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Thiem, Christian, Die Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik (1949-1958). Eine verfassungsgeschichtliche Darstellung von der Entstehung bis zur Auflösung (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 84). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Thiem, Christian, Die Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik (1949-1958). Eine verfassungsgeschichtliche Darstellung von der Entstehung bis zur Auflösung (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 84). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Jede Gesellschaft gestaltet sich ihre Verfassung durch eigene, oft schmerzhafte Entscheidungen selbst. Zur Sicherung bestimmter Formen werden an unterschiedlichen Stellen einzelne Einrichtungen als unabänderlich und unantastbar proklamiert. Gleichwohl kann auch hierüber die Geschichte rein tatsächlich hinweggehen.

 

Bundesstaaten sehen dementsprechend vielfach Vertretungen der Bundesglieder in einem eigenen Verfassungsorgan vor. Während die Verfassung des deutschen Reiches vom 11. August 1919 einen besonderen Reichsrat kannte, der gemeinsam mit dem Reichstag für die Reichsgesetzgebung zuständig war, lösten die 1933 an die Macht gekommenen Nationalsozialisten am 14. Februar 1934 diesen Reichsrat auf. Nach dem zweiten Weltkrieg stand deshalb die Entscheidung an, ob der neue deutsche Staat oder die neuen deutschen Staaten eine Ländervertretung als Verfassungsorgan haben sollten oder nicht.

 

Mit dieser wichtigen verfassungsrechtlichen Frage befasst sich die von Heinrich de Wall betreute, von der Hans Liermann-Stiftung geförderte, im Wintersemester 2010/2011 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg angenommene Dissertation Christian Thiems. Gegliedert ist die eine Lücke schließende gründliche Untersuchung in fünf Kapitel über den Marxismus-Leninismus und die Ordnung des Staates, die Verfassungsvorstellungen der Parteien in der sowjetischen Besatzungszone, den Weg zur Schaffung der Länderkammer, die Länderkammer nach der Verfassung und den Geschäftsordnungen und die Länderkammer in der Verfassungsordnung der DDR. Da es Walter Ulbricht und seinen Genossen in erster Linie um die zentrale Macht hinter einer demokratischen Fassade ging, konnte nach einiger Zeit die nicht leichten Herzens geschaffene Länderkammer durch Gesetz vom 8. Dezember 1958 ebenso einfach und beschwerdefrei beseitigt werden wie der Reichsrat im Jahre 1934, zumal ihr wohl angesichts der bekannten Vergänglichkeit von Verfassung auch wirklich nur der ehrlich nachtrauerte, der einen persönlichen Vorteil damit verband.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler