Willoweit, Dietmar, Reich und Staat. Eine kleine deutsche Verfassungsgeschichte (= Beck’sche Reihe 2776). Beck, München 2013. 128 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Verfassung ist der allgemeine Zustand (oder die Verfasstheit) einer Gegebenheit. Ein Zustand hat in Bezug auf die Dimension Zeit grundsätzlich eine Geschichte. Sie kann man jeweils in den wichtigsten Grundzügen oder in möglichst vielen Einzelheiten erkunden und darstellen.
Dietmar Willoweit (*Klaipeda/Memel/Litauen 1936) hat sich mit der deutschen Verfassungsgeschichte als der Geschichte der das deutsche Gemeinwesen und damit die deutsche politische Ordnung prägenden rechtlichen Regeln und Strukturen in wichtigen Einzelfragen bereits in seiner von Siegfried Reicke betreuten Heidelberger Dissertation über die Entstehung exemter Bistümer im deutschen Reichsverband (1966) und in seiner Habilitationsschrift über die Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt (1970) befasst. Auf diesen detailliert ermittelten Grundlagen hat er nach seinem Wechsel nach Berlin, Tübingen und Würzburg 1990 eine umfassende deutsche Verfassungsgeschichte vom Frankenreich bis zur Teilung Deutschlands als Studienbuch bzw. Kurzlehrbuch im Umfang von XXIX und 369 Seiten vorgelegt, die bereits kurz nach der Herstellung deutscher Einheit eine zweite Auflage erfuhr. Sie konnte, erweitert bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, 1997 in dritter, 2001 in vierter, 2005 in fünfter, 2009 mit einer Zeittafel und einem Kartenanhang in sechster Auflage und zuletzt 2013 in siebenter, auf XXXIV und 511 Seiten erweiterter Auflage veröffentlicht werden, so dass der Verfasser ohne jeden Zweifel zu den führenden deutschen Verfassungshistorikern zählt.
Es zeichnet den Meister jeweils aus, dass er nicht nur die Einzelheiten kennt, sondern aus ihnen auch die wichtigsten Grundzüge ermitteln kann. Deswegen ist es sehr zu begrüßen, dass Dietmar Willoweit auf der Grundlage seiner erfolgreichen großen Verfassungsgeschic |
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Winkler, Heinrich August, Geschichte des Westens. Band 3 Vom Kalten Krieg zum Mauerfall. Beck, München 2014. 1258 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der in Königsberg 1938 geborene, 1944 mit seiner verwitweten Mutter nach Süddeutschland gelangte, nach dem Abitur in Ulm an den Universitäten Münster, Heidelberg und Tübingen in Geschichte, Philosophie, öffentlichem Recht und politischer Wissenschaft ausgebildete, 1963 bei Hans Rothfels in Tübingen mit einer Dissertation über preußischen Liberalismus und deutschen Nationalstaat bzw. die Geschichte der deutschen Fortschrittspartei zwischen 1861 und 1866 promovierte und in Berlin 1970 mit einer Schrift über Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus habilitierte, umgehend in Berlin eine Professur erhaltende und über Freiburg im Breisgau (1971) 1991 wieder nach Berlin zurückkehrende, 2007 an der Humboldt-Universität emeritierte Verfasser eröffnete sein umfangreichstes und bedeutendstes Werk im Jahre 2000. Dabei begann er mit den Anfängen in der Antike und schritt im Anschluss bis zum Ende des 19. Jahrhunderts aus. Westen war ihm von Beginn an örtlich das abendländische Europa mit seinen engeren Ausstrahlungen nach Osten wie Westen, vom Inhalt her der Bereich von Menschenrechten, Gewaltenteilung, Demokratie, Recht und Freiheit.
Sie wurden nicht in einer geraden Linie gewonnen, sondern in langwieriger politischer Auseinandersetzung. Diese erfolgte nicht überall gleichzeitig, sondern durchaus versetzt. Im zweiten Band wurde die Zeit der Weltkriege zwischen 1914 und 1945 sorgfältig und detailliert untersucht.
Hieran schließt der nunmehr vorgelegte, in fünf Teile (Anfänge des kalten Krieges, vom Koreakrieg zur Kubakrise, von der Konfrontation zur Entspannung, von der Entspannung zur Konfrontation, Abschied vom kalten Krieg) dritte Band lückenlos an, der als Gegensatz zum Westen auch die kommunistischen Diktaturen im Osten einbezieht und bei der Behandlung der politischen und wirt |
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Wölbern, Jan Philipp, Der Häftlingsfreikauf aus der DDR 1962/63-1989. Zwischen Menschenhandel und humanitären Aktionen (= Analysen und Dokumente 38). V&R Academic, Göttingen 2014. 563 S., 4 Tab., 15 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Erfindung des Geldes hat dem Menschen viele neue Möglichkeiten eröffnet. Dementsprechend konnte man noch am 8. April des Jahres 2014 in der Presse die Nachricht lesen: Indonesien zahlt an Saudi-Arabien (bzw. hinterbliebene Angehörige) 1,4 Millionen Euro (Blutgeld) zwecks Verhinderung der Hinrichtung des wegen Tötung seiner Arbeitgeberin zum Tode verurteilten Hausmädchens Satinah Bini Jumadi Ahmad s. http://www.koeblergerhard.de/jusnews2014.htm). Bereits Jahrzehnte früher war der Bundesrepublik Deutschland der Freikauf von Häftlingen aus der ehemaligen Deutschen Republik möglich, wie er mehr als 25 Jahre in erheblichem Umfang durchgeführt wurde.
Mit diesem besonderen Vorgang befasst sich die stattliche, geschichtswissenschaftliche, von Martin Sabrow betreute, mit der Bestnote bewertete Dissertation des 1980 in Marburg an der Lahn geborenen, in Geschichte, Politikwissenschaft und Englisch ausgebildeten, in Potsdam lebenden Verfassers. Er war von 2008 bis 2012 Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung und assoziierter Doktorand am Zentrum für zeithistorische Forschung Potsdam. Gegliedert ist seine Untersuchung nach einer ausführlichen Einleitung über Thema, Fragestellung, Forschungsstand, Quellenlage und Aufbau in acht chronologische bzw. sachliche Abschnitte über die dem Mauerbau wenig später folgende Entstehung des Freikaufs zwischen 1962 und 1964, Strukturen, Akteure und Mechanismen, den Freikauf als regelmäßige Sonderaktionen (1964-1972), den Freikauf als institutionalisiertes Programm (1973-1989), den Weg des Freikaufs vom medialen Halbdunkel zum offenen, über Privatkontakte, Westrundfunk und Menschenrechtsorganisationen in der DDR verbreiteten Geheimnis, die Auswirkungen, die wirtschaftlichen |
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Wolf, Joseph Georg, Lex Irnitana. Gesammelte Aufsätze (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge 66). Duncker & Humblot, Berlin 2012. 291 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das römische Recht ist die wichtigste geschichtliche Grundlage des in der Gegenwart weltweit ausgedehnten Rechtes und von Rom ausgehend entwickelten sich in seinem das Mittelmeer weit umspannenden Reich viele Städte. Dessenungeachtet sind die römischen Rechtsquellen weitgehend nur auf Grund der restaurativen Sammlungstätigkeit des oströmischen Kaisers Justinian im frühen 6. nachchristlichen Jahrhundert der Nachwelt erhalten geblieben und sind die Zeugnisse für die antiken Stadtrechte insgesamt eher spärlich. Dementsprechend kann der Verfasser das Vorwort seines instruktiven Sammelbandes mit dem Satz eröffnen, dass wir 40 Jahre vor dieser Neuerscheinung des Jahres 2012 noch nicht einmal wussten, dass es in der städtereichen römischen Provinz Baetica in Südspanien eine Stadt mit dem Namen Irni gab, auch wenn der von der Archäologie vernachlässigte Siedlungsplatz als solcher längst bekannt war.
Dies änderte sich, als Raubgräber (Clandestini) im Jahre 1981 mit einem Metalldetektor sechs Bronzetafeln (fünf ganz, eine als Fragment) nahe El Saucejo aufspürten und ausgruben, weil sich zeigte, dass in ihnen das Stadtrecht von Irni eingeschlagen ist. Die Tafeln wurden in der Folge zwar in zwei Partien verkauft, danach aber wieder ausfindig gemacht und befinden sich nach glücklicher Restauration in der Gegenwart im Archäologischen Museum Sevillas. Den mit ihnen zusammenhängenden Fragen hat der Verfasser in der Folge einen gewichtigen Teil seines umfassenden Lebenswerks gewidmet.
Insgesamt enthält der diesbezügliche, Wolfs Ausgabe des Jahres 2011 vorbereitende und nachträglich noch umrahmende Sammelband des Verfassers zwölf Studien, deren Erstveröffentlichungsorte aus den Jahren 2000 bis 2012 am Ende übersichtlich nachgewiesen werden. Sie begi |
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Wunschik, Tobias, Knastware für den Klassenfeind. Häftlingsarbeit in der DDR, der Ost-West-Handel und die Staatssicherheit (1970-1989) (= Analysen und Dokumente – Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik 37). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014. 364 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zum Wesen der Welt gehört der Gegensatz zwischen Sein und Schein, die übereinstimmen können, aber nicht in jedem Fall übereinstimmen müssen. Von daher versuchen Menschen zwecks Erreichung mittelbarer Ziele auch immer wieder ein vielfältiges Verhalten. In der Politik kann dies durchaus äußerliche öffentliche Gegnerschaft bei innerlichem geheimem Doppelspiel bedeuten, ohne dass die Öffentlichkeit davon so unterrichtet wird, wie sie dies erwarten könnte.
Mit einem Ausschnitt dieser Thematik befasst sich die mit einer Umschlagabbildung der Tischlerei der Produktionseinrichtung Möbel des Ministeriums des Innern in der Haftanstalt Magdeburg aus dem Jahre 1985 versehene informative Studie des 1967 geborenen, nach dem Studium der Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie in München und Berlin seit 1993 in der Abteilung Bildung und Forschung des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik tätigen, 1995 mit einer Dissertation über Baader-Meinhofs Kinder (die zweite Generation der RAF) in München promovierten Verfasssers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in drei Abschnitte. Sie betreffen den Arbeitseinsatz von Gefangenen, die Arbeitsbedingungen und den Westexport der Produkte aus Häftlingsarbeit.
Auf Grund neu aufgefundener Quellen kann der Verfasser dabei nachweisen, dass Häftlinge in der früheren Deutschen Demokratischen Republik aus repressivem, wirtschaftlichem und erzieherischem Grund arbeiten mussten und dass der Hauptzweck der Häftlingsarbeit dabei in ihrer wirtschaftlichen Nu |
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Wurch, Nils, David Mevius und das lübische Recht - dargestellt am Beispiel des „beneficium excussionis“ (= Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte 69). Böhlau, Köln 2015. 259 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Greifswald am 6. Dezember 1609 als Sohn eines Gelehrten geborene David Mevius zählt zu den bekannteren deutschen Juristen der frühen Neuzeit. Zwar führte er seinen Plan einer Zusammenfassung aller naturrechtlichen Regeln nicht aus und blieb sein mecklenburgisches Landrecht ein Entwurf. Aber 1642 kommentierte er das lübische Recht und ab 1664 veröffentlichte er Urteile des schwedischen Obertribunals in Wismar, an dem der 1634 an seine Heimatuniversität Berufene, 1637 als Syndikus in Stralsund tätige, 1670 verstorbene wissenschaftliche Praktiker seit 1653 wirkte.
Mit ihm befasst sich das vorliegende, von Karin Nehlsen-von Stryk betreute, im Sommersemester 2012 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau als Dissertation angenommene Werk, des zeitweise bei Wolfgang Kaiser und danach als Staatsanwalt tätigen Verfassers. Gegliedert ist der einer Einleitung folgende Hauptteil in insgesamt fünf Abschnitte. Sie betreffen das beneficium excussionis und das lübische Recht, das beneficium excussionis und Mevius‘ Statutentheorie, Mevius‘ Quellen- und Literaturhorizont, Ausnahmen von der Anwendbarkeit des beneficiums und einen Blick nach vorn zu Joachim Lucas Stein (1711-1785).
Im Mittelpunkt der sorgfältigen und ansprechenden Ausführungen des Verfassers steht die Statutenlehre Mevius‘ in Bezug auf ein konkretes dogmengeschichtliches Beispiel (der Vorausklage des Gläubigers gegen den Schuldner vor einer Klage gegen den Bürgen), deren Bedeutung Klaus Luig als herausragend beurteilte, während Frank Ludwig Schäfer nur geringfügige Veränderungen erkannte. Dabei kann der Verfasser beispielsweise feststellen, dass Mevius‘ Quellenhorizont zwar auch Urteile des Lübecker Rates umfasst, |
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Würzburger Ratsprotokolle 1432-1454, hg. v. Fuchs, Franz/Wagner, Ulrich, bearb. v. Bieber, Antonia (= Fontes Herbipolenses – Editionen und Studien aus dem Stadtarchiv Würzburg 9). Schöningh, Würzburg 2014. XXIV, 543 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das nach älteren Siedlungsspuren im Jahre 704 als Vorort eines fränkischen Herzogs bezeugte Würzburg wird 741/742 Sitz eines Bischofs, von dem zwischen 995 und 1223 386 Urkunden nachgewiesen sind. Um 1200 hat es schätzungsweise 7000 bis 8000 Einwohner, deren Zahl sich während des verbleibenden Mittelalters nicht mehr entscheidend erhöht. Nach dem Vorwort der Herausgeber des vorliegenden gewichtigen Werkes arbeitete die Verwaltung der Stadt zunächst noch lange weitgehend mündlich, weshalb für diese Zeit Verwaltungsschriftgut nicht besteht.
Um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert ist aber nach dem Vorbild norditalienischer Kommunen, denen nordalpine Städte nach 1300 folgen, auch in der Ratskanzlei der Stadt eine thematische Differenzierung der Verwaltungsvorgänge und ihres schriftlichen Niederschlags in der Form inhaltlich unterschiedlicher Amtsbücher und sachlich differenzierender Amtsbuchreihen festzustellen, die mit der Rechnungsführung beginnt. Dabei lassen sich unter den noch vor 1400 angelegten und erhalten gebliebenen Amtsbüchern Würzburgs die erste Rechnung des Jahres 1391 mit 22 Blättern und das zwischen 1395 und 1397 entstandene, 55 Papierblätter umfassende Seldenerbuch mit rund 2800 Betroffenen nennen. Auch wenn Würzburg damit und mit den weitere genannten wichtigen Quellen zeitlich nicht an der Spitze aller deutschen Städte steht, verwahrt das Würzburger Stadtarchiv mit den 1432 einsetzenden Ratsprotokollen doch insofern ein besonders wertvolles Unikat, als die in jeder Sitzung des städtischen Rates vom Stadtschreiber oder seinem Vertreter deutsch angefertigten Aufzeichnungen kurz alle Tagesordnungspunkte der Sitzung umfassen und damit einen anschaulichen Einblick in die ge |
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Zachmann, Urs Matthias, Völkerrechtsdenken und Außenpolitik in Japan, 1919-1960 (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 29). Nomos, Baden-Baden 2013. XIV, 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zachmann, Urs Matthias, Völkerrechtsdenken und Außenpolitik in Japan, 1919-1960 (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 29). Nomos, Baden-Baden 2013. XIV, 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Völkerrecht als die Gesamtheit der die Rechte und Pflichten der Staaten und anderen Völkerrechtssubjekte enthaltenden Rechtssätze ist überall dort und dann möglich, wo Völker und Staaten sowie Rechtssätze bestehen. Von daher reichen seine einfachsten Anfänge über Krieg und Frieden, Bündnisse und Gesandte Jahrtausende vor die Zeitwende zurück, werden aber regelmäßig mit dem europäisch-vorderasiatischen Kulturkreis verbunden. Auch seine moderne Gestalt wird mit der Ausbildung des Staates im ausgehenden europäischen Mittelalter in Beziehung gesetzt und auf spanische Spätscholastiker zurückgeführt.
Diesen europazentrierten Blickwinkel erweitert die von Klaus Vollmer betreute, im November 2010 von der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität München angenommene Habilitationsschrift des 1971 geborenen, in Hannover und Heidelberg in Rechtswissenschaft, Japanologie und Sinologie ausgebildeten, 2006 in Japanologie in Heidelberg summa cum laude promovierten und nach der Habilitation auf den Handa-Lehrstuhl für japanisch-chinesische Beziehungen der Universität Edinburgh berufenen Verfassers grundsätzlich. Nach einer Einleitung über Krieg und Ordnung im heutigen Völkerrecht, Japans Rolle in der Entwicklung des modernen Völkerrechts, Völkerrecht im Zeichen kulturell-historischer Heterogenität und japanische Völkerrechtsgeschichte als außereuropäische Geistesgeschichte behandelt sie ihren interessanten Gegenstand in fünf Kapiteln. Diese betreffen Außenpolitik und Völkerrecht in Japan zwischen 1603 und 1910, Japan und den Völkerbund, Japan und den Briand-Kellogg-Pakt, den mandschurischen Zwischenfall und Japans Austritt aus dem Völkerbund (1931-1933), Ordnungsdenken und Kriegsrecht während des asiatisch-pazifischen Krieges der Jahre von 19 |
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Zwangsarbeiter in Österreich 1939-1945 und ihr Nachkriegsschicksal. Ergebnisse der Auswertung des Aktenbestandes des „Österreichischen Versöhnungsfonds“ – Ein Zwischenbericht, hg. v. Bacher, Dieter/Karner, Stefan (= Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung 21). StudienVerlag, Innsbruck 2013. 352 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Zwangsarbeit als die unter äußerem Zwang geleistete Arbeit ist eine Form des tatsächlichen Umgangs des Stärkeren mit Schwächeren, die während des 20. Jahrhunderts eine zuvor kaum bekannte Größenordnung erreichte. Wegen ihr wurde 1951 erstmals ein Schadensersatzverfahren vor einem deutschen Zivilgericht durchgeführt. Seitdem hat sich vor allem unter dem Druck der Medien in der Weltöffentlichkeit die Einstellung zur Zwangsarbeit erheblich gewandelt.
Dementsprechend wollte sich nach langem Zögern Österreich am Beginn des 21. Jahrhunderts seinem schweren politischen Erbe von mehr als einer Million ziviler Zwangsarbeiter stellen und weit mehr als 50 Jahre nach den seinerzeitigen Ereignissen mit einer Geste des Mitgefühls und des Verständnisses auf die noch lebenden Menschen zugehen, die während des zweiten Weltkriegs auf dem Gebiet des heutigen Österreichs Zwangsarbeit hatten leisten müssen. Vorsitzender des zu diesem Zweck gegründeten Komitees des Fonds für Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit wurde im Jahre 2001 Ludwig Steiner, Generalsekräter Richard Wotava, die beide dem Band ein kurzes Geleitwort voranstellen. In das damit aufgegriffene Forschungsprojekt führt Stefan Karner umsichtig in einem Vorwort ein, während Dieter Bacher die Zwangsarbeit in Österreich und die Arbeit des Versöhnungsfonds beschreibt.
Im Einzelnen werden dann in drei Abschnitten fünf Studien zu einer sachlichen Einheit zusammengefasst. Dabei zeigt Hermann Rafetseder Zahlen (z. B. rund 155000 Anträge, 131377 Fälle von Ausgleichszahlungen in Höhe von knapp 500 Millionen Euro |
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Köbler, Gerhard-Rechtsgeschichtliche Neuerscheinungen-2015-alphabetisch |
Ganzen Eintrag anzeigen * Brauneder, Wilhelm, Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB). Eine europäische Privatrechtskodifikation. Band 1 Entstehung und Entwicklung des ABGB bis 1900 (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 60). Duncker & Humblot, Berlin 2014. 308 S.
*„…die letzten Schranken fallen lassen“. Studien zur Universität Greifswald im Nationalsozialismus, hg. v. Alvermann, Dirk. Böhlau, Köln 2014. 407 S., Abb.
*„…die letzten Schranken fallen lassen“. Studien zur Universität Greifswald im Nationalsozialismus, hg. v. Alvermann, Dirk. Böhlau, Köln 2014. 407 S., Abb.
*2015-12-01
*60 Jahre Bundeswehr. 25 Jahre Armee der Einheit. Auswahlbibliographie, erarb. v. Lehmann, Christina/Zabel, Barbara. Zentrum Informationsarbeit Bundeswehr/Bibliothek, Strausberg 2015. V, 212 S. , Ill.
*A Companion to American Legal History, hg. v. Hadden, Sally E./Brophy, Alfred L. Blackwell Publishers, Chichester/West Sussex 2013. XIII, 582 S.
*Achthundert (800) Jahre Anhalt. Geschichte, Kultur, Perspektiven, hg. vom Anhaltischen Heimatbund, Fotografien von Janos Stekovics (= Stekos historische Bibliothek 2). Stekovics, Wettin-Löbejün 2012. 576 S.
*Ackermann, Astrid, Film und Filmrecht zwischen 1919 und 1939. Nomos, Baden-Baden 2013. 100 S.
*Ackermann, Christian, Die Bedeutung der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts zum Kommunalrecht für unsere heutige Dogmatik (= Kommunalrecht - Kommunalverwaltung 58). Nomos, Baden-Baden 2012. 188 S.
*Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, hg. v. Baumann, Anette/Jendorff, Alexander (= bibliothek altes reich 15). Oldenbourg, München 2014. 429 S.
*Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, hg. v. Baumann, Anette/Jendorff, Alexander (= bibliothek altes reich 15). Oldenbourg, München 2014. 429 S.
*Adelsarchive in der historischen Forschung, hg. v. Franke, Christoph (= Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 26). Hessisches Staatsarchiv, Marbur |
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Flöer, Michael, Die Ortsnamen des Kreises Olpe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 8). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2014. 416 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Flöer, Michael, Die Ortsnamen des Kreises Olpe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 8). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2014. 416 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Olpe ist eine mittlere kreisangehörige Stadt in dem Regierungsbezirk Arnsberg in Nordrhein-Westfalen, deren Kreis die Gemeinden Wenden, Drolshagen, Olpe, Kirchhundem, Lennestadt, Attendorn und Finnentrop umfasst. Für das Jahr 1220 wird in einer Abschrift von der Wende des 14. Jahrhunderts zum 15. Jahrhundert ein Albertus decanus in Olepe erstmals genannt. Als achten Band des westfälischen Ortsnamenbuchs nach Soest, Lippe, Münster und Warendorf, Herford, Bielefeld, Hochsauerland und Minden-Lübbecke hat der Kreis dankenswerterweise durch den Bearbeiter in dem Jahre 2014 eine überzeugende Ortsnamenaufnahme erfahren.
Nach dem Vorwort des verdienstvollen, 1965 geborenen Bearbeiters konnten dabei insgesamt 233 vor 1600 belegte Siedlungsnamen ermittelt werden. In alphabetischer Reihung beginnen sie mit Ahausen (Gut) und enden mit dem unbestimmten, 1300 genannten Wyntershagen. Wie dieses sind auch 36 andere Orte wüst, darunter zwei untergegangene Ortsteile.
174 Ortsnamen sind ursprüngliche Bildungen mit einem Grundwort, 21 Ortsnamen Suffixbildungen und 28 Ortsnamen ursprüngliche Simplizia wie etwa Beul, Bleche, Brink, Bruch oder Varste, während sich Dahm, Jäckelchen, Kram und Velschede wegen der späten Überlieferung nicht einordnen lassen. Ortsnamengrundwörter sind aha (1), apa (8), au (2), bēke (33), bere (1), berg (8), bōl (möglicherweise 2), bōm (1), born (1?), bracht (8), buhil (2?), dāl (1), dāre (1), dorp (5), ei (1), feld (1), hart (1), hagen (5), hēm (2?), hof (7?), holt (2), hriudi (1), hūs (13), kūle (1), kōte (2?), lōh (1), mōde (1), nacken (1), ohl (6), rode (4), schēde (8), skūr (1), slēde (1), sōl (1), stein (2), wīk (1) und winkel (1), Suffixe ei (1), ja/ j! |
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Muhr, Rudolf/Peinhopf, Marlene, Wörterbuch rechtsterminologischer Unterschiede Österreich-Deutschland (= Österreichisches Deutsch Sprache der Gegenwart 16). Lang, Frankfurt am Main 2015. 748 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Muhr, Rudolf/Peinhopf, Marlene, Wörterbuch rechtsterminologischer Unterschiede Österreich-Deutschland (= Österreichisches Deutsch Sprache der Gegenwart 16). Lang, Frankfurt am Main 2015. 748 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Darauf, dass der Begriff „Österreichisches Deutsch“ als Eigenname dezidiert groß zu schreiben ist, legt Rudolf Muhr besonderen Wert. Es geht dem als Professor für Linguistik an der Universität Graz wirkenden Germanisten dabei weniger um die Orthographie als vielmehr um die Anerkennung seiner Forschungsleistung, die seit nunmehr zwanzig Jahren – man beachte die zeitliche Korrelation mit dem österreichischen Beitritt zur Europäischen Union (EU) - um das Phänomen der Wahrnehmung jener eigenständigen Spielart der deutschen Standardsprache kreist, die auf dem Gebiet der Republik Österreich verwendet wird. Was Rudolf Muhr zu seinen Forschungen drängte, war die Überheblichkeit, mit der Verbindlichkeit ihrer Normen beanspruchende Nachschlagewerke wie der „Duden“ solche in Österreich übliche standardsprachliche Abweichungen vom bundesdeutschen Sprachgebrauch als minderwertig klassifizierten. Wer also in Österreichs Schulen schriftlich Begriffe einsetzte, die in der mündlichen Standard-Sprachverwendung dort gang und gäbe waren, fiel dem Rotstift des Korrektors anheim. Der Verfasser erkannte, dass auf diese Weise ein Prozess der Uniformierung der deutschen Sprache nach dem bundesdeutschen Standard gefördert wird, der zugleich mit einer sozialen Herabstufung österreichisch-nationaler Eigenheiten gekoppelt ist. Um sich dieser Entwicklung zu widersetzen, gründete er an der Universität Graz nicht nur eine akademische „Forschungsstelle Österreichisches Deutsch“, sondern sorgte mit der medienwirksamen, ab 1999 in Österreich separat installierten und periodisch wiederkehrenden Wahl des österreichischen Wortes und Unwortes des Jahres gleichzeitig für die breitere öffentliche Wahrnehmung seiner Anliegen. Noch heute wird Rudolf Muhr d |
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Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit, hg. v. Conrad, Benjamin/Maner, Hans-Christian/Kusber, Jan (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 170 = Parlamente in Europa 4). Droste, Düsseldorf 2015. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit, hg. v. Conrad, Benjamin/Maner, Hans-Christian/Kusber, Jan (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 170 = Parlamente in Europa 4). Droste, Düsseldorf 2015. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem Staat sind die ihn begründenden Elemente in die allgemeine Aufmerksamkeit geraten, zu denen nach allgemeiner Ansicht das Staatsgebiet und das Staatsvolk zählen. Dabei zeigt die Erfahrung, dass Angehörige eines Volkes vielfach nicht nur in einem Staatsgebiet leben und sich umgekehrt auf einem Staatsgebiet nicht nur Angehörige eines einzigen Volkes befinden. Damit sind Minderheiten in einem Staat fast selbverständlich, wenn nicht ohnehin nahezu notwendig.
Das Verhältnis von Mehrheiten zu Minderheiten ist wegen der grundsätzlichen menschlichen Aggressivität, wie sich vor allem seit dem 19. Jahrhundert an vielen Stellen unübersehbar gezeigt hat, fast ebenso notwendigerweise schwierig. Da zu den Schwerpunkten des Arbeitsbereichs osteuropäischer Geschichte der Universität Mainz seit vielen Jahren die historische Minderheitenforschung zählt, haben sich die Herausgeber den damit zusammenhängenden Fragen auf einer in Mainz vom 11. bis zu dem 13. April veranstalteten Tagung angenommen. 15 dortige Referate stellt der vorliegende, mit einem Autorenverzeichnis endende Sammelband der Allgemeinheit im Druck zur Verfügung.
Gegliedert sind sie nach zwei einführenden Beiträgen über das Titelthema und den europäischen Parlamentarismus in der Zwischenkriegszeit zwischen Funktion und Dysfunktion räumlich in die drei Bereiche Ostseeraum, Ostmitteleuropa sowie Süd- und Südosteuropa. Erfasst werden dabei etwa nordschleswigsche Folketingsmitglieder, deutschbaltische Parlamentarier in Estland, deutsche und russische Parlamentarier in Lettland, deutsche Parlamentarier in Litauen, mehrsprachige Parlamente in Lettland und in der Tschechoslowakei, deu |
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Görtz, Hans-Helmut, Reichskammergerichtspersonal und andere Personen in den Taufbüchern von Predigerkirche und St. Georgen zu Speyer 1593-1689 (= Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte 12). Selbstverlag des Autors in Verbindung mit dem Historischen Verein der Pfalz Bezirksgruppe Speyer, Speyer 2015. XXI, 526 S., Ill. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Görtz, Hans-Helmut, Reichskammergerichtspersonal und andere Personen in den Taufbüchern von Predigerkirche und St. Georgen zu Speyer 1593-1689 (= Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte 12). Selbstverlag des Autors in Verbindung mit dem Historischen Verein der Pfalz Bezirksgruppe Speyer, Speyer 2015. XXI, 526 S., Ill. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Höchstgerichte eines Staates sind die Spitzen der besonderen staatlichen Gewalt der Judikative und damit von der Verfassung her gesehen eines der wichtigsten Staatsorgane. Aus diesem Grunde verdienen die jeweiligen Stelleninhaber in jedem Fall besonderes geschichtliches Interesse. Von daher gehört das Reichskammergerichtspersonal zu den bedeutsamen Gegenständen der Rechtsgeschichte.
Allerdings wurde das Reichskammergericht des Heiligen römischen Reiches in einer Zeit errichtet, in der personale Übersichten noch nicht selbverständlich waren und nur die Trennung vom Kaiser bzw. König allgemein anerkannt war. Die anfänglich häufigen Ortswechsel verhinderten oder erschwerten zudem die Registratur ebenso wie der Verlust der Personalakten des 16. und 17. Jahrhunderts. Von daher gibt es trotz der Wichtigkeit des Reichskammergerichts bisher keine vollständige Personalübersicht.
Diese bedauerliche Lücke kann für die Jahre (von 1527 bis 1689), in denen das Reichskammergericht in der Stadt Speyer seinen Sitz hatte, hilfsweise durch eine Auswertung von Kirchenbüchern verkleinert werden, wie sie Hans-Helmut Görtz nach seiner Bearbeitung des Speyerer Ratsprotokolls von 1667 an Hand der digitalisierten Quellen verdienstvollerweise auf sich nahm. Seine darauf beruhende vorliegende Druckveröffentlichung erregte unmittelbar bei Erscheinen das Interesse eine sachkundigen Rezensenten. Deswegen genügt es an dieser Stelle vorweg darauf aufmerksam zu machen, dass das gewichtige Werk nach einer Einführung des Verfassers über lutherische Kirchen im Speyer des 16. und 17. Jahrhunderts, die Anlegung von Taufbü |
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Kellerhoff, Sven Felix, „Mein Kampf“ – Die Karriere eines deutschen Buches. Klett-Cotta, Stuttgart 2015. 367 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kellerhoff, Sven Felix, „Mein Kampf“. Die Karriere eines deutschen Buches. Klett-Cotta, Stuttgart 2015. 367 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Eine vor gut 15 Jahren einsetzende, verstärkte Beschäftigung der Forschung mit der Entwicklung des frühen Hitler (zu nennen sind hier Arbeiten Anton Joachimsthalers, Brigitte Hamanns, Othmar Plöckingers und Thomas Webers) hat unter anderem eines zutage gefördert: Vieles, was in Hitlers autobiographischer Bekenntnisschrift „Mein Kampf“ (1925/1926) über jene Jahre zu lesen ist, wurde mit der Absicht der Selbststilisierung geschrieben und darf nicht als zweckfreie Dokumentation seines Lebens missverstanden werden. Automatisch rückte damit „Mein Kampf“ als historische Quelle wieder stärker in den Fokus des Interesses und gab zu Publikationen Anlass, an deren Spitze Othmar Plöckingers „Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers ‚Mein Kampf‘ 1922–1945“ (2006) steht. Mit Spannung wird bereits die ein langjähriges Desiderat einlösende, von Christian Hartmann und seinem Team am Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) besorgte, kommentierte wissenschaftliche Ausgabe erwartet, die 2016 nach Auslaufen des Urheberschutzes - so sich keine weiteren rechtlichen Hürden auftun - der Öffentlichkeit präsentiert werden soll.
Damit trifft es sich ganz gut, dass sich der medienrechtlich versierte Historiker, Journalist und Sachbuchautor Sven Felix Kellerhoff im Vorfeld der wesentlichen Fragen um dieses umstrittene Werk noch einmal zusammenfassend angenommen hat. Wer bisher keine Gelegenheit hatte, das Werk zu studieren, wird hier, verteilt auf 15 Kapitel, in gut lesbarer Sprache über die zu beachtenden Kontexte weitgehend korrekt und umfassend aufgeklärt. Auf 35 Seiten referiert der Verfasser kritisch zunächst den Inhalt der beiden Bände von „Mein Kampf“ und stellt fest, dass in Summe „nur zwei Hauptintentionen durchgängig nachvollziehbar“ seien: „ein radikaler, bis zu Vernichtungsfantasien reichender Antisemitismus |
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Lee, Chun-Tao, Jherings Eigentumsbegriff. Seine römischrechtlichen Grundlagen und sein Einfluss auf das BGB (= Berliner Schriften zur Rechtsgeschichte 5). Nomos, Baden-Baden 2015. 231 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lee, Chun-Tao, Jherings Eigentumsbegriff. Seine römischrechtlichen Grundlagen und sein Einfluss auf das BGB (= Berliner Schriften zur Rechtsgeschichte 5). Nomos, Baden-Baden 2015. 231 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Rudolf von Jhering (1818-1892) war nach Ansicht des Verfassers der bedeutendste Jurist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und in jedem Falle einer der führenden deutschen Juristen des 19. Jahrhunderts, der nach dem Rechtsstudium in Heidelberg, Göttingen, München und Berlin und der Habilitation bei Gustav Homeyer in Berlin 1843 nach Basel und später nach Rostock, Kiel, Gießen, Wien sowie zuletzt 1872 nach Göttingen berufen wurde. Seine wichtigsten Schriften über den Geist des römischen Rechtes auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung und über den Zweck des Rechtes blieben allerdings unvollendet. Auch zu einer in die Zukunft weisenden Methodenlehre gelangte er ebenso wenig wie zu einer zusammenfassenden dogmatischen Darstellung eines Rechtsgebiets.
Mit einem Teilaspekt seiner gleichwohl beeindruckenden Leistung beschäftigt sich die von Cosima Möller betreute und in dem Wintersemester 2013/2014 von dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin angenommene Dissertation des 1975 geborenen, in Taipeh ausgebildeten und seit der Promotion am Department of Law der National Cheng Kung University in Tainan in Taiwan tätigen Verfassers. Sie geht von Okko Behrends‘ Aufsatz über Jherings Evolutionstheorie des Rechts zwischen historischer Rechtsschule und Moderne aus und gliedert sich nach einer Einleitung über Fragestellung, Hauptthesen Jherings über Eigentumsbegriff, Nachbarschaftsverhältnisse und Enteignung, die Zusammenhänge mit dem Geist und dem Zweck sowie den Gang der Darstellung in vier Sachkapitel. Sie betreffen den Eigentumsbegriff mit dem Interesse als Grenze der Eigentümerbefugnisse, die heuristische Funktion des Interessendenkens in Konfliktfällen zwischen Nachbarn, das öffentliche Interesse |
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Europäische Verfassungen 1789-1990. Textsammlung, hg. und eingeleitet v. Wißmann, Hinnerk. Mohr Siebeck, Tübingen 2015. VIII, 561 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Europäische Verfassungen 1789-1990. Textsammlung, hg. und eingeleitet v. Wißmann, Hinnerk. Mohr Siebeck, Tübingen 2015. VIII, 561 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Zumindest sprachlich ist die Verfassung jünger als das Recht und zumindest unter rechtlichen Aspekten ist sie auch nur dessen Teil. Dessenungeachtet lässt sie sich trotz aller Zeitgebundenheit ihrer einzelnen Erscheinungsformen als eine allgemeine Erscheinungsform verstehen, nach der jede Gegebenheit einen allgemeinen Zustand hat. Dementsprechend geht bei Staaten der formellen Verfassungsurkunde grundsätzlich ein älterer materialer, nicht immer leicht greifbarer Zustand der Verfasstheit voraus.
Für die Ausbildung ist eine handliche Sammlung unterschiedlicher formeller Verfassungen, die zudem noch zu einem vorteilhaften Preis zu erwerben ist, stets von Vorteil. Sie bietet der 1971 geborene, in Augsburg 2001 mit einer Dissertation über pädagogische Freiheit als Rechtsbegriff (personales Handeln in der öffentlichen Verwaltung) promovierte und mit einer Schrift über Generalklauseln (Verwaltungsbefugnisse zwischen Gesetzmäßigkeit und offenen Normen) 2006/2007 habilitierte sowie im April 2013 von Bayreuth nach Münster gewechselte Herausgeber. Sein Textband umfasst nach einer sachkundigen Einleitung insgesamt 25 Dokumente.
Sie beginnen mit der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich vom 26. August 1789 und führen über die Verfassung Polens (1791), Frankreichs (1791, 1814), die Deutsche Bundesakte, Bayern (1818), die Schlussakte der Wiener Ministerkonferenzen, Belgien, die Schweiz, das gescheiterte Deutsche Reich, Preußen, das Deutsche Reich (1871, 1919), die Völkerbundsatzung, Österreich, die Reichstagsbrandverordnung, das Ermächtigungsgesetz, die Charta der Vereinten Nationen, das Grundgesetz, die Deutsche Demokratische Republik, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bis zu dem Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. Septemb |
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Boßmeyer, Christine, Visuelle Geschichte in den Zeichnungen und Holzschnitten zum „Weißkunig“ Kaiser Maximilians I. Textband, Bildband. Thorbecke, Ostfildern 2015. 320, 195 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Boßmeyer, Christine, Visuelle Geschichte in den Zeichnungen und Holzschnitten zum „Weißkunig“ Kaiser Maximilians I. Textband, Bildband. Thorbecke, Ostfildern 2015. 320, 195 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Wiener Neustadt am 22. März 1459 geborene und in Wels am 12. Januar 1519 im Alter von knapp 60 Jahren verstorbene deutsche König und Kaiser Maximilian I. zählt zu den bekannteren Herrschern. Er ragt aus ihnen durch seine autobiographischen Veröffentlichungen heraus. Zu ihnen zählt neben dem Theuerdank das aus drei Teilen bestehende, verschlüsselte und unvollendete Werk Weißkunig.
Ihm hat sich die Verfasserin in ihrer von Johannes Süßmann angeregten und betreuten, in dem Sommersemester 2014 von dem Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommenen, im Druck durch einen drei weitere Holzschnitte entschlüsselnden Nachtrag bereicherten und durch den wichtigen Bildband veranschaulichten Dissertation gewidmet. Der Textband der Arbeit gliedert sich nach einer Einleitung in neun Kapitel. Sie betreffen die Überlieferungs-, Editions- und Rezeptionsgeschichte, die Entstehungsgeschichte, den Inhalt und die Ikonographie der Bilder, die vergleichende Analyse von Entwurfzeichnungen und Holzschnitten, das Verhältnis von Bildern zu den Texten, die Referentialität der Bilder, Städte, Schlachten und Belagerungen in den Bildern zum Krieg gegen Venedig, Maximilians Bildverständnis sowie die historiographische Deutung der Bilder und die Rezeption des Weißkunig.
Im Ergebnis stellt die Verfasserin auf der Grundlage der bisherigen Literatur nach sorgfältiger umsichtiger und eigenständiger Untersuchung fest, dass der Weißkunig-Text in vielfacher Weise ein unvollendetes Werk des Kaisers und seines Geheimschreibers Treitzsauerwein war. Demgegenüber sind die insgesamt mehr als 250 Holzschnitte (251 Holzschnitte, 155 Entwurfzeichnungen) der Künstler Hans Burgkmair und Leonhard Beck zwar auf m |
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Gewalt und Widerstand in der politischen Kultur des späten Mittelalters, hg. v. Kintzinger, Martin/Rexroth, Frank/Rogge, Jörg (= Vorträge und Forschungen 80). Thorbecke, 2015. 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gewalt und Widerstand in der politischen Kultur des späten Mittelalters, hg. v. Kintzinger, Martin/Rexroth, Frank/Rogge, Jörg (= Vorträge und Forschungen 80). Thorbecke, 2015. 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Gewalt zählt zu den von der Natur vorgegebenen Möglichkeiten der Welt wie auch der gegen sie gerichtete Widerstand des Betroffenen. Von daher kann es kaum überraschen, dass sie in der politischen Kultur der Menschen an wohl allen Orten und zu den unterschiedlichsten Zeiten ebenfalls begegnen. Mit den möglichen Gegebenheiten und Besonderheiten in dem späten Mittelalter befasst sich der vorliegende Band.
Er geht auf die am üblichen Ort auf der Insel Reichenau vom 29. September bis 2. Oktober 2009 abgehaltene Tagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte zurück. Weil die zwischen 1959 und 1962 geborenen, in Münster, Göttingen und Mainz wirkenden Organisatoren das Programm nach den besonderen Erfordernissen des Themas zusammenstellen und dabei auch internationale Themen und auswärtige Vortragende zur Einladung vorschlagen konnten, war wegen der Übersetzung einiger fremdsprachiger Beiträge ein längerer Weg zur Drucklegung erforderlich. Er ist aber inzwischen erfolgreich zurückgelegt, so dass die Herausgeber im vorliegenden Werk nach einer Einleitung Jörg Rogges und Marin Kintzingers insgesamt 13 Referate der Allgemeinheit zur Verfügung stellen können. Sie beginnen mit der Natur und den Formen der Gewalt der Könige als reges crudeles in Frankreich, dem Heiligen römischen Reich und England und enden mit einer Zusammenfassung über Gewalt in der Kultur insgesamt durch Hermann Kamp.
Betrachtet werden dabei etwa die Gewalt des Königs in alternativen sozialen Ordnungen, die Gewalt der Ordnungen oder die Gewalt bei böhmischen Königswahlen. Weitere interessante Gegenstände sind öffentliche Bekanntmachungen als Prüfsteine der Realität, Rebellion, Herrscherkritik, Entscheidungslosigkeit, ritueller Dialog der |
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Draganova, Viktoria, Recht durch Transfer. Der Anfang des bulgarischen Rechtssystems 1878-1920 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 287). Klostermann, Frankfurt am Main 2015. VII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Draganova, Viktoria, Recht durch Transfer. Der Anfang des bulgarischen Rechtssystems 1878-1920 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 287). Klostermann, Frankfurt am Main 2015. VII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist kraft seines Verstands im Laufe der Zeit zu der Einsicht gelangt, dass er über seinen Mitmenschen vielfältige Vorteile gewinnen kann. Aus dieser Erkenntnis hat er sich nicht nur immer wieder mit anderen zusammengeschlossen, sondern sich auch Vorzüge und Fortschritte anderer zu eigen gemacht und für sich verwendet. Hierzu gehört der Rechtstransfer, selbst wenn es ihn entgegen der Ansicht der Verfasserin nicht wirklich schon immer, sondern nur seit der Entwicklung des Rechtes geben konnte.
Mit einem einzelnen besonderen Rechtstransfer beschäftigt sich die von Marie Theres Fögen und vor allem nach ihrem frühen Tod von Michael Stolleis betreute, im Sommersemester 2013 von der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer Einführung über Fragestellung, Quellen und Forschungsstand sowie Übersetzungen und Transliteration in sechs Kapitel. Sie betreffen die Verfassung, den Rechtstransfer mittels Volksversammlung, Gesetzeskommission und Rechtswissenschaft, die Kodifikation, die Rechtsmedien (Nachschlagewerke, Sammlungen der Gewohnheitsrechte, Kommentare), die Rechtssprache und die Gerichte.
Im überzeugenden Ergebnis ihrer eindringlichen Betrachtung verschiedener wichtiger Untersuchungsfelder kann die Verfasserin feststellen, dass der Transfer den Anfang des bulgarischen Rechtssystems bildete, wobei die Modernisierung in der Zeit zwischen 1878 und 1920 (so im Titel) bzw. von 1879 bis 1920 (S. 199) (auf Makroebene, Mesoebene und Mikroebene) durch Politik oder Programmatik und durch Übertragung von Gesetzestexten aus dem Ausland geschehen sollte. Als Text b |
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Ziemann, Benjamin, Gewalt im Ersten Weltkrieg. Töten – Überleben – Verweigern. Klartext, Essen 2013. 276 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ziemann, Benjamin, Gewalt im Ersten Weltkrieg. Töten – Überleben – Verweigern. Klartext, Essen 2013. 276 S., 5 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Die traditionelle Kriegsgeschichte als Teildisziplin der Geschichtswissenschaft hat sich lange vorwiegend mit Feldzügen, genialen oder weniger geglückten Schlachtplänen, mit erfolgreichen und erfolglosen Feldherren beschäftigt. Bei dieser funktionalen Art der Betrachtung des Krieges erscheint dieser häufig als ein nüchternes Phänomen wie viele andere auch, das es zu untersuchen, zu klassifizieren, zu beschreiben und zu beurteilen gilt. Für jene Menschen aber, welche die Ungunst des Schicksals tatsächlich in kriegerische Kampfeinsätze gezwungen hat oder zwingt, bedeutet ein solcher Einsatz nichts weniger als die plötzlich hereinbrechende Infragestellung ihrer physischen Existenz. Die Drohungen dauerhafter körperlicher und psychischer Versehrung sowie des Todes sind integrale und stets gegenwärtige Bestandteile des militärischen Dienstes im Bereich der Front. Folgerichtig wurde ab Mitte der 1990er-Jahre, angestoßen durch die Auseinandersetzung um die und mit den Verbrechen der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs, verstärkt die Forderung erhoben, Kriegsgeschichte auch als eine „Geschichte organisierter Tötungsgewalt“ zu schreiben. In dieser Tradition sieht sich die vorliegende, 2013 erschienene Publikation Benjamin Ziemanns, der in Großbritannien als Professor Neuere Deutsche Geschichte an der Universität Sheffield lehrt und unter anderem 2008 als Mitherausgeber einer Auswahl von über 200 Zeitdokumenten zum Frontalltag im Ersten Weltkrieg an die Öffentlichkeit getreten ist.
Solcherart ausgewiesen, hat sich der Verfasser an eine Untersuchung des damaligen Gewaltphänomens gewagt. Dabei betrachtet er den Ersten Weltkrieg als ein „Laboratorium der Gewalt“, in dem „die Armeen aller beteiligten Nationen versuchten […], sich auf die Bedingungen des industrialisierten Krieges einzuste |
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Landrechtsentwurf für Österreich unter der Enns 1573, hg. v. Brauneder, Wilhelm (= Rechtshistorische Reihe 461). Lang, Frankfurt am Main 2015. 559 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landrechtsentwurf für Österreich unter der Enns 1573, hg. v. Brauneder, Wilhelm (= Rechtshistorische Reihe 461). Lang, Frankfurt am Main 2015. 559 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wie der verdienstvolle Herausgeber in seiner sachkundigen Einleitung zutreffend hervorhebt, verringerte sich mit seiner 2014 geglückten Edition des Landrechtsentwurfs des Jahres 1526, die der Herausgeber selbst in das Jahr 2015 setzt, die Editionslücke in den österreichischen Privatrechtsquellen der frühen Neuzeit. Die Edition des chronologischen Nachfolgers des Jahres 1573 schließt sie in erheblichem Maße. Dies trifft nach den Worten des Herausgebers „umso mehr zu, da dessen Bedeutung insoferne über ihn hinausgeht, als er die Grundlage für die weiteren Entwürfe gleicher Art von 1595 und von 1564 für Österreich unter der Enns bildet“ und auch für jenen für Österreich ob der Enns von 1609.
Dazu kommt, dass der Landrechtsentwurf 1573, wenn auch nur handschriftlich, weit verbreitet und praktisch wie literarisch verwendet wurde. Dementsprechend stuft der Verfasser ihn in der Kette der Landrechtsentwürfe von 1526 bis 1654 als wichtigstes Glied ein. Dass dieses nunmehr jedermann leicht greifbar zur Verfügung steht, verdient uneingeschränkten Dank an den Herausgeber für seine wertvolle Leistung.
Die von Gabriele Schneider durch Transkription und Renate Hoffmann durch weitere Betreuung des Manuskripts vorbereitete, dem Lehrer Hans Lentze gewidmete Edition beruht auf dem Text der Bände III und IV der lithographierten Sammlung Chorinsky, einer Abschrift des vom Herausgeber eingesehenen Exemplars des Juridisch-Politischen Leseverein (!) zu Wien , Signatur 44/R34. Auch jetzt besteht die Zielsetzung vor allem darin, „rund 120 Jahre nach der Präsentation des Jahres 1894 eine wesentliche Rechtsquelle im Druck zugänglich zu machen, die für die Privatrechtsgeschichte des 16. Jahrhunderts schlechthin unentbehrlich ist“. Inhaltlich besteht die Quellenbasis des Entwurfs |
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Jelinek, Gerhard, Sternstunden Österreichs. Die helle Seite unserer Geschichte. Amalthea, Wien 2015. 318 S., zahlr. Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jelinek, Gerhard, Sternstunden Österreichs. Die helle Seite unserer Geschichte. Amalthea, Wien 2015. 318 S., zahlr. Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Sonne, Mond und Sterne können Menschen mit gesunden Augen trotz riesiger Entfernungen von ihren ersten Tagen bis zu ihren letzten Stunden weit über sich sehen. Mit ihnen verbinden sich über die beglückende Wärme der Sonne hinaus überirdische Vorstellungen, die in der Sternenkunde die unbekannt vielen Sterne des Universums mit Ereignissen und Handlungen verknüpfen wollen. In diesem Sinne leuchtete nicht nur über der Krippe in Bethlehem ein besonderer Stern, sondern hat vor allem Stephan Zweig 14 Essays über geschichtliche Ereignisse und Vorgänge von universaler Bedeutung für die Geschichte der Menschheit verfasst.
Der in Wien 1954 geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft 1977 zum Journalismus wechselnde Verfasser verfolgt von seiner Heimatstadt aus das Weltgeschehen in den unterschiedlichen Medien mit großer Aufmerksamkeit und beeindruckendem Erfolg. Dabei stehen Reden, die die Welt veränderten neben Affären, die die Welt bewegten oder Menschen & Mächten oder schönen Tagen des Jahres 1914. Die vorliegende Sammlung beschränkt sich einerseits auf Österreich, will aber andererseits die gesamte helle Seite der Geschichte des auch dunkle Seiten führenden Landes umfassen.
Im Gegensatz zu Stefan Zweig verweilt der Verfasser gedanklich ein paar Sternenminuten bei der Sternstunde und schließt daran unter Verwertung einer Abfrage eines bekannten Meinungsforschers nach der Einstellung und Meinung der Österreicherinnen und Österreicher zu historischen Ereignissen knapp drei Dutzend historische Ereignisse aus Österreich an, die gar nicht selten auch zu Sternstunden der Menschheit geworden sein könnten. Sie betreffen nach der Geburt des Landes im Jahre 1156 die Jahre 1193, 1515, 1683, 1793, 1797, 1809, 1813, 1815, 1818, 1823, 1844, 1854, 1855, 1861, 1895, 1898, 1902, 1905 1920, 192 |
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Paulus, Christof, Machtfelder. Die Politik Herzog Albrechts IV. von Bayern (1447/1465-1508) zwischen Territorium, Dynastie und Reich (= Regesta imperii Beihefte Band 39). Böhlau, Wien 2015. VIII, 751 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Paulus, Christof, Machtfelder. Die Politik Herzog Albrechts IV. von Bayern (1447/1465-1508) zwischen Territorium, Dynastie und Reich (= Regesta imperii Beihefte Band 39). Böhlau, Wien 2015. VIII, 751 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Als er starb, so beginnt der Verfasser seine gewichtige Darstellung, er, den schon Zeitgenossen den „Witzigen“ oder den „Weisen“ nannten, wurde bei dem Leichenbegängnis ein nahezu trimalchionisches Schauessen mit 23 Gängen von Adam und Eva bis zum Jüngsten Gericht gegeben. „Er“ war in München am 15. Dezember 1447 als Sohn Herzog Albrechts des Frommen aus dem Hause Wittelsbach geboren und nach der Rückkehr von einem Studium in Pavia seit 10. September 1465 Mitregent in Bayern. Kurz vor seinem Tode in München am 18. März 1508 konnte er nach dem Ende des Landshuter Erbfolgekriegs ganz Bayern in seinem verbliebenen Bestand für sich gewinnen und die Primogenitur festlegen.
Diesem bedeutenden Herrscher ist die von Alois Schmid betreute, durch eine kultusministerielle Teilabordnung für zweieinhalb Jahre an das Institut für bayerische Geschichte und allgemeine Landesgeschichte in München geförderte, 2012 von der Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Universität München angenommene und für den Druck auf die gesamte Lebenszeit erweiterte Habilitationsschrift des seit 1995 in Deutsch, Geschichte, Latein und Griechisch in München und Rom ausgebildeten, seit 2007 im Lehrdienst am Gymnasium tätigen Verfassers für die Fachgebiete mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte gewidmet. Gegliedert ist das beeindruckende Werk nach dem kurzen Vorwort in nur zwei Teile. Sie betreffen an drei Gräbern den Tod und den Herzog und sehr ausführlich die Reichspolitik Albrechts IV.
Bei ihr beginnt der Verfasser mit der Frage nach Programm oder Zufall, unterscheidet danach als einzelne Phasen die 60er Jahre, die 70er Jahre, die 80er Jahre und den schließlichen neuen Anfang mit Ende. Auf der Grundlage des Fallbe |
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Fleischmann, Peter, Hitler als Häftling in Landsberg am Lech 1923/1924 – Der Gefangenen-Personalakt Hitler nebst weiteren Quellen aus der Schutzhaft-, Untersuchungshaft- und Festungshaftanstalt Landsberg am Lech. Verlag Philipp C. W. Schmidt, Neustadt an der Aisch 2015. 552 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Fleischmann, Peter, Hitler als Häftling in Landsberg am Lech 1923/1924 – Der Gefangenen-Personalakt Hitler nebst weiteren Quellen aus der Schutzhaft-, Untersuchungshaft- und Festungshaftanstalt Landsberg am Lech. Verlag Philipp C. W. Schmidt, Neustadt an der Aisch 2015. 552 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Am 8. November 1923 versuchte der österreichische Staatsangehörige Adolf Hitler als Führer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei in falscher Einschätzung der bestehenden politischen Lage, zusammen mit General Erich Ludendorff, Hermann Göring, Rudolf Heß und anderen gelegentlich einer Rede des Generalstaatskommissars Gustav von Kahr im Bürgerbräukeller in München die Macht in dem Deutschen Reich durch einen Putsch gewaltsam an sich zu bringen. Im Zuge des am nächsten Tage folgenden Marsches auf die Feldherrnhalle wurden bei einer unter ungeklärten Umständen entstandenen Schießerei 16 Putschisten und vier Polizisten getötet. Seit dem 11. November 1923 saß Adolf Hitler (1,75 Meter groß, rund 75 Kilogramm schwer) deswegen in Landsberg am Lech in Untersuchungshaft und blieb dort nach seiner Verurteilung zu fünf Jahren Festungshaft bis zu seiner zunächst für den Herbst 1924 vorgesehenen, aber wegen eines Streites um fünf rechtswidrig zugestellte (bzw. unter Umgehung der Zensur durch Besucher aus der Haft geschmuggelte, inhaltlich ziemlich belanglose) Briefe verzögerten vorzeitigen Entlassung am 20. Dezember 1924.
Als der ehemalige Leiter der Justizvollzugsanstalt Landsberg (ab 1963), Elmar Groß, 1970 nach Nürnberg wechselte und dort nach seiner durch Krankheit eindenden seinen Ruhestand bis zu seinem Tode verbrachte, nahm er (rechtswidrig unterschlagend) dienstliche Unterlagen mit, die nach einer Wohnungsräumung und einem Angebot auf dem Trempelmarkt in Nürnberg am 2. Juli 2010 in Fürth in sieben Ordnern einschließlich des Gefangenenpersonalakts Hitlers mit allen Sprechkarten der Besucher durch das Auktionshaus Be |
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Schyga, Peter, Über die Volksgemeinschaft der Deutschen. Begriff und historische Wirklichkeit jenseits historiografischer Gegenwartsmoden. Nomos, Baden-Baden 2015. 197 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schyga, Peter, Über die Volksgemeinschaft der Deutschen. Begriff und historische Wirklichkeit jenseits historiografischer Gegenwartsmoden. Nomos, Baden-Baden 2015. 197 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Volksgemeinschaft hat Konjunktur. Es gibt heute kaum eine empirische Studie zur nationalsozialistischen Herrschaftsrealität, in der dieser Begriff nicht in der einen oder anderen Form auftaucht. Als beispielsweise unlängst Christine Schoenmakers eine Arbeit zum Bremer Sondergericht vorgelegt hat [Christine Schoenmakers, ‚Die Belange der Volksgemeinschaft erfordern…‘. Rechtspraxis und Rechtsverständnis von Bremer Juristen im ‚Dritten Reich‘ (2015)], hat sie den Begriff nicht nur in den Titel aufgenommen, sondern auch die drei großen inhaltlichen Abschnitte „‘Volksgemeinschaft‘ und Recht“, „‘Volksgemeinschaft‘ und Juristen“ sowie „‘Volksgemeinschaft‘ und Verbrechen“ unter dessen Rubrum gestellt. Die verwendeten Anführungszeichen mögen allgemeiner Ausdruck der bewussten Distanzierung von NS-Vokabular sein, könnten aber auch signalisieren, dass die sogenannte NS-Volksgemeinschaft ja real nie eine freiwillige Gemeinschaft des ganzen Volkes gewesen ist, sondern in der Hauptsache ein ideologisch-propagandistisches Vehikel zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Herrschaftsinteressen. Wesentlich ist, dass Schoenmakers das Volksgemeinschaftsmodell methodisch instrumentalisiert, um damit, wie sie sagt, „gängige Klischees, Kategorien und (Vor-)Urteile über menschliches Handeln im Nationalsozialismus überprüfen, und, wo es mir notwendig erscheint, verwerfen bzw. korrigieren“ zu können (Schoenmakers, Bremer Juristen S. 56).
Hier hakt der Politikwissenschaftler und freie Historiker Peter Schyga ein, ein ambitionierter Schüler des Neumann-Übersetzers Gert Schäfer, dessen Denkschule er sich verpflichtet fühlt und dessen Vorlesungszyklen er durch seine Edition dem Vergessen entrissen hat [Peter Schyga (Hg.), Gewalt und Politik. Studien zu Nationa |
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Zionismus. Theorien des jüdischen Staates, hg. v. Salzborn, Samuel (= Staatsverständnisse 76). Nomos, Baden-Baden 2015. 211 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zionismus. Theorien des jüdischen Staates, hg. v. Salzborn, Samuel (= Staatsverständnisse 76). Nomos, Baden-Baden 2015. 211 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der nach dem Tempelberg in Jerusalem benannte Zionismus ist die auf die Errichtung, Rechtfertigung und Bewahrung eines Nationalstaats der Juden in Palästina gerichtete Bewegung, Ihr Erfolg wurde nach der Einleitung des Herausgebers im Gegensatz zu anderen modernen Staatsschöpfungen nicht durch Sezession eines Volksteils oder Verselbständigung einer bisher unterdrückten Bevölkerung, sondern durch die nach einem festen Plan in ein Land getragene Masseneinwanderung verwirklicht. Der vorliegende Band will die Pluralität in der Diskussion um den jüdischen Staat unter Aufzeigen politischer, religiöser und kultureller Dimensionen sichtbar machen.
Sein Herausgeber wurde in Hannover 1977 geboren und nach dem Studium von Politikwissenschaft, Soziologie, Psychologie und Rechtswissenschaft in seiner Heimatstadt 2004 in Köln bei Christoph Butterwegge über Ethnisierung der Politik zum Dr. phil. promoviert. In Gießen wurde er 2009 im Fache Politikwissenschaft auf Grund einer Habilitationsschrift zur politischen Theorie des Antisemitismus habilitiert. 2012 wurde er für Grundlagen der Sozialwissenschaften nach Göttingen berufen.
Der vorliegende Sammelband umfasst insgesamt neun Studien. Sie betreffen Moses Hess, Leon Pinsker, Eduard Bernstein, Theodor Herzl, Nathan Birnbaum, Abraham Isaak HaCohen Kook, Chaim Weizmann, Martin Buber und Isaac Breuer und die von ihnen vertretenen Ansichten über den jüdischen Staat. Mit ihrer Hilfe kann es gelingen, der gesamten Welt deutlich zu machen, weswegen Zionismus und Israel staatstheoretisch und praktisch in einmaliger Weise Bedeutung erlangt haben.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Scholz, Sebastian, Die Merowinger (= Urban-Taschenbuch 748). Kohlhammer, Stuttgart 2015. 342 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Scholz, Sebastian, Die Merowinger (= Urban-Taschenbuch 748). Kohlhammer, Stuttgart 2015. 342 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Merowinger sind das älteste erkennbare germanistische Geschlecht, das auf den Verlauf der Geschichte der Deutschen und Europäer wesentlich Einfluss genommen hat. Deswegen sind sie seit langem Gegenstand deutscher und europäischer Geschichtsschreibung. Wohl am erfolgreichsten hat sich ihrer zuletzt Eugen Ewig 1988 angenommen, doch sind seitdem verschiedene weitere Darstellungen ihrer wechselhaften, aber letztlich doch langzeitlich grundlegenden Geschichte der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden.
Der in Münster 1962 geborene Verfasser des vorliegenden Taschenbuchs wurde nach dem Studium von Geschichte und Latein an den Universitäten Münster und Köln 1991 bei Odilo Engels und Werner Eck mit einer Dissertation über Transmigration und Translation am Beispiel von Studien zum Bistumswechsel der Bischöfe von der Spätantike bis zum Hochmittelalter promoviert und war anschließend als wissenschaftlicher Angestellter bei der Inschriftenkommission der Akademie der Wissenschaft und Literatur in der Herausgabe vierer Inschrifteneditionen tätig. In seiner in Mainz 2003 vorgelegten Habilitationsschrift untersuchte er Politik, Selbstverständnis und Selbstdarstellung der Päpste in karolingischer und ottonischer Zeit. Seit 2007 ist er als Nachfolger Reinhold Kaisers in Zürich einziger Lehrstuhlinhaber für frühmittelalterliche Geschichte in der Schweiz.
Seine Darstellung will die Forschungsergebnisse und gewandelten Forschungsansätze der letzten Jahrzehnte einbeziehen und die kirchliche Entwicklung, die kirchliche Gesetzgebung und die gesamte Rechtsentwicklung besonders berücksichtigen, womit ein neuer Zugang geschaffen werden soll, der den kirchlichen Einfluss und die Bedeutung des Rechtes deutlicher macht. Seine 16 Sachkapitel betreffen die Frühzeit der Franken, die Neuordnung der galloromanischen Gesell |
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Luth, Janine, Semantische Kämpfe im Recht. Eine rechtslinguistische Analyse zu Konflikten zwischen dem EGMR und nationalen Gerichten (= Schriften des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften Band 1). Winter, Heidelberg 2015. 304 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Luth, Janine, Semantische Kämpfe im Recht. Eine rechtslinguistische Analyse zu Konflikten zwischen dem EGMR und nationalen Gerichten (= Schriften des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften Band 1). Winter, Heidelberg 2015. 304 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Recht als menschliche Verhaltensbewertung wird wohl von seinen Anfängen an am einfachsten, schnellsten und wirksamsten durch die Sprache zum Ausdruck gebracht. Da sie selbst eine menschliche Errungenschaft ist, kann sie wie vieles andere Menschliche verhältnismäßig unbestimmt und unterschiedlich sein. Im Zweifel kann sich dabei „in semantischen Kämpfen“ am ehesten das Verständnis des letztlichen Entscheidungsträgers in der Wirklichkeit durchsetzen.
Mit einem Teilaspekt dieses Gegenstandsbereichs beschäftigt sich die vorliegende, von Ekkehard Felder betreute, im Rahmen der Heidelberger Gruppe der Rechtslinguistik geschaffene, von der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Eines ihrer Hauptanliegen ist die Verbindung von Sprache und Recht. Ihr nähert sich die Bearbeiterin nach einer Einleitung über das erkenntnisleitende Interesse, die Fragestellung, den Gang der Untersuchung und die Auswahl des Untersuchungsfalls in neun Sachkapiteln. Sie betreffen das europäische Rechtssystem im Wandel (einschließlich des rechtslinguistischen Forschungsstands), die theoretischen Grundannahmen von Sprache, Welt und Wissen, Semantik und Pragmatik sowie Fachsprache und Gemeinsprache, Spuren der Verflechtung, Methoden, Diskursakteure und Normtexte, Sprachhandlungstypen, semantische Kämpfe am Beispiel des Kindeswohls, die Gutachten und Stellungnahmen im Beispielsfall und das Medienkorpus in der qualitativen Untersuchung.
Im Ergebnis sieht Janine Luth ansprechend gerade ein langes und konfliktreiches Verfahren wie den von ihr ausgewählten Fall Görgülü durch eine Vielzahl von Reformulierungen, sprachlichen Mustern aus dem Fachkontext und intertextuellen Übern |
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Lebendiges und Totes in der Verbrechenslehre Hans Welzels, hg. v. Frisch, Wolfgang/Jakobs, Günther/Kubiciel, Michael u. a. Mohr (Siebeck) Tübingen 2015. VIII, 281 S. Besprochen von Thomas Vormbaum. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lebendiges und Totes in der Verbrechenslehre Hans Welzels, hg. v. Frisch, Wolfgang/Jakobs, Günther/Kubiciel, Michael u. a. Mohr (Siebeck) Tübingen 2015. VIII, 281 S. Besprochen von Thomas Vormbaum.
Für die Betrachtung der Rechtsgeschichte und damit auch der Strafrechtsgeschichte gibt es – etwas vergröbert – zwei Linien, die im geglückten Fall zwar unterschieden, aber nicht getrennt werden, nämlich die in der Regel allmähliche, nur gelegentlich (z. B. aufgrund von Gesetzesakten) sprunghafte Verschiebung von Strukturen einerseits, die Kristallisierung von Entwicklungen in Personen und ihren Einflüsse auf jene Strukturen andererseits, kurz: das, was Theodor Schieder 1962 in seinem berühmten und damals epochemachenden Aufsatz zu dem Binom „Strukturen und Persönlichkeiten in der Geschichte“[1] komprimiert hat.
In letzter Zeit scheint in der Strafrechtsgeschichte wieder einmal ein Trend zur Untersuchung der Rolle von Persönlichkeiten vorherrschend. Das hier besprochene Buch steht in einer Linie mit einem bereits erschienenen Werk über Feuerbach[2] und mit in nächster Zeit zu erwartenden Bänden über Hegel, Franz von Liszt und Karl Binding; in Italien hat der 250. Jahrestag des Erscheinens von „Dei delitti e delle pene“ eine ganze Kaskade von Veranstaltungen und zu erwartenden Tagungsbänden über dieses Werk und seinen Schöpfer Cesare Beccaria hervorgebracht[3].
Nun also Hans Welzel. Ob er an Bedeutung es mit den gerade genannten Kriminalisten aufnehmen kann, wird man – wenn auch mit einigem Zögern – bejahen können, wenn man davon absieht, dass die Auswirkungen jener Autoren über den engeren Bereich der Strafrechtsdogmatik hinausreichten und – im Guten wie im weniger Guten – kriminalpolitische Prozesse beeinflussten, was man, zumindest auf den ersten Blick, bei Welzel wohl nur mit Blick auf wenige Materien (Schuldtheorie, Vorsatzakzessorietät der Teilnahme), und auch dort nur mit Einschränkungen, sagen kann.
Es ist daher kein Z |
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Schmal, Barbara, Das staatliche Kirchenaustrittsrecht in seiner historischen Entwicklung (= Jus Ecclesiasticum 102). Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. XVIII, 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmal, Barbara, Das staatliche Kirchenaustrittsrecht in seiner historischen Entwicklung (= Jus Ecclesiasticum 102). Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. XVIII, 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als soziales Wesen steht jeder einzelne Mensch in vielfältigen Spannungsverhältnissen zu den unterschiedlichsten mitmenschlichen Umgebungen. Zu ihnen gehört auch seit dem ersten Jahrhundert der auf der Geburt des Religionsstifters Jesus Christus aufbauenden Zeitrechnung die von ihm und nach ihm angeregte christliche Kirche. In sie wird traditionell bereits der noch geschäftsunfähige Mensch des Abendlands eingebunden.
Mit der danach möglichen besonderen Thematik des staatlichen Kirchenaustrittsrecht beschäftigt sich die von Karl-Hermann Kästner betreute, 2012 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen angenommene Dissertation der 1982 geborenen, in Saarbrücken und Tübingen ausgebildeten, von 2008 bis 2010 an dem Lehrstuhl ihres Betreuers tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in insgesamt sechs, grundsätzlich chronologisch geordnete Sachkapitel. Sie betreffen die Entwicklung des deutschen Religionsrechts von den Anfängen der frühen Formen der Reichskirche und der fränkischen Reichskirche bis in das 19. Jahrhundert, den Weg zu den ersten gesetzlichen Regelungen seit dem Edikt, die Religionsverfassung in den preußischen Staaten betreffend, vom 9. Juli 1788 über das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten vom 1. Juni 1794 bis zu dem Kulturkampf des späteren 19. Jahrhunderts, die Konkretisierung der Kirchenaustrittsgesetzgebung seit dem preußischen Kirchenaustrittsgesetz vom 14. Mai 1873, die Entwicklung bis zu dem Untergang der Weimarer Reichsverfassung, die Zeit der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft und die Entwicklung des Kirchenaustrittsrechts seit 1945 (etwas verkürzt formuliert) in der Bundesrepublik Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Wiederverein |
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Kausen, Ernst, Die Sprachfamilien der Welt. Teil 1 Europa und Asien, Teil 2 Afrika – Indopazifik – Australien – Amerika. Buske, Hamburg 2013/2014. XXXV, 1052, XLIX, 1265 S., Tab., Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kausen, Ernst, Die Sprachfamilien der Welt. Teil 1: Europa und Asien. Teil 2: Afrika – Indopazifik – Australien – Amerika. Buske, Hamburg 2013/2014. XXXV, 1052, XLIX, 1265 S., Tab., Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
Eine stilisierte Grafik, abgeleitet von Pieter Bruegels d. Ä. bekanntem Gemälde des „Großen Turmbau(s) zu Babel“ aus 1563, ziert die Frontdeckel der beiden voluminösen Bände und dient der Assoziation jener sprichwörtlichen babylonischen Sprachverwirrung, die, glaubt man der Genesis, einst als Strafe Gottes für die megalomane Hybris über die Menschen kam und seither die Interaktion zwischen den Völkern und Individuen unserer Welt nachhaltig behindert. Der Mythos wäre fürwahr eine probate Erklärung für die Existenz jener um die 6000 unterschiedlichen Sprachen, die man gegenwärtig auf unserem Erdball vermutet. Doch findige Köpfe vor allem aus der Disziplin der vergleichenden Sprachwissenschaften bemühen sich indes seit Jahrhunderten um rationalere Wege zur Beantwortung dieser Frage; durch lexikalische und morphematische Vergleiche und die systematische Ableitung von Lautgesetzen konnten sie mittlerweile weitreichende Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den meisten europäischen Sprachen offenlegen. Der Indogermanistik (oder Indoeuropäistik) geschuldet ist so unser Wissen über die mit über 3 Milliarden Sprechern und etwa 300 Sprachen (darunter 80 ausgestorbene) größte Sprachfamilie der Welt, zu der mit dem Spanischen und dem Englischen dank des Kolonialismus auch jene beiden „Weltsprachen“ zählen, die hinter Mandarin-Chinesisch auf dem Erdball über die größte Anzahl an Sprechern verfügen.
Arbeiten wie die beiden vorliegenden Bände ermutigen aber auch, aus der eurozentrischen Perspektive herauszutreten und ein Gespür zu entwickeln für die gewaltige Vielfalt, in der sich Sprache auf unserem Planeten realisiert. Ernst Kausen, Mathematiker, Informatiker und Sprachwissenschaftler, hat zu diesem Zweck eine beeindruckende Fülle |
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Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), begründet von Stammler, Wolfgang/Erler, Adalbert/Kaufmann, Ekkehard, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, hg. v. Cordes, Albrecht/ Haferkamp, Hans-Peter/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter und Bertelsmeier-Kierst, Christa als philologischer Beraterin. Band 3, Lieferung 22 Mantelkinder-Militärdepartement. Erich Schmidt, Berlin 2015. 1249-1504 Spalten, 128 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die 22. Lieferung der zweiten Auflage des Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte konnte im Oktober 2015 erfreulicherweise erscheinen. Sie knüpft nach Mantelgriff mit Mantelkind an das vorausgehende Heft an und reicht bis Militärdepartment. Sie umfasst knapp 130 Stichwörter, wovon ein gutes Viertel als Verweis ausgestaltet ist.
Der erste Artikel Mantelkinder war in der ersten Auflage noch von Adalbert Erler verfasst worden. An seine Stelle ist nunmehr Ulrich-Dieter Oppitz getreten. Er weist etwa besonders daraufhin, dass das Stichwort in den Rechtsbüchern fehlt, dass aber eine Handschrift der Buch’schen Glosse zum Landrecht des Sachsenspiegels Buch I, Art. 36 § 1 von etwa 1410 unter Bezugnahme auf das Corpus Iuris Canonici, Liber Extra, c. 6 X, 4, 17 über Kinder, die einem ledigen Paar vor dem Eheschluss geboren werden, die Wendung „vnd dusse heite we mantelkindere“ nennt.
Der früher von Heiz Holzhauer unter Bezugnahme auf RWB V, 41 und Du Cange vorgelegte Artikel Manu firmare ist einem Verweis auf Unterschrift, Unterfertigung gewichen. Damit wird die Wendung in ein breiteres Umfeld eingebettet. Allerdings steht dieses in der Gegenwart noch nicht in aktualisierter Form zur Verfügung.
Die Manufaktur hat durch Arnulf Siebeneicker eine neue in Begriff, rechtliche Stellung der Manufaktur, rechtliche Stellung der Beschäftigten und Stellenwert der Manufaktur bereits äußerlich gegliederte Fassung erfahren. Dabei konnte der Autor seine eigene Untersuchung über Offizianten und Ou |
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Kegler, Karl R., Deutsche Raumplanung. Das Modell der „Zentralen Orte“ zwischen NS-Staat und Bundesrepublik. Schöningh, Paderborn 2015. 645 S,, Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Während der jüngeren Vergangenheit entwickelte der Mensch zahlreiche Möglichkeiten der Weltbeherrschung, wie allein Beton, Hochhaus und Autobahn im Bereich der Bautechnik anschaulich zeigen. Sie begründeten die Gefahr umfangreicher Beeinträchtigungen seiner Umwelt. Von daher lagen Möglichkeit und Notwendigkeit rationaler Planung nahe.
Mit ihr befasste sich der in (Bad) Berneck 1893 als Sohn eines evangelischen Pfarrers und einer Schriftstellerin geborene, an der Universität Erlangen in Geographie und Volkswirtschaft ausgebildete Walter Christaller in seiner von Robert Gradmann betreuten und 1933 von der Universität angenommenen Dissertation. Obwohl sie zunächst nur geringe Beachtung fand, ebnete sie ihm nach der Anerkennung durch die Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung doch den Weg zur Rückkehr aus Frankreich, wohin er wegen früherer Nähe zur Kommunistischen Partei Deutschlands untergetaucht war, an die Universität Freiburg im Breisgau, wo er in dem kommunalwissenschaftlichen Institut unter der Leitung Theodor Maunzs arbeitete und 1938 mit 45 Jahren habilitiert wurde. Von 1940 bis 1945 konnte er in dem Staatshauptamt für Planung und Boden seine gedanklichen Einsichten der osteuropäischen Wirklichkeit gegenüberstellen, wirkte dann aber nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und Beitritt zur Sozialdemokratischen Partei vor allem als freischaffender Geograph über den Verband für angewandte Geographie.
Der 1968 geborene, nach dem Studium der Architektur (Städtebau), der Philosophie und der Geschichte in Köln und Aachen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich lehrende, ab September 2015 als Professor für Geschichte und Theorie der Stadt und der Architektur an der „Hochschule München“ wirkende Verfasser behandelt das Werk Christallers i |
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Meinzer, Markus, Steueroase Deutschland. Warum bei uns so viele Reiche keine Steuern zahlen. Beck, München 2015. 288 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der 2007 mit einem Werk über die Zinssteuerrichtlinie der Europäischen Union und Steuerhinterziehung in der Bundesrepublik, 2008 mit einer Studie über Unilateral measures against offshore tax evasion am Beispiel Argentiniens und 2009 mit einer Studie über neue Handelsverträge vor allem am Beispiel des Verhältnisses zwischen der Europäischen Union und Chile literarisch hervorgetretene Verfasser geht zu Beginn seiner plakativ vorgetragenen Überlegungen von den acht Ebenen der Wohltätigkeit des hochmittelalterlichen jüdischen Religionsphilosophen aus. Danach kauft auf der niedrigsten Ebene des Gebens ein Mensch ungern einen Mantel für einen ihn um Hilfe bittenden Menschen, schenkt ihn dem Bittsteller vor Zeugen und erwartet Dank für sein Verhalten. Demgegenüber gibt ein Mensch auf der höchsten Ebene des Gebens offenherzig seinen Mantel, ohne zu wissen, wer ihn erhalten wird, und der Empfänger kennt den Geber nicht, so dass er ihm auch nicht dankbar sein kann.
Steuerzahlungen stehen nach dem Vorwort des Verfassers in der Lehre des Maimonides nahe der höchsten Stufe, weil der Steuerzahler den Empfänger nicht kennt und Zeugen sowie Dankbarkeit fehlen, so dass nur die innere Einstellung darüber entscheidet, ob der äußere Zwang oder eine Möglichkeit der Nächstenliebe vorherrschen, was bei den vielen Steuern vermeidenden Reichen in Deutschland ziemlich offenkundig zu sein scheint. Gegliedert ist die schwungvolle Darstellung des als Steueranalysten bei dem Tax Justice Network (Netzwerk Steuergerechtigkeit) wirkenden Verfassers in acht Abschnitte. Sie betreffen Steueroasen allgemein, die Steuerfluchtburg Deutschland, die Geldwäsche made in Germany, die Steuertricks der Konzerne, staatliche Schwäche als Standortfaktor, Abgründe der deutschen Steuerjustiz, Interessenkonflikte und die fragwürdige Ewigkei |
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Uekötter, Frank, Deutschland in Grün. Eine zwiespältige Erfolgsgeschichte. V & R, Göttingen 2015. 294 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit dem 20. Jahrhundert wird dem Menschen mehr und mehr bewusst, dass er weltweit seine Umwelt zerstört. Mit größtmöglicher Mühe konnten seine Staaten in Paris am 13. Dezember 2015 gerade noch die Absicht vereinbaren, die Erwärmung der Erde durch sein Energie verschwendendes Verhalten und andere Verhaltensweisen auf 1,5 Grad zu begrenzen. Niemand kann allerdings vorhersehen, ob dies gelingt und zur Rettung der Erde ausreicht.
Mit der Geschichte dieser Entwicklung beschäftigt sich der vorliegende Band des in Münster 1970 geborenen, seit 1990 in Freiburg im Breisgau, Bielefeld und Baltimore in Geschichte, Sozialwissenschaften und Politikwissenschaften ausgebildeten, in Bielefeld 2001 mit einer Dissertation mit dem Titel Von der Rauchplage zur ökologischen Revolution – eine Geschichte der Luftverschmutzung in Deutschland und den USA 1880-1970 – promoviert. Nach Tätigkeiten als wissenschaftlicher Angestellter an der Fakultät für Geschichtswissenschaft in Bielefeld und an dem Deutschen Museum in München wurde er in Bielefeld 2009 mit einer Schrift „Die Wahrheit ist auf dem Feld“ – Eine Wissensgeschichte der deutschen Landwirtschaft habilitiert. Danach lehrte er geisteswissenschaftliche Umweltforschung in Birmingham.
Sein vorliegendes Werk gliedert sich in zwölf grundsätzlich chronologisch geordnete Kapitel. Nach einer Einführung über Umweltgeschichte und Umweltzukunft in dem 21. Jahrhundert behandeln sie deutsche Antworten auf internationale Probleme in dem Kaiserreich von 1871, Krisenjahre zwischen dem Beginn des ersten Weltkriegs und dem Ende des zweiten Weltkriegs mit besonderer Berücksichtigung des Naturschutzes, Ambivalenzen im Wirtschaftswunderland der frühen Bundesrepublik, die erste Globalisierung der Umweltdiskussion bis 1973, die ökologische Revolution, den bundesdeutschen Sond |
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Deutsche Politikwissenschaftler – Werk und Wirkung. Von Abendroth bis Zellentin, hg. v. Jesse, Eckhard/Liebold, Sebastian. Nomos, Baden-Baden 2014. 849 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Deutsche Politikwissenschaftler – Werk und Wirkung. Von Abendroth bis Zellentin, hg. v. Jesse, Eckhard/Liebold, Sebastian. Nomos, Baden-Baden 2014. 849 S. Besprochen von Werner Schubert.
Mit dem von Eckhard Jesse und Sebastian Liebold herausgegebenen Band bekommt der Leser einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Politikwissenschaft seit Beginn der Bundesrepublik. Behandelt werden 50 Hochschulpolitologen nach folgendem, grundsätzlich eingehaltenem Schema. Nach einem „Vorspann“ von wenigen Zeilen über die Bedeutung des jeweiligen Wissenschaftlers behandelt der einzelne Beitrag folgende Fragen: „Vita – Forschungsschwerpunkt – Schulgründung und Wissenschaftsmanagement – Kritische Würdigung – Rezeption im Fach und in der Öffentlichkeit“ (S. 9); zum Schluss folgt eine Auswahlbibliografie der Primärliteratur und Sekundärliteratur. In ihrer umfangreichen Einleitung „Politikwissenschaftler und Politikwissenschaft in Deutschland“ (S. 9-84) stellen die Herausgeber Jesse und Liebold, die auch im biografischen Teil mit je einem Beitrag – Jesse über Hans-Peter Schwarz, Liebold über Dieter Oberndörfer – vertreten sind, fest, dass Sorge dafür zu tragen war, „dass nicht gleichsam 50 Festschriftbeiträge entstehen“: „Insofern musste jede Form der Apotheose unterbleiben. Ausgewogenheit war und ist die Maxime. Die Texte waren deshalb so zu gestalten, dass einerseits das Format deutlich wird, dessentwegen die Person Berücksichtigung findet, andererseits sollten Eigenarten, gegebenenfalls Schwächen zur Sprache kommen, damit kein hagiographischer Charakter durchschlägt“. Die Texte sollten sowohl lexikalischen als auch essayistischen Charakter haben. Nach einem Überblick über den Forschungsstand zu den deutschen Politikwissenschaftlern (S. 11-17) gehen die Herausgeber breit auf die Auswahl der zu berücksichtigenden Wissenschaftler ein (S. 17-31). Hauptkriterien waren „fachliche Kompetenz, erfolgreiches Wissenschaftsmanagement samt – jedenfalls ansatzweise – B |
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Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), begründet von Stammler, Wolfgang/Erler, Adalbert/Kaufmann, Ekkehard, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, hg. v. Cordes, Albrecht/ Haferkamp, Hans-Peter/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter und Bertelsmeier-Kierst, Christa als philologischer Beraterin. Band 3, Lieferung 21 Liga-Mantelgriff. Erich Schmidt, Berlin 2015. 993-1248 Spalten, 128 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), begründet von Stammler, Wolfgang/Erler, Adalbert/Kaufmann, Ekkehard, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, hg. v. Cordes, Albrecht/ Haferkamp, Hans-Peter/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter und Bertelsmeier-Kierst, Christa als philologischer Beraterin. Band 3, Lieferung 21 Liga-Mantelgriff. Erich Schmidt, Berlin 2015. 993-1248 Spalten, 128 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte hat im April 2015 die 21. Lieferung der zweiten Auflage vorgelegt. Sie umfasst die Strecke von Liga bis Mantelgriff. Darin sind etwas mehr als 140 Stichwörter enthalten, von denen rund ein Viertel in Verweisform ausgeführt ist.
Der Kernbestand konnte dabei weitgehend gewahrt werden. Deswegen sind nur wenige Stichwörter entfallen wie etwa anscheinend die früher umfänglich behandelte Limburger Chronik. Andererseits wurden doch früher verhältnismäßig umfangreiche Ausführungen an verschiedenen Stellen deutlich gestrafft.
In zahlreichen Fällen musste es der Zeitablauf mit sich bringen, dass ein neuer Bearbeiter an die Stelle des früheren Verfassers treten musste. Dies betrifft mit langfristigen Nachwirkungen insbesondere die drei früheren Herausgeber. So ist etwa schon der Artikel Lilie Adalbert Erlers durch Heiner Lück, von dem inzwischen besonders viele Artikel stammen, neu gefasst worden.
Der Artikel Limes ist in neuer Fassung Heiko Steuer zu verdanken. Das Verhältnis von Literatur und Recht hat Michael Stolleis auf eine neue Grundlage gestellt. Die Behandlung des lübischen Rechts ist auf der Basis der Arbeiten Wilhelm Ebels von Albrecht Cordes in neuer Weise erfolgt.
Neu aufgenommen ist etwa London, dem sich Andreas Fahrmeier gewidmet hat. Für Philipp Lotmar bietet Joachim Rückert einen neuen Artikel. Löwen hat durch Alain Wijffels Eingang in das Werk gefunden.
Neu aufgenommene Orte sind weiter etwa Lübeck, Lund, Lüneburg oder |
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Keazor, Henry, Täuschend echt! Eine Geschichte der Kunstfälschung. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2015. 256 S., 40 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Keazor, Henry, Täuschend echt! Eine Geschichte der Kunstfälschung. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2015. 256 S., 40 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Der 1965 in Heidelberg geborene Kunsthistoriker Henry Keazor hat sich nach Studien in Heidelberg und Paris mit Arbeiten zur französischen und italienischen Barockmalerei akademisch qualifiziert (Promotion 1996, Habilitation 2005). Über Assistentenstellen in Florenz und Frankfurt am Main sowie eine Gastprofessur in Mainz führte ihn sein Weg 2008 als Professor an die Universität des Saarlandes, von der er 2012 zurück an die Universität Heidelberg wechselte, wo er seither am Institut für Europäische Kunstgeschichte den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Kunstgeschichte bekleidet. Der spektakuläre Prozess um den (2011 verurteilten, mittlerweile wieder auf freiem Fuß befindlichen) deutschen Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi hat Henry Keazors besondere Aufmerksamkeit gefunden und sein grundsätzliches Interesse an der Thematik der Kunstfälschung weiter angeregt. Im Vorjahr trat er nicht nur als Ko-Herausgeber eines entsprechenden Sammelbandes auf [Henry Keazor, Tina Öcal (Hg.), Der Fall Beltracchi und die Folgen. Interdisziplinäre Fälschungsforschung heute (2014)], sondern interviewte den Kunstfälscher in Arne Birkenstocks Dokumentarfilm „Beltracchi – Die Kunst der Fälschung“ (2014) auch persönlich. Folgerichtig bindet der nun zur Besprechung vorliegende, mit 40 kleinformatigen, entweder ein Original einer Fälschung gegenüberstellenden oder berühmte gelungene Fälschungen präsentierenden Abbildungen ausgestattete Band den aktuellen Fall in eine lange Tradition der Kunstfälschung ein.
Zunächst werden in einer 38 Seiten umfassenden Einleitung jene „verschiedenen Begriffe und Konzepte in den Blick genommen, die sich mit dem Phänomen der Fälschung verbinden“, um zu zeigen, „wie wenig einfach und eindeutig dieses entgegen der landläufigen Meinung tatsächlich ist“ (S. 11). Entge |
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Izumo, Takashi, Die Gesetzgebungslehre im Bereich des Privatrechts bei Christian Thomasius (= Rechtshistorische Reihe 463). Lang, Frankfurt am Main 2015. 327 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Izumo, Takashi, Die Gesetzgebungslehre im Bereich des Privatrechts bei Christian Thomasius (= Rechtshistorische Reihe 463). Lang, Frankfurt am Main 2015. 327 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Gesetzgebung bildet zwar wahrscheinlich nicht den Ausgangspunkt des Rechtes, doch verdanken bereits viele Rechtssätze des Altertums ihre Geltung diesem Entstehungsgrund. Als Lehnübersetzung von mittellateinisch legislator geht dementsprechend das deutsche, im 14. Jahrhundert belegte Wort Gesetzgeber auf lateinisch legislator zurück. Die bei Stieler 1691 belegte Gesetzgebung beruht auf lateinisch legislatio, wohingegen die Gesetzgebungslehre anscheinend eine jüngere Neuschöpfung ist.
Mit ihr befasst sich der Verfasser der vorliegenden Dissertation, die von Thomas Duve betreut und 2015 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt am Main angenommen wurde. Sie ist ein Zeugnis der erfreulichen rechtswissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Japan und Deutschland. Sie verdient zum gegenseitigen Nutzen in jedem Fall bestmögliche Unterstützung.
Nach seinem kurzen Vorwort ist der Verfasser von Christian Thomasius fasziniert, seitdem er sich mit Rechtsgeschichte an seiner japanischen Heimatuniversität beschäftigte. In dieser Zeit hat er den Eindruck gewonnen, dass man die einzelnen Rechtsgedanken Thomasius‘ am besten dadurch verstehen kann, dass man sie mit seiner Gesetzgebungslehre verbindet.
Aus diesem Grunde gliedert er seine Arbeit nach einer Einleitung über den Forschungsstand, die Fragestellung und Methodik sowie die Quellen (zwei Hauptwerke zum Naturrecht, zwei Kommentare zum römischen Recht, Dissertationen und sonstige Quellen) in fünf Abschnitte. Sie betreffen die allgemeine Gesetzgebungslehre, das Sachenrecht, das Schuldrecht, das Erbrecht und das Personenrecht, in dem neben dem Hausvater auch die Frauen, Kinder und Vormünder erfasst werden.
Im Ergebnis geht der Verfasser davon aus, dass Thomasi |
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Frotscher, Werner/Pieroth, Bodo, Verfassungsgeschichte, 14. Aufl. Beck, München 2015. XXVII, 418 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Frotscher, Werner/Pieroth, Bodo, Verfassungsgeschichte, 14. Aufl. Beck, München 2015. XXVII, 418 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Verfassungsgeschichte ist der die Geschichte der Verfassung betreffende Teil der die Verfassungsgeschichte einschließenden Rechtsgeschichte (und der allgemeinen Geschichte). Dementsprechend lässt sie sich als über die Rechtsgeschichte hinausreichend auffassen. Von Juristen verfasst wird sie aber stets die rechtliche Entwicklung im Mittelpunkt haben.
Die beiden Autoren haben die erste Auflage ihrer von etwa dem Westfälischen Frieden bis zu dem Inkrafttreten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland reichenden Verfassungsgeschichte im Jahre 1997 im Umfang von XX und 354 Seiten vorgelegt. Seitdem sind mehr als 60 Textseiten hinzugekommen. Der Erfolg von 14 Auflagen in nur 18 Jahren spricht für ihr Konzept in der gegenwärtigen Wissenschaftslandschaft.
Die Neuauflage wertet die neue Literatur zur Verfassungsgeschichte aus, wodurch sich nach dem Vorwort zahlreiche kleinere inhaltliche Änderungen und Ergänzungen ergeben haben. Wünschen nach Erweiterungen oder Vertiefungen des Stoffes haben die Verfasser aus verständlichen Gründen nicht Rechnung getragen. Dementsprechend hat sich der Gesamtumfang des erfolgreichen Werkes gegenüber der Vorauflage nicht wirklich vermehrt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Schneidmüller, Bernd, Die Welfen - Herrschaft und Erinnerung (819-1252) (= Urban-Taschenbuch 465), 2. Aufl.. Kohlhammer, Stuttgart 2014. 379 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schneidmüller, Bernd, Die Welfen - Herrschaft und Erinnerung (819-1252) (= Urban-Taschenbuch 465), 2. Aufl.. Kohlhammer, Stuttgart 2014. 379 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Welfen sind die Angehörigen eines bayerischen, schwäbischen oderfränkischen Geschlechts, das seit der Mitte des 8. Jahrhunderts nördlich des Bodensees begütert gewesen sein könnte. Sie sind erstmals 819 sicher nachweisbar. Sie gelten als älteste Adelsfamilie Europas.
Der Verfasser hat ihre älteste Geschichte im Taschenbuch bereits im Jahre 2000 dargestellt. Seine Veröffentlichung ist seinerzeit von Gurdrun Pischke in der Germanistischen Abteilung der Zeitschrift für Rechtsgeschichte besprochen worden. Sie wurde von der interessierten Leserschaft so freundlich aufgenommen, dass nunmehr eine zweite Auflage erforderlich und möglich wurde.
Sie bietet nach dem kurzen Vorwort vom Frühjahr 2014 die Gelegenheit einige Fehler zu korrigieren. Dessenungeachtet konnte der Umbruch der ersten Auflage weitestgehend beibehalten werden. Das Verzeichnis der ausgewählten Quellen und Literatur ist aktualisiert und um Neuerscheinungen bis 2013 ergänzt, so dass hoffentlich mit weiterem Erfolg gerechnet werden kann.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Rechtshandschriften des deutschen Mittelalters – Produktionsorte und Importwege, hg. v. Carmassi, Patrizia/Drossbach, Gisela (= Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 29). Harrassowitz, Wiesbaden 2015. 415 S., 39 Abb. schwarz-weiß, 1 Tab. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtshandschriften des deutschen Mittelalters – Produktionsorte und Importwege, hg. v. Carmassi, Patrizia/Drossbach, Gisela (= Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 29). Harrassowitz, Wiesbaden 2015. 415 S., 39 Abb. schwarz-weiß, 1 Tab. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Schon lange geht die rechtshistorische und kodikologische Untersuchung von in Handschriften überlieferten Textzeugnissen aus. Die durch neue technische Entwicklung ermöglichten Speichertechniken und Recherchetechniken eröffnen neue Horizonte, so dass Fragen der Produktion, Distribution und Rezeption mittelalterlicher, besonders juristischer Handschriften mit der Erwartung neuer Erkenntnisse bearbeitet werden können. Der Tagungsband über ein Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel vom 27. bis 29. Juni 2011 zu diesen Aspekten bei vorwiegend lateinischen Handschriften versammelt 15 Vorträge, die während der Tagung gehalten worden sind. Die Tagung war in vier Sektionen gegliedert, dieser Gliederung folgt der Band.
Sektion 1 behandelte die Rechtskultur im Hoch- und Spätmittelalter. Gero Dolezalek (S. 21-38) präsentierte neben einer Bestandsgeschichte der einzelnen Sammlungen Statistiken, die er aus Arbeiten in der Biblioteca Apostolica Vaticana, die er als Lieferant europäischer Durchschnittswerte betrachtet, in der Universitätsbibliothek Leipzig, die er als Lieferant regionaler sächsischer Durchschnittswerte ansieht, und in der Universitätsbibliothek Halle, wo sich heute viele Handschriften befinden, die ehemals in Halberstadt oder in Magdeburg waren, gewonnen hat. Aus seiner seit gut 40 Jahren gesammelten Erfahrung gibt er wertvolle Hinweise zur Vorgehensweise bei Zählungen und Auswertungen, die einzelne Überlieferungszeugen, nicht komplette Handschriften, beachten müssen. Schwierig ist es, die gefundenen Anteile des kanonischen Rechts, des zivilen (römischen) Rechts, der Texte aus verschiedenen Rechtsgebieten und des einheimischen Rechts zu gewichte |
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Raasch, Markus, Der Adel auf dem Feld der Politik. Das Beispiel der Zentrumspartei in der Bismarckära (1871-1890). Droste, Düsseldorf 2015. 486 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Raasch, Markus, Der Adel auf dem Feld der Politik. Das Beispiel der Zentrumspartei in der Bismarckära (1871-1890). Droste, Düsseldorf 2015. 486 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Aufklärung und dem aus ihr hervorgehenden Gleichheitsgrundsatz musste der vorher bevorrechtigte Adel angesichts der Zahlenverhältnisse in der Gesellschaft an Bedeutung verlieren. In dem Augenblick, in dem die zahlenmäßige Mehrheit über die Vergabe von Befugnissen entscheiden konnte und entschied, konnte eine Minderheit nur noch Rückzugsgefechte mit dem Ziel möglichst langer Wahrung bisheriger Stellungen führen. Von daher ist die Stellung des Adels auf dem Felde der Politik in der Zeit des Reichskanzlers Otto von Bismarck von hohem Interesse.
Mit einem wichtigen Teilaspekt dieser Thematik befasst sich die von Karsten Ruppert betreute und vorangebrachte, an der Universität Eichstätt 2012 angenommene Habilitationsschrift des von 1999 bis 2003 in Geschichte, Germanistik und Erziehungswissenschaften in Düsseldorf ausgebildeten, anschließend bei Kurt Düwell mit einer mentalitätsgeschichtlichen Dissertation über „Wir sind Bayer“ promovierten, seit Oktober 2013 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Zeitgeschichte in Mainz tätigen früheren Assistenten seines Betreuers. Das der Ehefrau, ohne die es nicht ging und geht, gewidmete aufschlussreiche Werk gliedert sich nach Vorwort und Einleitung über Erkenntnisinteresse , theoretisch-methodischen Zugriff und Gang der Untersuchung sowie Quellen in vier Kapitel. Sie betreffen die Kapitalien (der schlesischen, westfälischen, rheinischen, südwestdeutschen und bayerischen) Abgeordneten sowie hannoverschen Hospitanten der untersuchten Partei, die Mentalitäten, die kulturelle Praxis und die Gestaltungsspielräume.
In der Schlussbetrachtung widmet sich der Verfasser auf der Grundlage des Bourdieuschen Feldmodells den vier Fragen, warum geht der Adel in die Politik, wie beeinflusst die Politik den Adel, wie beeinflu |
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Die Moskauer Deklaration 1943. „Österreich wieder herstellen“, hg. v. Karner, Stefan/Tschubarjan, Alexander O. unter Mitarbeit von Bacher, Dieter/Ruggenthaler, Peter (= Kriegsfolgen-Forschung 8). Böhlau, Wien 2015. 296 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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„Die Regierungen Großbritanniens, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika kamen darin überein, dass Österreich, das erste freie Land, das der Hitlerschen Aggression zum Opfer gefallen ist, von der deutschen Herrschaft befreit werden muss. Sie betrachten den Anschluss, der Österreich am 15. März 1938 von Deutschland aufgezwungen worden ist, als null und nichtig. Sie betrachten sich in keiner Weise gebunden durch irgendwelche Veränderungen, die nach diesem Zeitpunkt in Österreich vorgenommen wurden.“
Diese an nachrangiger Stelle aufgenommenen Sätze sind der Beginn der kurzen, im Laufe der Moskauer Konferenz der Außenminister der UdSSR, der Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien angenommenen Moskauer Deklaration vom 30. Oktober 1943. Der sich mit ihr beschäftigende, von Erwin Pröll, Sergej Netschajew, Martin Eichtinger, Margot Klestil-Löffler und Hans Winkler in Geleitworten vorgestellte Band ist eines der Ergebnisse der Konferenz „70 Jahre Moskauer Deklaration“, die im Rahmen der 2007 von Ursula Plassnik und Sergej Lawrow vereinbarten gemeinsamen russisch-österreichischen Historikerkommission am 25. Oktober 2013 in Moskau und am 29. Oktober 2013 an der Diplomatischen Akademie Wien stattgefunden hat. Gegliedert ist das Werk nach zwei „Vorwörtern“ der Herausgeber in fünf Abschnitte.
Sie betreffen die Moskauer Außenministerkonferenz 1943, alliierte Planungen zu Österreich, die Zeit vom „Anschluss“ zur Nationswerdung, die Sowjetunion und Österreich sowie die Frage nach der „Magna Charta“ Österreichs. Dabei bietet etwa am Beginn Horst Möller einleitende Bemerkungen über die Moskauer Außenministerkonferenz von 1943, während am Ende Günter Bischof die Mosk |
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Helmholz, Richard H., Natural Law in Courts. A History of Legal Theory in Practice. Harvard University Press, Harvard 2015. XXII, 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Helmholz, Richard H., Natural Law in Courts. Harvard University Press, Harvard 2015. XXII, 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bis zur Gegenwart hat sich der Mensch zwar zum Herrscher über die ihm riesig erscheinende, im Universum aber eher nur verschwindend bedeutsame Erde aufgeschwungen, aber das Geheimnis des Lebens weder ergründen noch über die ihm vorgegebene Möglichkeit hinaus entscheidend erweitern können. Dementsprechend weiß er zwar um seine Herkunft aus der Natur, kennt aber auch die Möglichkeiten der eigenen Gestaltung vieler ihn umgebender Verhältnisse. Für das Recht hat er daraus den Schluss gezogen, dass er es weitgehend selbst gestalten kann, hat aber in unterschiedlichen Zeiten auch die Möglichkeit eines vorgegebenen natürlichen Rechtes als denkbar oder sogar selbverständlich angesehen.
Mit einem Teilbereich dieser Thematik beschäftigt sich das vorliegende Werk des in der Harvard Law School ausgebildeten, zunächst zehn Jahre an der Washington University in St. Louis und seit 1981 an der University of Chicago lehrenden Verfassers. In seinem Vorwort bezeichnet er es als Ergebnis einer combination of chance, curiosity and a challenge, zu der im Laufe der Zeit die allmähliche Einsicht kam, dass der Gegenstand auch eine Gelegenheit umfasste. Angesichts der vorliegenden Literatur stellte er sich die Frage nach der realen Relevanz naturrechtlicher Überlegungen in der frühneuzeitlichen Rechtspraxis.
Das daraufhin entstandene Werk gliedert sich nach einer Einleitung in sechs Kapitel. Sie betreffen die rechtliche Ausbildung auf dem europäischen Kontinent, das Naturrecht in europäischen Gerichten, die rechtliche Ausbildung in England, das Naturrecht in englischen Gerichten, die rechtliche Ausbildung in den Vereinigten Staaten von Amerika und das Naturrecht in amerikanischen Gerichten. Im Ergebnis kann er im Rahmen sechser Schlüsse zeigen, dass die Naturrechtsvorstellung in der frühen Neuzeit als Folge der rechtlichen Ausb |
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Raina, Peter, House of Lords Reform. A History. Volume 2 1943-1958 Hopes Rekindled. Lang, Bern 2013. XXIII, 868 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Raina, Peter, House of Lords Reform – A History, Band 3 1960-1969 – Reforms attempted. Lang, Oxford 2014. XX, 956 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das House of Lords ist im englischen Recht die im Laufe des 13. Jahrhunderts aus dem Königshof hervorgegangene Versammlung der großen Lehnsleute des Königs, zu der erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts das House of Commons hinzutritt. Seitdem ist die Geschichte des englischen Parlaments im Kern dadurch geprägt, dass das Oberhaus allmählich immer mehr an Bedeutung verliert, während umgekehrt das Unterhaus zum wichtigsten Organ des Staates wird. Gleichwohl war das Oberhaus auch am Ende des 20. Jahrhunderts noch von beträchtlichem Gewicht und umfasste im Jahre 1998 635 Angehörige des Erbadels, 26 anglikanische Bischöfe und 505 auf Lebenszeit ernannte Lords und Ladies.
Zu dieser weltweit bekannten politischen Einrichtung hat der an der University of London als Visiting Fellow und an dem Graduate Centre of Balliol College in Oxford als Senior Research Associate tätige Verfasser seit 2012 drei gewichtige Untersuchungen vorgelegt. Davon behandelte der erste, 2012 erschienene Band auf 604 Seiten in zwei Teilen die Anfänge bis zu dem Jahre 1911 und die Entwicklung zwischen 1911 und 1937. Der zweite Band verfolgte unter der Schlagzeile Hopes Rekindled 2013 auf 868 Seiten die Veränderungen zwischen 1943 und 1958. Dem schließt sich nunmehr der auf ein einziges Jahrzehnt beschränkte dritte Band mit seinen fast eintausend Seiten an.
Er gliedert sich in insgesamt 23 Kapitel, die mit dem Wedwood Benn Case einsetzen, als im November des Jahres 1960 Anthony Wedgwood Benn zwar seinem Vater als zweiter Viscount Stansgate nachfolgte, aber auf den ererbten Titel verzichtete. Sehr ausführlich stellt der Verfasser danach das weitere Geschehen bis zum Jahre 1969 dar, für das er das Parliament (No. 2) Bill als bad bill erweist und die auf den hinteren Bänken des Parlaments sitzenden Mitglieder Blut |
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Grabowski, Hans-Ludwig/Haney, Wolfgang, „Der Jude nahm uns Silber, Gold und Speck …“. Für politische und antisemitische Propaganda genutzte Geldscheine in der Zeit der „Weimarer Republik“ und des „Dritten Reiches“. Dokumentation basierend auf Belegen der zeitgeschichtlichen Sammlung Wolfgang Haney, Berlin. Gietl, Regenstauf 2015. 280 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wolfgang Haney wurde 1924 als Kind einer jüdischen Mutter und eines katholischen Musiklehrers geboren und 1935 als Mischling ersten Grades aus einer privilegierten Mischehe eingestuft. Trotz schlechter Behandlung durch seine ehemaligen Freunde seit der Machterlangung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und Schulhausverbots nach mittlerer Reife konnte er nach einer Lehre als Maurer Bauingenieurwesen studieren und als Bauführer bei seiner Lehrfirma arbeiten. Nach seiner Pensionierung übernahm er als Überlebender einer 12 Jahre verachteten, verfolgten und weitgehend ermordeten Familie die Verpflichtung, die Nachwelt durch Ausstellungen, Berichte, Vorträge und Veröffentlichungen zu unterrichten.
Auf der Grundlage der einigermaßen einmaligen zeitgeschichtlichen Sammlung Wolfgang Haneys bietet der in Thüringen 1961 geborene, seit seiner Kindheit historische Geldscheine verfolgende Redakteur Hans-Ludwig Grabowsky eine eindrucksvolle Dokumentation propagandistisch genutzter Geldscheine vor allem des früheren 20. Jahrhunderts. An die Spitze stellt er dabei eine Einleitung in die Thematik, die mit wenigen Worten zu der interessanten Frage „wie das Geld entstand“ einsetzt. Danach wird in erster Linie die politische Entwicklung eindringlich bis zu dem Holocaust als tödlichem Ergebnis des allmählich wachsenden Antisemitismus dargeboten, wobei die Aufforderung „Kein Geld für Juden“ den Schluss formt.
Die umfangreiche Abbildungsdokumentation gliedert sich in 96 kleine Abschnitte. Sie beginnen mit der Aufforderung „3. mal täglich zu beten“ und enden mit dem V |
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Schyga, Peter, Über die Volksgemeinschaft der Deutschen. Begriff und historische Wirklichkeit jenseits historiografischer Gegenwartsmoden. Nomos, Baden-Baden 2015. 197 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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In dem Werk Schygas geht es „weniger um eine kritische Beurteilung konkreter empirischer Forschungen“ als vielmehr um eine „Annäherung an die Genese, die Formveränderung und den Wirklichkeitsbezug der Vorstellung und Realität einer deutschen Volksgemeinschaft“ (S. 22). Im Mittelpunkt stehen die Begriffe „Gewalt, Herrschaft, Arbeit, Ideologie und politische Religion“ (S. 52). Im ersten Kapitel behandelt Schyga die „lange Vorgeschichte der NS-Volksgemeinschaft“ unter der Überschrift „Volksgemeinschaftherstellung“ (S. 31ff.). Im Abschnitt über die „SPD und die Volksgemeinschaft in Weimar“ (S. 52ff.) stellt Schyga fest, dass den Sozialdemokraten die „negativen, gesellschaftszerstörenden Potentiale und Dimensionen der Vorstellungen hinter diesem Begriff“ nicht klar gewesen seien (S. 54). Dies habe sich „verheerend“ ausgewirkt, „weil die Gegner und Feinde der republikanischen Gesellschaft von Weimar sehr genau um die Attraktivität einer Volksgemeinschaftsvorstellung unter den Klassen und Schichten wussten, die nie ihren Frieden mit der Republik gemacht hatten“ (S. 56). Wie weit dies auch für das Zentrum und die Deutsche Demokratische Partei zutrifft, wird nicht näher erörtert. Es folgen Abschnitte über den Nationalsozialismus bis 1933, und zwar insbesondere im Freistaat Braunschweig (S. 67ff.; für die spätere Zeit S. 115, 124f.). „Arbeit“ war nach Schyga „der zentrale Begriff“, wenn man „dem Ausmaß und der Haltbarkeit der NS-Volksgemeinschaft“ näher kommen wolle (S. 96). Diese Materie wird unter den Stichworten: „Überarbeit, Ungleichheit, Fluchtwege und Versprechungen, NS-Bewegung und Arbeit, Totalität der Arbeit, Hitlers Rede über die Arbeit von 1920, Arbeit und nationalsozialistische Volksgemeinschaft sowie Leistungs-Volksgemeinschaft“ behandelt. Ein |
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Ruderich, Daniela, Führungsaufsicht. Die Entwicklung und Ausgestaltung des Instituts der Führungsaufsicht auch im Hinblick auf die einzelnen Bundesländer sowie die Darstellung und Bewertung der Übergangskonzepte zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (= Würzburger Schriften zur Kriminalwissenschaft 36). Lang, Frankfurt am Main 2014. XXXII, 447 S., Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die Führungsaufsicht wurde zum 1. 1. 1975 als Maßregel der Sicherung und Besserung eingeführt (§§ 68-68 g StGB) und gleichzeitig wurden die §§ 38, 39 StGB (1870) über die Polizeiaufsicht außer Kraft gesetzt. Das Werk Daniela Ruderichs – eine unter Klaus Laubenthal entstandene Würzburger Dissertation von 2013 – ist eine willkommene Fortschreibung der bislang vorliegenden Arbeiten zu Polizei- und Führungsaufsicht. Kernpunkte der Untersuchungen sind die rechtlichen Grundlagen der Führungsaufsicht, deren Dauer, Beginn und Ende sowie die Zuständigkeit und Tätigkeit der beteiligten Organe (S. 49-210). Einbezogen in diese Darstellung sind auch die Änderungen der Führungsaufsicht durch Gesetze von 1998, 2007 und 2010. Berücksichtigt wird zudem die kritische Auseinandersetzung mit dem Institut der Führungsaufsicht und insbesondere mit § 145a StGB (Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht). Im zweiten Hauptabschnitt (S. 211-399) untersucht Ruderich die Praxis und Relevanz der Führungsaufsicht in den Bundesländern, die „unterschiedlich hoch ausfällt“ (S. 4). Ferner wird der Versuch unternommen, „Gründe und Ursachen für die verschieden hohe Belastung in den einzelnen Bundesländern zu benennen“ (S. 4).
Im rechtshistorischen Teil der Arbeit (S. 6-48) gibt Ruderich nach Hinweisen auf den Vorgänger der Führungsaufsicht im 18. Jahrhundert einen Überblick über die Regelung der aus dem Code pénal stammenden Polizeiaufsicht im partikulären deutschen Strafrecht (S. 9ff.). Es folgt ein Abschnitt über die Normierung der Polizeiaufsicht im R |