AAA-Köbler, Gerhard, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch-Wortformenvergleich1811-2011, 2011 |
Ganzen Eintrag anzeigen Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) ist die → Kodifikation des Privatrechts in → Österreich. Sie wird mit dem Ziel der Rechtsvereinheitlichung der verschiedenen habsburgischen Herrschaftsgebiete schon von Leibniz als Codex Leopoldinus Leopolds I. (1640-1705) angeregt. 1709 setzt Joseph I. (erfolglos) Kompilationskommissionen in Prag und Brünn ein, (nach der 1749 die österreichische Monarchie mit Ausnahme der ungarischen Länder von einer Länderunion in eine Einheit umwandelnden Reform Maria Theresias) 1753 Maria Theresia eine Kommission (Kompilationskommission [Joseph von Azzoni], 1756 Aufgabe auf die 1755 gebildete Revisionskommission übertragen) zur Abfassung ([einer allgemeinen Gerichtsordnung und] eines gleichen Landrechts in allen benachbarten österreichisch-deutschen Erblanden bzw.) eines (lat.) → Codex (M.) Theresianus (Theresianisches Gesetzbuch), der Provinzialrechte, das gemeine Recht, die Gesetze anderer Staaten und das allgemeine Recht der Vernunft berücksichtigen soll. Der umfangreiche, in drei Teilen 1766 fertiggestellte, vor allem auf dem gemeinen Recht beruhende Entwurf (ein vierter Teil sollte das Zivilprozessrecht enthalten) wird lediglich als brauchbare Materialsammlung angesehen (und deswegen 1770 von Maria Theresia nicht sanktioniert und 1772/1773 von der geplanten Verbindung mit dem Zivilprozessrecht gelöst). Der bis 1774 auf etwa die Hälfte gekürzte Entwurf Johann Bernhard Hortens (Entwurf Horten) wird 1776 nicht weiter beraten, (nach Ehepatenten vom 16. 1. 1783 und 3. 5. 1786) in seinem die gesetzliche Erbfolge betreffenden Teil 1786 aber als Erbfolgepatent vom 11. 5. 1786 und in seinem personenrechtlichen Teil am 1. 11. 1786 zum 1. 1. 1787 als Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, ErsterTeil (bzw. [später so genanntes] → Josephinisches Gesetzbuch) Josephs II. in den deutschen Erblanden (Österreichs bzw. Habsburgs) in Kraft gesetzt, doch verzögern sich die Arbeiten an den übrigen Tei |
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AAA-Köbler, Gerhard, Deutschsprachige Rechtslehrer im Jahre 1932, ZIER 1 (2011) |
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Im Zuge der Beschäftigung mit der deutschen Rechtswissenschaft während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde aus umfangreicheren Datenbeständen aller deutschen Rechtslehrer eine Auswahl deutscher Juristen zwischen 1933 und 1945 getroffen und im Internet (mit 737 Angehörigen) veröffentlicht. In diesem Zusammenhang ist die Frage aufgetaucht, wie die einzelnen Rechtsfakultäten zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft besetzt waren. Die daraufhin erfolgte Zuordnung deutscher Rechtslehrer zu einzelnen Lehrorten hat für das Jahr 1932, in dem selbst naturgemäß auch verschiedene, hier vernachlässigte Veränderungen stattgefunden haben, eine Gesamtzahl von 395 deutschsprachigen Rechtslehrer ergeben, der etwa 120 Rechtslehrer gegenüberstehen, die erst in der Zeit zwischen 1933 und 1945 ihre wissenschaftliche Ausbildung abschlossen.
Bei einem Bestand von knapp 400 Personen können naheliegenderweise von einem Einzelnen in kurzer Zeit nicht alle persönlichen Einzelheiten ermittelt und auch Fehler und Lücken nicht ausgeschlossen werden. Dennoch kann damit eine bisher bestehende Lücke geschlossen werden. Im Einzelnen haben sich dabei folgende Zahlen ergeben: Basel 5, Berlin 28, Bern 8, Bonn 12, Breslau 12, Erlangen 5, Frankfurt am Main 19, Freiburg im Breisgau 12, Freiburg im Üchtland 4, Gießen 7, Genf 2, Göttingen 18, Graz 13, Greifswald 10, Halle 9, Hamburg 11, Heidelberg 14, Innsbruck 8, Jena 12, Kiel 14, Köln 12, Königsberg 5, Leipzig 13, Marburg 13, München 17, Münster 10, Prag 13, Rostock 7, Tübingen 12, Wien 26, Würzburg 5 und Zürich 4.
Dieser Bestand steht jedermann zur Verwendung und Verfeinerung zur Verfügung. Ausführlichere Angaben finden sich meist in dem Internetbestand (Köbler, Gerhard,) Wer war wer im deutschen Recht. Weitere Untersuchungen sind geplant.
Basel
HAAB, Robert, Prof. Dr.; geb. Wädenswil/Kanton Zürich 01. 05. 1893; gest |
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AAA-Köbler, Gerhard, Neuerscheinungen 2011 chronologisch alphabetisch |
Ganzen Eintrag anzeigen °Burgard, Paul, Kleine Geschichte des Saarlands. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden Echterdingen 2010. 286 S.
°Das Volkacher Salbuch, hg. v. Arnold, Klaus/Feuerbach, Ute. Band 1 Beiträge und Transkription, Band 2 Faksimile. Stadt Volkach, Volkach 2009. XVI, 385 S., 78 Bl.
°Engehausen, Frank, Kleine Geschichte der Revolution 1848/49 in Baden. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden Echterdingen 2010. 216 S.
°Kleibert, Kristin, Die juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin im Umbruch - die Jahre 1948 bis 1951 (= Berliner juristische Universitätsschriften. Reihe Grundlagen des Rechts 50) Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010. 328 S. Zugl. Berlin, Humboldt-Univ., Diss. 2010.
1989-2009 20 Jahre UN-Kinderrechtskonvention - Erfahrungen und Perspektiven, hg. v. Schorlemer, Sabine von/Schulte-Herbrüggen, Elena (= Dresdner Schriften zur Recht und Politik der Vereinten Nationen 15). Lang, Frankfurt am Main 2010. XII, 228 S., 1 Abb., zahlr. Tab. und Graf.
200 Jahre ABGB - Ausstrahlungen. Die Bedeutung der Kodifikation für andere Staaten und andere Rechtskulturen, hg. v. Geistlinger u. a., Manz, Wien 2011. VIII, 290 S.
20110106
20110110
2011-02-01
2011-03-01
20110401
2011-05-01
2011-07-01
2011-08-01
2011-09-01
2011-11-01
2011-12-01
A Factual Assessment of the Draft Common Frame of Reference, hg. v. Antoniolli, Luisa/Fiorentini, Francesca, prepared by the Common Core Evaluating Group. Sellier, München 2011. XII, 476 S.
Adelige Damenstifte Oberschwabens in der frühen Neuzeit. Selbstverständnis, Spielräume, Alltag, hg. v. Schiersner, Dietmar/Trugenberger, Volker/Zimmermann, Wolfgang (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 187). Kohlhammer, Stuttgart 2011. 340 S.
Adelsgruber, Paulus/Cohen, Laurie/Kuzmany, Börries, Getrennt und doch verbunden. Grenzstädte zwischen Österreich und Russland 1772-1 |
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AAA-Köbler, Gerhard, Savignywörterbuch-Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 2011 |
Ganzen Eintrag anzeigen Savigny-Wörterbuch
Savigny, Friedrich Carl von (Frankfurt am Main 21. 2. 1779-Berlin 25. 10. 1861), aus begütertem, bis 1630 lothringischem Adel, 1791/1793 verwaist (danach in Wetzlar bei Reichskammergerichtsrat Neurath), wird nach dem Rechtsstudium in Marburg (1795, Weiss) und Göttingen (mit 21 Jahren, im Juli 1799 Bildungsreise nach Sachsen, in Leipzig Entschluss zur Hochschullaufbahn) 1800 Dozent in Marburg, (mit 24 Jahren) 1803 außerordentlicher Professor, 1804 Bibliotheksreise nach Paris und Süddeutschland, Ruf nach Heidelberg ausgeschlagen, 1808 ordentlicher Professor in Landshut und 1810 an der neuen Universität → Berlin. Sein im Grunde unhistorisches Buch „Das Recht des Besitzes“ (1803) macht ihn wegen seiner beispielhaften Methodik allgemein bekannt. S. vereinigt dabei → Immanuel Kants (1724-1804) Vorstellung, dass als einziges angeborenes Recht des Menschen seine Freiheit bestehe, mit Gustav → Hugos (1764-1844) Forderung nach begrifflich-systematischer Durchdringung des positiven Rechtsstoffes und ermittelt in manchmal fast gewaltsamem Umgang mit den Quellen konstruktiv-systematisch den Besitzwillen als allgemeines logisches konstituierendes Element. Naturrecht lehnt er ab. Zunehmend versteht er grundsätzlich das Recht als an seine geschichtlichen Voraussetzungen (z. B. Deutschlands an das von Anfang an bestehende Fehlen eines tonangebenden Mittelpunkts) gebunden und wendet sich gegen die Vorstellung, dass jedes Zeitalter seine Welt willkürlich selbst hervorbringe. Außerdem will er schon im Wintersemester 1802/1803 in der Methodenlehre die Interpretation voraussetzungslos beschreiben, indem er sie auf ihre Geschichte (historisch) und ihre Anschlüsse an die Gesellschaft (systematisch) beschränkt und damit den Wandel von der ständischen Gesellschaft zur funktionsorientierten Gesellschaft auch im Recht widerspiegelt. Quelle des Rechts ist ihm das Volk, so dass er alles Recht zunächst als Gewohnheitsre |
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Adel verbindet - Adel verbindt - Elitenbildung und Standeskultur in Nordwestdeutschland und den Niederlanden vom 15.-20. Jahrhundert/Elitevorming en standscultur in Noordwest-Duitsland en de Nederlanden van de 15e tot de 20e eeuw, hg. v. Van Driel, Maarten/Pohl, Meinhard/Walter, Bernd (= Forschungen zur Regionalgeschichte 64). Schöningh, Paderborn 2010. 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Adel verbindet - Adel verbindt - Elitenbildung und Standeskultur in Nordwestdeutschland und den Niederlanden vom 15.-20. Jahrhundert/Elitevorming en standscultur in Noordwest-Duitsland en de Nederlanden van de 15e tot de 20e eeuw, hg. v. Van Driel, Maarten/Pohl, Meinhard/Walter, Bernd (= Forschungen zur Regionalgeschichte 64). Schöningh, Paderborn 2010. 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem einführenden Beitrag des Mitherausgebers Bernd Walter fordert der Adel als europäisches Phänomen von langer Dauer bereits als solcher eine zeitlich epochenübergreifende und örtlich transnationale und interregionale Betrachtung geradezu heraus. Davon abgesehen verdankt der vorliegende Sammelband seine Entstehung der konkreten Erfahrung grenzüberschreitender Zusammenarbeit in Nordwestmitteleuropa. Mit Unterstützung der Europäischen Union konnte nämlich bereits in den Jahren zwischen 2000 und 2002 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des historischen Vereins für Geldern und Umgebung das grenzüberschreitende Projekt Laat vriendschap helen, wat Grenzen delen verwirklicht werden, dessen günstiges Ausgang zur Fortsetzung ermutigte.
In der Folge konnte eine dreiteilige Veranstaltungsreihe durchgeführt werden. Sie befasste sich in Wesel 2004 mit Adel und Staat in der frühen Neuzeit, in Arnheim 2005 mit Adel und Kultur im niederländisch-deutschen Grenzraum und in Münster 2006 mit Adel in Nordwestdeutschland und den Niederlanden im 19. und 20. Jahrhundert. Ihre Ergebnisse legt der Sammelband in insgesamt 14 überwiegend in deutscher Sprache gehaltenen Beiträgen vor.
Sie beginnen mit Bernd Walters Darlegung zur Adelsforschung in interregionaler und internationaler Perspektive, erfassen Adelslandschaften, das Verhältnis zur Landesregierung, Adel und Amt am Niederrhein am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, Buch und Literatur als Medium von Repräsentation und Geselligkeit, die Ritterschaft des geldrischen Oberquartiers, die innerfamiliären |
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Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der oesterreichischen Monarchie. Hof- und Staatsdruckerey, Wien 1811. Neudruck hg. v. Brauneder, Wilhelm. 2011. 792 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerAllgemeinesBürgerlichesGesetzbuch20111224 Nr. 14129 ZIER 1 (2011) 53. IT
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der oesterreichischen Monarchie. Hof- und Staatsdruckerey, Wien 1811. Neudruck hg. v. Brauneder, Wilhelm. 2011. 792 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Streben der Menschen nach besseren Lebensbedingungen führte bereits vor mehr als 10000 Jahren zur Sesshaftigkeit und vielleicht schon vor 5000 Jahren zu vorstaatlichen Organisationsformen im Zweistromland, in Ägypten und danach auch in Griechenland und um Rom. Nach dem weitgehenden Verlust dieser zivilisatorischen Möglichkeiten in der Völkerwanderung griffen wohl die Landesherren des Spätmittelalters deren Vorteile wieder auf. Bis zum 18. Jahrhundert setzte sich in diesem langwierigen Vorgang das Interesse der Herrscher an einem einheitlichen Gesetzbuch zumindest für den Kern ihrer rechtlich unterschiedlich gefassten Herrschaftsgebiete durch.
Nach der erfolglosen Anregung Leibnizs zu einem Codex Leopoldinus Leopolds I. (1640-1705) beauftragte Leopolds Nachfolger Joseph I. 1709 freilich ebenso erfolglos Kompilationskommissionen in Prag und Brünn, denen Maria Theresia nach der 1749 erfolgten Umwandlung der österreichischen Monarchie (mit Ausnahme der ungarischen Länder) von einer Länderunion in eine Einheit 1753 eine Kompilationskommission bzw. 1755 eine Revisionskommission zur Abfassung einer allgemeinen Gerichtsordnung und eines gleichen Landrechts in allen benachbarten österreichisch-deutschen Erbländern folgen ließ. Über den Codex Theresianus, den Entwurf Horten, das Allgemeines Bürgerliche Gesetzbuchs Josefs II., den Entwurf Martini, das Westgalizische Gesetzbuch und den Urentwurf unter Franz von Zeiller entstand danach das zwischen 1801 und 1810 in drei Lesungen beratene, am 7. Juli 1810 und 29. April 1811 vom Kaiser sanktionierte, als Anlage zu einem kaiserlichen Patent vom 1. Juni 1811 zum 1. Januar 1812 für |
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Aufklärer im Baltikum. Europäischer Kontext und regionale Besonderheiten, hg. v. Kronauer, Ulrich (= Akademiekonferenzen 12). Winter, Heidelberg 2022. 265 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Aufklärer im Baltikum. Europäischer Kontext und regionale Besonderheiten, hg. v. Kronauer, Ulrich (= Akademiekonferenzen 12). Winter, Heidelberg 2022. 265 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das spätestens seit dem ausgehenden Frühmittelalter von ugro-finnischen und balto-slawischen Stämmen (Esten, Liven, Kuren, Lettgaller, Selen, Semgaller) besiedelte Gebiet am östlichen Rand der südlichen Ostsee wird seit dem Ende des 12. Jahrhunderts von Deutschen (Riga 1201) und Dänen (Reval 1219) beeinflusst. Seit dieser Zeit bestehen vielfältige Beziehungen zueinander, auch wenn das Gebiet 1561 an Polen und Schweden und im 18. Jahrhundert mehr und mehr an Russland fällt. Die Verbindungen sind niemals völlig abgebrochen und seit der Lösung des Baltikum von der Sowjetunion und dem Eintritt Estlands, Lettlands und Litauens in die Europäische Union wieder verstärkt worden, woran auch die Heidelberger Akademie der Wissenschaften einen bestimmten Anteil hat.
Der erste Ansatz ging dabei vom Deutschen Rechtswörterbuch in Heidelberg aus, das im April 2002 in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften eine Fachtagung zur baltisch-europäischen Rechtsgeschichte abhielt, deren Beiträge 2009 von Ulrich Kronauer und Thomas Taterka 2009 veröffentlicht wurden. Dem folgt der jetzige Band nach. Er stellt vor allem streitbare Publizisten, gelehrte Sammler, Theologen mit philosophischen, philologischen und historischen Interessen, Juristen, Pädagogen und nicht zuletzt die deutsch-russische Kaiserin Katharina II. in den Vordergrund und ordnet ihnen mit Riga, Dorpat, Reval und Sankt Petersburg einen Raum im Nordosten Europas zu, in dem aufgeklärte Gedanken zwar spät wirksam wurden, aber lange bedeutsam blieben.
Insgesamt vereint der schmale, leider eines Sachregisters entbehrende Sammelband zwölf Referate, deren Verfasser in Riga, Osnabrück, Karlsruhe, Tartu, Marburg, Berlin, Tallinn, Pärnu und Würzburg wirken. Sie betreffen die aufgeklärte Volksauf |
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Baum, Dajana, Johann Friedrich Benzenberg (1777-1846). „Doktor der Weltweisheit“ und „Professor der Konstitutionen“. Verfassungskonzeptionen aus der Zeit des ersten preußischen Verfassungskampfes (= Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens 79). Klartext, Essen 2007. 429 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baum, Dajana, Johann Friedrich Benzenberg (1777-1846). „Doktor der Weltweisheit“ und „Professor der Konstitutionen“. Verfassungskonzeptionen aus der Zeit des ersten preußischen Verfassungskampfes (= Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens 79). Klartext, Essen 2007. 429 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verfasserin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Düsseldorf. Ihr Publikationsverzeichnis setzt etwa 2005 ein. Das vorliegende, Johann Friedrich Benzenberg nach einer Lithographie Severins von etwa 1890 auf dem Außentitel zeigende, eines Registers entbehrende Buch dürfte ihre Dissertation sein, auch wenn dies nicht erkennbar gemacht wird.
Johann Friedrich Benzenberg wurde am 5. Mai 1777 in Schöller bei Elberfeld in Jülich und Berg als einziger Sohn eines reformierten Pfarrers geboren, studierte in Marburg von 1795 bis 1797 Theologie und in Göttingen von 1797 bis 1799 Astronomie bei dem am 24. Februar 1799 verstorbenen Georg Christoph Lichtenberg und Mathematik bei Abraham Gotthelf Kästner. 1805 ernannte ihn der Kurfürst von Bayern zum Professor für Physik und Astronomie am Lyzeum in Düsseldorf, doch wechselte Benzenberg später in die Schweiz und nach Frankreich, ehe er schließlich wieder in den deutschen Raum zurückkam. Politische Schriften machten den Physiker, Geodäten und Publizisten bald unbeliebt, so dass er später weitgehend in Vergessenheit geriet.
Die Verfasserin gliedert ihre ansprechende, 55 Werke Benzenbergs auswertende Studie nach einer kurzen Einleitung über Forschungsstand, Zielsetzung, Methode und Quellenlage in 9 Abschnitte. Sie beginnen mit den Anfängen des Liberalismus und Konservativismus und führen über den Weg vom Gelehrten zum Publizisten, Wünsche und Hoffnungen eines Rheinländers (1815), publizistische Reaktionen auf das Verfassungsbuch (1817), den deutschen Beobachter, den Entwurf einer Provinzial |
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Benoist, Alain de, Carl Schmitt. Internationale Biographie der Primär und Sekundärliteratur. Ares Verlag, Graz 2010. 528 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Benoist, Alain de, Carl Schmitt. Internationale Biographie der Primär und Sekundärliteratur. Ares Verlag, Graz 2010. 528 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Saint Symphorien (Tours) am 11. Dezember 1943 geborene, in Paris aufgewachsene, an der Sorbonne Verfassungsrecht, Philosophie, Soziologie, Moral, Geschichte und Religion studierende, der 1958 verbotenen rechtsterroristischen Organisation Jeune Nation angehörige, später vor allem als Publizist und Philosoph wirkende Alain de Benoist gilt als maßgeblicher Denker der Neuen Rechten Frankreichs. Nach verschiedenen Werken über Demokratie, Heidentum, Kulturrevolution, Totalitarismus und Globalisierung veröffentlichte er 2003 eine Bibliographie der Schriften und Korrespondenzen Carl Schmitts im Umfang von 140 Seiten. In Vertiefung und Erweiterung dieses Werkes legt er sieben Jahre später eine internationale Bibliographie in fast fünffachem Umfang als Ergebnis von mehr als zehn Jahren Arbeit und Recherche vor.
Ihr erster Teil besteht aus einer neuen überprüften und so weit wie möglich auf den bei Drucklegung aktuellen Stand gebrachten Fassung der vorangehenden Bibliographie. Er umfasst derzeit 57 Bücher und Einzelveröffentlichungen von der Dissertation des Jahres 1910 bis zu den 2005 erschienenen Tagebuchnotizen der Militärzeit 1915 bis 1919, 306 Aufsätze, Rezensionen und kleinere Texte von 1911 bis 2006, 27 Sammlungen und Anthologien im nicht-deutschsprachigen Ausland, 83 Briefwechsel und Briefe zwischen 1933 und 2010 sowie 14 Gespräche zwischen 1936 und 2005. Neu hinzugefügt ist auf den Seiten 182-528 chronologisch geordnet Sekundärliteratur über Carl Schmitt.
Damit trägt der durch etwa 70 Bücher und 3000 Artikel ausgewiesene Verfasser dazu bei, dass sich jedermann mit Werk und Wirkung eines der bekanntesten und umstrittensten deutschen Juristen auf breiter neuer Grundlage befassen kann. Carl Schmitts Werke sind bisher in mehr als 20 verschiedene Sprachen übersetzt, die v |
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Berg, Sebastian, Die Stipulation in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Berichte aus der Rechtswissenschaft). Shaker, Aachen 2009. 474 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Berg, Sebastian, Die Stipulation in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Berichte aus der Rechtswissenschaft). Shaker, Aachen 2009. 474 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Peter Oestmann betreute, von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommene Dissertation des Verfassers. Sie dürfte es nach der Einleitung des Verfassers eigentlich nicht geben, weil nach der einheitlichen Lehrmeinung die Stipulation des römischen Rechtes in deutschen Sprachraum nicht rezipiert wurde, so dass die Stipulation in der Rechtsprechung des in Berlin am 1. 12. 1879 eröffneten Reichsgerichts keine Rolle spielen dürfte. Weil aber die Quellen ein Vetorecht verdienen und trotz der zuvor festgestellten fehlenden Rezeption der Stipulation insgesamt 84 Urteile die Stipulation oder eine ihr verwandte Form enthalten, gibt es sie doch.
Dementsprechend betrachtet der Verfasser zunächst den Ursprung der Stipulation im römischen Recht. Von dort aus geht er unmittelbar zum 19. Jahrhundert über und behandelt die Diskussion bei Friedrich Liebe, Heinrich Rudolph Gneist, Otto Bähr, Wilhelm Girtanner und Friedrich Carl von Savigny. Daran schließt er die Analyse der reichsgerichtlichen Rechtsprechung an.
Der Verfasser untersucht im Einzelnen die Entscheidungen der „Reichsrichter“ im Versicherungsrecht, im Erbrecht, im Konkursrecht, betreffend die dinglichen Rechte, im Gesellschaftsrecht, im Kaufrecht, im Handelsrecht, im Prozessrecht und in sonstigen Zusammenhängen. Im Ergebnis kann er feststellen, dass der Begriff der Stipulation bis zur Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht aus der höchstrichterlichen Praxis verschwunden ist, wenn auch ein abnehmender Gebrauch von 1879 bis 1896 erkennbar ist, der vielleicht auch an einzelnen Personen festgemacht hätte werden können. Deswegen schließt er ansprechend auf eine Systematik, an Hand derer er zumindest eine Rezeption des Begriffes Stipulation behaupten kann, m |
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Birklbauer, Alois/Hirtenlehner, Helmut, Die Entwicklung der Strafpraxis bei Brandkriminalität (= Schriftenreihe Brandkriminalität der Johannes Kepler Universität Linz 1). Linde, Wien 2010. 96 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Birklbauer, Alois/Hirtenlehner, Helmut, Die Entwicklung der Strafpraxis bei Brandkriminalität (= Schriftenreihe Brandkriminalität der Johannes Kepler Universität Linz 1). Linde, Wien 2010. 96 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der schmale Band geht von der Vermutung von Praktikern aus, dass in Österreich unter dem am 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Strafgesetzbuch die Brandkriminalität in den letzten Jahren zugenommen habe, die Strafpraxis aber milder geworden sei. Dies überprüfen die Bearbeiter empirisch an Hand von Daten der polizeilichen und gerichtlichen Kriminalstatistik. Dabei ergibt sich am Ende der sorgfältigen Betrachtung unter Anderem, dass die Zahl er wegen eines Branddelikts verdächtigen Menschen 2004 deutlich höher war als 1977, die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen im Wesentlichen gleich blieb, sich die Strafpraxis bei der vorsätzlichen Brandstiftung trotz Ansteigens der Kriminalität kaum verändert hat und die bei der fahrlässigen Tötung festgestellte Tendenz zu einer Verschärfung der Strafpraxis bei der Freiheitsstrafe für die fahrlässige Brandstiftung nicht nachgewiesen werden konnte.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Blatman, Daniel, Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords, aus dem Hebräischen von Lemke, Markus. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2011. 860 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Blatman, Daniel, Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords, aus dem Hebräischen von Lemke, Markus. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2011. 860 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Todesmarsch ist in der Konfliktforschung und Gewaltforschung der erzwungene Marsch von Menschen, bei dem der Tod der Marschierenden billigend in Kauf oder sogar gewollt wird. Als geschichtliche Beispiele solchen unmenschlichen Vorgehens werden beispielsweise angesehen der Todesmarsch von Indianern (1838), von Armeniern (1915), von amerikanischen und philippinischen Soldaten (1942), von Konzentrationslagerhäftlingen (1944/1945), von Deutschen aus den Ostgebieten (1945), von Wehrmachtverbündeten (1945) oder von Palästinensern. Sie sind trotz erheblicher Unterschiede in der Dimension und der Grausamkeit schreckliche Kriegsverbrechen.
Daniel Blatman arbeitet am Avraham Harman Institute of Contemporary Jewry der Hebräischen Universität in Jerusalem. Er erwarb dort 1992 unter Betreuung Yehuda Bauers den Grad PhD. Zu seinen wichtigsten Werken zählen eine 1996 in Jerusalem vorgelegte Untersuchung über die jüdische Arbeiterbewegung (BUND) in Polen zwischen 1939 und 1949 und eine 2002 ebenfalls in Jerusalem veröffentlichte Studie über die jüdische Untergrundpresse im Warschauer Getto.
In der knappen Einleitung seines neuen, auf Anregung Yehuda Bauers in langen Jahren auf breiter Quellengrundlage erarbeiteten gewichtigen Buches beginnt der Verfasser mit dem nüchternen Hinweis, dass im Januar 1945 laut zeitgenössischen Aufzeichnungen noch etwa 714000 Menschen im Netz der Konzentrationslager inhaftiert waren. Ihnen widmet sich das Werk ausführlich dadurch, dass es in seinem ersten, den Zusammenbruch des Systems beschreibenden Teil nacheinander die Konzentrationslager zwischen 1933 und 1944, die Evakuierungen im Sommer und Herbst 1944, den Rückzug, Zusammenbruch und die Liquidierung in Auschwitz, Groß-Rosen und Stutthof, das |
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Bödecker, Ehrhardt, Preußen - eine humane Bilanz. Olzog, München 2010. 142 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bödecker, Ehrhardt, Preußen - eine humane Bilanz. Olzog, München 2010. 142 S.
Der Verfasser wurde 1925 in Zwickau geboren, legte 1943 auf dem Humanistischen Gymnasium in Berlin das Abitur ab, wurde im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet, studierte Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft in Berlin und in den Vereinigten Staaten von Amerika, war als Amtsrichter, Verwaltungsrichter und Rechtsanwalt tätig, übernahm 1966 die Leitung einer Privatbank in Berlin als persönlich haftender Gesellschafter und trat 1995 in den Ruhestand. Danach gründete er ein eigenes Brandenburg-Preußen Museum in dem durch das Zieten-Schloss gekennzeichneten Wustrau in Brandenburg, das er im Jahre 2000 eröffnete. Auf einer Fläche von 350 Quadratmetern in einem ansehnlichen Haus stellt es mit den Schwerpunkten Schule, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung die Geschichte Brandenburg-Preußens unter den Hohenzollern von 1415 bis 1918 dar (http://www.brandenburg-preussen-museum.de/).
Von hier aus wird das schmale Buch gut verständlich. Es richtet sich gegen die Deutungsmacht über die deutsche Geschichte durch amerikanische Sozialwissenschaftler. Geschrieben ist es, wie wohl auch andere, seit 1978 vorgelegte Werke des Verfassers über Berlin, die europäische Tragödie oder Preußen nach den Worten des Verfassers, um dem internationalen Antipreußenkoller nicht mit Behauptungen zu begegnen , sondern mit Fakten.
Es beginnt mit der Frage nach Preußen als Vorläufer von Hitler. Danach befasst es sich mit Amerika, der Religionsfreiheit, der Hexen- und Ketzerverfolgung, dem Sklavenhandel, den Einigungskriegen, dem Rechtsstaat, Wahlen in Preußen, dem Sozialistengesetz, Staatsverfassungen, Bildung und Wissenschaft, dem öffentlichen Dienst der Universität, der Kaiserlichen Botschaft zum Sozialstaat, den Juden, der Gesundheitsfürsorge, der Steuerlast und den Staatsschulden, der Nächstenliebe, der preußischen Armee, dem schlesischen Krieg von |
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Braun, Guido, La connaissance du Saint-Empire en France du baroque aux Lumières (= Pariser Historische Studien 91). Oldenbourg, München 2010. 911 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Braun, Guido, La connaissance du Saint-Empire en France du baroque aux Lumières (= Pariser Historische Studien 91). Oldenbourg, München 2010. 911 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Guido Braun begann das Studium der Geschichte, französischen und italienischen Philologie 1989 in Bonn und Paris, wo er 1993 an der Sorbonne (Paris IV) die Licence d’histoire, 1995 die Maîtrise d’histoire und 1998 das Diplôme d’études approfondies in moderner und zeitgenössischer Geschichte erwarb. Im Jahre 2000 wurde er in Bonn mit einer von Konrad Repgen im Rahmen des Editionsprojekts Acta Pacis Westphalicae betreuten Dissertation über die französischen Korrespondenzen 1646-1647 zum Dr. phil. promoviert. Dem folgte nach Tätigkeiten als vom Bundesministerium für Bildung und Forschung entsandter wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Rom und in Paris 2007 die von Jean Bérenger betreute Promotion an der Sorbonne mit der vorliegenden Arbeit über das Bild des Heiligen römischen Reiches in Frankreich zwischen 1643 und 1756, an die sich die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrsttuhl Frühe Neuzeit des Instituts für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn anschloss.
Die Pariser Dissertation liegt seit 2010 im beeindruckenden Umfang von mehr als 900 Seiten vor. Sie schließt eine wichtige Lücke. Im zusammenwachsenden Europa ist der Blick über die Grenzen besonders bedeutsam und erfordert die Verwertung umfangreicher fremdsprachiger Quellen und Literatur besonderes Interesse und Geschick.
Gegliedert ist das tiefgründige Werk nach einer Einführung über die multidisziplinären Aspekte, die Quellen, die Literatur, die Methode und den Arbeitsplan sowie einem vorangestellten Kapitel über das deutsche öffentliche Recht zwischen dem Westfälischen Frieden und dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts in vier Teile mit 13 Kapiteln. Sie betreffen das Verhältnis zwischen Frankreich und der Verfassung des Reiches von Richeli |
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Carl Schmitt, Hans-Dietrich Sander, „Werkstatt - Discorsi“. Briefwechsel 1967-1981, hg. v. Lehnert, Erik/Maschke, Günter. Edition Antaios, Schnellroda 2009. XVI, 510 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Carl Schmitt, Hans-Dietrich Sander, „Werkstatt - Discorsi“. Briefwechsel 1967-1981, hg. v. Lehnert, Erik/Maschke, Günter. Edition Antaios, Schnellroda 2009. XVI, 510 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Carl Schmitt (*1888) wurde zum 1. Oktober 1933 auf einen neuen Lehrstuhl der juristischen Fakultät der Universität Berlin berufen und im Dezember 1945 seines Amtes enthoben. Während seiner Internierung in Berlin-Lichtenfeld ab 25. September 1945 und der anschließenden, bis Oktober 1946 andauernden Untersuchungshaft konnten ihm keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Angriffskriegsvorbereitungen nachgewiesen werden. Er erhielt jedoch kein wissenschaftliches Amt an einer Universität mehr, so dass er sehr viel Zeit zum Schreiben vieler Tausender Briefe hatte.
Hans-Dietrich Sander (*1928) war 1967 Mitarbeiter der Welt, beendete diese Tätigkeit aber bald, um sich einer Doktorarbeit mit Hoffnung auf eine spätere Habilitation zu widmen. Mit seiner in Erlangen-Nürnberg 1970 angenommenen Dissertation über Marxistische Ideologie und allgemeine Kunsttheorie gelang ihm ein viel beachtetes, aber auch von vielen Seiten angefeindetes Werk. Trotz vieler Anstrengungen erreichte er sein gewünschtes Endziel nicht.
Auf diesem Wege schrieb er am 22. Mai 1967 einen ersten, auf Empfehlung Armin Mohlers eine Zusendung eines Aufsatzes begleitenden Brief an Carl Schmitt, dem sich ein bis 1978 andauernder Briefwechsel anschloss. Am 9. August 1978 antwortete Carl Schmitt ein letztes Mal, woran Sander bis 1981 vergeblich anzuknüpfen versuchte. Die von den Herausgebern sorgfältig edierten und kommentierten, durch ein Personenregister aufgeschlossenen, kompletten und unveränderten 346 Einzelstücke zeigen den offenen Gedankenaustausch zweier Ausgegrenzter über vielfältige zeitgenössische Gegenstände, deren Lektüre für das Verständnis beider und ihrer geistigen Umwelt hilfreich ist.
Innsbruck |
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Csáky, Moritz, Das Gedächtnis der Städte. Kulturelle Verflechtungen - Wien und die urbanen Milieus in Zentraleuropa. Böhlau, Wien 2010. 417 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Moritz Csáky wurde in Levoč in der Tschechoslowakei am 3. April 1936 geboren und übersiedelte 1945 im Rahmen seiner Familie nach Österreich. Nach der Reifeprüfung am humanistischen Gymnasium in Bischofshofen im Bundesland Salzburg studierte er zunächst Philosophie, katholische Theologie, Ethnologie und Kirchengeschichte in Sankt Gabriel in Mödling, Rom und Paris und danach Geschichte und Musikwissenschaft in Wien. Seit 1967 lehrte er in Wien, seit seiner Berufung als ordentlicher Professor für österreichische Geschichte im Jahre 1984 bis zu seiner Emeritierung 2004 in Graz.
In gewisser Weise hat er damit den Gegenstand seines vorliegenden Werkes selbst gelebt. Er gliedert seine Darstellung in insgesamt sechs Kapitel. Dabei beginnt er nach einem kurzen Vorwort mit Genealogien der Gegenwart und Pluralitäten und Differenzen als besondere Kennzeichen Zentraleuropas, das er wegen der politischen Belastung Mitteleuropas durch Deutschland und Deutsche diesem vorzieht.
Nach der anschließenden Erfassung von Kultur als Kommunikationsraum konzentriert er sich auf Wien als ein urbanes Milieu in der Moderne, das er als porta orientis versteht. Dort widmet er sich besonders den Böhmen, Slawen, Tschechen, Ungarn und Slowenen sowie Juden und sieht als Schnittstellen Kaffeehaus, Redaktion, Prater und Secession, so dass ihm Wien keine deutsche Stadt mehr ist und Homogenisierung in Spannung zu Pluralitäten gerät. Am Ende seines vielfältige Erkenntnisse ermöglichenden Werkes zieht er Budapest, Pressburg, Czernowitz, Triest, Breslau, Leutschau und Prag zum Vergleich heran und spricht sich für Zentraleuropa als Laboratorium für die Gegenwart aus, die den jeweiligen Fremden für das bisher hinterlassene Gedächtnis zu großem Dank verpflichtet ist.
Innsbruck |
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Dalos, György, Gorbatschow. Mensch und Macht. Eine Biografie. Deutsche Bearbeitung von Zylla, Elsbeth. Beck, München 2011. 288 S., 12 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Budapest 1943 geborene, nach dem Tode seines aus jüdischer Familie stammenden, 1945 an den Folgen eines Arbeitslagers sterbenden Vaters bei seiner Großmutter aufgewachsene ungarische Schriftsteller studierte von 1962 bis 1967 in Moskau Geschichte. 1968 wurde er wegen maoistischer Umtriebe zu sieben Monaten Haft mit Bewährung verurteilt. Nach einer Teilnahme an der Begründung der demokratischen Oppositionsbewegung in Ungarn wechselte er in den Westen und lebte seit 1987 als freier Publizist in Wien und Berlin. Er ist durch zahlreiche, zwischen Roman und Wissenschaft pendelnde Darstellungen hervorgetreten.
Sein Prolog der Biographie des im Eingang sympathisch-menschlich abgelichteten ehemaligen Generalsekretärs des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (11. März 1985), Michail Sergejewitsch Gorbatschow, beginnt mit der im Jahre 1988 bezogenen neuen staatlichen Datscha auf der Halbinsel Krim, auf welchen die damals bereits freie sowjetische Öffentlichkeit deutlich gereizt, wenn nicht geradezu empört reagierte. In diesem Haus wurde der im März 1990 mit 59 Prozent der Stimmen des Kongresses der Volksdeputierten zum ersten und letzten Präsidenten der Sowjetunion gewählte Gorbatschow am 18. August 1991 um 16.30 von einer aus Moskau eingetroffenen Gruppe von Funktionären (Plechanow, Boldin, Baklanow, Schenin und Warennikow) isoliert und zum Rücktritt als Präsident der Sowjetunion aufgefordert. Zwar scheiterte dieser Vorgang, aber am 25. Dezember 1991 erklärte Gorbatschow doch seinen Rücktritt als Präsident.
Im Anschluss an dieses Ergebnis verfolgt der Verfasser den politischen Weg des in Priwolnoje in der Region Stawropol am 2. März 1931 als Bauernkind in einer Kolchose geborenen, zuerst als Mähdreschermechaniker tätigen, zum Wehrdienst |
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Das Deutsche Kaiserreich 1890-1914, hg. v. Heidenreich, Bernd/Neitzel, Sönke. Schöningh, Paderborn 2011. 368 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Als Enkel des ersten Kaisers des zweiten Deutschen Reiches wurde der in Berlin am 27. Januar 1859 geborene Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen als Wilhelm II. mit 29 Jahren Kaiser. Zu einer seiner frühen Entscheidungen gehörte die Trennung von dem langjährigen Reichskanzler Otto von Bismarck im Jahre 1890. Mit seiner anschließenden eigenen Herrschaft befasst sich bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs der vorliegende Sammelband.
Im Vorwort erklärt Bernd Heidenreich die dadurch bestimmte Abgrenzung des Werkes. In den Inhalt führt Sönke Neitzel im Anschluss hieran ein. Den historischen Ort des deutschen Kaiserreichs bestimmt Dieter Langewiessche.
Gegliedert ist das insgesamt 17 Beiträge enthaltende Werk in zwei Teile, die Wirtschaft, Innenpolitik und Gesellschaft einerseits und außenpolitische Perspektiven andererseits betreffen. Der erste Teil befasst sich dabei etwa mit der ökonomischen Entwicklung, mit der Innenpolitik zwischen Dynamik und Stillstand, mit dem kulturellen Leben, mit der Kunst, mit bewegten Frauen, mit dem jüdischen Leben, mit dem deutschen Kolonialismus zwischen deutschem Sonderweg und europäischer Globalisierung und der gesellschaftlichen Stellung des Militärs. Von außen her folgt der Behandlung der internationalen Stellung und Außenpolitik Deutschlands und Überlegungen zum Kriegsausbruch die Sicht Großbritanniens, Frankreichs, Österreichs, Russlands und Japans, so dass insgesamt von ausgewiesenen Sachkennern auf dem aktuellen Forschungsstand ein vielfältiges Bild des Aufbruch wie Stillstand bietenden Deutschen Reiches am Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert vorgelegt wird, dem zwar Anmerkungen am Ende angefügt sind, das aber leider nicht durch ein Register erschlossen wird.
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Das Februarpatent 1861. Zur Geschichte und Zukunft der österreichischen Landtage, hg. v. Kriechbaumer, Robert/Bussjäger, Peter (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek 42). Böhlau, Wien 2011. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In ihrem kurzen Vorwort gehen die Herausgeber von dem Föderalismus und der Bundesstaatlichkeit der Gegenwart aus, wobei sie mit der vorherrschenden Ansicht die Umwandlung der Vereinigten Staaten von Amerika von einem Staatenbund in einen Bundesstaat im Jahre 1787 als Geburtsstunde des Föderalismus als politisches Organisationsprinzip betrachten. Diesem amerikanischen Vorbild folgten im 19. Jahrhundert die Schweiz, Kanada und Australien sowie als Sonderfall mit deutlicher preußischer Dominanz der Norddeutsche Bund und das Deutsche Reich Bismarcks. In der Habsburgermonarchie wurde mit dem Februarpatent 1861 in Form eines Rahmengesetzes für alle cisleithanischen Länder eine Landes- und Wahlordnung sowie die Schaffung von Landtagen ermöglicht, wobei auf Grund der Dominanz der Zentralverwaltung der zentralstaatliche Ordnungsrahmen überwog.
Zwar entstanden dann 1918 mit der Abschaffung der Monarchie in Österreich neue Verfassungsbedingungen, doch führten sie wegen der verschiedenen ideologischen Vorstellungen der politischen Parteien nur zu einem Kompromiss, der die Entwicklung eines republikanischen Patriotismus erschwerte. Demgegenüber begründete die Anwesenheit der Besatzungsmächte nach 1945 ein gesamtstaatliches Bewusstsein, in dem das Verhältnis zwischen Ländern und Bund zunächst nicht verändert wurde. Da der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahre 1995 das Gewicht der Länder aber in Frage stellte, veranstalteten die Präsidenten der neun Landtage Österreichs anlässlich der 150. Wiederkehr des Februarpatents von 1861 im Jahre 2011 im Rahmen ihrer Tagung in Salzburg ein Symposium zum Thema Landtage auf dem Weg in die Zukunft, |
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Der frühmittelalterliche Staat - europäische Perspektiven, hg. v. Pohl, Walter/Wieser, Veronika (= Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse , Denkschriften, Band 386 = Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 16). Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2009. X, 616 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Walter Pohl, *!953 in Wien, 1984 bei Herwig Wolfram über die Awaren promoviert, 1989 für Geschichte des Mittelalters und 2001 für historische Hilfswissenschaften habilitiert und durch wichtige Arbeiten über die Germanen und über die Völkerwanderung ausgewiesen, ist seit 2004 Direktor des Instituts für Mittelalterforschung der österreichischen Akademie der Wissenschaften. Veronika Wieser studierte seit 1996 Theaterwissenschaft, Politikwissenschaft, Geschichtsforschung, historische Hilfswissenschaften und Archivwissenschaft, schloss mit Catherine Feik 2006 eine Diplomarbeit bei Andrea Griesebner über Handlungsspielräume katholischer Eheleute im 18. Jahrhundert ab und promoviert seitdem unter der Betreuung Walter Pohls über Zeit und Apokalypse - Die Konsolidierung sozial-politischer Räume im Frühmittelalter. Gemeinsam vertreten die beiden Herausgeber im kurzen Vorwort des vorliegenden Bandes die von Walter Pohl schon 2006 in einem Sammelband über „Staat im frühen Mittelalter“ begründete Ansicht, dass der mittelalterliche Staat eines der Forschungsgebiete ist, in dem die europäische Mittelalterforschung noch kaum eine gemeinsame Linie gefunden hat.
Deswegen hat die in Wien im September 2007 mit Hilfe der vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und dem an Walter Pohl verliehenen Wittgensteinpreis durchgeführte internationale Tagung „Staat und Staatlichkeit im Früh- und Hochmittelalter“ in diesem schwierigen Forschungsfeld das Gespräch zwischen unterschiedlichen Ansätzen gesucht. Der vorliegende Band legt die Ergebnisse dar, bewusst nicht als Synthese, sondern als strukturierten |
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Der Judenrat von Białystok. Dokumente aus dem Archiv des Białystoker Ghettos 1941-1943, hg. v. Anders, Freia/Stoll, Katrin/Wilke, Karsten. Schöningh, Paderborn 2010. 527 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerDerjudenratvonbiaŀystok20111231 Nr. 14136 ZIER 1 (2011) 73. IT
Der Judenrat von Białystok. Dokumente aus dem Archiv des Białystoker Ghettos 1941-1943, hg. v. Anders, Freia/Stoll, Katrin/Wilke, Karsten. Schöningh, Paderborn 2010. 527 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vom 23. März bis zum 14. April 1967 verhandelte das Landgericht Bielefeld gegen den ehemaligen Leiter der Dienststelle „Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes für den Bezirk Bialystok“ und seine Mitarbeiterwegen der Deportation der jüdischen Bevölkerung aus den Ghettos Biaŀystok, Grodny und Prużany in die Vernichtungslager Auschwitz und Treblinka. Für die Beweisführung kam den Dokumenten des Judenrats von Biaŀystok entscheidende Bedeutung zu. Durch sie konnte bewiesen werden, dass die Angeklagten in dem Bewusstsein gehandelt hatten, die Juden durch die Deportation in den Tod zu senden, so dass sie wegen Beihilfe zu Mord schuldig gesprochen wurden.
Das vorliegende Werk enthält eine vollständige deutsche Übersetzung aller erhaltenen Protokolle und Meldungen des Judenrats zwischen Sommer 1941 und Frühjahr 1943. Dabei handelt es sich um 433 amtliche, an die jüdische Bevölkerung zwischen dem 8. Juli 1941 und dem 1. April 1943 gerichtete und öffentlich angeschlagene Bekanntmachungen (z. B. Alle Personen, die aufgefordert werden, sich zu melden, um nach Prużany wegzufahren, müssen der Aufforderung Folge leisten. Diejenigen, die die Forderung nicht erfüllen, werden streng bestraft werden.) und 52 interne Protokolle von Sitzungen und öffentlichen Versammlungen zwischen dem 2. August 1941 und dem 11. November 1942. Die Übersetzung wurde von dem Schweizer Theologen Prof. Dr. Hans-Peter Stähli auf der Grundlage der Edition der jiddischsprachigen Dokumente (mit hebräischer Übersetzung) durch den 1902 in Borszczów in Polen geborenen Literaturwissenschaftler Nahman Blumenthal (in Jerusalem 1962) erstellt. |
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Die „Ereignismeldungen UdSSR“ 1941. Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion I, hg. v. Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej/Matthäus, Jürgen/Cüppers, Martin (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart 20). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011. 927 S., 36 Abb., 8 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Als die deutsche Wehrmacht im Frühsommer 1941 in die Sowjetunion einfiel, folgten ihren Heeresgruppen vier jeweils etwa bataillonsstarke Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD). Von Reinhard Heydrich mit dem weit gefassten Auftrag einer sicherheitspolizeilichen Befriedung versehen und der Kontrolle der Militärverwaltung faktisch entrückt, zogen deren Sonder- und Einsatzkommandos im Zusammenwirken mit den von Heinrich Himmler eingesetzten Höheren SS- und Polizeiführern (HSSPF) in den rückwärtigen Armee- und Heeresgebieten bald eine blutige Spur nach sich: Allein für den Zeitraum bis Frühjahr 1942 lassen sich anhand eigener Buchführung der Täter mindestens 535000 mit Masse jüdische Tötungsopfer dieser „Truppe des Weltanschauungskrieges“ (Helmut Krausnick und Hans-Heinrich Wilhelm 1981) belegen. Über ihre Einsätze hatten die Kommandos Berichte anzufertigen, die dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin zugeleitet, dort zusammengefasst, redigiert und in ein vorgegebenes Format gegossen wurden. So entstanden zunächst 195 tägliche „Ereignismeldungen UdSSR“ (EM), modifiziert fortgeführt ab Mai 1942 in Form 55 wöchentlich herausgegebener „Meldungen aus den besetzten Ostgebieten“; sie wurden als „Geheime Reichssache“ einem ausgewählten Kreis zugeleitet und stellen ein einzigartiges Selbstzeugnis deutscher Besatzungspraxis im Osten dar. Obwohl es bereits am Ende der 1950er Jahre Bestrebungen gab, dieses bislang vor allem von Staatsanwälten im Zuge ihrer Ermittlungen wie der Anklagevorbereitung verwertete (eine zentrale Rolle spielten die Dokumente erstmalig |
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Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie Alte Prager Akten. hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv. Band 1 A-D, Band 2 E-J, hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Ortlieb, Eva. Erich Schmidt, Berlin 2009, 2011. 745, 803 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie Alte Prager Akten. hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv. Band 1 A-D, Band 2 E-J, hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Ortlieb, Eva. Erich Schmidt, Berlin 2009, 2011. 745, 803 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Reichshofrat bzw. anfangs königliche oder kaiserliche Hofrat ist der nach mittelalterlichen Vorläufern (am 13. 12.) 1497 begründete Hofrat (für Rechtssachen aus Reich und Erbländern und Gnadensachen) des Königs bzw. des Kaisers des Heiligen römischen Reichs in Wien (1559 Reichshofrat, Ordnung vom 3. 4. 1559). Er wird zunächst zur obersten Regierung und Justizbehörde bestimmt, entwickelt sich aber allmählich zu einem mit dem Reichskammergericht konkurrierenden Gericht des ihn allein besetzenden und finanzierenden Kaisers (im 18. Jh. ganz überwiegend Reichshöchstgericht). Insgesamt sind von ihm etwa 100000 Sacheinheiten und aus der Zeit zwischen 1559 und 1806 445 Reichshofräte bekannt sowie rund 70000 Judizialakten erhalten.
Zuletzt hat sich ihm besonders Wolfgang Sellert gewidmet. Seinen unablässigen Bemühungen ist es schließlich gelungen, ein Unternehmen zur besseren Erschließung der Akten mit Hilfe öffentlicher Mittel in Gang zu bringen, dessen erste Früchte von Bernd Schildt der Öffentlichkeit bereits ausführlich, zeitnah und sachkundig vorgestellt worden sind (ZRG GA 128 2011). Dementsprechend genügt es an dieser Stelle auf die wichtigsten Eckdaten der ersten Serie in der Hoffnung hinzuweisen, dass das schwierige und aufwendige, derzeit auf etwa 30 Prozent des überlieferten Bestands konzentrierte Erschließungsverfahren in überschauberar Zeit ein glückliches Ende finden werde.
Die erste Serie betrifft die nach dem Tode Kaiser Rudolfs II. (1576-1612) zunächst in der Filiale der Reichskanzlei in Prag verbliebenen, zwischen 1771 und 1773 nach |
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Die DDR - eine deutsche Geschichte. Wirkung und Wahrnehmung, hg. v. Brunner, Detlev/Niemann, Mario. Schöningh, Paderborn 2011. 474 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die DDR - eine deutsche Geschichte. Wirkung und Wahrnehmung, hg. v. Brunner, Detlev/Niemann, Mario. Schöningh, Paderborn 2011. 474 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der vorliegende Band ist dem Rostocker Zeithistoriker Werner Müller, der sich neben der Geschichte des (deutschen) Kommunismus (1979) und der Geschichte der deutschen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung (1988, 2007) stets auch für die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik besonders interessierte, zu seinem 65. Geburtstag gewidmet. Die beiden Herausgeber sind Privatdozenten am Historischen Institut der Universität Rostock. Beabsichtigt ist keine Geschichte der DDR aus einem Guss, sondern ein bunter Strauß von Beiträgen aus dem Kreis der Kollegen und „Schüler“, der auf Zuwachs an Forschungserträgen unterschiedlichster Art angelegt ist.
Nach einer kurzen Einleitung der Herausgeber schaffen zunächst fünf Beiträge Fundamente für das Werk. Zehn Studien befassen sich mit Politik und Gesellschaft, darunter Alexander Gallus mit den Metamorphosen des Intellektuellen im 20. Jahrhundert am Beispiel Peter Alfons Steinigers zwischen Weimarer Republik und DDR. Sechs Aufsätze zeigen Grenzen und Verflechtungen von den Zwangsumsiedlungen im Bezirk Suhl bis zu den Spuren Lateinamerikas in der DDR.
Insgesamt liefern die interessanten Arbeiten zahlreiche neue Erkenntnisse. Sie betreffen etwa die Periodisierung, die älteren Traditionslinien, die Revolutionsvorstellungen, die Verfassungsdiskurse, die Besatzungsherrschaft, die Parteigeschichte, die Kulturpolitik, die Sozialpolitik, das Verhältnis der beiden deutschen Staaten zueinander, die Regionalgeschichte oder die Biographie. Wer immer sich näher für die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik interessiert, kann aus dem leider eines Sachregisters entbehrenden Band, an dem 21 zwischen 1928 und 1979 geborene Gelehrte aus Darmstadt, Hagen, Leipzig, Berlin, Rostock, Dresden, Chemnitz, Duisburg-Essen, Erfurt, Flensb |
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Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen, hg. v. Hilgendorf, Eric (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 4 Leben und Werk). De Gruyter, Berlin 2010. XIV, 706 S., 21 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen, hg. v. Hilgendorf, Eric (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 4 Leben und Werk). De Gruyter, Berlin 2010. XIV, 706 S., 21 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Für wohl die meisten Menschen ist nichts so wichtig und interessant wie das eigene ich. Bald danach kommt vermutlich die unmittelbare Umgebung, so dass es kaum überraschen kann, dass ein Sammelband über die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen rasch nach Erscheinen das Interesse eines Rezensenten fand. Leider konnte der Verlag kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen, so dass der Herausgeber auf Grund einer Ausleihe wenigstens in einigen Zeilen auf das gewichtige, Günter Spendel gewidmete Werk hinweisen muss.
In seiner abgewogenen Einführung nennt Eric Hilgendorf als verdienstvoller Organisator als Ziel die Beleuchtung der Entwicklung der deutschsprachigen Strafrechtswissenschaft und Strafrechtsgeschichte in den letzten 50 Jahren an Hand repräsentativer Selbstdarstellungen, wodurch die individuelle Entwicklungsgeschichte in die Gesamtgeschichte in der Form der Zeitgeschichte eingebettet wird. Dass die Autobiographie Vorzüge wie Nachteile haben kann, problematisiert er an Hand der bisherigen Literatur. Auch das zweite Kernproblem der Auswahl der Autoren spricht er sachgerecht an, wobei immer ein Rest von Subjektivität bleiben muss.
Aufgenommen sind in alphabetischer Reihenfolge Gunther Arzt, Manfred Burgstaller, Albin Eser, Hans Joachim Hirsch, Hans-Heinrich Jescheck, Günther Kaiser, Diethelm Kienapfel, Karl Lackner, Ernst-Joachim Lampe, Klaus Lüderssen, Werner Maihofer, Wolfgang Naucke, Claus Roxin, Hans-Ludwig Schreiber, Friedrich-Christian Schroeder, Günter Spendel, Günter Stratenwerth, Klaus Tiedemann, Herbert Tröndle und Ulrich Weber sowie Erinnerungen an Theodor Lenckner durch Eduard Schramm. Oft nur mit Wehmut verbindbares Bildnis und Schriftenverzeichnis runde |
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Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Band 4 Polen September 1939-Juli 1941, bearb. v. Friedrich, Klaus-Peter. Oldenbourg, München 2011. 751 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Band 4 Polen September 1939-Juli 1941, bearb. v. Friedrich, Klaus-Peter. Oldenbourg, München 2011. 751 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945 ist ein wissenschaftliches Großdokumentationsprojekt, das auf insgesamt 16 Bände ausgelegt ist (Deutsches Reich 3, Polen, West- und Nordeuropa 2, Deutsches Reich und Protektorat 2, Sowjetunion mit annektierten Gebieten 2, Polen Generalgouvernement, Polen eingegliederte Gebiete, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Südost- und Südeuropa, Ungarn, das KZ Auschwitz und die Zeit der Todesmärsche). Hiervon sind Band 1 im Januar 2008, Band 2 im Oktober 2009 und Band 4 im Februar 2011 erschienen. Der seinerzeit letzte Band hatte auch rasch einen sachkundigen Interessenten gefunden, doch war die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich, so dass der Herausgeber auf Grund einer Ausleihe des Bandes wenigstens in wenigen Zeilen auf das bedeutende Vorhaben hinweisen muss.
Vorangestellt ist der Edition nach einem Vorwort des Herausgeberkreises und einer editorischen Vorbemerkung eine rund 40 Seiten umfassende Einleitung. Nach ihr gerieten nach dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 binnen weniger Wochen etwa zwei Millionen polnischer Juden unter deutsche Herrschaft. Davon lebten nach dem Abzug der Besatzungsmacht fünf Jahre später nur noch zehn Prozent.
Im Einzelnen geht die Einleitung sehr sorgfältig auf die Juden in Polen bis zum ersten Weltkrieg, die Juden in der zweiten polnischen Republik, den Weg in den Krieg, den deutschen Überfall auf Polen, die Schicksalsfrage des Fliehens oder Bleibens, die Verwaltung der besetzten Gebiete, die Vertreibung, die Kennzeichnung und Ausraubung, Judenräte und jüdische soziale Selbsthilfe, Zwangsarbeit, Gettoisierung, den Alltag und die R |
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Die Vorlesungen der Berliner Universität 1810-1834 nach dem deutschen und lateinischen Lektionskatalog sowie den Ministerialakten, hg. v. Virmond, Wolfgang. Akademie, Berlin 2010. 780 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Vorlesungen der Berliner Universität 1810-1834 nach dem deutschen und lateinischen Lektionskatalog sowie den Ministerialakten, hg. v. Virmond, Wolfgang. Akademie, Berlin 2010. 780 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die in Berlin 1810 eröffnete Universität hat ihre Vorlesungen, Repetitorien, Examinatorien, praktischen Übungen, Exkursionen, Seminare, Sprachkurse u. s. w. regelmäßig in gedruckten deutsch-lateinischen Lehrveranstaltungsverzeichnissen (Lektionskatalogen) öffentlich bekannt gemacht. Von insgesamt 10389 bis einschließlich 1834 in dieser Weise angekündigten Lehrveranstaltungen wurden vermutlich 2789 (also mehr als 25 Prozent) nicht durchgeführt, während umgekehrt wohl 273 durchgeführte Lehrveranstaltungen nicht vorher angekündigt wurden. Wolfgang Virmond, in Berlin 1978 mit der germanistischen Dissertation über Hermann Botes Eulenspiegelbuch und seine Interpretation (1981) promoviert, hat sich als Folge seiner Befassung mit dem Nachlass Friedrich Schleiermachers mit den Akten über die Vorlesungen befasst und als privates Unternehmen mit verschiedentlicher öffentlicher Unterstützung ein umfangreiches, sehr interessanten Nachschlagewerk geschaffen.
Es zeigt etwa für das Wintersemester 1810/1811, wie in der den theologischen Wissenschaften folgenden und der Heilkunde, den philosophischen Wissenschaften, den mathematischen Wissenschaften, den Naturwissenschaften, den kameralistischen Wissenschaften, den schönen Künsten, den historischen Wissenschaften, der Altertumskunde, den philologischen Wissenschaften, den neueren Sprachen und Literatur sowie den öffentlichen gelehrten Anstalten vorausgehenden Rechtswissenschaft Professor Schmalz vor Anfang der Vorlesungen öffentlich vor 50 Hörern über die gegenwärtige Lage der Jurisprudenz in Deutschland und die Methode ihres Studiums las, das europäische Völkerrecht, allgemeines und positives Staatsrecht der europäischen Reiche sowie Deutsches Recht, besonders Handels- See- und Wechsel |
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Die weltanschaulichen Grundlagen des NS-Regimes. Ursprünge, Gegenentwürfe, Nachwirkungen. Tagungsband der XXIII. Königswinterer Tagung im Februar 2010,. hg. v. Becker, Manuel/Bongartz, Stephanie, (= Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e. V. 15). LIT, Berlin 2011. II, 237 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die weltanschaulichen Grundlagen des NS-Regimes. Ursprünge, Gegenentwürfe, Nachwirkungen. Tagungsband der XXIII. Königswinterer Tagung im Februar 2010,. hg. v. Becker, Manuel/Bongartz, Stephanie, (= Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e. V. 15). LIT, Berlin 2011. II, 237 S. Besprochen von Martin Moll.
Die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e. V. veranstaltet regelmäßig wissenschaftliche Konferenzen zu Geschichte und Nachwirkungen des Widerstands gegen das NS-Regime. Bei der 2010 in Königswinter abgehaltenen Tagung sollten neue Wege beschritten und das Themenfeld über den Widerstand hinaus erweitert werden: Ausgehend von der durch die „new intellectual history“ neuerdings bekräftigten Erkenntnis Karl Dietrich Brachers, wonach das 20. Jahrhundert ein Zeitalter der Ideologien war, wurde beschlossen, sich mit den „ideengeschichtlichen Grundlagen“ des NS-Staates und des als Konterpart verstandenen Widerstandes zu befassen (S. 3). Erweitert um einige zusätzliche Beiträge bildet der Tagungsband eine Mischung unterschiedlichster Themen, Ansätze und Zugänge, die der Haupttitel nur teilweise wiedergibt.
Der Band gliedert sich in vier Abschnitte, wovon nur die ersten beiden der NS-Ideologie gewidmet sind. Aufgrund der Bedeutung des Wissens um die Vordenker des Nationalsozialismus befasst sich die erste Sektion mit „Wurzeln und Vorläufern“. Hans-Christof Kraus’ Beitrag „Über einige geistesgeschichtliche Voraussetzungen des Nationalsozialismus“ bietet exzellente methodologische Überlegungen über das Verhältnis der Geistesgeschichte zur Realgeschichte. Wie auch andere Autoren dieses Bandes schätzt er die Weltanschauung des Nationalsozialismus ungeachtet diverser Atavismen als eine genuin moderne Ideologie ein, deren von Kraus beschriebene Elemente allesamt seit der Spätaufklärung nachweisbar seien (S. 29f.). Mehr ins Detail geht sodann Armin Pfahl-Traughbers Untersuchung der Bedingungsfaktoren der NS-Judenfeindschaft. Daran |
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Diktaturüberwindung in Europa. Neue nationale und transnationale Perspektiven, hg. v. Hofmann, Birgit/Wezel, Katja/Hammerstein, Katrin/Fritz, Regina/Trappe, Julie. Winter, Heidelberg 2010. 347 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Diktaturüberwindung in Europa. Neue nationale und transnationale Perspektiven, hg. v. Hofmann, Birgit/Wezel, Katja/Hammerstein, Katrin/Fritz, Regina/Trappe, Julie. Winter, Heidelberg 2010. 347 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Diktaturen, so schreibt der vor allem durch seine bahnbrechenden Beiträge zur Hitlerforschung bekannt gewordene Stuttgarter Historiker Eberhard Jäckel in seinem kurzen Vorwort, richten nicht nur Schäden während ihres Bestands an, sondern hinterlassen auch und vor allem Schäden an ihrem Ende. Mit diesem Befund befasst sich der vorliegende, leider eines Registers entbehrende Sammelband. Er beruht auf einer Tagung, die von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gefördert, organisatorisch betreut und durch Übernahme der Druckkosten unterstützt wurde.
Nach einer kurzen Einleitung der Herausgeberinnen gliedern sich die 21 Beiträge verschiedener Nachwuchskräfte aus Heidelberg, Berlin, Wien, Leipzig, Talinn, Prag, Washington, Freiburg, Oxford, Potsdam, Bonn und Westungarn in fünf Abschnitte. Dabei werden zunächst Chancen und Grenzen von Diktaturüberwindung in den Formen Wiedergutmachung, Restitution und Transitional Justice etwa am Beispiel der Restitution jüdischer Kulturgüter untersucht. Dem folgt die Erinnerung als Politik durch öffentliche Produktion von Geschichtsbildern etwa über den Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland, in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder in Österreich.
Vier Studien widmen sich den Repräsentationen der Diktatur in postdiktatorischen Räumen von Denkmälern, Museen und Gedächtnisorten. Ebenso viele Untersuchungen vergleichen Diktaturen im neuen Europa als Perspektiven der Totilarismusforschung, während abschließend Holocaust und GULag gegenübergestellt werden. Dabei wird insgesamt nicht nur sichtbar, dass die Größe der Schäden durch eine Diktatur von ihrer Dauer mitbestimmt ist, sondern auch, dass es internationaler Anstrengungen bedarf, um sie |
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Ditt, Thomas, „Stoßtruppfakultät Breslau“. Rechtswissenschaft im „Grenzland Schlesien“ 1933-1945 (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 67). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XIV, 318 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Thomas Henne betreute, im Sommersemester 2009 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation des 1977 geborenen, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Trier, Berlin (HU) und Tokio 2009 in den höheren auswärtigen Dienst Deutschlands eingetretenen Verfassers. Sie behandelt, gefördert durch die International Max Planck Research School for Comparative Legal History, ein interessantes Thema der jüngeren Rechtsgeschichte. Dabei gliedert sie in Prolog, , drei Kapitel, letztes Kapitel und Bilanz.
Der Prolog beginnt mit einer Annäherung, in der Breslau, die aus dem Zusammenschluss der 1702 errichteten Jesuitenhochschule und der 1506 in Frankfurt an der Oder gegründeten Universität 1811 geschaffene Universität und auf dieser Grundlage die am Ende des Jahres 1932 mit Eugen Rosenstock-Huessy (bis 1933/1934), Ernst Cohn (1932/1933), Hans Albrecht Fischer (1929-1942), Theodor Süss (1929-1933/1935) und Walter Schmidt-Rimpler (1922-1937) im Zivilrecht, mit Johannes Nagler und Arthur Wegner (bis 1934) im Strafrecht, mit Hans Helfritz(, Heinrich Pohl) und Ludwig Waldecker (1933/1934) im öffentlichen Recht sowie Axel Freiherr von Freytagh-Loringhoven als Honorarprofessor und Friedrich Schöndorf am Osteuropa-Institut besetzte Fakultät in der Weimarer Republik dargestellt werden. Politische Professoren (Freytagh-Loringhoven 1920-1942, Helfritz 1920-1945, Wegner 1926-1934 und Waldecker 1933/1934) und Antisemitismus bringen die Fakultät im „jüdischen“ bzw. „verjudeten“ Breslau in die Schlagzeilen. Im Sommer 1933 befindet sie sich zwischen den Systemen und wird mit Hilfe des Berufsbeamtengesetzes arisiert (Cohn, Waldecker, Wegner, Rosenstock-Huessy, Süss?). |
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Eichler, Frank, Recht ohne Schrift. Zur Rechtspflege des Mittelalters in Deutschland. Boysen + Mauke, Hamburg 2010. 80 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Verfasser der auf der Vorderseite des Umschlags mit einem Ausschnitt aus einer Miniatur einer Gerichtszene der Bilderhandschrift des Hamburger Stadtrechts von 1497 und auf der Rückseite mit einem repräsentativen Brustbild des Autors geschmückten Schrift ist in den letzten Jahren vor allem durch eine Reihe von Veröffentlichungen zum Hamburger Ordeelbook von 1270 und zum Hamburger Stadtrecht von 1497 hervorgetreten. Dadurch wurde er unmittelbar auch mit dem Verhältnis von schriftlichem Recht und mündlichem Recht konfrontiert. Seine in der Studie Mündlichkeit als Medium des Mittelalters mit dem Schwergewicht auf der mündlichen Nachrichtenverbreitung begonnene Auseinandersetzung führt er hier in Bezug auf die Rechtsgeschichte im Allgemeinen fort.
Dabei geht er von der Mündlichkeit aus und betrachtet dann das Leben mit der Mündlichkeit. Danach wendet er sich den Gesetzen - ungeschrieben - zu und umreißt den Personenkreis der Bewahrer, die Textformen der Überlieferung, die mündliche Rechtsentwicklung, den Beginn der Aufzeichnungen wie in Hamburg oder im Sachsenspiegel und die geschriebenen Rechte im mündlichen Umfeld. Im Anschluss hieran stellt er Gerichte ohne Akten vor und geht dabei besonders auf Zeugenprozesse, mündliche Verhandlung, Urteilsschelte, Gerichtszeugnis, öffentliche Rechtsakte und den Weg der Schrift zum Recht ein.
Im Ergebnis sieht er die Mündlichkeit als prägendes Merkmal der mittelalterlichen Rechtspflege an, neben dem nur noch die Überzeugung von der Verlässlichkeit eines Eides etwa gleiche Bedeutung hatte. Auf dieser Grundlage fragt er abschließend, ob es verwunderlich sei, dass das durch das Erwachsenwerden vieler lebenslang tradierte Recht als gut und alt empfunden worden sei. Darin wird man ihm nicht widersprechen können, doch bedeutet dies nicht, dass |
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Erinnerungsorte des Christentums, hg. v. Markschies, Christoph/Wolf, Hubert unter Mitarbeit v. Schüler, Barbara. Beck, München 2010. 800 S., 126 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Erinnerungsort ist die deutsche Lehnübersetzung des französischen lieu de mémoire. Diese Wendung geht auf den aus jüdischer Herkunft in Paris 1931 geborenen, Philosophie und Geschichte studierenden, bis 1960 in Oran/Algier als Lehrer arbeitenden, ab 1977 als Studienleiter der École des Hautes Ètudes en Sciences Sociales in Paris wirkenden Historiker Pierre Nora zurück, der damit die Vorstellung verbindet, dass sich das kollektive Gedächtnis einer sozialen Gruppe wie beispielsweise der französischen Nation an bestimmten Orten kristallisiert, wobei der Ort ein geographischer Ort, eine mythische Gestalt, ein Ereignis, eine Einrichtung, ein Begriff, ein Buch, ein Kunstwerk oder noch etwas Anderes sein kann, aber in seiner besonders aufgeladenen symbolischen Bedeutung für die angesprochene Gruppe identitätsstiftende Wirkung haben kann, soll oder muss. 1984 erschienen von ihm in dem ihm eng verbundenen Verlag Gallimard Les lieux de mémoire in sieben Bänden, deren Erfolg auch in anderen Ländern Erinnerungsorte nach sich zog (z. B. Erinnerungsorte Frankreichs 2005).
Dementsprechend verzeichnet allein die Deutsche Nationalbibliographie am 9. Dezember 2011 unter dem Freitext Erinnerungsort 99 Titel, deren ältester in den Studienverlag in Innsbruck und das Jahr 1997 zurückführt. Besonders erinnerungsträchtig ist naturgemäß wegen seines hohen Alters und seiner weiten Verbreitung das Christentum. Für dieses haben ein katholischer Theologe und ein evangelischer Theologe aus Berlin und Münster, gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung, 40 Orte ausgewählt.
Das damit vorgezeichnete Werk geht in der Einleitung der Herausgeber von dem Bibelwort Tut dies zu meinem Gedächtnis aus und ordnet das Christentum als Erinnerungsreligion ein. Der Veranschulichung dienen (in |
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Fasser, Manuel, Ein Tirol - zwei Welten. Das politische Erbe der Südtiroler Feuernacht von 1961. Studienverlag, Innsbruck 2009. 192 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das im Zuge der Völkerwanderung von Bayern besiedelte Gebiet südlich des Brenners bis zur Salurner Klause, dessen Bevölkerung 1918 zu 93 Prozent deutschsprachig, zu 4 Prozent ladinischsprachig und zu 3 Prozent italienischsprachig war, geriet nach der Gründung des Königreichs Italien (1861) in den Interessenbereich dieses neuen Nationalstaats, der es sich von England 1912 bzw. in einem Londoner Geheimabkommen vom 26. 5. 1915 als Lohn für einen Kriegseintritt auf Seiten der Alliierten zusagen ließ, nach dem Sieg der Alliierten 1919 besetzte und unter Ansiedlung von Süditalienern zu italienisieren versuchte (um 1970 mehr als 105000 Italiener in Südtirol). Österreich bekräftigte 1930 die Ansicht, dass die damit aufgeworfene Südtirolfrage eine innere Angelegenheit Italiens sei und Adolf Hitler stellte die Bewohner am 23. 6. 1939 in einem Optionsabkommen mit Benito Mussolini vor die Entscheidung für Italien oder die Aussiedlung in das Deutsche Reich, die etwa 75000 Südtiroler wahrnahmen, von denen allerdings rund 22000 bis 1952 wieder zurückkehrten. In einem bewaffneten Kampf gegen Italien sprengten Mitglieder des Geheimbunds Bundesausschuss Südtirol in der Nacht vom 11. Juni auf den 12. Juni 1961 (nur) 37 von 100 geplanten Strommasten, um die Weltöffentlichkeit auf die Behandlung Südtirol durch Italien aufmerksam zu machen und das Recht auf Selbstbestimmung im Sinne der Vereinigung Südtirols mit Nordtirol und Osttirol durchzusetzen.
Mit diesem Vorgang beschäftigt sich der1982 in Ehenbichl bei Reutte im Außerfern Tirols geborene, in Politikwissenschaft und Betriebswirtschaft ausgebildete, mehr als zehn Jahre als Journalist der Tiroler Tageszeitung tätige Verfasser. Er nennt als damals tätige Männer und Frauen Heinrich Klier, Josef Fontana, Sepp Mitterhofer, Luis Gutmann |
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Ferk, Janko, Eine forensische Trilogie. Drei Novellen. Edition Atelier. Wien 2010. 174 S. Besprochen von Gerharde Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerFerkeineforensischetrilogie20111122 Nr. 14058 ZIER 1 (2011) 87
Ferk, Janko, Eine forensische Trilogie. Drei Novellen. Edition Atelier. Wien 2010. 174 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Sankt Kanzian am Klopeiner See 1958 geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft, deutschen Philologie und Geschichte in Wien als Richter des Landesgerichts Klagenfurt und als Honorarprofessor für Literaturwissenschaft an der Universität Klagenfurt wirkende Verfasser ist seit 1981 (Der verurteilte Kläger) literarisch tätig und hat etwa 1999 den Titel Recht ist ein Prozess - über Kafkas Rechtsphilosophie vorgelegt. Von ihm auf das Werk eigens aufmerksam gemacht, hat der Herausgeber die Zusendung eines Rezensionsexemplars vorgeschlagen. Da dies aus unbekannten Gründen leider nicht gelang, muss er nach Ausleihe wenigstens in einigen Zeilen auf den Recht und Literatur vereinigenden Band aufmerksam machen.
Der Inhalt besteht aus einem langen Brief an den Staatsanwalt. Ihm folgt ein gleich langer Brief an den Richter. Den Beschluss bildet ein Brief an F.
Der Schreiber befindet sich wegen einer zwar begangenen, aber keine Schuld in ihm auslösenden Tat in Untersuchungshaft. Zwecks Erwirkung eines gerechten Verfahrens wendet er sich an den Staatsanwalt und an den Richter und schreibt nach Wiedergewinnung der Freiheit an seine Geliebte F. Schuld, Verständnis und Gerechtigkeit in Gesellschaft und Rechtsordnung sind dabei die bewegenden Grundfragen, die der Verfasser literarisch verfremdend aufgreift.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Festschrift 200 Jahre AGBG, hg. v. Fischer-Czermak, Constanze/Hopf, Gerhard/Kathrein, Georg/Schauer, Martin, 2 Bände. Manz, Wien 2011. XVIII, 796, XII, 797-1789 S. |
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Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch Österreichs gehört zu den großen Rechtsquellen Europas, wenn nicht sogar der gesamten Welt. Mag auch das bürgerliche Recht seit seiner Entstehung mehr und mehr dem Verfassungsrecht untergeordnet worden sein, so ist doch seine überragende Bedeutung für alle Menschen grundsätzlich ungebrochen. Darüber hinaus kann man es mit dem kurzen Vorwort der verdienstvollen Herausgeber des vom Verlag gediegen und edel zugleich ausgestatteten Werkes durchaus als eine Besonderheit ansehen, wenn eine noch in Geltung stehende Kodifikation den 200. Jahrestag ihres Inkrafttretens erreicht.
Dementsprechend feiert Österreich dieses Jubiläum mit voller Berechtigung in herausragender Weise. Zahlreichen Festveranstaltungen stehen vielfältige Veröffentlichungen zu Seite. Einen besonderen Rang nimmt dabei das von der Wiener Juristischen Gesellschaft, der Wiener Juristischen Gesellschaft, dem Verein der Freunde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, der Österreichischen Notariatskammer, dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, dem Österreichischen Juristentag und der Oesterreichischen Nationalbank finanziell unterstützte Werk ein.
Es vereint zwar insgesamt keine 200 namentlich genannten Gratulanten, aber doch weit mehr als 80 einzelne Beiträge. Sie gliedern sich in insgesamt sechs Abteilungen. Diese betreffen das ABGB im Dialog der Rechtsordnungen, Entwicklungslinien des Zivilrechts 1900-2011, Grundsatzfragen der Gegenwart, das ABGB in der Rechtsprechung, ABGB und Verfassungsrecht sowie das ABGB und Europa.
Im Dialog der Rechtsordnungen werden zunächst die Einflüsse auf das Gesetzbuch erörtert. Wohl in alphabetischer Reihenfolge der Verfasser untersucht zunächst Wilhelm Brauneder den Einfl |
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Francisco de Vitorias „De Indis“ in interdisziplinärer Perspektive. Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit II, II, 3, hg. v. Brieskorn, Norbert/Stiening, Gideon. Frommann-holzboog, Stuttgart (Cannstatt) 2011. X, 256 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Burgos um 1483 geborene, 1505 dem Dominikanerorden beigetretene, in Paris geschulte, 1523 in Valladolid und ab 1526 in Salamanca lehrende, dort am 12. August 1546 gestorbene katholische Moraltheologe Francisco (de Arcaya y Compludo bzw.) de Vitoria wird als Begründer der Schule von Salamanca und der damit verbundenen Spätscholastik in Spanien angesehen. Statt den Sentenzen des Petrus Lombardus folgt er hauptsächlich der Summa theologiae seines Ordensbruders Thomas von Aquin. Ihn interessieren vor allem Antworten auf zeitgenössische Fragen wie der friedlichen Ordnung unter den frühneuzeitlichen europäischen Staaten, in deren Rahmen er in einer Vorlesung des Jahres 1539 auch de Indis (über Indianer) handelt.
In ihrem kurzen Vorwort stufen die Herausgeber Francisco de Vitorias Relectio de Indis überzeugend als eine der ersten theoretisch bedeutenden und praktisch wirksamen Auseinandersetzungen der frühneuzeitlichen Wissenschaften mit der Rechtmäßigkeit der spanischen Eroberungen seit 1492 ein. Sie greift nämlich die Probleme dieses Handelns tatsächlich auf und versucht naturrechtliche und völkerrechtliche Lösungsansätze. Der vorliegende, aus einer im Oktober 2009 an der Hochschule für Philosophie abgehaltenen Tagung eines Teilprojekts des Sonderforschungsbereichs 573 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Pluralisierung und Autorität in der frühen Neuzeit) hervorgegangene Sammelband strebt eine interdisziplinäre Einordnung des Werkes an.
Zu diesem Zweck werden nach einer kurzen Einleitung der Herausgeber neun Beiträge vorgelegt. Sie betreffen als historische Kontexte Ethnologie und Rechtsgeschichte (Martin Schmeisser, Ofelia Huamanchumo de l |
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Friedrich, Mark, Ferdinand von Martitz (1839-1921) (= Rechtshistorische Reihe 426). Lang, Frankfurt am Main 2011. XL, 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerFriedrichferdinadnvonmartitz20111225 Nr. 14119 ZIER 1 (2011) 52. IT
Friedrich, Mark, Ferdinand von Martitz (1839-1921) (= Rechtshistorische Reihe 426). Lang, Frankfurt am Main 2011. XL, 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die in Innsbruck angenommene Dissertation des vorrangig in München ausgebideten, als Rechtsanwalt tätigen Verfassers. Ihr liegt auch eine nicht mehr ohne weiteres erkennbare familiäre Beziehung zu Grunde. Im Kern beruht sie auf genuinem geschichtlichen Erkenntnisinteresse.
Ferdinand von Martitz, den der Verfasser zur persönlichen Veranschaulichung auf der Seite VIII mit einem Brustbild aus dem Jahre 1908 und damit kurz vor Vollendung des 70. Lebensjahrs ablichtet, wurde aus einer wohl ursprünglich aus Schlesien stammenden, 1608 in der Immatrikulation eines Matthias Matitzia Milicenis Silesius in Frankfurt an der Oder greifbaren, im Reich und in Preußen 1695 geadelten Familie in Insterburg am 27. April 1839 als Sohn eines Oberstleutnants geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Königsberg und Leipzig wurde er 1861 in Königsberg mit einer Dissertation über das Standesrecht des Sachsenspiegels promoviert und 1864 als Schüler Wilhelm Albrechts mit einer Untersuchung über das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels und der verwandten Rechtsquellen habilitiert. 1872 wurde er nach Freiburg im Breisgau, 1875 nach Tübingen und 1898 nach Berlin berufen, nachdem er sich seit 1868 modernen Rechtsfragen wie etwa der Verfassung des Norddeutschen Bundes zugewendet hatte.
Der Verfasser gliedert seine ansprechende, aus archivalischen wie gedruckten Quellen sorgfältig erarbeitete Untersuchung überschaubar in insgesamt neun Kapitel. Sie verfolgen chronologisch den beruflichen wie privaten Lebensweg des vor allem durch seine völkerrechtlichen und auslieferungsrechtlichen Arbeiten zu internationalem Ansehen gelangten preußisch-konservativen, meist akribisch vorgehenden Juriste |
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Geiger, Peter, Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945. Verlag Chronos, Zürich 2010. 1328 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Geiger, Peter, Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945. Verlag Chronos, Zürich 2010. 1328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Peter Geiger wurde in Monbiel in Graubünden am 22. Oktober 1942 geboren, lebt aber seit seinem fünften Lebensjahr (und damit etwa 1947) in Liechtenstein. Nach den Schulen in Mauren und Eschen und dem Lehrerseminar in Rorschach sowie einer Tätigkeit als Primarlehrer in Buchs studierte er Geschichte, Germanistik und Romanistik in Zürich und Wien und wurde 1970 in Zürich mit einer 400 Seiten umfassenden Geschichte des Fürstentums Liechtenstein zwischen 1848 und 1866 promoviert. Parallel zu einer Tätigkeit an der Kantonsschule Sankt Gallen wirkte er als Dozent für Geschichte und politische Bildung an der Pädagogischen Hochschule Sankt Gallen, unterbrach aber diese Aufgaben durch ein Studienjahr in Seattle und wurde seit 1987 er großenteils für einen Lehrauftrag am Liechtenstein-Institut beurlaubt, aus dem heraus er sich 1999 an der Universität Freiburg im Üchtland für Zeitgeschichte habilitierte.
Während der gesamten Zeit legte er weitere wichtige Werke zur Liechtensteiner Geschichte vor. Sie betreffen etwa Kleinheit und Interdependenz (1990), Peter Kaiser (1993), Russen in Liechtenstein (1996), Liechtenstein zwischen 1928 und 1939 und Fragen zu Liechtenstein in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg (Flüchtlinge, Vermögenswerte, Kunst, Rüstungsproduktion, Schlussbericht der unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg). Damit hat er eine hervorragend Grundlage für seine zweibändige Geschichte Liechtensteins von 1939 bis 1945 gelegt.
Sie gliedert sich in insgesamt 11 Teile. Sie beginnen vor dem Zweiten Weltkrieg und behandeln nacheinander Liechtenstein bei Kriegsbeginn, die militärische Bedrohung des niemals eingenommenen Landes, die Außenpolitik, die innere und äußere Verunsicherung vor allem im Jahre 1940, die Auseinandersetzung mit und die Abwehr gegen den Nationalsozialismus (und An |
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Geschichte Niedersachsens Band 5 Von der Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung, hg. v. Steinwascher, Gerd in Zusammenarbeit mit Schmiechen-Ackermann, Detlef/Schneider, Karl-Heinz (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 36). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2010. 1390 S., 160 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Geschichte Niedersachsens Band 5 Von der Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung, hg. v. Steinwascher, Gerd in Zusammenarbeit mit Schmiechen-Ackermann, Detlef/Schneider, Karl-Heinz (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 36). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2010. 1390 S., 160 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das durch die Verordnung Nr. 55 der britischen Militärregierung am 1. 11. 1946 vor allem aus dem Land Hannover Preußens, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe gebildete deutsche Bundesland Niedersachsen ist jung, hat aber weit in die Vergangenheit reichende Wurzeln, zu denen in erster Linie der germanisch-germanistische Stamm der Sachsen gehört. Eingedenk dieser hat der in Pegau 1919 geborene, nach schwerer Verwundung in Frankreich in Frankfurt am Main und Jena in Geschichte, Kunstgeschichte, Germanistik und Latein ausgebildete, nach dem Archivdienst in Altenburg und Jena 1956 in den Westen geflohene, bei Walter Schlesinger in Marburg mit einer Untersuchung über die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen habilitierte, 1963 nach Gießen und 1970 nach Göttingen berufene (1995 verstorbene) niedersächsische Landeshistoriker Hans Patze eine Geschichte Niedersachsens begründet. Sie begann 1977 mit ihrem Erscheinen, doch sind die Bände 2,2 und 4 noch in Vorbereitung.
Nach den Bänden 1 über die Grundlagen und das frühere Mittelalter, 2,1 über Politik, Verfassung, Wirtschaft vom 9. bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert, Band 3 von der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts konnte nun erfreulicherweise auch der gewichtige Band 5 abgeschlossen werden. Er reicht von der Novemberrevolution des Jahres 1918 bis zur Herstellung deutscher Einheit zum 3. Oktober 1990. Er umfasst damit auch erstmals eine Zeit, in der es ein politisches Gebilde Niedersachsen wirklich gibt, auch wenn er naturgemäß niemals bis zur sich ständig verschiebenden Gegenwart vordringen kann.
Gegliede |
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Go, Sabine, Marine Insurance in the Netherlands 1600-1870. A comparative institutional approach. Aksant, Amsterdam 2009. 332 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Versicherung, die bisher als deutsches Wort erstmals 1490 nachweisbar ist, erwuchs wohl erst im Laufe des Mittelalters in der Form des Erwerbs eines Anspruchs auf eine (Schadensausgleichs-)Leistung eines Versicherers an einen Versicherten. Nach unsicheren frühmittelalterlichen Vorläufern zeigt sich im Hochmittelalter eine Gegenseitigkeit der Schadenshilfe bei Diebstahl, Brand, Beerdigungskosten, Lösegeldzahlung und Schiffsverlust. Daraus entwickelt sich allmählich ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen Versicherungsgemeinschaft bzw. Versicherer und Versicherungsnehmer bzw. Versicherten.
Die besondere Seeversicherung für Menschen und Sachen gegen die bei der Seefahrt bestehenden besonderen Gefahren erscheint erstmals 1319 und ist in Venedig bereits im 15. Jahrhundert von großer tatsächlicher Bedeutung. Da die Gefahren der Seefahrt weltweit von ähnlicher Bedeutung sind, ist daher auch die Entwicklung der Seeversicherung in den Niederlanden von besonderem Interesse. Ihr widmet sich die eindrucksvolle, von der Freien Universität Amsterdam angenommene wirtschaftswissenschaftliche Dissertation der 1970 geborenen, an der Universität forschenden Verfasserin.
Sie gliedert sich insgesamt in fünf Kapitel. Nach einer kurzen Einführung in den Gegenstand, die Methoden, das Ziel , die Quellen und den Aufbau der Arbeit geht die Verfasserin räumlich vor und betrachtet nacheinander Groningen, den führenden europäischen Versicherungsmarkt Amsterdam und schließlich Rotterdam mit den jeweiligen Besonderheiten sehr sorgfältig. Am Ende ihres durch Quelle, Literatur und Index sowie einige Abbildungen bereicherten gelungenen Werkes kann sie die große Bedeutung der Seeversicherung in den Niederlanden ebenso bestätigen wie die regionalen Verschiedenheiten und kann die Kennzeichen der Einric |
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Greiner, Bettina, Verdrängter Terror. Geschichte und Wahrnehmung sowjetischer Speziallager in Deutschland, Hamburger Edition, Hamburg 2010. 525. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Greiner, Bettina, Verdrängter Terror. Geschichte und Wahrnehmung sowjetischer Speziallager in Deutschland, Hamburger Edition, Hamburg 2010. 525 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die wohl von Stig Förster betreute, von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit einem Stipendium geförderte, 2008 von der historischen Fakultät der Universität Bern angenommene, in Erinnerung an Erika von Prittwitz und Gaffron (1907-2001) veröffentlichte Dissertation der Verfasserin. Sie behandelt die Speziallager des Geheimdiensts der Sowjetunion in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone des Deutschen Reiches bzw. in der Deutschen Demokratischen Republik. Nach offiziellen Angaben des Volkskommissariats bzw. Ministeriums für innere Angelegenheiten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken waren dort 157837 Männer und Frauen (122671 deutsche Zivilisten und 34706 Staatsangehörige der Sowjetunion festgehalten worden wie z. B. Gustaf Gründgens, Karl Ritter von Halt, Eduard Zimmermann oder Karl-Heinz Kurras, wobei die Verfasserin die tatsächliche Zahl der Insassen auf insgesamt 189000 schätzt, von denen mindestens 44000 Deutsche dort verstarben.
Die Verfasserin gliedert ihre beeindruckende Studie nach einer Einleitung über das Lagersystem, die Internierten und die durch sowjetische Militärtribunale Verurteilten in drei Teile, wobei sie mit den Haftmaßnahmen beginnt. Danach betrachtet sie die Hafterfahrungen (Verhaftung, GPU-Keller, Speziallager Nr. 7/Nr. 1 Sachsenhausen, Bruchstücke). Anschließend stellt sie die Hafterinnerungen der Überlebenden in Freiheit einschließlich des Preises der Anerkennung dar.
Im Mittelpunkt steht das gewaltgeprägte Sozialgefüge in einem Lebenskontext, in dem das Ausbleiben von Gewalt einer Belohnung gleichkommt. Am Ende stuft sie mit guten Gründen diese mit Beschluss des Zentralkomitees vom 30. Dezember 1949 aufgelösten Speziallager als Konzentrationslager ein. Wie diese waren sie lange verd |
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Gribbohm, Günter, „Geführte“ Strafjustiz - Reichsgericht und Kriegsstrafrecht im zweiten Weltkrieg (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen/Kleine Schriften 21). Lit, Münster 2009. XII, 78 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gribbohm, Günter, „Geführte“ Strafjustiz - Reichsgericht und Kriegsstrafrecht im zweiten Weltkrieg (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen/Kleine Schriften 21). Lit, Münster 2009. XII, 78 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Günter Gribbohm (*1932) wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Kiel 1960 mit einer Unte4rsuchung über Verwendung und Funktionen der Unzumutbarkeit im Strafrecht unter Berücksichtigung vor allem der Tatbestände des besonderen Teils des Strafgesetzbuchs promoviert. Bereits während seiner aktiven Zeit als Richter, in der bis zum vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Deutschlands aufstieg, befasste er sich mit der Geschichte der Justiz in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Besonders bekannt geworden sind seine Werke über das Reichskriegsgericht und das vorhergehende Reichsmilitärgericht.
Die vorliegende Studie hat gleich nach ihrem Erscheinen das Interesse eines sachverständigen Rezensenten gefunden. Leider war dem Verlag eine Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich. Aus diesem Grunde muss der Herausgeber nach Ausleihe wenigstens in einigen Zeilen besonders darauf hinweisen.
Gegenstand der Untersuchung ist die Unabhängigkeit des Richters im Deutschen Reich während des Weltkriegs in den Jahren zwischen 1939 und 1945. Dazu untersucht der Verfasser Justizkrise und Justizführung und danach vor allem Verfahren gegen Volksschädlinge, Gewaltverbrecher, Gewohnheitsverbrecher, Sittlichkeitsverbrecher und Wehrkraftzersetzer vor dem Reichsgericht. Im Ergebnis stellt er überzeugend fest, dass das Reichsjustizministerium, das Reichsgericht (vor allem der Besondere Strafsenat, des Führers Senat unter dem Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten), die wohl seit 1941 beginnende Justizführung und die geführte Strafjustiz im Bereich des Kriegsstrafrechts auf höchster Ebene vor allem durch unsachgemäße Handhabung gesetzestechnisch unzulänglicher, im Auszug im Anhang wiedergegebener Strafvorschr |
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Gudmundsson, Óskar, Snorri Sturluson - Homer des Nordens. Eine Biographie. Aus dem Isländischen übersetzt v. Jucknies, Regina. Mit einem Vorwort v. Simek, Rudolf. Böhlau, Köln 2011. 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gudmundsson, Óskar, Snorri Sturluson - Homer des Nordens. Eine Biographie. Aus dem Isländischen übersetzt v. Jucknies, Regina. Mit einem Vorwort v. Simek, Rudolf. Böhlau, Köln 2011. 447 S.
Óskar Gudmundsson ist Historiker. Er arbeitet in Reykjavik in Island. Gegenstand des vorliegenden Werkes ist Snorri Sturluson, den der Bonner Germanist ,Rudolf Simek in seinem kurzen Vorwort der deutschen Ausgabe den Giganten der isländischen Literatur nennt, dessen Ruhm denjenigen des isländischen Nobelpreisträgers für Literatur des Jahres 1955 weit überstrahlt.
Geboren 1179 in Hvammur und erschlagen am 23. September 1241, machte sich Snorri Sturluson als Dichter, Historiker und Politiker um sein Land in hohem Maße verdient. Zweimal war er während seines zweiundsechzigjährigen Lebens Gesetzessprecher des Allthings. Des Schreibens und Lesens hervorragend mächtig und in Latein, Theologie, Landeskunde und Recht glänzend gebildet, hat er die freilich erst sechzig Jahre nach seinem Tode aufgezeichnete Snorra-Edda als Einführung in die Mythologie, die skaldischen Stilmittel und die Verslehre verfasst. Vermutlich stammt von ihm auch die Heimskringla (Weltkreis) als Geschichte der Könige Norwegens, das er 1218 und 1237 besuchte, und vielleicht auch die Egils saga.
Dem einführenden Vorwort folgt die „Biographie“ in drei Teilen. Davon reicht der erste Teil vom 8. Juli 1181 bis 1220, der zweite Teil von 1220 bis 1232 und der dritte Teil von 1233 bis zum Tode am 23. September 1241. Rund 700 Anmerkungen, ein kurzes Glossar, zwei genealogische Übersichten, ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Personenregister runden die eng den verwendeten Quellen und ihren vielfältigen, nicht immer leicht verständlichen Einzelheiten folgende Darstellung vor allem des mittelalterlichen, um Macht ringenden Herrschaftsträgers ab.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Haffer, Dominik, Europa in den Augen Bismarcks. Bismarcks Vorstellungen von der Politik der europäischen Mächte und vom europäischen Staatensystem (= Otto-von-Bismarck-Stiftung, Wissenschaftliche Reihe 16). Schöningh, Paderborn 2010. 723 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Haffer, Dominik, Europa in den Augen Bismarcks. Bismarcks Vorstellungen von der Politik der europäischen Mächte und vom europäischen Staatensystem (= Otto-von-Bismarck-Stiftung, Wissenschaftliche Reihe 16). Schöningh, Paderborn 2010. 723 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Dominik Haffer studierte Geschichte, Politik und Rechtswissenschaft an der Universität Marburg, wo er im Sommersemester 2008 mit der vorliegenden, von Peter Krüger angeregten und betreuten Dissertation im Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften promoviert wurde. Im Anschluss hieran absolvierte er das Archivreferendariat am Hauptstaatsarchiv Dresden und an der Archivschule Marburg. Danach leitete er die Archivberatungsstelle Hessen und wechselte zum 1. September 2010 als Leiter des Sachgebiets Archivberatung zum LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum in Brauweiler.
Seine gewichtige, von der Konrad-Adenauer-Stiftung durch ein dreijähriges Promotionsstipendium unterstützte Untersuchung beruht auf ausgedehnten Forschungen im politischen Archiv des auswärtigen Amts Berlin, im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg im Breisgau, im geheimen Staatsarchiv preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem, im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde und in der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh bei Hamburg. Gegliedert ist sie außer in eine Einleitung und eine Schlussbetrachtung in insgesamt fünf Teile. Sie reichen von Überlegungen zum politischen Handeln Bismarcks über die Wurzeln des Europabilds Bismarcks, Deutschland und Europa vor und nach dem Krimkrieg (von 1853 bis 1856 zwischen Russland einerseits und dem Osmanischen Reich, Frankreich, Großbritannien sowie Sardinien/Italien andererseits), Krisen und Kriegen als Stationen europäischer Politik bis zum Deutschen Reich als neue Größe im europäischen Staatensystem. Der Verfasser will vor allem die Ideen ermitteln, mit deren Hilfe Bismarck eine berechenbare Politik im Rahmen europäischen Rechts und politischer Kultur ans |
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Hattenhauer, Christian, Einseitige private Rechtsgestaltung - Geschichte und Dogmatik (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 4). Mohr (Siebeck, Tübingen 2011. XXVIII, 530 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Christian Hattenhauer wurde in Kiel 1966 geboren und nach Wehrdienst, Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Freiburg im Breisgau, Paris und Münster und der ersten juristischen Staatsprüfung (1992) mit seiner verfassungsgeschichtlichen Dissertation über Wahl und Krönung Franz II. AD 1792 in Münster 1994 promoviert. Danach nahm ihn Martin Josef Schermaier als Assistenten an seinem romanistischen Lehrstuhl auf und ermöglichte ihm die Universitätslaufbahn. Geprägt von der kritischen Sicht des aus Österreich kommenden Romanisten, europäischen Dogmenhistorikers und klaren Dogmatikers unternahm er mit geschärftem Blick eine neue Betrachtung eines Ausschnitts der als häufig geschichtslos, selbstgefällig und in ihrer Begrifflichkeit befangen bezeichneten deutschen Rechtswissenschaft, deren Erstbegutachtung Heinz Holzhauer mit überzeugendem Ergebnis oblag.
Die damit im Sommersemester 2003 von der juristischen Fakultät der Universität Münster angenommene Habilitationsschrift wurde für den Druck gründlich überarbeitet. Dabei konnte der Verfasser nach seiner umgehenden Berufung an die älteste juristische Fakultät in der Bundesrepublik Deutschland als Nachfolger von Adolf Laufs erfreulicherweise bereits auf die Unterstützung neuer Mitarbeiter zurückgreifen. So bedauerlich die durch dienstliche Belastungen und weitere Verpflichtungen inzwischen eingetretene zeitliche Verzögerung an sich auch ist, so sehr scheint sie ausgeglichen durch die damit mögliche Aufnahme in eine repräsentative Reihe des für Habilitationsschriften vielleicht bekanntesten deutschsprachigen juristischen Verlages.
Gegliedert ist das gewichtige Werk in zwei Teile mit insgesamt 13 Kapiteln. Davon behandelt der erste Teil die Geschichte der e |
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Henning, Eckart/Herfurth, Dietrich, Orden und Ehrenzeichen. Handbuch der Phaleristik. Böhlau, Köln 2010. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die aus dem Griechischen übernommenen lateinischen phalerae sind der blanke Stirnschmuck und Brustschmuck als Brustschmuck der Männer, besonders der Krieger als militärische Auszeichnung, als Brustgeschmeide der Frauen und als in halbmondförmigen Schildchen bestehender Stirnschmuck und Brustschmuck der Pferde, mit denen das Riemenwerk an Stirn und Brust geschmückt war. Etymologisch gehört das Wort zu dem Adjektiv phaleros, hellfarbig, weiß, das seinerseits auf die indogermanische Wurzel *bhel- (1) glänzend, weiß, glänzen zurückgeführt wird. Dieser Glanz war sachlich kaum lebensnotwendig, aber zur individuellen Unterscheidung wohl schon früh hilfreich und begehrt.
Die davon abgeleitete Wissenschaftsdisziplin Phaleristik verspricht einem mit dem preußischen Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste geschmückten Handbuch ebenfalls Glanz und Bedeutung. Seine Verfasser sind der bis 2006 als Direktor des Archivs zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin-Dahlem wirkende Honorarprofessor für Archivwissenschaft und historischen Hilfswissenschaft der Neuzeit an der Humboldt-Universität zu Berlin und der durch ordenskundliche Fachbücher und Kataloge hervorgetretene Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats in der deutschen Gesellschaft für Ordenskunde. Nach dem Geleitwort des Präsidenten der Gesellschaft haben beide in jahrelanger mühevoller Arbeit ein Werk geschaffen, das Anfängern, fortgeschrittenen Sammlern und Außenstehenden den Umgang mit historischen Orden und Ehrenzeichen erleichtern wird und soll.
Behandelt wird zunächst die wichtige Frage der Orden oder Ordenszeichen (Kreuze, Sterne, Medaillons, Bruststerne, Strahlen, Rangkronen, militärische Kennzeichnungen, Ketten, Bänder, Ordensdevisen, Ordenskleidung, Zeremonialgewänder) und Ehrenzeichen (Kreuze, Medaillen, ste |
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Heumann, Hans-Dieter, Hans-Dietrich Genscher. Die Biographie. Schöningh, Paderborn 2011. 320 S. , Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Hans-Dietrich Genscher prägte als Außenminister der Bundesrepublik Deutschlands zwischen 1974 und 1992, obwohl er 1982 die sozial-liberale Koalition aufgab und auf die Seite Helmut Kohls trat, eine ganze Ära deutscher Außenpolitik. Sein Biograph sieht seine Leistung vor allem darin, dass er den Einfluss und das Ansehen der Bundesrepublik in der internationalen Politik dauerhaft stärkte. Als Jurist verdient Genscher dabei auch die besondere Aufmerksamkeit der Rechtsgeschichte.
In Reideburg bei Halle an der Saale am 21. März 1927 als Sohn eines früh verstorbenen Juristen geboren, wurde er 1943 Luftwaffenhelfer, wirkte 1944 im Reichsarbeitsdienst, wurde Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, meldete sich 1945 zur Wehrmacht, arbeitete nach Kriegsgefangenschaft und Entlassung als Bauhilfsarbeiter, wurde Mitglied der Liberaldemokratischen Partei, legte 1946 eine Ergänzungsreifeprüfung ab, schloss 1949 das Studium der Rechtswissenschaft in Halle mit der ersten juristischen Staatsprüfung ab und wechselte am 20. August 1952 über West-Berlin in die Bundesrepublik Deutschland, wo er alsbald der Freien Demokratischen Partei beitrat. Nach der zweiten juristischen Staatsprüfung des Jahres 1954 in Hamburg wirkte er zwei Jahre als Anwaltsassessor und Rechtsanwalt in Bremen, ehe er sich dauerhaft der Politik verschrieb.
Sein in Celle 1950 geborener, nach dem Studium von Musik und Sozialwissenschaft in Köln und Berlin 1980 in den Auswärtigen Dienst aufgenommener, 1982 bei Karl Dietrich Bracher promovierter, danach in Bonn, New York, Moskau und an vielen anderen Stellen tätiger Biograph begann seine Annäherung an das vorliegende Buch mit Überlegungen zur Geschichte der deutschen Diplomatie. Hieraus ergab sich in langen Gesprächen mit Hans-Dietrich Genscher, den das Werk als Mensch, Polit |
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Hockerts, Hans Günter, Der deutsche Sozialstaat. Entfaltung und Gefährdung seit 1945 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 199). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011. 367 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Hans Günter Hockerts, in Echternach 1944 geboren, wurde nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Philosophie in Saarbrücken 1969 mit einer Dissertation über die Sittlichkeitsprozesse gegen katholische Ordensangehörige und Priester 1936/1937 promoviert und habilitierte sich als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn 1977 mit seiner Schrift über Sozialpolitische Entscheidungen im Nachkriegsdeutschland - alliierte und deutsche Sozialversicherungspolitik 1945-1957. Nach einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde er 1981 Professor in der Abteilung für neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Universität München, wechselte 1982 auf einen Lehrstuhl an der Universität Frankfurt, kehrte aber 1986 nach München zurück. Seit 2009 ist er entpflichtet.
Mit der deutschen Sozialpolitik ist er seit seiner Habilitationsschrift bestens vertraut. Dementsprechend hat er 1996 ein Werk über Idee und Entwicklung, Reformzwänge und Reformziele des Sozialstaats vorgelegt, 1998 drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit nachgezeichnet und 2010 soziale Ungleichheit im Sozialstaat beschrieben. Seine vielfältigen, dabei gewonnenen Erkenntnisse vermag er nun in einem Sammelband vierzehner Einzelstudien räumlich und gedanklich zusammenzufassen.
Nach einer einführenden Einleitung erörtern die Beiträge zunächst die sozialstaatliche Gründung der Bundesrepublik. Dem folgt die Entfaltung des westdeutschen Sozialstaats, der die Deutsche Demokratische Republik als gescheiterte Alternative gegenübergestellt wird. Ein Verzeichnis der ersten Druckorte (von 1981 bis 2010) und ein kurzes Personenregister mit Konrad Adenauer als Höhepunkt runden den mit dem lachenden Norbert Blüm vor dem (aus heutig |
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Hofer, Sibylle, Richter zwischen den Fronten - Die Urteile des Berner Prozesses um die «Protokolle der Weisen von Zion» 1933-1937. Helbing Lichtenhahn, Basel, 2011. 216 S., 5 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Bei den „Protokollen der Weisen von Zion“ handelt es sich um den wohl bekanntesten antisemitischen Text überhaupt; seine genauen Ursprünge konnten bis dato nicht restlos geklärt werden, weshalb sich Antisemiten jeder Couleur immer noch gerne des Pamphlets bedienen und trotz konträrer Sachlage dessen vorgebliche Authentizität weiterhin reklamieren. Tatsache ist, dass die nachgewiesenermaßen aus fiktiven Quellen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kompilierte, wohl auf russische Veranlassung in Frankreich verfasste und seit 1905 als Teil der weite Verbreitung erlangenden, mystischen Auslassungen des Sergej Alexandrowitsch Nilus popularisierte Schrift bald von Judengegnern in aller Welt – in Deutschland von Theodor Fritsch und Alfred Rosenberg, in den USA vom Automobilmagnaten Henry Ford – aufgegriffen und propagandistisch verwertet wurde. Ihr Inhalt gibt vor, „Protokolle“ von „Tagungen“ einer angeblichen jüdischen Geheimorganisation zu dokumentieren und damit deren rücksichtslose Pläne zur Unterjochung der Völker und zur Erringung der Weltherrschaft offenzulegen.
Um die Haltlosigkeit dieser Verschwörungstheorie im Umfeld erstarkender nationalsozialistischer Tendenzen auch in der Schweiz öffentlich zu erweisen, erstatteten der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und die Israelitische Kultusgemeinde Bern Strafanzeige wegen Verbreitung dieser und weiterer antisemitischer Hetzschriften, worauf es zur Anklage gegen fünf Beschuldigte kam. Das Verfahren erster Instanz vor dem Einzelrichter (1933-1935) endete mit der Verurteilung zweier Angeklagter; im Appellationsverfahren vor der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern (1935-1937) wurde jedoch in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auf Freispruch entsc |
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Hofreiter, Gerda, Allein in die Fremde. Kindertransporte von Österreich nach Frankreich, Großbritannien und in die USA 1938-1941. StudienVerlag, Innsbruck 2010. 133 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die 1942 geborene Verfasserin schloss nach einem Berufsleben als Lehrerin an Volksschulen und Hauptschulen in Tirol 2007 mit der vorliegenden, die vorhandenen Quellen ansprechend auswertenden Diplomarbeit ein spätes Studium der Geschichte in Innsbruck ab. Gegenstand der Untersuchung ist der Weg von etwa 3-4000 jüdischen Kindern von Wien in fremde Länder, als nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 die nationalsozialistische Verfolgung von Juden auch auf Österreich übergriff und ab dem 20. Mai 1938 die Nürnberger Gesetze in der „Ostmark“ galten, so dass bis November 1938 schon mehr als die Hälfte der Juden aus den Bundesländern geflohen, ausgewandert oder nach Wien zwangsumgesiedelt wurde, am 17. Mai 1939 nur noch 94530 „Volljuden“ in der „Ostmark lebten und bis Ende 1939 ungefähr zwei Drittel der österreichischen Juden vertrieben wurden. Für Kinder ergaben sich daraus besondere Gefährdungen, aber auch Möglichkeiten.
Die Verfasserin gliedert ihre eindringliche Untersuchung in insgesamt 6 Kapitel. Sie beginnt mit der Lage unmittelbar nach dem Anschluss, in der sich die Frage nach dem Verlassen Österreichs stellte, und gelangt über die Jugendalija nach Palästina, die Bemühungen um Kindertransporte in alle Welt, die Kindertransporte von Wien in die USA, die Transporte jüdischer Kinder von Wien nach Frankreich und von Frankreich in die USA zu dem Ergebnis, dass viele jüdische Kinder aus der damaligen Ostmark allein in die Fremde reisen mussten und durften, dadurch aber letztlich alle in Sicherheit gelangten. Sie entgingen damit trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten und Schmerzen dem unmenschlichen Schicksal der bei Erlass des generellen Ausreiseverbots am 23. Oktober 1942 noch in Österreich verbliebenen (etwa 60000) Juden, von den |