Briesen, Detlef, Das gesunde Leben. Ernährung und Gesundheit seit dem 18. Jahrhundert. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010. 392 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Briesen, Detlef, Das gesunde Leben. Ernährung und Gesundheit seit dem 18. Jahrhundert. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010. 392 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1957 geborene Verfasser wurde nach dem Studium 1990 in Köln mit einer Dissertation über Berlin - die überschätzte Metropole (über das System der deutschen Hauptstädte von 1850 bis 1950) promoviert und 1998 in Siegen habilitiert. Nach Tätigkeiten in Köln, Siegen und Neu Delhi wurde er 2009 Privatdozent in Gießen. Seine Habilitationsschrift betraf Warenhaus, Massenkonsum und Sozialmoral (. Zur Geschichte der Konsumkritik im 20. Jahrhundert, 2001).
Auch sein 2010 erschienenes Werk über das gesunde Leben behandelt einen wichtigen sozialgeschichtlichen Gegenstand, haben doch verbesserte Ernährung und umsorgte Gesundheit im Untersuchungszeitraum schätzungsweise fast eine Verzehnfachung der Weltbevölkerung zur Folge gehabt. Gegliedert ist die auf breiter Literaturgrundlage flott geschriebene, mit einem Tabellenanhang versehene Studie in acht Kapitel, die mit den Dilemmata gesunden Lebens im modernen Zeitalter beginnen und mit einem Nachschlag enden. Dabei erörtert der Verfasser die Herausbildung des modernen Gesundheitsdilemmas (von der Antike! bis zu den modernen Naturwissenschaften), gesundheitliche Revolutionen (z. B. Alkoholprohibition?, Gesundheits- und Hygienerevolution), den modernen Massenkonsum, dem die Massenernährung in Amerika von 1900 bis 1930 zu Grunde gelegt wird, goldene Zeiten (Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg) und transatlantische Partys (mit Alkohol und Rauchen), das schnelle Ende der schönen neuen Welt (Schatten auf der Lunge, die ersten? Lebensmittelskandale) und die Frage der Gesundheit durch Gesundheitspolitik (Rauchen, Alkohol).
Insgesamt will das Werk von den Versuchen der Menschen (wo wirklich?) in den letzten 200 Jahren (seit dem 18. Jahrhundert?) handeln, ein gesundes Leben zu führen. Ausgewählt wurden dafür die alltägliche Ernährun |
|
Brinkhus, Jörn, Luftschutz und Versorgungspolitik. Regionen und Gemeinden im NS-Staat, 1942-1944/45. Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 347 S., 5 sw. Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brinkhus, Jörn, Luftschutz und Versorgungspolitik. Regionen und Gemeinden im NS-Staat, 1942-1944/45. Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 347 S., 5 sw. Abb. Besprochen von Werner Schubert.
Da die Versorgungspolitik ein stark reguliertes, der Luftschutz ein überreguliertes Politikfeld (S. 137) war, sind politik- und verwaltungsgeschichtliche Untersuchungen über diese Lebensbereiche auch für den Rechtshistoriker von Bedeutung. Allerdings stehen die rechtlichen Regelungen, deren Existenz vorausgesetzt wird, nicht im Vordergrund der Darstellung. Brinkhus geht es vielmehr um die Durchführung der rechtlichen Vorgaben der Berliner Zentrale durch die Regionen (Gaue, Regierungsbezirke, Minister der Landesregierungen) und die Gemeinden. Die Untersuchung setzt ein mit dem Jahreswechsel 1941/42, mit dem sich die „außenpolitische und strategische Lage grundlegend wandelte“ (S. 22). Dabei geht es um die Frage, wie die Unter- und Mittelinstanzen den „ihnen durch die Spitze des Herrschaftsgebildes zur Verfügung gestellten Kompetenzrahmen ausfüllen und wie und warum sie diesen erweitern konnten“ (S. 15). Die (beschränkte) Selbstorganisation beruhte nach Brinkhus auf der vertikalen Dekonzentration von Entscheidungsmacht, der horizontalen Subkoordination (Ergänzung der hierarchischen Entscheidungswege) und einem dezentralen Ressourcenmanagement (S. 16f.). Die Versorgungspolitik umfasste die Beschränkung des Konsums von Gebrauchsgütern und deren Rationierung, der Luftschutz den Schutz vor Bombenangriffen und die Versorgung der Bevölkerung mit Gebrauchsgütern. Für die untersuchten Politikfelder wurden jeweils eine preußische Region mit einer nichtpreußischen verglichen und dabei besonders die Stellung der Gauleiter und der Landesregierungen ins Auge gefasst (S. 21). Zu den untersuchten Städten gehören hinsichtlich der Versorgungspolitik Essen, Düsseldorf, Duisburg, Karlsruhe, Freiburg und Mannheim, hinsichtlich des zivilen Luftschutzes Köln/Bonn, Breme |
|
Brockmann, Thomas, Dynastie, Kaiseramt und Konfession. Politik und Ordnungsvorstellungen Ferdinands II. im Dreißigjährigen Krieg (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte Neue Folge 25). Schöningh, Paderborn 2011. 518 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brockmann, Thomas, Dynastie, Kaiseramt und Konfession. Politik und Ordnungsvorstellungen Ferdinands II. im Dreißigjährigen Krieg (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte Neue Folge 25). Schöningh, Paderborn 2011. 518 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Konrad Repgen angeregte, im Sommersemester 2006 an der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth angenommene Habilitationsschrift des nach dem Studium der Geschichte, katholischen Theologie und Philosophie in Bonn und Oxford in Bonn 1994 als Studienstiftler des deutsches Volkes mit einer gewichtigen Untersuchung über die Konzilsfrage in den Flug- und Streitschriften des deutschen Sprachraumes zwischen 1518 und 1563 promovierten Verfassers. Als sie vom Verlag 2009 erstmals angezeigt wurde, fand sie umgehend einen sachkundigen Interessenten. Da sie aber auch auf Nachfrage nicht geliefert werden konnte, geriet das Interesse allseits in Vergessenheit, so dass der Herausgeber nach tatsächlichem Erscheinen mit wenigen Zeilen wenigstens auf sie hinweisen muss.
Der Verfasser geht überzeugend davon aus, dass Kaiser Ferdinand II. in der bisherigen Forschung vernachlässigt wurde, so dass eine moderne, aus den Quellen gearbeitete Biographie ebenso fehlt wie eine neuere Gesamtdarstellung seiner Politik zwischen 1619 und 1637. Diesen Mangel will der Verfasser auf der Grundlage ungedruckter und gedruckter Quellen sowie der bereits vorliegenden Literatur mildern. Zu diesem Zweck befasst er sich mit Ferdinands Politik vom Vorabend des Aufstandes in Böhmen bis zum Kurfürstentag von 1630.
Sachlich gegliedert ist die quellennahe, sorgfältige Studie außer in Einleitung und Ergebnisse in vier Teile, die chronologisch aufeinanderfolgen und die Jahre von 1616 bis 1618, von 1618 bis 1620, von 1621 bis 1626 und von 1627 bis 1630 betreffen. Danach zeichnete sich die Politik Ferdinands II. über weite Strecken nicht durch Risikofreudigkeit, sondern e |
|
Brommer, Peter, Kurtrier am Ende des Alten Reichs. Edition und Kommentierung der kurtrierischen Amtsbeschreibungen von (1772) 1783 bis ca. 1790, 2 Teile (= Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 124). Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte, Trier 2008. 1-868, 869-1472 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brommer, Peter, Kurtrier am Ende des Alten Reichs. Edition und Kommentierung der kurtrierischen Amtsbeschreibungen von (1772) 1783 bis ca. 1790, 2 Teile (= Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 124). Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte, Trier 2008. 1-868, 869-1472 S. Besprochen von Steffen Schlinker.
In den letzten Jahrzehnten des Alten Reiches haben geistliche Reichsfürsten – durchaus im Bewusstsein ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Situation – Schritte zur Modernisierung ihrer weltlichen Herrschaftsgebiete eingeleitet. Zwar kennen gerade geistliche Herrschaften schon im Mittelalter die schriftliche Aufzeichnung von Herrschaftsrechten und Abgaben. Das vom Trierer Kurfürsten und Erzbischof Clemens Wenzeslaus im Jahr 1783 verfolgte Ziel ist aber erheblich umfassender als zuvor und zeigt das Bemühen um eine wissenschaftlich exakte Erfassung des regierten Landes. Die Amtsbeschreibungen sollten Angaben über die Grenzen, die innere Verfassung, die Gerichtsbarkeiten, die fremden Gebietsenklaven sowie über Verträge mit Auswärtigen enthalten. Ein beigefügter Fragenkatalog lässt erkennen, dass es dem Kurfürsten nicht nur auf die rechtlichen Verhältnisse und seine Gerichtsbarkeit ankam, sondern auch auf die möglichst vollständige Erfassung des sozialen und wirtschaftlichen Ist-Zustands der Kurlande: Der Kurfürst wünschte eine Beschreibung der geographischen und politischen Verhältnisse des Amts und der einzelnen Ortschaften, ein Verzeichnis der steuerfreien adeligen Höfe, Angaben über die geistliche Verfassung, den Charakter der Bewohner, den Zustand der Straßen und Wege, die Entfernung zu schiffbaren Flüssen, die Situation der Landwirtschaft, des Handwerks und des Gewerbes, die Produkte des Amts, insbesondere das Vorkommen von Mineralwasser. Insofern stellt die kurfürstliche Aufforderung zur Abfassung von Amtsbeschreibungen eine Art „Landvermessung“ dar, wie sie der Kurfürst von Hannover in den Jahren |
|
Brückner, Thomas, Lehnsauftragung (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte. Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 258). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. XX, 470 S. Besprochen von Gerhard Köbler.IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brückner, Thomas, Lehnsauftragung (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte. Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 258). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. XX, 470 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als Lehnsauftragung bezeichnet man nach den Eingangsworten des Verfassers die Lehnbarmachung eines Gutes durch den zukünftigen Vasallen im Gegensatz zur Belehnung mit einem Gut aus dem Vermögen des Lehnsherrn. Diese Lehnsauftragung ist in der mitteleuropäischen Geschichte von großer Bedeutung. Der nach seiner Promotion in die Finanzverwaltung Thüringens eingetretene Verfasser behandelt in seiner von Dietmar Willoweit betreuten, in mehr als zehn Jahren Tätigkeit am Institut für deutsche und bayerische Rechtsgeschichte entstandenen, im Sommersemester von der juristischen Fakultät der Universität Würzburg angenommenen und für den Druck vor allem um Anmerkungsteile gekürzten Dissertation dementsprechend einen wichtigen und zugleich schwierigen Gegenstand.
Er hat unmittelbar nach Bekanntwerden das Interesse mehrerer Rezensenten auf sich gezogen. Dementsprechend hat sich der Herausgeber um mehrere Rezensionsexemplare bemüht. Nach deren Erhalt und Rücktritt eines Rezensenten sieht er sich deshalb in der Pflicht wenigstens mit einigen Sätzen auf das umfangreiche Werk hinzuweisen.
Wie der Betreuer im Geleitwort einleuchtend ausführt, hat vor dem Verfasser den Versuch einer Gesamtdarstellung bisher wohl darum niemand gewagt, weil sich das primäre Quellenmaterial mit enormen Mengen vom Altertum bis in die Neuzeit zu erstrecken scheint, so dass zu befürchten ist, die wissenschaftliche Literatur könnte unter der Lehensauftragung die unterschiedlichsten Vorgänge zusammengefasst und damit zugleich missverstanden haben. Der Verfasser begegnet dieser Schwierigkeit dadurch, dass er zunächst in einem ersten Teil nur nach den unterschiedlichen Funktionen der Lehensauftragung fragt, um s |
|
Brügmann, Cord, Flucht in den Zivilprozess - antisemitischer Wirtschaftsboykott vor den Zivilgerichten der Weimarer Republik (Tabellen) (= Reihe Dokumente, Texte, Materialien - Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin 72). Metropol Verlag, Berlin 2009. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brügmann, Cord, Flucht in den Zivilprozess - antisemitischer Wirtschaftsboykott vor den Zivilgerichten der Weimarer Republik (Tabellen) (= Reihe Dokumente, Texte, Materialien - Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin 72). Metropol Verlag, Berlin 2009. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Wolfgang Benz betreute, 2008 am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin angenommene Dissertation des nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Geschichte in München und Berlin als Rechtsanwalt und seit 2003 für einen juristischen Berufsverband tätigen Verfassers. Ziel der Untersuchung ist es, zu erkunden, ob und wenn ja, wie und mit welchem Erfolg der durch antisemitische Vorfälle gestörte Rechtsfriede zwischen Privaten mit Hilfe der Ziviljustiz wiederhergestellt wurde. Bei den Störfällen handelt es sich auf Grund der Quellenlage wie des Interesses des Verfassers fast ausschließlich um antisemitisch motivierten Wirtschaftsboykott.
Quellengrundlage der Arbeit sind vor allem die in den 1990er-Jahren wiedergefundenen Akten des Berliner Hauptbüros des Centralvereins (CV) deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Trotz unvollständiger Überlieferung konnte der Verfasser 147 Entscheidungen bzw. Hinweise auswerten. Davon betreffen 81 Entscheidungen antisemitisch motivierte Boykottaufrufe.
Der Verfasser gliedert seine schlanke Untersuchung in die drei Teile Einleitung, Hauptteil und Schluss und bietet einen Anhang über Gerichtsentscheidungen, Normen, Dokumente sowie einige Verzeichnisse, wobei er im Hauptteil Umfeld, Akteure und die juristische Abwehr des antisemitischen Wirtschaftsboykotts betrachtet. Im Ergebnis zeigen die zwischen 1925 (Amtsgericht Norden 7. Oktober 1925) und 1933 (Oberlandesgericht Rostock 9. Juli 1933, Entscheidungen des Reichsgerichts fehlen) gefällten Entscheidungen, dass der antisemitische Boykott wie der allgemeine Boykott als grundsätz |
|
Brundage, James A., The Medieval Origins of the Legal Profession. Canonists, Civilians, and Courts. The University of Chicago Press, Chicago 2008. XVII, 607 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brundage, James A., The Medieval Origins of the Legal Profession. Canonists, Civilians, and Courts. The University of Chicago Press, Chicago 2008. XVII, 607 S. Besprochen von Gunter Wesener.
James A. Brundage, Professor Emeritus für Geschichte und Recht an der Universität von Kansas, ein vorzüglicher Kenner des mittelalterlichen kanonischen Rechts, hat sich seit Jahrzehnten in zahlreichen Arbeiten mit der Ausbildung eines Juristenstandes im Mittelalter sowie mit dem Ethos desselben befasst[1].
Brundage (S. 2) versteht Rechtsberuf (legal profession) in einem sehr strengen Sinn. Ein juristischer Beruf müsse sowohl den Interessen Einzelner als auch den Interessen der Gemeinschaft dienen. Er verlange höhere Kenntnisse aufgrund eines längeren Studiums und bringe einen hohen Grad gesellschaftlichen Ansehens mit sich. Wenn Personen einen solchen Beruf ergreifen, verpflichten sie sich, ethische Normen in einem höheren Grade zu beachten und einzuhalten, als allgemein üblich.
Bei den römischen Juristen schon der klassischen Zeit sieht der Verfasser die Voraussetzungen für die Annahme eines Juristenstandes, einer legal profession, vollauf gegeben (S. 9ff.). Die Einhaltung der Standesvorschriften wurde von den Magistraten überwacht. In der späteren Kaiserzeit, der Zeit der Nachklassik, bestand auch für Advokaten eine feste, vom Staat kontrollierte Standesorganisation[2].
Im frühen Mittelalter (ca. 500-1050) kam es im Westen zu einer „eclipse of the Roman legal system and profession“, zu einem „law without lawyers“ (so der Verfasser. S. 46ff.).
Für das hohe Mittelalter sieht Brundage einen Juristenstand erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts gegeben. Damit steht er in Widerspruch zur herrschenden Lehre, die, wie Johannes Fried[3] und Peter Weimar[4], die Entstehung des Juristenstandes bereits im 12. Jahrhundert annimmt. Schon im 12. Jahrhundert wurde das Richteramt mit dem Vordringen des gelehrten Prozess |
|
Brunhöber, Beatrice, Die Erfindung „demokratischer Repräsentation“ in den Federalist Papers (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 14).. Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. X, 294 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brunhöber, Beatrice, Die Erfindung „demokratischer Repräsentation“ in den Federalist Papers (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 14).. Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. X, 294 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach Ansicht der Verfasserin gehören die Federalist Papers bisher nicht zu den Grundlagen der (deutschen) Rechtswissenschaft. Damit sich dies ändert, hat sie nach erster Prägung durch Hasso Hofmann und einer demokratietheoretischen Seminararbeit bei Bernhard Schlink das vorliegende Werk verfasst, das betreut von Hasso Hofmann im Jahre 2009 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen wurde. Seitdem ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an ihrer Heimatuniversität tätig.
Ihr interessanter Gegenstand besteht aus einer Serie von 85 Artikeln, die zwischen dem 27. Oktober 1787 und dem 2. April 1788 (77 Artikel) bzw. in Gesamtausgaben von 1788 in verschiedenen Zeitungen New Yorks erschienen. Ihr Zweck war es, die Leser von der 1787 entworfenen, aber noch nicht von allen Mitgliedern der Vereinigten Staaten von Amerika ratifizierten Verfassung zu überzeugen. Die unter dem von dem römischen Konsul Publius Valerius Poplicola abgeleiteten Pseudonym Publius auftretenden Autoren waren Alexander Hamilton, James Madison und John Jay.
Die Verfasserin gliedert ihre flüssig geschriebene Studie nach einer Einführung über Motive, begriffliche Annäherung an demokratische Repräsentation und Methode und Aufbau in fünf Kapitel. Sie betreffen das federalistische Repräsentationskonzept in der US-amerikanischen und deutschen Verfassungstheorie, die Federalist Papers als politisches Evangelium der Vereinigten Staaten von Amerika,, den ideengeschichtlichen und politisch-praktischen Kontext der federalistischen Repräsentationstheorie, die federalistische Idee demokratischer Repräsentation und als mögliche blinde Flecken das Fehlen von Grundrechten, der Minderheitenschutz, die tatsächlichen Funktio |
|
Brunner, Karl, Umgang mit Geschichte. Gesammelte Aufsätze zu Wissenschaftstheorie, Kultur- und Umweltgeschichte (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 54). Oldenbourg, München 2009. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brunner, Karl, Umgang mit Geschichte. Gesammelte Aufsätze zu Wissenschaftstheorie, Kultur- und Umweltgeschichte (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 54). Oldenbourg, München 2009. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Karl Brunner wurde am 14. 11. 1944 in Freistadt geboren, studierte von 1961 bis 1968 Geschichte, Philosophie und Germanistik an der Universität Wien, wurde mit Studien zum politischen und sozialen Horizont bayerischer Autoren des 10. und 11. Jahrhunderts (Consonantia Vitae, 1968) promoviert und mit einer Untersuchung über oppositionelle Gruppen im Karolingerreich (1979) 1978 habilitiert. 1983 wurde er außerordentlicher Universitätsprofessor und 2000 Universitätsprofessor für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien. Von 1996 bis 2003 war er geschäftsführender Direktor des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit der österreichischen Akademie der Wissenschaften, von 2002 bis 2009 Direktor des Instituts für österreichische Geschichtsforschung.
Zeitgleich mit seiner Versetzung in den Ruhestand kann er einer Anregung Peter Rauchs folgend in einer Bilanz den Umgang mit Geschichte der Öffentlichkeit vorlegen. Die Auswahl fiel ihm nach seinem kurzem Vorwort nicht schwer, weil die landeskundlichen Arbeiten leicht zugänglich sind und außerdem in ihren wichtigsten Ergebnissen in seinem Band der österreichischen Geschichte (von 907 bis 1156) (1994) und seinem Porträt über Leopold, den Heiligen (2009) eingearbeitet werden konnten, Gleichwohl konnten 27 Aufsätze bei dieser Gelegenheit in einem repräsentativen, mit einer Miniatur geschmückten Sammelband vereinigt werden.
Sie beginnen mit Heer Abschied und enden mit Burgen in der religiösen Symbolwelt. Dazwischen finden sich Nachgrabungen, der Schweif am Ross und die Lilie im Garten, Olimpia, der Umgang mit Unwissen, Sachkultur, Fiktion der Wirklichkeit |
|
Bryant, Thomas, Friedrich Burgdörfer (1890-1967). Eine diskursbiographische Studie zur deutschen Demographie im 20. Jahrhundert (= Pallas Athene 32). Steiner, Stuttgart 2010. 430 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bryant, Thomas, Friedrich Burgdörfer (1890-1967). Eine diskursbiographische Studie zur deutschen Demographie im 20. Jahrhundert (= Pallas Athene 32). Steiner, Stuttgart 2010. 430 S. Besprochen von Werner Schubert.
Friedrich Burgdörfer gehörte seit der späten Weimarer Zeit und in der NS-Zeit zu den wohl bekanntesten und einflussreichsten Bevölkerungsstatistikern und befürwortete als solcher staatliche Interventionen zur Stärkung der Familie und zur Geburtenförderung, die er erstmals in seiner Dissertation von 1917: „Das Bevölkerungsproblem, seine Erfassung durch Familienstatistik und Familienpolitik mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Reformpläne und der französischen Leistungen“ unterbreitete (S. 59). Mit Unterbrechungen war er von 1907 bis 1919 Assistent Friedrich Zahns, des späteren Präsidenten des Statistischen Bureaus in München. Nach kurzer Tätigkeit bei der Stadt München kam er 1921 an das Statistische Reichsamt in Berlin, bei dem er Generalreferent für die Volkszählung von 1925 war. Von 1929 bis 1939 war er Direktor der Abteilung IV des Statistischen Reichsamts und organisierte die Volkszählungen von 1933 und 1939. Von 1939 bis 1945 stand er dem Bayerischen Statistischen Landesamt als Präsident vor. In seinem Werk befasst sich Bryant mit dem persönlichen, wissenschaftlichen und publizistischen Werdegang Burgdörfers von der späten Kaiserzeit an bis zu den ersten beiden Jahrzehnten der Nachkriegszeit. Insgesamt handelt es sich bei dem Werk um eine „biographische Studie mit vorwiegend wissenschafts- und kulturgeschichtlichem – genauer gesagt: diskurs- und disziplingeschichtlichem Erkenntnis-Interesse bzw. um einen diskursbiographischen Beitrag zur historischen Altersforschung sowie zur historischen Demographie“ (S. 14), die von den Phänomenen des Geburtsrückgangs und der demographischen Alterung bestimmt war.
Nach einem biographischen Abriss behandelt Bryant den Beitrag Burgdörfers zur deutschen Bevölkerungsstatistik u |
|
Bundesrepublik und DDR. Die Debatte um Hans-Ulrich Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“, hg. v. Bahners, Patrick/Cammann, Alexander (= beck’sche reihe). Beck, München 2011. 425 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bundesrepublik und DDR. Die Debatte um Hans-Ulrich Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“, hg. v. Bahners, Patrick/Cammann, Alexander (= beck’sche reihe). Beck, München 2011. 425 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Freudenberg bei Siegen 1931 geborene, nach dem Studium der Geschichte, Soziologie und Ökonomie in Köln, Bonn und Ohio 1960 über Sozialdemokratie und Nationalstaat (1840-1914) bei Theodor Schieder promovierte und nach Ablehnung einer ersten Habilitationsschrift über den Aufstieg des amerikanischen Imperialismus 1865-1900 (1964) 1967 mit der Arbeit Bismarck und der Imperialismus (1967) mit knapper Mehrheit habilitierte, ab 1970 in Berlin und von 1971 bis 1996 wirkende Hans-Ulrich Wehler hat seit 1987 eine fünfbändige Deutsche Gesellschaftsgeschichte verfasst, die ein Standardwerk der deutschen Geschichtsschreibung für die Zeit zwischen 1750 und 2000 geworden ist. Ihr vierter, von 1914 bis 1949 reichender Band ist in dieser Zeitschrift von Werner Schubert in ZRG GA 122 (2005) besprochen worden. Da sich für den fünften, die Zeit von 1949 bis 1990 betreffenden Band kein Interessent mehr fand, soll zumindest in wenigen Zeilen mittelbar darauf hingewiesen werden.
In diesem Band vertrat Wehler etwa die Ansicht, dass die Leistungsideologie des Nationalsozialismus eine Ressource des westdeutschen Wirtschaftswunders bildete. Er ging weiter beispielsweise davon aus, dass die studentische Bewegung des Jahres 1968 politisch scheiterte und die Deutsche Demokratische Republik nur eine Fußnote zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bildet. Hierzu entstand im Sommer 2008 eine öffentliche Diskussion, deren wichtigste Beiträge von mehr als 50 Mitwirkenden der Sammelband der Öffentlichkeit vorstellt.
Angesichts ihrer verwirrenden Vielfalt kann dabei hier nur darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie den Autor über sein Werk und sein Land sprechen lassen, dass sie 18 Fragen des Tages wie Modell Bundesrepublik - Fußno |
|
Burkart, Martin, Hexen und Hexenprozesse in Baden. Selbstverlag, Durmersheim 2009. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Burkart, Martin, Hexen und Hexenprozesse in Baden. Selbstverlag, Durmersheim 2009. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zutreffend weist der Verfasser in seinem kurzen Vorwort nach einem Zitat aus Wilhelm Soldans 1843 erschienener Geschichte der Hexenprozesse darauf hin, dass Hexen und Hexenprozesse seit jeher das Interesse einer größeren Öffentlichkeit geweckt haben. Dementsprechend ist in vielen Jahren eine umfangreiche Literatur erschienen, ohne dass alle Rätsel gelöst oder alle Lücken geschlossen wurden. Zur Verbesserung dieser Lage unternimmt er als historischer Außenseiter aus Interesse an Aufklärung den Versuch der Schließung einer Lücke für Baden.
Er gliedert sein daraus entstandenes Werk in elf Abschnitte. Nach einer Einleitung und einem Bericht über den bisherigen Forschungsstand wendet er sich der aus Ketzerei und Zauberei entstandenen neuen Lehre Hexerei zu, beschreibt den Inhalt und die Ausbreitung der Hexenlehre und geht dann besonders auf die Hexenverfolgung in der Markgrafschaft Baden ein. Danach sucht er nach den rechtlichen Grundlagen der Hexenprozesse und behandelt die Etappen und die Opfer der Hexenprozesse sowie die Kritik an den Hexenprozessen und das Ende der Hexenprozesse.
Am Schluss bietet er eine knappe Zusammenfassung seiner Ergebnisse. In diesem Zusammenhang hält er es für wahrscheinlich, dass Hexenprozesse in der Markgrafschaft Baden-Baden in hohem Maße zur Durchsetzung von Herrschaftsinteressen eingesetzt wurden. Im Anhang veröffentlicht er eine chronologische Liste aller (323) nachweisbaren Prozesse bezüglich Hexerei und Zauberei in der Markgrafschaft Baden, auf deren Grundlage seine Feststellung beruht, dass vom 15. bis zum 17. Jahrhundert und damit in etwa 200 bis 300 Jahren in Baden rund 350 bis 400 Menschen der Hexenverfolgung zum Opfer fielen.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Busse, Felix, Deutsche Anwälte. Geschichte der deutschen Anwaltschaft 1945-2009 - Entwicklungen in West und Ost. Deutscher Anwalt-Verlag 2010. 677 S. Besprochen von André Depping. |
Ganzen Eintrag anzeigen Busse, Felix, Deutsche Anwälte. Geschichte der deutschen Anwaltschaft 1945-2009 - Entwicklungen in West und Ost. Deutscher Anwalt-Verlag 2010. 677 S. Besprochen von André Depping.
Der ehemalige Präsident des Deutschen Anwaltvereins Felix Busse behandelt in diesem Werk die Geschichte seines Berufsstands von der „Stunde Null“ 1945 bis zur Gegenwart. Vier Jahrzehnte nach dem Buch Fritz Ostlers über „Die deutschen Rechtsanwälte 1871-1971“ gelingt es ihm aufgrund verbesserter Verfügbarkeit von Archivmaterial für die Nachkriegsentwicklung, insbesondere in der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik, einen neuen Forschungsstand zu etablieren und eine große Lücke zu schließen. Der Autor ist nicht nur Beobachter, sondern seit den 60er Jahren auch Teil der deutschen Anwaltsgeschichte, die er nicht zuletzt mit zahlreichen Artikeln zum Berufsrecht mit geprägt hat.
In Teil 1 des Werkes schildert der Autor den Neuaufbau der Anwaltschaft in den Westzonen 1945-1949. Es ging vor allem um Zulassungsfragen, wobei weniger die Entnazifizierung als der Wunsch nach Begrenzung der Anwaltschaft durch Landeskinderklauseln oder ähnliche Barrieren im Vordergrund stand. Über Einzelschicksale und Anwaltsalltag aus dieser Zeit erfährt man leider nichts.
Teil 2 verfolgt die Entwicklung der Anwaltschaft im Westen von 1949 bis 1990 weiter. Zentrale Themen sind Entstehung und Novellierungen der Bundesrechtsanwaltsordnung von 1959 sowie das Miteinander und Gegeneinander der als Ordnungshüter agierenden Anwaltskammern und der deutlich progressiveren Anwaltsvereine. Die sog. Bastille-Entscheidungen, mit denen das Bundesverfassungsgericht 1987 die Standesrichtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer kippte, bilden eine deutliche Zäsur. Sie ebneten den Weg für eine Neuordnung des Berufsrechts nach 1990 hin zu einem liberaleren Anwaltsbild, das den Anwalt vor allem als Dienstleister versteht. Diese jüngste Entwicklung, die geprägt ist vom |
|
Butschek, Felix, Österreichische Wirtschaftsgeschichte - von der Antike bis zur Gegenwart. Böhlau, Wien 2011. XVI, 616 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Butschek, Felix, Österreichische Wirtschaftsgeschichte - von der Antike bis zur Gegenwart. Böhlau, Wien 2011. XVI, 616 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Brünn 1932 in einer deutschsprachigen Familie geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Graz 1954 promovierte, von 1955 bis 1962 im Bundesministerium Österreichs für Soziales und als Sekretär Bundespräsident Adolf Schärfs tätige Verfasser kam ab 1962 im österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung mit dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaftsgeschichte in Berührung. Mit der 1978 erschienenen Studie über die österreichische Wirtschaft 1938 bis 1945 wurde er an der Universität Wien habilitiert. Seitdem befasste er sich vom rechten Spektrum der Sozialdemokratie aus mit der österreichischen Wirtschaft im 20. Jahrhundert (1985), mit Europa und der industriellen Revolution (2002), mit der Industrialisierung (2004) oder mit dem Weg Österreichs vom Staatsvertrag zur Europäischen Union (2004).
Dem folgt nunmehr ein umfassender Zugriff auf die österreichische Wirtschaftsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, bei dem man unwillkürlich auch an das privilegium maius denken könnte, nach dem ja bereits Nero das kommende Österreich vorhersah. Tatsächlich wird man aber den sehr weiten Titel nicht zu ernst nehmen dürfen, da der Verfasser nach einem Überblick über die theoretische Basis und den entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund die Römer in Österreich übergeht, Völkerwanderung und karolingische Stabilisierung auf 6 Seiten durcheilt und nach der Epoche des Protokapitalismus sich bereits auf Seite 59 im Barock befindet. Kurz nach Maria Theresia und Joseph II. ist er dann in den vertrauten Gefilden der industriellen Revolution.
Danach wendet er sich dem Liberalismus, dem Weg in das silberne Zeitalter, dem ersten Weltkrieg, den Zwanzigerjahren der ersten Republik, der Weltwirtschaftskrise, der deutschen Okkupation, dem erfolgreichen Wiederaufbau, dem goldenen Zeita |
|
Carl Schmitt Tagebücher 1930 bis 1934, hg. v. Schuller, Wolfgang in Zusammenarbeit mit Giesler, Gerd. Akademie, Berlin 2010. XII, 517 S., 10 Abb. Besprochen von Bernd Rüthers. |
Ganzen Eintrag anzeigen Carl Schmitt Tagebücher 1930 bis 1934, hg. v. Schuller, Wolfgang in Zusammenarbeit mit Giesler, Gerd. Akademie, Berlin 2010. XII, 517 S., 10 Abb. Besprochen von Bernd Rüthers.
I. Quellenlage
Nach den Tagebüchern Schmitts von Oktober 1912 bis Februar 1915 und denen seiner Militärzeit von 1915 bis 1919 sowie dem „Glossarium“ mit den Aufzeichnungen von 1947 bis 1951 sind nun seine Tagebücher von 1930 bis 1934 erschienen, ediert von Wolfgang Schuller und Gerd Giesler.
Die Edition umfasst fünf „Haupttagebücher“ von 1930 bis 1934 (S. 3-333), einen Taschenkalender Schmitts vom 1. Januar bis zum September 1934 (S. 334-354) sowie drei „Parallel-Tagebücher“ (S. 355-454). Zur „Wahrheit“ und dem Quellenwert dieser Dokumente sowie ihrem komplizierten Verhältnis zueinander vergleiche man das editorische Vorwort und das Nachwort Wolfgang Schullers (S. VIIf. und 456.).
Im „Anhang“ findet der Leser u. a. ein informatives Nachwort des Herausgebers Schuller mit seiner Würdigung zur Politik und Person Carl Schmitts (S. 459-467); ferner den lesenswerten Entwurf der Ansprache Schmitts am „Begrüßungsabend der Juristischen Fachschaft am 31. Mai 1933“ in Berlin, in dem er von der „Verbrennung undeutscher Schriften vor unserer Kölner Universität“ am 17. Mai 1933 berichtet.
II. Inhalte
451 Seiten Tagebücher aus vier Jahren sind eine mühsame Lektüre, zumal die Inhalte auch den an Person und Werk des Autors interessierten Leser nicht unbedingt vom Stuhl reißen. Dazu tragen einige Stereotype bei der Schilderung des Tagesablaufes bei.
1. Die häufigsten sind „müde“ beim Erwachen und „todmüde“ beim zu Bett Gehen. Nur in den Tagen erhöhter politischer Anspannung oder Aktivitäten – etwa beim Reichsgerichtsprozess zum „Preußenschlag“ 1932, in den für ihn unsicheren Wochen um die „Machtübernahme“ sowie bei dem Beginn seiner NS-Karriere (Mitglied des Preußischen Staatsrates“) – verschwinden sie zeitweise.
2. Eine zweite Stereotype |
|
Casemir, Kirstin/Menzel; Franziska/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch Teil 7 = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 53). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 298 S. 2 sw. Abb. 2 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Casemir, Kirstin/Menzel; Franziska/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch Teil 7 = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 53). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 298 S. 2 sw. Abb. 2 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das grundlegende Niedersächsische Ortsnamenbuch, dessen Bearbeitungsstand nunmehr leicht auf der äußeren Seite des hinteren Umschlagdeckels abgelesen werden kann, schreitet auf seinem doch ziemlich weiten Weg weiter erfreulich fort, nachdem im Jahre 2007 Südniedersachsen abgeschlossen werden konnte. Seitdem soll verstärkt der Nordharzvorraum bzw. das niedersächsische Bördevorland erfasst werden. Ein erster Zugriff hierauf war bereits 2003 in dem Band Die Ortsnamen des Landkreises Wolfenbüttel und der Stadt Salzgitter erfolgt.
Konzeptionelle Änderungen im Verhältnis zu den früheren Bänden waren angesichts ihrer guten Aufnahme in der Öffentlichkeit nicht erforderlich. So bedauerlich es ist, dass mit dem Jahre 1600 eine zeitliche Grenze für die Aufnahme eines Ortes gesetzt wurde, so sehr muss man die von den Verantwortlichen ins Feld geführten Gründe anerkennen. Zu Recht weisen die Verfasser daraufhin, dass das theoretisch Bessere leicht zum Feind des praktisch Guten werden kann.
Der neue, wieder mit ausführlichem Verzeichnis und Register gediegen ausgestattete Band beginnt bei dem um 1150 als Amulungthorpe in einem Werdener Urbar bezeugten Ahmstorf (Rennau). Er endet in durchschnittlicher Kürze bei dem flächenmäßig ziemlich großen Wolfsburg (1302 Wluesborch). Insgesamt werden 211 Ortsnamen behandelt, von denen vier Fünftel Bildungen mit einem - leider nur am Ende mit Bedeutungsangeben versehenen - Grundwort sind (z. B. acker, aha, apa, ard, au, beke, berg, burg, büttel, dal, dik, dorf 55, feld, hagen, hem, husen, hleo, hof, horst, hufe, kamp, kote, lage, leben, loh, ma |
|
Čechura, Jaroslav, Kriminalita a každodennost v raném novověku. Jižní Čechy 1650-1770 [Kriminalität und Alltag in der früheren Neuzeit. Südböhmen 1650-1770]. Argo, Praha 2008. 367 S. Besprochen von Petr Kreuz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Čechura, Jaroslav, Kriminalita a každodennost v raném novověku. Jižní Čechy 1650-1770 [Kriminalität und Alltag in der früheren Neuzeit. Südböhmen 1650-1770]. Argo, Praha 2008. 367 S. Besprochen von Petr Kreuz.
Das Studium der Sozialgeschichte der Kriminalität, der Geschichte des Strafrechts und der Strafjustiz im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit erfreut sich in der modernen tschechischen Historiographie einer relativ langen Tradition, die wenigstens in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückreicht. Die Aufmerksamkeit der Forscher im Gebiet der Geschichte frühneuzeitlicher Kriminalität konzentrierte sich aber bisher vor allem auf die städtische peinliche (Straf-)Gerichtsbarkeit und auf die Quellen vorwiegend städtischer Herkunft, gegebenenfalls auf das Schriftgut des Prager Appellationsgerichts. Erst in den letzten zwei Dezennien tauchten bei uns Forscher auf, die begonnen haben, die Kriminalität auf den frühneuzeitlichen Domänen und in den patrimonialen Städten auf der Grundlage des Schriftguts patrimonialer Provenienz zu untersuchen (Pavel Himl, Pavel Matlas). Es ist kein Zufall, dass diese Forscher bei der Bearbeitung des genannten Themas vorwiegend das Schriftgut der ausgedehnten adeligen Dominien im Süden Böhmens nutzen, das gegenwärtig vorwiegend im Staatlichen Regionalarchiv in Třeboň (Wittingau) aufbewahrt wird.
Inzwischen ist der letzte Historiker, der sich umfassend und systematisch mit dem Thema der Kriminalität in Südböhmen in der frühen Neuzeit anhand des aus der Tätigkeit der patrimonialen Städte und Patrimonien hervorgegangenen Schriftguts beschäftigte, der hervorragende Kenner der Geschichte Böhmens in dieser Periode Jaroslav Čechura. Die Geschichte der Kriminalität ist für den genannten Forscher kein neues Thema. Er streift es am Rande schon in vielen früheren Publikationen, vor allem in seinen den böhmischen Bauernaufständen des Jahres 1680 gewidmeten Arbeiten. |
|
Casemir, Kirstin/Menzel; Franziska/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch Teil 7 = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 53). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 298 S. 2 sw. Abb. 2 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Casemir, Kirstin/Menzel; Franziska/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch Teil 7 = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 53). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 298 S. 2 sw. Abb. 2 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das grundlegende Niedersächsische Ortsnamenbuch, dessen Bearbeitungsstand nunmehr leicht auf der äußeren Seite des hinteren Umschlagdeckels abgelesen werden kann, schreitet auf seinem doch ziemlich weiten Weg weiter erfreulich fort, nachdem im Jahre 2007 Südniedersachsen abgeschlossen werden konnte. Seitdem soll verstärkt der Nordharzvorraum bzw. das niedersächsische Bördevorland erfasst werden. Ein erster Zugriff hierauf war bereits 2003 in dem Band Die Ortsnamen des Landkreises Wolfenbüttel und der Stadt Salzgitter erfolgt.
Konzeptionelle Änderungen im Verhältnis zu den früheren Bänden waren angesichts ihrer guten Aufnahme in der Öffentlichkeit nicht erforderlich. So bedauerlich es ist, dass mit dem Jahre 1600 eine zeitliche Grenze für die Aufnahme eines Ortes gesetzt wurde, so sehr muss man die von den Verantwortlichen ins Feld geführten Gründe anerkennen. Zu Recht weisen die Verfasser daraufhin, dass das theoretisch Bessere leicht zum Feind des praktisch Guten werden kann.
Der neue, wieder mit ausführlichem Verzeichnis und Register gediegen ausgestattete Band beginnt bei dem um 1150 als Amulungthorpe in einem Werdener Urbar bezeugten Ahmstorf (Rennau). Er endet in durchschnittlicher Kürze bei dem flächenmäßig ziemlich großen Wolfsburg (1302 Wluesborch). Insgesamt werden 211 Ortsnamen behandelt, von denen vier Fünftel Bildungen mit einem - leider nur am Ende mit Bedeutungsangeben versehenen - Grundwort sind (z. B. acker, aha, apa, ard, au, beke, berg, burg, büttel, dal, dik, dorf 55, feld, hagen, hem, husen, hleo, hof, horst, hufe, kamp, kote, lage, leben, loh, ma |
|
Cavallar, Georg, Imperfect Cosmopolis - Studies in the History of International Legal Theory and Cosmopolitan Ideas (= Political Philosophy NOW). University of Wales Press, Cardiff 2011. VIII, 209 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Cavallar, Georg, Imperfect Cosmopolis - Studies in the History of International Legal Theory and Cosmopolitan Ideas (= Political Philosophy NOW). University of Wales Press, Cardiff 2011. VIII, 209 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser ist Lehrer am Bundesgymnasium Wien 9 und Lehrbeauftragter am Institut für Philosophie in der Lehrerbildung und Lehrerinnenbildung und im Europalehrgang der Universität Wien. Er ist insbesondere philosophisch ausgewiesen und hat etwa 1992 unter dem Titel Pax Kantiana eine systematisch-historische Untersuchung des Entwurfs „Zum ewigen Frieden“ (1795) von Immanuel Kant und 2002 ein Werk mit dem Titel The Rights of Strangers. Theories of international hospitality, the global community and political justice since Vitoria. Ashgate, Aldershot 2002. VIII, 421 S. vorgelegt. Dem folgte 2006 eine Untersuchung der Europäischen Union als einem Wegstück von der Utopie zur Friedens- und Wertegemeinschaft.
Sein neues, ebenfalls englisch verfasstes und in England verlegtes Werk befasst sich mit der unvollkommenen Natur kosmopolitischer Überlegungen ausgewählter Verfasser in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit. Nach einer kurzen Einleitung beginnt es mit Vitoria, Grotius, Pufendorf, Wolff und Vattel, denen gegenüber der Verfasser die Frage stellt, ob sie geistige Teilnehmer der europäischen Kolonisierung oder wahre Anhänger kosmopolitischer Gedankengänge waren. Von hier aus wendet sich der Verfasser der britischen Aufklärung zu, die er als Sieg kommerzieller Bestrebungen einordnet. Kant sieht er demgegenüber als Vertreter vertraglicher Vorstellungen an.
Bereits für das Ende des 18. Jahrhunderts ermittelt er die Idee einer Einheit Europa. Eine weltweite Gemeinschaft findet er dabei in Werken Pufendorfs, Vattels, Bluntschlis und Verdross`. Am Ende bietet er Schlussfolgerungen, Fußnoten, eine Bibliographie und einen Index, während eine deutsche Zusammenfassung für die deutschsprachige Lesersch |
|
Československé právo a právní věda v meziválečném období (1918-1938) a jejich místo ve střední Evropě [Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938) und deren Platz in Mitteleuropa], 2 Bände, hg. v. Malý, Karel/Soukup, Ladislav,. Univerzita Karlova v Praze: Nakladatelství Karolinum 2010. 1177 S. Besprochen von Inge Bily. |
Ganzen Eintrag anzeigen Československé právo a právní věda v meziválečném období (1918-1938) a jejich místo ve střední Evropě [Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938) und deren Platz in Mitteleuropa], 2 Bände, hg. v. Malý, Karel/Soukup, Ladislav,. Univerzita Karlova v Praze: Nakladatelství Karolinum 2010. 1177 S. Besprochen von Inge Bily.
Die beiden Bände fassen die Beiträge des Forschungsprojektes zum Thema „Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938)[1] und deren Platz in Mitteleuropa“ zusammen. Thematisch bilden diese Materialien das Bindeglied zwischen bereits vorliegenden Publikationen, die ebenfalls als Ergebnisse entsprechender Projektarbeiten entstanden sind. Das betrifft zum einen die Zeit vor 1918[2] und zum anderen den Zeitraum zwischen 1945 und 1989[3].
Das umfangreiche doppelbändige Werk enthält 32 Aufsätze, die 6 thematischen Schwerpunkten zugeordnet sind. In einer eigenen Gruppe sind abschließend 5 weitere Beiträge zusammengefasst. Allen gemeinsam ist die Präsentation auf einer Konferenz im Jahre 2008.
Den Aufsätzen vorangestellt ist ein Vorwort von Karel Malý, dem Leiter des Projektes, u. a. mit Ausführungen zur Bedeutung der erzielten und hier zusammengefassten Ergebnisse (S. 7-8).
Der erste und gleichzeitig umfangreichste Themenkomplex beschäftigt sich mit der Rechtswissenschaft in der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (S. 11-318). Hier äußern sich 9 Autoren zu unterschiedlichen Schwerpunkten des gestellten Rahmenthemas. Den Beginn machen Ausführungen zu allgemeinen Fragestellungen sowie zur Rechtswissenschaft an unterschiedlichen Standorten im untersuchten Zeitraum. So wendet sich Karel Malý der Pflege der Rechtsgeschichte in der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit zu (S. 11-33). Anschließend beleuchtet Jaroslav Pánek die veränderte Sicht auf die Ständemonarchie in der Geschichtsschreibung |
|
Chauvard, Jean-François, La circulation des biens à Venise. Stratégies patrimoniales et marché immobilier (1600-1750) (= Bibliothèque des Écoles françaises d’Athènes et de Rome 323). École française de Rome, Rom 2005. X, 630 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Chauvard, Jean-François, La circulation des biens à Venise. Stratégies patrimoniales et marché immobilier (1600-1750) (= Bibliothèque des Écoles françaises d’Athènes et de Rome 323). École française de Rome, Rom 2005. X, 630 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Venedig entsteht innerhalb vorgelagerter Lagunen am Nordende der Adria wohl auf Grund schon römischer Anfänge seit dem Einbruch der Langobarden nach Oberitalien (568 n. Chr.). Im 13. Jahrhundert wird es Seehandelsgroßmacht, wobei 1338 etwa 110000 Einwohner sich engsten Raum zwischen den umgebenden Wasserflächen teilen müssen. Von daher ist das Grundstücksrecht Venedigs von besonderem Reiz.
Der Verfasser hat sich dieser interessanten Aufgabe an Hand ungedruckter wie gedruckter Quellen in seiner im Januar 2000 abgeschlossenen Promotion gewidmet. Wichtigste Grundalge seiner akribischen Untersuchung sind die Dieci Savi alle decime) von Rialto. Besonderer Bedeutung kommt dabei den Jahren 1514, 1537, 1566, 1582, 1661, 1771 uns 1740 zu, die eine lange Reihe von Beobachtungen ermöglichen.
Der Verfasser beginnt den ersten Teil seiner Untersuchung mit der Beschreibung des städtischen Raumes und der Eigentumsstrukturen und geht von dort aus zu den rechtlichen Rahmenbedingungen über. Im zweiten Teil behandelt er die Grundstückswirtschaft an Hand zahlreicher statistischer Tabellen und graphischer Darstellungen und beschreibt etwa sehr sorgfältig die Regeln der Preisbildung und die auf dem Markt vorhandenen Möglichkeiten, im dritten Teil die Vermögensstrategien. Insgesamt gelangt er dabei zu überzeugenden Differenzierungen innerhalb eines wichtigen, in ganz Europa gut bekannten Marktes, die parallele Untersuchungen für vergleichbare Märkte beflügeln könnten und sollten.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Claeys, Gregory, Ideale Welten. Die Geschichte der Utopie, aus dem Englischen von Hinrichs, Raymond/Model, Andreas. Theiss, Stuttgart 2011. 224 S., 150 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Claeys, Gregory, Ideale Welten. Die Geschichte der Utopie, aus dem Englischen von Hinrichs, Raymond/Model, Andreas. Theiss, Stuttgart 2011. 224 S., 150 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Beeinflusst von der Entdeckung der neuen Welt durch Christoph Kolumbus veröffentlichte der mit Erasmus von Rotterdam befreundete englische Jurist und Parlamentarier Thomas Morus in Löwen 1516 in lateinischer Sprache eine zeitkritische Beschreibung eines idealen Staates in der Form eines in die Erzählungen eines Seemanns eingebetteten Dialogs, aus der sich das Genre der Sozialutopie entwickelte. Mit ihr hat sich der von 1981 bis 1987 in Hannover lehrende Londoner Professor für die Geschichte des politischen Denkens seit langem befasst und dabei eine vierzig Bände enthaltende Sammlung von Primärquellen zum Thema herausgegeben. Nunmehr legt er eine reich bebilderte allgemeinere Geschichte der Utopie insgesamt vor.
Sie nimmt die utopische Idee, die utopische Literatur und einzelne bestimmte Versuche, bessere Gemeinschaften zu gründen, in den Blick. Dementsprechend beginnt sie nach einer allgemeinen Einleitung in die Suche nach Utopia mit der klassischen Zeit und ihren Mythen und idealen Verfassungen. In diesem Zusammenhang greift Claeys bis zum Gilgamesch-Epos zurück.
Rasch gelangt er aber über das Christentum und außereuropäische Visionen der idealen Gesellschaft zu Thomas Morus, der Entdeckung der neuen Welt, Defoe und Gullivers Reisen. Eingebunden werden Revolution, Sozialismus, Rationalismus und Totalitarismus ebenso wie Hippies und Science Fiction. Am Ende vieler Überlegungen und Veranschaulichungen steht freilich die Feststellung des Verfassers, dass unsere ideale Welt von uns selbst geschaffen werden und eine ernsthafte Abrechnung mit dem Schicksal sein muss, dem wir hilflos gegenüberstehen, wenn wir versäumen, es zu erschaffen - so dass der vielfach versuchte verlockende Weg nach Utopia trotz dieser sachkundigen Hilfestellung auc |
|
Collard, Franck, The Crime of Poison in the Middle Ages, übers. v. Nelson-Campbell, Deborah. Westport, Conn. and London: Praeger, 2008, xviii, 293 S.. Besprochen von Gerhard Köbler. IT(http://www.greenwood.com/contact_us/Textbook%2bExamination%2band%2bDesk%2bCopy%2bRequests.aspx an sales@greenwood.com von Susanne Jenks vorgeschlagen, e-mail mit Bestellung gesandt 2009-06-01 2011-10-23 angezeigt |
Ganzen Eintrag anzeigen Collard, Franck, The Crime of Poison in the Middle Ages, übersetzt v. Nelson-Campbell, Deborah. Praeger, Westport/Connecticut 2008, VVIII, 293 S.. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser ist Professor für mittelalterliche Geschichte der Universität Paris X Nanterre und hat neben zahlreichen Artikeln 1999 das Werk Pouvoirs et culture politique dans la France médiévale und 2007 den Band Histoire d’un crime politique de l’Antiquité à nos jours vorgelegt. Sein weiteres Werk, das zunächst in seiner Muttersprache unter dem Titel Le crime de poison au moyen âge (2003) veröffentlicht wurde, hat in der Übersetzung durch Deborah Nelson-Campbell, Professorin für französische Studien an der Rice University seit 1974, das Interesse einer sehr sachkundigen Rezensentin gefunden. Da auf Grund unbekannter Umstände die Lieferung eines Rezensionsexemplars aber nicht möglich war, muss der Herausgeber wenigstens in wenigen Zeilen auf den Titel hinweisen.
Gegliedert ist das Werk in insgesamt sechs Abschnitte. Zunächst befasst sich der Autor mit der Giftbeibringung in den verschiedenen Quellen und weist besonders auf die Schwierigkeit der Quantifizierung des Vorkommens hin, um sich dann dem Gift als einzigartigem Werkzeug zuzuwenden. Danach stellt er soziologische Überlegungen an und fragt etwa nach dem Anteil der Frauen oder dem Vorkommen innerhalb von Familien, um danach auf dieser Grundlage zu Bewertung (abominable crime), Verfolgung Bestrafung und übergeordneten Gegebenheiten überzugehen.
Im Ergebnis hält er die Giftbeibringung wegen ihrer Besonderheiten für ungewöhnlich interessant (fascinating). Die ohne Blutvergießen erfolgende Giftbeibringung erweist sich als auffallender, verachteter Gegensatz zum „noble act of homicide“. In der Frühzeit wenig bezeugt, tritt sie im späteren Mittelalter an beachtlich vielen Stellen hervor, für die der Verfasser am Ende seine wichtigsten Grundlagen ebenso aufführt wie eine Bibliographie ausgewählter L |
|
Compensation of Private Losses. The Evolution of Torts in European Business Law, hg. v. Schulze, Reiner. Sellier, München 2011. XI, 245 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Compensation of Private Losses. The Evolution of Torts in European Business Law, hg. v. Schulze, Reiner. Sellier, München 2011. XI, 245 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Europäisierung Europas tendiert trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten auch das Recht zu Vereinheitlichung und bzw. oder zur Angleichung. Dem stehen viele traditionale partikulare Kräfte gegenüber. Deswegen ist eine Veränderung anscheinend nur in kleinen Schritten möglich, die zudem nur vorschlagsweise und ohne formale Entscheidungskompetenz vorgebracht werden können.
Zu diesem Zweck hat sich auch ein Arbeitskreis (Round Table) New Challenges in European Private Law gebildet. Bei seiner zweiten Tagung hat er sich mit der Entwicklung der unerlaubten Handlungen im europäischen Unternehmensrecht befasst. Der vorliegende, von Reinhard Pöllath besonders unterstützte Band enthält die 16 von Wissenschaftlern aus Münster, Osnabrück, Rotterdam, Ferrara, Bonn, Zürich, Hamburg, Manchester, Marburg, Innsbruck, Breslau, Bielefeld und Hannover überwiegend in englischer Sprache erstatteten Referate.
Sie sind insgesamt in fünf Abteilungen gegliedert. Diese betreffen allgemeine Aspekte des europäischen Rechts der unerlaubten Handlungen, besondere Sachgebiete des europäischen Rechts der unerlaubten Handlungen (Produkthaftung, Immaterialgüterrecht, Kundgabefehler, unlauterer Wettbewerb, Personenbeförderungs- und Reiserecht), das Verhältnis von privaten und öffentlichen Durchsetzungsstrategien, benachbarte Rechtsgebiete (Vertragsrecht, Versicherungsrecht) und Rahmenüberlegungen. Dabei werden sowohl allgemeine Grundsätze gesucht wie auch Überlegungen vorgetragen, warum eigentlich (in einer Europäischen Union) eines sich für alle schicken sollte - so dass der Leser die verschiedensten Gedanken führender, vor allem deutschsprachiger Privatrechtler zur weiteren Zukunft des wichtigen und interessanten Rechts der unerlaubten Handlungen in Europa finden und aufgreife |
|
Concordantia in Aratoris subdiaconi historiam Apostolicam, curavit Wacht, Manfred (= Alpha-Omega Reihe A Lexika, Indizes, Konkordanzen zur klassischen Philologie 253). Olms, Hildesheim 2009. VII, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Concordantia in Aratoris subdiaconi historiam Apostolicam, curavit Wacht, Manfred (= Alpha-Omega Reihe A Lexika, Indizes, Konkordanzen zur klassischen Philologie 253). Olms, Hildesheim 2009. VII, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Bedeutung des antiken Lateins für die Kulturgeschichte der Menschheit ist so groß und seine gesamte, bisher bekannte Überlieferung so überschaubar, dass es nicht nur möglich ist, in langen Jahren einen umfassenden Thesaurus linguae Latinae anzugehen und vorwärts zu bringen, sondern es im digitalen Zeitalter auch gelingen könnte, alle Texte elektronisch zu erfassen und durch eine Konkordanz zu erschließen. Ein weiterer Schritt auf diesem mühsamen, aber doch auch verheißungsvollen Weg ist der vorliegende Band. Er betrifft den aus Ligurien im Nordwesten Italiens kommenden, nach dem Studium in Mailand um 536 n. Chr. an den ostgotischen Hof in Ravenna wechselnden, von Papst Vigilius zum Subdiakon erhobenen stadtrömischen Kleriker Arator, der in zwei Büchern die Apostelgeschichte paraphrasierte.
Die Konkordanz legt die Ausgabe Aratoris Subdiaconi Historia Apostolica, hg. v. Orbán, A. (Corpus Christianorum, Series Latina 120, 1 (2006) zu Grunde und erfasst neben der epischen Paraphrase auch die elegischen Distichen der Widmungsepisteln ad Florianum, ad Vigilium und Parthenium, nicht dagegen die als nicht authentisch geltenden Prosasummarien. Sie ist lemmatisiert. Die im Text vorkommenden Wortformen sind unter dem jeweiligen Lexem in Textausschnitten von gut zwei Versen mit den Folgewörtern alphabetisch sortiert.
Nach Ausweis des Frequenzwörterbuchs beträgt die Gesamtzahl der Wörter 16793, werden qui (4210 Belege), que (2537) und esse (2031) am häufigsten verwendet und sind unter den 2859 Lexemen 1021 Substantive (z. B. ius mit 34 Belegen, darunter ius poli, ius apostolicum, ius omne und ius proprium), 921 Verben und 501 Adjektive bezeugt. Dem Bearbeiter ist für seine Mühe sehr zu danken. Möge sein |
|
Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19thCentury. Sources on the Rise of Modern Constitutionalism, Europe Volume 7 - Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus, hg. v. Dippel, Horst, Europa Band 7, Constitutional Documents of Belgium, Luxembourg and the Netherlands 1789-1848 - Verfassungsdokumente Belgiens, Luxembirgs und der Niederlande 1789-1848, hg. v. Stevens, Fred/Poiri |
Ganzen Eintrag anzeigen Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19thCentury. Sources on the Rise of Modern Constitutionalism, Europe Volume 7 - Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus, hg. v. Dippel, Horst, Europa Band 7, Constitutional Documents of Belgium, Luxembourg and the Netherlands 1789-1848 - Verfassungsdokumente Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande 1789-1848, hg. v. Stevens, Fred/Poirier, Philippe/Van den Berg, Peter A. J. Saur, München 2008. 681 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit der von George Mason (1725-1792) entworfenen und am 12. Juni 1776 vom Konvent der nach Unabhängigkeit strebenden englischen Kolonie Virginia verabschiedeten Menschenrechtserklärung ist die Verfassungsgeschichte in das Zeitalter der formellen Verfassung eingetreten, in dem nur noch Großbritannien den früheren Zustand der nur materiellen Verfassung bewahrt und einstweilen auch noch zu bewahren versucht. In besonderen Urkunden werden seitdem die wichtigsten Rechte allgemein aus der unübersehbaren Vielzahl rechtlicher Normen herausgehoben. Die Kürze wie das Gewicht der betreffenden Dokumente hat sie in der jüngeren Vergangenheit zum bevorzugten Gegenstand besonderer Sammlungen gemacht.
Zu den herausragenden Vertretern dieses Dokumentationsinteresses zählt der in Düren 1942 geborene, nach dem Studium von mittlerer und neuerer Geschichte, politischer Wissenschaft und Philosophie mit dem Schwerpunkt auf der angloamerikanischen Geschichte 1970 in Köln promovierte, 1980 in Hamburg habilitierte und 1992 an die Universität Kassel berufene Historiker Horst Dippel. Er hat sich besonders der frühen Verfassungen angenommen, weil ihn die Entstehung des modernen Konstitutionalismus besonders beschäftigt. Im Gegensatz zu dieser zeitlichen Einschränkung hat er jedoch eine räumliche Erweiterung auf die gesamte Welt vorgenommen und ein weltweit tätig |
|
Content and Meaning of National Law in the Context of Transnational Law, hg. v. Snijders, Henk/Vogenauer, Stefan. Sellier, München 2009. XII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Content and Meaning of National Law in the Context of Transnational Law, hg. v. Snijders, Henk/Vogenauer, Stefan. Sellier, München 2009. XII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Angesichts der fortschreitenden Globalisierung werden die Beziehungen zwischen nationalem Recht und transnationalem Recht zunehmend bedeutsamer. Deswegen ist es sehr zu begrüßen, dass sich die Wissenschaft dieser Thematik mit wachsendem Interesse annimmt und beispielsweise die Rechtsfakultäten der Universitäten Oxford und Leiden dazu in Leiden vom 25. bis 27. September eine eigene internationale Tagung abgehalten haben. Deren Beiträge veröffentlichen die Herausgeber ziemlich zeitnah im vorliegenden schmalen, ohne ein besonderes Sachregister veröffentlichten Band.
Nach einer allgemeinen Einführung der Herausgeber vereint er insgesamt 12 detaillierte Studien. Sie beginnen mit einigen von Evert Alkema angesprochenen Verfahrensweisen und Verfassungsfragen der Verbindung internationalen Rechts mit jeweiliger nationalstaatlicher Rechtsordnung und enden mit der Untersuchung des White Paper on Damages Actions for Breach of the EC Antitrust Rules durch Erik-Jan Zipro. Dazwischen werden vor allem der Einfluss der europäischen Konventionen auf die Auslegung des nationalen Rechts, des Rechts der Europäischen Union und das soft transnational law erörtert.
Insgesamt zeigt dieser Überblick über verschiedene Arten transnationalen Rechtes und ihre unterschiedlichen Einflüsse auf das nationale Recht exemplarisch die bedeutende Wirkung des transnationalen Rechts auf das nationale Recht in der Europäischen Union und im Europarat. Darüber hinaus werden auch die verschiedenen Arten der Anwendung und Auslegung nationalen Rechts infolge Berücksichtigung transnationalen Rechts durch Gesetzgeber und Gerichte deutlich. Dadurch werden Fragen modernster Entwicklungen in Zivilprozessrecht, Vertragsrecht, Gesellschaftsrecht und Wettbewerbsrecht in einnehmender Weise dargestellt |
|
Contracts for a Third-Party Beneficiary. A Historical and Comparative Account, hg. v. Hallebeek, Jan/Dondorp, Harry (= Legal History Library 1). Brill , Leiden 2008. VIII, 171 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Contracts for a Third-Party Beneficiary. A Historical and Comparative Account, hg. v. Hallebeek, Jan/Dondorp, Harry (= Legal History Library 1). Brill , Leiden 2008. VIII, 171 S. Besprochen von Filippo Ranieri.
Der Vertrag zugunsten Dritter verdankt seine endgültige Anerkennung im modernen Recht den neueren kontinentalen Zivilrechtskodifikationen. Auch im englischen Common Law erlangte diese Rechtsfigur erst im Jahre 1999 dank einer spezifischen gesetzlichen Regelung Akzeptanz. Den historischen und rechtsvergleichenden Aspekten dieser Entwicklung ist der vorliegende Sammelband gewidmet. Er ordnet sich in die reiche Literatur ein, die zu diesem Thema in den letzten Jahren bereits erschienen ist. Erwähnt seien hier J. Hallebeek, Contracts for a third-party beneficiary: a brief sketch from the Corpus Iuris to present-day civil law, in: Fundamina (University of South Africa), 2007, Bd. 13, no. 2, S. 12-32 und, vor allem, Eltjo J. H. Schrage (Ed.), Ius quaesitum tertio. (Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History Bd. 26), Berlin 2008 (siehe hier, gerade aus der Feder der Herausgeber unseres Bandes, J. Hallebeek, Ius quaesitum tertio in medieval Roman law, S. 61-107; H. Dondorp, Ius quaesitum tertio in medieval Canon law, S. 109-133). Das hier angezeigte Buch hat bereits eine sehr positive Stellungnahme von W. Swain, in: Edinburgh Law Review Bd. 13 (2009), S. 350-351 erfahren. Einiges sei nun zu Struktur und Inhalt des Sammelbandes mitgeteilt. Er besteht aus einer Einleitung und sieben Kapiteln. Aus der Feder des ersten Herausgebers Jan Hallebeek, Professor für Europäische Rechtsgeschichte an der Freien Universität Amsterdam, stammen die Einführung (S. 1-5) und die ersten zwei Kapitel. Im ersten Kapitel (S. 7-20) werden die römisch-rechtlichen Hintergründe des Themas geschildert. Im Vordergrund steht hier das Festhalten der römischen Quellen am Grundsatz „alteri stipulari nemo potest“ (I. Roman Law; 1.1 introduction; 1. |
|
Conze, Eckart/Frei, Norbert/Hayes, Peter/Zimmermann, Moshe, Das Amt und die Vergangenheit - Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Blessing, München 2010. 879 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
Ganzen Eintrag anzeigen Conze, Eckart/Frei, Norbert/Hayes, Peter/Zimmermann, Moshe, Das Amt und die Vergangenheit - Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Blessing, München 2010. 879 S. Besprochen von Bernd Rüthers.
Interessant bis skurril ist zunächst die Entstehungsgeschichte des Buches. 2003 war in der Hauszeitung des Auswärtigen Amtes ein ehrender Nachruf für den früheren Generalkonsul Franz Nüßlein erschienen, der vor 1945 als Oberstaatsanwalt und NSDAP-Mitglied im besetzten Böhmen und Mähren an zahlreichen Verfahren beteiligt war. Das erregte öffentliches Aufsehen und es entfachte zunächst im Auswärtigen Amt, dann in den Medien eine „Nachrufdebatte“.
Im Einvernehmen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder verfügte Außenminister Joseph (Joschka) Fischer 2004, dass alle ehemaligen Mitglieder der NSDAP fortan keinen ehrenden Nachruf mehr in der Mitarbeiterzeitung des Amtes erhalten sollten. Dagegen erhob sich öffentlicher Protest von im aktiven Dienst des Auswärtigen Amtes stehenden Diplomaten. Es war der bisher einzige öffentliche Aufstand pensionierter und auch aktiver Diplomaten in der Geschichte des Auswärtigen Amtes. Von den Regeln der neuen Nachrufpraxis waren auch Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher (beide im Dritten Reich Mitglieder der NSDAP), zwei ehemalige Außenminister der sozial-liberalen sowie der christlich-liberalen Regierungskoalition, betroffen. Sie würden nach ihrem Tode keinen Nachruf erhalten können.
Zu seiner Rechtfertigung setzte Joschka Fischer im Juli 2005 eine „Unabhängige Historikerkommission“ ein, die in drei bis fünf Jahren die Geschichte des Auswärtigen Dienstes in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik Deutschland untersuchen sollte. Ihr gehörten die Deutschen Eckart Conze, Norbert Frei und Klaus Hildebrand, der allerdings wegen Krankheit ausscheiden musste, der Amerikaner Peter Hayes (Illinois) und der in Jerusalem lehrenden Moshe Zimmermann an. Ihnen st |
|
Cuadernos de Historia del Derecho, hg. v. Departamento de Historia del Derecho y de las Instituciones, Bd. 16. Servicio de publicaciones Universidad Complutense, Madrid 2009. 395 S. Besprochen von Thomas Gergen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Cuadernos de Historia del Derecho, hg. v. Departamento de Historia del Derecho y de las Instituciones, Bd. 16. Servicio de publicaciones Universidad Complutense, Madrid 2009. 395 S. Besprochen von Thomas Gergen.
Das rechtsgeschichtliche Institut der Universität Complutense von Madrid gibt bereits seit 1994 die Jahrbücher für Rechtsgeschichte heraus, von denen im Rezensionsteil dieser Zeitschrift bereits in regelmäßiger Folge Bände besprochen wurden[1]. Anzeigungswürdig sind auch die Beiträge des mittlerweile sechzehnten Bandes, der viele Aspekte der Rechtsgeschichte mit Schwerpunkt auf der iberischen Halbinsel bietet.
Der Beitrag von Cristina Amich Elías hat zum Ziel, das Gesetz über die Strafjustiz von Jugendlichen und Heranwachsenden sowie die ergänzende Gesetzgebung für straffällig gewordene Jugendliche (jünger als 16 Jahre) zu beleuchten. Ferner beschäftigt er sich mit der Behandlung von straffällig gewordenen „Heranwachsenden“ (16-21 Jahre). Dieses Regelwerk wird im gesellschaftspolitischen Umfeld der Franco-Diktatur gewürdigt. Dazu gehören Überlegungen zur Entwicklung von Lehren des Strafrechts und der Kriminologie hinsichtlich des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen. Um das typisch „Franquistische“ herauszuarbeiten, zeichnet die Verfasserin die Entwicklungen dieses Regelungsbereiches von Anfang an gut nach[2].
Ignacio Cremades Ugarte schreibt über die nationalistisch geprägte Gegenutopie von Baroja, der Republik von Bidasoa. In der Utopiegeschichte bildet das klassische Modell die gegen-utopische Konstruktion der rabelesianischen Abtei von Théleme mit ihrer diametral entgegengesetzten Regel zu den anderen Orden, die Gargantúa ihr auftrug. Diese Gegen-Utopie, eine der größten Utopien der Geschichte überhaupt, entstammt ursprünglich dem Benediktinerkonvent. Sie sei eine schwierige, wenn nicht sogar eine auf Erden gar nicht umzusetzende Utopie. Die von Baroja konzipierte Republik von Bidasoa erscheint als d |
|
Curilla, Wolfgang, Der Judenmord in Polen und die deutsche Ordnungspolizei 1939-1945. Schöningh, Paderborn 2010. 1035 S., 23 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Curilla, Wolfgang, Der Judenmord in Polen und die deutsche Ordnungspolizei 1939-1945. Schöningh, Paderborn 2010. 1035 S., 23 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Nachdem Wolfgang Curilla 2006 sein über tausend Seiten starkes Opus zum Thema „Die deutsche Ordnungspolizei und der Holocaust im Baltikum und in Weißrußland 1941-1944“ auf den Markt gebracht hatte, war Christian Hartmann von der Qualität dieser Publikation so angetan, dass er in seiner Besprechung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung anregte, dass - bei aller Zurückhaltung, die in der Verwendung des Begriffes „Standardwerk“ angebracht sei, „der Curilla“ als unentbehrliches Nachschlagewerk wohl als solches zu gelten habe. Nun hat der 1942 geborene Verfasser, der als Jurist und Politiker in seiner Heimat Hamburg sowohl in der Bürgerschaft als auch im Senat lange Jahre wirkte, sein Augenmerk auf die Vorgänge in Polen gelegt und für diesen Raum eine nicht minder umfangreiche Arbeit vorgelegt.
Polen: darunter versteht die Studie „das Gebiet zwischen der polnischen Westgrenze vor 1939 und der polnischen Ostgrenze nach 1945“, also nur die Räume, „die zur Zeit des Holocaust bereits zu Polen gehörten und auch heute noch Polen sind“ (S. 12); die ehemals ostpolnischen und die ehemaligen deutschen Ostgebiete seien bereits an anderer Stelle ausführlich behandelt worden. Für den bezeichneten Raum, in dem auch die sechs Vernichtungslager Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Majdanek und Auschwitz-Birkenau lagen, untersucht der Verfasser erstmalig flächendeckend den Einsatz der Ordnungspolizei, soweit er sich mit der Verfolgung und Vernichtung jüdischer Menschen, wovon dort 1939 und 1941 insgesamt rund 2 Millionen in die Gewalt der Deutschen fielen, befasste. Darunter fällt auch die Begleitung der zusätzlich aus dem ganzen Kontinent anrollenden Deportationstransporte in die Lager, womit dann „deutlich mehr als die Hälfte aller während des Zweiten Weltkriegs ermordeten Juden“ in diese |
|
Dalos, György, 1956. Der Aufstand in Ungarn. Deutsche Bearbeitung v. Zylla, Elsbeth. Beck, München 2006. 246 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Dalos, György, 1956. Der Aufstand in Ungarn. Deutsche Bearbeitung v. Zylla, Elsbeth. Beck, München 2006. 246 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Ungarn unter die Herrschaft der Kommunistischen Partei. Geleitet vom Wunsch nach demokratischen Veränderungen führten die Studenten der Universitäten in Budapest am 23. Oktober 1956 eine friedliche Großdemonstration gegen die bestehenden Verhältnisse durch. In die schnell wachsende Menge ließ die Regierung am Abend schießen, woraufhin ein bewaffneter Kampf ausbrach.
Der sich dieser Ereignisse annehmende ungarische Schriftsteller Gyorgy Dalos wurde in Budapest 1943 geboren, war demnach zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt. Er hatte seine Kindheit nach dem Tode seines aus jüdischer Familie stammenden, 1945 an den Folgen eines Arbeitslagers sterbenden Vaters bei seiner Großmutter verbracht. Später studierte er von 1962 bis 1967 in Moskau Geschichte, arbeitete als Museumswissenschaftler in Budapest, wurde 1968 wegen maoistischer Umtriebe zu sieben Monaten Haft mit Bewährung verurteilt, arbeitete nach Berufsverbot als Übersetzer, nahm 1977 an der Begründung der demokratischen Oppositionsbewegung in Ungarn teil, wechselte in den Westen und lebte seit 1987 als freier Publizist in Wien und in Berlin. Nach einem Gedichtband des Jahres 1964 ist er durch zahlreiche zwischen Roman und Wissenschaft vermittelnde Darstellungen hervorgetreten.
Nach einer kurzen Einleitung behandelt sein den Aufstand in Ungarn im Jahre 1956 erfassendes, mit einem Wetterbericht in einer Gewerkschaftszeitung vom Ende Oktober beginnendes Werk den Versuch einer Rückblende, die Genesis eines Kriegszustands, das blutige Patt, den Aufstand der Namenlosen und die Ergebung der Regierung gegenüber dem Volk. Das daraus entstehende Gleichgewicht ist jedoch labil und nach einer kurzen Gnadenfrist tobt über Ungarn ein Wirbelsturm, der den Aufstand zerbricht und trotzdem die ungarisc |
|
Damme, Robert, >Vocabularius Theutonicus<. Überlieferungsgeschichtliche Edition des mittelniederdeutsch-lateinischen Schulwörterbuchs. Band 1 Einleitung und Register, Band 2 Text A-M, Band 3 Text N-Z (= Niederdeutsche Studien 54, 1-3. Böhlau, Köln 2011. X, 1-533, 1-523, 525-1046 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Damme, Robert, >Vocabularius Theutonicus<. Überlieferungsgeschichtliche Edition des mittelniederdeutsch-lateinischen Schulwörterbuchs. Band 1 Einleitung und Register, Band 2 Text A-M, Band 3 Text N-Z (= Niederdeutsche Studien 54, 1-3). Böhlau, Köln 2011. X, 1-533, 1-523, 525-1046 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Sachsenspiegel als das wohl bekannteste Rechtsbuchs des deutschen Mittelalters verdankt seine weite Verbreitung nicht zuletzt der Tatsache, dass Eike von Repgow sein ursprünglich lateinisches Werk auf Bitten des Grafen Hoyer von Falkenstein in das Deutsche wandte. Damit trug er maßgeblich zum Vordringen des Deutschen in die Rechtsquellen bei. Seine Darstellung des ostfälischen Gewohnheitsrechts des frühen 13. Jahrhunderts ist dementsprechend die älteste umfangreiche Quelle des Mittelniederdeutschen, so dass die mittelniederdeutsch-lateinischen Beziehungen auch dann das Interesse der Rechtsgeschichte verdienen, wenn sie dem Sachsenspiegel nicht vorausgehen, sondern ihm mit einiger Verspätung folgen.
Dementsprechend begründete William Foerste in der Mitte des 20. Jahrhunderts das Forschungsvorhaben Lateinisch-mittelniederdeutsches Glossariencorpus, das nach dem Vorbild Lorenz Diefenbachs aus Glossarhandschriften des 14. und 15. Jahrhunderts ein lateinisch-mittelniederdeutsches Glossenwörterbuch zur Ergänzung der bislang vorhandenen mittelniederdeutschen Wörterbücher anstrebte, aber wegen Materialfülle und Mittelmangel bisher nicht verwirklicht werden konnte. Demgegenüber gelang von einem überlieferungsgeschichtlichen Ansatz her die Edition des sachlich geordneten, etwa 9500 Einträge umfassenden Liber ordinis rerum vom Ende des 14. Jahrhunderts (1983), des alphabetisch geordneten, etwa 10500 Ansätze aufweisenden Universalwörterbuchs Vocabularius ex quo vom Beginn des 15. Jahrhunderts (1988ff.) und der Nominalwörterbücher des Fritsche Closener und Jakob Twinger von Königshofen (1995). Die Ausgabe des ohne zeitgenössi |
|
Daniels, Justus von, Religiöses Recht als Referenz. Jüdisches Recht im rechtswissenschaftlichen Vergleich. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XIII, 239 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Daniels, Justus von, Religiöses Recht als Referenz. Jüdisches Recht im rechtswissenschaftlichen Vergleich. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XIII, 239 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Bernhard Schlink angestoßene und betreute, im Sommer 2008 an der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommene Dissertation des 1978 geborenen, in Rechtswissenschaft und Philosophie in Leipzig, Budapest, Berlin und New York ausgebildeten, durch das Bankhaus Sal. Oppenheim großzügig unterstützten Verfassers. Sie stieß unmittelbar bei ihrem Bekanntwerden auf das Interesse eines universal ausgerichteten Rezensenten. Da der Verlag aber kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen und der interessierte Rezensent in verschiedenen Fällen keine Rezension liefern konnte, muss der Herausgeber in wenigen Zeilen auf die Arbeit hinweisen.
Ihr Anliegen ist es, das jüdische Recht im juristischen Diskurs begreifbar zu machen und zu zeigen, in welchen Bereichen es auf Grund seiner alternativen Ausprägung als Referenzmodell oder Bezugspunkt für einen Rechtsvergleich dienen kann. Dazu führt der Verfasser zunächst in religiöses Recht an Hand des jüdischen Rechts ein, erläutert an Hand der Quellen (Thora, Mischna, Talmud, Mischna Thora, Schulchan Aruch, Responsen, Gesetzgebung) und der besonderen Strukturmerkmale des jüdischen Rechts (Religion und Recht, Divinität des Rechts, Pflichten statt Rechte, Gottebenbildlichkeit als Menschenbild, Zivilrecht und jüdisches Recht) die Grundlagen, behandelt als Vergleichsthemen das Biomedizinrecht, die Todesstrafe, die Kollision von Rechtsordnungen und die Interpretation und beschreibt danach (Ziele und) den Ertrag seines Rechtsvergleichs.
Insgesamt gelangt er zu der Überzeugung, dass die systematische Struktur des jüdischen Rechts der juristischen Struktur säkularer Ordnungen entspricht und sich letztlich dieselben juristischen Herausforderungen wie in anderen Systemen stellen. Una |
|
Darwin, John, Der imperiale Traum. Die Globalgeschichte großer Reiche 1400-2000, aus dem Englischen von Bayer, Michael/Juraschitz, Norbert. Campus, Frankfurt am Main 2010. 544 S., Ill. Besprochen von Hans-Christof Kraus. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Darwin, John, Der imperiale Traum. Die Globalgeschichte großer Reiche 1400-2000, aus dem Englischen von Bayer, Michael/Juraschitz, Norbert. Campus, Frankfurt am Main 2010. 544 S., Ill. Besprochen von Hans-Christof Kraus.
Der Autor des Buches – es trägt im englischen Original den Titel ‘After Tamerlane. The Rise & Fall of Global Empires 1400-2000‘ – zählt heute zu den führenden britischen Empire-Historikern; er hat mehrere grundlegende Werke zur Dekolonisation und zum Ende des Kolonialreichs seiner Heimat verfasst. Am Nuffield College in Oxford lehrt er derzeit Geschichte des britischen Commonwealth. In seinem neuen Buch erweitert er die eigene Perspektive (und damit diejenige seiner Leser) noch einmal entschieden; er greift weit über die Grenzen von Commonwealth und Empire hinaus und nimmt in einer ungemein eindrucksvollen, materialreichen Darstellung die neuere Gesamtentwicklung der europäischen Großreiche seit dem 15. Jahrhundert zusammenfassend und vergleichend in den Blick.
Wohlinformiert führt er seine Leser, die Spezialisten ebenso wie die nicht fachlich Vorgebildeten, aber am Gegenstand Interessierten, in die neuere Geschichte der großen Reiche ein, die seit dem Ausgreifen der Europäer nach Asien und Amerika letztlich zu ‚Weltreichen‘ wurden. Bei näherer Erörterung zeigt sich – darauf weist der Verfasser immer wieder mit Nachdruck hin –, dass es vor allem die seetechnischen Fertigkeiten der Europäer waren, die ihnen seit Beginn der Neuzeit nach und nach die militärische ebenso wie die ökonomische Überlegenheit über die asiatischen Völker brachten. Vor allem die Möglichkeiten, die durch die konzentrierte und anhaltende Ausbeutung der immensen Bodenschätze des südamerikanischen Kontinents gegeben waren, sicherten zuerst den Spaniern und Portugiesen, später auch den anderen ‚Seemächten‘, die diesen Vorbildern nacheiferten, einen für Jahrhunderte kaum aufholbaren technischen und materiellen Vorsprung.
Ein entscheid |
|
Das Deutsche Kaiserreich 1890-1914, hg. v. Heidenreich, Bernd/Neitzel, Sönke. Schöningh, Paderborn 2011. 368 S., zahlr. Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Deutsche Kaiserreich 1890-1914, hg. v. Heidenreich, Bernd/Neitzel, Sönke. Schöningh, Paderborn 2011. 368 S., zahlr. Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Ein - die Herausgeber eingeschlossen - von 18 Autoren und einer Autorin gestaltetes Forschungspanorama des Zweiten Deutschen Kaiserreiches der Nach-Bismarck-Ära bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs in den Bereichen Außenpolitik, Innenpolitik, Wirtschaft und Kultur entfaltet der vorliegende Sammelband, den Bernd Heidenreich als Hausherr (die Hessische Landeszentrale für Politische Bildung richtete im Mai 2008 die dem Buch zugrunde liegende Tagung in Berlin aus) und Sönke Neitzel als spiritus rector gemeinsam auf den Weg gebracht und mit einem Vorwort und einer rasche Orientierung schaffenden Einleitung versehen haben. Nicht erhebe man den Anspruch, so Neitzel, ein neues Bild des Kaiserreiches zu entwerfen, vielmehr wolle man für ein breites Publikum ein Spektrum skizzieren, „das in zentralen Bereichen neue Forschungsergebnisse und alte Gewissheiten zu einem prägnanten Bild verdichtet“ (S. 12). Nach Studium des Bandes verbleibt beim Leser tatsächlich der Eindruck, dass entgegen traditionell-dogmatischen, mit klaren Positionierungen operierenden Forschungsmeinungen heute für die Wilhelminische Ära salopp gesagt eher der Spruch gilt, dass man nichts Genaues (noch) nicht sagen könne; vieles, was ehedem Geltung als feststehende Erkenntnis beansprucht hat, wird heute aus einer differenzierten Perspektive mit guten Argumenten wieder infrage gestellt.
Dies gilt auf verschiedenen Ebenen zunächst einmal für die Kontinuitätsfrage, das viel strapazierte Bild eines wie auch immer gearteten „deutschen Sonderwegs“. Dem Diktum des im Holocaust endenden deutschen Sonderwegs nimmt Dieter Langenwiesche, der sich mit dem historischen Ort des Deutschen Kaiserreichs auseinandersetzt, die Überzeugungskraft, indem er unter Hinweis auf Arbeiten des jüdischen Historikers Yosef Hayin Yerushalmi und des |
|
Das Eike-von-Repgow-Dorf Reppichau zwischen 1159 und 2009. Geschichte und Geschichten anlässlich des 850. Ortsjubiläums und des Jubiläums der 800. urkundlichen Ersterwähnung Eikes von Repgow, hg. v. Lück, Heiner/Reichert, Erich (= Signa Iuris 4). Junkermann, Halle an der Saale 2009. 83 S. Abb. Besprochen von Hiram Kümper. |
Ganzen Eintrag anzeigen Eike von Repgow 800. Reppichau 850. Eine Nachlese zu den Feierlichkeiten vom 19.-21. Juni 2009, hg. v. Lück, Heiner/Reichert, Erich. Junkermann, Halle an der Saale 2009. 57 S. Abb.
Das Eike-von-Repgow-Dorf Reppichau zwischen 1159 und 2009. Geschichte und Geschichten anlässlich des 850. Ortsjubiläums und des Jubiläums der 800. urkundlichen Ersterwähnung Eikes von Repgow, hg. v. Lück, Heiner/Reichert, Erich (= Signa Iuris 4). Junkermann, Halle an der Saale 2009. 83 S. Abb. Besprochen von Hiram Kümper.
Zwei Hefte sind hier kurz anzuzeigen, die aus den Feiern des 800jährigen Jubiläums eines rechtshistorisch bedeutsamen Datums entstanden sind: der urkundlichen Ersterwähnung Eikes von Repgow. Beide wurden herausgegeben von dem in der Sachsenspiegelforschung einschlägig ausgewiesenen Hallenser Rechtshistoriker Heiner Lück und dem Reppichauer Bürgermeister Erich Reichert, dessen Gemeinde zugleich ihr 850jähriges Ortsjubiläum beging. Dem Anlass entsprechend finden sich eine Reihe von rechtshistorisch nicht weiter belangvollen Grußworten und vielen bunten Fotos, die das mediävalistisch aufgeladene Treiben der Festveranstaltungen und manche Orte der ‚Eike-Memoria’ in Reppichau dokumentieren. Vor allem in der „Nachlese“ findet sich – dem Anlass entsprechend – wenig Neues: Heiner Lück befasst sich in zwei Vorträgen, die hier abgedruckt sind, mit der Geschichte des Fläming und des flämischen Rechts in Mitteldeutschland sowie dem Gefeierten selbst: Eike von Repgow. Erwartungsgemäß wird man hier kaum etwas finden, worüber der Verfasser nicht anderswo ausführlicher gearbeitet hätte. Der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs Günter Hirsch befasst sich in seinem Festvortrag mit dem Verhältnis von Richter und Gesetz. Rechtshistorisch interessanter als die „Nachlese“ ist der im selben Kontext entstandene vierte Band der neuen Signa Ivris-Reihe mit der unglücklich verrutschten 800 im Untertitel. Auch hier findet sich ein Überblicksbeitrag zu Eike un |
|
Das „Ermächtigungsgesetz“ vom 24. März 1933. Quellen zur Geschichte und Interpretation des „Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“, hg. und bearb. v. Morsey, Rudolf, überarbeitete und ergänzte Neuauflage (= Dokumente und Texte 1). Droste, Düsseldorf 2010. 228 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das „Ermächtigungsgesetz“ vom 24. März 1933. Quellen zur Geschichte und Interpretation des „Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“, hg. und bearb. v. Morsey, Rudolf, überarbeitete und ergänzte Neuauflage (= Dokumente und Texte 1). Droste, Düsseldorf 2010. 228 S. Besprochen von Martin Moll.
Die vorzustellende Dokumentation ist bereits 1968 und dann nochmals 1992 in zwei seit langem vergriffenen, kürzeren Versionen erschienen. Die dritte, erheblich erweiterte Neuausgabe rechtfertigt eine vollwertige Besprechung dieser grundlegenden Dokumenten- und Textsammlung zu einem der wichtigsten legistischen Akte der NS-Diktatur, wenngleich sich deren Bedeutung aus der äußerst knappen Einleitung nur ansatzweise erschließt.
Sofort nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 wurde der Reichstag aufgelöst; bei der Neuwahl Anfang März erzielte die NSDAP knapp 44 % der Stimmen, was ihr zusammen mit ihrem Koalitionspartner, der Deutschnationalen Volkspartei unter Führung Alfred Hugenbergs, eine absolute Mehrheit im Reichstag verschaffte. Nachdem bereits die am 28. Februar erlassene „Reichstagsbrandverordnung“ zentrale verfassungsrechtliche Grundrechte außer Kraft gesetzt hatte, legte die Regierung Hitler-Hugenberg dem neugewählten Reichstag am 20. März das verfassungsändernde Ermächtigungsgesetz vor, das die legislativen Kompetenzen des Parlaments für vier Jahre auf die Regierung übertragen sollte. Eine Annahme der Vorlage bedeutete offenkundig die Beseitigung des Grundsatzes der Gewaltenteilung, denn hinfort wären Exekutive und Legislative in der Hand der Regierung vereint, wobei diese obendrein ermächtigt würde, vom geltenden Verfassungsrecht abzuweichen.
Die in dem Band abgedruckten Quellen und publizierten Texte kreisen um das Thema aus drei Richtungen: Zum einen geht es um die Entwürfe des Ermächtigungsgesetzes sowie um dessen 1937, 1939 und 1943 ausgesprochenen Verlängerungen vor Ablauf der besagten vier Jahre |
|
Das Grundgesetz. Dokumentation seiner Entstehung, hg. v. Schneider, Hans-Peter/Kramer, Jutta, Band 18 (Artikel 74 und 75), Teilband 2 Artikel 74 Nr. 17 bis Nr. 23 und Artikel 75, bearb. v. Kramer, Jutta nach Vorarbeiten von Bachmann, Ulrich, Klostermann, Frankfurt am Main 2010. IV, 1215-2412 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Grundgesetz. Dokumentation seiner Entstehung, hg. v. Schneider, Hans-Peter/Kramer, Jutta, Band 18 (Artikel 74 und 75), Teilband 2 Artikel 74 Nr. 17 bis Nr. 23 und Artikel 75, bearb. v. Kramer, Jutta nach Vorarbeiten von Bachmann, Ulrich, Klostermann, Frankfurt am Main 2010. IV, 1215-2412 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das in loser sprachlicher Anknüpfung an ältere leges fundamentalses am 8. Mai 1949 für eine Übergangszeit beschlossene, mit dem 24. Mai in Kraft getretene Grundgesetz Deutschlands hat sich nicht zuletzt unter dem Einfluss des Bundesverfassungsgerichts zum wohl wichtigsten Gesetz der gegenwärtigen Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Gemäß Art. 146 GG verliert es seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen wurde. Dieser Tag ist aber trotz der Herstellung deutscher Einheit bisher noch nicht eingetreten, so dass es trotz vieler Änderungen noch immer gilt.
Mit seiner Bedeutung hat auch seine Geschichte an Gewicht gewonnen, darunter insbesondere seine Entsteheung. Deswegen ist ein auf 32 Bände angelegtes Werk in Gang gesetzt worden, welches das bisherige Fehlen einer leicht zugänglichen, grundlegenden Dokumentation beenden soll. Hiervon sind nach den Angaben der Deutschen Nationalbibliothek bisher 9 Publikationen seit 1995 erschienen (Art. 29, 118, 24, 30-37, 40, 70-73, 74-75, 92-96, 105-107, 108-115).
Zu einem von ihnen hat sich Karsten Ruppert in ZRG GA 129 (2012) ausführlich geäußert. Auch wenn die Herausgeber den dortigen Bedenken ihre eigenen Begründungen entgegensetzen, muss festgestellt werden, dass ein Erscheinen eines Viertels ders Werkes in 15 Jahren eine Gesamterscheinungsdauer von 60 Jahren befürchten lässt. Möge den emsigen Herausgebern dieser lange Atem oder eine raschere Bearbeitung beschieden sein.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Das Grundgesetz. Dokumentation seiner Entstehung, hg. v. Schneider, Hans-Peter/Kramer, Jutta, Band 26 (Artikel 108 bis 115), bearb. v. Schneider, Hans-Peter nach Vorarbeiten v. Lensch, Reinhard. Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XLVI, 1187 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Grundgesetz. Dokumentation seiner Entstehung, hg. v. Schneider, Hans-Peter/Kramer, Jutta, Band 26 (Artikel 108 bis 115), bearb. v. Schneider, Hans-Peter nach Vorarbeiten v. Lensch, Reinhard. Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XLVI, 1187 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Seit 1995 publiziert die „Forschungsstelle für Zeitgeschichte des Verfassungsrechts“ in Hannover mit Unterstützung des Bundestages Quelleneditionen zur Entstehung einzelner Artikel des Grundgesetzes; bisher sind 9 voluminöse Bände vorgelegt worden. Der zu besprechende Band behandelt die Artikel 108 bis 115 über die Finanzverwaltung und das Haushaltswesen des Bundes. Er schließt die in Band 25 (Artikel 105 bis 107) begonnene Dokumentation über das Finanzwesen ab. Dieser 26. Band ist innerhalb des Unternehmens entgegen dem ersten Anschein noch von besonderer historischer Relevanz, da am Streit über die hier dokumentierten Artikel das fast fertige Grundgesetz beinahe noch gescheitert wäre. Denn während der Parlamentarische Rat einen starken Bundesstaat wollte, versuchten die Länder wie die Alliierten aus unterschiedlichen Gründen das zu verhindern. Allen war klar, dass bei der Formulierung der Artikel über Ertrag, Verwaltung und Gesetzgebungskompetenz der Steuern dafür die Weichen gestellt würden. Das Ergebnis war ein Kompromiss, welcher der Bundesrepublik ein kompliziertes Finanzsystem bescherte.
Schon 1951 ist eine Sammlung von Quellen zur Entstehung der Artikel des Grundgesetzes erschienen, welche die Herausgeber in ihrer Einleitung etwas zu herablassend behandeln. Denn hier wurde in zwei Jahren in Konzentration auf die Substanz der wichtigsten Quellen etwas zustande gebracht, was nun nochmals in einer beträchtlichen Ausweitung der Quellengrundlage mit hohen Ansprüchen, großen Kosten und einem auf Jahrzehnte angelegten Unternehmen versucht wird. Vergleicht man Aufwand und Ertrag beider Projekte, dann kommen erste Bedenken an dem gegenwärtigen auf; sie werden b |
|
Das Lehnswesen im Hochmittelalter. Forschungskonstrukte - Quellenbefunde - Deutungsrelevanz, hg. v. Dendorfer, Jürgen/Deutinger, Roman (= Mittelalter-Forschungen 34). Thorbecke, Ostfildern 2010. 488 S. Besprochen von Carsten Fischer. |
|
Das letzte Tabu - NS-Militärjustiz und „Kriegsverrat“, hg. v. Wette, Wolfram u. a. (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung 685). Bundeszentrale für politische Bildung/Lizenz der Aufbau Verlag-Gruppe, Bonn/Berlin 2007. 507 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Das letzte Tabu - NS-Militärjustiz und „Kriegsverrat“, hg. v. Wette, Wolfram u. a. (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung 685). Bundeszentrale für politische Bildung/Lizenz der Aufbau Verlag-Gruppe, Bonn/Berlin 2007. 507 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das letzte Tabu hat verschiedene Rezensenten lebhaft interessiert. Leider haben ihre Wünsche den Verlag aus unbekannten Gründen nicht mit Erfolg erreicht. Deswegen versucht der Herausgeber wenigstens einige Zeilen, um auf das Werk hinzuweisen, das ein politischer Appell an den Gesetzgeber sein will, der häufig nur über öffentliche Initiativen erreichbar ist, weil sich Partei- und Fraktionsinteressen nicht leicht auf unbegangene, keinen Wählerzuwachs versprechende Pfade lenken lassen.
Das Buch geht nach dem Vorwort Manfred Messerschmidts auf die am 25. Januar 1985 erfolgte Feststellung der Rechtsungültigkeit der Urteile des Volksgerichtshofs durch den Bundestag der Bundesrepublik Deutschland zurück, auf deren Grundlage eine große Anfrage des Abgeordnete Ströbele und die Fraktion der Grünen im Bundestag erfolglos auf eine Rehabilitierung und Entschädigung der wegen Fahnenflucht, „Wehrkraftzersetzung“ und Wehrdienstverweigerung aus religiösen Gründen zum Tode verurteilten Soldaten hinzuarbeiten versuchte. Die Dokumentation will hier Abhilfe schaffen. Sie gliedert sich in fünf um Anmerkungen, Bibliographie und Register angereicherte Teile.
Wolfram Wette untersucht zu Beginn die Todesurteile wegen Kriegsverrats (und ähnlicher Delikte) in der nationalsozialistischen Zeit und schließt daran den Kriegsverrat als Politikum an. Helmut Kramer geht in Teil C auf das Verfahren der Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen den Generalrichter a. D. Manfred Roeder besonders ein. Im Anschluss hieran führen Wolfram Wette und Ricarda Berthold in die Dokumentation der dann dargestellten 39 Urteile wegen Kriegsverrats (von Strehlow/Rehmer/Krauss u. a. bis Robert Wolbank) ein, auf d |
|
Das preußische Kultusministerium als Staatsbehörde und gesellschaftliche Agentur (1817-1934) (= Acta Borussica Neue Folge, 2. Reihe Preussen als Kulturstaat, Abteilung 1), Band 2, 1 Das Kultusministerium auf seinen Wirkungsfeldern Schule, Wissenschaft, Kirchen, Künste und Medizinalwesen, Darstellung, Band 2, 2 Das Kultusministerium auf seinen Wirkungsfeldern Schule, Wissenschaft, Kirchen, Künste und Medizinalwesen, Dokumente. Akademie Verlag, Berlin 2009. XXXIII, 784, XXVIII, 820 S. Besprochen von Werner Sc |
Ganzen Eintrag anzeigen Das preußische Kultusministerium als Staatsbehörde und gesellschaftliche Agentur (1817-1934) (= Acta Borussica Neue Folge, 2. Reihe Preussen als Kulturstaat, Abteilung 1), Band 2, 1 Das Kultusministerium auf seinen Wirkungsfeldern Schule, Wissenschaft, Kirchen, Künste und Medizinalwesen, Darstellung, Band 2, 2 Das Kultusministerium auf seinen Wirkungsfeldern Schule, Wissenschaft, Kirchen, Künste und Medizinalwesen, Dokumente. Akademie Verlag, Berlin 2009. XXXIII, 784, XXVIII, 820 S. Besprochen von Werner Schubert.
Nach der Darstellung der Geschichte des 1817 begründeten Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (seit 1918 Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung; sog. Kultusministerium) als Behörde in den Bänden 1.1 und 1.2 der Acta Borussica n. F., 2. Reihe: Preußen als Kulturstaat bringen die Bände 2.1 und 2.2 eine schwerpunktmäßig ausgerichtete Geschichte der wichtigsten Wirkungsfelder des Kultusministeriums bis zu dessen Auflösung 1934. Zu Beginn des Bandes 2.1 ist noch einmal die Einleitung des Leiters der Forschungsreihe Wolfgang Neugebauer wiedergegeben (S. XIII-XXIII). Eine spezielle Einleitung in den Band 2.1 erübrigte sich, da die Autoren des vorliegenden Bandes jeweils die Zielsetzung ihrer Beiträge aufzeigen. Der Darstellungsband wird eröffnet mit dem Beitrag von Bärbel Holtz, Christa Rathgeber, Hartwin Spenkuch und Reinhold Zilch über die Politik des Kultusministeriums gegenüber dem schulischen Bildungswesen (S. 1-134). Die drei Einzeldarstellungen befassen sich mit der Thematik für die Zeitabschnitte von 1817 bis 1866 (Lokale Schulhoheit und Intensivierung des Staatsdurchgriffs), von 1866 bis 1914/18 (kulturstaatliche Intervention, schulische Expansion und Differenzierung als Leistungsverwaltung) und von 1918 bis 1933/34 (Kulturstaat im partiellen Ausbau mit Verstaatlichung der Schule und Ausweitung der Erwachsenenbildung). Behandelt werden vor allem die Volks- und Mittelschulen sowie |
|
Das Rechtsbuch Kaiser Ludwigs des Bayern von 1346, hg. v. Volkert, Wilhelm unter Verwendung der Vorarbeiten von Jaroschka, Walter und Lieberich, Heinz (= Bayerische Rechtsquellen 4). Beck, München 2010. XXX, 519 S., 9 Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Rechtsbuch Kaiser Ludwigs des Bayern von 1346, hg. v. Volkert, Wilhelm unter Verwendung der Vorarbeiten von Jaroschka, Walter und Lieberich, Heinz (= Bayerische Rechtsquellen 4). Beck, München 2010. XXX, 519 S., 9 Abb. Besprochen von Ulrich Oppitz.
Dem wissenschaftlichen Wettstreit zwischen dem Stadtarchiv München und dem Historischen Verein von Oberbayern einerseits und der Kommission für Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften andererseits verdankt die rechtshistorische Forschung nach den Editionen von Hans Schlosser und Ingo Schwab (s. ZRG-GA 119, 2002, 326-342) und von Ingo Schwab allein (s. ZRG-GA 120, 2003, 600f.) nunmehr die „historisch-kritische Ausgabe des Rechtsbuchs Kaiser Ludwigs des Bayern von 1346“. Sie beruht auf den Vorarbeiten Heinz Lieberichs und Jakob Gebhard Bildsteins, die bereits in den 1950er Jahren weit gediehen waren (s. ZRG-GA 76, 1959, 238) und schon zu einer Einleitung und einem Glossar führten. Walter Jaroschka setzte diese Arbeiten fort, indem er Lieberichs Ergebnisse gründlich erweiterte. Ihm verdanken wir den Variantenapparat der zehn frühesten Kodizes. Wilhelm Volkert konnte diese Vorarbeiten mit umfangreichen eigenen Ergänzungen zum Druck befördern.
Volkert sucht die bislang übliche Bezeichnung ‚Oberbayerisches Landrecht Kaiser Ludwigs des Bayern von 1346’ unter Verweis auf die in den Textzeugen verwandte Angabe durch die Bezeichnung als Rechtsbuch zu ersetzen. Das Oberbayerische Landrecht war ein „sehr frühes förmliches amtliches Gesetzeswerk, das von da ab nicht nur die praktische, sondern obligatorische Grundlage der Rechtsprechung“ bildete (Lieberich), welches die Aufgabe einer Sicherung der Landeseinheit hatte, und als eine der „bemerkenswertesten territorialen Rechtskodifikationen des deutschen Mittelalters“ (Jaroschka) bezeichnet wurde. Diese Zweckbestimmung grenzt den Text weiterhin aus dem seit fast 200 Jahren üblichen Begriff der deutschen Rechtsbüch |
|
Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander, hg. v. Klueting, Harm/Schmale, Wolfgang (= Historia profana et ecclesiastica 10). LIT, Münster 2004. IX, 236 S., graph. Darstellung. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander, hg. v. Klueting, Harm/Schmale, Wolfgang (= Historia profana et ecclesiastica 10). LIT, Münster 2004. IX, 236 S., graph. Darst. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Ein schmales Bändchen, ein großer Titel, unter dem sich erstaunlich Heterogenes subsumieren lässt: das Fach „Österreichische Reichsgeschichte“ (Ch. Gnant), Architekturfragen (Ch. Benedik), Propagandageschichte (W. Schmale), eine Fallstudie zur Schwarzenberg-Bank (D. Štefanová), Josefinische Klosteraufhebungen (H. Klueting) und sogar, nahezu abseits des Themas, „Sachsen-Polens Außenpolitik 1740–1748“ (R. Hanke). Ganz wenige Beiträge betreffen direkt den Titel: Reichshofrat und kaiserliche Reichspolitik (Gabriele Haug-Moritz), Kaiser und welfische Staaten (Christoph Römer), Kurpfalz und Kaiser (Matthias Schnettger). Ein einziges Wort des Untertitels wird erfüllt, nämlich „Aspekte“. Der rechtshistorische Ertrag bleibt punktuell und damit gering. Nicht alles, was wie in diesem Fall auf einer Tagung zum Titelthema vorgetragen wurde, muss (zumindest nicht gemeinsam) publiziert werden. Guten Beiträgen werden derartige Sammelbände zum Grab.
Wien Wilhelm Brauneder
|
|
Das sechste und siebente Stadtbuch Dresdens (1505-1535), hg. v. Kübler, Thomas/Oberste, Jörg, bearb. v. Klingner, Jens/Mund, Robert (= Die Stadtbücher Dresdens [1404-1535] und Altendresdens [1412-1528] Band 3). Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2011. 794 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das sechste und siebente Stadtbuch Dresdens (1505-1535), hg. v. Kübler, Thomas/Oberste, Jörg, bearb. v. Klingner, Jens/Mund, Robert (= Die Stadtbücher Dresdens [1404-1535] und Altendresdens [1412-1528] Band 3). Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2011. 794 S. Ill. Die Stadtbücher Altendresdens (1412-1528), hg. v. Kübler, Thomas/Oberste, Jörg, bearb. v. Klingner, Jens/Mund, Robert (= Die Stadtbücher Dresdens [1404-1535] und Altendresdens [1412-1528] Band 4). Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2009. 630 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zu den besonders erfreulichen Folgen der1990 erfolgten Vereinigung von Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik kann der Rechtshistoriker die vertiefte Beschäftigung mit den zeitweise hinter dem Eisernen Vorhang schlummernden älteren deutschen Rechtsquellen zählen. Dazu gehören auch die noch nicht oder noch nicht kritisch edierten Stadtbücher. Deswegen konnte bereits vor einigen Jahren mit großer Freude festgestellt werden, dass die Stadt Dresden sehr erfolgreich eine Edition ihrer Stadtbücher in Angriff genommen hat (ZRG GA 127 [2010] 33).
Davon erschien 2007 der erste Band mit den drei ältesten Stadtbüchern von 1404 bis 1476. Bereits ein Jahr später schloss sich dem der zweite Band an, der die Jahre von 1477 bis 1505 betraf. Als Band drei wurden dem 2009 die Stadtbücher Altendresdens von 1412 bis 1528 angeschlossen, so dass 2011 mit dem sechsten und siebten Stadtbuch Dresdens von 1505 bis 1535 das gesamte Wagnis in kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Die Herausgeber wie die Bearbeiter sind erfreulicherweise die gleichen geblieben. Dem entspricht auch eine grundsätzlich einheitliche Gestaltung einschließlich eines Geleitworts Ralf Lunaus als fördernden Beigeordneten für Kultur. Erfasst sind nunmehr einschließlich des Protocollum (1491-1528) zusätzlich 1282 Dresdener bzw. 752 und 286 Altdresdener Einträge, die beispielsweise ein Verzeichnis |
|
Das Volkacher Salbuch, hg. v. Arnold, Klaus/Feuerbach, Ute. Band 1 Beiträge und Transkription, Band 2 Faksimile. Stadt Volkach, Volkach 2009. XVI, 385 S., 78 Bl. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Volkacher Salbuch, hg. v. Arnold, Klaus/Feuerbach, Ute. Band 1 Beiträge und Transkription, Band 2 Faksimile. Stadt Volkach, Volkach 2009. XVI, 385 S., 78 Bl. Besprochen von Gerhard Köbler.
Volkach am Main kommt 899 vom fränkischen König Arnulf von Kärnten an das Kloster Fulda, wird 1258 als Stadt erwähnt und gelangt 1328 in Teilen und bis 1510 ganz von den Grafen von Castell an das Hochstift Würzburg. Überörtlich bekannt ist es in der deutschen Rechtsgeschichte durch die vom Stadtschreiber Niklas Brobst von Effelt verfasste, in der Gegenwart vielfach als „Volkacher Salbuch“ bezeichnete Handschrift B 2 im Volkacher Stadtarchiv. Für sie ließ die 2004 ermöglichte Publikation ausgewählter Folioseiten auf der Internetplattform des Hauses der bayerischen Geschichte zur Landesausstellung „Edel und frei. Franken im Mittelalter“ das Anliegen von Stadtarchiv und Kulturamt Volkach nach einer begleitenden wissenschaftlichen Fundierung so stark wachsen, dass anlässlich des 750jährigen Stadtjubiläums am 4. und 5. Juli 2008 im bekannten Schelfenhaus der Stadt unter Leitung Klaus Arnolds, bis 2007 Inhaber des Lehrstuhls für mittelalterliche Geschichte an der Helmut Schmidt Universität der Bundeswehr in Hamburg, ein wissenschaftliches Kolloquium ausgerichtet wurde.
In dessen Rahmen erwuchs der Wunsch nach einer Faksimileausgabe und eines sie begleitenden Sammelbands mit ergänzenden Beiträgen und einer seitengleichen Transkription des Textes. Ziel sollte es sein, den Laien wie der Wissenschaft die Möglichkeit zu bieten, sich selbst ein Bild von den illuminierten Teilen der Handschrift zu machen. Dieses Vorhaben ist infolge vielseitiger Unterstützung in überschaubarer Zeit so gut gelungen, dass nunmehr ein Faksimile aller ausgeführten Illustrationen der Handschrift vorliegt, das durch insgesamt zehn wissenschaftliche Untersuchungen ergänzt wird.
Dabei schildert Ute Feuerbach als freischaffende Historikerin und Leiterin des Archivs der Sta |
|
Das Wesen der Rechtsgeschichte. Werner Ogris zum 75. Geburtstag, hg. v. Máthé, Gábor/Mezey, Barna. Gondolat, Budapest 2010. 140 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Wesen der Rechtsgeschichte. Werner Ogris zum 75. Geburtstag, hg. v. Máthé, Gábor/Mezey, Barna. Gondolat, Budapest 2010. 140 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahre 2010 wurde Werner Ogris aus Anlass seines 75. Geburtstags bereits die hohe Ehre einer Festschrift mit dem Titel Grundlagen der österreichischen Rechtskultur. hg. v. Olechowski, Thomas/Neschwara, Christian/Lengauer, Alina. Böhlau Wien 2010. XII, 606 S. zu Teil. Am 5. November 2010 wurde diese Ehrung noch weiter europäisiert. Bei einem Aufenthalt in Budapest im Rahmen eines Austausches österreichischer und ungarischer Gelehrter erhielt der Geehrte zu seiner großen Überraschung und besonderen Freude eine weitere Festschrift mit dem anspruchsvollen Titel „Das Wesen der Rechtsgeschichte“ überreicht, mit der ungarische Rechtshistoriker ihre hohe Wertschätzung für den selbstlosen Helfer und Förderer der ungarischen Rechtsgeschichtswissenschaft, der an der Bestimmung gemeinsamer Forschungsthemen, an der wahren Vertiefung der österreichisch-ungarischen akademischen Beziehungen, an der Veranstaltung internationaler Konferenzen und an der Förderung einzelner Aufgaben über viele Jahrzehnte maßgeblich beteiligt war, dankbar zum Ausdruck brachten.
Wie die Herausgeber in ihrem kurzen Wort zum Geleit selbst ausführen, ging dieses Werk von einem einer beruflichen Begegnung in Budapest folgenden ungezwungenen Gespräch mit Werner Ogris über die Zukunft und den Inhalt der Rechtsgeschichte aus. Die dort geäußerten, Helmut Coings Studie über die Aufgaben des Rechtshistorikers nahestehenden Gedanken brachten sie auf die Idee, dem Jubilar in einer besonderen Form zu gratulieren. Deshalb beschlossen die Leiter der ungarischen Lehrstühle für Rechtsgeschichte, den Gedankenaustausch über ihr Bekenntnis zur Rechtsgeschichte sowie über Rolle und Methodik der Rechtsgeschichte in einer Festschrift für ihren österreichischen Freund fortzuführen und ihm auf diese sehr seltene Art und Weise ihren be |
|
David, Anke, Die Entwicklung des Mordtatbestandes im 19. Jahrhundert (= Schriften zum Strafrecht und Strafprozessrecht 102). Lang, Frankfurt am Main 2009. XIV, 258 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen David, Anke, Die Entwicklung des Mordtatbestandes im 19. Jahrhundert (= Schriften zum Strafrecht und Strafprozessrecht 102). Lang, Frankfurt am Main 2009. XIV, 258 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Manfred Maiwald angeregte und betreute, im Juli 2007 abgeschlossene Dissertation der zeitweise als wissenschaftliche Assistentin am Juristischen Seminar tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich außer in Einleitung und in Schlussbemerkungen in zwei Hauptteile. Auf der Grundlage des gemeinen Rechts im ausgehenden 18. Jahrhundert betrachtet die Verfasserin zunächst den Mordtatbestand in der Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts und geht danach auf besondere Ausprägungen und Umstände in Bezug auf den Mord über.
Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts bezieht sie Bayern (Kleinschrod 1802, Strafgesetzbuch 1813), Oldenburg, Sachsen (Entwurf Tittmann 1811, Erhard 1816, Stübel 1824, Criminalgesetzbuch 1838), Württemberg, Hannover, Braunschweig, Hessen-Darmstadt, Kurhessen und Baden ein, für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Preußen (Entwürfe 1827, 1830, 1833, 1836, 1843, 1845, 1846, 1847, 1850, Strafgesetzbuch von 1851), Sachsen (Strafgesetzbuch 1855), Bayern (1861), den Norddeutschen Bund (Entwurf 1869, Strafgesetzbuch 1870) und das Deutsche Reich (Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1851).. Dabei zeigt sich insgesamt als Ziel, die aus dem gemeinen Strafrecht überkommenen kasuistisch geregelten Mordtatbestände durch einen Mordtatbestand mit einem Merkmal Vorbedacht oder Überlegung abzulösen. Bei den besonderen Ausprägungen stellt die Verfasserin als Spezialregelungen den Zweikampf, die Tötung auf Verlangen und den Mord aus Lebensüberdruss heraus und befasst sich besonders mit dem Verhältnis von Mord und Zurechnungsfähigkeit und dem Menschen hinter dem Mord, wobei sie zwischen Mörder und Mörderin differenziert.
Im Ergebnis ermittelt die Verfasserin, wie als Folge der Aufklärung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die |
|
Davies, Norman, Die große Katastrophe. Europa im Krieg 1939-1945, aus dem Englischen v. Stadler, Harald.Droemer/Knaur, München 2009. 847 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerDaviesdiegroßekatastrophe20111030 Nr. 13831 ZRG GA 129 (2012) 70
Davies, Norman, Die große Katastrophe. Europa im Krieg 1939-1945, aus dem Englischen v. Stadler, Harald.Droemer/Knaur, München 2009. 847 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Bolton in Lancashire 1939 geborene, in Oxford in Geschichte ausgebildete, durch eine Visaverweigerung der Sowjetunion zunächst auf Polen verwiesene, deswegen in Krakau 1973 mit einer Untersuchung über die britische Außenpolitik gegenüber Polen 1919-1920 (mit dem sachlichen Inhalt des von der Sowjetunion verleugneten sowjetisch-polnischen Krieges) promovierte, bis 1996 an der University of London tätige Verfasser ist vor allem durch eine 1981 erschienene zweibändige Darstellung der Geschichte Polens bekannt geworden. Dem folgten Untersuchungen über die Geschichte Europas (1996) und der britischen Inseln (1999), die besonderes Gewicht auf die Einbeziehung der Randgebiete legten. Sein Werk über die große Katastrophe erschien im Original 2006 unter dem Titel Europe at War (1939-1945) - No Simple Victory.
Es gliedert sich insgesamt in sieben Abschnitte. Sie gehen von fünf Faktoren aus, behandeln die Kriegführung (Kampfhandlungen in Europa), die Politik (vor, im und nach dem Krieg), die Soldaten und Zivilisten zwischen Leben und Tod, und die Darstellungen des zweiten Weltkriegs in Medien, Künsten und in der Geschichtsschreibung. Am Ende werden uneindeutige Schlüsse behandelt.
Insgesamt versucht der Verfasser eine eigenständige Stellungnahme gegenüber bisher überwiegenden Vorstellungen. Zu diesem Zweck betont er das Bündnis Stalins mit Hitler, das beiden die Aufteilung und Besetzung Polens ermöglichte. Außerdem hebt er, was andernorts aber auch bereits geschehen ist, die besondere Bedeutung des Ostens für den Ausgang des Zweiten Weltkriegs hervor, so dass der gewichtige, mit Bildern, Anmerkungen, Bibliographie und Register ausgestattete Band den Krieg in Europa zwar mit |