zweihundert (200) Jahre Wirtschaftsanwälte in Deutschland, hg. v. Pöllath, Reinhard/Saenger, Ingo, bearb. v. Heukamp, Markus. Nomos, Baden-Baden 2009. 319 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Woher kommen und wohin gehen die Wirtschaftsanwaltsfirmen in und aus Deutschland? fragt zu Beginn des vom Verlag leider für einen festen Rezensenten nicht zur Verfügung gestellten und deshalb ersatzweise vom Herausgeber nach Ausleihe angezeigten Werkes Reinhard Pöllath von P+P Pöllath und Partners. Nach seiner Ansicht gibt es seit 200 Jahren oder länger deutsche Wirtschaftanwaltsfirmen. Seit 1989 leben sie nach Beseitigung des Verbots der überörtlichen Grenzen und der Öffnung des eisernen Vorhangs in einer Welt ohne Grenzen, in der ihnen auch der durch die Schranken gewährte Schutz fehlt.
Als Kennzeichen des Wirtschaftsanwalts nennt er im Anschluss hieran die Spezialisierung auf das Rechtliche, die Erfahrung in solchen Vorgängen aus der Tätigkeit für andere und die Unabhängigkeit vom einzelnen Arbeitgeber. Danach legt er Grundthemen der Entwicklung deutscher Wirtschaftsanwälte dar (Aufbrüche und Einbrüche, räumliche Zerbrochenheit, Größe, Branchen-Konsolidierung). Seine anschließende Geschichte deutscher Wirtschaftsanwälte in Grundzügen behandelt drei Gründungswellen im 19. Jahrhundert (1822 Hamburg Knauth, 1840 Hamburg Noak, 1844 Hamburg Schroeder, 1858 Hamburg Israel (Cohen), 1873 Hamburg May, Mittelstrass, 1884 Hamburg Pels, 1890 Berlin Axster, 1895 Hamburg Utescher, 1895 Bielefeld Cramer, 1900 Frankfurt am Main Rohde), nach 1918 und nach 1945, angelsächsische Übernahmen und deutsche Ursprünge, regionale Verteilung, Kriege, Politik, Emigration, freiberufliche Hindernisse, hergebrachte Internationalität deutscher Wirtschaftsanwälte, Anwälte als Unternehmensleiter, Anwälte als Politiker, Wirtschaftsanwältinnen, Väter, Söhne und Verwandte, mit denen er den Kreis schließt, in dem deutsche Wirtschaftsanwälte seit 200 Jahren Bestandteil weltweiter ge |
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A Factual Assessment of the Draft Common Frame of Reference, hg. v. Antoniolli, Luisa/Fiorentini, Francesca, prepared by the Common Core Evaluating Group. Sellier, München 2011. XII, 476 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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A Factual Assessment of the Draft Common Frame of Reference, hg. v. Antoniolli, Luisa/Fiorentini, Francesca, prepared by the Common Core Evaluating Group. Sellier, München 2011. XII, 476 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit Bildung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951/1952 wird das Recht in Europa zunehmend europäisiert. Dementsprechend begann kurz nach 1980 eine Gruppe von Wissenschaftlern um Ole Lando aus Dänemark mit der Ausarbeitung von Grundsätzen für ein europäisches Vertragsrecht. Auch wenn die Mitgliedstaaten ihre Souveränität und damit ihre Gesetzgebungshoheit so weit wie möglich zu wahren versuchen, forderte doch das Europäische Parlament bereits im Jahre 1989 erstmals die Schaffung eines europäischen Zivilgesetzbuchs.
Im Jahre 2009 veröffentlichten die Study Group on a European Civil Code und die Research Group on EC Private Law (Acquis Group) den gemeinsamen Draft Common Frame of Reference, der bis Mai 2011 von einer durch die Europäische Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe überarbeitet wurde (Feasibility Study).. Hinsichtlich der Umsetzbarkeit bestehen aber noch Zweifel. Deswegen sind Machbarkeitsstudien und Einschätzungsverfahren sinnvoll und notwendig.
Im vorliegenden Werk führen die jungen Herausgeberinnen zunächst sorgfältig in die geschichtliche Entwicklung ein. Dem folgen an Hand von Fällen sachverständige Überprüfungen der Regeln für Unfair Terms, Change of Circumstances, Plurality of Debtors, Sales, Lease of Goods, Mandate, Personal Security, Non-contractual Liability Arising out of a Damage Caused to Another, Unjustified Enrichment, Acquisition and Loss of Ownership of Goods sowie eine Reihe kritischer Stellungnahmen von Seiten vierer Kritiker. Durch den sorgfältigen Vergleich zwischen mitgliedstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Lösungen werden von den zwölf sachkundigen Bearbe |
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Adel in Hessen. Herrschaft, Selbstverständnis und Lebensführung vom 15. bis ins 20. Jahrhundert, hg. v. Conze, Eckart/Jendorff, Alexander/Wunder, Heide (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 70). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. 639 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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„Die Welt des Adels ist omnipräsent – und doch ist sie eine fremde Welt. Aber sie ist keine Welt, die nicht durch unvoreingenommene Betrachtung und nüchterne Analyse erschlossen und entzaubert werden könnte. Im Gegenteil: Man kann, ja man muss den Adel und seine Welt erklären“ (S. 9). Mit diesem programmatischen Statement leitet Eckart Conze, Inhaber des Lehrstuhls für neuere Geschichte der Universität Marburg und langjähriger Sprecher der „Unabhängige(n) Historikerkommission – Auswärtiges Amt“, deren Endergebnis er unlängst zusammen mit Norbert Frei, Peter Hayes und Shlomo Zimmermann im Abschlussband „Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik“ (2010) auch publizistisch präsentieren konnte, als - neben Alexander Jendorff und Heide Wunder - federführender Herausgeber in das vorliegende Sammelwerk ein. Es materialisiert die Essenz zweier Tagungen, die unter der Ägide der Historischen Kommission für Hessen in Kooperation mit weiteren lokalen Forschungsinstitutionen vom 28. Februar bis zum 1. März 2008 in Marburg sowie vom 20. bis 22. November 2008 im Stift Kaufungen abgehalten wurden.
Diese von jeweils unterschiedlichen Tagungsschwerpunkten vorgegebene inhaltliche Teilung prägt sinnvoller Weise auch das Druckwerk: Nach einleitenden Ausführungen der Herausgeber zum Projekt und zum Forschungsstand vereinigt der erste Teil unter dem Rubrum „Adel, Herrschaft und politischer Wandel“ die Bereiche „Adel in Umbruchzeiten“ (3 Beiträge), „Adelige Selbstorganisation“ (5 Beiträge) und „Adeliges Selbstverständnis und Herrschaftsverständnis“ (7 Beiträge). Nahezu ständig berühren die Texte recht |
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Adel und Königtum im mittelalterlichen Schwaben - Festschrift für Thomas Zotz zum 65. Geburtstag, hg. v. Bihrer, Andreas/Kälble, Mathias/Krieg, Heinz (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, B Forschungen, 175). Kohlhammer, Stuttgart 2009. XXIV, 438 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der aus einer österreichischen Unternehmer- und Gelehrtenfamilie stammende, in Prag 1944 als Sohn des Prähistorikers Lothar Zotz geborene Thomas Zotz wurde nach dem Studium von Geschichte, Latein und Geographie in Freiburg im Breisgau, Wien und Hamburg 1972 in Freiburg im Breisgau bei Josef Fleckenstein mit einer Dissertation über den Breisgau und das alemannische Herzogtum (1974) promoviert. Wie sein Lehrer wechselte er danach an das Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen, wo er von 1973 bis zu seiner Berufung auf die Professur für mittelalterliche Landesgeschichte des deutschsprachigen Südwestens an der Universität Freiburg im Jahre 1989 wirkte. Nach einer Rufablehnung nach Marburg erhielt er 1999 den Lehrstuhl für früh- und hochmittelalterliche Geschichte und für mittelalterliche Landesgeschichte des deutschsprachigen Südwestens, von dem aus er 2007 die Leitung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte übernahm.
Angesichts dieses erfolgreichen Lebensverlaufs kann es kaum überraschen, dass ihm zu seinem 65. Geburtstag im Jahre 2009 eine weitere, gediegene, mit einem charakteristischen Bildnis geschmückte Festschrift gewidmet wurde. Sie umfasst 24 Beiträge, die in vier Themenbereiche gegliedert wurden. Diese betreffen als Grundlagen und Voraussetzungen die Alemannia im Frühmittelalter, Schwaben und das Reich unter Karolingern, Ottonen und frühen Saliern, politische und geistige Kräfte im hochmittelalterlichen Schwaben und Stadt, Adel und Königtum im spätmittelalterlichen Schwaben.
Dabei sucht beispielsweise Heiko Steuer interdisziplinär nach gemeinsam geltenden Bene |
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Adelsgruber, Paulus/Cohen, Laurie/Kuzmany, Börries, Getrennt und doch verbunden. Grenzstädte zwischen Österreich und Russland 1772-1918. Böhlau, Wien 2011. 316 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Das Buch ist das Ergebnis zweier vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung von 2004 bis 2009 geförderter Forschungsprojekte mit den Themen Multikulturelle Grenzstädte in der Westukraine 1772-1914 einerseits und Imperiale Peripherie: Religion, Krieg und die Szlachta andererseits. Die Projektleitung hatte Andreas Kappeler, die Projektdurchführung oblag den Verfassern. Gemeinsam haben sich die Beteiligten zu einer kollektiven Monografie und gegen eine Zusammenstellung mehrerer Einzelbeiträge entschieden.
Gegliedert ist das einheitliche Werk in acht Abschnitte. Einer kurzen Einleitung folgen der Blick auf die drei betrachteten Grenzstadtpaare (Brody und Radzivilov, Podwoloczyska und Voločisk sowie Husiaty und Gusjatin in Galizien, Wolhynien und Podolien), der Blick auf die Grenze, der auf dem Umschlag durch eine farbige Abbildung aus Brodny veranschaulicht wird, die Bedeutung der Grenze für den Handel und für die Religion sowie die Betrachtung der Wirkungen des Ersten Weltkriegs. Am Ende ziehen die Verfasser Schlussfolgerungen und fragen danach, was bleibt.
Ausgangspunkt der gesamten Fragestellung ist die erste Teilung Polen-Litauens im Jahre 1772, die Österreich und Russland zu Nachbarn machte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde daraus teilweise eine Grenze zwischen Polen und Russland, nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die von den Autoren im Sommer 2006 begangene Grenze innerhalb der Ukrainischen Republik der Sowjetunion bzw. seit 1991 der Ukraine. Am Ende können die Verfasser überzeugend die Langlebigkeit historischer, sowohl trennender wie auch verbindender Grenzen feststellen, die sich zwar verwischen können, die aber als mentale Trennlinien auf den geistigen Landkarten - zumindest zeitweise - bestehen bleiben.
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Adolf Schärf. Tagebuchnotizen des Jahres 1952, hg. v. Enderle-Burcel, Gertrude (= Veröffentlichungen der österreichischen Gesellschaft für historische Quellenstudien 2). StudienVerlag, Innsbruck 2010. IV, 7-399 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Nikolsburg am 20. April 1890 geborene Adolf Schärf wurde nach der mit Auszeichnung bestandenen Reifeprüfung und dem mit der Promotion 1914 abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaft in Wien Rechtsanwaltsanwärter in der Kanzlei seines älteren Bruders, nach dem Wehrdienst im ersten Weltkrieg 1918 Sekretär bei dem Nationalratspräsidium bzw. bei den sozialdemokratischen Nationalratspräsidenten Karl Seitz, Matthias Eldersch und Karl Renner (1919 Ministerialvizesekretär, 1921 Ministerialsekretär, 1923 Sektionsrat, 1931 Hofrat, 1933 vom Landtag Wiens entsandter Bundesrat), nach der Pensionierung (1934, politische Haft vom 12. 2. 1934-17. Mai 1934) Rechtsanwalt (ab 12. März 1938 fünfzehn Tage in Polizeihaft, 1944 fünf Wochen Haft) und 1945 Abgeordneter zum Nationalrat und Vizekanzler sowie schließlich von 1957 bis zu seinem Tod in Wien am 28. Februar 1965 Bundespräsident Österreichs. Die bisher beste Beschreibung dieses wechselvollen erfolgreichen Lebens wurde 1982 von Karl R. Stadler vorgelegt. Seit 2005 wird die Allgemeinheit auch mit den Tagebuchnotizen des bedeutenden österreichischen Politikers vertraut gemacht.
Dem dabei zunächst edierten ersten Band über das Jahr 1955 folgt nun ein zweiter Band über das Jahr 1952. Auf schätzungsweise 150 Druckseiten wird dabei das von der Bearbeiterin mit zahlreichen hilfreichen Anmerkungen versehene öffentliche wie private Erleben eines mitteleuropäischen Spitzenpolitikers in einer angespannten Phase des kalten Krieges (vergebliche Bemühungen um einen Staatsvertrag mit den Alliierten und Ringen um die grundsätzliche Ausrichtung der Wirtschaftspolitik der Republik) sichtbar gemacht, wenn auch oft nur stichwortartig. Für die Geschichte Österreich nac |
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Afscheid van de wereld. De autobiografie von Boudewijn Donker Curtius 1746-1832, hg. v. Van Boven, Maarten W. (= Egodocumenten 25). Verloren, Hilversum 2010. 160 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Afscheid van de wereld. De autobiografie von Boudewijn Donker Curtius 1746-1832, hg. v. Van Boven, Maarten W. (= Egodocumenten 25). Verloren, Hilversum 2010. 160 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Boudewijn (Baldwin) Donker Curtius wurde in Helmond am 4. April 1746 als einziger Sohn des Hendrik Donker und der Boudewina Curtius geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Leiden von 1762 bis 1767 wurde er zunächst Rechtsanwalt in Den Bosch (s’Hertogenbosch). Ab 1795 stieg er in hohe Ämter (secretaris van het Comité te Lande, Mitglied der Kodifikationskommission des Jahres 1798, Kammerpräsident des Nationalen Gerichtshofs, des Kaiserlichen Hofes und des Hooggerechtshofs der Vereinigten Niederlande) auf.
Der 1944 geborene Herausgeber wurde 1990 in Nijmegen promoviert. Seine Dissertation betraf die Geschichte der Rechtssetzung über die Gerichtsorganisation in der Zeit zwischen 1795 und 1811. Er ist deswegen mit der Zeit bestens vertraut.
Seine Edition hat den Untertitel Het eigen levensverhaal von Boudewijn Donker Curtius, politicus, advocaat en rechter in de Bataafs-Franse tijd. Der Herausgeber schildert zunächst das bewegte interessante Leben des Verfassers aus eigener wissenschaftlicher Betrachtung und beschreibt dann die handschriftliche, 240 unnummerierte Folioseiten umfassende, 1819 niedergeschriebene Quelle. Dem folgt die verdienstvolle, durch 231 Anmerkungen, 2 Beilagen, ein Literaturverzeichnis und ein Personenverzeichnis von Ackersdijck bis Zeebergh reichendes Personenverzeichnis ansprechend abgerundet.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Ahrens, Hans-Jürgen/McGuire, Mary-Rose, Modellgesetz für Geistiges Eigentum. Normtext Sellier, München 2011. XIV, 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ahrens, Hans-Jürgen/McGuire, Mary-Rose, Modellgesetz für Geistiges Eigentum. Normtext Sellier, München 2011. XIV, 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das römische Recht unterschied innerhalb der Sachen (res) zwischen körperlichen Sachen und unkörperlichen Sachen. Wenn es an der körperlichen Sache Eigentum und Besitz gab, lag es nahe, diese Institutionen auch für unkörperliche Sachen fruchtbar zu machen. Zwar waren hierbei die Ideen in Altertum und Mittelalter wirtschaftlich bedeutungslos, aber spätestens mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg um 1450 hat sich dies mehr und mehr geändert, so dass in der Gegenwart der Inhaber einer Softwareproduktion viel leichter und schneller zu Reichtum gelangen kann als der Eigentümer einer Hardwarefabrikationsanlage.
Wohl seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist in diesem Zusammenhang in Naturrecht und Rechtsphilosophie die Vorstellung eines geistigen Eigentums (intellectual property) aufgekommen. Sie hat sich im deutschen Rechtsbereich bisher nicht wirklich durchgesetzt. Hier besteht eine Vielzahl von unterschiedlichen und unterschiedlich benannten einzelnen Rechten an unkörperlichen Gegenständen, doch ist die Vorstellung eines einheitlichen geistigen Eigentums durchaus verlockend.
Die in Osnabrück und Mannheim (teilweise bereits für das Recht des geistigen Eigentums) beschäftigten Verfasser sehen darin eine aus ihrer Sicht schädliche Erschwernis für die praktische Umsetzung des übergeordneten Gemeinschaftsrechts der europäischen Union und die wissenschaftlich-theoretische Systembildung und Lückenfüllung. Um diesem Mangel abzuhelfen, schlagen sie ein ausformuliertes Modellgesetz für geistiges Eigentum vor. Gegliedert ist ihr interessantes Werk außer in eine umfangreiche Einleitung in insgesamt 10 Bücher (Allgemeiner Teil, Organisations- und Verfahrensrecht, Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht, Geschmacksmusterrecht, Sortenschutz |
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Äldre Västgötalagen och dess bilagor i Cod. Holm. B 59, utgivna av Föreningen för Västgötalitteratur genom Wiktorsson, Per-Axel, Del I, II. Värnamo 2011. 264, 311 S. Besprochen von Dieter Strauch. |
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Das ältere Recht der schwedischen Landschaft Västergötland ist den deutschen Rechtshistorikern bekannt durch die Übersetzung, die Claudius Freiherr von Schwerin (mit Uplandslagen) im Jahre 1935 in Weimar veröffentlicht hat. Sie fußt auf der Ausgabe des altschwedischen Textes von Hans Samuel Collin/Carl Johan Schlyter, welche die beiden als ersten Band der ‚Samling av Sweriges Gamla Lagar‘ im Jahre 1827 in Stockholm herausgebracht haben[1]. Gösta Holm fügte seinem 1976 in Lund veröffentlichten Neudruck im Anhang lediglich die Arbeit Ottos von Friesen ‚Vår älsta handskrift på fornsvenska‘ [unsere älteste altschwedische Handschrift] von 1904 hinzu. Neben anderen – teils normalisierten – Ausgaben und Übersetzungen (Del[2] I, S. 39f) hat Elias Wessén im Jahre 1950 eine Faksimile-Ausgabe der Haupthandschrift B 59 aus der Königlichen Bibliothek in Stockholm vorgelegt[3]. Seitdem hat die Rechtsgeschichte viele Einzelfragen des westgötischen Rechts beleuchtet[4], aber eine eindringende Neubearbeitung und Erläuterung dieser Handschrift fehlte bisher. Diese Lücke hat nun Per-Axel Wiktorsson in Verbindung mit mehreren Sachkennern Västergötlands und dessen Geschichte durch das vorliegende Werk geschlossen.
Teil I beginnt nach einem Vorwort mit der Einleitung Wiktorssons (S. 1 – 73) und einem Literaturverzeichnis. Den juristischen Inhalt erschließt Göran B. Nilsson: ‚Handskriften B 59 och Yngre Västgötalagen‘ [Die Handschrift B 59 und das jüngere Westgötenrecht, Del I, S. 45 – 59]. Einen namenkundlichen Beitrag liefert Svante Strandberg: ‚Namn på allmänningsvatten i Äldre Västgötalagens bilagor‘ [Die Namen der öffentlichen Gewässer in den Beilagen des älteren Westgötenrechts, (mit Literaturverzeichnis), Del I, S. 61 – 76]. Es folgen ein ausfüh |
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Amend-Traut, Anja, Die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte im römisch-deutschen Reich und ihre Bedeutung für die Privatrechtsgeschichte (= Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung Heft 36). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V., Wetzlar 2008. 32 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Amend-Traut, Anja, Die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte im römisch-deutschen Reich und ihre Bedeutung für die Privatrechtsgeschichte (= Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung Heft 36). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V., Wetzlar 2008. 32 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Anja Amend-Traut, schon während des Studiums der Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main seit 1992 bei Hans-Peter Benöhr tätig, 1997 mit der von Hans-Peter Benöhr betreuten Dissertation über die Kunst, eine Steuerfrage aus einer Parteifrage in eine Finanzfrage zu verwandeln, promoviert, danach wissenschaftliche Assistentin, 2007 unter der Betreuung durch Albrecht Cordes mit der grundlegenden Habilitationsschrift über Wechselverbindlichkeiten vor dem Reichskammergericht (2009) für deutsche Rechtsgeschichte, bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung habilitiert und seit 2009 in Würzburg Professorin, hielt im Rahmen ihres Habilitationsverfahrens am 28. November 2007 ihre Antrittsvorlesung über die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte im römisch-deutschen Reich und ihre Bedeutung für die Privatrechtsgeschichte. In erweiterter Fassung legte sie diese Studie wenig später im Rahmen der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung vor. Dies erscheint eine sehr gelungene Verbindung, obwohl der Vortrag über das Reichskammergericht hinaus auf die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte insgesamt ausgreift.
Ausgangspunkt ist die Suche nach Frieden durch Recht, die Reichskammergericht und Reichshofrat, die beiden höchsten Reichsgerichte, nach den Eingangsworten der Verfasserin mit ihrer Amtsaufnahme 1495 leisten sollten. Vorrangig sollte in diesem Zusammenhang bei den Streitigkeiten des täglichen Lebens Frieden durch Recht geschaffen werden. Inwieweit dies wirklich gelang, versucht die Verfasserin in Füllung einer bisher bestehenden Forschungslücke rechtstatsächlich zu klären.
Dies gelingt ihr im Rahmen ihrer k |
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Ammerer, Gerhard, Das Ende für Schwert und Galgen? Legislativer Prozess und öffentlicher Diskurs zur Reduzierung der Todesstrafe im ordentlichen Verfahren unter Joseph II. (1781-1787) (= Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Sonderband 11). Studienverlag, Innsbruck 2010. 633 S. Besprochen von Thomas Olechowski. |
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Die vorliegende Habilitationsschrift, mit welcher der Salzburger Historiker Gerhard Ammerer seine venia 2009 um das Fach „Rechtsgeschichte“ erweitert hat, hat ein Thema zum Gegenstand, das im Allgemeinen so bekannt ist, dass man sich nur wundern kann, dass erst jetzt eine umfassende Monographie vorliegt, welche die bis dahin noch offenen Forschungslücken geschlossen und so manche Legende in das Reich derselben verwiesen hat. Zentrales Anliegen des Verfassers ist, nachzuweisen, dass die viel gerühmte Abschaffung der Todesstrafe durch Joseph II. weder eine vollständige war, noch zu einer Humanisierung des Strafrechts beigetragen hat – und dies ist ihm auch in ausgezeichneter Weise gelungen.
Nach einigen allgemeinen Feststellungen zur Todesstrafe und deren Aktualität im 21. Jahrhundert setzt die Darstellung mit der Constitutio Criminalis Theresiana von 1768/1769 ein, die noch ganz den Geist der Frühen Neuzeit atmete: „Verbrennen, Rädern und Vierteilen sowie Zusatzstrafen am lebenden und toten Körper wie etwa das Zwicken mit glühenden Zangen oder das Abtrennen und Ausstellen von Körperteilen am Ort des Richtplatzes – und das zu einem Zeitpunkt, als in der zeitgenössischen Literatur über die Zulässigkeit verschärfter Todesstrafen schon eine nahezu einheitliche ablehnende Meinung herrschte und auch bereits begonnen worden war, diese Sanktionen per se zur Disposition zu stellen“ (41). Besonders wird auf die Rolle Beccarias und Sonnenfels‘ aufmerksam gemacht, die sich schon unter Maria Theresia für eine teilweise Aufhebung der Todesstrafe stark gemacht hatten, was von der Regentin jedoch 1778 abschlägig entschieden wurde.
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Anno neun 1809-2009. Kritische Studien und Essays, hg. v. Reinalter, Helmut. Studien-Verlag, Innsbruck 2009. 506 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Anno neun 1809-2009. Kritische Studien und Essays, hg. v. Reinalter, Helmut. Studien-Verlag, Innsbruck 2009. 506 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als Folge der Niederlage des vereinigten Heeres Russlands, Englands und Österreichs in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz gegen Napoleon am 2. Dezember 1805 musste Österreich im Frieden von Pressburg am 26. Dezember 1805 die Grafschaft Tirol und Vorarlberg von Vorderösterreich an das Kursfürstentum Bayern, den Breisgau an Baden und den Rest Vorderösterreichs an Baden und Württemberg abtreten. Bayern führte wenig später Veränderungen ein und missachtete dabei die Tiroler Wehrverfassung (Landlibell Kaiser Maximilians I. von 1511) und kehrte zur josephinischen Kirchenreform zurück. Als es Tiroler Rekruten für die Armee Bayerns ausheben wollte, kam es am 9. April 1809 in Innsbruck zu einem Aufstand, wobei sich der Wirt und Viehhändler Andreas Hofer aus dem Passeiertal rasch an die Spitze setzte, aber nach verschiedenen kleineren Siegen seiner ungeübten Bauerntruppen geschlagen, verfolgt und in Mantua hingerichtet wurde.
Zweihundert Jahre nach diesen Vorgängen gedachte Tirol in verschiedenster Form seines Andreas Hofer. Außer einigen anderen Werken und sonstigen Festlichkeiten erschienen dabei auch kritische Studien und Essays, die Helmut Reinalter zusammengestellt hat. Sie gehen von einer anderen Perspektive zu Andreas Hofer und zur Erhebung Tirols 1809 aus, für welche viele Impulse aus der Innsbrucker Nachdenkgruppe Atlantis kamen.
Im Mittelpunkt steht dabei die Erkenntnis, dass Andreas Hofer wohl eine gute Beurteilungskraft in hauswirtschaftlichen Angelegenheiten hatte, für das Verständnis oder die Leitung irgendeines höheren Regierungsgeschäfts aber wenig fähig war und die Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution als ernsthafte Bedrohung seiner angestammten Lebensform empfand. Dementsprechend |
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Apokalyptische Jahre. Die Tagebücher der Therese Lindenberg 1938 bis 1946, hg. v. Christa Hämmerle, Christa/Gerhalter, Li unter Mitarbeit von Brommer, Ingrid/Karner, Christine. Böhlau, Köln 2010. X, 389 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen Apokalyptische Jahre. Die Tagebücher der Therese Lindenberg 1938 bis 1946, hg. v. Christa Hämmerle, Christa/Gerhalter, Li unter Mitarbeit von Brommer, Ingrid/Karner, Christine. Böhlau, Köln 2010. X, 389 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Die in diesem Buch veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen Therese Lindenbergs (1892-1980) sind der an der Universität Wien eingerichteten „Sammlung Frauennachlässe“ entnommen. Die Finanzierung der Arbeit wurde möglich durch eine ebenfalls an der Universität Wien geschaffene Forschungsplattform zur „Neuverortung der Frauen- und Geschlechtergeschichte im veränderten europäischen Kontext“, zu deren Aufgaben es gehört, Frauentagebücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu erschließen.
Die gründliche und detaillierte Einführung einer der beiden Herausgeberinnen, Christa Hämmerle, mit dem Titel „Trost und Erinnerung. Kontexte und Funktionen des Tagebuchschreibens von Therese Lindenberg (März 1938 bis Juli 1946)“ lässt erkennen, dass die Tagebuchautorin aus armen Verhältnissen stammte (ihre Mutter war eine Magd), die sich schon früh für Kunst, vor allem Musik und Dichtung, begeisterte, aber auch für Philosophie und Politik interessierte, sich zeitweise in der Sozialdemokratie engagierte und kleinere Textbeiträge in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichen konnte, während ihr die Publikation von Roman- und Dramenmanuskripten versagt blieb. Ihr Schicksal nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich (1938) wurde durch ihre Ehe mit dem Juden Jakob Lindenberg (1875-1952) geprägt, den sie 1915 geheiratet hatte. Die Tagebuchschreiberin selbst hatte zwar einen jüdischen Vater, war aber unehelich geboren und wurde später von ihrem (nicht-jüdischen) Stiefvater als eigenes Kind rechtlich anerkannt, so dass ihre Abstammung offiziell geheim blieb. Gemäß den „Nürnberger Gesetzen“ befanden sich die Autorin und ihr Mann in einer „nicht privilegierten Mischehe“. Während ihre Tochter nach Manila emigrieren |
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Appenzeller, Gerrit, Das Niedersächsische Wörterbuch. Ein Kapitel aus der Geschichte der Großlandschaftslexikographie (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Beiheft 142). Steiner, Stuttgart 2011. 480 S. CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Appenzeller, Gerrit, Das Niedersächsische Wörterbuch. Ein Kapitel aus der Geschichte der Großlandschaftslexikographie (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Beiheft 142). Steiner, Stuttgart 2011. 480 S. CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Dieter Stellmacher (* 1939 Klosterheide, 1968 Promotion, 1975 Habilitation, 1976 Professor in Göttingen, 1982 Leiter der Arbeitsstelle Niedersächsisches Wörterbuch, 2005 Ruhestand ohne Nachbesetzung des Lehrstuhls für Plattdeutsch) betreute, im Wintersemester 2007/2008 von der philosophischen Fakultät der Universität Göttingen angenommene, danach leicht überarbeitete, aktualisierte und durch einen Index erweiterte Dissertation des Verfassers. Ihr Ziel ist die Geschichte des 1935 begonnenen, alphabetisch geordneten, den rezenten Wortschatz der Großlandschaft Niedersachsen (mit Bremen) betreffenden Bedeutungswörterbuchs im Rahmen der niederdeutschen Dialektlexikographie im Vergleich mit anderen deutschsprachigen großlandschaftlichen Dialektwörterbüchern. Sie gliedert sich in einen kürzeren methodischen Teil und einen längeren dokumentierenden, auf Sicherung angelegten Teil.
Nach der Erkenntnis des Verfassers steht eine zusammenhängende Geschichte der Lexikographie des Deutschen bisher aus. Unabhängig davon ermittelt er eine Reihe brauchbarer Ansätze für eine Methodik der Wörterbuchgeschichte. Aus ihnen entwickelt der einen systematisierten Versuch einer Methodik der Wörterbuchgeschichte (für syntopische Dialektwörterbücher), nach dem bei einer zweigliederigen Konzeption der chronologische Teil dem thematischen Teil vorausgehen sollte.
Auf dieser Grundlage behandelt er nacheinander sorgfältig, verständlich und überzeugend die Forschungslage zum niedersächsischen Wörterbuch, die Literatur- und Quellenlage und die Geschichte des niedersächsischen Wörterbuchs. Der chronologische Teil setzt mit den lexikografischen Vorläufern, der Gründung der Arbeitsstelle und |
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Archivgesetz (ArchG-ProfE). Entwurf eines Archivgesetzes des Bundes, hg. v. Schoch, Friedrich/Kloepfer, Michael/Garstka, Hansjürgen (= Beiträge zum Informationsrecht 21). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 439 S. Besprochen von Peter Collin. |
Ganzen Eintrag anzeigen Archivgesetz (ArchG-ProfE). Entwurf eines Archivgesetzes des Bundes, hg. v. Schoch, Friedrich/Kloepfer, Michael/Garstka, Hansjürgen (= Beiträge zum Informationsrecht 21). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 439 S. Besprochen von Peter Collin.
Eine Arbeit zum geltenden Recht in dieser Zeitschrift zu rezensieren, mag zunächst ungewöhnlich erscheinen. Die behandelte Rechtsmaterie jedoch bestimmt zu einem Gutteil die Arbeitsbedingungen des Rechtshistorikers, so dass archivrechtliche Reformüberlegungen durchaus auch auf rechtsgeschichtliches Interesse stoßen dürften. Diese Reformbemühungen zielen auf eine erhebliche Umarbeitung des Bundesarchivrechts (welches übrigens seit der Publikation des besprochenen Bandes keine Änderung erfahren hat), strahlen aber auch auf das Landesarchivrecht aus, da sich die Regelungsprobleme dort in gleicher Weise stellen.
Das Werk von Schoch, Klöpfer und Garstka ist vierteilig aufgebaut. Dem Text des Entwurfs für ein Bundesarchivgesetz schließt sich ein Einleitungsaufsatz mit grundlegenden Überlegungen an („Archivrecht in der Informationsgesellschaft“), dem folgt die Begründung der Entwurfsregelungen, am Schluss steht ein Dokumentationsteil, der bundes- und europarechtliche Bestimmungen mit archivrechtlicher Relevanz sowie die Landesarchivgesetze enthält.
Reformüberlegungen zum Archivrecht beziehen ihre Impulse vor allem aus zwei Kontexten. Zum einen entstehen aufgrund des technischen Fortschritts völlig neue Möglichkeiten der Übertragung, Speicherung und Erschließung von Archivgut – Stichwort: Digitalisierung des Archivwesens. Zum anderen ist auch das Archivrecht in das Fahrwasser einer Diskussion geraten, die sich unter dem Oberbegriff „Transparenz“ zusammenfassen lässt.
Das Digitalisierungsproblem ist vielschichtig. Zugespitzt gesagt, sind die Archivare mit einem neuen Archivverständnis konfrontiert, das die Information aus der einzelnen Akte herausgelöst sieht und nur noch Datenbestände |
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Asche, Matthias, Von der reichen hansischen Bürgeruniversität zur armen mecklenburgischen Landeshochschule. Das regionale und soziale Besucherprofil der Universitäten Rostock und Bützow in der frühen Neuzeit (1500-1800), 2. Aufl. (= Contubernium Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte 70). Steiner, Stuttgart 2010. XIX, 654 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
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Bei der vorliegenden Monographie handelt sich um die zweite, durchgesehene Auflage der von Anton Schindling betreuten Tübinger historischen Dissertation des Verfassers aus dem Jahre 1997. Der Verfasser, heute außerplanmäßiger Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen, ist ein bekannter Spezialist der deutschen Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte (Siehe von ihm zuletzt: Studentische Arkangesellschaften im 17. und 18. Jahrhundert. Landsmannschaftliche Studentenorden an deutschen Universitäten, Bensheimer Gespräche 2011, 14.-16. April 2011). Die erster Auflage der Dissertation war im Jahre 2000 in derselben Reihe (Contubernium - Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte; Bd. 52) erschienen. Dazu existiert bereits eine Vielzahl von positiven Rezensionen (Siehe etwa R. A. Müller, in: H.Soz.-u-Kult. 07.07.2000; G. Köbler, in dieser Zeitschrift, GA Bd. 126.2009, S. 586; W. Gerrit, in: Historische Zeitschrift Bd. 274.2002, S. 454-456; M. Maaser, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte Bd. 51.2001, S. 381-382; P. H. Wilson, in: English Historical Review Bd. 116.2001, S. 721-722). Der Forschungsstand hat sich seitdem beträchtlich verändert. Aus der inzwischen erschienenen umfangreichen Literatur zur Geschichte der Universität Rostock seien hier wenigsten die zwei wichtigen Monographien von Stephanie Irrgang, Peregrinatio academica. Wanderungen und Karrieren von Gelehrten der Universitäten Rostock, Greifswald, Trier und Mainz im 15. Jahrhundert (Beiträge zur Geschichte der Universität Greifswald Bd. 4), Stuttgart 2002 und von |
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Atlas zur Kirche in Geschichte und Gegenwart - Heiliges Römisches Reich - Deutschsprachige Länder, hg. v. Gatz, Erwin, in Zusammenarb. m. Becker, Rainald/Brodkorb, Clemens/Flachenecker, Helmut, Kartographie Bremer, Karsten. Schnell + Steiner, Regensburg 2009. 376 S., 197 farb. Hauptkart., 20 Nebenkart. Besprochen von Gudrun Pischke. |
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Trotz im Sinne von weiterführenden Anregungen (Vorwort S. 5) zu verstehender und unten genannter Kritik bietet dieses monumentale Werk zur Geschichte der Kirche in 13 Abschnitten 197 Karten zu 14 Jahrhunderten Kirchengeschichte in den – allerdings nie starren – Grenzen des Heiligen Römischen Reiches. Auf den im Spätmittelalter aufkommenden und seit der frühen Neuzeit gebräuchlichen Zusatz ‚deutscher Nation‘ ist erfreulicherweise verzichtet worden; statt dessen findet sich die unglückliche, weil für etliche Reichsteile in allen Himmelsrichtungen unzutreffende, Ergänzung „Deutschsprachige Länder“. Den kritischen Anregungen sei der Inhalt detaillierter vorangestellt, um Benutzern einen Leitfaden an die Hand zu geben, welche Themenbereiche der Atlas umfassend oder exemplarisch abdeckt. Jeder der nicht durchgezählten 13 Abschnitte beginnt mit einem Einführungstext und zu jeder Karte gehört ein Erläuterungstext, der in einigen Fällen über das zur Karte Erforderliche hinausgeht, in anderen Fällen – besonders hinsichtlich der Bistumsentwicklung – sehr knapp ausgefallen ist.
Hauptbestandteil sind die Karten der Bistümer bzw. Erzbistümer, und zwar – soweit entstanden – im Vergleich mit ihren Territorien, den Hoch- bzw. Erzstiften um 1500. Zu den 60 Erz-/Bistümern kamen noch drei bzw. fünf unselbständige Suffragane, die in den Reichsmatrikeln von 1422 bis 1521 auch erfasst sind, zweier Bistümer hinzu. In einem zweiten Zeitschnitt werden einige Bistümer/Hochstifte um 1750 berücksichtigt, hier wird die 1499 – offiziell 1648 – sich aus dem Heiligen Römischen Reich gelöste Eidgenossenschaft mit dem Bistum Chur herausge |
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Auf dem Weg in eine neue Moderne? - die Bundesrepublik in den siebziger und achtziger Jahren, hg. v. Raithel, Thomas/Rödder, Andreas (= Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Sondernummer). Oldenbourg, München 2009. 205 S., graph. Darst. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Nach der Erkenntnis der sachkundigen Herausgeber, die als Professoren für neuere und neueste Geschichte an der Universität Augsburg (Wirsching), als Professor für neueste Geschichte an der Universität Mainz (Rödder) und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte (Thomas Raithel) wirken, ist die jüngste Geschichte (neueste Geschichte, Zeitgeschichte) der westlichen Staaten durch (mindestens) einen fundamentalen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Transformationsprozess gekennzeichnet. Dabei könnten die siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts eine besondere Bedeutung haben. Deswegen will der schmale Band diese Frage im Gespräch der Sachkenner erörtern.
Nach einer übersichtlichen Einleitung der Herausgeber werden zu diesem Zweck zunächst in drei Beiträgen Ökonomie und Technologien in den Blick genommen und dementsprechend sektoraler Wandel und internationale Verflechtung der bundesdeutschen Wirtschaft, Produktionsprozesse und Massenmedien untersucht. Im Bereich von Kultur und Gesellschaft werden in vier Studien Arbeit, Freizeit, Konsum, Erwerbsbiographien, Entkirchlichung und Abtreibung betrachtet. Bei der Politik werden in drei Beiträgen Sozialpolitik, politisches System und Semisouveränität thematisiert.
Im Ergebnis fragt Hans Maier nach Fortschrittsoptimismus oder Kulturpessimismus und erkennt in der deutschen Einheit ein die Pessimisten belehrendes und die Optimisten ermutigendes Signal. Andreas Rödder hält Moderne, Postmoderne und zweite Moderne für mögliche Deutungskategorien und sieht in der Weiterentwicklung von Moderne-Konzepten, die als Vorstellung einer Nach-Moderne weite Erklärungs |
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Ausbildung des Rechts. Systematisierung und Vermittlung von Wissen in mittelalterlichen Rechtshandschriften, hg. v. Böse, Kristin/Wittekind, Susanne. Lang, Frankfurt am Main 2009. 202 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ausbildung des Rechts. Systematisierung und Vermittlung von Wissen in mittelalterlichen Rechtshandschriften, hg. v. Böse, Kristin/Wittekind, Susanne. Lang, Frankfurt am Main 2009. 202 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der schmale Sammelband ist aus zwei Rechtshandschriftenkolloquien der Jahre 2005 und 2006 am Kunsthistorischen Institut der Universität Köln erwachsen, an dem Susanne Wittekind als Professorin für allgemeine Kunstgeschichte tätig ist, Kristin Böse als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Durch die graphische Gestaltung des Titels wird dabei zum Ausdruck gebracht, dass das Bild eine besondere Rolle in der interdisziplinären Bearbeitung spielt. Das Recht ist in erster Linie nur das Feld, in dem auf das Bild besonders geachtet wird.
Der Band umfasst insgesamt acht Beiträge. Nach einer kurzen Einführung schildern die Herausgeber zunächst die Eingangsminiaturen als Schwellen und Programm im Decretum Gratioani und in den Dekretalen Gregors IX. Danach entschlüsselt Martin Avenarius gekonnt Inhalt, Entstehungszusammenhang und Gestalt der Breviarhandschrift Cod. Vat. Reg. Lat. 1128, während die übrigen Mitwirkenden auf zahlreiche andere interessante Fragen sorgfältig eingehen.
Insgesamt betrachten die Bearbeiter illuminierte Handschriften aus Baltimore, Berlin, Cambridge, Dresden, Fulda, Graz, Halle, Heidelberg, Kurnik, München, Oldenburg, Rom, Sankt Gallen und Wolfenbüttel. Sie vermögen dabei verständlich zu machen, wie Bilder während des gesamten Mittelalters einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung von Recht leisten. Nach Ansicht der Verfasser tragen die Abbildungen dadurch auch erheblich zur Generierung und Systematisierung von Rechtswissen bei, was freilich auf diejenigen beschränkt gewesen sein muss, denen die wertvollen Handschriften vor Augen kamen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Auslandseinsätze der Bundeswehr, im Auftrag des militärgeschichtlichen Forschungsamtes hg. v. Chiari, Bernhard/Pahl, Magnus (= Wegweiser zur Geschichte). Schöningh, Paderborn 2010. 324 S. Kart., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Auslandseinsätze der Bundeswehr, im Auftrag des militärgeschichtlichen Forschungsamtes hg. v. Chiari, Bernhard/Pahl, Magnus (= Wegweiser zur Geschichte). Schöningh, Paderborn 2010. 324 S. Kart., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der gemeinschaftliche Einsatz (der Männer) einer Gruppe, Horde oder später eines Volkes zwecks Angriffs wie Abwehr war vermutlich schon frühgeschichtlich selbverständlich. In der allmählich arbeitsteiligen Gesellschaft hat sich daraus das Heer entwickelt. Dessen Organisationsformen wechselten in der Geschichte verschiedentlich, kehrten im 19. Jahrhundert aber zum Volksheer (der Männer) mit Wehrpflicht als Ausgleich des Wahlrechts zurück.
Nach 1918 wurde zwar zunächst das Heer des Deutschen Reiches durch die alliierten Siegermächte auf eine Stärke von 100000 Mann beschränkt, doch brach Adolf Hitler diese Einschränkung in kurzer Zeit auf. Am Ende des Zweiten Weltkriegs hatte das Heer jedoch ausgedient. 1956 wurde es im Zuge der politischen Auseinandersetzung zwischen Westmächten und Ostmächten freilich wieder zugelassen, allerdings nur unter dem Namen Bundeswehr etwa im Gegensatz zur Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.
Seit 1989 hat dieser politische Gegensatz aber an Bedeutung verloren und hat im Übrigen der Gleichheitsgedankeallmählich die sicheren Arbeitsplätze der aus öffentlichen Geldern finanzierten Bundeswehr auch für Frauen geöffnet. Auf der Suche nach einem Sinn der Bundeswehr ist nicht nur die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht zunächst verlangt und 2011 tatsächlich auch beschlossen worden, sondern hat der Auslandseinsatz in internationalen Krisengebieten an wehrhafter Bedeutung gewonnen. Der Sammelband vereint verdienstvollerweise 23 Beiträge sachkundiger Autoren, wobei den Auslandseinsätzen im Wandel in einem ersten Teil Militär, Politik und Gesellschaft im zweiten Teil gegenübergestellt werden, so dass durch das militärgeschichtliche Forschungsamt |
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Austin, Greta, Shaping Church Law Around the Year 1000. The Decretum of Burchard of Worms. Ashgate, Farnham/Surrey 2009. XII, 344 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
Ganzen Eintrag anzeigen Austin, Greta, Shaping Church Law Around the Year 1000. The Decretum of Burchard of Worms. Ashgate, Farnham/Surrey 2009. XII, 344 S. Besprochen von Steffen Schlinker.
Greta Austin hat mit ihrer profunden Studie über das Dekret Burchards von Worms einen Grenzstein der Wissenschaftsgeschichte verschoben. Während die Forschung den Beginn methodisch-systematischer Kanonistik bisher im späten 11. und frühen 12. Jahrhundert verortert und mit den Namen Ivo von Chartres und Gratian verbunden hat, kann Greta Austin diesen Zeitpunkt nun in die Zeit kurz nach dem Jahr 1000 vorverlegen. Überzeugend gelingt ihr der Nachweis, dass die Kanonessammlung Burchards von Worms gegenüber den Vorgängerarbeiten nicht nur qualitativ einen erheblichen Entwicklungsschritt darstellt, sondern bereits die Schwelle zu wissenschaftlicher Kanonistik erreicht hat. Greta Austins Buch darf daher als bahnbrechend bezeichnet werden.
Schon die bisherige Forschung hatte das hohe Ansehen bemerkt, das Burchards Werk bei den Zeitgenossen während des ganzen 11. Jahrhunderts und bis weit in das 12. Jahrhundert hinein genoss (S. 15ff.). Horst Fuhrmann hat daher von der einflussreichsten rechtlichen Arbeit des 11. Jahrhunderts gesprochen. Unter dem Einfluss Paul Fourniers rühmte die Forschung jedoch einseitig die Praxistauglichkeit des Dekrets und bemängelte zugleich, der Sammlung Burchards fehle ein theoretischer Anspruch. Neuere Erkenntnisse zu frühen Handschriften des Dekrets[1], die heute in Frankfurt und in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt werden, erlauben aber nunmehr Einblicke in den Entstehungsprozess des Dekrets und in die Arbeitsweise des Wormser Bischofs (S. 9ff.). Auf dieser Basis geht Greta Austin mit großer Entdeckerfreude zu Werke, die sich schnell auch auf den Leser überträgt. Die Einleitung spannt den Bogen von der Unzufriedenheit Burchards mit den zeitgenössischen Kompilationen des Kirchenrechts hin zu seinem Ziel einer in sich konsistenten, widerspr |
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Austria Judaica. Quellen zur Geschichte der Juden in Niederösterreich und Wien 1496-1671, bearb. v. Rauscher, Peter, unter Mitarbeit von Keil, Martha (= Quelleneditionen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 7). Oldenbourg, München 2010. 509 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Austria Judaica. Quellen zur Geschichte der Juden in Niederösterreich und Wien 1496-1671, bearb. v. Rauscher, Peter, unter Mitarbeit von Keil, Martha (= Quelleneditionen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 7). Oldenbourg, München 2010. 509 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem kurzen Vorwort der Herausgeber wurde vom Herbst 1998 bis zum Frühjahr 2005 am Institut für jüdische Geschichte Österreichs bzw. am Institut für die Geschichte der Juden in Österreich im Rahmen der Germania Judaica (IV) ein vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanziertes Vorhaben zur Erforschung der jüdischen Geschichte Österreichs im 16. und 17. Jahrhundert durchgeführt. Es schließt nach zwei Monographien, zwei Tagungsbänden und zahlreichen Einzelstudien mit einer Quellensammlung ab. Sie will das zweibändige, 1918 von Alfred F. Pribram herausgegebene Werk Urkunden und Akten zur Geschichte der Juden in Wien ergänzen und weiterführen.
In der Einleitung führen die Bearbeiter in den weiteren Rahmen ein, in dem das Werk zu sehen ist, nämlich in das 1903 von der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums eröffnete Forschungsprojekt Germania Judaica, das ein historisch-topographisches Handbuch zur Geschichte der Juden in Deutschland erstellen sollte. Hiervon konnte 2003 mit dem letzten Teilband des dritten Bearbeitungszeitraums das Mittelalter abgeschlossen werden. Dem folgt unter anderer geographischer Einteilung Germania Judaica IV.
Insgesamt umfasst das mit dem vorliegenden Band geglückte Teilprojekt 226 Nummern. Sie beginnen nach einem Steueranschlag von 1614 und einer Zahlungsabrechung von 1623 mit einem Befehl Maximilians I. zur Aufnahme vertriebener Juden in Marchegg vom 11. Dezember 1496 und enden mit einem Befehl im Auftrag des Kaisers an die niederösterreichische Regierung, die illegal auf einigen Herrschaften in Niederösterreich lebenden Juden auszuweisen. Die dabei insgesamt in 8 Sachg |
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Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit. 15. Juli 2009 Symposium Frankfurt, hg. v. Reuß, Roland/Rieble, Volker. Klostermann, Frankfurt am Main 2009. 92 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerAutorschaftalswerkherrschaft20110920 Nr. 13838 ZRG GA 129 (2012) 80
Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit. 15. Juli 2009 Symposium Frankfurt, hg. v. Reuß, Roland/Rieble, Volker. Klostermann, Frankfurt am Main 2009. 92 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Google digitalisiert Bücher, ohne deren Autoren zu fragen. Google hat bei diesem innovativen Handeln selbstredend vor allem den Vorteil Googles im Auge. Mittelbar profitieren davon aber auch viele andere durch Ersparnis an Zeit und Geld und verlieren wiederum andere vor allem wohl Geld.
Im März 2009sorgte sich deshalb ein unter www.textkritik.de/urheberrecht veröffentlichter Appell um die individuelle Freiheit des Autors. Wegen der durch ihn ausgelösten nationalen und internationalen Diskussion verbanden sich Frankfurter Allgemeine Zeitung, Institut für Textkritik und der Verlag Vittorio Klostermann zu einer wissenschaftlichen Erörterung der angesprochenen Frage in einer Tagung. Deren Referate druckt der schmale Band in klassischer Form in Parallele zu einer digitalen Version ab.
Nach einem kurzen Vorwort äußert sich Roland Reuß als Professor für neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Heidelberg zur Frage von Autorverantwortung und Text. Hans Dieter Beck behandelt die unauflösbare Spannung zwischen Verlagsfunktionen und Open Access aus der Sicht des erfolgreichen und verantwortungsbewussten Verlegers, Volker Rieble das Verhältnis zwischen Autorenfreiheit und Publikationszwang. Burkhard Hess schließlich weist auf die Gefahr einer weltweiten Amerikanisierung und Monopolisierung des Urheberrechts durch das bis heute noch nicht rechtskräftig zu Stande gekommene Google Book Settlement hin, so dass die grundlegende Problematik für den (damaligen Zuhörer und heutigen) Leser insgesamt aus unterschiedlichen Blickwinkeln vorzüglich ausgeleuchtet wird.
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Bar, Christian von, Ausländisches Privat- und Privatverfahrensrecht in deutscher Sprache. Systematische Nachweise aus Schrifttum, Rechtsprechung und Gutachten 1990-2011, 8. Aufl. Sellier, München 2011. XXXII, 945 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Köble4rBarausländischesprivatrecht8-20111014 Nr. 13850 ZRG GA 129 (2012) 89 IT
Bar, Christian von, Ausländisches Privat- und Privatverfahrensrecht in deutscher Sprache. Systematische Nachweise aus Schrifttum, Rechtsprechung und Gutachten 1990-2011, 8. Aufl. Sellier, München 2011. XXXII, 945 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Hannover 1952 geborene, in Göttingen 1976 promovierte und 1981 nach Osnabrück berufene Christian von Bar hat sich in vielen Jahren unter vielen Ehrungen um das Privatrecht Europas bzw. die Europäisierung des Privatrechts in vielfältiger Hinsicht besonders verdient gemacht. 1987 gründete er in Osnabrück das Institut für internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, 2003 das European Legal Studies Institute. Seit 1999 ist er Vorsitzender der Study Group on a European Civil Code.
Wie man bereits allein hieran sehen kann, bedeutet die Europäisierung des Rechts auch die Ergänzung der deutschen Rechtssprache um eine angelsächsische Dimension. Mehr und mehr wird im europäischen Rechtsraum auf Englisch kommuniziert. Deshalb ist eine Sammlung des ausländischen Privat- und Privatverfahrensrechts in deutscher Sprache eine wichtige Aufgabe zur Unterstützung des Deutschen und seiner Verbindung mit der gesamten internationalen Staatenwelt.
Dieses 1992 begonnene, 2008 in siebter Auflage bei Heymann erschienene, erfolgreiche Werk ist zum 1. Juni 2011 in einer weiteren, zusammen mit Mitarbeitern verfassten Auflage in neuer Umgebung mit neuer Aufmachung erschienen. Sie verzeichnet aus gut 20 Jahren rund 25000 Publikationen und Entscheidungen, die auf insgesamt rund 40000 Einträge verschlüsselt sind, mit Afghanistan beginnen und mit Zypern enden. Möge das für jeden Internationalprivatrechtler und Rechtsvergleicher wichtige Werk, das die Bedeutung aller erfassten Staaten für deutschsprachige Juristen deutlich sichtbar messen lässt, mit möglichst gleichem Erfolg zum Wohle der internationalen Zus |
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Bastian, Daniell, Westdeutsches Polizeirecht unter alliierter Besatzung (1945-1955) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 66). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. X, 289 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bastian, Daniell, Westdeutsches Polizeirecht unter alliierter Besatzung (1945-1955) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 66). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. X, 289 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Michael Stolleis - umsichtig und freizügig - betreute, im Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main entstandene, im Sommersemester 2009 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommene, leicht überarbeitete Dissertation des 1975 geborenen, derzeit als Regierungsrat im hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung tätigen Verfassers. Sie bereitet eine Geschichte des öffentlichen Rechts der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einem sachlichen und zeitlichen Teilbereich vor. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in zwei Teilen mit je zwei Kapiteln.
Ausgangspunkt der interessanten und wichtigen Studie ist das liberale und rechtsstaatliche Polizeiverwaltungsgesetz Preußens vom 1. Juni 1931, das unter der nationalsozialistischen Herrschaft und der mit ihr verbundenen Verdrängung der Freiheit des Einzelnen durch die ideologisch bestimmten Interessen der Volksgemeinschaft weitgehend ausgehöhlt wurde. Demgegenüber versuchten nach dem Kriegsende die amerikanischen und britischen Besatzungsbehörden einen Neuaufbau durch eine grundsätzlich kommunale Polizeiorganisation nach angelsächsischem Vorbild unter den Grundsätzen der Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung und Dezentralisierung. Dieses Vorgehen stieß auf heftigen deutschen Widerstand und musste mit Beginn des Korea-Krieges im Juni 1950 veränderten Sicherheitsinteressen weichen.
Im Einzelnen behandelt der erste Teil dementsprechend die Entwicklung des Polizeirechts in den westlichen Besatzungszonen unter dem Einfluss der Alliierten. Davon betrifft Kapitel 1 die Neuorganisation der Polizei in den westlichen Besatzungszonen, die nur in |
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Bauer, Andreas, Die innere Rechtfertigung des Pflichtteilsrechts - Eine rechtsgeschichtliche, rechtsvergleichende und soziologische Betrachtung (= Schriften zum deutschen, europäischen und vergleichenden Zivil-, Handels- und Prozessrecht 246). Gieseking, Bielefeld 2008. XXXII, 299 S. Besprochen von Gerhard Otte. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bauer, Andreas, Die innere Rechtfertigung des Pflichtteilsrechts - Eine rechtsgeschichtliche, rechtsvergleichende und soziologische Betrachtung (= Schriften zum deutschen, europäischen und vergleichenden Zivil-, Handels- und Prozessrecht 246). Gieseking, Bielefeld 2008. XXXII, 299 S. Besprochen von Gerhard Otte.
Der erste Hauptteil der von Rainer Hausmann betreuten Konstanzer Dissertation ist in der Absicht geschrieben, die durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. 4. 2005 keineswegs abgeschlossene Diskussion um das Pflichtteilsrecht in Deutschland durch einen Blick auf die Entwicklung des Pflichtteilsrechts in Neuseeland zu vertiefen. Dass der Verfasser nicht irgendein ausländisches, sondern gerade das neuseeländische Recht zum Vergleich heranzieht, hat seinen Grund darin, dass von allen Rechtsordnungen, die den nächsten Angehörigen des Erblassers eine von dessen Willen unabhängige Nachlassbeteiligung nicht schon kraft Gesetzes, sondern nur kraft richterlicher Entscheidung zubilligen, die neuseeländische sich zur pflichtteilsfreundlichsten entwickelt hat (S. 9f.). Im zweiten Hauptteil will der Verfasser dann rechtssoziologische Erkenntnisse über innerfamiliären und generationenübergreifenden Vermögenstransfer für die Beurteilung des Pflichtteilsrechts fruchtbar machen (S. 10). Die weiteren Abschnitte der Arbeit beziehen Stellung zu den in der rechtspolitischen Diskussion gemachten Reformvorschlägen und zu den pflichtteilsrechtlichen Bestimmungen des (inzwischen mit „abgespecktem“ Inhalt Gesetz gewordenen) Entwurfs des Gesetzes zur Reform des Erb- und Verjährungsrechts.
Der in dieser Rezension im Vordergrund stehende erste Hauptteil („Historischer und rechtsvergleichender Überblick“, S. 11-155) unterscheidet sinnvoll zwischen „Rechten mit gesetzlich bestimmter Nachlassbeteiligung“ (Beispiel: Deutschland), „Rechten mit gerichtlich bestimmter Nachlassbeteiligung“ (Beispiel: Neuseeland) und „Rechten ohne zwingende Nachl |
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Bauer, Peter M., Der Insolvenzplan. Untersuchungen zur Rechtsnatur anhand der geschichtlichen Entwicklung (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 18). LIT, Münster 2009. 420 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bauer, Peter M., Der Insolvenzplan. Untersuchungen zur Rechtsnatur anhand der geschichtlichen Entwicklung (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 18). LIT, Münster 2009. 420 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das geltende Insolvenzrecht von 1994 lässt mit dem Insolvenzplan eine Abweichung von dem Regelinsolvenzverfahren zu. Die Rechtsnatur dieses „Planes“ lässt sich aus dem Wortlaut der §§ 219ff. InsO nicht sicher ermitteln. Ziel der Augsburger Dissertation Bauers ist es, einige der wichtigsten Vorläufer der Insolvenzordnung von 1894 daraufhin zu untersuchen, ob sich Rückschlüsse „aus dieser Entwicklung auf die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur des Insolvenzplans nach heute geltendem Recht“ gewinnen lassen. Bauer zeigt zunächst die für den „Insolvenzplan“ einschlägigen Begriffsbestimmungen und die möglichen Theorien zur Rechtsnatur des Insolvenzplans auf. Im ersten Hauptteil: „Die Vorgänger des heutigen Insolvenzrechts“ (S. 25-292) untersucht Bauer wichtige „Vorläufer der Insolvenzordnung“ unter dem Gesichtspunkt, ob sich in ihnen Ansätze zur gütlichen Beilegung des Konkursverfahrens bzw. deren Vermeidung finden. Bevor Bauer darauf näher eingeht, schildert er jeweils die Grundlagen und den Ablauf des Regelkonkursverfahrens. Für das römische Recht macht Bauer als mögliche Verfahren zur Verschonung vor der Vermögensexekution und dem drohenden Konkurs das hoheitliche bzw. privatrechtliche Moratorium, den Stundungs- und den Erlassvergleich aus. Für das mittelalterliche und das gemeine deutsche Konkursrecht sind dies im Wesentlichen die schon vom römischen Recht her bekannte cessio bonorum und der Akkord. Mit dem Insolvenzplan vergleichbar waren nach der preußischen Hypothekenordnung von 1722 der Zwangsvergleich (Indult) und das beneficium cessionis, nach dem Codex Juris Bavarici Judiciarii von 1753 waren dies die Rechtswohltat der Kompetenz, die Leistung an Erfüllung Statt, das Moratorium (Eisenbrief), die cessio bonorum sowi |
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Baumann, Stefanie Michaela, Menschenversuche und Wiedergutmachung. Der lange Streit um Entschädigung und Anerkennung der Opfer nationalsozialistischer Humanexperimente (= Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 98). Oldenbourg, München 2009. 217 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Baumann, Stefanie Michaela, Menschenversuche und Wiedergutmachung. Der lange Streit um Entschädigung und Anerkennung der Opfer nationalsozialistischer Humanexperimente (= Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 98). Oldenbourg, München 2009. 217 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der technische Fortschritt der Menschheit seit der frühen Neuzeit hat den Menschen dazu gebracht, empirisch immer weitere Versuche zur Gewinnung von Erkenntnissen über die Welt im Allgemeinen und sich im Besonderen zu unternehmen. In diesem Zusammenhang hat mancher Wissenschaftler zu seinen Gunsten und zu Lasten der anderen Versuchsbeteiligten Grenzen überschritten, die er aus Achtung vor fremdem Leben nicht überschreiten hätte dürfen. Auf diesem Weg ist insbesondere während des Nationalsozialismus gegen oder zumindest ohne Willen der Betroffenen manches Verbrechen geschehen, das nach 1945 verleugnet oder von der Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis genommen wurde.
Mit einem Teilbereich dieses weiteren Vorgangs beschäftigt sich die von Hans Günter Hockerts betreute, im Sommersemester 2007 von der philosophischen Fakultät der Universität München angenommene Dissertation der von ihrem Betreuer in eine von der Volkswagenstiftung geförderte internationale Forschungskooperation zum Thema Die Entschädigung für NS-Verfolgte in West- und Osteuropa 1945-2000 aufgenommenen, als freie Journalistin arbeitenden Verfasserin. Sie gliedert ihre sachliche Untersuchung nach Vorwort und Einleitung in fünf jeweils durch eine Frage aufgeschlüsselte Abschnitte. Sie betreffen die Verfolgungsgeschichte, den Kabinettsbeschluss von 1951, die Wiedergutmachung im Zeichen der internationalen Politik (u. a. Ravensbrueck Lapins Project 1959/1960), den Kabinettsbeschluss von 1960 und die Globalabkommen zu Gunsten der Opfer von Menschenversuchen aus osteuropäischen Staaten sowie schließlich Sonderregelungen zu Gunsten der Opfer von Menschenversuchen nach 1989/1990.
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Beer, Mathias, Flucht und Vertreibung der Deutschen. Voraussetzungen, Verlauf, Folgen (= beck’sche reihe). Beck, München 2011. 205 S., 17 Abb., 7 Tab. 6 Kart. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Beer, Mathias, Flucht und Vertreibung der Deutschen. Voraussetzungen, Verlauf, Folgen (= beck’sche reihe). Beck, München 2011. 205 S., 17 Abb., 7 Tab. 6 Kart. Besprochen von Martin Moll.
Die Auswahl historischer Themen für die boomenden Kurz- und Kürzest-Darstellungen, die fast alle großen Verlage in ihrem Programm haben, liefert ein untrügliches Indiz für die Aktualität eines Gegenstandes bzw. das öffentliche und mediale Interesse an ihm. Allein beim Verlag C.H. Beck bildet Mathias Beers Büchlein nunmehr bereits die dritte Synopse des Generalthemas „ethnische Säuberungen“. Der Autor stellt sich der Frage nach der Relevanz seines Stoffes: In seiner abschließenden Zusammenfassung beschreibt Beer „Flucht und Erinnerung“ als – vor allem deutschen – Erinnerungsort. Dieser sei, bei gewissen Schwankungen über die Jahre, immer präsent gewesen, denn es habe seit 1945 niemals ein Tabu existiert, darüber zu reden und zu schreiben (Ansätze hierzu in der DDR zeitigten kaum Resultate). Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 habe das Thema erneut an Bedeutung gewonnen, wenngleich nun die bis dahin theoretisch offene, deutsch-polnische Grenzfrage endgültig geklärt und die Integration der einstigen Vertriebenen längst abgeschlossen war. Um die Jahrtausendwende setzten dann Initiativen der unverändert höchst aktiven Vertriebenenverbände ein, ein Mahnmal oder Zentrum gegen Vertreibungen ins Leben zu rufen; ursprünglich als gesamteuropäisches Unternehmen gedacht, kam aufgrund der Zurückhaltung seitens Polens und der Tschechischen Republik 2008 eine deutsche Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ zustande.
Nicht nur im Schlusskapitel widmet dieser mit rund 160 Seiten recht kurze, mit zahlreichen Abbildungen und Grafiken versehene Text viel Raum den komplexen Fragen rund um die wissenschaftliche Deutung des Geschehens wie auch dessen Weiterwirken im kollektiven Gedächtnis. Das zweite und dritte Kapitel analysieren die Bedeutungsfelder der zentral |
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Behrens, Tim, Bereicherungsrechtliche Mehrpersonenverhältnisse im internationalen Privatrecht (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 35). Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2011. 388 S.Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Peter Mankowski angeregte und betreute, im Wintersemester2010/2011 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg angenommene Dissertation des Verfassers. Sie befasst sich mit einer modernen privatrechtsgeschichtlichen Frage. Sie geht davon aus, dass das internationale Bereicherungsrecht Deutschlands bisher wenige Probleme bereitet habe, weil die Anknüpfungsgrundsätze im deutschen Kollisionsrecht zur ungerechtfertigten Bereicherung seit den Arbeiten Ernst von Caemmerers, Werner Lorenz’ und Konrad Zweigerts als geklärt gelten.
Eine Veränderung ist aber durch die Europäisierung eingetreten. Seit der ROM II-Verordnung des Jahres 2007 ist nicht länger das vom deutschen Sachrecht geprägte Verständnis der ungerechtfertigten Bereicherung entscheidend für die Anknüpfung. Vielmehr muss eine europäische Auslegung der Anknüpfung versucht werden, die neue Fragen und Probleme bewirkt.
In insgesamt zehn Kapiteln behandelt der Verfasser seine damit verbundene besondere Fragestellung. Dabei untersucht er auf an Hand umfangreicher Literatur die Grundlagen der Rom II-Verordnung, das internationale Bereicherungsrecht, Anweisungslagen, den Vertrag zu Gunsten Dritter, Forderungsabtretungen, die Tilgung fremder Verbindlichkeiten, Akkreditive sowie Zahlungen und Garantien und fasst seine jeweiligen Ergebnisse am Ende kurz und klar zusammen. Im Ergebnis bescheinigt er der ROM II-Verordnung den erfolgreichen Spagat zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit durch das Zusammenspiel zwischen festen Anknüpfungsregeln und flexibler Ausweichklausel.
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Beinke, Lothar, Die Familie Twente - Richter, Bürgermeister und Hospitalgründer. Die Geschichte einer Osnabrücker Familie und ihres Hofhauses im 13. und 14. Jahrhundert. Lang, Frankfurt am Main 2010. 150 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der 1931 geborene, nach dem Studium von Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Wirtschaftspädagogik in Münster und Mannheim an der >Universität Münster promovierte und habilitierte Verfasser hat Berufswahl, Betriebspraktika, Mädchen in Männerberufen und Arbeitslehredidaktik als Forschungsschwerpunkte. Umso erfreulicher ist es, dass er nach seiner 1996 erfolgten Emeritierung auch den Weg zur mittelalterlichen Geschichte fand. Nach Hendrik van den Berg ging er dabei davon aus, dass, wer eine fremde - ferne - Zeit verstehen will, das Handeln der Menschen darin beurteilen will, nicht nur schriftliche Quellen benutzen darf, sondern auch versuchen muss, die Zeit als Ganzes zu verstehen, besonders auch die in ihr vorkommenden Entwicklungen.
Gegenstand dieses Bemühens ist die Geschichte einer Familie, in deren nachgelassenen - neu errichteten - Räumen ein Museum eingerichtet wurde. Hinsichtlich der Herkunft der Herrschaftsposition vermutet der Verfasser Gundbesitz. Als eine mögliche Quelle hebt er dafür den Fernhandel hervor.
Am Ende seiner in 16 Abschnitte gegliederten interessanten Untersuchung geht er davon aus, dass die Twentes vermutlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts nach Osnabrück kamen, wobei er eine Herkunft aus Twente in den Niederlanden für möglich hält. 1339 gründete Johann Twente das erste Spital aus dem Vermögen einer Familie „in Deutschland“. Damit machte sich die Familie um die Stadt sehr verdient, auch wenn spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Name Twente aus den Quellen verschwand.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Berg Heil! Alpenverein und Bergsteigen 1918-1945, hg. v. Deutschen Alpenverein, vom Oesterreichischen Alpenverein und vom Alpenverein Südtirol. Böhlau, Köln 2011. 635 S., zahlr. Abb. Besprochen von Martin Moll. |
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Dieser voluminöse Band hat bei seiner Präsentation im Oktober 2011 ein beachtliches Medienecho hervorgerufen, was nicht verwundert, setzt er doch die Reihe von „Aufarbeitungen“ der eigenen NS-Vergangenheit fort, die im letzten Jahrzehnt von diversen Behörden, großen Wirtschaftsunternehmen und Verbänden, häufig als Folge massiven öffentlichen Drucks, initiiert und dem Publikum vorgelegt wurden. Dabei kam in der Tat allerhand Unerfreuliches rund um „braune Verstrickungen“ zum Vorschein – manches erstmals, anderes in erweiterter Form. Auffällig ist, dass nach langen Jahren des Beschweigens und Vertuschens neuerdings der gegenteilige Trend bemerkbar ist, wie beispielsweise die 2010 vorgelegte, einige Jahre davor vom damaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer in Auftrag gegebene Studie über das deutsche Auswärtige Amt in der NS-Zeit beweist: In von der Fachwelt scharf kritisierter Überzeichnung der Rolle des Amtes wird dieses gar als „Initiator“ des Holocaust präsentiert.
Nun haben sich also auch die Alpenvereine des deutschsprachigen Raumes (mit der verständlichen Ausnahme der Schweiz) ihrer braunen Vergangenheit gestellt. Da angekündigte Sensationen selten eintreffen, sind die Resultate weit weniger aufregend, als der um sie entfachte Medienrummel vorspiegelt. Dies liegt freilich auch daran, dass den – bis in die 1980er Jahre wenig selbstkritischen – Alpenvereinen von dritter Seite schon seit langem deren bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende, NS-affine völkische und antisemitische Ideologie vorgeworfen wurde. Die vor einigen Jahren von den betroffenen Vereinen angestoßenen Forschungen auf breiter Quellengrundlage rennen also offene Türen ein und liefern – jetzt allerdings besser fundierte – Belege für die im Prinzip bekann |
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Bergius, David, Die offene Frage des Privateigentums der Vertriebenen im deutsch-polnischen Verhältnis (= Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht 83). Lang, Frankfurt am Main 2009. 2009. XIV, 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die ansprechende Arbeit ist die von Gilbert Gornig betreute, im Oktober 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Marburg angenommene Dissertation des in Hannover 1976 geborenen Verfassers. Sie betrifft die politisch bedeutsame Frage des Grundstückseigentums der am Ende des Zweiten Weltkriegs aus früher deutschen, jetzt aber polnischen Gebiets Vertriebenen. Diese Angelegenheit ist auch von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht.
Nach einer kurzen Einleitung stellt der Verfasser nach der Behandlung der Vorgeschichte der Vertreibung die Enteignungsmaßnahmen auf der Grundlage der Vertreibungsdekrete und die heutige Beurteilung der Konfiskationen nach polnischem Recht an Hand der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Hauptverwaltungsgerichtshofs dar. Im zweiten Teil seiner umsichtigen Untersuchung schildert er kurz die völkervertragliche Rechtslage zwischen Deutschland und Polen. Danach behandelt er die völkerrechtliche Bewertung der Enteignungsakte, misst die polnischen Konfiskationen am Maßstab des Gemeinschaftsrechts und des Rechtes der Europäischen Union und prüft Möglichkeiten der individuellen Durchsetzung von Ansprüchen.
Im Ergebnis ermittelt er, dass die Konfiskationen in Polen als rechtmäßig und wirksam behandelt werden, ein auch in Polen als notwendig angesehenes umfassendes Reprivatisierungsgesetz (ohne jede Entschädigung) bisher aber im Gesetzgebungsverfahren gescheitert ist. Er sieht die entsprechenden Fragen in keinem Deutschland bindenden völkerrechtlichen Vertrag geregelt und stuft die Konfiskationen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit (und als Völkermord) ein, so dass er wegen Verletzung zwingenden Völkerrechts die ursprünglichen Eigentumstitel |
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Bergmann, Andreas, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis. Die Rechtsinstitute der negotiorum gestio in subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise (= Jus Privatum 152). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XXII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bergmann, Andreas, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis. Die Rechtsinstitute der negotiorum gestio in subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise (= Jus Privatum 152). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XXII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Michael Martinek und Helmut Rüßmann betreute, im Sommersemester 2009 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlands angenommene Habilitationsschrift des 1973 geborenen, nach dem Studium in Saarbrücken 2002 mit einer Dissertation über die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts promovierten, von 2003 bis 2009 bei Michael Martinek tätigen und nach der Erlangung der Lehrbefugnis für bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sowie neuere Privatrechtsgeschichte 2010 an die Universität Bayreuth berufenen Verfassers. Im Vorwort weist er selbst ausdrücklich darauf hin, dass wohl nur in wenigen Werken die Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Schule“ deutlicher zum Ausdruck kommt als bei ihm. Seine Untersuchung knüpft unmittelbar an den großen Linien der subordinationsrechtlichen Forschungen Michael Martineks für den Bereich der entgeltlichen und unentgeltlichen Geschäftsbesorgungsverträge an.
Dementsprechend ist seine Schrift auch nicht in erster Linie eine rechtsgeschichtliche Untersuchung. Vielmehr geht sie von einer modernen dogmatischen Fragestellung aus. Zu ihrer bestmöglichen Lösung greift sie aber in erfreulichem Ausmaß auf die Rechtsgeschichte zurück.
Seine wohl wichtigste Erkenntnis ist, dass es die Geschäftsführung ohne Auftrag als eine klare, in sich geschlossene Einheit nicht gibt. Vielmehr verbergen sich nach seiner Ansicht hinter der scheinbaren Einheitlichkeit tatsächlich drei verschiedene Rechtsinstitute. Sie könnten in ihrer Interessenst |
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Bilgenroth-Barke, Heike, Kriminalität und Zahlungsmoral im 16. Jahrhundert. Der Alltag in Duderstadt im Spiegel des Strafbuches (= Göttinger Beiträge zur Geschichte, Kunst und Kultur des Mittelalters, Band 8). Edition Ruprecht, Göttingen 2010. 179 S. Besprochen von Carsten Fischer. |
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Die Studie der Historikerin Heike Bilgenroth-Barke nimmt sich zum Ziel, am Beispiel der frühneuzeitlichen Niedergerichtsbarkeit Duderstadts das Spannungsfeld zwischen Normwortlaut und Rechtspraxis auszuleuchten. Damit möchte die Verfasserin einen „weiteren Mosaikstein“ (S. 18) in das noch sehr unvollständige Bild der Kriminalitätsgeschichte einfügen und verweist darauf, dass bislang nur eine Handvoll anderer Detailstudien zu Kriminalität und Devianz in Mittelalter und früher Neuzeit für das deutschsprachige Gebiet vorliegen.
Ihrem Thema nähert sich Bilgenroth-Barke über die bislang ungedruckte Quelle des Duderstädter Strafbuchs aus den Jahren 1530 bis 1546. Das Strafbuch enthält stichpunktartige Aufzeichnungen zu Verhandlungen vor dem Duderstädter Ratsgericht, das die städtische Niedergerichtsbarkeit ausübte. Gegenstand der Aufzeichnungen sind Normübertretungen in den Bereichen des Strafrechts und der Policey. Die kargen Notizen gehen zumeist nicht über die Erwähnung der Verurteilten, der Strafen und Bemerkungen zur Straferfüllung hinaus. Insbesondere enthalten sie keine Hinweise auf den Prozessverlauf und regelmäßig keine näheren Angaben zu den Tatvorwürfen oder Tatumständen. Verhängt wurden größtenteils Geldstrafen. Gelegentlich tritt an deren Stelle die Verurteilung zur Leistung von Naturalien, insbesondere von Lebens- und Futtermitteln oder von Baumaterialien. Mit Hilfe dieser Strafbucheintragungen stellt Bilgenroth-Barke die tatsächliche Kriminalitäts- und Strafpraxis Duderstadts den in den städtischen Statuten enthaltenen Ge- und Verboten gegenüber.
Die Untersuchung ist klar gegliedert: Auf die Einleitung und eine Darstellung des Duderstäd |
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Biliarsky, Ivan, Word and Power in Medieaval Bulgaria. Brill, Leiden 2011. 582 S. Besprochen von Hans Hattenhauer. |
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Der Verfasser, Mediävist an der Akademie der Wissenschaften in Sofia, gibt einen Einblick in die mittelalterliche Verfassungsgeschichte Bulgariens mit Hilfe einer gründlichen Analyse des insoweit erheblichen Wortmaterials jener Zeit. Zu den seit antiken Zeiten dort lebenden Thrakern waren seit dem 5./6. Jahrhundert Slawen auf die Balkanhalbinsel gekommen und bald danach im 5.-7. Jahrhundert, von der Wolga kommend, das Turkovolk der (Proto)bulgaren. Aus der Vereinigung dieser Völker war bis zum 7. Jahrhundert das Reich der Bulgaren entstanden, das im Jahre 681 seine faktische völkerrechtliche Anerkennung durch Byzanz erfuhr. Jedes dieser drei Völker hatte Elemente seiner Sprache und Kultur und damit auch seiner Verfassung eingebracht. Auch Byzanz machte seitdem seinen dominierenden Einfluss sprachlich wie rechtlich auf das bulgarische Reich geltend. Ein Versuch des Fürsten Boris I. Michael (852-889), sich dieser Übermacht durch Öffnung seines Reiches für die römische Mission und das Ostfrankenreich zu entziehen, scheiterte schnell an dem Zwang Konstantinopels, dessen Vorherrschaft im Jahre 854 die Annahme des Christentums in Gestalt der orthodoxer Konfession durch die Bulgaren erzwang. So bot sich hier dank der Vielfalt seiner historischen Grundlagen die ideale Gelegenheit, sich den Anfängen der bulgarischen Verfassung mit Hilfe der Wortforschung zu nähern.
Der Verfasser betont mit Recht, dass man ein kulturelles Phänomen nicht hinreichend verstehen kann, wenn man nicht auch seine Sprache gründlich zur Kenntnis nimmt. Er hatte zudem guten Grund, sich der bulgarischen Verfassung und dank der Vielfalt seiner Quellen der bulgarischen Rechtskultur insgesamt auf diese Weise zu nähern. Dabei greift er bei der Erfassung des einschlägigen Wortmaterials besonders weit aus und berücksichtigt auch solche Wörter, die man auf den |
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Bismarck, Otto von, Gesammelte Werke - Neue Friedrichsruher Ausgabe, hg. v. Afflerbach, Holger/Canis, Konrad/ Gall, Lothar/Hildebrand, Klaus/Kolb, Eberhard, Abteilung III 1871-1898. Schriften, Band 6 1884-1885, bearb. v. Lappenküper, Ulrich. Schöningh, Paderborn 2011. CXXIII, 855 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bismarck, Otto von, Gesammelte Werke - Neue Friedrichsruher Ausgabe, hg. v. Afflerbach, Holger/Canis, Konrad/ Gall, Lothar/Hildebrand, Klaus/Kolb, Eberhard, Abteilung III 1871-1898. Schriften, Band 6 1884-1885, bearb. v. Lappenküper, Ulrich. Schöningh, Paderborn 2011. CXXIII, 855 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Fünf Bände der von der Otto-von-Bismarck-Stiftung publizierten „Neuen Friedrichsruher Ausgabe“, der historisch-kritischen Edition der umfangreichen schriftlichen Hinterlassenschaft des „Eisernen Kanzlers“, sind an dieser Stelle bereits eingehend erörtert worden: Der erste Band für die Jahre 1871-1873 von Andreas Thier (ZRG GA 125 [2008]), die folgenden vier, den Zeitraum von 1874 bis 1883 umfassend, vom Rezensenten selbst (ZRG GA 128 [2011]). Im Sinne einer ökonomischen Nutzung des Druckraums und zur Vermeidung von Wiederholungen sei daher, was die Konzeption und die Editionskriterien der Reihe betrifft, auf die dortigen Ausführungen verwiesen, zumal der nun vorliegende sechste Band, der Dokumente der Jahre 1884 und 1885 erfasst, in dieser Hinsicht seinen Vorgängern unverändert folgt. Holger Afflerbach verjüngt und verstärkt mittlerweile das bewährte Herausgebergremium; die Bearbeitung des aktuellen Werks liegt, wie schon die des fünften Bands, beim Geschäftsführer der Stiftung, Ulrich Lappenküper, in kompetenter Hand.
Für die genannte Periode konnten an die 3100 Dokumente ermittelt werden, wovon 563 für den Abdruck ausgewählt wurden. Es handelt sich dabei neben Schreiben, Telegrammen, Aufzeichnungen, Erlassen, Voten und Diktaten vor allem um Weisungen, die von engen Mitarbeitern im Auftrag des Kanzlers verfasst wurden. Sechzig Prozent der edierten Schriftstücke sind bisher noch nicht veröffentlicht worden. Aus der Themenvielfalt der Schriften spreche „ein Anspruch auf Allzuständigkeit“, der sicherlich nicht nur durch die Kumulation seiner Ämter, sondern auch durch die Absicht des Reichskanzlers zur Sicherung seiner Ma |
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Blanshei, Sarah R., Politics and Justice in Late Medieval Bologna (= Medieval Law and its Practice 7). Brill, Leiden 2010. 671 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Blanshei, Sarah R., Politics and Justice in Late Medieval Bologna (= Medieval Law and its Practice 7). Brill, Leiden 2010. 671 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die im Jahre 1971 in Geschichte am Bryn Mawr College zum Ph. D. graduierte Verfasserin war bei Erscheinen des vorliegenden Werkes Dean of the College und Professorin für Geschichte am Agnes Scott College (1990-1997, emerita). Sie ist 1976 durch eine Monographie über Perugia in der Zeit zwischen 1260 und 1340 hervorgetreten und hat verschiedene Artikel über die Strafgerichtsbarkeit verfasst. Auf Grund dieser besonderen Vorbereitung ist sie für ihr neues Werk hervorragend ausgewiesen.
Auf dieser Grundlage gliedert sie ihre beeindruckende Studie über Recht und Politik im spätmittelalterlichen, zwischen 60000 und 40000 Einwohner (darunter etwa 2000 auswärtige Studenten) zählenden Bologna zwischen 1250 und 1327 in fünf Teile. Sie beginnt nach einer klaren Einleitung mit der Strategie der Abschließung und der Verfolgung der Ausgeschlossenen. Die Strukturen der Oligarchie untersucht sie sehr sorgfältig in zwei getrennten Kapiteln über die Councils der Kommune und die Councils des Popolo und schließt daran den Nachweis der Standeszugehörigkeit und die politische Verwendung der Strafgerichtsbarkeit an.
Insgesamt untersucht sie erstmals die Gerichtsbarkeit der summary justice in einer spätmittelalterlichen Kommune Italiens an Hand der Daten von mehr als 18000 Amtsträgern. Dabei ermöglichen ihr die reichen archivalischen Quellen Bolognas vielfältige neue Einsichten in die Geschichte von Recht und Gesellschaft (vor allem der Bankiers, Kaufleute und Notare). Zahlreiche Anhänge runden die vorbildliche, vorsichtig schlie0ßende und überzeugend differenzierende, mit einer Miniatur Nicolò di Giacomos von 1376 geschmückte, einladend ausgestaltete Untersuchung vorteilhaft ab.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Blaschke, Karlheinz, Lauter alte Akten. Den von Formularen geplagten Zeitgenossen zum Trost, zur Belehrung und Erheiterung. 1956. Neudruck, mit einem Geleitwort versehen v. Beck, Lorenz Friedrich. BibSpider, Berlin 2009. 108 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Blaschke, Karlheinz, Lauter alte Akten. Den von Formularen geplagten Zeitgenossen zum Trost, zur Belehrung und Erheiterung. 1956. Neudruck, mit einem Geleitwort versehen v. Beck, Lorenz Friedrich. BibSpider, Berlin 2009. 108 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der schmale Band ist 1956 erstmals im populärwissenschaftlichen Urania-Verlag in Leipzig/Jena erschienen. Er bietet eine einfache, aber sachverständige Einführung in die Akten, ihre Entstehung, ihre Bearbeitungsvermerke und Aktenzeichen, das verwendete Material, die Ordnung im Archiv nach der Provenienz, die Aufbewahrung, Erhaltung und Restaurierung. Dem stellt der Verfasser Urkunden, Karten, Risse, Bilder, Fotografien und Tonträger samt Herstellern und Nutzern zur Seite.
Bemerkenswert hierbei ist in erster Linie der 1950 bei Rudolf Kötzschke promovierte Verfasser, der sich um die Landesgeschichtsschreibung Sachsens in hohem Maße verdient gemacht hat und 1992 auf den Lehrstuhl für sächsische Landesgeschichte an der Technischen Universität Dresden berufen wurde. Hinzu kommt als Zeichen einer damaligen administrativen Normalität, dass die Schrift im Einvernehmen mit der Staatlichen Archivverwaltung im Ministerium des Innern der Deutschen Demokratischen Republik veröffentlich werden konnte. In Fraktur gesetzt erinnert das mit Skizzen bebilderte kleine Werk an eine vergangene Zeit, wenngleich das Archiv als solches weit über sie hinaus seine Notwendigkeit und seinen Nutzen völlig unverändert noch heute tagtäglich unter Beweis stellt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Blasius, Dirk, Carl Schmitt und der 30. Januar 1933. Studien zu Carl Schmitt. Lang, Frankfurt am Main 2009. 117 S. Besprochen von Thomas Olechowski. |
Ganzen Eintrag anzeigen Blasius, Dirk, Carl Schmitt und der 30. Januar 1933. Studien zu Carl Schmitt. Lang, Frankfurt am Main 2009. 117 S. Besprochen von Thomas Olechowski.
Das vorliegende Heft vereinigt einführende und erläuternde Texte des Essener Sozial- und Wirtschaftshistorikers Dirk Blasius mit der Abschrift von vier Interviews, die Carl Schmitt zwischen 1967 und 1973 im Radio gegeben hat. Sie haben die politische Situation am Anfang der 1930er Jahre in Deutschland, die Problematik des Art. 48 WRV, die Machtergreifung Hitlers und seine eigene Rolle bei diesen Ereignissen zum Gegenstand. Da diese Geschehnisse im Allgemeinen gut bekannt und vielfach beschrieben worden sind, liegt der Erkenntnisgewinn des Buches praktisch ausschließlich darin, wie Schmitt sie sah. 1972 wird Schmitt direkt gefragt: „Warum haben Sie bei Hitler mitgemacht?“ Er antwortet ausweichend: „Warum – ja, so ist es gekommen.“ (S. 59f.) An keiner Stelle versucht Schmitt, sich von seinen damaligen Sichtweisen zu distanzieren, Gefühle wie Reue oder Scham kommen nicht auf.
Das Buch ist ein Beweis mehr für das allgemein zu konstatierende, geradezu begeisterte Interesse, das der Person des „Kronjuristen des Dritten Reiches“ (nicht etwa nur seinem Werk) nach wie vor entgegen gebracht wird, ja, es scheint, dass dieses im 21. Jahrhundert noch weiter anwächst. Die Gründe hierfür sind dem Rezensenten schlicht unbegreiflich. Ist es das wohlig-schaurige Gruseln, das einem bei der Erkenntnis widerfährt, dass nicht nur tumbe Toren, sondern auch „ein Denker erster Ordnung“ (S. 20) der Weimarer Zeit dem Nationalsozialismus verfallen konnte? Diese Frage muss wohl jeder für sich persönlich beantworten.
Wien Thomas Olechowski
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Bleek, Wilhelm, Friedrich Christoph Dahlmann. Eine Biographie. Beck, München 2010. 472 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bleek, Wilhelm, Friedrich Christoph Dahlmann. Eine Biographie. Beck, München 2010. 472 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus.
Leopold von Ranke hat Dahlmann einmal als einen Mann bezeichnet, „in welchem sittlicher Adel und theoretische Kälte sich doch mit tiefer innerer Leidenschaft für die Sache, die er einmal ergriffen hatte, verband“ – und diese Formulierung charakterisiert einen der bekanntesten und auch angesehensten deutschen Historiker und typischen „Professorenpolitiker“ des 19. Jahrhunderts sicher besonders treffend. Schon kurz nach seinem Tod verfasste der ihm eng verbundene Bonner Kollege Anton Springer, gestützt auf ausgewählte Teile des Nachlasses, die erste umfassende Dahlmann-Biographie, erschienen 1870-1872. Würdigungen seiner Schüler und Verehrer kamen hinzu, von denen die glänzenden Abhandlungen Heinrich von Treitschkes (1861) und Wilhelm Diltheys (1866) hervorzuheben sind. Im 20. Jahrhundert folgten grundlegende Arbeiten zur geistigen Entwicklung des jungen Dahlmann von Hermann Christern (1921) und Otto Scheel (1925), und nach 1945 wurde der bedeutende Kieler, Göttinger und Bonner Historiker u. a. von Hermann Heimpel (1957), Karl Dietrich Bracher (1961) und Reimer Hansen (1972) eingehend gewürdigt. Als Vordenker des gemäßigten, anglophil orientierten frühen deutschen Liberalismus, als einer der „Göttinger Sieben“ sowie als „Achtundvierziger“ und einflussreiches Mitglied der Paulskirchenversammlung ist Friedrich Christoph Dahlmann aus der deutschen politischen und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts nicht wegzudenken.
Zum einhundertfünfzigsten Todestag ist nun eine neue Biographie erschienen, verfasst von dem emeritierten Politikwissenschaftler Wilhelm Bleek, einem Nachkommen des Dahlmann-Schülers Friedrich Bleek. Mit Empathie geschrieben und im allgemeinen wohlinformiert ist ein detailliertes, abgerundetes, in sich schlüssiges Bild des Historikers entstanden, das geeignet ist, ihn der zunehmenden Vergessenheit |
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Bogisch, Manfred, Die LDPD und das Ende der DDR. Karl Dietz Verlag, Berlin 2009. 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bogisch, Manfred, Die LDPD und das Ende der DDR. Karl Dietz Verlag, Berlin 2009. 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1933 geborene, bereits 1952 mit Rudolf Agsten die Geschichte der Liberaldemokratischen Partei der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik behandelnde, habilitierte Historiker Manfred Bogisch war lange Mitarbeiter des Parteivorsitzenden Manfred Gerlach. Ab 10. Februar 1990 wirkte er mit Rainer Ortleb als Nachfolger Gerlachs zusammen. Er kennt also die Geschichte dieser Partei aus nächster Nähe und hat sich vielfach mit ihr, aber auch mit Martin Luther und deutschen Demokraten zwischen 1830 und 1945 befasst.
Sein mit einem Geleitwort des Vorsitzenden des Vorstands der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg e. V. versehenes Taschenbuch setzt mit dem 8. Oktober 1989 und dem Beschluss eines Sofortprogramms zur Demokratisierung der DDR ein. Danach greift der Verfasser auf die 80er Jahre zurück, in denen nach seinen Erkenntnissen auf der Grundlage eines Manuskripts Manfred Gerlachs die Blockpartei um Eigenständigkeit zu ringen begann. Reformpolitische Vorstellungen verbindet er dann aber erst mit dem Sommer 1989.
Danach legt er dar, wie es an der Zeit war, Druck auf Erich Honecker zu machen. Diese späte Entscheidung konnte freilich nicht verhindern, dass am 18. März 1990 bei den ersten und letzten freien Volkskammerwahlen der Bund der Liberalen von den Wählern nur 5,3 Prozent der Stimmen erhielt, ein, gemessen an „der“ (oder besser den) Erwartungen, katastrophales (oder ernüchterndes) Ergebnis. Insgesamt bietet so der Verfasser aus der Sicht eines Beteiligten ein von der Erinnerung vieler Bürger der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und von Klischees einer „konservativen Geschichtspolitik der alten Bundesrepublik“ verschiedenes, gleichwohl aber in Meinungsfreiheit ebenfalls veröffentlichenswertes Bild, in dem er es auch bedauert, dass es im Rahmen des westlichen „Anschlusses“ der DDR an die Bun |
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Bollwage, Max, Buchstabengeschichte(n). Wie das Alphabet entstand und warum unsere Buchstaben so aussehen. Adeva-Verlag, Graz 2010. 232 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bollwage, Max, Buchstabengeschichte(n). Wie das Alphabet entstand und warum unsere Buchstaben so aussehen. Adeva-Verlag, Graz 2010. 232 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach der Sprache ist wohl die Schrift die für den Menschen folgenreichste Erfindung, da sie Wissen vom einzelnen Erfahren verhältnismäßig löst. Nach vielen anderen hat sich auch der Grafikdesigner Max Bollwage der auf der vorderen Umschlagseite seines Werkes verwirrend illustrierten Fragen der Entstehung des Alphabets und der Gestaltung unserer, in der Welt der Gegenwart sachlich vorherrschenden Buchstaben angenommen. Beginnend mit der mehr als 8000 Jahre alten Vinca-Kultur um das heutige Serbien verfolgt er in zehn Kapiteln mit vielen Abbildungen unter Umgehung der Keilschrift den Weg von der Eigentumsmarke der ägyptischen Könige aus der Wüste durch Kanaan über das Meer zu den die Wiedergabe der vielfältigen Laute auf 22 Konsonantenzeichen bündelnden Phöniziern über die a, e, i, o und u sichtbar machenden Griechen bis zu den Römern, die an Hand von Kreis, Quadrat und Dreieck die Grundlage für die wohl wichtigsten Schriften der Welt schufen.
Von hier aus verfolgt der Verfasser die Schriften mit dem Knick, die seit 600 Jahren immer wieder neu entworfene Antiqua, die Schönen und die Schnellen, geschrieben und gedruckt, fußlos und dickfüßig samt der Abhängigkeit vom Zeitgeist bis zu einer kleinen Druckschriftenkunde von heute, wobei die unterschiedlichen Formen des Aleph und A in roter Farbe die Kapitel markieren. Gelegentlich verirrt sich ein „gesichtert“ in den Text und das Nibelungenlied ins Althochdeutsche und findet sich Adolf Hitler, der sich 1941 gegen die gebrochenen Schriften wendete, gar nicht auf der im Register angegebenen Seite 103. Insgesamt aber bietet das vielen Helfen dankende Buch doch viel Wissenswertes über die Schrift, obwohl es die selbst gestellte Frage, warum unsere Buchstaben so aussehen, nicht wirklich in jeder Beziehung überzeuge |
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Bologna und das Rechtsstudium. Fortschritte und Rückschritte der europäischen Juristenausbildung, hg. v. Baldus, Christian/Finkenauer, Thomas/Rüfner, Thomas. Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. 290 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bologna und das Rechtsstudium. Fortschritte und Rückschritte der europäischen Juristenausbildung, hg. v. Baldus, Christian/Finkenauer, Thomas/Rüfner, Thomas. Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. 290 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Bologna begannen im 12. Jahrhundert immer mehr Studierende aus unterschiedlichen Ländern ohne Reglementierung mit dem Rechtsstudium. Hieraus hat sich ein Erfolgsmodell mit gegenwärtig wohl mehr als einer Million Juristen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union entwickelt. Dementsprechend erwuchs am Ende des 20. Jahrhunderts ein allgemeineres Vergleichbarkeitsproblem von Studienabschlüssen, das 1999 in Bologna zur Unterzeichnung einer völkerrechtlich nicht bindenden Erklärung neunundzwanziger europäischer Bildungsminister führte, nach dem bis 2010 ein einheitlicher europäischer Hochschulraum geschaffen werden sollte, der ein dreijähriges Bachelorstudium, ein anschließendes zweijähriges Masterstudium und ein darauf folgendes Doktoratsstudium als einheitliches Modell vorsah.
In dieses fügte sich die in Deutschland entwickelte Juristenausbildung wegen ihrer Staatsdiensteingangsprüfung, der praktischen Ausbildung zum Einheitsjuristen außerhalb der Universität und der zweiten staatlichen Abschlussprüfung nicht ein, zumal sich in Folge des anschwellenden Sachstoffes das zunächst auf mindestens sechs Semester angesetzte Universitätsstudium bereits rechtlich wie tatsächlich auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt hatte. Deswegen entstand (auch) in Deutschland eine Diskussion um die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit der Einführung des Bolognamodells in der Juristenausbildung, in deren Rahmen nach einer 2007 abgehaltenen Tagung 2008 ein Tagungsband unter dem Titel Juristenausbildung in Europa zwischen Tradition und Reform erschien, dessen Besprechung zwar großes Interesse von potentiellen Rezensenten hervorrief, bisher aber nur zu dem Ergebnis geführt hat, dass der ausgewählte sachkundige int3ernational erfa |
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Bord, Bernadette, Das Erbrecht der Kanalinseln von den normannischen Wurzeln bis zum heutigen Rechtszustand. Nomos, Baden-Baden 2009. 353 S. Beprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Geschichte zeigt, dass zwar die Zeit einigermaßen gleichmäßig verfließt, dass sich in diesem Flusse aber Entwicklungszentren und Randinseln, in denen die Zeit lange fast still zu stehen scheint, gegenüberstehen, wobei auch gerade diese bewahrenden Gebiete von besonderem Erkenntnisinteresse sein können. Diese Erkenntnis hat wohl einen an einem polyhistorischen Gesamtüberblick interessierten Sachkenner zur Artikulierung seines Interesses an der vorliegenden, von Klaus Schurig betreuten und 2008 in Passau angenommenen Dissertation der Verfasserin bewogen. Da der Herausgeber einem Verlag jedoch auch zur Verwirklichung einer Rezensionszusage verpflichtet ist, muss er selbst zumindest in einigen Zeilen auf das ansprechende Werk hinweisen.
Gegliedert ist die durch Hinweise sachkundiger Praktiker geförderte Untersuchung schlicht in zwei Teile. Zunächst bietet die Verfasserin eine gelungene Einführung in das Rechtssystem der Kanalinseln von der vornormannischen Frühzeit über die Normannen und die anschließenden englischen Monarchen bis zur Gegenwart unter Darstellung der Rechtsquellen der interessanten Entwicklung, der Staatsorganisation und der internationalen Beziehungen. Danach stellt sie das Erbrecht der Bailiwicks Jersey und Guernsey (mit Alderney und Sark) ausführlich dogmatisch dar.
Im Ergebnis hältt sie ansprechend fest, dass das Erbrecht der Kanalinseln über seine Bedeutung für die Orte hinaus ein gutes Beispiel dafür ist, wie ein altes Rechtssystem wandlungsfähig genug sein kann, um gegenwärtigen und vielleicht auch zukünftigen Bedürfnissen gerecht zu werden. Im Anhang A bietet die Verfasserin 18 ausgewählte Urteile, in Anhang B eine beachtliche Auswahl an relevanten Gesetzen der Inseln. Ein Literaturverzeichnis rundet die gelungene Untersuchung ange |
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Bornhorst, Sarah, Selbstversorger. Jugendkriminalität während des ersten Weltkriegs im Landgerichtsbezirk Ulm (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 19). UVK, Konstanz 2010. 340 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Andreas Wirsching betreute, im Sommersemester 2008 von der philologisch-historischen Fakultät der Universität Augsburg angenommene, für den Druck geringfügig überarbeitete Dissertation der als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gedenkstätte Berliner Mauer in Berlin tätigen Verfasserin. Die Hauptgrundlage bilden Akten des königlichen Landgerichts Ulm. Sie bestehen zum einen aus Strafprozesslisten der Jahre von 1904 bis 1918 (ohne 1917) und zum anderen aus mehr als 130 stark ausgedünnten Strafakten betreffend Strafverfahren gegen Jugendliche vor dem Landgericht Ulm aus den Jahren von 1914 bis 1918.
Nach einer Einleitung zu Thema, Forschungsstand, Quellen, Methodik und Fragestellungen sowie zum Aufbau der Arbeit behandelt die Verfasserin in zwei Teilen acht Abschnitte. Sie betreffen allgemeine Grundlagen (Konstruktion von Jugendkriminalität, Tatort Landgerichtsbezirk Ulm), die Jugendkriminalität vor der Strafkammer des Landgerichts Ulm (Umgang mit den Quellen, von der Straftat zur Gerichtsverhandlung, Rahmenbedingungen, quantitative Entwicklung, Erscheinungsformen und Urteilfindung im Krieg). Erfasst werden Straftaten gegen das Eigentum, gegen das Vermögen, gegen das Leben, gegen die körperliche Unversehrtheit, gegen die persönliche Freiheit, gegen die Sittlichkeit, gegen die Ehre, gegen die öffentliche Ordnung, Urkundendelikte, gemeingefährliche Straftaten, Straftaten im Amt, Übertretungen und sonstige Verstöße.
Besonderes Gewicht legte die Verfasserin in ihrer stark differenzierenden Untersuchung auf die Betrachtung der quantitativen Entwicklung und die konkreten Erscheungsformen sowie auf den Umgang der Strafverfolgungsinstanzen mit den kriminellen Jugendlichen. Dabei zeigt sich, |
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Borup, Allan, Demokratisierungsprozesse in der Nachkriegszeit. Die CDU in Schleswig-Holstein und die Integration demokratieskeptischer Wähler (= IZRG-Schriftenreihe 15). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 281 S., 3 sw. Abb. 1 farb. Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die Kopenhagener Dissertation Borups aus dem Jahre 2008 (Demokratisering af Vesttyskland; - belyst gennem CDU i Slesvig-Holstens integration af demokrati-skeptiske vælgere, ins Deutsche übersetzt von Detlef Siegfried), ist zustande gekommen im Rahmen eines Stipendiums durch das dänische Forschungs- und Vermittlungsprojekt: „Deutschland und Europa 1945“. Die Untersuchungen Borups stellen primär einen Beitrag zur der Politologie angehörenden politischen Kulturforschung dar und sind außer englischen und amerikanischen Werken zur Civic culture vor allem dem Aufsatz von Karl Rohe, Politische Kultur und ihre Analyse (Historische Zeitschrift 1990, S. 321ff.) verpflichtet (S. 19ff.). Wie bereits das Werk von Konrad Jarausch: „Die Umkehr. Deutsche Wandlungen 1945-1955 (Bonn 2004) wendet sich Borups Werk gegen die bisher überwiegende Forschungsrichtung, die „weit mehr Energie darauf verwendet hat, die moralischen Unzulänglichkeiten im Umgang mit der Vergangenheit in der Entstehungsphase der Bundesrepublik zu beschreiben als die sukzessiven demokratischen Lernprozesse“ (S. 35). Entsprechend dem Ansatz der politischen Kulturforschung geht es um „vorherrschende Grundannahmen und Maßstäbe, um damit einen Einblick in den Handlungsspielraum zu erhalten, den die zeitgenössischen Akteure tatsächlich hatten“ (S. 264). Erst vor diesem Hintergrund mache ein auf „Interessen gerichteter Zugang überhaupt Sinn“, und „die Demokratisierung könne historisiert werden“ als ein Vorgang, „der nicht als idealtypischer Bruch in einer ‚Stunde Null’ zu imagieren ist und die Zeitgenossen auf einen illusionslosen Blick für ihre ‚wirklichen Interessen’ reduziert“ (S. 264). Quellen der Darstellung sind au |
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Brandes, Detlef, Die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938, 2. Aufl. (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 107). Oldenbourg, München 2010. XIV, 399 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Berlin 1941 geborene, in Geschichte, Slawistik, Germanistik und politischen Wissenschaften in München ausgebildete, nach seiner Promotion (1968) am Collegium Carolinum, seit 1972 an der Freien Universität Berlin im Präsidialamt und am Osteuropa-Institut tätige, 1984 habilitierte, 1991 nach Düsseldorf berufene Verfasser ist seit seiner Dissertation über die Tschechen unter deutschem Protektorat für seinen Sachgegenstand bestens ausgewiesen. Seine Untersuchung über die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938 erschien in erster Auflage 2008. Sie fand auch das Interesse eines sachkundigen Rezensenten, doch konnte der Verlag für die zweite Auflage kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen, so dass der Herausgeber auf Grund einer Ausleihe in wenigen Zeilen auf den erfolgreichen, interessanten Titel aufmerksam machen muss.
Gegliedert ist die sorgfältige detaillierte Untersuchung in insgesamt fünf Sachkapitel. Nach einer kurzen Einführung schildert der Verfasser zunächst die nationalen Auseinandersetzungen in der ersten Republik zwischen deutschen Parteien und staatlicher Unterstützung für die tschechischen Grenzler. Danach wendet er sich dem Jahr vor dem Anschluss Österreichs zu.
Das Schwergewicht der Betrachtung liegt dann auf der Zeit vom Anschluss Österreichs im März 1938 bis zu den Kommunalwahlen und bis zu Hitlers Annexionsforderungen. Im Ergebnis stellt der Verfasser fest, dass die Sudetendeutsche Partei ihren Sieg bei den Parlamentswahlen des Jahres 1935 vor allem der Unzufriedenheit der deutschen Wähler mit den bisherigen deutschen Parteien verdankte und dass die Mehrheit der Sudetendeutschen auf den Anschluss Österreichs mit Begeisterung reagierte. Umgekehrt überzeugte die Erfahrung der Jahre 1935 bis 1938 mit dem Separatismus de |
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Braun, Matthias, Die Entwicklung der Schwurgerichtsfrage in Kurhessen bis zum Jahre 1851 (= Schriften zur Rechtsgeschichte 151). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 433 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Als Gesamtdarstellung der Schwurgerichtsfrage ist noch immer maßgebend das Werk von Erich Schwinge: „Der Kampf um die Schwurgerichte bis zur Frankfurter Nationalversammlung“ (Breslau 1926). Als Ergänzung hierzu fehlen noch immer Einzeldarstellungen der Schwurgerichtsfrage bzw. über die Einführung der Schwurgerichte in den einzelnen Staaten des Deutschen Bundes. Lediglich für Baden liegt hierzu eine detailliertere, wenn auch nicht vollständige Darstellung vor von Wolfram W. Hahn: „Die Entwicklung der Laiengerichtsbarkeit im Großherzogtum Baden während des 19. Jahrhunderts“ (Berlin 1974). Deshalb ist das Werk Brauns über die Geschichte des Schwurgerichts in Kurhessen, das erst 1848 Schwurgerichte erhielt, sehr zu begrüßen. Die Mitwirkung einer Laienjury im Strafprozess, so Braun im einführenden Teil seines Werks, war „Teil der politischen Forderungen der liberalen und auch der demokratischen Bewegung. Das zu neuem Selbstbewusstsein erlangte Bürgertum begehrte gegen den Obrigkeitsstaat auf“. Das Schwurgericht galt aber nicht nur „als Schutzeinrichtung gegen obrigkeitsstaatliche Willkür, sondern zugleich als förderndes Instrument zur Ausübung bürgerlicher Freiheitsrechte“. Ohne Schwurgerichte ließ sich nach Meinung der liberalen Öffentlichkeit die Presse- und Meinungsfreiheit nicht durchführen. Nach einer kurzen Kennzeichnung des in Kurhessen geltenden Inquisitionsprozesses, der 1775 durch eine Prozessordnung bestätigt wurde, geht Braun ausführlich auf das Geschworenengericht im Königreich Westphalen und auf die ersten Erfahrungen mit der Laiengerichtsbarkeit auf kurhessischem Gebiet ein (S. 43-70). Auf die Entwicklung in den ehemaligen Gebieten des Großherzogtums Frankfurt (Hanau, Fulda), die 1815/16 zu Kurhessen kamen und wo 1812 der Code péna |