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200 Jahre Code d’instruction  criminelle - Le Bicentenaire du Code d'instruction criminelle, hg. v. Jung, Heike/Leblois-Happe, Jocelyne/Witz, Claude (= Saarbrücker Studien zum internationalen Recht 44). Nomos, Basen-Baden 2010. 248 S. Besprochen von Werner Schubert.

I. Code pénal et code d’instruction criminelle – Livre du bicentenaire. Dalloz, Paris 2010. XI, 828 S. Besprochen von Werner Schubert.

II. Du compromis au dysfonctionnement – les destinées du Code d’instruction criminelle, 1808-2008. Actes du colloque international, Lille, 24 et 25 janvier 2008 (organisé par) le Centre d’histoire judiciaire, réunis et présentées par Aboucaya, Chantal/Martinage, Renée, Lille, Centre d’histoire judiciaire 2009. 256 S. Besprochen von Werner Schubert.

III. 200 Jahre Code d’instruction criminelle – Le Bicentenaire du Code d’instruction criminelle, hg. v. Heike Jung/Jocelyne Leblois-Happe/Claude Witz (= Saarbrücker Studien zum internationalen Recht 44). Nomos, Baden-Baden 2010. 248 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Der Bicentenaire des Code d’instruction criminelle war Gegenstand von Tagungen in Lille im Januar 2008 und in Saarbrücken im März 2009. Im April 2010 ist eine umfangreiche Festschrift der Université Panthéon-Assas (Paris II) zum Code pénal, der 1810 erlassen wurde und zusammen mit dem Code d’instruction criminelle am 1. 1. 1811 in Kraft trat, erschienen. Die Festschrift von 2010 und der Saarbrücker Tagungsband berücksichtigen in weitem Umfang auch die Neukodifikationen des französischen Strafrechts im Code de procédure pénale von 1958 und im neuen Code pénal von 1992/94.

 

I. Die Pariser Festschrift umfasst 48 Beiträge von Hochschullehrern der Université Panthéon-Assas und hat ihren Schwerpunkt in einer kritischen, oft rechtspolitisch ausgerichteten Auseinandersetzung mit dem geltenden Strafprozess- und Strafrecht. Das in drei Teile gegliederte Werk (Des Mots et des Codes; Des hommes et des juges; Des délits et des crimes) beginnt mit einer Abhandlung von Y. Mayaud über „La loi pénale, instrument de valorisation sociale“, die sich mit den gesellschaftlichen Werten (valeurs sociales) bzw. den Grundlagen des Strafrechts befasst. Der folgende Beitrag von J.-L. Sourioux beschäftigt sich mit der Verwendung der Worte criminel und pénal, von denen das erstere zunächst fast ausschließlich in Gebrauch war, bis es seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur noch für das Verfahrensrecht und die Gerichtsverfassung gebraucht wurde. Nach der Neukodifikation des Strafprozessrechts von 1958 spricht man fast nur noch von der procédure pénale. Nur noch im Universitätsbereich wird von der sociologie criminelle gesprochen. Auf nur wenigen Seiten geht J. Foyer auf das Strafrecht der Revolutionszeit ein (Code pénal von 1791 und des Jahres IV). J.-H. Robert befasst sich mit dem Strafrecht des Jahres IV und dessen Bedeutung für die Folgezeit bis hin zum Code pénal von 1994. J.-P. Andrieux setzt sich mit den „Observations“ des Staatsrats Target über den Entwurf eines Code criminel von 1804 auseinander, die allerdings nicht die Bedeutung des Discours préliminaire von Portalis zum Code civil erlangten. A. Laingui gibt einen kurzen Extrakt aus dem italienischen Werk: „I codici napoleonici“, Bd. 2, Milano 2002, über die Reformen des französischen Strafprozessrechts zwischen 1780 und 1958 wieder. In ihrer Abhandlung: „Droit pénal et droit constitutionnel: sur un couple uni“ arbeitet D. Changnollaud als Grundlagen der Strafgesetzgebung heraus die Prinzipien der Egalité, der Non-rétroactivité und der Nécissité des peines. Folgende weitere Themen werden im ersten Teil der Festschrift behandelt: Die erste, für verfassungswidrig erklärte Fassung des Antipiratengesetzes von 2009 (loi HADOPI; Internetsperren wegen Verletzung von Urheberrechten), das Rückwirkungsverbot im Strafrecht sowie die strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen. Den Abschluss bildet eine breit angelegte Geschichte der spanischen Strafrechtsquellen und Strafrechtskodifikationen von 1241 bis zum spanischen Strafgesetzbuch von 1995 (S. 185-243; L. Convert). Convert geht auch ein auf die Pläne der napoleonischen Zeit, die französischen Kodifikationen einzuführen, und auf den liberalen Code pénal von 1822, dessen Entwurf ein spanischer Cortes-Abgeordneter durch Bentham beurteilen ließ (S. 227ff.). Der spanische Code pénal von 1822 blieb nur kurze Zeit in Kraft, hatte jedoch große Bedeutung für die lateinamerikanischen Staaten.

 

Den zweiten Teil des Werkes eröffnet S. Guinchard mit einem Beitrag zu der von der Regierung geplanten Abschaffung des Juge d’instruction, der auf die Kodifikation von 1808 zurückgeht (S. 257ff.). Rechtsgeschichtlich breiter werden der Garde-champêtre (Feldhüter), der zur Police judiciaire gehört, von I. Pétel-Teyssié (S. 287ff.), und die Militärgerichtsbarkeit (S. 383ff.; E. Decaux) behandelt, die sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt und die seit dem Code pénal militaire von 1791 mehrfach reformiert wurde (u. a. 1857, 1938, 1965 und 1982). Für eine Einschränkung der Strafverfolgungsverjährung spricht sich C. Hardouin-Le Goff aus. Weitere Abhandlungen des zweiten Teiles befassen sich mit der Bedeutung des Geständnisses, den Besonderheiten der strafrechtlichen Kassation und essayartig mit dem enfermement (der „privation de liberté“) des Strafgefangenen. Die Autoren der Beiträge des dritten Teils des Werkes beschäftigen sich mit Fragen des Allgemeinen Teils des Code pénal (bewusste Gefährdung eines anderen; Eventualdolus; Abgrenzung zwischen volontaire und involontaire am Beispiel der Straßenverkehrsdelikte) und mit einzelnen Deliktsgruppen und Sonderstrafrechten (Staatsschutzdelikte; Schutz bei Verbraucherkreditverträgen; Überbewertung von Wertpapierkurs-Manipulationen; arbeitsrechtliches Strafrecht [u. a. Verletzung eines Tarifvertrags; Strafbarkeit von Arbeitnehmern] und Strafrecht des droit rural). Stark rechtspolitisch ausgerichtet ist der Aufsatz von A. Lepage über den Schutz der Persönlichkeit (S. 507ff.), während sich O. Debat sehr kritisch mit dem droit pénal fiscal befasst. Rechtshistorisch ergiebiger sind die Beiträge über den strafrechtlichen Schutz der Familie (S. 539ff.) und über das Seestrafrecht (S. 659ff.), das erstmals in der Ordonannce sur la marine von 1681 geregelt wurde (Neukodifikationen 1852 und 1926). Die Beiträge im dritten Teil der Festschrift verdeutlichen den Hinweis der Herausgeber auf den éclatement und die instabilité der Strafrechtsnormen (S. VII). B. Teyssié weist in diesem Zusammenhang auf den „goût de la société française pour la sanction pénale“ (S. 695) hin.

 

II. Der Tagungsband aus Lille beginnt mit einem Beitrag von J.-P. Allinne über „Jean-Paul Marat ou l’analyse sociale du crime …“ (S. 9ff.). Allinne stellt zunächst anhand des „Plan de législation criminelle“ (1780; 2. Aufl. 1790) Marats Positionen zum Strafprozess heraus, die sich nur wenig von den Ansichten Beccarias und dem englischen Modell unterschieden (S. 18ff. Herausarbeitung der sozialen Analyse des Verbrechens durch Marat am Beispiel des Diebstahls). Nach Allinne war der Pessimismus Marats als Prämisse der défense sociale die Kassandra und der Wegbereiter der napoleonischen Juristen, für die das Strafrecht die Aufgabe hatte, „de défendre la société contre les ,classes perverties’“ (S. 25). E. Berger befasst sich mit der 1790 erfolgten Übertragung des Rechts der Anklageerhebung auf die vom Volk gewählten Friedensrichter, mit der Institution der Anklagejury und dem accusateur public (S. 33ff.). Ein Gesetz vom 7. Pluviôse IX schaffte den öffentlichen Ankläger ab und übertrug die Strafverfolgung den von der Exekutive ernannten Beamten des ministère public. Berger untersucht im Einzelnen die parlamentarischen Auseinandersetzungen über dieses Gesetz und die Kritik, auf welche das Gesetz in der Praxis stieß (S. 33ff.). In diesem Zusammenhang wertet Berger die reichhaltige Korrespondenz von Richtern und Staatsanwälten mit dem Justizministerium aus, die insbesondere die Möglichkeit der vorläufigen Verhaftung (mandat dépot) durch die Beamten des ministère public betraf. Ein Circulaire vom 29. Floréal IX schaffte insoweit für die folgenden zehn Jahre Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Wechsel in den Zuständigkeiten der Strafverfolgung führte, wie Berger für die erhalten gebliebenen Statistiken aus belgischen Departementen zeigt, zu einem signifikanten Rückgang der Verfahrenseinstellungen und zu einer Zunahme der Verurteilungen durch die tribuneaux correctionnelles (1808 Abschaffung der Anklagejury durch den Code d’instruction criminelle).

 

R. Eckert befasst sich mit den Einflussmöglichkeiten des Opfers auf die öffentliche Strafklage (S. 49ff.). Der Code von 1808 schränkte zwar die dem Opfer in der Revolutionsgesetzgebung gewährten Rechte ein, ermöglichte ihm jedoch , seine Schadensersatzansprüche durch eine action civile entsprechend der Tradition des Ancien régime effektiver wahrzunehmen. C. Jallamion und K. Menichetti behandeln die Diskussion in der Mitte des 19. Jahrhunderts über die correctionnalisation des crimes, also die Frage, inwieweit Schwurgerichtssachen an die tribuneaux correctionnelles zu überweisen waren. Ein Gesetz von 1863 verwies eine Reihe von bisherigen crimes vor die nur mit Berufsrichtern besetzten Korrektionalgerichte. Jedoch stuften die Gerichte weiterhin im Einzelfall Schwurgerichtssachen zu Vergehen herab (S. 98ff.), vor allem, wenn durch die Jury ein Freispruch zu erwarten war. Erst ein Gesetz vom November 1941 ordnete die gleichzeitige Beratung und Abstimmung von Richtern und Geschworenen in einem einzigen Richterkollegium an. Das Zusammenwirken von Richtern und Jurymitgliedern (assesseurs) war bereits im 19. Jahrhundert in den Kolonien praktiziert worden (B. Durand, S. 139ff.). Die Entwicklung in Algerien führte 1902/03 zur Schaffung von Cours criminelles, die in der Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei (Laien-)Assesseurs über die Verbrechen der Einheimischen (muselmanes) urteilten (S. 161ff.; F. Renucci). Tunesien erhielt für die einheimische Gerichtsbarkeit 1913 einen eigenen Code pénal und 1921 einen Code de procédure pénale, die beide dem französischen Vorbild nicht vollständig folgten und statt der Jury das Assessorat übernahmen (S. 171ff.). Über die garde à vue (polizeiliche Verwahrung) berichtet H. Vlamynck (S. 101ff.), die erstmals durch ein Circulaire von 1943 anerkannt und im Code de procédure pénale von 1958 ausführlich geregelt wurde (weitere, umfassendere Regelung 1993). Die 1791 abgeschaffte „Révision“ des Ancien droit wurde bereits 1793 für den Fall zugelassen, dass zwei nicht miteinander zu vereinbarende Urteile vorlagen (Verurteilung zweier Personen wegen derselben Tat; hierzu M.-Y. Crépin, S. 115ff.). Die Möglichkeit der Revision (Wiederaufnahme des Verfahrens) wurde im Code von 1808 geringfügig, und erneut durch Gesetze von 1867 und 1895 erweitert. Für die Zeit von 1811 bis 1867 sind nur 25 Revisionsentscheidungen bekannt geworden. S. Humbert informiert über die Wiedereinführung des Juge d’instruction, dessen Befugnisse bereits in Ordonnancen von 1539 und 1670 geregelt waren, durch den Code von 1808 (S. 127ff.). Über die bisher nicht verwirklichte Abschaffung des Untersuchungsrichters berichtet J.-P. Royer unter der Überschrift: „Chronique d’une mort annoncée: celle du juge d’instruction?“ (S. 243ff.).

 

Vier Aufsätze befassen sich mit der italienischen Rezeption der französischen Codes. I. Soffietti beschreibt im Einzelnen das Zustandekommen des Code de procédure pénale für das Königreich Piemont-Sardinien von 1847/48, an dessen Vorarbeiten fast ausschließlich die Richterschaft beteiligt war. Der Code folgte im Wesentlichen dem französischen Modell, ohne allerdings die Jury zu übernehmen, die jedoch noch vor Inkrafttreten des Code aufgrund der Verfassung vom März 1848 eingeführt wurde. E. Dezza vergleicht den französischen Code von 1808 mit dem Code de procédure pénale des Königreichs Italien von 1808 und mit der sog. „Franziskana“ (Gesetzbuch über Verbrechen) von 1803 miteinander. Die letztere folgte noch dem gemeinrechtlichen Strafprozess (gesetzliche Beweisregeln; Ermittlung durch unabhängige Strafrichter). Die Strafprozessordnung für das Königreich Italien übernahm auf Intervention Napoleons nicht die Jury. Sie ließ eine absolutio ab instantia zu und verschärfte die Formbestimmungen. F. Aimerito geht auf die Entstehung des Code de procédure civile des Königreichs Piemont-Sardinien von 1854/59 ein (S. 203ff.). Aufgrund der scharfen Kritik insbesondere Mancinis an den Entwürfen zur Kodifikation von 1854 wurde der Code von 1854 in einer überarbeiteten Fassung 1859 neu verkündet. Leider teilt Aimerito nicht mit, welche Teile des französischen Zivilprozesses Anstoß erregten. Allzu knapp ist der Aufsatz von Alvazzi del Frate über die strafprozessualen Garantien des französischen Code von 1808 und dessen Einfluss auf das italienische Strafprozessrecht unter der Restauration (S. 215ff.).

 

III. Die Beiträge zum deutsch-französischen Strafrechtskolloquium sind nur teilweise rechtshistorisch orientiert. Ein Großteil von ihnen befasst sich mit aktuellen Fragen des deutschen und französischen Strafprozessrechts oft unter Berücksichtigung der geschichtlichen Zusammenhänge des französischen Rechts, das 1958 eine Neukodifikation erfahren hatte. Der Beitrag B. Dölemeyers untersucht nach einem Überblick über die Entstehung der cinq Codes Napoleon als Gesetzgeber in der Selbststilisierung, in der späteren französischen Schau sowie aus deutscher Sicht unter ikonografischen Gesichtspunkten (S. 25ff.). Th. Gergen erläutert in seinem Beitrag: „Der Einfluss des Code d’instruction criminelle in den deutschen Territorien“ zunächst die französische Strafgerichtsverfassung sowie das französische Strafverfahren und behandelt anschließend das Schwurgerichtsverfahren von 1833 gegen die Organisatoren des Hambacher Festes im rheinbayerischen Landau (S. 40ff.). Unter der Überschrift „Prinzipien“ gehen C.-F. Stuckenberg der Bedeutung und der Reichweite der Unschuldsvermutung und S. Gless dem „Nemo tenetur-Grundsatz“ als einem Erbe Napoleons im deutschen, französischen und europäischen Recht (S. 79ff.) nach. Obwohl die Unschuldsvermutung seit der Aufklärung und der Revolution von 1789 zum gemeinsamen Erbe der europäischen Rechtsordnungen gehört, wurde der normative Gehalt dieser Vermutung zunächst nicht genauer bestimmt (S. 66). Erst 1993 und 2000 wurde die „présomption d’innocence“ im Code de procédure pénale geregelt, während für Deutschland für diese Vermutung primär die europäische Menschenrechtskonvention maßgebend ist (S. 67ff.). Der Beitrag über den Nemo tenetur-Grundsatz, der in Deutschland und Frankreich unterschiedliche Bedeutungsinhalte aufweist, geht auf rechtshistorische Fragen nur am Rande ein. Das Gleiche gilt für den primär rechtsvergleichend angelegten Beitrag H. Satzgers über die Rolle des Richters im Ermittlungsverfahren in Deutschland und Frankreich (S. 93ff.). Stärker entwicklungsgeschichtlich ausgerichtet ist die Darstellung J. Walthers über „L’évolution de l’instruction de 1808 à 2009: chronique des turpitudes d’un modèle français en péril“ (S. 108ff.), in der er die Stellung des französischen Untersuchungsrichters näher beschreibt. Der Status der französischen Staatsanwaltschaft ist Gegenstand des Beitrags N. Salditts (S. 139ff.), wonach zwar der Staatsanwalt in der autorité judiciaire verankert ist, jedoch weiterhin, mit Ausnahme des Plädoyers in der Hauptverhandlung, dem justizministeriellen Weisungsrecht im Einzelfall unterliegen kann (S. 149f.; vgl. auch den Beitrag von Cl. Saas [S. 124ff.] über die Ausweitung der staatsanwaltschaftlichen Befugnisse in Frankreich). Nicht ganz ohne rechtsgeschichtliche Bezüge ist der Beitrag X. Pins über die Verteidigerrechte, die erstmals in einem Gesetz von 1897 erweitert wurden (S. 157ff.). S. Corioland geht in ihrem Beitrag: „L’évolution de la place de la victime depuis le Code d’instruction criminelle“ (S. 180ff.) auf die Möglichkeit der Zivilklage des geschädigten Opfers auf Schadensersatz im Rahmen des Strafverfahrens ein, eine Regelung, die auf eine Ordonnance von 1539 zurückgeht und nunmehr, wie J. Pradel (S. 190ff.) ausführt, zu einer erheblichen Besserstellung der Opfer (victimes) durch eine umfangreiche Gesetzgebung seit 1970 geführt hat. Die anschließenden Beiträge von J. Kinzig über die Feststellung von „Gefährlichkeit“ im deutschen Strafverfahren und von F. Zieschang über Schuldunfähigkeit und Verfahren behandeln im Wesentlichen Fragen des geltenden Rechts, während J. Leblois-Happe die internationale Rechtshilfe im französischen Recht auch historisch darstellt.

 

IV. Rechtshistorisch wichtig ist insbesondere der Tagungsband aus Lille, der in der Mehrzahl der Beiträge weiterführende Detailstudien zur Geschichte des französischen Strafprozesses der Revolutionszeit, der napoleonischen Zeit und insbesondere des 19. Jahrhunderts bringt. Bedauerlich ist, dass – mit der Ausnahme Italiens – die europäische Dimension der Rezeption des französischen Strafverfahrens nicht behandelt wird. Letzteres gilt vor allem für die Festschrift der Université Panthéon-Assas, die für das ausländische Strafverfahrensrecht überhaupt keine historische Darstellung bringt. Die Saarbrücker Festschrift verdeutlicht, dass eine Gesamtdarstellung der Rezeption des französischen Strafverfahrens in Deutschland für das 19. Jahrhundert bzw. eine Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Code d’instruction criminelle noch immer fehlt. Hierfür stellen die nicht wenigen Einzeldarstellungen etwa zum Schwurgericht, zur Einführung der Staatsanwaltschaft sowie zur Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens sowie die Arbeiten über markante, nach französischem Recht geführte Strafprozesse wie im vorliegenden Band die Abhandlung über den Landauer Schwurgerichtsprozess von 1833 eine gute Grundlage dar.

 

Kiel

Werner Schubert