Streitkräfte im Nachkriegsdeutschland, hg. v. Bücking, Hans-Jörg/Heydemann, Günther (=Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung 101). Duncker & Humblot 2011. 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Den Grundstock des schmalen Bandes bildete die 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Deutschlandforschung im März 2007. Zusätzlich konnten noch weitere Beiträge eingeworben werden. Insgesamt umfasst auf diese Weise das Werk acht Studien.
Die an der Universität Leipzig bzw. der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Bielefeld tätigen Herausgeber stellen sie in ihrem Vorwort ausführlich vor. Danach stehen die Bundeswehr und die Nationale Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Entstehung und Entwicklung (nach 1945) einschließlich der gegenwärtigen Probleme der allein verbliebenen Bundeswehr im Mittelpunkt des Bandes, der mit einem Überblick über den Wandel der Militärgeschichte bzw. der Militärgeschichtsschreibung seit Kriegsende eingeleitet wird. Jeweils drei Untersuchungen konzentrieren sich auf Bundeswehr und Nationale Volksarmee.
Den Abschluss bilden die Ergebnisse einer einigermaßen repräsentativen Befragung zur Berufszufriedenheit der Bundeswehrangehörigen. Insgesamt zeigen sich in einem weitgespannten Rahmen durchaus bemerkenswerte Einzelergebnisse. Aufgeschlossen werden die weit gestreuten Erkenntnisse durch Register allerdings leider nicht.
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Strnad, Maximilian, Zwischenstation Judensiedlung. Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941-1945 (= Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern 4). Oldenbourg, München 2011. VIII, 200 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Strnad, Maximilian, Zwischenstation Judensiedlung. Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941-1945 (= Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern 4). Oldenbourg, München 2011. VIII, 200 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Grundlage für das vorliegende Werk ist die von Christiane Kuller am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Universität München unermüdlich und mit großem Gewinn unterstützte Magisterarbeit des 1976 geborenen, am Institut inzwischen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Dissertation über „Mischehen im Nationalsozialismus“ arbeitenden Verfassers. Nach einer kurzen Einleitung über Fragestellung und Aufbau, Begriffsklärungen, einen Überblick über Forschung und schwierige, nahezu im letzten Augenblick noch wesentlich erweiterte Quellenlage untersucht der Verfasser seinen Gegenstand in sechs Kapiteln. Sie befassen sich mit der Situation der jüdischen Münchener, dem Wohnlager an der Knorrstraße, der Funktion des Barackenlagers bei dem Arbeitseinsatz der Juden, Milbertshofen und Berg am Laim als Sammellager und Durchgangslager bei der Deportation, der Bedeutung der Münchener Lager für die Judenverfolgung und der Einstufung der Münchner Lager in den Gesamtrahmen der „Endlösung der Judenfrage“ in München.
In München lebten 1933 rund 9000 Juden, deren Zahl bis Juni 1941 auf knapp 3500 drastisch reduziert worden war. Das Wohnlager an der Knorrstraße 148 in Milbertshofen entstand seit dem Frühjahr 1941 auf einer 14500 Quadratmeter großen Fläche eines ehemaligen Fabrikgeländes. Es sollte nach den Wünschen der Arisierungsstelle in sich abgeschlossen und abseits des Verkehrs gelegen sein, um seinem politischen Zweck der Befreiung Münchens von Juden gerecht werden zu können.
Der Verfasser zeichnet die bedrückende Geschichte des Lagers und seiner entrechteten und gettoisierten Bewohner sorgfältig an Hand seiner vielfältigen Quellen nach. Dadurch schließt er eine bisher bestehende, bedeutende Li |
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Stuhler, Ed, Die letzten Monate der DDR. Die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit. Ch. Links Verlag, Berlin 2010. 247 S., 75 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Während seines Lebens wird der Mensch auf Grund seiner Sinne Zeuge von Geschehen und zwar mit fortschreitender medientechnischer Entwicklung in wachsendem Umfang. Mit der steigenden Zahl der ihm bekannt werdenden Einzelheiten erhöht sich von selbst auch die Menge des Vergessenen oder nicht mehr abrufbar Gespeicherten. Über die Schließung der unvermeidlichen Erinnerungslücken der Zeitzeugen hinaus dient die literarische Befassung mit vergangenem Geschehen dem möglichen Wissen aller, dem sich der Verfasser sehr verbunden fühlt.
Kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs geboren in Schönebeck in Sachsen-Anhalt wurde Ed Stuhler nach dem Besuch der Oberschule zunächst Gummifacharbeiter in Riesa, schloss aber 1968 ein Studium an der Ingenieurschule in Magdeburg-Westerhüsen als Chemieingenieur und neben bzw. nach einer Tätigkeit als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Traktorenwerk Schönebeck 1978 ein externes Studium für Kultur- und Literaturwissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin ab. Als freiberuflicher Autor verfasste er seitdem kürzere Texte und längere Werke etwa über Erich und Margot Honecker.
Das vorliegende, auf dem Umschlag die Umarmung des schmächtigen Lothar de Maizière durch den mächtigen Helmut Kohl abbildende, im Anhang durch eine Kabinettsliste und eine Chronik vom 8. 1. 1990 (Wir sind ein Volk) bis zum 2. 12. 1990 (erste freie gesamtdeutsche Wahlen seit 1933) dokumentarisch gestützte Werk will in Parallele zu einer Fernsehdokumentation allen, welche die Zeit nicht erlebt oder inzwischen in den Einzelheiten vergessen haben, das Besondere der 199 Tage zwischen dem 18. März 1990 und dem 2. Oktober 1990 auf der Grundlage eigener Eindrücke wie freimütiger Interviews mit damaligen noch bzw. nicht mehr bekannten Politikern (Lothar de |
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Sturm, Fritz, 200 Jahre Badisches Landrecht (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe 23). Verlag der Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2011. 70 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Im Jahre 1799 wurde der in Ajaccio 1769 als Sohn eines niederadeligen Juristen geborene, zum Offizier ausgebildete Napoleon Bonaparte unter Sturz der Direktorialregierung Frankreichs erster Konsul. Seinen beeindruckenden militärischen Erfolgen schloss er grundstürzende politische Veränderungen an. Binnen sechser Jahre setzte er zwischen 1804 und 1810 die Gleichheit des Rechts in Frankreich in fünf Gesetzbüchern (Codes) um und prägte damit weite Teile der juristischen Welt für Jahrhunderte.
Eine der Auswirkungen war auch das badische Landrecht des Jahres 1809, durch das der badische Jurist Friedrich Brauer das Bürgerliche Gesetzbuch und das Handelsgesetzbuch Frankreichs nach Baden übertrug. In Erinnerung an dieses bedeutsame Ereignis würdigte der auf seine badische Herkunft stolze Verfasser das seinerzeitige Geschehen in einer Festveranstaltung im großen Vortragssaal der badischen Landesbibliothek am 27. Oktober 2009. Seinen reichen Vortrag stellt das vorliegende Heft der Allgemeinheit dankenswerterweise mit Abbildungen und Fußnoten zur Verfügung.
Ausgehend vom Namen schildert der Verfasser eindringlich neben einem buntern Strauß überholter Rechte die Gebietsgewinne in napoleonischer Zeit mit der Gefahr des Zerbrechens, der durch neues Recht begegnet werden sollte. Dementsprechend waren das Fortschreiben feudaler Strukturen und Konzessionen an die Kirche mit grundsätzlicher Offenheit für Fortschritt zu verbinden. Johann Friedrich Niklas Brauer (1754-1813) gelang dies trotz des vom Verfasser gerügten Verdeutschungsfimmels so überzeugend, dass es bei dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs de Deutschen Reiches zum 1. Januar 1900 hieß, jeder echte Badener weine dem (aus Frankreich übernommenen) La |
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Sundhaussen, Holm, Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten 1943-2011. Eine ungewöhnliche Geschichte des Gewöhnlichen. Böhlau, Wien 2012. 567 S., Abb., Tab. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Als in den 1990er Jahren die bizarren Verbrechen, die den Zerfall Jugoslawiens begleiteten, ruchbar wurden, zeigte sich Europa über den in diesem Raum nicht mehr für möglich gehaltenen Zivilisationsbruch erschüttert. Und bald hatte man mit dem Diktum von der „balkanischen Grausamkeit“ eine passende Erklärung für das Undenkbare parat.
Zu zeigen, wie wenig solche wohlfeilen, aus der Hüfte geschossenen Interpretationen mit der Realität gemein haben, ist nur eine der Korrekturen, die der Südosteuropa-Experte Holm Sundhaussen in seinem neuen Jugoslawien-Buch (eine erste Monographie von ihm, „Geschichte Jugoslawiens 1918-1980“, erschien bereits 1982) an einem spekulativen deterministischen Geschichtsverständnis vornimmt. Er, der fast zwei Jahrzehnte dem Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin vorgestanden hat, bevor er 2007 in den Ruhestand trat, hat zuletzt mit seiner im selben Jahr publizierten, 2009 ins Serbische übertragenen „Geschichte Serbiens. 19.-21. Jahrhundert“ vor Ort mancherlei Diskussion entflammt. Seinen Kritikern, die ihm unlautere Motive unterstellt oder überhaupt seine Kompetenz, als Deutscher serbische Geschichte zu verstehen, bestritten haben, ist er dabei mit jenen grundsätzlichen Argumenten überzeugend entgegengetreten, die auch das solide Fundament seiner jüngsten Arbeit bilden.
Sundhaussen präsentiert die Entwicklung der Geschichte Jugoslawiens insgesamt als einen möglichen Weg unter mehreren gangbaren Alternativen, der sich durch konkrete Einflussnahmen in dieser spezifischen Form realisiert hat und demnach jede a priori gegebene Zwangsläufigkeit ausschließt: „Die Geschichte Jugoslawiens ist ein Lehrstück des Alltäglichen, der Banalität. Nicht in dem Sinn, dass die Ereignisse banal gewesen wären, sondern die V |
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The Creation of the Ius Commune. From Casus to Regula. hg. v. Cairns, John W/Plessis, Paul J. du (= Edinburgh Studies in Law 7), Edinburgh University Press, Edinburgh 2010, Neudruck 2012. XIII, 304 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
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Im Dezember 2008 fand im Old College eine Tagung statt, organisiert vom Centre for Legal History der Universität Edinburgh und der Edinburgh Roman Law Group. Das Thema der Tagung lautete: „From Casus to Regula: The Creation of the Ius Commune“. Alle Vorträge finden sich in revidierter Fassung im vorliegenden Band. Neben dem römischen Recht wurden kanonisches Recht sowie Feudalrecht entsprechend berücksichtigt. Die Entwicklung von der kasuistischen Jurisprudenz zur mittelalterlichen Rechtsdoktrin sollte aufgezeigt und bewertet werden. Dies ist den Verfassern in hohem Maße gelungen. Einen Ausgangspunkt bildete die Monographie von Peter Stein, Regulae Iuris. From Juristic Rules to Legal Maxims (Edinburgh 1966).
Eine vorzügliche Einführung in die Quellen und Editionen der mittelalterlichen gelehrten Rechte bietet der Beitrag (S. 7ff.) von Harry Dondorp und Eltjo J H. Schrage. Er beruht weitgehend auf der Darstellung von Schrage (unter Mitwirkung von Dondorp): „Utrumque Ius. Eine Einführung in das Studium der Quellen des mittelalterlichen gelehrten Rechts“ (Berlin 1992).
Kees Bezemer untersucht die Infrastruktur des frühen Ius Commune, die Bildung von regulae (S. 57ff.). Das Schwergewicht liegt hierbei auf dem römischen Recht und seinen Interpreten zwischen 1200 und 1400. Der Verfasser sieht die Ausbildung von regulae eng verbunden mit dem Auftreten getrennter Rechtsmaterien (S. 58). Eine wichtige Rolle spielten hierbei die Doctores ultramontani wie Jacques de Révigny und Pierre de Belleperche (S. 60ff.), sowie Dinus de Mugello († 1303?) mit seinem Traktat de regulis iuris. Die ultramontane Methode stand unter dem Einfluss der französischen Scholastik und zeigte eine Neigung zur Systematisierung.
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The Future of European Property Law, hg. v. Van Erp, Sjef/Salomons, Arthur/Akkermans, Bram. Sellier, München 2012.. X, 246 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das Recht hat eine lange, wenn auch im Rahmen der Entstehung des Universums nicht besonders lange Geschichte, in der das Eigentum vielleicht seit 50000 Jahren einen wichtigen Platz einnimmt. Im Grunde schützt es eigentlich nur den Eigentümer gegenüber dem Nichteigentümer, wenn sich in diesem Bereich auch zahlreiche und vielfältige Einzelheiten ausgebildet haben und weiter ausbilden werden. Der Eigentümer durfte und darf grundsätzlich seine Sache von jedem anderen herausverlangen.
Daran hat sich seit mindestens 2500 Jahren nichts Wesentliches geändert. Dennoch sind in vielen unterschiedlichen Rechtsordnungen im Laufe der Zeit besondere Abwandlungen geschaffen worden. Für sie stellt sich mit der Europäisierung Europas und wahrscheinlich künftig noch mehr mit der Globalisierung des Globus die Frage der Zukunft.
Mit ihr haben sich in Maastricht am 8. Juni 2007 unter dem Thema CFR and Property Law und in Amsterdam am 29. Januar 2010 unter dem Thema The European Future of Property Law zwei Tagungen befasst, deren Referate der vorliegende Band vereinigt der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Insgesamt handelt es sich um zwölf Beiträge, die mit Eleanor Cashin Ritaines Darlegung einer allgemeinen Einführung in das Verhältnis von Common Frame of Reference and Property Law beginnen und mit Bram Akkermanns Untersuchung über Property Law and the Internal Market enden. Möge es gelingen, die dort von Wissenschaftlern und Praktikern aus Maastricht, Amsterdam. Graz, Delft, Rovira i Virgili in Tarragona, Lorraine/Genf/Lausanne, Löwen, Berlin, Oxford und Teramo vorgelegten vielfältigen Überlegungen und Vorschläge optimal in einem möglichst einheitlichen europäischen Recht zu verwirklichen, auch wenn sich derzeit die Zukunft noch nicht wirklich sicher absehen lässt.
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Theodor Mommsen und Friedrich Althoff. Briefwechsel 1882-1903, hg. v. Rebenich, Stefan/Franke, Gisa (= Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts 67). Oldenbourg, München, 2011. 890 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Theodor Mommsen und Friedrich Althoff. Briefwechsel 1882-1903, hg. v. Rebenich, Stefan/Franke, Gisa (= Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts 67). Oldenbourg, München, 2011. 890 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Theodor Mommsen (Garding/Schleswig 30. 11. 1816-Charlottenburg 1. 11. 1903) zählt zu den bekanntesten Juristen des 19. Jahrhunderts. Er hat sich durch die grundlegende Edition der wichtigsten römischen Rechtsquellen sehr verdient gemacht. Auf Grund dieser Ausgaben gelangen ihm herausragende Darstellungen des römischen Staatsrechts und Strafrechts.
Friedrich Althoff (Dinslaken 19. 2. 1839-Berlin 20. 10. 1908) stand ihm zwar an Gelehrtenruhm deutlich nach. Er war aber seit 1871 Justitiar für das Reichsland Elsass-Lothringen und seit 1882 geheimer Regierungsrat im Kultusministerium Preußens. In seinen Händen lag vor allem die gesamte Berufungspolitik für die Universitäten Preußens.
Dementsprechend bildeten Mommsen und Althoff mit der Ernennung Althoffs in Berlin ein interessantes Duo mit Vorteilen für beide Seiten, das die beiden Herausgeber in ihrer sorgfältigen Einleitung treffend beschreiben. Themen des intensiven, langen Briefwechsels sind die editorischen Unternehmungen der Berliner Akademie deer Wissenschaften, die Organisation einzelner Reichsinstitute und Reichsunternehmen, nationle und internationale wissenschaftliche Kooperationen, die Reichslimeskommission, die Forschungsfinanzierung, die akademische Personalpolitik, Berufungen samt entsprechender Patronage, Universitäts-, Museums- und Bibliothekspolitik, die preußische Schulreform und schließlich auch hochschulpolitische Kontroversen. Die einen vorzüglichen Einblick in das den deutschen Universitäten zu Weltruhm verhelfende System Althoff eröffnende Edition der insgesamt 685 Dokumente beginnt mit einem Brief Althoffs an Richard Schöne vom 8. 11. 1882, endet mit einem undatierten Billett Mommsens an Althoff und wird durch Register vorbildlic |
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Thesaurus historiae iuris. Clausdieter Schott zum 75. Geburtstag, hg. v. Lück, Heiner/Luminati, Michele/Senn, Marcel/Thier, Andreas. Junkermann, Halle 2011. 393 S. Besprochen von Hiram Kümper. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thesaurus historiae iuris. Clausdieter Schott zum 75. Geburtstag, hg. v. Lück, Heiner/Luminati, Michele/Senn, Marcel/Thier, Andreas. Junkermann, Halle 2011. 393 S. Besprochen von Hiram Kümper.
Diese Festgabe vereint sechszehn Beiträge des Jubilars im fotomechanischen Nachdruck, ergänzt durch ein ausführliches Schriftenverzeichnis und einen sauber bearbeiteten Personenindex. Sie gruppieren sich um die Themenfelder „Germanische Stammesrechte“, „Gericht und Verfahren“, „Ehe und Familie“ und „Rechtsbücher“. Insgesamt handelt es sich dabei im Wesentlichen um Beiträge zur germanistischen Rechtsgeschichte, allerdings nicht nur mit Blick auf deren mittelalterliche Facetten, sondern auch auf den Usus modernus. Die älteren der hier nachgedruckten Beiträge stammen aus den späten 1970er bis 90er Jahren und befassen sich in der Hauptsache mit den Leges und den deutschen Rechtsbüchern, die jüngsten zwei Aufsätze, noch 2011 erschienen, mit der Rechtsgeschichte der Adoption, mit der sich Schott in den letzten Jahren intensiv beschäftigt hat. 2009 erschien dazu seine Monographie „Kindesannahme – Adoption – Wahlkindschaft“ im Frankfurter Verlag für Standesamtwesen, bei dem er bereits seine lesenswerte Geschichte der Eheschließung („Trauung und Jawort“, erstmals 1969, 2. vollst. neu bearb. Aufl. 1992) und zwei gut kommentierte Nachdrucke zur Eherechtsgeschichte verlegt hatte. Dass die schweizerische Rechtsgeschichte, der sich Schott spätestens seit Übernahme des Zürcher Ordinariats in der Nachfolge Karl Siegfried Baders 1975 intensiv zuwandte, im Quartett der oben genannten Themenfelder keinen eigenständigen Platz einnimmt, dürfte nur auf den allerersten Blick verwundern: auf den zweiten nämlich zeigt sich, wie sehr der gesamte Band von diesem wichtigen Wirkungsfeld des Jubilars durchdrungen ist. Ein wenig bedauerlich schließlich, aber mit Blick auf die Wirkung – heute würde man wohl sagen: den „impact factor“ – dieser Beiträge vielleicht auch verständlich, d |
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Thiem, Christian, Die Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik (1949-1958). Eine verfassungsgeschichtliche Darstellung von der Entstehung bis zur Auflösung (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 84). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thiem, Christian, Die Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik (1949-1958). Eine verfassungsgeschichtliche Darstellung von der Entstehung bis zur Auflösung (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 84). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Jede Gesellschaft gestaltet sich ihre Verfassung durch eigene, oft schmerzhafte Entscheidungen selbst. Zur Sicherung bestimmter Formen werden an unterschiedlichen Stellen einzelne Einrichtungen als unabänderlich und unantastbar proklamiert. Gleichwohl kann auch hierüber die Geschichte rein tatsächlich hinweggehen.
Bundesstaaten sehen dementsprechend vielfach Vertretungen der Bundesglieder in einem eigenen Verfassungsorgan vor. Während die Verfassung des deutschen Reiches vom 11. August 1919 einen besonderen Reichsrat kannte, der gemeinsam mit dem Reichstag für die Reichsgesetzgebung zuständig war, lösten die 1933 an die Macht gekommenen Nationalsozialisten am 14. Februar 1934 diesen Reichsrat auf. Nach dem zweiten Weltkrieg stand deshalb die Entscheidung an, ob der neue deutsche Staat oder die neuen deutschen Staaten eine Ländervertretung als Verfassungsorgan haben sollten oder nicht.
Mit dieser wichtigen verfassungsrechtlichen Frage befasst sich die von Heinrich de Wall betreute, von der Hans Liermann-Stiftung geförderte, im Wintersemester 2010/2011 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg angenommene Dissertation Christian Thiems. Gegliedert ist die eine Lücke schließende gründliche Untersuchung in fünf Kapitel über den Marxismus-Leninismus und die Ordnung des Staates, die Verfassungsvorstellungen der Parteien in der sowjetischen Besatzungszone, den Weg zur Schaffung der Länderkammer, die Länderkammer nach der Verfassung und den Geschäftsordnungen und die Länderkammer in der Verfassungsordnung der DDR. Da es Walter Ulbricht und seinen Genossen in erster Linie um die zentrale Macht hinter eine |
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Tiroler Urkundenbuch. Abteilung 2 Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals, Band 2 1140-1200, bearb. v. Bitschnau, Martin/Obermair, Hannes, Register unter Mitarbeit v. Feller, Claudia/Schaller, Martin. Wagner, Innsbruck 2012. LXXXVIII, 579 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Tiroler Urkundenbuch. Abteilung 2 Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals, Band 2 1140-1200, bearb. v. Bitschnau, Martin/Obermair, Hannes, Register unter Mitarbeit v. Feller, Claudia/Schaller, Martin. Wagner, Innsbruck 2012. LXXXVIII, 579 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wann Tirol im von Natur aus eindrucksvollen, aber unwirtlichen Herzen der Alpen, aus dem eine am Hauslabjoch im hinteren Ötztal am 19. 9. 1991 gefundene, rund 5300 Jahre alte Gletscherleiche erhalten ist, genau beginnt, weiß niemand wirklich zu sagen, wenn auch festzustehen scheint, dass der älteste erhaltene Balken der namengebenden Burg Tirol aus dem Jahre 1106 stammt. Jedenfalls seit dieser Zeit erwächst dort allmählich eine bedeutende Grafschaft des Heiligen römischen Reiches, deren Erbe in politisch veränderter Form noch heute fortlebt. Der Vergegenwärtigung ihrer Vergangenheit dient in vorzüglicher Weise das Tiroler Urkundenbuch, dessen drei das deutsche Etschland und den Vintschgau (bzw. ehemalige Trienter und Churer Diözesananteile) betreffenden, bis 1253 reichenden, von Franz Huter bearbeiteten Bände einer ersten Abteilung zwischen 1937 und 1957 erschienen sind.
Dem folgt seit 2009 die sich auf Inntal, Eisacktal und Pustertal (bzw. ehemalige Brixener und Salzburger Diözesananteile) beziehende, von Martin Bitschnau und Hannes Obermair bearbeitete zweite Abteilung, die ebenfalls bis 1253 geführt werden soll. Ihr erster bis 1140 reichender Band konnte 2009 erscheinen und kann erfreulicherweise nach nur drei Jahren um die Urkunden zwischen 1140 und 1200 ergänzt werden. Insgesamt handelt es sich dabei um die Nummern von 381 bis 948 sowie um 19 auszuscheidende oder fragliche Stücke.
Nach dem einführenden Vorwort und dem Geleitwort der in Innsbruck 1949 bzw. in Bozen 1961 geborenen Herausgeber, die allgemein über die 569 erfassten, nur zu einem guten Viertel (150) von regionalen „Akteuren“ und damit zu fast drei Vierteln (418) aus au |
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Tirtasana, Nora, Der gelehrte Gerichtshof. Das Oberappellationsgericht Lübeck und die Praxis des Zivilprozesses im 19. Jahrhundert (= Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte 33). Böhlau, Köln 2012. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Tirtasana, Nora, Der gelehrte Gerichtshof. Das Oberappellationsgericht Lübeck und die Praxis des Zivilprozesses im 19. Jahrhundert (= Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte 33). Böhlau, Köln 2012. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Oberappellationsgericht ist das über dem Appellationsgericht und damit auch über dem Gericht stehende Entscheidungsorgan und setzt dementsprechend die entwickeltere, mehrstufige Gerichtsbarkeit voraus. Die Möglichkeit, ein Oberappellationsgericht der vier freien Städte Bremen, Hamburg, Frankfurt am Main und Lübeck, das die Verfasserin regelmäßig als OAG bezeichnet, zu errichten, wurde durch Art. 12 III der deutschen Bundesakte von 1815 geschaffen. Diese Bestimmun g gewährte den freien Städten, die nicht die für ein eigenes Oberappellationsgericht eines Mitgliedstaats des Deutschen Bundes an sich erforderliche Zahl von 300000 Einwohnern aufwiesen, die Ausnahme eines gemeinsamen Oberappellationsgerichts, wobei die Gerichtsverfassungen der betroffenen Städte die Zuständigkeit des Oberappellationsgerichts festlegten.
Mit diesem Oberappellationsgericht befasst sich die von Peter Oestmann angeregte und betreute Dissertation der Verfasserin, die im Wintersemester 2009/2010 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommen wurde. Ob es tatsächlich der gelehrte Gerichtshof (schlechthin) ist, wird man trotz Jherings Nachruf bezweifeln können. Davon abgesehen ist es aber in jedem Fall ein sehr interessanter Forschungsgegenstand, wenn auch eher der Prozessrechtsgeschichte als der Privatrechtsgeschichte.
In der Einleitung beschreibt die Verfasserin zunächst den Forschungsstand. Dabei stellt sie fest, dass es der Bedeutung des Oberappellationsgerichts Lübeck entsprechend „verschiedene Arbeiten zu seiner Rechtsprechung sowie zu der schwierigen und langwierigen Einrichtung, zu den Richterpersönlichkeiten und zur Gerichtsverfassung gibt, für die als Quellen aber nur verei |
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Toggenburg, Gabriel N./Rautz, Günther, ABC des Minderheitenschutzes in Europa. Böhlau, Wien 2011. 342 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Minderheiten gibt es in jeder menschlichen Gesellschaft, weil alle Menschen individuelle Merkmale haben. Seit dem Mittelalter wird ansatzweise vereinzelt die Frage des Schutzes von Minderheiten gesehen, die nur ganz allmählich einer Verrechtlichung angenähert wird. Erst seit dem 20. Jahrhundert werden, vor allem nach den Zusammenbrüchen der Reiche der Habsburger, Osmanen und Russen Bemühungen um völkerrechtlichen Schutz ethnischer Minderheiten verstärkt, ohne dass dies bisher zu wirklich befriedigenden Ergebnissen geführt hat, obwohl 1998 immerhin die im Europarat ausgearbeiteten Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und der europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen in Kraft getreten sind.
Umso bedeutsamer ist eine Zwischenbilanz über das bisher Erreichte und das noch Ausstehende. Die beiden Verfasser versuchen sie in einfacher, alphabetisierter Form. Beide sind als Experten bzw. Koordinatoren am Institut für Minderheitenrecht an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) tätig und durch zahlreiche Veröffentlichungen sachlich gut ausgewiesen.
Nach einem kurzen Vorwort bieten sie in künstlich wirkender Anlehnung an das Alphabet 26 Artikel über Autonomien, Bildung, Case Studies, Diskriminierung, Einwanderung, Förderung, Graubünden, Homo- und Transsexualität, indigene Völker (z. B. Sami, Inuits), Judikatur, Kopftuch, Lissaboner Vertrag, Medien, NGO’s, Organisationen, Partizipation, Quoten und Proporz, Roma (nicht besonders Sinti), Sprachpolitik, transnationale Zusammenarbeit, Umsiedlung, Volksgruppe, Wirtschaft(skrise), Xenophobie, Yin und Yang des Minderheitenschutzes und Zensus. Ein Serviceteil, Tabellen und Graphiken runden das zahlreiche Informationen zu politischen, rechtlichen und kulturellen Aspekten des Minderheitenschutzes bietendeTaschenbuch hilfreich a |
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Tomberg, Friedrich, Das Christentum in Hitlers Weltanschauung. Fink, Paderborn 2012. 206 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Tomberg, Friedrich, Das Christentum in Hitlers Weltanschauung. Fink, Paderborn 2012. 206 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Adolf Hitler wurde in einer durchschnittlich katholischen österreichischen Familie in einer Zeit geboren, in welcher der Sozialismus bereits in einen Wettbewerb mit dem Christentum eingetreten war. Er entschied sich nicht für einen Einsatz für das Christentum. Dem zog er vielmehr die Begründung einer eigenen Weltanschauung vor, die er aus unterschiedlichsten Versatzstücken zusammenstellte.
Der in Goch 1932 geborene Verfasser promovierte nach dem Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte in Köln, Freiburg im Breisgau und Berlin (Freie Universität) 1963 mit einer Dissertation über Nachahmung als Prinzip der Kunst. Nach anschließender Mitarbeit an der Zeitschrift das Argument wurde er 1974 Professor der Philosophie an der Pädagogischen Hochschule in West-Berlin, zog 1979 aber die Deutsche Demokratische Republik vor. Hier wirkte er bis 1987 an der Universität Jena und bis 1992 als Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften und Leiter der Abteilung Geschichte der Philosophie im Zentralinstitut für Philosophie.
Seine mit insgesamt 10 Anmerkungen, Literaturverzeichnis und Namenregister von Adenauer bis Zitelmann versehene Untersuchung gliedert sich nach einer Einleitung über das Hitlerbild der deutschen Bundesrepublik im Schatten der Ära Adenauer in sieben Kapitel. Sie behandeln Hitlers Option gegen das Christentum aus europäischer Ideologie, die Verbindung von europäischer Ideologie und Antiklerikalismus in Hitlers österreichischer Sozialisation, die politische Konzeption einer Weltherrschaft zur Rettung der europäischen Menschheit, die Erneuerung Europas in Konfrontation zur geschichtlichen Christenheit, die Nachfolge Christi zur Erzwingung einer nationalsozialistischen Utopie, den Versuch einer metaphysischen Verankerung der völkischen Weltanschauung und schließlich den Höllensturz eines Aufklär |
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Tribunal der Barbaren? Deutschland und die Inquisition in der frühen Neuzeit, hg. v. Burkardt, Albrecht/Schwerhoff, Gerd unter Mitwirkung von Bauer, Dieter R. (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 25). UVK Verlagsgesellschaftmbh 2012. 450 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Irrgläubigen bekämpft die Kirche bereits seit dem ausgehenden Altertum durch Verbote der Gottesdienste, Enteigung der Güter und Androhung der Todesstrafe. Wegen der als unzureichend angesehenen Wirkungen dieser Maßnahmen werden seit dem 13. Jahrhundert besondere Untersucher wie etwa Konrad von Marburg eingesetzt, aus deren Tätigkeit sich der in Oberitalien von dieser Zeit an sichtbare Inquisitionsprozess entwickelt. In ihm darf der Angeschuldigte in Haft genommen und zur Erlangung eines Geständnisses die Folter angewandt werden.
Weil nach ihrer Ansicht die Geschichtswissenschaft das Thema der Inquisition in Deutschland in der frühen Neuzeit lange vernachlässigte, wurde im Tagungshaus der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 1. bis zum 4. Oktober 2009 eine Tagung abgehalten, die von em Enthusiasmus getragen war, die zugehörigen Fragen endlich einmal konzentriert und gemeinsam zu diskutieren. Führend war dabei der Sonderforschungsbereich 804 (Transzendenz und Gemeinsinn) an der Technischen Universität Dresden, für dessen Teilprojekt Gottlosigkeit und Eigensinn die Veranstaltung einen wichtigen Beitrag bildet. Die 17 zugehörigen Untersuchungen stellt der vorliegende Band dankenswerterweise der Allgemeinheit im Druck zur Verfügung.
Gegliedert sind sie in insgesamt sechs Abschnitte. Nach historiografischen Standortbestimmungen der in Lyon und Dresden tätigen Herausgeber samt einem Vergleich der Inquisitoren im mittelalterlichen Deutschland und in den romanischen Ländern durch Thomas Scharff werden die medialen Repräsentationen der Inquisition im Reich (Flugschriften, diplomatische Beziehungen, antiinquisitorische Publizistik), die Kont |
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Trimborn, Jürgen, Arno Breker. Der Künstler und die Macht. Die Biographie. Aufbau Verlag, Berlin 2011. 712 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Trimborn, Jürgen, Arno Breker. Der Künstler und die Macht. Die Biographie. Aufbau Verlag, Berlin 2011. 712 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Köln 1972 geborene Verfasser der nach eigenen Worten nicht autorisierten Biographie promovierte nach dem Studium der Fächer Theaterwissenschaft, Filmwissenschaft und Fernsehwissenschaft, Kunstgeschichte, Germanistik, Geschichte und Philosophie in Köln 1997 auf Grund seiner Dissertation über Denkmale als Inszenierungen im öffentlichen Raum und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Köln und in Schloss Wahn. Eine Habilitationsschrift mit dem Thema Die Pose des Vamps im Kino der zwanziger und dreißiger Jahre brach er ab und begann eine Tätigkeit als freischaffender Sachbuchautor. Personen seiner Betrachtung wurden dabei nacheinander Leni Riefenstahl (2002), Johannes Heesters (2003), Hildegard Knef (2005), Rudi Carrell (2006) und Romy Schneider (2008).
Das hieran anschließende Werk betrifft den in Elberfeld 1900 als Sohn eines Steinmetzen geborenen und in Düsseldorf 1991 verstorbenen Bildhauer und Architekten Arno Breker, der früh von Auguste Rodin beeinflusst wurde. Nach einem Aufenthalt in Frankreich zwischen 1927 und 1934 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er zunächst vor allem Aufträge von Industriellen erhielt. 1936 begann sein steiler Aufstieg zum bekanntesten Bildhauer dieser Zeit, der durch den Eintritt in die Nationalsozialistische Deutscher Arbeiterpartei (1937) gefördert wurde.
Der Verfasser verfolgt diesen Werdegang nach einem Vorwort und einem Prolog über den Feldherrn und seine Künstler in zehn Kapiteln über Lehrjahre, Paris und die Welt, den Ruf der Heimat, die Favoritenstellung bei Adolf Hitler, die Hauptstadt der Welt, den Staatskünstler (1940-1944), den Schwanengesang mit luxuriösem Kriegsende, das Lebenswerk in Trümmern und die Neuanfänge mit alten Seilschaften im Wirtschaftswunderland bis zu den letzten beiden Jahrzehnte |
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Tropper, Christine, Glut unter der Asche und offene Flamme. Der Kärntner Geheimprotestanismus und seine Bekämpfung 1731-1738 (= Quelleneditionen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 9). Oldenbourg, München 2011. 573 S., 36 Abb., 4 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Verfasserin ist Archivarin am Kärntner Landesarchiv und Mitglied des Instituts für österreichische Geschichtsforschung. Anlässlich der Ablieferung ihres Beitrags für den Sammelband Geheimprotestantismus und evangelische Kirchen in der Habsburgermonarchie und im Erststift Salzburg berichtete sie ihrem Kurskollegen und Freund Herwig Weigl in Wien von interessanten Quellenfunden. Daraufhin bot er ihr spontan an, diesen Quellen einen Band der Quelleneditionen des Instituts für Geschichtsforschung zu widmen, für den ihr der Ehemann, Kurs- und Arbeitskollege Peter Tropper als leitender Archivar des Archivs der Diözese Gurk umfangreiches Quellenmaterial zugänglich gemacht und in digitaler Form zur Verfügung gestellt hat.
Die Verfasserin gliedert ihr Werk in sieben Teile. Nach einem einleitenden Literaturüberblick mit Aufgabenstellung und einem Überblick über die Entwicklung des an sich durchaus bekannten Geheimprotestantismus in Kärnten von der Gegenreformation (ab etwa 1545) bis zur Protestantenvertreibung in Salzburg (1731/1732) schildert sie die Rahmenbedingungen für den Geheimprotestantismus und seine Bekämpfung in Kärnten 1731-1738, wobei sie als konkreten Raum die Pfarre Sankt Lorenzen in der Reichenau mit Pfarrer Michael Josef Seidel und Missionar P. Leopold Paumgartner SJ sowie die Herrschaft Afritz/Gegend mit dem Pfleger Jakob Christoph Stainer aufgreift. Dem schließt sie die Ereignisabläufe und die Bekämpfung durch Bespitzelung, Versammlungsverbot, Militäreinsatz, Eindämmung des Bücherschmuggels, Abnahme von Büchern, Kontaktverhinderung, Schulkontrolle, Veröffentlichungen, Verleihung von Bauerngütern nur an Katholiken, Privilegienverlust für evan |
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Trümpi, Fritz, Politisierte Orchester. Die Wiener Philharmoniker und das Berliner philharmonische Orchester im Nationalsozialismus. Böhlau, Wien 2011. 357 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Carlo Moos von der Universität Zürich betreute Dissertation des Verfassers. Ihr gehen umfangreiche Vorarbeiten in Berlin und Wien voraus. Sie wurden vom schweizerischen Nationalfonds ebenso finanziell unterstützt wie vom österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und der Hans Streiff Stiftung des Kantons Glarus.
Gegliedert ist die Untersuchung außer in Vorwort, Einleitung, Resümee, Anhang, Bibliografie und Personenindex (von Abendroth bis Yves mit besonderer Bedeutung Ludwig van Beethovens, Wilhelm Furtwänglers, Joseph Goebbels’, Adolf Hitlers, Wilhelm Jergers, Wolfgang Amadeus Mozarts, Baldur von Schirachs und Richard Wagners) in sechs Abschnitte. Sie beginnen chronologisch mit Aufbruch versus Tradition im ausgehenden langen 19. Jahrhundert bis zu Kriegskonzerten im Burgfrieden, verfolgen dann neue Wege zu mehr Staat in der Republik und enden schließlich kontinuierlich radikalisiert in Faschismus und Nationalsozialismus. Sachlich erörtert der Verfasser danach Abhängigkeiten und Protektion, vielfältige Medienpräsenz und Politisierung des Repertoires.
Ausgangspunkt des Verfassers ist der schon früh bestehende Wettstreit der Orchester in Parallele zur allgemeinen Konkurrenz zwischen Wien und Berlin. Auf dieser Grundlage schildert er unter Einbeziehung neuer Quellen detailreich die Politisierung der beiden philharmonischen Orchester ab 1933 und 1938. Auch wenn die Musik in der Geschichte nicht wirklich in der Mitte steht, liefert die sorgfältige Studie doch insgesamt interessante, detaillierte Einblicke in die Politisierung auch eines Randbereichs des gesamten Lebens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Innsbruck |
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Tscherner, Eva Maria, Arbeitsbeziehungen und Grundfreiheiten (= Schriften zur europäischen Rechtswissenschaft 16). Sellier, München 2012. 462 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Eine der Freiheiten der Europäischen Union ist die Dienstleistungsfreiheit, auf Grund deren Bürger der Europäischen Union ihre Dienste in allen Mitgliedstaaten anbieten und ausüben dürfen. Von daher ist auch die Arbeit von den Vätern des gemeinsamen europäischen Marktes als ein wesentlicher Integrationsfaktor gedacht. Dementsprechend bedeutsam ist die von der Verfasserin aufgegriffene Thematik.
Ihrer Monographie liegt ihre in Graz verfasste Dissertation zu Grunde. Sie wurde von Brigtitta Lurger betreut, welche die Verfasserin auf das Thema aufmerksam machte. Entstanden ist das von vielen Seiten geförderte Werk während der vierjährigen Assistentenzeit am Lehrstuhl, die damit noch keineswegs abgeschlossen ist.
Gegliedert ist die Untersuchung in zwischen Einleitung und Zusammenfassung eingebundene acht Abschnitte. Sie betreffen das internationale Privatrecht der Arbeitbeziehungen, die Entscheidungen Viking, Laval, Rüffert und die Rechtssache Kommission/Luxemburg, die Entsenderichtlinie nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, das Verhältnis zwischen Entsenderichtlinie und Dienstleistungsfreiheit, die Bindung einer Gewerkschaft an die Personenverkehrsfreiheiten, das Unionsrecht auf kollektive Maßnahmen, die Abwägung von Grundfreiheiten und Unionsgrundrechten sowie den Weg Europas zu einem Sozialmodell. Insgesamt zeichnet die Verfasserin die diesbezügliche Entwicklung sorgfältig und kritisch nach und behandelt dabei sogar noch Gesetzgebungsvorschläge der Europäischen Kommission vom Frühling des Jahres 2012, so dass jeder Leser auf dem neusten Stand über die behandelten Fragen vorzüglich informiert wird.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol. Band 1 Von den Anfängen bis zur Gründung der Universität Innsbruck, Band 2 Von der Gründung der Universität Innsbruck bis heute, hg. v. Korenjak, Martin/Schaffenrath, Florian/Šubarić, Lav/Töchterle, Karlheinz. Böhlau, Wien 2012. 1325 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Während des Altertums war das imperium Romanum lange die bedeutendste politische Macht in Europa und für knapp zwei Jahrtausende, von der Entstehung des römischen Reiches bis in das 18. Jahrhundert, war die lateinische Sprache der Römer nach dem einführenden Vorwort der Herausgeber die wichtigste lingua franca des Halbkontinents. Von der in ihr verfassten Literatur ist gleichwohl nur der kleine, im Altertum entstandene Teil allgemeiner bekannt. Für das im Mittelalter entstandene lateinische Schrifttum sieht es demgegenüber bereits viel schlechter aus und die lateinischen Texte der Neuzeit sind weithin ziemlich unbekannt und schlummern größtenteils in Archiven und Bibliotheken.
Diese Lage beruht darauf, dass schon das Mittelalter den Wert der antiken Überlieferung als verlorenes Ideal höher eingeschätzt hat als die Güte des von Nichtmuttersprachlern geschaffenen zeitgenössischen lateinischen Schrifttums und dass deswegen der Zugang zur Fremdsprache von Beginn an über die antiken Quellen mit dem Mittelpunkt anfangs in der lateinisch übersetzten Bibel und den zugehörigen christlichen Begleittexten gesucht wurde. Zunächst in Klöstern und seit dem Hochmittelalter auch in weltlichen Schulen wurde deshalb die allgemeine Schreibsprache vor allem an Hand eines beschränkten Kanons antiker Überlieferung gelernt. Bei Bedarf wurde zwar der Inhalt der Wörter der eigenen Wirklichkeit angepasst und wurden neue lateinische Wörter aus Bausteinen des überkommenen Wortvorrats oder auch unter Einbindung volkssprachlichen Materials in Form neuer Latinisierungen geschaffen, die allgemeine Grundlage blieb aber nach wie vor da |
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Universität im Umbruch. Universität und Wissenschaft im Spannungsfeld der Gesellschaft um 1800, hg. v. Bauer, Joachim/Breidbach, Olaf/Hahn, Hans-Werner (= Pallas Athene 35). Steiner, Stuttgart 2010. 370 S., 2 Abb., 1 Tab., 5 Diagr. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit Beginn der Menschheit wächst das Wissen des Menschen. In der Verwaltung dieses Wissens bedeutete die Einrichtung der Universität einen Meilenstein. Da die Universität aber ihrerseits in jeder Hinsicht zur Vermehrung des Wissens beigetragen hat und weiter beitragen wird, muss sie sich selbst immer wieder verändern, wobei die Autoren des Sammelbandes die Überzeugung vertreten, dass die Wissenswelt um 1800 (in Jena) einen weiteren gewaltigen Schritt nach vorne getan hat.
Aus dieser Erkenntnis wurde in Jena vom 5. bis 7. November 2008 eine Tagung veranstaltet. Sie sollte die im Sonderforschungsbereich 482 erzielten Forschungsergebnisse resümieren und präsentieren und zugleich neue methodische Impulse und Anregungen für die Universitätsgeschichte und die Wissenschaftsgeschichte aufgreifen und einen Vergleich (Jenas) im nationalen Kontext anstreben. Der vorliegende Sammelband legt die insgesamt 16 Referate der Öffentlichkeit vor.
Nach einem kurzen Vorwort der Herausgeber eröffnet Hans-Werner Hahn den ersten Teil (Die Universität im Spannungsfeld der Gesellschaft um 1800) mit einem sachkundigen Überblick über die Rolle der Universität Jena in der deutschen Nationalbewegung, während andere Referenten sich den Beziehungen zur Gesellschaft, zur Öffentlichkeit, zum Staat, zu zeitgenössischen Wahrnehmungen, zur Professionalisierung medizinischer Berufsausübung oder der Irrengesetzgebung in Sachsen-Weimar-Eisenach widmen. Der zweite Teil des Bandes behandelt Universität und Wissenschaft in der Sattelzeit und geht dabei etwa auf die Naturwissenschaft in Jena vor 1850, auf das Knowing how, auf das Verhältnis zwischen Akademien, Sozietäten und Universitäten, auf Reform, Innov |
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Urkundenbuch der Bischöfe und des Domkapitels von Verden (Verdener Urkundenbuch, 1. Abteilung) Band 3 1380-1426, bearb. v. Mindermann, Arend (= Schriftenreihe des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden 39 = Veröffentlichungen der historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 260). Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden, Stade 2012. LXXXVIII, 1485 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In den Jahren 2001 und 2004 erschienen, bearbeitet durch Arend Mindermann (* 1961, seit 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden in Stade), die beiden ersten Bände des Urkundenbuchs der Bischöfe und des Domkapitels von Verden. Sie reichten von den Anfängen des vielleicht am Ende des 8. Jahrhunderts von Karl dem Großen während seines Kampfes gegen die Sachsen gegründeten, nur ein bescheidenes weltliches Hoheitsgebiet erreichenden Bistums bis zum Jahre 1380 und umfassten 772 und 1087 Nummern, die anfangs die Texte vollständig, angesichts der ständig wachsenden Überlieferung allmählich vielfach nur im Regest wiedergaben. Diese beeindruckende Leistung erweckte naturgemäß den Wunsch nach rascher Fortsetzung.
Diese ist dem Bearbeiter in erfreulich kurzer Zeit mit dem dritten Band auch tatsächlich gelungen, Er eröffnet die Urkunden vom Beginn des Pontifikats Bischof Johanns II. von Zesterfleth bis zum Rücktritt des Bischofs Heinrichs II. von Hoya. Aus diesen 46 Jahren, in denen sich fast ständig mehrere Geistliche gleichzeitig als rechtmäßige Bischöfe von Verden betrachteten und demgemäß Urkunden ausstellten, konnte der Bearbeiter insgesamt 951 Urkunden ermitteln, die er ganz überwiegend erstmals veröffentlicht.
In der kurzen Einleitung weist der Bearbeiter darauf hin, dass bei dem hier vorliegenden zweiten (?) Band des Urkundenbuchs der Bischöfe und des Domkapitels von Verden gegenüber dem 2001 erschienenen ersten Band und dem 20 |
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Urkundenbuch der Stadt Zwickau, bearb. v. Kunze, Jens/Stadtführer, Henning. Zweiter Teil Das älteste Stadtbuch 1375-1481, bearb. v. Kunze, Jens (= Codex diplomaticus Saxoniae 2 Die Urkunden der Städte und geistlichen Institutionen in Sachsen 20). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2012. XXVI, 503 S., 14 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urkundenbuch der Stadt Zwickau, bearb. v. Kunze, Jens/Stadtführer, Henning. Zweiter Teil Das älteste Stadtbuch 1375-1481, bearb. v. Kunze, Jens (= Codex diplomaticus Saxoniae 2 Die Urkunden der Städte und geistlichen Institutionen in Sachsen 20). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2012. XXVI, 503 S., 14 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Erstmals 1118 erscheint Zwickau im Tal der Zwickauer Mulde als ein territorium in einer im Kloster Bosau bei Zeitz von Bischof Dietrich I. von Naumburg ausgestellten Urkunde. Wohl wenig später verlagerte sich der Schwerpunkt dieses slawisch besiedelten Gebiets von dem Dorf Osterweih im Nordosten in den ältesten Siedlungsbereich der späteren Stadt Zwickau an der Kreuzung der Straßen von Halle nach Leipzig und von Krakau über Sachsen nach Süden. 1212 wird jedenfalls Zwickau als oppidum genannt.
In seiner kurzen und klaren Einleitung zu der am Lehrstuhl für sächsische Landesgeschichte der Universität Leipzig unter der Leitung Enno Bünzs in Angriff genommenen Ausgabe weist der Verfasser besonders darauf hin, dass in der zwischen 1290 und 1407 als Reichsstadt aufgestiegenen Siedlung außer einer umfangreichen Urkundenüberlieferung mehrere Stadtbücher erhalten sind. Davon enthält die repräsentative Pergamenthandschrift des Zwickauer Rechtsbuchs von 1348 das bereits 1941 von Günther Ulrich zusammen mit Hans Planitz edierte Zwickauer Stadtrecht. Ihm folgen die Papierhandschrift des 1352 begonnenen, bis 1536 reichenden Liber proscriptorum und das so genannte älteste Stadtbuch mit vermischten Einträgen ab 1375.
Dieses umfasst nach der sachkundigen Beschreibung des Herausgebers in ursprünglich zwei Teilen 217 geheftete Papierblätter, von denen 207 beschrieben sind, und zwei zugeheftete Einzelblätter. Die überwiegend in deutscher Sprache verfassten Eintragungen beginnen mit einer undatierten Verpfändung eines Ackers durch Claus Fullingast und enden (unter der Nummer 1085) mit einer Streitschlichtu |
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Urkundenbuch des Augustinerchorfrauenstiftes Dorstadt, bearb. v. Ohainski, Uwe (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 258 = Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Landesgeschichte 47). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 435 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urkundenbuch des Augustinerchorfrauenstiftes Dorstadt, bearb. v. Ohainski, Uwe (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 258 = Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Landesgeschichte 47). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 435 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Dorf Dorstadt liegt etwa 10 Kilometer südlich Wolfenbüttels am rechten Ufer der Oker. Das dortige Augustinerchorfrauenstift wurde von dem am 15. Februar 1189 verstorbenen edelfreien Arnold von Dorstadt auf einem Herrenhof gestiftet und wenig später von Bischof Adelog von Hildesheim bestätigt. Zwischen der Gründung und dem Jahr 1350 erlangte es insgesamt 241 Hufen Land, wurde aber am 6. März 1810 als Folge des Reichsdeputationshauptschlusses im Königreich Westphalen aufgehoben und gegen 330000 Francs an den Bankier Wilhelm Löbbecke aus Braunschweig verkauft, dessen Nachfahren das Stiftsgut bzw. Rittergut in Dorestadt noch in der Gegenwart bewirtschaften.
Planungen und Vorbereitungen einer Edition der Urkunden des Stiftes reichen bereits einige Zeit zurück. Ziel war es und ist es vor allem, die in Dorstadt vorhandenen Urkunden zusammen mit zwei dortigen Kopialbüchern durch den Druck vollständig und bequem der Allgemeinheit zugänglich zu machen und zugleich in ihrem Bestand möglichst dauerhaft zu sichern. Dem Herausgeber ist sehr für den erfolgreichen Abschluss seines gewichtigen Unternehmens zu danken.
Nach seinem kurzen einleitenden Vorwort gibt er einen geschichtlichen Überblick, schildert sein Auswahlprinzip, die Originalüberlieferung samt bisheriger Erschließung und Drucken, behandelt die insgesamt vier das Stift betreffenden kopialen Überlieferungen von 1329, vom Ende des 15. Jahrhunderts, aus dem 16. Jahrhundert und von 1614, beschreibt die vorgefundenen Siegel und Notarsignete, erklärt seine Bearbeitung und Textgestaltung und schließt Abkürzungen, Quellen und Literatur auf. Die Edition beginnt mit einer U |
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Urkundenbuch des Klosters Lüne, hg. v. Brosius, Dieter. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 737 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZIER 2 (2012) 33. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Urkundenbuch des Klosters Lüne, hg. v. Brosius, Dieter. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 737 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit einer nur abschriftlich überlieferten Urkunde bestätigte Bischof Hugo von Verden unter dem 9. Januar 1172 die Gründung einer Gemeinschaft geistlicher Frauen bei einer vor den Mauern Lüneburgs gelegenen, dem Lüneburger Michaeliskloster unterstehenden Jakobskapelle im Jahre 1171 durch die vielleicht der welfischen Ministerialenfamilie von Marmstorf zugehörige Hildeswidis, die ihr Eigengut in dem bisher nicht ermittelten Ort Nordburstold einbrachte. Eine monographische Gesamtdarstellung dieses Klosters fehlt bisher, so dass den besten Überblick Uta Reinhardt in Band 11 der Germania Benedictina (1984) bietet. Hierauf vor allem gründet sich der Herausgeber in seiner einführenden Einleitung.
Der in Visselhövede 1936 geborene Editor trat nach dem Studium der Geschichte und Germanistik in Hamburg, Tübingen und Göttingen (1957-1964) und der Promotion in den Archivdienst Niedersachsens ein. Er wirkte in Bückeburg, Hannover sowie Rom und leitete von 1989 bis 2001 das Hauptstaatsarchiv in Hannover. Literarisch ist er vor allem durch das Urkundenbuch der Stadt Celle (1996) und eine Geschichte Niedersachsens in Bildern, Texten und Dokumenten ausgezeichnet und damit für das vorliegende Werk hervorragend qualifiziert.
Mit dem vorliegenden Werk wird das in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Wilhelm von Hodenberg begonnene, 1979 mit dem Urkundenbuch des Klosters Scharnebeck wieder aufgenommene und seitdem mit mehreren Bänden fortgesetzte Lüneburger Urkundenbuch um ein wertvolles Stück bereichert. Es enthält alle greifbaren, dem Kloster provenienzmäßig zuzuordnenden 712 Urkunden zwischen Gründung und Reformation (1529, 10. April 1530 Verkauf einer Rente durch den Rat zu Lüneburg an den Konvent in Lüne), von denen 536 Originale aus dem Klosterarchiv stammen. Abgerundet wird die wertvolle, leider dem Rezensente |
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Urkundenbuch des Klosters Osterode, bearb. v. Boetticher, Manfred von/Busse. Detlef/Franke, Thomas u. a. (= Göttingen-Grubenhagener Urkundenbuch, Abteilung 6 = Veröffentlichung der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen Band 266). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2012. 346 S., 3 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urkundenbuch des Klosters Osterode, bearb. v. Boetticher, Manfred von/Busse. Detlef/Franke, Thomas u. a. (= Göttingen-Grubenhagener Urkundenbuch, Abteilung 6 = Veröffentlichung der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen Band 266). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2012. 346 S., 3 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Osterode in einem früh besiedelten Gebiet im Südharz wird im späteren 12. Jahrhundert erstmals erwähnt und könnte nach Ausweis seines Namens am Übergang vom Frühmittelalter zum Hochmittelalter entstanden sein, ohne dass ein Bezugspunkt für die Angabe der Himmelsrichtung Osten erkennbar ist. Die spätere Klosterkirche wird zum ersten Mal in einer Schutzurkunde Kaiser Ottos IV. aus dem Jahre 1217 genannt. Sie lag auf der so genannten Rollberghöhe, auf der im 12. Jahrhundert der Markt abgehalten worden war.
Ziel des vorliegenden Urkundenbuchs war die Edition eines weiteren im Hauptstaatsarchiv Hannover befindlichen Urkundenfonds. Wegen späterer Eingriffe in den Bestand des Klosterarchivs musste dabei das Fondsprinzip dahingehend abgeändert werden, dass unter dem Gesichtspunkt der Provenienz möglichst alle greifbaren Stücke zusammengefasst wurden, die einen Platz im Klosterarchiv haben müssten, wenn es nicht gestört oder umgestaltet worden wäre. Hierfür haben sich aus den Jahren zwischen 1217 und 1551 insgesamt 298 Stücke finden lassen.
Sie beginnen mit dem in Goslar am 1. Mai 1217 ausgestellten kaiserlichen Privileg und enden mit dem einen Wiederkauf ermöglichenden Verkauf einer jährlichen Rente aus den Einkünften der Stadt Osterode durch den Rat an das Kloster vom 14. August 1551. Die insgesamt acht Herausgeber haben in den Jahren von 2007 bis 2011 als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des niedersächsischen Landesarchivs unter Koordination des Hauptstaatsarchivs Hannover gemeinsam die Edition erarbeitet. In ihrer klaren Einleitung bieten sie eine Geschichte des Klosters, eine Geschichte des Kloster |
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Vademekum der Geschichtswissenschaften. Verbände, Organisationen, Gesellschaften, Vereine, Institute, Seminare, Lehrstühle, Bibliotheken, Archive, Museen, Dienststellen, Ämter, Verlage und Zeitschriften sowie Historiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 10. Ausgabe 2012/2013. Steiner, Stuttgart 2012. 684 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vademekum der Geschichtswissenschaften. Verbände, Organisationen, Gesellschaften, Vereine, Institute, Seminare, Lehrstühle, Bibliotheken, Archive, Museen, Dienststellen, Ämter, Verlage und Zeitschriften sowie Historiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 10. Ausgabe 2012/2013. Steiner, Stuttgart 2012. 684 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Je größer und vielfältiger ein Gegenstand ist und je differenzierter sich die Beschäftigung mit ihm entwickelt, desto wichtiger wird der Überblick. Die Geschichte wächst mit jeder Zeiteinheit und selbst wenn die universitäre Infrastruktur der Bildungslandschaft damit mangels erforderlicher öffentlicher Mittel nicht Schritt halten kann, nimmt die Geschichtswissenschaft insgesamt doch an Umfang zu. Deswegen ist ein Verzeichnis aller oder jedenfalls möglichst vieler ihrer Einrichtungen eine einleuchtende Notwendigkeit.
Sie hat der Franz Steiner Verlag bereits vor vielen Jahren erkannt und dementsprechend ohne besondere namentliche Kennzeichnung der bewegenden Kräfte 1994 eine erste Auflage eines Vademekum mit einem Geleitwort Lothar Galls vorgelegt. Sie hatte einen Umfang von 509 Seiten. Das Erscheinen einer zehnten Ausgabe nur zwölf Jahre später zeigt, dass damit ein dringendes Bedürfnis befriedigt wurde.
Die neue Auflage verzichtet auf einführende Worte und lässt sie für sich selbst sprechen. An der grundlegenden Gestaltung brauchte nichts geändert zu werden, wie überhaupt seit der ersten Auflage nur Verlage und Zeitschriften ausdrücklich besonders aufgenommen wurden. Umso bedeutsamer sind die zahlreichen einzelnen Abänderungen, welche der unabänderliche Lauf der Zeit mit sich gebracht hat und welche dem bedeutenden Werk seine besondere Aktualität und damit auch seinen herausragenden Wert verschaffen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Van Hall, Hans, Eijsden, een vriheid met Luikse stadsrechten. Een rechtshistorische schets van de ontwikkeling van een Minderstadt tussen Maas en Rijn (ca. 1300-ca. 1550). Verloren, Hilversum. 2011. 478 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Van Hall, Hans, Eijsden, een vriheid met Luikse stadsrechten. Een rechtshistorische schets van de ontwikkeling van een Minderstadt tussen Maas en Rijn (ca. 1300-ca. 1550). Verloren, Hilversum. 2011. 478 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Eijsden liegt an der Maas im äußersten Süden der niederländischen Provinz Limburg zwischen Maastricht und den belgischen Orten Voeren und Visé. Es war mit rund 11500 Einwohnern bis zum 31. Dezember 2010 eine eigene Gemeinde. Zum 1. Januar 2011 wurde es mit Margraten zur neuen Gemeinde Eijsden-Margraten vereinigt.
Der 1949 geborene Verfasser wurde im niederländischen Recht an den Universitäten Utrecht und Nimwegen ausgebildet. Danach war er als Archivar am Regionaal Historisch Centrum Limburg und am Social Historisch Centrum voor Limburg tätig. Das vorliegende Werk ist die ungekürzte Ausgabe seiner von der juristischen Fakultät der Universität Maastricht angenommenen rechtswissenschaftlichen Dissertation.
Sie gliedert sich nach Vorwort und Einleitung in insgesamt sechs Abschnitte. Sie betreffen die politische Anfangsentwicklung des Umfeldes, die von Lüttich beeinflusste Freiheit Eijsden mit ihren städtischen Merkmalen, die Schöffenbank, Gewohnheitsrecht und Rechtsetzung, ausgewählte Bereiche der Rechtspraxis (Strafrecht, Familienvermögensrecht, Schuldrecht, Verfahrensrecht) und das Verhältnis von Stadtbegriff und Freiheit Eijsden. Am Ende seiner detaillierten, sorgfältigen und weiterführenden Untersuchung bietet der Verfasser mehrsprachig gut verständliche Zusammenfassungen seiner vielfältigen, besonders für die Stadtrechtsgeschichte wertvollen Ergebnisse und einen Abdruck des von ihm verwerteten, in 125 Einheiten gegliederten mittelniederländischen Textes des Vrijheidsboeks mit Übersetzung.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Verdrängte Jahre. Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938-1945. Foyer der ÖBB Infrastruktur - neben dem Bahnhof Praterstern bis zum 30. September (2012). Begleitbroschüre 2012. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Verdrängte Jahre. Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938-1945. Foyer der ÖBB Infrastruktur - neben dem Bahnhof Praterstern bis zum 30. September (2012). Begleitbroschüre 2012. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als der Reichspräsident des Deutschen Reiches am 30. Januar 1933 den Vorsitzenden der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands zum Reichskanzler ernannte, konnte jedermann wissen, dass Hitler vieles anders machen wollte als bisher und zwar nationalsozialistischer. Das erwarteten seine zahlreichen Wähler und darüber hinaus zusätzliche Sympathisanten auch von ihm. Wie angekündigt, verwirklichte er seine radikal nationalsozialistische Politik ohne große Rücksicht auf andere und zum Schaden vieler.
Dabei griff er in alle bestehenden Lebensbereiche entschieden durch zahlreiche detaillierte Maßnahmen ein. Insbesondere bediente er sich zur Verwirklichung seiner totalen politischen Ziele auch aller vorhandenen staatlichen Einrichtungen. Dies hatte etwa zur Folge, dass die österreichischen Staatsbahnen nach dem Anschluss der Republik Österreich an das Deutsche Reich zwischen 1938 und 1945 ein mitlaufendes Rädchen im nationalsozialistischen Getriebe auf dem Wege zum allseitigen Sieg wurden.
Nach vielen Jahren beziehen die 1950 neu gegründeten Österreichischen Bundesbahnen unter Beratung durch Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien zu den damaligen, vielfach rechtswidrigen Vorgängen mittels einer vergänglichen Ausstellung öffentlich Position. Sie nehmen dadurch unter dem Druck der allgemeinen Meinung die bisherige Verdrängung der Mitwirkung der Beteiligten an der nationalsozialistischen Herrschaft als unangemessen wahr. Vielleicht kann der verbleibende Ausstellungskatalog Anstoß für eine vertiefende wissenschaftliche Untersuchung sein.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Verfahren der Zusammenarbeit von Verwaltungsbehörden in Europa, hg. v. Holoubek, Michael/Lang, Michael. Linde, Wien 2012. 392 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Verfahren der Zusammenarbeit von Verwaltungsbehörden in Europa, hg. v. Holoubek, Michael/Lang, Michael. Linde, Wien 2012. 392 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Spätestens seit 1951 rücken viele Staaten in Europa zueinander und rund 60 Jahre danach stellt sich mit gewisser Dringlichkeit sogar die Frage der Vergemeinschaftung mitgliedstaatlicher Schulden. Über die Lösung ist zwar noch nicht entscheiden, aber vieles deutet daraufhin, dass die Rettung der Europäischen Union ein höheres Maß an Zusammenarbeit erfordern wird als bisher. Deswegen behandelt der vorliegende Band einen sehr aktuellen Themenbereich.
Erwachsen ist er aus einem am 18. und 19. November 2010 an der Wirtschaftsuniversität Wien abgehaltenen Symposion. Er beruht organisatorisch auf der seit langer Zeit bewährten Zusammenarbeit zwischen den Instituten für österreichisches und europäisches öffentliches Recht und für österreichisches und internationales Steuerrecht, die von den Vereinen Institut für österreichisches und europäisches Wirtschaftsrecht und Forschungsförderungsverein Wirtschaftsrecht sowie vom Jubiläumsfonds der österreichischen Nationalbank unterstützt wurde. Insgesamt umfasst er 18 Beiträge, von denen die Hälfte von Angehörigen der Wirtschaftsuniversität Wien geleistet wurde.
Beispielsweise schildert Wolfgang Kahl Typen und Formen von Verbundsystemen und Netzwerkstrukturen europäischer Behördenkooperationen, während Georg Lienbacher sich mit zugehörigen verfassungsrechtlichen Problemen und Ekkehart Reimer mit völkerrechtlichen und europarechtlichen Rahmenbedingungen befassen. Von besonderer Bedeutung sind steuerrechtliche Fragen, für die etwa Amtshilfe, Informationsaustausch, Parteiengehör, Geheimnisschutz oder Beweisverwertungsverbote und Rechtsschutz untersucht werden. Al Ergebnis lassen sich zumindest bereits allgemeine Grundsätze eines europäischen Verfahrens der Verwaltungskooperation vorlegen, so dass der Band insgesamt eine ansprechende akt |
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Verfassungsgeschichte aus internationaler und diachroner Perspektive, hg. v. Arlinghaus, Franz-Josef/Hucker, Bernd Ulrich/Kotte, Eugen. Meidenbauer, München 2010. 239 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Verfassungsgeschichte aus internationaler und diachroner Perspektive, hg. v. Arlinghaus, Franz-Josef/Hucker, Bernd Ulrich/Kotte, Eugen. Meidenbauer, München 2010. 239 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Band vereinigt Vorträge von Referenten aus Bielefeld, Berlin, Osnabrück, Oldenburg, Vechta, Frankfurt am Main, Braunschweig und Wolfenbüttel, die im Rahmen der historischen Ringvorlesung Probleme europäischer Verfassungsgeschichte des Instituts für Geschichte und historische Landesforschung (Abteilung Kulturgeschichte und vergleichende Landesforschung) der Universität Vechta im Wintersemester 2008/2009 gehalten wurden. Teilweise bedienen sie sich historisch-kulturwissenschaftlicher Ansätze. Damit wollen die Verfasser eine rein rechtsgeschichtliche oder ereignisgeschichtliche Perspektive in produktiver Weise überschreiten.
Insgesamt sind zehn Untersuchungen einbezogen. Dabei beginnt Helwig Schmidt-Glintzer mit einer Studie über den Menschen in Harmonie zwischen Himmel und Erde am Beispiel der Verfassungen in China in Vergangenheit und Gegenwart. Das Werk endet mit Ralf Häusslers Plädoyer für die Basisdemokratie auf Grund des demokratischen Experiments Athen.
Dazwischen werden Verfassungsentwicklungen von der Monarchie zur Republik, Probleme des Habsburger Reiches in der Mitte des 19. Jahrhunderts, die calenbergische Nation, der Staatsgründungsprozess der Vereinigten Staaten von Amerika, die Raumgestalt des Politischen in den mittelalterlichen Städten Florenz und Dortmund, das Königtum im mittelalterlichen Norwegen, das Herz Heinrichs III. oder Königtum, Krieg und Historiographie im Frühmittelalter angesprochen. Möge es der internationalen und diachronen Perspektive des Bandes gelingen, auch ohne ein hilfreiches Sachregister reiche Frucht aus Vechta nach Europa zu tragen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Vertriebenes Recht - vertreibendes Recht. Zur Geschichte der Wiener Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zwischen 1938 und 1945, hg. v. Meissel, Franz-Stefan/Olechowski, Thomas/Reiter-Zatloukal, Ilse/Schima, Stefan (= Juridicum Spotlight 2). Manz, Wien 2012. XIII, 409 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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2010 erschien im Verlag Manz „Juridicum Spotlight“ als Diskussionsforum der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien mit der Anmerkung der jährlichen Erscheinungsweise. Als zugehörige Publikation verzeichnet ein Bibliothekskatalog Armut und Recht mit den beteiligten Personen Richard Potz, Emmerich Tálos, Eva Maria Maier, Thomas Simon und Michael Landau. Dem folgt nunmehr unter einem zum Nachdenken auffordernden gespaltenen Titel eine Sammlung interessanter und weiterführender Studien zur Geschichte der Wiener Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zwischen 1938 und 1945, die im Sommersemester 2009 in einer Ringvorlesung vorgetragen wurden.
Wie das kurze Vorwort des Dekans präzise ausführt, zwingen die Beiträge geradezu exemplarisch auf, welche dramatischen Verluste die nationalsozialistische Machtübernahme für praktisch alle Fächer in jeder Hinsicht mit sich gebracht hat. Damit wird ein bereits 1988 mittels einer Lehrveranstaltung freigegebener Blick auf Rechtsetzung und Rechtswissenschaft in Österreich unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, der unter dem Titel Nationalsozialismus und Recht veröffentlicht wurde, in beeindruckender Weise fortgesetzt Der neue Band beschreibt einerseits das Leben einzelner Wiener Rechtsgelehrter und erfasst andererseits auch die Studienbedingungen, die allgemeine Lage und die nationalsozialistische Beeinflussung einzelner Rechtsbereiche an diesem Ort zu dieser Zeit.
Nach einer Einleitung Stefan Schimas bietet das gehaltvolle Werk insgesamt 15 eindringliche Studien. Sie betreffen die Juristenausbildung in Österreich unter dem NS-Regime (Ilse Reiter-Zatloukal), |
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Vierzig (40) Jahre Datenschutz in Hessen, hg. v. Kartmann, Norbert/Ronellenfitsch, Michael. Nomos, Baden-Baden 2012. 81 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Nutzung festgelegter Codes zur Nachrichtenvermittlung eröffnete unter Anderem bereits ab 1837 das Morsen. Die immer bessere Beherrschung der Elektrizität durch den Menschen ermöglichte dabei in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Entwicklung elektronischer Rechner zur Bearbeitung großer Datenmengen. Die hierfür zunehmend verwendete Überführung kontinuierlicher Größen in abgestufte Werte als Binärcode bewirkte, dass etwa zwischen 1993 und 2007 der Anteil der weltweiten digitalen Informationskapazität von 3 Prozent auf 97 Prozent stieg und die analoge Informationskapazität entsprechend sank.
Das rasante Ausmaß dieser Entwicklung konnte im Jahre 1970 niemand vorhersehen. Gleichwohl verabschiedete der Landtag Hessens in bewundernswerter Schnelligkeit am 7. Oktober 1970 weltweit das erste Gesetz zum Schutz von Daten vor Missbrauch durch Menschen. Wenige Zeit später wählte der Landtag Willi Birkelbach am 8. Juni 1971 zum hessischen Datenschutzbeauftragten und damit gleichzeitig zum ersten Datenschutzbeauftragten der Welt.
Anlässlich des vierzigsten Jahrestages des hessischen Datenschutzgesetzes fand daher zu Recht eine besondere Festveranstaltung Hessens statt. Auf ihr referierten als Datenschutzbeauftragte über ihre jeweilige Amtszeit die bekannten Juristen Spiros Simitis (1975-1991), Rainer Hamm (1996-1999), Friedrich von Zezschwitz /1999-2003) und Michael Ronellenfitsch (ab 18. 9. 2003). Ihre jeweiligen Bilanzen über Aufgaben und Leistungen, Gefahren und Möglichkeiten zeigen eindringlich an Hand vieler wichtiger, einprägsamer und gut verständlicher Beispiele, wie notwendig der Datenschutz im Interesse aller ist, wie viel dabei bereits erreicht wurde und wie viel umgekehrt aber noch zu leisten sein wird
Innsbruck |
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Vitoria, Francisco de, De iustitia - Über die Gerechtigkeit, Teil 1, hg., eingeleitet und ins Deutsche übersetzt von Stüben, Joachim. Mit einer Einleitung v. Duve, Thomas (= Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit, Reihe 1 Texte, Band 3). frommann-holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 2013. CXII, 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der vielleicht in Burgos zwischen 1483 und 1493 geborene Francisco de Vitoria wurde nach dem Studium von Philosophie und Theologie in Paris spätscholastischer Theologielehrer in Paris (1512), Valladolid (1523) und Salamanca (1526), wo er unter Verwendung der Summa theologiae des Thomas von Aquin die Schule von Salamanca begründete. Seine im Laufe seines Wirkens gefundenen Erkenntnisse sind im Einzelnen so bedeutsam, dass sie auch noch in der Gegenwart die Aufmerksamkeit von Bewunderern, Übersetzern und Verlegern finden. Auf Grund der im Gefolge der längeren Druckzeit eingetretenen Veränderungen kann der Herausgeber nur in einigen Zeilen wenigstens auf die interessante, vornehm ausgestattete Neuerscheinung hinweisen.
Joachim Stüben ist Bibliotheksleiter im Bibliotheks- und Medienzentrum der Nordkirche in Hamburg. 1990 legte er in Hamburg eine Dissertation über das Heidentum im Spiegel von Heilsgeschichte und Gesetz vor, in deren Mittelpunkt die paganitas im Werk des Ambrosiaster steht. Bereits vorher gab er 1985 mit Rainer Hering eine Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der nordelbischen Kirchenbibliothek heraus, später 2006 mit Heinz-Gerhard Justenhoven eine Quellensammlung zur politischen Ethik der spanischen Spätscholastik unter dem Titel: Kann Krieg erlaubt sein? Dem folgte 2009 die Edition und Übersetzung von Vitorias Schrift De lege, so dass er wohl als einer der besten deutschen Sachkenner Vitorias eingeordnet werden kann.
Ausgangspunkt des vorliegenden Werkes ist die Kommentierung der ersten fünf Quästionen des die iustitia betreffenden Traktats der Sum |
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Vogler, Bernard, Geschichte des Elsass (= Urban-Taschenbuch 719). Kohlhammer, Stuttgart 2012. 226 S., Abb., Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vogler, Bernard, Geschichte des Elsass (= Urban-Taschenbuch 719). Kohlhammer, Stuttgart 2012. 226 S., Abb., Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
Eingegrenzt von Pfälzerwald, Vogesen, Burgundischer Pforte, Jura und dem Rhein im Zentrum Europas liegend, bildet das 190 Kilometer lange und nur 50 Kilometer breite Elsass mit einer Fläche von 8280 Quadratkilometern die kleinste Region Festlandfrankreichs. Im Lauf der Geschichte gelangte dieses in die Départements Bas-Rhin/Niederrhein (Straßburg) und Haut-Rhin/Oberrhein (Colmar) unterteilte Gebiet nur viermal zu administrativ-politischer Einheit: als elsässisches Herzogtum der Etichonen (640 – 740), als französische Provinz Elsass (1680 – 1789), als deutsches Reichsland (1871 – 1918) und als dezentralisierte Region seit 1973. Vor allem Straßburg, Sitz des Europarats, des Europäischen Parlaments und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dokumentiert den Stellenwert, den dieser einst zwischen Frankreich und Deutschland hart umkämpfte und von nationalen Machtinteressen zerrissene Grenzraum heute als europäische Region einnimmt.
Bernard Vogler, emeritierter Ordinarius für elsässische Landesgeschichte der Universität Straßburg, hat in den 1990er Jahren und zuletzt 2003 mehrere Darstellungen zur Geschichte des Elsass in französischer Sprache veröffentlicht und gibt nun auf den etwas mehr als 200 Seiten des vorliegenden Bändchens in konventioneller Erzählweise einen Überblick über die politischen, religiösen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen des Raumes. An diesen Strukturen werden die verschlungenen Pfade deutlich, welche die Ausbildung und das Bewusstsein einer wie auch immer gearteten elsässischen Identität ebenso förderten wie hemmten.
Die Ersterwähnung des Elsass fällt ins 7. Jahrhundert, wo beim Chronisten Fredegar(ius) um 613 die Bezeichnung Alesaciones für „den Raum zwischen der Burgundischen Pforte und dem Hagenauer Forst“ (S. 36) auftaucht, woraus |
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Volk, Rainer, Das letzte Urteil. Die Medien und der Demjanjuk-Prozess (= Zeitgeschichte im Gespräch 14). Oldenbourg, München 2012. 140 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Volk, Rainer, Das letzte Urteil. Die Medien und der Demjanjuk-Prozess (= Zeitgeschichte im Gespräch 14). Oldenbourg, München 2012. 140 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Sachkundigen Schätzungen zufolge waren es mindestens 150.000, vielleicht auch bedeutend mehr mit Masse jüdische Menschen, die im Zeitraum von Frühjahr 1942 bis Herbst 1943 der Mordmaschinerie des in Polen gelegenen Vernichtungslagers Sobibór zum Opfer fielen. Die deutschen Betreiber bedienten sich in der Ausführung dieser Verbrechen der Hilfsdienste sogenannter „Wachmänner“ vielfach ukrainischer Nationalität, die, unter bis heute im Einzelfall nicht restlos geklärten Umständen (Freiwilligkeit bis Zwangsverpflichtung) rekrutiert, im SS-Ausbildungslager Trawniki auf ihren Dienst vorbereitet und nach ihrer Indienststellung als „Hilfswillige“ (Hiwi) oder eben „Trawniki“ entsprechend zum Einsatz gebracht wurden. Ihnen soll auch John (Iwan) Demjanjuk, Jahrgang 1920, angehört haben, dem aufgrund dieser Annahme vom 30. November 2009 bis zum 12. Mai 2011 vor der 1. Strafkammer des Landgerichts München II unter dem Vorwurf der Beihilfe zum Mord in mindestens 27.900 Fällen der Prozess gemacht wurde; das Verfahren endete nach 93 Verhandlungstagen mit der Verurteilung des Angeklagten zu fünf Jahren Freiheitsentzug, doch verstarb dieser bereits am 17. März 2012, noch bevor es zu einer Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) mit einem rechtskräftigen Urteil kommen konnte.
Rainer Volk hat als Hörfunkredakteur des Bayerischen Rundfunks (BR) den Prozess während der gesamten Verhandlungsdauer begleitet und seinen Verlauf in Form eines sogenannten Logbuchs protokolliert. Diese Notizen bilden, neben Angelika Benz‘ ausführlicherem, ebenfalls auf Mitschriften gründendem Prozessbericht „Der Henkersknecht“ (2011) und der Rezeption in verschiedenen gehobenen Printmedien, vornehmlich der „Süddeutschen Zeitung“, Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und des „Spiegel“, die Materi |
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Völkerrecht und Weltwirtschaft im 19. Jahrhundert, hg. v. Klump, Rainer/Vec Miloš (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 26). Nomos, Baden-Baden 2012. 271 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Völkerrecht und Weltwirtschaft im 19. Jahrhundert, hg. v. Klump, Rainer/Vec Miloš (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 26). Nomos, Baden-Baden 2012. 271 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Werk ist das Ergebnis einer in den Räumen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main im September 2009 abgehaltenen Tagung, die durch das Frankfurter Exzellenzcluster 243 „Formation of Normative Orders“ angeregt wurde. Sie widmete sich der Frage, welche Auswirkung die Ausbildung der Weltwirtschaft als Folge vor allem der verbesserten Transportinfrastruktur auf Recht und Ökonomie hatte. Unterstützt wurde sie vor allem durch Mitglieder der Projektgruppe Das Völkerrecht und seine Wissenschaft am Max-Planck-Institut.
In das mit großen Erwartungen zu verbindende, interdisziplinäre Projekt führen zunächst die Herausgeber geschickt und zielführend in die im 19. Jahrhundert zu beobachtende positive Entwicklung von Wisse3nschaft und wirtschaft ein, wobei sie bereits eingangs besonders darauf hinweisen, dass das Wort Weltwirtschaft 1776 von dem Darmstädter Publizisten Johann Heinrich Merck erstmals verwendet wurde. Dieser Einleitung folgen danach insgesamt elf Referate. Sie gliedern sich in drei Abschnitte über die Ordnung der Weltwirtschaft im 19. Jahrhundert, Handelsverträge und ihre Wirkungen in außereuropäischen Regionen (Japan, China, La-Plata-Staaten) sowie Wirtschaftsbeziehungen und internationale Konflikte (Abolitionismus, Exterrritorialität, Ausnahmezustand).
Am Beginn steht Bertram Schefolds Untersuchung über die Bedeutung des Freihandels in wirtschaftstheoretischen Debatten in Deutschland während des 19. Jahrhunderts. Dem folgen Untersuchungen über das Werk des russischen Juristen Friedrich Martens, über normative Grundlagen, über staatliche Handels- und Finanzintegration um 1900, deutsche Handelspolitik vor 1914 und die Meistbegünstigungsklausel im 19. Jahrhundert. Deutsche und englische Zusam |
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Vom Diener des Fürsten zum Diener des Rechts. Zur Stellung des Richters im 19. Jahrhundert = Del servicio al Rey al servicio de la Justicia - el cargo de juez en el siglo decimonónico, hg. v. Czeguhn, Ignascio/Sanchéz Aranda, Antonio (= Edition Rechtskultur - Schriften zur europäischen Justizgeschichte im 19. Jahrhundert). Gietl, Regenstauf 2011. 137 S. Besprochen von Reinhard Schartl. |
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Der 2008 gegründete Forschungsverbund zur Europäischen Justizgeschichte richtete am 26./27. November 2009 an der juristischen Fakultät der Universität Granada einen Kongress unter dem Titel „Justizverwaltung und Judikative in Europa 1808-1871“ aus, bei dem der größte Teil der in dem zu besprechenden Band teils in Deutsch, teils in Englisch und Spanisch publizierten Beiträge als Vorträge gehalten wurde. Martin Löhnig stellt in dem Beitrag „Zur Stellung des Richters im Frühkonstitutionalismus“ die Entwicklung der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit des Richters in den Königreichen Bayern und Württemberg sowie im Großherzogtum Baden im beginnenden 19. Jahrhundert dar. Sie wurde nicht nur durch die französischen Verfassungen beeinflusst, die schon 1791 und 1799 die Unabsetzbarkeit der Richter anordneten, sondern auch durch die Einschränkung der beliebigen Entlassung in der reichskammergerichtlichen Rechtsprechung. In Bayern wurde sodann 1805 bestimmt, dass der Richter nur unter Beibehaltung seiner Dienstbezüge in den Ruhestand versetzt werden konnte. Die sachliche Unabhängigkeit regelten – was nach Ansicht des Verfassers in der Literatur nicht ausreichend gewürdigt wird – bereits die bayerischen Verfassungen von 1808 und 1818, indem sie außerhalb des Gnadenerweises Eingriffe des Königs ausschlossen. In Baden entsprach der Verfassungsentwurf von 1808 nahezu der bayerischen Lösung. Die erst 1818 in Kraft getretene Verfassung garantierte die persönliche Unabhängigkeit selbst nicht, sie findet sich aber in einem Constitutionsedict. Die württembergische Verfassu |
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Von der religiösen zur säkularen Begründung staatlicher Normen. Zum Verhältnis von Religion und Politik in der Philosophie der Neuzeit und in rechtssystematischen Fragen der Gegenwart, hg. v. Siep, Ludwig/Gutmann, Thomas/Jakl, Bernhard/Städtler, Michael. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. X, 336 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Von der religiösen zur säkularen Begründung staatlicher Normen. Zum Verhältnis von Religion und Politik in der Philosophie der Neuzeit und in rechtssystematischen Fragen der Gegenwart, hg. v. Siep, Ludwig/Gutmann, Thomas/Jakl, Bernhard/Städtler, Michael. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. X, 336 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verwendung besonderer öffentlicher Mittel bedarf besonderer öffentlicher Rechtfertigung. Dies gilt insbesondere für Exzellenzcluster und damit verknüpfte Forschungsprojekte. Aus diesem Grunde fand in Münster vom 22. bis 24. Oktober 2009 eine Tagung des Exzellenzclusters Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne statt, die einer gemeinsamen Fragestellung der Forschungsprojekte Normenbegründung im pluralistischen Staat (Thomas Gutmann) und der Staat als weltliches Absolutes in der politischen Philosophie der Neuzeit (Ludwig Siep) galt, deren Beiträge der vorliegende Band der Allgemeinheit zugänglich macht.
Vereint sind dabei insgesamt dreizehn Studien. Dabei legt nach einer ausführlichen Einleitung der vier Herausgeber Robert Audi (University of Notre Dame) die säkularen und religiösen Grundlagen normativer Standards dar und behandelt in diesem Zusammenhang Liberalismus, Naturalismus und Rationalismus in der politischen Philosophie. Dem schließen sich je drei philosophisch-historische Perspektiven und rechtssystematische Perspektiven an, wobei jeweils zwei Beiträger sich mit einem Gegenstand befassen, so dass sehr konkrete ansprechende Diskussionsmöglichkeiten entfaltet werden.
Philosophisch-historisch geht es um Naturrecht, positives Gesetz und Herrscherwille bei Thomas von Aquin und Wilhelm von Ockham, um Staatssouveränität und unveräußerliche Grundrechte bei Thomas Hobbes und John Locke sowie um Vernunftrecht und Geschichte bei Immanuel Kant und Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Rechtssystematisch werden die Fragen gestellt, was der liberale Rechtsstaat schützt, wie absoluter Gru |
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Von Goethe zu Google. Geistiges Eigentum in drei Jahrhunderten, hg. v. Götz von Olenhusen, Irmtraut/Götz von Olenhusen, Albrecht in Verbindung mit dem Projektseminar Ausstellung zur Geschichte des Nach- und Raubdrucks vom 18. Jahrhundert bis zur digitalen Revolution des Instituts für Geschichtswissenschaften Lehrstuhl VII der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Düsseldorf University Press, Düsseldorf 2011. 261 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Von Goethe zu Google. Geistiges Eigentum in drei Jahrhunderten, hg. v. Götz von Olenhusen, Irmtraut/Götz von Olenhusen, Albrecht in Verbindung mit dem Projektseminar Ausstellung zur Geschichte des Nach- und Raubdrucks vom 18. Jahrhundert bis zur digitalen Revolution des Instituts für Geschichtswissenschaften Lehrstuhl VII der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Düsseldorf University Press, Düsseldorf 2011. 261 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Johann Wolfgang von Goethe steht weltweit als Sinnbild für den genialen Dichter, doch ist er auch dafür bekannt geworden, dass er sich um seine Rechte an seinen Werken sorgte und erbittert um ihre Wahrung stritt. Die Suchmaschine Google setzt sich demgegenüber mit ihrem bahnbrechenden Projekt Google-Books im Grunde dafür ein, dass alle jemals gedruckten Erzeugnisse weltweit jedermann überall und jederzeit zur Verfügung stehen und zwar im Zweifel umsonst, weil die Betreiber ihre dafür aufzuwendenden Vermögen anderweitig von den Verbrauchern eintreiben. Insofern ist der Weg von Goethe zu Google ein weiter und ringen, wie auf dem Umschlagbild zum Ausdruck gebracht, viele wilden Kräfte dabei um einen zentralen Wert.
Wie die dem kurzen, die jüngere Entstehungsgeschichte dieser Auseinandersetzung prägnant zusammenfassenden Vorwort Irmgard Sieberts von der Universitäts- und Landesbibliothek folgende Einführung der Herausgeberin zu entnehmen ist, präsentiert die Ausstellung zum geistigen Eigentum - vom Nachdruckerzeitalter bis zum Cyberspace die Ergebnisse eines Projekt-Seminars am Institut für Geschichtswissenschaften VII - Lehrstuhl für neuere und neueste Geschichte der Universität Düsseldorf im Studienjahr2009/2010, wobei Konzept, Inhalte und Texte wesentlich von und mit (12) Studierenden entwickelt und geschrieben wurden. Insgesamt umfasst der griffige Band 18 Studien, die auch von anderer Seite beigesteuert wurden. So hat sich etwa Hannes Siegrist kenntnisreich mit dem Wandel des Urheberrech |
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Voting for Hitler and Stalin. Elections under 20th Century Dictatorships, hg. v. Jessen, Ralph/Richter Hedwig. Campus, Frankfurt am Main 2011. 349 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Voting for Hitler and Stalin. Elections under 20th Century Dictatorships, hg. v. Jessen, Ralph/Richter Hedwig. Campus, Frankfurt am Main 2011. 349 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der vorliegende Sammelband befasst sich mit der Frage, warum in Diktaturen des 20. Jahrhunderts Wahlen abgehalten werden, wo doch der Wille des Volkes bewusst grundsätzlich nicht beachtet wird. Der ausführlichen Behandlung dieser Thematik diente eine in Köln 2009 abgehaltene Tagung. Die dortigen Erkenntnisse veröffentlichen die organisierenden Herausgeber nach einer Einleitung, in der sie grundlegende Fragen aufwerfen und allgemeine Überlegungen anstellen.
Erfasst sind insgesamt dreizehn Beiträge. Sie sind in die drei Abteilungen Legitimacy, Discipline sowie Dissent and Loyalty gegliedert. Ihre Verfasser sind in Gießen, Siena, Pescara, der Carnegie Mellon University, München, Köln, Bielefeld, Dublin, Hamburg, Dresden, Greifswald (Richter), Leeds, Newark/Ohio und Nürnberg tätig.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen die nationalsozialistische Herrschaft im Deutschen Reich, die Sowjetunion und die Deutsche Demokratische Republik. Einbezogen werden aber auch Italien, die Tschechoslowakei und Zentralasien. Im Ergebnis gelangen die Bearbeiter des durch einen Index von absentee certificate bis Zimbabwe erschlossenen Werkes zu vielfältigen Detailerkenntnissen, zu denen etwa auch zählt, dass pseudodemokratische Wahlen in Diktaturen nicht nur der der reinen Propaganda oder der Machtausübung der Herrschenden dienen, sondern auch in gewisser Weise die Aufgabe des Gesprächs zwischen Herrschenden und Beherrschten übernehmen können.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Vrba, Rudolf, Ich kann nicht vergeben. Meine Flucht aus Auschwitz. Aus dem Englischen von Ruschmeier, Sigrid/Walitzek, Brigitte, mit einem Vorwort von Klarsfeld, Beate. Schöffling Verlagsbuchhandlung, Frankfurt am Main 2010. 496 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vrba, Rudolf, Ich kann nicht vergeben. Meine Flucht aus Auschwitz. Aus dem Englischen von Ruschmeier, Sigrid/Walitzek, Brigitte, mit einem Vorwort von Klarsfeld, Beate. Schöffling Verlagsbuchhandlung, Frankfurt am Main 2010. 496 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Topol’čany wurde am 11. September 1924 in einer jüdischen Familie Walter Rosenberg geboren. Bis August 1940 kann er das Gymnasium in Bratislava besuchen und dann nach seinem aus rassistischen Gründen vollzogenen Ausschluss als Hilfsarbeiter arbeiten, flieht jedoch aus der 1938 unabhängig gewordenen Slowakischen Republik nach Ungarn, von wo aus er zurückgeschoben und in das Lager Nováky und später Majdanek und Auschwitz gebracht wird. Am 7. April 1944 floh er mit Alfréd Wetzler aus Auschwitz-Birkenau, schloss sich den Partisanen an und wurde nach dem Krieg und dem Studium von Chemie und Biochemie schließlich Professor für Pharmakologie in Vancouver.
Seine schrecklichen Erlebnisse wurden 1963 in London erstmals unter dem Titel I cannot forgive.veröffentlicht und 1964 in das Deutsche übersetzt. Dem folgte in London 2002 eine durchgesehene und um ein Vorwort erweiterte Ausgabe unter dem Titel I escaped from Auschwitz. Sie ist die Grundlage einer Übersetzung durch Brigitte Walitzek und Sigrid Ruschmeier, in der die Darstellung in insgesamt siebzehn Kapitel gegliedert erscheint.
Sie beginnen mit dem Verstummen der Musik, das mit dem 17. Juli 1942 einsetzt, und beschreiben den Weg von einer normalen Kindheit in ein anormales Grauen. Dort kann sich zwar auch der Status dann und wann etwas verbessern, doch erweist sich selbst das Vergasen von Menschen als nicht so einfach und führt das Verhalten von Deutschen zu der niederschmetternden Erfahrung, nie einem von ihnen zu trauen. Nur zu nahe liegt dann die Entscheidung, dem schlimmsten Feind nicht zu vergeben, bzw. die Erkenntnis, gar nicht vergeben zu können und das erlebte Unrecht allen zu sagen, damit jeder detailge |
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Wadle, Elmar, Beiträge zur Geschichte des Urheberrechts. Etappen auf einem langen Weg (= Schriften zum bürgerlichen Recht 425). Duncker & Humblot, Berlin 2012. 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wadle, Elmar, Beiträge zur Geschichte des Urheberrechts. Etappen auf einem langen Weg (= Schriften zum bürgerlichen Recht 425). Duncker & Humblot, Berlin 2012. 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Geschichte der Menschheit ist neben einer Geschichte von Zügen, Kriegen oder Bauten auch eine Geschichte der Gedanken, Einfälle und Erfindungen. Sie wurden zwar von Anfang an entsprechend ihrem Nutzen für andere von diesen geschätzt und vielleicht auch nachgeahmt oder übernommen. Eigentlich wurden sie aber sehr lange rechtlich nicht geschützt und in ihrem Wert auch nicht irgendwie wirtschaftlich ausgeglichen, bis mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern der Aufstieg der Urheberrechts begann, dessen Ende auch in der Gegenwart noch nicht wirklich abzusehen ist.
Elmar Wadle hat sich seiner unmittelbar nach seiner Dissertation über Reichsgut und Königsherrschaft unter Lothar III. (1125-1137) besonders angenommen. Bereits seine große Habilitationsschrift über die Geschichte und Gestalt des deutschen Markenschutzes erweist ihn als vorzüglichen Kenner des lange zu Unrecht völlig vernachlässigten Immaterialgüterrechts. Seitdem hat er zahlreiche interessante Einzelstudien zum Urheberrecht vorgelegt, deren erste Zusammenfassung in einem Sammelband mit dem Titel historische Studien zum Urheberrecht im Jahre 1993 erfolgen konnte.
Nach weiteren wichtigen Sammlungen von Arbeiten aus anderen Forschungsbereichen liegt nunmehr ein zweiter, insgesamt 20 Beiträge zur Geschichte des Urheberrechts an einer gut erreichbaren Stelle vereinender Sammelband vor. Seine kostbaren Einzelstücke sind zeitlich von den Anfängen des Urheberrechts bis zu seiner verbalen Erfassung gespannt, berühren örtlich große Teile Europas und schaffen sachlich in jedem Fall eine Vielzahl neuer, bedeutsamer Erkenntnisse. Möge dem Verfasser die Kraft gegeben sein, seine Überlegungen noch lange fortzusetzen und im Idealfall zu einer abgerundeten Gesamtgesc |
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Waibel, Harry, Diener vieler Herren. Ehemalige NS-Funktionäre in der SBZ/DDR. Lang, Frankfurt am Main 2011. 390 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Waibel, Harry, Diener vieler Herren. Ehemalige NS-Funktionäre in der SBZ/DDR. Lang, Frankfurt am Main 2011. 390 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Leben der meisten Menschen wird bestimmt durch viele verschiedene innere und äußere Umstände. Deswegen sind zahlreiche Entscheidungen nicht vollständig frei. Vielmehr kommt es sehr oft auch auf die Gegebenheiten an, in die man hineingeboren ist, selbst wenn fast immer auch eigene Entscheidungsmöglichkeiten mit günstigen oder ungünstigen Folgewirkungen bestehen und genutzt werden können oder könnten.
Der in Lörrach 1946 als Arbeiterkind geborene, zunächst zum Industriekaufmann ausgebildete, nach Kontakten zur außerparlamentarischen Opposition, dem gewerkschaftsgeförderten Erwerb der Reifeprüfung, dem Lehramtsstudium in Deutsch, Geschichte und Soziologie an der pädagogischen Hochschule in Freiburg im Breisgau und dem Studium von Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie an der Freien Universität Berlin 1993 mit einer Dissertation an der Technischen Universität Berlin über Rechtsextremismus in der DDR bis 1989 promovierte Verfasser arbeitet freiberuflich als Historiker und Pädagoge. Nach seinem kurzen Vorwort ergab sich aus seinen frühen Forschungsarbeiten die Einsicht in die Notwendigkeit einer historischen Untersuchung über den Verlauf und die Folgen (des widersprüchlichen Prozesses) der Entnazifizierung im Zusammenhang mit der Relevanz des „realsozialistischen“ Anti-Faschismus zwecks Verifizierung der Behauptung, dass in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vollkommen andere Verhältnisse nach 1945 entstanden worden „wären“ als in den westlichen Besatzungszonen und in der Bundesrepublik Deutschland. Aus diesem Grund stellt er erfreulicherweise etwa 1500 berufliche und politische, Verschweigen enthüllende Kurzbiographien von Menschen zusammen, die für die Nationalsozialisten aktiv gewesen waren , nach dem zweiten Weltkrieg aber in der sowjetischen Besatzungszone bzw. |
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Waldstätten, Alfred, Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte (= Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 54). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 440 S: Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Waldstätten, Alfred, Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte (= Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 54). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 440 S: Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Verhältnis zwischen Recht und Gericht gleicht dem Verhältnis von Ei und Huhn. Es ist unklar, ob das Gericht nach dem vorhandenen Recht richtete oder ob aus dem Richten des Gerichts das Recht erst entstand. In der jüngeren Rechtsgeschichte wird die zweite Ansicht vielfach favorisiert, doch ist fraglich, ob dies der geschichtlichen Wirklichkeit, in der Institutionen erst allmählich zu einer besonderen Gestalt finden, gerecht wird.
Unabhängig von dieser Überlegung lassen sich Gerichte wohl von den ersten Anfängen der Überlieferung an fassen. Sie sind freilich so vielfältig und wandelbar, dass ein verlässlicher konkreter Überblick über die Geschichte der Gerichtsbarkeit und aller ihr angehörigen Gerichte nicht besteht. Umso dankbarer muss die Allgemeinheit für jeden einzelnen Baustein sein, wie ihn für Wien seit Maria Theresia der 1951 geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft ab 1979 als Richter des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, anschließend des Landesgerichtes für ZRS Wien und seit 1993 als Hofrat des Verwaltungsgerichtshofs Österreichs tätige Verfasser beispielhaft vorlegt.
Den ersten Anstoß zu dieser wertvollen Studie ergab die Wiedererrichtung des Bezirksgerichts Jofefstadt in Wien am Anfang des Jahres 1993. Da dem Verfasser als historisch interessiertem Richter bekannt war, dass dieses Gericht schon einmal bestanden hatte, forschte er interessiert nach und gelangte unter Verwendung zahlreicher, auch schwer zugänglicher Quellen zu einer umfassenden Beschreibung der Außensicht der gesamten Wiener Gerichtsbarkeit, die das Gewicht statt auf bemerkenswerte Prozesse auf die vielen Organisationsänderungen und ihre Gründe legt. In seinen zwei Teilen stellt das Werk kürzer die ältere Entwic |
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Walther, Stefanie, Die (Un-)Ordnung der Ehe. Normen und Praxis ernestinischer Fürstenehen in der frühen Neuzeit (= Ancien Régime, Aufklärung und Revolution 39). Oldenbourg, München 2011. 421 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Walther, Stefanie, Die (Un-)Ordnung der Ehe. Normen und Praxis ernestinischer Fürstenehen in der frühen Neuzeit (= Ancien Régime, Aufklärung und Revolution 39). Oldenbourg, München 2011. 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Dorothea Nolde betreute, im Oktober an der Universität Bremen eingereichte Dissertation der Verfasserin. Sie behandelt die große Bedeutung der Ehe für die frühneuzeitliche Gesellschaft. Dazu gliedert sie sich nach einleitenden Bemerkungen über Thema, Forschungsstand und Quellen in vier Abschnitte.
Vorweg schildert die Verfasserin die Ernestiner als Familienverband im 17. und 18. Jahrhundert und die Ehe als Ordnungsmodell. Danach setzt die Verfasserin sich sehr ausführlich mit Herzog Bernhard von Sachsen-Jena und seinen beiden Ehefrauen, mit der Ehe und Scheidung des Herzogs Wilhelm Ernst und der Herzogin Charlotte Marie von Sachsen-Weimar, mit den Ehen und außerehelichen Beziehungen des Herzogs Ernst-August von Sachsen-Weimar und mit der standesungleichen Ehe des Herzogs Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen mit Philippine Elisabeth Cäsar auseinander. Im Anschluss hieran sucht die Autorin nach Gestaltungsspielräumen und Handlungsmustern innerhalb der Ehepraxis.
Ziel der Studie ist die Überprüfung der Wirkungsmächtigkeit rechtlicher Normen und sozialer Ansprüche. Hierfür kann die Verfasserin einleuchtend herausstellen, dass den Ernestinern bei dem Gros ihrer Vermählungen die Wahrung des reichsfürstlichen Niveaus gelang. Von hier aus hält die Verfasserin mit guten Gründen weitere vergleichend Untersuchungen für hilfreich.
Innbsruck Gerhard Köbler
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Walz, Karlheinz, Fälscher & Falschgeld. Fälschung, Verbreitung, Verfolgung - auf der Spur des falschen Geldes und seiner Hersteller. Battenberg, Regenstauf, 2012. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Walz, Karlheinz, Fälscher & Falschgeld. Fälschung, Verbreitung, Verfolgung - auf der Spur des falschen Geldes und seiner Hersteller. Battenberg, Regenstauf, 2012. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1955 geborene Verfasser ist als Bankbetriebswirt tätig. Schon als achtjähriges Kind sammelte er Briefmarken und später Geld. Sowohl durch seinen Beruf wie auch durch sein Interesse ist er daher für Fälscher und Falschgeld bestens ausgewiesen, so dass er bereits 1999 Spannendes und Kriminalistisches, Ernstes und Amüsantes aus der Welt der Geldfälscher vorlegen konnte.
In seiner kurzen Einführung geht er von dem nicht näher nachgewiesenen Zitat eines Falschgeldexperten aus, dass die prähistorische Erfindung des Geldes zweifellos älter als die Falschgelderfindung ist, aber wahrscheinlich nur um wenige Minuten. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass die Ausbildung des Geldes das Leben vieler Menschen so deutlich erleichtert hat, dass sie es gerne haben möchten. Weil dies aber nicht jedermann ohne Weiteres möglich ist, nutzt der Mensch seinen wachen Verstand gerne zur einfacheren Umgehung der Erwerbshindernisse, wie sie etwa in der Form von Raub und Diebstahl (zumindest um Sekunden) noch etwas älter sein dürften.
Das gewichtig gedruckte, mit zahlreichen Abbildungen versehene, die Handschellen auf dem Umschlag zur unvollkommenen Abschreckung verwendende, flüssig für ein breiteres Publikum geschriebene Werk beginnt mit einer Einführung über die Organisationsstrukturen der Fälscher früher und heute, der Herkunft der Eurofälschungen, das Erkennen von Falschgeld und den Dollar als Lieblingskind der Fälscher. Seine weiteren neun Sachkapitel betreffen den Superdollar, die rechtlichen Regelungen Deutschlands für Falschgeldverbrechen, die Fälschung von Münzen, die Fälschung von Papiergeld, Blüten und andere Gewächse, Geschichten, die Geschichte machten, Falschgeld-Telegramm sowie Pleiten, Pech und Possen - Stilblüten aus der Geldfäls |
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Warnecke, Marie-Luise, Zwangsadoptionen in der DDR (= Justizforschung und Rechtssoziologie 8). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2009. XX, 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Hubert Rottleuthner betreute, von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Februar 2007 abgeschlossene und im gleichen Jahr von der juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin angenommene Dissertation der in Regensburg und Berlin ausgebildeten Verfasserin. Sie beruht auch auf umfangreichen ungedruckten Aktenbeständen und Einblicken in die Familiengeschichte von Zeitzeugen. Gegliedert ist sie in drei Kapitel.
Nach einer kurzen Einleitung über Hintergrund, Ziel und Gang der Untersuchung stellt die Verfasserin zunächst die rechtlichen Grundlagen vor, wobei sie besonders auf die Verfassungen, das Familiengesetzbuch und das Bürgerliche Gesetzbuch eingeht. Im zweiten Kapitel untersucht sie detailliert neun Einzelfälle (versuchter) politisch motivierter Kindesentziehungen und politisch motivierter Adoptionen in der Deutschen Demokratischen Republik. Anschließend geht sie kurz auf Aufhebung und Sanktionierung familienrechtlicher Eingriffe nach der Herstellung der deutschen Einheit ein.
Als Ergebnis ihrer sachlichen Betrachtung stellt die Verfasserin ansprechend fest, dass es in der Deutschen Demokratischen Republik keine unmenschlichen Zwangsadoptionsgesetze gegeben hat. Andererseits kamen (6 versuchte) Zwangsadoptionen in der Deutschen Demokratischen Republik tatsächlich vor. Zu Recht ordnet sie die Verfasserin unabhängig von den absoluten Fallzahlen als gravierende, nicht restitutionsfähige Rechtsverletzungen ein.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Weber, Max, Max Weber-Gesamtausgabe. Abteilung 2 Briefe, Band 10 Briefe 1918-1920, hg. v. Krumeich, Gerd/Lepsius, M. Rainer in Zusammenarbeit mit Hinz, Uta/Oßwald-Bargende, Sybille/Schön, Manfred. Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XXXIII, 627, XXIX, 628-1229 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Abteilung Briefe der wichtigen Gesamtausgabe der Werke des großen Gelehrten Max Weber umfasst allein zehn Bände (bis 1886, 1887-1894, 1895-1902, 1903-1905. 1906-1908, 1909-1910, 1911-1912, 1913-1914, 1915-1917, 1918-1920) und einen Band Nachträge und Gesamtregister. Die Edition der Briefe der letzten Jahre vor dem Tode am 14. Juni 1920 stieß unmittelbar nach ihrer Ankündigung auf das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. In Ermangelung eines verfügbaren Rezensionsexemplars muss der Herausgeber mit wenigen Sätzen auf sie hinweisen.
Nach dem kurzen Vorwort der Herausgeber waren die im vorliegenden Band erfassten letzten Lebensjahre Webers nicht nur allgemein durch das Ende des ersten Weltkriegs, die Revolution von 1918 und den Beginn der Republik sehr ereignisreich, sondern auch persönlich dadurch sehr bedeutsam, dass Weber seine akademische Lehrtätigkeit wieder aufnahm, seine beiden großen Werke über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen und Wirtschaft und Gesellschaft begann, seine Mutter und Schwester verlor und Verhältnisse mit Mina Tobler und Else Jaffé führte. Aufschlüsse über seine diesbezüglichen Überlegungen können am ehesten vertrauliche Dokumente bieten. Angesichts der schwierigen Überlieferungslage der über viele Archive verstreuten Korrespondenz ist den Herausgebern und ihren Mitarbeitern daher sehr für ihre mühsame Sammelarbeit zu danken.
Erfasst sind insgesamt 450 weitgehend unbekannte Texte, über welche die sachkundige Einleitung bestens allgemein unterrichtet. Sie beginnen mit einer Anregung Webers an den Verleger Paul Siebeck vom 5. Januar 1918 und enden mit einem Vorschlag an den gleichen Empfänger vom 30. Mai 19 |
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Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlass. Teilband 3 Recht, hg. v. Gephart, Werner/Hermes, Siegfried (= Max Weber Gesamtausgabe, Abteilung 1 Schriften und Reden, Band 22, 3). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XXIX, 811 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Erfurt 1864 geborene und in München 1920 verstorbene Maximilian Carl Emil Weber hat sich trotz seines verhältnismäßig kurzen, auch von Krankheit gekennzeichneten Lebens eine Ausnahmestellung in den Sozialwissenschaften erworben. Durch seine Definitionen und Theorien beeinflusste er weltweit insbesondere die Soziologie. Auch die Jurisprudenz, in der er 1889 in Berlin mit einer Untersuchung über die Entwicklung des Solidarhaftprinzips und des Sondervermögens der offenen Handelsgesellschaft aus den Haushalts- und Gewerbegemeinschaften in den italienischen Städten unter Betreuung durch Levin Goldschmidt den Doktorgrad erwarb, verdankt ihm zahlreiche allgemeinere grundlegende Erkenntnisse.
Obwohl seine Arbeiten zu seinen Lebzeiten nicht im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses standen, haben sie ihm doch so großen Nachruhm beschert, dass er als Klassiker von bleibender Bedeutung eingestuft wird. Dementsprechend verdienen seine Gedanken trotz vieler Einzeleditionen seit langem auch eine seit 1984 vorgelegte Zusammenfassung in einer wissenschaftlichen Gesamtausgabe. Sie gliedert sich in die drei Abteilungen Schriften und Reden, Briefe und Vorlesungen, wobei die erste Abteilung veröffentlichte und nachgelassene Schriften unter Einschluss von Diskussionsbeiträgen, Stellungnahmen, Paralipomena, Entwürfe und andere Vorarbeiten umfasst. Der vorliegende Teilband 3 des insgesamt 22. Bandes enthält zum einen den Bereich die Wirtschaft und die Ordnungen und zum anderen den Bereich die Entwicklungsbedingungen des Rechts.
Nach einem kurzen Vorwort bieten die Herausgeber zunächst eine umfangreiche, tief schürfe |