Maciejewski, Jürgen, Amtsmannvertreibungen in Baden im März und April 1848. Bürokratiekritik, bürokratischer Protest und Revolution von 1848/49 (= Europäische Hochschulschriften 3, 1067). Lang, Frankfurt am Main 2010. 509 S., zahlr. Abb. u. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Bernd Wunder angeregte und betreute, im Wintersemester 2005/2006 vom Fachbereich Geschichte und Soziologie der geisteswissenschaftlichen Sektion der Universität Konstanz angenommene Dissertation des Verfassers. Sie betrifft eine interessante Gruppe von Einzelvorgängen des revolutionären Geschehens von 1848. Zwischen dem 28. 2. 1848 und dem 27. 4. 1848 fanden nämlich in 36 von 78 badischen Amtsbezirken 63 Proteste gegen 44 Bedienstete von Kreisdirektorien, Bezirksämtern und Amtsrevisoraten Statt, nämlich gegen zwei Kreisdirektoren, einen Kreisregierungsrat, 28 Amtmänner, zwei zweite Amtmänner, einen Amtsassessor, zwei Rechtspraktikanten, vier Amtsaktuare und vier Amtsrevisoren, jeweils mit dem Ziel, sie von ihren Stellen zu vertreiben.
Bei seiner gründlichen Untersuchung dieser Vorgänge schildert der Verfasser nach Darlegung der Problemstellung, Literaturübersicht, Methodik und Quellen zunächst die Bürokratie und Bürokratiekritik im Vormärz, die Entstehung der Verwaltungsstruktur Badens und die Revolution in Baden im Allgemeinen. Danach geht er detailliert auf die Proteste in Mannheim, Neckarbischofsheim, Sinsheim und Hoffenheim, Boxberg, Mosbach, Buchen, Eberbach, Schwetzingen, Heidelberg, Neckargemünd, Bretten, Bühl, Kork, Offenburg, Gernsbach, Haslach, Müllheim, Breisach, Emmendingen, Sankt Blasien, Kenzingen, Jestetten, Freiburg/Landamt, Hornberg, Triberg und Waldkirch, Staufen, Neustadt im Schwarzwald, Konstanz, Radolfzell, Engen, Villingen, Stockach, Stühlingen und Bonndorf ein. Nach diesem Überblick untersucht er die Protestformen, die Konfliktparteien, die Protestursachen, die Manifestationsbedingungen und zieht bezüglich der Kost |
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Maes, Eric, Van gevangenisstraf naar vrijheidsstraf. 200 jaar Belgisch gevangeniswezen. Maklu, Antwerpen 2009. XXIV, 1201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die monumentale Arbeit ist die gedruckte Fassung seiner von Lieven Dupont betreuten, durch den Verfasser an der Katholischen Universität Leuven am 6. Februar 2008 zur Erlangung des Grades eines Doktors der kriminologischen Wissenschaften verteidigten Dissertation. Sie gründet sich auf ein umfangreiches Literaturverzeichnis einschließlich einer eigenen Quellensammlung des Autors für die Zeit von 1795 bis 2006. Gegliedert ist sie außer in Einführung und Zusammenfassung in sechs Kapitel.
Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Oriëntatienota Strafbeleid en gevangenisbeleid vom Juni 1996,. an die der Verfasser zunächst die anschließende Entwicklung bis 2006 fügt. Danach geht er im ersten Kapitel auf die rechtsstaatliche Einbettung des Strafrechts im 19. Jahrhundert ein. Das zweite Kapitel greift für den Durchbruch der Gefängnisstrafe auf das Zuchthaus in Gent in der Zeit von 1771 bis 1794 zurück.
Kapitel 4 behandelt sehr detailliert und sorgfältig den Zusammenhang zwischen den betrachteten Sachgebieten. Kapitel 5 beschreibt die hemmenden und fördernden Umstände für die Einführung der neuen strafrechtlichen Vorstellungen, während Kapitel 5 gründlich und ausführlich zusätzliche Überlegungen aufgreift. Im Ergebnis bietet der Verfasser an Hand grundlegender Fragestellungen eine beeindruckende Schilderung des belgischen Gefängniswesens auf seinem Weg durch die zurückliegenden 200 Jahre des 19. und 20. Jahrhunderts, für welche die europäische Kriminologie dem Verfasser zu Dank verpflichtet ist.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Maier, Gregor, Wirtschaftliche Tätigkeitsfelder von Juden im Reichsgebiet (ca. 1273 bis 1350) (= Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden. Studien und Texte 1). Kliomedia, Trier 2010. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der 1979 geborene, nach dem Studium von Geschichte und Anglistik in Trier über Juden und Christen in den Kathedralstädten Augsburg, Regensburg, Salzburg und Passau während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts dissertierende Verfasser legt im Rahmen der Forschungsarbeiten am Trierer Forschungsbereich 600 (Fremdheit und Armut) eine gesonderte Studie über Juden außerhalb des Geldgeschäfts vor und betrachtet dabei Juden in Weinbau bzw. Weinhandel, Juden und herrschaftliche Verwaltungstätigkeit, Juden als Handwerker (Schneider, Fleischer und weitere Tätigkeiten), die Handelstätigkeit und jüdische Ärzte. Er schließt dabei an eine Untersuchung Michael Tochs für das Spätmittelalter an. Im Ergebnis stellt er eine Vielzahl von Gelegenheiten für Kontakte zwischen Juden und Christen in der von ihm erfassten Zeit in den etwa um Rechnungsbücher oder Bürgerlisten vermehrten Quellen fest und kann dadurch den bisherigen Blickwinkel in interessanter Weise erweitern.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Maier, Hans, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre. Mit einem Nachwort von Stolleis, Michael (Neudruck = Gesammelte Schriften Band 4). Beck, München 2009. 487 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Hans Maier wurde in Freiburg im Breisgau am 18. Juni 1931 geboren, spielte schon in der Zeit des Besuchs des Bertold-Gymnasiums 1942 als Organist, studierte nach dem 1951 absolvierten Abitur Geschichte, Romanistik, Germanistik und Philosophie in Freiburg im Breisgau und München, wurde nach dem Staatsexamen für das höhere Lehramt in den Fächern Geschichte, Deutsch und Französisch 1957 bei Arnold Bergsträßer mit einer Dissertation über Revolution und Kirche (Studien zur Entstehungsgeschichte der christlichen Demokratie in Frankreich 1789-1850) zum Dr. phil. promoviert und 1962 nach einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent am Seminar für politische Wissenschaft der Universität Freiburg habilitiert und umgehend als ordentlicher Professor für politische Wissenschaft an die Universität in München berufen. Seine durch Lektüre des französischen Polizeitheoretikers Nicolas De la Mare angeregte Habilitationsschrift erschien erstmals 1966 unter dem Titel Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre (Polizeiwissenschaft) - ein Beitrag zur Geschichte der politischen Wissenschaft in Deutschland im Umfang von 366 Seiten im Verlag Luchterhand als Band 13 der Reihe Politica. Nach großen politischen Erfolgen des Verfassers in Bayern und anderswo wurde sie 1980 neubearbeitet und ergänzt vom Verlag Beck im Umfang von 353 Seiten übernommen und 1986 als Taschenbuch vorgelegt.
In Zusammenfassung des Lebenswerks des großen Gelehrten und Politikers erscheinen seit seinem 75. Geburtstag in bester Tradition seine gesammelten Schriften. In sie ist auch die einstige Habilitationsschrift in durchgesehener und durch einen Exkurs bereicherter Form aufgenommen. Dies entspricht ihrem hohen Rang al |
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Mailänder Koslov, Elissa, Gewalt im Dienstalltag. Die SS-Aufseherinnen des Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek 1942-1944. Hamburger Edition, Hamburg 2009. 520 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Majdanek ist ein Vorort Lublins in dem bald nach Beginn des Zweiten Weltkriegs besetzten Polen, in dem 1941 ein Kriegsgefangenenlager (Pläne zu einem eigenen Frauenlager seit Sommer 1942, mit 7821 gefangenen Frauen am 15. Juni 1943) und ab Februar 1943 ein bis 23. Juli 1944 bestehendes Konzentrationslager und Vernichtungslager der Waffen-SS Lublin errichtet wurde. Zwischen Herbst 1942 und Frühjahr 1944 waren dort insgesamt 28 Frauen als SS-Aufseherinnen beschäftigt. Mit ihnen beschäftigt sich die nach dem Studium von Literaturwissenschaft und Geschichte in Wien, Paris und Erfurt 2007 promovierte, danach am kulturwissenschaftlichen Institut in Essen tätige Verfasserin an Hand zahlreicher Dokumente, Aussagen und anderen Quellen.
Die überwiegend um 1920 geborenen Aufseherinnen entstammten im Durchschnitt einem sozial weniger privilegierten Milieu. Sie waren an einem gut bezahlten, sicheren Arbeitsplatz mit sozialem Aufstieg zum Beamtenstatur interessiert, bewarben sich aber teilsweise auch aus Abenteuerlust. Keine der am 16. Oktober nach einer kurzen Einschulung aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gekommenen Aufseherinnen war zuvor strafrechtlich aufgefallen und die wenigsten rekrutierten Frauen konnten sich vermutlich unter ihrem künftigen Arbeitsplatz etwas Genaues vorstellen.
Die Verfasserin beschreibt nach methodisch-theoretischen Vorüberlegungen und einem Überblick über Majdanek so genau wie möglich die Wege der Frauen in das Konzentrationslager, die Ausbildung in Ravensbrück, die Versetzung nach Majdanek, die dortigen, von ständigem Arbeitskräftemangel gekennzeichneten, von Tod und Vernichtung umgebenen Arbeitsbedingungen, den Tötungsalltag durch Selektion, die Bedeutung der Flucht von einzelnen Gefangenen, |
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Malycha, Andreas/Winters, Peter Jochen, Die SED. Geschichte einer deutschen Partei. Beck, München 2009. 480 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerMalychadiesed20110901 Nr. 13735 ZRG GA 129 (2012) 81
Malycha, Andreas/Winters, Peter Jochen, Die SED. Geschichte einer deutschen Partei. Beck, München 2009. 480 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die politisch bestimmende Kraft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik war trotz aller demokratisierenden Verbrämung die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Deswegen verwundern sich die beiden Autoren, der in Bremen 1934 geborene, vor allem über die Frankfurter Allgemeine Zeitung bekannte Publizist Peter Jochen Winters und der in Berlin 1956 geborene, von 1983 bis 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Marxismus/Leninismus bei dem Zentralkomitee der SED bzw. des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung in Berlin tätige,1989 über die SPD in der sowjetischen Besatzungszone promovierte Historiker Andreas Malycha selbst sehr darüber, dass die SED in der Forschung seit 1990 keine angemessene Aufmerksamkeit gefunden hat (vgl. aber Malycha 1995, 1996, 2000). Diese Lücke will ihr Werk schließen.
Es geht dabei auf breiter Quellengrundlage in insgesamt acht Schritten chronologisch vor, so dass die Gründung der SED im Jahre 1945/1946 am Beginn steht. Es folgen der Wandel nach sowjetischem Vorbild zwischen 1947 und 1952, die Krise und Konsolidierung zwischen 1952 und 1961, die Suche nach neuen Konzepten im Anschluss an die Ära Ulbricht, die Vision einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft mit Erich Honecker an der Spitze, das sich zwischen Moskau und Bonn aufbauende Spannungsfeld der Jahre von 1982 bis 1987 und der in der vergeblichen Abwehr von Perestroika und Glasnost sowie Kirchen erfolgende Niedergang und Zusammenbruch bis 1989. Als Anhang wird die Partei des demokratischen Sozialismus angeschlossen, die sich halbherzig von der Vergangenheit befreien will und deswegen nur ein zwiespältige Zukunft erreicht.
Im Anhang weist ein Exkurs die Mitgliederentwicklung von 1129 |
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Martens, Matthias, Die Entwicklung der Widerrufsrechte des Verbrauchers bis zur Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG. Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der zeitlichen Dimension (= Nomos Universitätsschriften - Recht 697). Nomos, Baden-Baden 2010. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Peter Derleder angeregte und betreute, im Sommersemester 2010 der juristischen Fakultät der Universität Bremen vorgelegte Dissertation des Verfassers. Sie stellt die Möglichkeit einer Verwirkung der Widerrufsrechte in den Mittelpunkt und geht besonders auf das Umsetzungsgesetz vom 2. Juli 2009 und die ihm zugrundeliegende Verbraucherkreditlinie 2008/48/EG ein. Im dritten ihrer insgesamt 13 Kapitel greift sie bei der Geschichte der Widerrufsrechte aber immerhin kurz auch auf das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 zurück.
Nach einer knappen Einleitung stellt der Verfasser zunächst das Informationsmodell des europäischen und des deutschen Verbraucherrechts und des Widerrufsrechts dar und betrachtet nach seinem geschichtlichen Rückgriff das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften, bei Fernabsatzverträgen und bei Verbraucherkreditverträgen. Danach behandelt er die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teiles der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgabrecht, bezieht sonstige Widerrufsrechte außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezüglich ihrer Rechtsentwicklung ein (§ 126 I Investmentgesetz, § 4 I FernUSG, §§ 8, 9, 152 VVG) ein, schildert die Überschneidung der Widerrufsrechte und erörtert die Regelung der Widerrufsfolgen, die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Auf dieser Grundlage befasst er sich dann mit der Verwirkung von Widerrufsrechten.
Am Ende fasst er seine wesentlichen Ergebnisse in 20 Punkten zusammen. Dabei spart er mit guten Gründen nicht mit Kritik an der bestehenden |
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Martus, Steffen, Die Brüder Grimm. Eine Biographie. Rowohlt Berlin, Berlin 2009. 608 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Jacob Grimm und Wilhelm Grimm waren nicht wirklich erfolgreiche Juristen. Sie haben aber als Philologen innerhalb der Rechtswissenschaft insbesondere die Rechtsgeschichte in vielfältiger Weise gefördert und bereichert. Aus diesem Grunde haben sie sich längst einen Ehrenplatz auch in der Rechtswissenschaft verdient, auf Grund dessen außerjuristische Werke über die Brüder Grimm der rechtsgeschichtlichen Erwähnung wenigstens in einigen Zeilen wert sind.
Dies gilt auch für die umfangreiche Biographie des in Karlsruhe 1968 geborenen, in Regensburg in deutscher Philologie, Sozialkunde, Philosophie und Soziologie ausgebildeten, 1998 an der Humboldt-Universität zu Berlin promovierten und über Erlangen-Nürnberg und Kiel 2010 für neuere deutsche Literatur wieder nach Berlin gelangten Verfasser. Er ist bisher durch seine Dissertation über den Aufklärer Friedrich von Hagedorn und durch Untersuchungen zu Ernst Jünger, Klopstock, Tieck, Goethe und George hervorgetreten. Seine Biographie über die Brüder Grimm beeindruckte die Allgemeinheit so sehr, dass sie 2010 bereits eine zweite und dritte Auflage erfuhr.
Gegliedert ist sie chronologisch in sieben Abschnitte. Diese führen von den Kindheitsszenen (1785-1802) über Studium und Berufung, Standortbestimmung, die Spannung zwischen Wissenschaft und Politik, die glückliche Zeit zwischen 1816 und 1829 und Göttingen (1830-1840) schließlich nach Berlin, wo sich die Brüder bis an die Schultern ins deutsche(, allerdings von ihnen nur in den ersten Buchstaben verwirklichte) Wörterbuch vergraben. Anschaulich lässt der Verfasser den Leser an der spannenden und bewegenden Geschichte bis zu dem Ende inmitten der papierenen Kinder so teilhaben, als wäre man selbst dabei gewesen und ermöglicht darüber hinaus durch einen gewichtigen Anhang die eigene Beschäftigung mit diesen beiden großen |
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Matthies, Denis, Exemplifikationen und Regelbeispiele. Eine Untersuchung zum 100-jährigen Beitrag von Adolf Wach zur „legislativen Technik“ (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 33). De Gruyter, Berlin 2009. XIII, 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Uwe Scheffler angeregte und betreute, im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder angenommene Dissertation. Sie geht von Adolf Wach aus, der in Culm an der Weichsel am 11. September 1843 geboren wurde und in Leipzig am 4. April 1926 verstarb. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin, Heidelberg, Königsberg (1865 Promotion, 1868 Habilitation für Kirchenrecht und Prozessrecht) und Göttingen wurde er ordentlicher Professor in Rostock (1869), Tübingen (1871), Bonn (1872) und Leipzig (1875-1920).
Wach hatte besonderes Interesse am Zivilprozessrecht. Daneben gilt er als Begründer der Regelbeispielstechnik insbesondere für besonders schwere Fälle, über die er in einer vergleichenden, vom Verfasser in seiner Einleitung nicht bibliographisch einwandfrei zitierten Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts im Jahre 1908 gehandelt haben soll. Da Uwe Scheffler den Standpunkt vertritt, dass Wach zu Unrecht als Vater der Regelbeispielstechnik geehrt wird, geht der Verfasser dieser Problematik in seiner schlanken Untersuchung nach.
Zu diesem Zweck untersucht der Verfasser im ersten Teil seiner Arbeit den Weg zur Regelungsbeispielstechnik seit dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871. Der zweite Teil befasst sich mit der Exemplifikationsmethode. Im Ergebnis nimmt der Verfasser an, dass die Regelbeispielstechnik nicht der Exemplifikationsmethode Adolf Wachs entspricht und deshalb auch nicht auf ihn zurückgeführt werden kann, dass aber die richtig verstandene Exemplifikationsmethode Wachs ein brauchbarer Weg zwischen Kasuistik und Generalisierung in der Ge |
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Mechthold, Rudi, Landesgeschichtliche Zeitschriften 1800-2009. Ein Verzeichnis deutschsprachiger landesgeschichtlicher und heimatkundlicher Zeitschriften, Zeitungsbeilagen und Schriftenreihen (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderband 101). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. 332 S., CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Mensch ordnet die Vielzahl der ihn umgebenden Erscheinungen zur vernunftnotwendigen Wahrung eines Überblicks vielfach hierarchisch. Dementsprechend trennt er etwa zwischen Universalgeschichte, Landesgeschichte und Heimatkunde. Dabei kann die Heimatkunde für den Einzelnen durchaus viel ansprechender und wichtiger sein als die Universalgeschichte, so dass ein besonderer Bedarf nach einer Übersicht über ihre an vielfach ganz versteckten Orten veröffentlichten Einzelheiten besteht.
Wer die Ansicht vertritt, dass die landschaftlich gebundene Geschichte das Fundament aller historischen Erkenntnis und eines tiefergehenden Verständnisses der Gegenwart bildet, musste es daher besonders bedauern, dass es bis in die jüngste Vergangenheit kein umfassendes, auf Vollständigkeit zielendes Verzeichnis der deutschsprachigen landesgeschichtlichen und heimatkundlichen Periodika gab. Diese den Zugang zu Wissen erschwerende Lücke schließt das auf eine ursprünglich für interne Zwecke der Universitäts- und der Staatsbibliothek Bamberg gedachtes Verzeichnis der deutschsprachigen landesgeschichtlichen Zeitschriften von 1984 mit 1321 Titeln, das 1993 um ein Verzeichnis der Heimatzeitschriften in der Bundesrepublik Deutschland mit 962 Titeln ergänzt wurde, beruhende Werk in zusammenfassender, auf den neuesten technischen Stand gebrachter Aktualisierung.
Insgesamt sind nunmehr durch eine beeindruckende Leistung eines Einzelnen auf der Grundlage der vorhandenen Literatur von En Aacheblik (ab 1988) bis zu Zwischen Wörlitz und Mosigkau (ab 1969) 4820 unterschiedlich lange erscheinende Periodika des gesamten de |
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Meckel, Andreas, Der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen - Die Justizmorde an Oskar Löwenstein und Marianne Golz durch das Sondergericht Prag 1943, hg. v. Wiehn, Erhard Roy. Hartung-Gorre, Konstanz 2009 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Meckel, Andreas, Der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen - Die Justizmorde an Oskar Löwenstein und Marianne Golz durch das Sondergericht Prag 1943, hg. v. Wiehn, Erhard Roy. Hartung-Gorre, Konstanz 2009 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser verdankt dem von H. G. Adler verfassten, vergriffenen Buch Der verwaltete Mensch den Hinweis auf das Schicksal Oskar Löwensteins, der im ehemaligen Weleschin zwischen Prag und Linz am 10. Oktober 1887 geboren wurde und 1922 das Studium der Ingenieurwissenschaften in Prag abschloss.. Nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich am 27. Mai 1943 musste er als Jude mit der Deportation nach Polen rechnen, so dass er versuchte, mit Hilfe des gefälschten Passes seiner Schweizer Geliebten Marcelle Yung in die Schweiz zu gelangen. Als bei dem Versuch einer legalen Ausreise bei dem deutschen Grenzpolizeikommissariat in Singen das Fehlen eines Einreisevisums festgetellt wurde, wurde er nach Prag zurückgebracht, von dem Sondergericht zum Tod verurteilt und in Dresden am 1. Juli 1943 hingerichtet, während seine Freundin im Rahmen eines Gefangenenaustauschs in die Schweiz zurückgelangte.
Marianne Golz-Goldlust, nach dem Verfasser eine ungewöhnlich begabte, schöne, starke und mutige Frau wurde als Maria Agnes Belokostolska in Wien am 31. Januar 1895 geboren, heiratete 1923 Ernst Wengraf und nach baldiger Scheidung 1929 den assimilierten Juden Hans Goldlust, der den Namen Golz annahm. Während ihr Ehemann 1939 über Polen nach England floh, schloss Marianne Golz sich einer Widerstandsgruppe an, die Juden mit gefälschten Pässen die Flucht ermöglichte. Am 19. November 1942 wurde sie deswegen verhaftet, zum Tode verurteilt und am 8. Oktober 1943 hingerichtet.
Der Verfasser schildert asn Hand dieser beiden Fälle die Tätigkeit des Sondergerichts in Prag. Er zeigt beispielhaft die Unmenschlichkeit nationalsozialistischer „Gerchtigkeit“. Möge das schmale,, mit Bildern der Opfer geschmückte, in seinen E |
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Medien der Erinnerung in Mittelalter und Renaissance, hg. v. Hülsen-Esch, Andrea von (= Studia humaniora 42). Droste, Düsseldorf 2009. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Medien der Erinnerung in Mittelalter und Renaissance, hg. v. Hülsen-Esch, Andrea von (= Studia humaniora 42). Droste, Düsseldorf 2009. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der dem Gedenken an Johannes Laudage gewidmete Sammelband bietet in überarbeiteter Form die von Philosophen, Kunsthistorikern, Historikern, Germanisten, Anglisten, Romanisten und Judaisten stammenden Vorträge einer Ringvorlesung des Forschungsinstituts für Mittelalter und Renaissance der Universität Düsseldorf, an der die Herausgeberin seit 2001 als Professorin für Kunstgeschichte tätig ist. Er enthält insgesamt neun Studien. Deren Inhalt reicht zeitlich con Perspektiven der memoria bei Augustinus und antiken Helden im Hochmittelalter bis zur russischen Geschichte in Opern und betrifft sachlich vor allem Materialität und Medialität von Schrift, Bild, Skulptur und Ton, wobei etwa unter the Keye of Remembrance von dem an sich bekannten, aber im Detail im wieder neue Erkenntnisse bietenden langsamen Siegeszug des Schriftlichen (um vielleicht 1400) etwa im englischen Mittelalter gehandelt wird.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Meding, Wichmann von, Aufgehobener Glaube. Kirchengeschichte des Herzogtums Niedersachsen im heutigen Bundesland Schleswig-Holstein (Herzogtum Lauenburg). Lang, Frankfurt am Main 2009. 341 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Meding, Wichmann von, Aufgehobener Glaube. Kirchengeschichte des Herzogtums Niedersachsen im heutigen Bundesland Schleswig-Holstein (Herzogtum Lauenburg). Lang, Frankfurt am Main 2009. 341 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Hannover 1939 geborene, nach dem Studium der Theologie in München, Heidelberg, Tübingen, Bonn und Göttingen in mehreren norddeutschen Gemeinden als Pastor tätige Verfasser wurde in Kiel 1986 mit einer Dissertation über die deutschen Reformationspredigten des Jahres 1817 promoviert. 1995 wurde er am gleichen Ort auf Grund einer Habilitationsschrift über Luthers Gesangbuch - die gesungene Theologie eines christlichen Psalters habilitiert. Außerdem hat er Predigten von protestantischen Gottesgelehrten der Aufklärungszeit herausgegeben, eine Bibliographie der Schriften Schleiermachers erarbeitet und Österreichs erstes Reformationsjubiläum erörtert.
Nach seiner Emeritierung hat er sich der allgemeinen Geschichte zugewendet. 2007 legte er in diesem Zusammenhang unter dem Titel Stadt ohne Land am Fluss ein Werk über 800 Jahre europäische Kleinstadt Lauenburg vor, in der er die Gründung des Ortes von 1260 auf 1209 zurückdatieren konnte. Auf dieser Grundlage veröffentlichte er 2008 zur Geschichte des Ortes, Amtes, Herzogtums Lauenburg eine Untersuchung zu rund 600 Hausgeschichten, Amtsträgerlisten, Seuchen und Wetterdaten ab dem hohen Mittelalter, Privatbibliotheken, alle Katechismen und Gesangbücher, Frauenrechte im Alltag und gut 7000 Personendaten vor Einsetzen der Kirchenbücher, so dass er als Kenner Lauenburgs ausgewiesen ist.
Das vorliegende Werk verbindet Theologie und Geschichte zu einer Kirchengeschichte des Herzogtums Niedersachsen im heutigen Bundesland Schleswig Holstein unter einem überraschenden, durch den Altarraum der Heilig-Geist-Kirche in Wohltorf bei Hamburg von 1930 auf dem Umschlagbild veranschaulichten Titel. Erfasst sind 39 Orte des überwiegend rechtselbischen Kirchengebi |
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Meinel, Florian, Der Jurist in der industriellen Gesellschaft. Ernst Forsthoff und seine Zeit. Akademie Verlag, Berlin 2011. XIII, 557 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meinel, Florian, Der Jurist in der industriellen Gesellschaft. Ernst Forsthoff und seine Zeit. Akademie Verlag, Berlin 2011. XIII, 557 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Auf dem Umschlagfoto blickt Ernst Forsthoff vor einer Ecke eines wenig aussagekräftigen Raumes zurückhaltend und abwägend auf seinen Betrachter, den rechten Unterarm auf die Armlehne seines Sessels gestützt, die linke Hand in der Hosentasche. Erkennbar sind vielleicht eine Bürolampe und ein halb gefülltes Sektglas. Kaum etwas deutet auf den Juristen in der industriellen Gesellschaft, gleichwohl hat ihn der Verfasser in seiner beeindruckenden, von Gunnar Folke Schuppert betreuten, im Sommersemester 2010 der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin vorgelegten Dissertation mit diesen knappen Worten charakterisiert.
Gegliedert ist die Arbeit nach einer Einleitung in vier Teile. Davon beginnt die Einleitung mit einem Prolog, in dem Franz Beyerle im Juni 1934 den gerade einunddreißigjährigen, 1933 nach Frankfurt am Main berufenen Forsthoff als ungewöhnlich sicheren, lebendigen und in seinen Formulierungen ansprechenden Dozenten beschreibt, den er für viel begabter als sich selbst hält (um von noch Langweiligeren zu schweigen), der von allen die nächste Fühlung mit der Studentenschaft hat und der Lager und dergleichen ausgezeichnet auf die Beine zu stellen und zu lenken weiß. Danach ermittelt der Verfasser Forsthoffs grundlegende Fragestellung als die mit dem Ende der Monarchie und der bürgerlichen Gesellschaft, mit dem Übergang zur Massendemokratie und zum bürokratischen Staat der Daseinsvorsorge entstandene, durch alle Staatsformen (zwischen 1925 und 1975) hindurch virulent gebliebene Verfassungsfrage des 20. Jahrhunderts, die sich auch auf den Juristen auswirkende Auflösung der bürgerlichen Distanz zwischen Individuum und Staat, beschreibt knapp und klar den Stand der Forschung und legt umsichtig seine Quellen dar.
Der erste Teil untersuch |
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Meier, Sonja, Gesamtschulden.. Entstehung und Regress in historischer und vergleichender Perspektive (= Ius Privatum 151). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. 1350 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meier, Sonja, Gesamtschulden. Entstehung und Regress in historischer und vergleichender Perspektive (= Ius Privatum 151). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. 1350 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Gesamtschuldverhältnisse haben in jüngster Zeit in historischer, vergleichender und dogmatischer Hinsicht wieder starkes Interesse gefunden. 2007 erschien die Arbeit Philipp Schmieders (Duo rei. Gesamtobligationen im römischen Recht; dazu G. Wesener, ZRG Germ. Abt. 126, 2009, 437f.), 2009 eine Untersuchung Anja Steiners (Die römischen Solidarobligationen. Eine Neubesichtigung unter aktionenrechtlichen Aspekten) und nunmehr das Opus magnum Sonja Meiers.
Die Verfasserin, eine Schülerin Reinhard Zimmermanns, eine Zeit lang Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, hat sich mit vorliegender Arbeit im Sommersemester 2009 an der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg habilitiert und erhielt noch im selben Jahr den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und europäische Rechtsgeschichte an der Philipps-Universität Marburg.
Die Arbeit stellt eine grundlegende rechtsdogmatische Untersuchung mit wertvollen rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Aspekten dar. Sie gliedert sich in drei Hauptteile: Teil A: Rechtsgeschäftlich vereinbarte Gesamtschulden, Teil B: Gesamtschulden auf Schadenersatz, Teil C: Mitbürgen.
In dieser Besprechung soll nur auf einige historische Gesichtspunkte hingewiesen werden. Im Teil A wird etwa die Frage „Teilschuldvermutung vs. Gesamtschuldvermutung“ geprüft (S. 12 ff.). Im gemeinen Recht war die Teilschuldvermutung (im Zweifel nach Kopfteilen) allgemein anerkannt, wobei man sie auf die justinianische Novelle 99 (= Auth. 97) vom Dezember 539[1] oder auch auf andere Quellenstellen stützte (S. 13)[2]. Im Gegensatz dazu vertrat das preußische Allgemeine Landrecht (I 5 § 424) den Standpunkt einer Gesamtschuldvermutung. Code Civil, Allgemeines Bürgerliches G |
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Mende, Silke, „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 33). Oldenbourg, München 2011. 541 S., 8 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mende, Silke, „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 33). Oldenbourg, München 2011. 541 S., 8 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Untersuchung ist die überarbeitete Fassung der von Anselm Doering-Manteuffel betreuten und mitgeformten, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten, im Wintersemester 2009/2010 von der Fakultät für Philosophie und Geschichte der Universität Tübingen angenommenen Dissertation der als wissenschaftliche Assistentin am Seminar für Zeitgeschichte der Universität Tübingen tätigen Verfasserin. Sie betrifft ein mit den zunehmenden Wahlerfolgen der Grünen immer beachtlicheres Thema. Sie ist insbesondere dem Archiv Grünes Gedächtnis für die angenehme Unterstützung sehr verpflichtet.
Die Verfasserin beginnt ihre Einleitung mit einem Zitat aus der Süddeutschen Zeitung über den Gründungskongress der Grünen vom 15. Januar 1980, demzufolge bei dem Gedanken einer Regierungsbeteiligung grelle Alpträume zu befürchten waren. Gegliedert ist die anschließende materialreiche Untersuchung in zwei Teile mit insgesamt zwölf Kapiteln. Der erste Teil befasst sich mit den einigermaßen unterschiedlichen Trägergruppen, Netzwerken und Typen der Gründungsgrünen. Der zweite Teil betrifft als Formen der politischen Integration ungewöhnliche Koalitionen im Lichte neuer wirklichkeitsnaher Herausforderungen.
Im Ergebnis ihrer überzeugenden Untersuchung stellt die Verfasserin fest, dass in der alltäglichen politischen Arbeit der Grünen als Parteiorganisation und in den Parlamenten bald die Sollbruchstellen des Gründungskonsenses offenbar wurden. Ursprünglich bildeten die Gründungsgrünen eine aus den Protestbewegungen der 1970er Jahre hervorgegangene politisch-ideelle Formation. Politisch verändert haben sie vor allem die gesellschaftlichen Vorstellungen von Staat, Planung und Wachstum, ohne dass sich bisher wirklich abseh |
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Menk, Gerhard, Waldeck im Dritten Reich. Voraussetzungen und Wirken des Nationalsozialismus im hessischen Norden (= Beiträge aus Archiv und Museum der Kreisstadt Korbach und Archiv der Alten Landesschule 1). Wolfgang-Bonhage Museum Korbach, Korbach 2010. 315 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Menk, Gerhard, Waldeck im Dritten Reich. Voraussetzungen und Wirken des Nationalsozialismus im hessischen Norden (= Beiträge aus Archiv und Museum der Kreisstadt Korbach und Archiv der Alten Landesschule 1). Wolfgang-Bonhage Museum Korbach, Korbach 2010. 315 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Fürstentum Waldeck hatte 1867 mit Preußen einen Akzessionsvertrag geschlossen, durch das es Teile seiner Souveränität – Menk spricht von Teilsouveränität (S. 38) – verlor; so wurde u. a. die Justiz von Preußen verwaltet. In der Weimarer Zeit bildete Waldeck einen Freistaat mit einem eigenen Landtag, blieb aber weiterhin unter der Verwaltung eines preußischen Landesdirektors. 1926 kündigte Preußen den Akzessionsvertrag mit Waldeck, das zum 1.4.1929 zur Provinz Hessen-Nassau kam. Waldeck, das aus drei Landkreisen bestand (rd. 60.000 Einwohner), hatte bereits in der Weimarer Zeit eine „ausgesprochene Neigung zur politischen Rechten“ (S. 22; bei der Reichstagswahl 1930 fielen 26,5%, im November 1932 61,8% und im März 1933 70% der Stimmen an die Nationalsozialisten). Menk behandelt in seinem Werk zunächst die Anfänge des Nationalsozialismus in Waldeck, den Ausbau des „Unrechtsstaates“ und die personellen und organisatorischen Facetten am Beispiel des Erbprinzen Josias von Waldeck, des Kreisleiters Rudolf Sempf und den „Anführer des gefürchteten Korbacher SS-Sturmes“ Friedrich Best als Beispiel für Gewalt und Verbrechen (S. 108ff.). Es folgen Abschnitte über die Judenverfolgung sowie den 2. Weltkrieg und dessen Folgen für Waldeck (S. 138ff.). Breit geht Menk auf den demokratischen Wiederaufbau Waldecks im neu begründeten Land Hessen (S. 189ff.) ein. Das Werk wird abgeschlossen mit einem ausführlichen „Personalbrevier“ (S. 276-313), das in aufschlussreichen Kurzbiographien wichtige Persönlichkeiten Waldecks aus der Zeit zwischen 1920 und 1970 behandelt. Hilfreich wäre es gewesen, wenn Menk dem nicht mit der Geschichte Waldecks vertrauten Leser detaillierte |
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Mergel, Thomas, Propaganda nach Hitler. Eine Kulturgeschichte des Wahlkampfes in der Bundesrepublik 1949-1990. Wallstein, Göttingen 2010. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Regensburg 1960 geborene Verfasser wurde nach dem Studium von Geschichte, Soziologie und Pädagogik in Regensburg und Bielefeld 1992 mit einer Dissertation über das katholische Bürgertum im Rheinland zwischen 1794 und 1914 (Zwischen Klasse und Konfession, 1994) promoviert und war danach als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bochum tätig, wo er sich nach verschiedenen Auslandsaufenthalten 1999 mit einer Untersuchung über die politische Kultur in der Weimarer Republik mit den Themenbereichen politische Kommunikation, symbolische Politik und Öffentlichkeit im Reichstag habilitierte. In der Folge leitete er zwischen 2001 und 2005 das zeitlich an die vorangegangenen Arbeiten anschließende Forschungsprojekt Kulturgeschichte des Wahlkampfs in der Bundesrepublik 1949-1983, bis er 2006 Projektbereichsleiter am Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam, 2007 Ordinarius für neuere allgemeine Geschichte in Basel und 2008 Professor für europäische Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin wurde.
In seinem Vorwort weist er selbst darauf hin, dass die Anfänge seines Hitler plakativ und damit auch publikumswirksam in den Titel aufnehmenden Werkes weit zurückreichen und dass es bereits früher gestellte Fragen einer Geschichte der politischen Kommunikation weiterverfolgt. Gegliedert ist es außer in Vorwort und Einleitung sowie Schlussbemerkung in drei Teile mit neun Kapiteln. In ihnen geht es an Hand vieler unterschiedlicher Quellen um Traditionen und Visionen, Marketing und politischen Stil, Sachlichkeit und Konfliktkultur.
Im Ergebnis stellt er in seinem eingängig geschriebenen, mit wenigen geblockten Abbildungen versehenen, Sprache gegenüber der sachlichen Entscheidung bevorzugenden Werk fest, dass die spätere Kultur des Wahltags s |
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Meteling, Wencke, Ehre, Einheit, Ordnung. Preußische und französische Städte und ihre Regimenter im Krieg, 1870/71 und 1914-19 (= Historische Grundlagen der Moderne 1 Moderne Regionalgeschichte). Nomos, Baden-Baden 2010. 474 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die leicht überarbeitete, von Eckart Conze betreute, im Sonderforschungsbereich Kriegserfahrungen erstellte, im August 2008 in der Fakultät für Philosophie und Geschichte der Universität Tübingen eingereichte, in der Drucklegung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Werner-Hahlweg-Stiftung großzügig unterstützte Dissertation der 1975 geborenen, nach dem Studium von Geschichte und französischer Literaturwissenschaft ab 2002 in Tübingen und seit 2006 in Marburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. als wissenschaftliche Assistentin tätigen Verfasserin. Untersucht werden die Erfahrungen der preußischen und französischen Armee und Gesellschaft in den Kriegen von 1870/1871 und 1914-1918, wobei die Offizierskorps ausgewählter Regimenter aller drei Waffengattungen im Mittelpunkt stehen. Damit sind konkrete zivile und militärische Lebenswelten erfasst, aus denen Soldaten aus ihrer Heimat in den Krieg zogen.
Gegliedert ist die Arbeit naheliegenderweise in die beiden chronologisch aufeinander folgenden Kriege. Der erste Teil wird weiter in den Feldzug und die Kriegstheater Orléans bzw. den Schauplatz Frankfurt an der Oder geteilt. Der zweite Teil verfolgt die Westfront des ersten Weltkriegs und die Frage zweierleier Heimatfronten in Orléans und Frankfurt an der Oder.
Im Ergebnis gelangt die Verfasserin auf der Grundlage ungedruckter wie gedruckter Quellen in ihrer erstmals das Wechselspiel zwischen Zivilgesellschaft und Militär, zwischen lokalen und nationalen Gemeinschaften in zwei großen Kriegen an Hand ausgewählter Beispiele vergleichend analysierenden Untersuchung zu zahlreichen neuen Einsichten. Beispielsweise erzeugten nach ihren Feststell |
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Mill, Tatjana, Zur Erziehung verurteilt. Die Entwicklung des Jugendstrafrechts im zaristischen Russland 1864-1917 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 250 = Lebensalter und Recht 3). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XII, 396 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Untersuchung ist die von Stefan Ruppert im Rahmen der Nachwuchsgruppe Lebensalter und Recht sowie von Michael Stolleis betreute, in als wunderbar empfundener dreijähriger Zusammenarbeit entstandene, im Wintersemester 2008/2009 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation der Verfasserin. An die Spitze ihrer Einleitung hebt sie den Zweckgedanken, der 1882 von Franz von Liszt zum Postulat des modernen Strafrechts erhoben wurde, als die auch heute noch wichtigste Grundlage des Jugendstrafrechts besonders hervor. Von daher überrascht es vielleicht, dass die Entwicklung des Jugendstrafrechts im zaristischen Russland bereits 1864 einsetzt.
Gegliedert ist die Arbeit in vier Kapitel, die mit dem Phänomen der Jugendkriminalität beginnen, für das die Verfasserin Rezeption deutscher Dogmatik in den 1870er Jahren und Jugendkriminalität als Gegenstand der Forschung ab 1880 nachweist. Demgegenüber kann sie aber erste Zugeständnisse an die besonderen Bedürfnisse der Jugendlichen im Ustav über die von Friedensrichtern zu verhängenden Strafen aus dem Jahre 1864 und Anfänge der Zwangserziehung im Gesetz über Besserungsanstalten vom 5. Dezember 1866 ermitteln. Früheste Ansätze einer prozessrechtlichen Sonderstellung der Jugendlichen werden allerdings erst im Gesetz vom 2. Juni 1897 sichtbar.
Im Ergebnis sieht die Verfasserin Russland einleuchtend als Teil der gesamten, nicht zuletzt durch die industrielle Revolution ausgelösten Entwicklung, der ähnliche Entwicklungsstadien durchlief wie die westlichen Staaten, wenn auch manchmal mit Zeitverschiebung. Insgesamt wurden dabei die Jugendlichen unter 17 Jahren mittels der jugen |
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Moderne deutsche Strafrechtsdenker, hg. v. Vormbaum, Thomas. Springer, Heidelberg 2011. IX, 379 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Schon seit langem ist jedermann bewusst, dass nicht alle Gedanken auch desselben Menschen von gleicher Wichtigkeit sein können und sind. Deswegen gibt es in der Literaturgeschichte bereits im Altertum Digesten, welche Kernaussagen sammeln und dadurch den umgebenden Text in den Hintergrund treten lassen. Ein derartiges Textbuch der für ihn wichtigsten strafrechtstheoretischen deutschen Texte der modernen Rechtsepoche legt der Herausgeber hier vor.
Es beginnt mit (Ausschnitten aus) Wilhelm von Humboldts Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen aus dem Jahre 1792. Dem folgen Johann Gottlieb Fichte, Immanuel Kant, Karl Grolman, Ernst Ferdinand Klein, Paul Johann Anselm Feuerbach, Arthur Schopenhauer, Carl Josef Anton Mittermaier, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Johann Michael Franz Birnbaum, Karl Marx (Debatten über das preußische Holzdiebstahlsgesetz, 1842), Christian Reinhold Köstlin, Karl Binding, Rudolf von Jhering, Franz von Liszt (Der Zweckgedanke im Strafrecht, 1882/1883, Die deterministischen Gegner der Zweckstrafe, 1893), Friedrich Nietzsche, Adolf Merkel, Karl Birkmeyer, Gustav Radbruch, Friedrich Schaffstein, Hans Welzel, Ulrich Klug und Claus Roxin. Den Schluss bildet ein Auszug aus dem Allgemeinen Teil des Strafrechts Günther Jakobs’ in der zweiten Auflage des Jahres 1991.
Nach der Einführung versteht sich die Textsammlung der wichtigsten Strafrechtstheoretiker als ein ergänzendes Hilfsmittel, das viel zitierte, aber wenig gelesene strafrechtstheoretische Texte rechtshistorisch Interessierten, insbesondere studentischen Lesern zugänglich machen will. Zum besseren Verständnis bietet sie am Ende Erläuterungen und weiterführende Hinweise. Möge der Herausgeber sein hohes Ziel so leicht und gut erreichen, dass er seinen zusätzlichen Gedanken, die Sammlung dem |
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Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs. Festgabe für Karl Heinz Burmeister zum 75. Geburtstag. StudienVerlag, Innsbruck 2011. 139 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Grafen von Montfort waren ein süddeutsches mittelalterliches Adelsgeschlecht. Sie leiten sich von Hugo, Pfalzgraf von Tübingen, ab, der über seine Frau Elisabeth die Güter der Grafen von Bregenz erbte und sie seinerseits 1182 an seinen gleichnamigen zweiten Sohn vererbte, der sich nach dem bei Götzis in Vorarlberg gelegenen Schloss ab etwa 1200 Hugo von Montfort nannte. Ihre Güter lagen bei Feldkirch, Bregenz und Tettnang, so dass die 1946 gegründete Zeitschrift für die Geschichte Vorarlbergs mit gutem Grund ihren Namen zum Titel wählte.
Der in Krefeld am 21. November 1936 geborene Karl Heinz Burmeister war zwischen 1969 und 2001 als Nachfolger Ludwig Weltis Direktor des Vorarlberger Landesarchivs in Bregenz. Damit war von 1977 bis 2010 auch die Schriftleitung der Vierteljahresschrift Montfort verbunden. Die Zeitschrift ehrt den außerdem als außerordentlichen Professor für allgemeine europäische und Schweizer Rechtsgeschichte in Sankt Gallen und als Universitätsdozent in Zürich tätigen, bekannten Gelehrten durch die Widmung von Band 2 des 63. Jahrgangs.
In dieser Festgabe sind insgesamt 10 interessante wissenschaftliche Beiträge enthalten. Im Eingang widmet sich Alois Niederstätter dem seit 1964 für die Zeitschrift tätigen Jubilar, entbietet ihm die besten Wünsche und stellt die zwischen 2001 und 2011 entstandenen zahlreichen Veröffentlichungen zusammen. Danach folgen die vielfältigen wissenschaftlichen Beiträge Johannes Dillingers, Alois Niederstätters, Ulrich Nachbaurs, Manfred Tschaikners, Michael Kaspers, Kassian Lauterers, Werner Dobras’ und Alfons Dürs zu einschlägigen Themen, die der Jubilar selbst durch eine Untersuchung einer Empfangsbestätigung für ein Vierteljahresgehalt von Georg Joachim Rheticus vom 2. März 1539 bereichert.
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Mückl, Patrick, Der Vertragsbruch des Dienstleisters. Deutsches Recht, englisches Recht und Entwurf des gemeinsamen Referenzrahmens (= Schriften zum europäischen Recht - Dienstleistungsrecht 1). Sellier, München. LXX, 677 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mückl, Patrick, Der Vertragsbruch des Dienstleisters. Deutsches Recht, englisches Recht und Entwurf des gemeinsamen Referenzrahmens (= Schriften zum europäischen Recht - Dienstleistungsrecht 1). Sellier, München. LXX, 677 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die durch ein kurzes Stichwortverzeichnis abgerundete Arbeit ist die von Martin Schmidt-Kessel angeregte und geförderte, 2009 der Universität Osnabrück vorliegende Dissertation des seit 2005 bei CMS Hasche Sigle tätigen Verfassers. Eines ihrer Ziele ist es nach dem Vorwort, das Kennenlernen zwischen englischem und deutschem Recht, aber auch der Modellregeln der Principles of European Contract Law, der Principles of European Law on Service Contracts und des Draft Common Frame of Reference zu fördern. Weiter geht es um die Herausarbeitung von Strukturen und Mechanismen im Dienstleistungsvertragsrecht, das bisher kaum Gegenstand rechtsvergleichender Forschung gewesen ist.
Gegliedert ist die gewichtige Untersuchung nach einführenden Vorbemerkungen in fünf Kapitel. Nacheinander behandelt der Verfasser den Vertrag über die Leistung von Diensten, wobei er den Blick besonders auf Arztrecht, Anwaltsrecht und Architektenrecht wirft, die Mechanismen vertraglicher Haftung in Grundzügen, die angemessene Sorgfalt als Leistungsgegenstand in Grundlagen und Sonderaspekten der Konkretisierung des Sorgfaltsstandards sowie die strikte Dienstleistungshaftung. In einer Schlussbemerkung fasst er seine dabei gewonnenen Erkenntnisse knapp zusammen.
Insgesamt konnte er unter Berücksichtigung der Rechtsprechung trotz unterschiedlicher dogmatischer Konstruktion und schillernder Bedeutung von Dienstleistung bzw. service oft durchaus nahe beieinander liegende Ergebnisse ermitteln, wobei vertragliche Dienstleistungshaftung in der Mehrzahl der Fälle sorgfaltsabhängige Verpflichtung und Haftung ist. Die Anforderungen an das Verhalten, zu dem der Schuldner vertraglich verpflichtet ist, bestimmen alle unter |
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Mühlhäuser, Regina, Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion, 1941-1945. Hamburger Edition, Hamburg 2010. 416 S., 37 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mühlhäuser, Regina, Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion, 1941-1945. Hamburger Edition, Hamburg 2010. 416 S., 37 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Der Titel dieser 2008 an der Universität Köln angenommenen und für den Druck überarbeiteten Dissertation gibt den Inhalt nicht ganz korrekt wieder, denn mindestens die Hälfte des Buches beschäftigt sich mit der für den Rechtshistoriker relevanten Frage, wie das NS-Regime mit den unterschiedlichen Varianten sexueller Beziehungen deutscher Besatzer (überwiegend, aber keineswegs ausschließlich Soldaten von Wehrmacht und Waffen-SS) zu einheimischen Frauen in den okkupierten Teilen der Sowjetunion und mit der daraus resultierenden Nachkommenschaft umging bzw. umzugehen versuchte. Die Arbeit steht im Kontext einer breiten geschlechter-, aber auch alltagsgeschichtlichen Forschung, die nach den Kriegserlebnissen einfacher Menschen abseits des Kampfgeschehens und nach deren erfolgter oder unterbliebener Verarbeitung nach Kriegsende fragt. Eine knappe, präzise Einleitung führt in die hierzu aufgestellten Theorien sowie in den Forschungsstand ein.
Der Hauptteil befasst sich sodann mit den – wie die Autorin sie nennt – sexuellen Begegnungen deutscher Besatzer und einheimischer Frauen auf dem Territorium der Sowjetunion; hier wie auch an sonstigen Stellen werden interessante Vergleiche mit anderen okkupierten Gebieten in West- und Nordeuropa präsentiert. Die erwähnten Begegnungen teilt Mühlhäuser in drei große Gruppen mit häufig fließenden Übergängen ein: Sexuelle Gewalt; Tauschgeschäfte (womit sowohl gewerbliche Prostitution als auch das nur gelegentliche Hingeben von Frauen zwecks Erlangung von Lebensmitteln etc. gemeint sind) sowie einvernehmliche Verhältnisse, die wiederum vom einmaligen Geschlechtsverkehr bis hin zu länger dauernden, gelegentlich sogar in Ehen mündenden Beziehungen reichen konnten. Die Zuordnungen der zahlreich präsentierte |
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Müller, Rolf-Dieter, Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 294 S., 9 Kart., 22 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Müller, Rolf-Dieter, Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 294 S., 9 Kart., 22 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Der 70. Jahrestag des „Unternehmens Barbarossa“, des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, hat dem Buchmarkt eine Fülle einschlägiger Literatur beschert, deren Spannweite von knapp gefassten Überblicken bis zu voluminösen Gesamtdarstellungen aller Aspekte dieses mörderischen Ringens reicht. Die hier vorzustellende Studie mittleren Umfangs aus der Feder des wissenschaftlichen Direktors am Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr, Rolf-Dieter Müller, beschreitet insofern andere Wege, als es ihr nicht um den Kriegsverlauf, sondern um die Entschlussbildung geht, die dem Angriffsbefehl vorausging – eine scheinbar längst geklärte Frage.
Müller setzt im 19. Jahrhundert ein und skizziert die Lösungen, welche der deutsche Generalstab für den drohenden Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland fand. Lange wirkte die Erfahrung von 1917/1918 nach, als sich zeigte, dass Russland militärisch niederzuringen war, nicht jedoch die Gegner im Westen. Während der 1920er und frühen 1930er Jahre kooperierte die Reichswehr auf vielfältige Weise mit der Roten Armee, bevor Hitler bereits 1933 der Zusammenarbeit mit dem „bolschewistischen Todfeind“ ein jähes Ende setzte. Zur allgemeinen Überraschung schloss der Diktator im Januar 1934 mit dem bis dato befehdeten Polen einen Nichtangriffsvertrag, in dessen Fahrwasser Deutschland versuchte, Polen als Juniorpartner für eine Ostexpansion auf Kosten der UdSSR zu gewinnen. Erst als sich Warschau im Frühjahr 1939 definitiv an Paris und London anlehnte, gab Hitler diese Absicht auf und stellte die Weichen für einen Krieg gegen Polen.
Der Autor möchte nachweisen, dass Hitler weder einen seit der Abfassung von „Mein Kampf“ fertigen Stufenplan zur „Gewinnung von Lebensraum |
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Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität, hg. v. Weigand, Katharina (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München 5). Herbert Utz Verlag, München 2010. 330 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität, hg. v. Weigand, Katharina (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München 5). Herbert Utz Verlag, München 2010. 330 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Es gehört zu den Wechselfällen des menschlichen Lebens, dass die Schotterebene an der mittleren Isar nicht so rasch die allgemeine Aufmerksamkeit gefunden hat, dass sie schon früh Lebensmittelpunkt bedeutender Größen geworden ist. Dementsprechend erscheint München als Ort erst im Hochmittelalter und wird erst 1826 monarchisch die früher in Ingolstadt und danach in Landshut beheimatete Universität nach München versetzt. Seitdem hat die Stadt aber den bedauerlichen Entwicklungsrückstand aufgeholt und ist auch in der Geschichtswissenschaft zu einem modernen Leistungszentrum geworden.
Den Weg dorthin schildern aus Anlass des 150jährigen Bestehens des historischen Seminars der Universität München die Beiträge einer im Sommersemester 2007 abgehaltenen glanzvollen Ringvorlesung vor allem an Hand des Lebens und der Leistungen herausragender Münchener Historiker. Stand dabei anfangs in den Planungen der Gedanke im Vordergrund, im Kontext einer wissenschaftlichen Expertentagung die Professionalisierungstendenzen innerhalb der Disziplin zu bilanzieren und dabei den aktuellen Horizont der Aufgaben und Möglichkeiten zu diskutieren, so fiel die Entscheidung doch zu Gunsten einer großen Publikumsveranstaltung, weil der gesellschaftliche Rang der Geschichtswissenschaft nach Ansicht der Veranstalter in München unstreitig höher ausfällt als in anderen deutschen Universitätsstädten. Der personalisierende Zugriff erlaubte es dabei, im Blick auf herausragende Fachvertreter zugleich wichtige Veränderungen in der Geschichte der Geschichtswissenschaft insgesamt beispielhaft zu belegen.
Dementsprechend umfasst der mit drei nicht besonders beeindruckenden Urku |
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Müßig, Ulrike, Der gesetzliche Richter im historischen Vergleich von der Kanonistik bis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in Deutschland, England und Frankreich (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfaxssungsgeschichte 44), 2. Aufl. Duncker & Humblot, Berlin 2009. IV, 630 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Müßig, Ulrike, Der gesetzliche Richter im historischen Vergleich von der Kanonistik bis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in Deutschland, England und Frankreich (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfaxssungsgeschichte 44), 2. Aufl. Duncker & Humblot, Berlin 2009. IV, 630 S. Besprochen von Filippo Ranieri.
Beim vorliegenden Band handelt es sich um die zweite Auflage der Habilitationsschrift der Verfasserin (Ulrike Müßig, geb. Seif). Die erste Auflage (Berlin 2003) hatte der Rezensent in dieser Zeitschrift schon ausführlich rezensiert (GA Bd. 122. 2005, S. 815-821). Die Neuauflage wurde bereits freundlich signalisiert von St. Salmonowicz in: Revue historique de droit français et étranger 87 (2009), S. 617-618. Der Text der ersten Auflage wurde unverändert übernommen, zugleich aber um eine englische, französische und spanische Zusammenfassung erweitert (S. 609-618). Die Darstellung zur englischen Rechtslage wurde ferner in einem Anhang um eine ausführliche Beschreibung der Verfassungsreform in Großbritannien durch den Constitutional Reform Act 2005 und dessen Auswirkungen auf den Aufbau der englischen Gerichtsbarkeit ergänzt (S. 599-607). Erwähnt sei hier insbesondere die Errichtung eines Supreme Court, der die Funktion des bisherigen House of Lords übernommen hat. Nachgetragen wurden ferner die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 1, S. 1 EMRK und deren Auswirkungen auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (S. 607-609). Die Ergänzungen umfassen schließlich eine Bibliographie der Neuerscheinungen zum Thema zwischen den Jahren 2002 und 2009 (S. 619-630). Nicht mehr berücksichtigt werden konnte in dieser beeindruckenden Dokumentation der grundlegende Beitrag von N. Picardi, Le juge naturel. Principe fondamental en Europe, in: Revue intern. de droit comparé 2010, S. 27-73. Abschließend bleibt es dem Rezensenten nur an |
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Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 6 Handelsgesetzbuch §§ 343-905. Lang, Frankfurt am Main 2010. 495 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 6 Handelsgesetzbuch §§ 343-905. Lang, Frankfurt am Main 2010. 495 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Der Band erschließt die Rechtsprechung zum Dritten Buch, „Handelsgeschäfte“ (fast zwei Drittel des Bandes) und zum Vierten Buch, „Seehandel“ (fast ein Drittel des Bandes) des Handelsgesetzbuchs, und zu „Gesetzen und Verordnungen zum Schiffahrtsrecht“ (25 Seiten) von 1900 bis in die vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts.
Den verhältnismäßig größten Raum nimmt mit 297 Leitsätzen auf 73 Seiten die Rechtsprechung zu § 346 HGB, unverändert seit 1897, ein, zur Berücksichtigung der „im Handelsverkehre geltenden Gewohnheiten und Gebräuche“. Es geht hier um das Schweigen im Rechtsverkehr und um das kaufmännische Bestätigungsschreiben (schon 1903), um die Anwendung, Auslegung und Begrenzung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (schon 1904), um die Auslegung der Handelsklauseln wie: tel quel, wie gehabt, circa, Kassa gegen Dokumente, glückliche Ankunft vorbehalten, wie heute besehen, freibleibend, franko, vorbehaltlich Lieferung des X, cif und fob. Akkreditive sind zwischen 1919 und 1926 häufiger Gegenstand der Judikatur, nicht davor und nicht danach.
Karsten Schmidt verweist in seinem „Handelsrecht“ vielfach auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, so zur ernstlichen und endgültige Erfüllungsverweigerung, zur laufenden Geschäftsverbindung als Grundlage einer Vertrauenshaftung, insbesondere zur Haftung der Banken wegen unrichtiger Auskunft (bereits 1891), zur Unterscheidung zwischen eigentlichem und uneigentlichem Kontokorrent, zum Anerkenntnis des Kontokorrentsaldos, zum kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht, zur Pflicht des Unternehmers auf die schutzwerten Belange des Handelsvertreters Rücksicht zu nehmen, zum eigentlichen Fixgeschäft, zur kaufmännischen Rügelast, zur Abgrenzung zwischen Eigengeschäft und Kommissi |
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Napoleon und Europa. Traum und Trauma, kuratiert v. Savoy, Bénédicte unter Mitarbeit v. Potin, Yann. Prestel, München 2010. 384 S., 450 farb. Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Napoleon und Europa. Traum und Trauma, kuratiert v. Savoy, Bénédicte unter Mitarbeit v. Potin, Yann. Prestel, München 2010. 384 S., 450 farb. Ill. Besprochen von Werner Schubert.
Die Bonner Napoleon-Ausstellung (Dezember 2010-April 2011) hatte zum Ziel, die positiven und negativen Auswirkungen der napoleonischen Machtpolitik im gesamteuropäischen Rahmen in den Bereichen Krieg, Politik, Kunst, Propaganda und Kunstraub zu veranschaulichen. Entsprechend dem Ausstellungstitel „Traum und Trauma“ geht es um die „enge Verbindung zwischen dem von Napoleon geweckten Erwartungshorizont und den tiefen Verletzungen, die er verursachte“, wie die Ausstellungskuratorin Bénédicte Savoy (FU Berlin) verdeutlicht (S. 14). Die Exponate, die im Katalogteil weitgehend abgebildet und fachkundig beschrieben sind, werden im Rahmen von zwölf Themenkomplexen präsentiert: 1. General Bonaparte, 2. Faszination und Abscheu, 3. Leibliche und symbolische Geburt, 4. Der Traum vom Weltreich, 5. Dynastische Herrschaftssicherung, 6. Rechtsraum, Religion. Neue Formen der Beherrschung von Raum und Geist, 7. Kunst- und Archivraub, 8. Das Reich der Zeichen, 9. Duelle gegen England und Frankreich, 10. Nationen – Emotionen, 11. Symbolischer und leiblicher Tod und 12. Projektionen. Eine „geteilte“ Ikone. Zu jeder Sektion gibt Savoy eine pointiert formulierte kurze Einleitung.
Dem Katalogteil sind vorangestellt mehrere Essays (S. 29-149). Luigi Mascilli Migliorini weist auf die Verbreiterung der Forschungen über die napoleonische Zeit in den letzten 20 Jahren hin. Einen detaillierteren Nachweis der neueren insbesondere französischen, meist politik- oder sozialgeschichtlich orientierten Werke bringt Natalie Petiteau (Avignon). Hinzuweisen ist insbesondere auf die Magisterarbeit von Laure Estellon: „Les ouvriers de la soie et le conseil de prud’hommes d’Avignon sous l’Empire (1808-1814) [Avignon 1999]. Thierry Lentz (Nancy/Paris; Directeur des Fond Napoléon) arbeitet heraus, das |
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Neue Technologien in der Gesellschaft. Akteure, Erwartungen, Kontroversen und Konjunkturen, hg. v. Kehrt, Christian/Schüßler, Peter/Weitze, Marc-Denis (= Science Studies). transcript Verlag, Bielefeld 2011. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Neue Technologien in der Gesellschaft. Akteure, Erwartungen, Kontroversen und Konjunkturen, hg. v. Kehrt, Christian/Schüßler, Peter/Weitze, Marc-Denis (= Science Studies). transcript Verlag, Bielefeld 2011. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit ihrem Anbeginn verändert sich die Welt, zunächst ohne Zutun des Menschen, nach seiner Ankunft auf der Erde auch durch ihn. Manches vollzieht sich in vom Einzelnen nicht wirklich erfassbarer Langsamkeit, einiges auch mit so atemberaubender Geschwindigkeit, dass der einfache Erdenbürger dem kaum folgen kann. In dieser Lage ist es sehr hilfreich, wenn Sachkenner ihr Überblickswissen der Allgemeinheit so verständlich wie möglich zur Verfügung stellen und dabei auch noch dem Grundsatz folgen, dass es ohne Verständnis der Geschichte keine Zukunft gibt.
Ausgangspunkt einer derartigen förderlichen Übersicht über neue Technologien in der Gesellschaft war eine im Deutschen Museum in München im Juli 2009 abgehaltene Tagung über neue Technologien im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft, deren Beiträge der Band dokumentiert. Sie ließ nach dem Grußwort des Generaldirektors auch unbequeme Meinungen zu Wort kommen, weil die neuen Technologien auch der kritischen Auseinandersetzung bedürfen. Zu diesen neuen Technologien werden dabei insbesondere Kernenergie, Mikroelektronik, Biotechnologie und Nanotechnologie gezählt, ohne dass der Inhalt von neuer Technologie allgemein genau feststeht.
Gegliedert sind die einer Einleitung folgenden und die Grundlage einer Zusammenfassung bildenden 23 Beiträge in die fünf Abschnitte zum Begriff der neuen Technologien, handlungsleitende Visionen der Energieversorgung, denkende Maschinen, Biotechnologie und Nanotechnologie. Im Einzelnen wird dabei dann etwa auf Kernfusion, auf Windenergienutzung, auf Brennstoffzellen, auf Computer, Internet, Kybernetik, Gentechnologie, Bionik oder das Spiel mit Molekülen sachkundig eingegangen. Am |
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Nieder, Gabriele, Ferdinand Christoph Harpprecht (1650-1714). Tübinger Rechtsprofessor und Württembergischer Rat für Mömpelgarder Angelegenheiten zur Zeit der französischen Reunionen (= Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen 111). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XI, 294 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nieder, Gabriele, Ferdinand Christoph Harpprecht (1650-1714). Tübinger Rechtsprofessor und Württembergischer Rat für Mömpelgarder Angelegenheiten zur Zeit der französischen Reunionen (= Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen 111). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XI, 294 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Für vorliegende Untersuchung setzte sich die Verfasserin das Ziel, das höchst erfolgreiche Juristenleben Ferdinand Christoph Harpprechts möglichst umfassend darzustellen. Ferdinand Christoph stammte aus einer überaus angesehenen Tübinger Juristenfamilie. Schon sein Urgroßvater Johann Harpprecht (1560-1639) wurde nach kurzer Tätigkeit am Reichskammergericht Professor der Institutionen in Tübingen. Dessen umfangreicher vierbändiger Institutionenkommentar, der auch das heimische Recht berücksichtigt, ist der Richtung des Usus modernus zuzurechnen. Sowohl Großvater Christoph (1596-1637) als auch Vater Johann Christoph (1625-1676) waren Hofgerichtsadvokaten in Tübingen.
Teil I der Arbeit (S. 5-151) ist dem Werdegang Ferdinand Christoph Harpprechts gewidmet. Im Abschnitt über seine Studienzeit 1664-1673 (S. 17ff.) wird auf die Entwicklung von juristischen Lehrveranstaltungen, Lehrstoff und Lehrmethode insbesondere an der Universität Tübingen eingegangen. An dieser Universität bestanden nach ihrer Gründung (1477), wie vielfach üblich, eine Institutionen-, eine Codex- und eine Pandektenprofessur sowie drei kanonistische Ordinariate (S. 25)[1]. Neben den lectiones publicae, den Pflichtvorlesungen der Ordinarien, spielten vor allem die Disputationen eine wichtige Rolle (S. 26). Gegen die exegetisch-dialektische Methode des Mos Italicus konnte sich die humanistische Reformbewegung in Tübingen nicht durchsetzen (S. 28f.). Erst die sogenannte ramistische Methode, eine Darstellung nach der Paratitla-Manier und dem Causae-Schema, konnte allmählich an den Universitäten, so auch in Tübingen, an Bedeutung gewinnen (S. 32f.)[2]. Als Beispiel für |
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Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen und völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen und völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Wer wissen will, wie es unseren Kollegen im Kaiserreich, im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik ums Herz war, dem sei diese, von Johannes Tuchel betreute politikwissenschaftliche Dissertation empfohlen.
Die Dissertation schildert zuerst Kohler (1849-1919) auf dem Höhepunkt seines Ruhms und sein pazifistisches Engagement, beschreibt sodann die Katastrophe des Weltkriegs und Kohlers heftige Pamphlete gegen die Feinde Deutschlands und endet mit Kohlers Unterstützung der Republik noch in seinem letzten Lebensjahr.
Kirsten Nies beschreibt einen gewaltigen Wissenschaftsorganisator und Universalgelehrten, einen selbständigen Denker innerhalb der Grenzen der Staats- und Gesellschaftsordnung des Kaiserreichs (Gleichstellung nichtehelicher Kinder, Emanzipation der Frau, Milderung der Abtreibungsstrafe, im Antisemitismusstreit gegen Treitschke, Verteidigung der Homosexuellen, Rede- und Wissenschaftsfreiheit, Pazifismus, Anerkennung der Rechtsordnungen anderer Kulturen, Kritik am deutschen Kolonialkrieg). Sie schließt eine Forschungslücke mit der Darstellung seiner Leistungen auf dem Gebiet des Völkerrechts, fndet aber seine Ideen weder neu noch besonders fundiert. Sein Anliegen war die Sicherung des Frieden durch Recht, Institutionen und eine umfassende Friedenspädagogik. Seine pazifistischen Äußerungen bilden den zweiten Forschungsstrang der Verfasserin.
1914 war er von einer Kriegsbegeisterung weit entfernt, wurde von der allgemeinen Kriegspsychose jedoch sofort erfasst. Seine pazifistischen Ideen sah er jetzt als Irrtum an. Er verteidigte den Verteidigungskrieg, in dem er Deutschland sah, verteidigte auch die Verletzung der Neutralität Be |
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Noll, Dorothea, ... ohne Hoffnung im Alter jemals nur einen Pfennig Rente zu erhalten. Die Geschichte der weiblichen Erwerbsbiographie in der gesetzlichen Rentenversicherung (= Lebensalter und Recht 4). Klostermann, Frankfurt 2010. IX, 330 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Noll, Dorothea, ... ohne Hoffnung im Alter jemals nur einen Pfennig Rente zu erhalten. Die Geschichte der weiblichen Erwerbsbiographie in der gesetzlichen Rentenversicherung (= Lebensalter und Recht 4). Klostermann, Frankfurt 2010. IX, 330 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Werk entstand als Dissertation im Rahmen der selbstständigen Nachwuchsgruppe „Lebensalter und Recht“ in Frankfurt im Frankfurter Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte. Ihre Forschungen sind darauf gerichtet, den Anteil des Rechts an der Einteilung des menschlichen Lebenslaufs durch Lebensabschnitte zu untersuchen. Die Strukturierung des Lebenslaufs, insbesondere die feste Altersgrenze von zunächst 70, später von 65 Jahren, geht im Wesentlichen auf die Sozialversicherungsgesetze von 1889 und 1911 zurück. Eine geschlechtsspezifische Betrachtung der Sozialversicherung im historischen Kontext ist bisher nur vereinzelt erfolgt. Die Arbeit Dorothea Nolls bringt erstmals eine umfassende Geschichte der staatlichen Sozialversicherung aus lebenssoziologischer Sicht hinsichtlich der weiblichen Erwerbsbiographie von 1889 bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Unter Einbeziehung der Ergebnisse der historischen Frauenforschung wird in erster Linie die Entstehung und Wirkungsgeschichte der Normen der gesetzlichen Rentenversicherung untersucht. Grundsätzlich werden dabei neben den parlamentarischen Materialien auch die dem Gesetzgebungsprozess „vorausgegangenen Vorarbeiten im zuständigen Ministerium und die Reformvorschläge und Stellungnahmen der Versicherungsträger“ und Verbände berücksichtigt (S. 10).
Der Gesetzgeber ging bis zur Rentenreform von 1957 für die Frauen von einem von der männlichen Erwerbsbiographie abweichenden 2-Phasen-Modell aus. Die außerhäusliche Erwerbstätigkeit der Frau beschränkte sich hauptsächlich auf die Lebensphase bis zur Heirat. Erst mit der für Frauen vorgezogenen Altersrente mit 60 Jahren trug der Gesetzgeber 1957/1968 der |
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Oberhofer, Andreas, Der andere Hofer. Der Mensch hinter dem Mythos (= Schlern-Schriften 347). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 424 S., 66 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Von Natur aus ist Tirol in der Sicht des heutigen Betrachters ein sehr schönes, aber trotz der Vorkommen von Salz und Silber bis zum Aufkommen des Massentourismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eigentlich sehr armes Land, dessen Bewohner ihre Häuser verkaufen und auf Stroh schlafen. Dementsprechend ist die Zahl der vielleicht weltbekannten Tiroler nicht besonders groß. Zu ihnen dürfte aber Andreas Hofer, der Wirt aus dem Passeiertal und Freiheitskämpfer gegen Napoleon und Bayern, zu zählen sein.
Anlässlich des 200jährigen Gedenkens an den Tiroler Aufstand gegen die Regierung Bayerns im Jahre 1809 wurde seiner vielfach gedacht. Der in Brixen in Südtirol geborene, nach dem Studium der Geschichte und deutschen Philologie an der Universität Innsbruck 2006 promovierte, an Andreas Hofer besonders interessierte, an der Universität Innsbruck als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätige Verfasser berichtet im Vorwort eindringlich über das vielfältige bisherige Schrifttum. Gleichwohl sieht er noch die Möglichkeit vertiefter Erkenntnis.
Auf diesem Wege hält er die „weltgeschichtliche“ Persönlichkeit Andreas Hofers zwar mit guten Gründen für an sich biographieuntauglich, verfolgt aber gleichwohl den Lebenslauf des Sandwirts an Hand von Handlungsräumen und Handlungsrollen. Über die gefürstete Grafschaft Tirol, das Gericht Passeier, die Vorfahren, Kindheit und Jugend, die Großjährigkeit und die Erwerbszeit zeichnet der Verfasser anschaulich und einnehmend in weiterführender Weise die Spuren nach, auf deren Grundlage der Bauer, Wirt und Händler Andreas Hofer in seinen letzten Lebensjahren in die gefährlichen Wirren der großen Politik gelangte, in denen er rasch erkennen musste, „es ist verspielt“. Über die Hinrichtung in Mantua hinaus verfolgt der V |
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Öffentlichrechtliche Ausschüsse (1934-1938 Kommunalrecht. Sparkassenwesen. Bau- und Zwecksparen. Beamtenrecht) Volkswirtschaftliche Arbeitsgemeinschaften (1939-1943 Volkswirtschaftslehre. Geld und Kredit. Sozialpolitik. Agrarpolitik. Reform des volkswirtschatlichen Studiums), hg. und mit einer Einleitung versehen v. Schubert, Werner (= Akademie für deutsches Recht 1933-1945. Protokolle der Ausschüsse 19). Lang, Frankfurt am Main 2011. LII, 715 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Seit 1986 veröffentlicht Werner Schubert ohne viel Aufhebens, aber mit außergewöhnlichem Fleiß und vorbildlicher Zielstrebigkeit neben vielem Anderen die Protokolle der Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht. Ihre Kenntnis ist für eine sachgerechte Einschätzung von Tätigkeit und Ergebnis der Einrichtung unabdingbar. Deswegen ist die neuere Rechtsgeschichte dem Herausgeber für dieses inzwischen fünfundzwanzigjährige herausragende Wirken zu besonderem Dank verpflichtet.
Den Beginn bildete 1986 das Aktienrecht. Von dort aus ist die Edition inzwischen zum öffentlichen Recht und zu den volkswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaften vorgedrungen. Beides spielte innerhalb der Akademie allerdings nur bis 1938 bzw. 1943 eine Rolle.
Der Herausgeber stellt in seiner vorzüglichen Einleitung seine Quellen und die behandelten Ausschüsse und Arbeitsgemeinschaften gewohnt sachlich und verständlich vor und weist dabei besonders auf die unterschiedliche und teilweise sehr schwierige Quellenlage hin. Im Anschluss an die Edition bietet er ein Register der Redner und Referenten, ein Sach- und Personenregister und einen Quellennachweis. Wer immer sich mit der Akademie für deutsches Recht und der Rechtsentwicklung zwischen 1933 und 1945 befasst, wird Werner Schubert auch für diesen wertvollen Baustein eines beeindruckenden, auf S. 716 leider bibliographisch nur unvollständig erfassten Gesamtwerks sehr dankbar sein.
Innsbruck |
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Ogorek, Regina, Aufklärung über Justiz. Halbband 1 Abhandlungen und Rezensionen, mit einer Einleitung von Simon, Dieter, Redaktion Barnert, Elena, Halbband 2 Richterkönig oder Subsumtionsautomat? Zur Justiztheorie im 19. Jahrhundert, 1986, 2. unveränd. Auflage (= Rechtsprechung 28). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XIV, 583, XVI, 423 S. Besprochen von Siegbert Lammel. |
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Die zusammenfassende (Wieder-)Veröffentlichung der sich mit dem Justizwesen in Geschichte und Gegenwart befassenden Aufsätze sowie der vergriffenen Habilitationsschrift Regina Ogoreks wird im Vorwort von ihrem Habilitationsvater und Mentor neben weiteren (überflüssigen) Lobeshymnen damit begründet (und nicht gerechtfertigt, denn einer solchen bedarf es angesichts der einerseits höchst interessanten, andererseits spannenden und stringenten Argumentationsweise nicht), dass bislang die „rechtshistorische Aufklärung über Justiz“ .... „ein notleidendes Vorhaben“ sei und deshalb besonders gefördert werden müsse. Justiz wird im ersten Band sowohl als Institution als auch als im Hinblick auf das Personal betrachtet. Die 22 Abhandlungen und 9 Rezensionen umspannen einen Zeitraum vom Ende des 18. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Dabei zieht sich wie ein roter Faden durch die institutionenbezüglichen Abhandlungen der Kampf um die Interpretationshoheit über die Gesetze und das Recht. Denn die Gesellschaft wird durch Gesetze geordnet; damit übt derjenige, der die Gesetze anwendet, interpretiert, Folgerungen aus ihnen zieht, Macht aus und diese Macht will der historische Souverän nicht oder zumindest nicht vollständig aus der Hand geben. Vor diesem Hintergrund werden sowohl die privilegia de non appellando (an das Reichskammergericht) für die größeren Territorialherren oder auch die Machtsprüche als Eingriff in die „schlechte Justiz“ verständlich; der Souverän kann sich damit als „Guter Hausvater“ gegenüber seinen Untertanen präsentieren. Erst mit dem aufkommenden Bürgertum wandelte |
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Old Shatterhand vor Gericht. Die 100 Prozesse des Schriftstellers Karl May, hg. v. Seul, Jürgen. Karl-May-Verlag, Bamberg-Radebeul 2009, 623 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludwig[Z1] [Z2] Thoma für Juristen, hg. v. Seul, Jürgen. Verlag Medien und Recht, München 2010. 330 S., 4 Zeichnungen.
Old Shatterhand vor Gericht. Die 100 Prozesse des Schriftstellers Karl May, hg. v. Seul, Jürgen. Karl-May-Verlag, Bamberg-Radebeul 2009, 623 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Es mag verwundern, diese beiden Titel in einer rechtshistorischen Fachzeitschrift besprochen zu sehen, vor allem den zweiten, zumal er vom Titel her und in seiner äußeren Erscheinung den klassischen grünen Karl-May-Bänden des gleichnamigen Verlages entspricht. Dennoch handelt es sich um kein Versehen. Beiden Titeln ist gemeinsam, dass sie wesentliches Material und höchst aufschlussreiche Schilderungen zur historischen Rechtstatsachenforschung liefern. Was Ludwig Thoma, den fast promovierten Juristen, betrifft, kommt dieser selbst zu Wort, über die May betreffenden Prozesse berichtet Seul, allerdings unter Aufnahme auch längerer Quellenpassagen. Zu bzw. von Thoma erhalten wir die vielfältigsten Einblicke in das Rechtsleben. Dies betrifft einmal das Jurastudium: Warum Thoma trotz einer Dissertation den Doktortitel nicht verliehen bekam (12f.); wie das Studium so im weitesten Sinne ablief und insbesondere „der gefürchtete Staatskonkurs“ (58ff., 68, ersteres auch in Versen: 213). Weiters lernen wir Beispielhaftes kennen über die Praxis am Landgericht und beim Bezirksamt (650ff.), die Eröffnung der Rechtsanwaltskanzlei in Dachau (99ff.). Formal blieb Thoma Rechtsanwalt bis zur Löschung seiner Zulassung aus der Liste des Landgerichts München II im Jahre 1919 (29). Als er 1899 Redakteur des „Simplicissimus“ geworden war, verkaufte er im gleichen Jahr seine Rechtsanwaltskanzlei (28). Vielschichtig und bunt schlägt sich die erlebte Juristerei in Anekdoten, Erzählungen, Gedichten nieder. In ihnen spiegelt sich manch Rechtshistorisches wider: die Rechtseinheit für „das große, neue Deutsche Reich“ (265), ihre Verwirklichung auch in „dem preußische |
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Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Materialien und Übersichten. 6. Aufl. facultas .wuv Universitätsverlag, Wien 2011. 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Materialien und Übersichten. 6. Aufl. facultas .wuv Universitätsverlag, Wien 2011. 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bei Markt und Macht nicht unerwartet ist die fünfte, 2009 vorgelegte Auflage dieses erfolgreichen rechtsgeschichtlichen Hilfsmittels binnen zwei Jahren verkauft worden. Für die sechste Auflage nahm der Verfasser nur kleinere Änderungen vor, indem er einige neue Quellenstellen und die Kategorie Präsidenten des Europäischen Rates hinzufügte, die Zeittafel und die Literaturangaben aktualisierte und erneut überall den Fehlerteufel jagte, wodurch der Umfang des Werkes insgesamt um 2 Seiten anstieg. Wer immer alle oder viele Daten der Zeittafel beherrscht, die Quellentexte liest und versteht sowie die Regententafeln durchblickt und an der richtigen Stelle richtig anwendet, wird dank der freundlichen Unterstützung durch den Autor .viele Fragen vieler Prüfer in rechtsgeschichtlichen Prüfungen sachkundig beantworten und damit einen beachtlichen Schritt in der Ausbildung zum Magister der Rechtswissenschaften in Wien und anderswo voranschreiten können
Innsbruck Gerhard Köbler
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Oliver, Clementine, Parliament and Political Pamphleteering in Fourteenth-Century England. The University of York (Boydell & Brewer/York Medieval Press), Woodbridge/Suffolk 2010. XI, 232 S., 2 Abb. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oliver, Clementine, Parliament and Political Pamphleteering in Fourteenth-Century England. The University of York (Boydell & Brewer/York Medieval Press), Woodbridge/Suffolk 2010. XI, 232 S., 2 Abb. Besprochen von Susanne Jenks.
Kurz nach dem 3. Juni 1388, dem Ende des sogenannten „Merciless Parliament“, begann Thomas Fovent, über dessen Person nur sehr wenig bekannt ist, ein Pamphlet in lateinischer Sprache zu verfassen. Diesem Werk wurde im späten 14. Jahrhundert die Überschrift Historia sive narratio de modo et forma mirabilis parliamenti apud Westmonasterium anno domini millesimo CCCLXXXVJ, regni vero regis Ricardi secundi post conquestum anno decimo gegeben. Es wurde in den Jahren 1641 und 1643 mehrfach gedruckt: 49 Exemplare der 1641 veröffentlichen Version existieren noch heute, während von der Historia dagegen nur (noch) zwei mittelalterliche Handschriften erhalten sind.
Oliver legt eine neue Interpretation des einzigen Fovent zugeschriebenen Werkes und der Motive des Verfassers vor, der allerdings nur als Autor vermutet wird. Während Fovent bislang als „Lancastrian partisan“ angesehen wurde, ist er für Oliver eine weitaus bedeutendere Figur, da seine Historia das Parlament als Reformkraft propagieren sollte und am ehesten in der Lage war, die unter Richard II blühende Korruption offenzulegen und zu unterbinden (S. 2, 14, 64/65). Fovent schrieb seine Historia, so Olivers These, für eine Londoner Leserschaft aus ‚bureaucrats, civil servants‘ und ‚government functionaries‘ (S. 16), „a readership more public than partisan“ (S. 73), die wie er brennend an den Geschehnissen im Parlament interessiert war (S. 25, 149), „hungry for vitriol“ (S. 73) und „eager for reform“ (S. 83) und ebenso an der „circulation and consumption of documentary culture“ interessiert wie er (S. 115).
Es soll an dieser Stelle auf eine Zusammenfassung der 8 Kapitel (Where Do Pamphlets Come From?; The Good Parliament and the First Political P |
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Opll, Ferdinand, Zwang und Willkür. Leben unter städtischer Herrschaft in der Lombardei der frühen Stauferzeit. Böhlau, Wien 2010. 276 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Opll, Ferdinand, Zwang und Willkür. Leben unter städtischer Herrschaft in der Lombardei der frühen Stauferzeit. Böhlau, Wien 2010. 276 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Ferdinand Opll, in Mödling 1950 geboren, nach dem Studium von Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte in Wien promoviert und 1985 habilitiert, war von 1989 bis 2010 Direktor des Stadt- und Landesarchivs Wien. Die Anfänge seiner persönlichen Hinwendung zum Hochmittelalter wurden maßgeblich von seinem akademischen Lehrer Heinrich Appelt (1910-1998) geleitet. In dankbarer Erinnerung widmet er seine vorliegende sorgfältige Studie seinem Lehrer.
Er versteht sie selbst in mancher Hinsicht als eine Summe aus vielen Jahren. DasThema ist die städtische Herrschaft über den Contado einerseits und das Leben der Leute des Contado unter dieser Herrschaft andererseits. Politisch stehen sich das Ausgreifen Pavias nach dem Süden und das Drängen Piacenzas nach dem Westen gegenüber, wobei den Mittelpunkt die Orte Mondonico, Monticelli, Olmo, Parpanese und S. Manzano bilden.
Die im Anhang wiedergegebenen Quellen bestehen aus einer Bestallungsurkunde des mit der Durchführung von Verhören und ihrer Protokollierung beauftragten Gremiums, elf Notariatsinstrumenten mit Notariatssigneten und drei formlos gehaltenen Niederschriften der Aussagen der einvernommenen Zeugen. Auf ihrer Grundlage zeichnet der Verfasser ein lebendiges Bild der tatsächlichen Lebensverhältnisse im städtischen Umland der Lombardei in frühstaufischer Zeit, das von Zwang und Willkür gekennzeichnet ist. Wie sich die Menschen mit ihrem damaligen beschwerlichen Leben abfanden, nötigt dem Verfasser dieser Geschichte von unten im Rahmen großer Zusammenhänge am Ende Respekt und Anerkennung ab, die der Leser gerne mit ihm teilt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter, hg. v. Ammerer, Gerhard/Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred Stefan. (= Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 1). .Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 366 S., Ill. Besprochen von Thomas Krause. |
Ganzen Eintrag anzeigen Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter, hg. v. Ammerer, Gerhard/Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred Stefan. (= Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 1). .Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 366 S., Ill. Besprochen von Thomas Krause.
Nach zwei jeweils ausschließlich der Geschichte des Gefängnisses gewidmeten Kolloquien in Köln (2002) und Bautzen (2005) fand im September 2007 im liechtensteinischen Kloster St. Elisabeth eine dritte einschlägige Tagung statt. Mit Hospitälern und Klöstern erweiterte sie die Perspektive auf andere „Orte der Verwahrung“ und wählte damit auch zeitlich einen weiter gesteckten Rahmen (S. 13). Die hier vorzustellende Publikation der Referate bildete gleichzeitig den Anlass für die Begründung einer neuen Schriftenreihe unter dem Titel „Geschlossene Häuser – Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung“, die in ansprechender Aufmachung im Leipziger Universitätsverlag erscheint. Laut Vorwort der Reihenherausgeber (S. 7ff.) ist sie betont breit und interdisziplinär angelegt und weder in zeitlicher noch in geografischer Hinsicht begrenzt. In Anbetracht der bekannten entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen Hospitälern und Zuchthäusern sowie der bereits vor längerer Zeit konstatierten Parallelen zwischen Kloster und (Straf)Anstaltsdisziplin, die Gerhard Ammerer (S. 13ff.) und Christina Vanja (S. 31ff.) in ihren beiden Einleitungsbeiträgen zum vorliegenden Sammelband noch einmal in Erinnerung rufen, ist ein solcher Ansatz nachvollziehbar. Er bedeutet allerdings, dass aus (straf)rechtshistorischer Sicht nur ein Teil der Aufsätze von Interesse ist, so dass im Folgenden lediglich die sieben unter der Überschrift „Zucht- und Arbeitshäuser/Gefängnisse“ zusammengefassten Beiträge (S. 61-188) näher in den Blick gen |
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Osterhammel, Jürgen, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, 4. Aufl. Beck, München 2009. 1568 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Osterhammel, Jürgen, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, 4. Aufl. Beck, München 2009. 1568 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Selten hat ein Werk auf Anhieb eine derart breite Zustimmung erfahren wie Jürgen Osterhammels Geschichte des 19. Jahrhunderts. Fachkollegen wie Kritiker haben dem quantitativ in enzyklopädische Dimensionen vorstoßenden, kaleidoskopisch anmutenden Jahrhundertpanorama des Konstanzer Ordinarius für neuere und neueste Geschichte auch in der Qualität höchsten Anspruch bescheinigt; so spricht Jürgen Kocka von einem „Meilenstein deutscher Geschichtsschreibung“, einem der „wichtigsten historischen Bücher der vergangenen Jahrzehnte“ und von einem „großen Wurf“.
Die Aufgabe, Weltgeschichte als eine globale Strukturgeschichte zu verfassen und zugleich die Epochencharakteristika hervorzuheben, führt ein solches Unterfangen an vielerlei Grenzen, wie die Komplexität der auszuwählenden Parameter, die Unüberschaubarkeit und Grenzenlosigkeit potentiellen Quellenmaterials, die Notwendigkeit der Wahl eines eigenen Standpunktes bei dessen gleichzeitiger Infragestellung. Was sich schon für den griechischen Universalhistoriographen Herodot im fünften Jahrhundert vor Christus als Herausforderung auftat, ist in unserer Zeit exponentiell anwachsenden Wissens trotz moderner technischer Hilfsmittel keineswegs leichter in den Griff zu bekommen.
Jürgen Osterhammel versucht es dennoch und teilt seine Arbeit in drei Großabschnitte, die er mit „Annäherungen“, „Panoramen“ und „Themen“ überschreibt. Die „Annäherungen“ (etwa 160 Seiten) befassen sich mit grundlegenden Kategorien, wie der „mediale(n) Verewigung“, also den jetzt noch greifbaren physischen Manifestationen des 19. Jahrhunderts, mit Raum und Zeit. In den „Panoramen“ (über 700 Seiten) werden folgende Großkomplexe analysiert: Sesshafte und Mobile; Lebensstandards (Risiken und Sicherheiten materieller Existenz); Städte (Europäische Muster und |
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Ostermann, Stephanie, Das Klärungsverfahren gemäß § 1598a BGB. Abstammungsrechtlicher Kontext und verfassungsrechtliche Vorgaben (= Schriften zum bürgerlichen Recht 395). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ostermann, Stephanie, Das Klärungsverfahren gemäß § 1598a BGB. Abstammungsrechtlicher Kontext und verfassungsrechtliche Vorgaben (= Schriften zum bürgerlichen Recht 395). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.
Stephanie Ostermann hat die erste Monographie zu einer eine Schallmauer – die Sperrwirkung von bestehenden Vaterschaften – durchbrechenden Norm (§ 1598a BGB, zum 1. April 2008 in Kraft getreten) vorgelegt. Dabei verfolgt die Autorin weder ein rechtshistorisches Ziel noch eine rechtshistorische Methode. Insofern rechtfertigt sich an dieser Stelle lediglich eine kurze Rezension und keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den das geltende bürgerliche Recht betreffenden Argumenten der Verfasserin. Das ist Aufgabe der Kommentar- und der monographischen Literatur zum geltenden Familienrecht. Für die deutsche Rechtsgeschichte wird die Arbeit aber insofern von Bedeutung sein, als sie von Rechtshistorikern (wenn es solche dann noch gibt) gelesen werden wird, wenn das deutsche oder das europäische Abstammungsrecht das im allgemeinen Persönlichkeitsrecht und damit in der allgemeinen Handlungsfreiheit „verankerte“ Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und Nachkommenschaft voll verwirklicht und sämtliche bislang aufrecht erhaltenen Bindungen abgelegt haben und neben der Anfechtung einer Vaterschaft durch sämtliche an der (natürlichen oder künstlichen) Erzeugung eines Menschen beteiligten Personen auch die Anfechtung der Mutterschaft und die daneben möglichen folgenlosen Kenntniserlangungsverfahren vorsehen wird.
§ 1598 a BGB, der den Anspruch auf eine rechtsfolgenlose Abstammungsuntersuchung festschreibt, ist ein Beispiel dafür, wie per se wertfreies Wissen tradierte Werte und Normen unterspült. Der Gesetzgeber folgte mit der Regelung einem Bedürfnis, das die Humangenetik dadurch erzeugt hat, dass sie seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts einfache, billige und massenweise verfügbare Tests zur zw |
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Ostwaldt, Lars, Aequitas und Justitia - Ihre Ikonographie in Antike und früher Neuzeit (= Signa iuris 3). Junkermann, Halle an der Saale 2009. 396 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ostwaldt, Lars, Aequitas und Justitia - Ihre Ikonographie in Antike und früher Neuzeit (= Signa iuris 3). Junkermann, Halle an der Saale 2009. 396 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Ikonographie hat bekanntlich viele offene und heimliche Freunde. In Weiterführung der verdienstvollen Arbeiten Karl von Amiras, Claudius Freiherr von Schwerins, Louis Carlens und vieler anderer haben sich zuletzt Gernot Kocher, Heiner Lück und Clausdieter Schott zu internationaler Zusammenarbeit in diesem Bereich zusammengefunden. In den von ihnen herausgegebenen Signa iuris ist als eigener dritter Band die von Reiner Schulze angeregte, im Sonderforschungsbereich 496 Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution begonnene, von Christian Hattenhauer betreute, von Hans Hattenhauer geförderte und im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des wohl 1973 geborenen, inzwischen als Richter tätigen Verfassers aufgenommen.
Sie gliedert sich in Einleitung (Fragestellung, Forschungsstand, Quellen, Methode), Hauptteil und Schlussbemerkung. Der Hauptteil behandelt aequitas und iustitia in der römischen Antike und iustitia und aequitas in der frühen Neuzeit. Mittelalter und Gegenwart bleiben trotz des Sachsenspiegels auf dem Innentitel im Wesentlichen ausgespart.
Im Ergebnis erklärt der Verfasser die Dominanz der iustitia in der Neuzeit damit, dass sie von den Herrschern und dem in Entstehung begriffenen Staat für Propagandazwecke vereinnahmt wurde. Von daher wurde Justitias Bilde im Bewusstsein der Bevölkerung verankert, wenngleich die Vorliebe für Allegorien, Personifikationen und Symbole längst spürbar nachgelassen hat. Insgesamt 134 Abbildungen vom Bundesverfassungsgericht der Gegenwart bis zum Titelblatt des Landrechts des kurfürrstlichen Pfalzfürstentums in Oberbayern von 1606 veranschaulichen die auf eine umfangreiche L |
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Ozawa, Nana, Louis Adolphe Bridel. Ein Schweizer Professor an der juristischen Fakultät der Tokyo Imperial University. Die geschichtliche Bedeutung der Yatoi zur späten Meiji-Zeit (= Rechtshistorische Reihe 382). Lang, Frankfurt am Main 2010. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ozawa, Nana, Louis Adolphe Bridel. Ein Schweizer Professor an der juristischen Fakultät der Tokyo Imperial University. Die geschichtliche Bedeutung der Yatoi zur späten Meiji-Zeit (= Rechtshistorische Reihe 382). Lang, Frankfurt am Main 2010. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die rund 100 Textseiten umfassende Arbeit ist die von Pio Caroni angeregte und betreute Untersuchung der 1977 in Tokio geborenen und ausgebildeten, 2004 in Bern tätigen Verfasserin. Sie behandelt die bisher vernachlässigte Geschichte der zweiten Generation der europäischen Rechtsberater Japans an der Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts. An Hand verschiedener ungedruckter Dokumente kann sie überzeugend nachweisen, dass auch der am 6. Juli 1852 in Paris als ältester Sohn des evangelischen Missionars Louis Philippe Benjamin Bridel und der aus Frankfurt am Main kommenden Louise Bridel, geborene Köster, zur Welt gekommene, in Lausanne, Tübingen und Paris ausgebildete Louis Bridel sich in einem dreizehnjährigen Aufenthalt in Japan um die rechtlichen Verbindungen zwischen Japan und Europa durchaus verdient gemacht hat und nur durch seinen frühen Tod daran gehindert wurde, auch auf weitere Länder Ostasiens in gleicher Weise auszustrahlen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Ein unprätentiöser Grundriss traditionellen Zuschnitts mit Schwerpunkt Staats- und Verfassungsentwicklung. Nach einem eher einleitenden Teil „Die römische und fränkische Zeit“ folgt eine Zweiteilung: „Die Alte Eidgenossenschaft“ sowie „Die Moderne“. Im Wesentlichen gliedern sich diese beiden Teile in Staats- und Verfassungsgeschichte, Rechtsquellengeschichte, Geschichte der Gerichtsbarkeit und die der Rechtswissenschaft. Insgesamt sehen wir uns informiert über die Entstehung der Eidgenossenschaft im Rahmen des Heiligen Römischen Reiches als „ein sukzessives, schon im 15. Jh. einsetzendes Auseinandertriften zwischen Reich und Eidgenossenschaft“ (S. 57) bis hin zur „Exemtionserklärung 1648“ sowie über die auch danach noch existierenden Beziehungen zur Reichsverfassung, an deren Stelle aber allmählich die Souveränität der (späteren) Kantone tritt (z. B. S. 59). Nach dieser gesamtschweizerischen Entwicklung folgt die Darstellung der „inneren Struktur der Orte“ in der Dreiteilung „Länderorte“, „Städteorte“ sowie „Orte mit monarchischer Verfassung“, unter diesen etwa die Fürstabtei St. Gallen. Zu den Länderorten hätte man sich ein detaillierteres Eingehen darauf erwartet, wie denn die Kompetenzen der Vögte „mit der Reichsfreiheit auf die Männer des Ortes über(gingen)“ (S. 62), was entfernt auch für die Städteorte gilt, wenngleich hier der Hinweis auf eine ähnliche Entwicklung „in anderen Gebieten Europas“ hilfreich ist (S. 68). Im „Aufbau der Landeshoheit“ erkennt der Verfasser in allen drei Orte-Kategorien gewisse Gemeinsamkeiten. Die Entwicklung in der „Moderne“ ist die des Verfassungsstaates, der mit der Helvetik einsetzt und bis zur Bundesverfassung 2000 reicht, aber auch die Entwicklung in den Kantonen mitbeschreibt.
In den Rechtsquellen-Abschnitten folgt auf die des Mittelalters, insbesonde |
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Pailer, Gaby, Hedwig Dohm. Werhahn-Verlag, Hannover 2011. 125 S. Besprochen von Stephan Meder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pailer, Gaby, Hedwig Dohm. Werhahn-Verlag, Hannover 2011. 125 S. Besprochen von Stephan Meder.
Hedwig Dohm (1831-1919) gehört zu den stärksten Wortführerinnen der ,ersten’ deutschen Frauenbewegung im Kaiserreich. Sie ist nicht nur durch ihr Eintreten für politische Rechte der Frau als Staatsbürgerin, sondern auch durch ihr facettenreiches literarisches Werk bekannt geworden, das szenische Dialoge, Komödien, Novellen und Romane umfasst. In der „Geschichte der Frauenbewegung“ schreibt Gertrud Bäumer (1873-1954), für die deutsche Frauenbewegung sei „keine geistreichere Feder geführt worden, als die von Hedwig Dohm“, doch liege die Bedeutung ihres Werks „mehr in der Augenblickswirkung einer glänzenden Persiflage, als in der Mitarbeit an der Theorie, aus der die Frauenbewegung sich selbst immer besser zu rechtfertigen lernte“.[1] Das Buch Gaby Pailers zeigt, dass diese Einschätzung, an der im Grunde auch die ,neue’ Frauenbewegung der 1970er Jahre noch festgehalten hat, einer Revision bedarf. Dies sei anhand der in der Entstehungsphase des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) um die Rechtsstellung der Frau geführten Debatten kurz erläutert.
Die Frage nach der Regelung des Geschlechterverhältnisses war in den beiden Jahrzehnten vor Inkrafttreten des BGB ein lebhaft diskutiertes Thema. Mit Blick auf den wachsenden Widerstand von Reformkräften und Frauenvereinen sahen sich die Verfasser des BGB gezwungen, die angestrebte Ungleichbehandlung der Geschlechter zu rechtfertigen. Heftig umstritten war insbesondere der sogenannte „Gehorsamsparagraph“ des § 1354 BGB, der erst in den 1950er Jahren durch das Gleichberechtigungsgesetz aufgehoben wurde. Nach dieser Vorschrift sollte „dem Manne die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zustehen“. § 1354 BGB diente als Grundlage für die Ungleichbehandlung der Frau in den verschiedenen Teilbereichen des Familienrechts - etwa im Recht der Ehewirkungen, de |
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Palmowski, Jan. Inventing a Socialist Nation. Heimat and the Politics of Everyday Life in the GDR, 1945-1990. Cambridge University Press. Cambridge 2009. 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Palmowski, Jan. Inventing a Socialist Nation. Heimat and the Politics of Everyday Life in the GDR, 1945-1990. Cambridge University Press. Cambridge 2009. 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser wurde nach dem Studium von Geschichte und Wirtschaft an der Universität York 1995 in Oxford promoviert. Er ist bereits durch Werke über moderne europäische Geschichte hervorgetreten. So hat er sich beispielsweise mit dem städtischen Liberalismus im zweiten Deutschen Reich am Beispiel Frankfurts am Main (1999) intensiv befasst. Als Leiter der School of Arts and Humanities am King’s College London ist er bestens geeignet, von außen ein Bild der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu entwerfen, für das er zahlreiche archivalische Quellen und persönliche Interviews verwendet..
Ausgangspunkt ist auch für ihn der schwer zu erklärende, sich mit unerwarteterGeschwindigkeit vollziehende Zusammenbruch des 1949 geschaffenenen und allgemein als recht stabil angesehenen sozialistischen deutschen Staates. Zur Erklrärung des überraschenden Geschehens behandelt der Verfasser die anregende Frage, wie die sozialistische deutsche Nation nach 1945 entstehen und bis 1990 bestehen konnte. Veranschaulicht wird dieser Vorgang in der Form eines blühenden Straußes in der Hand Erich Honeckers inmitten einer freundlichen Gruppe von Frauen und Männern vor der Staatsfahne.
Gegliedert ist die ansprechende Untersuchung in drei Teile, die mit der Schaffung der nationalen Identätität nach der Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen 1945 beginnen. Rasch gelangt der Verfasser aber zu Erich Honecker, der erfolgreich die Verwurzelung mit der örtlichen Herkunft ins Werk zu setzen versteht, so dass die Zerstörung der Umwelt überspielt werden kann. Am Ende zeichnet der Verfasser einleuchtend den Weg nach, der über Verschleierung von Gewalt und Doppeldeutigkeiten letztlich dazu führt, dass aus heimatverbundenen Staatsbürgern doch binnen weniger Mon |
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Paravicini, Werner, Die Wahrheit der Historiker. Oldenbourg, München 2010. VII, 94 S. Besprochen von Thomas Vogtherr. |
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Leopold von Rankes Gewissheit, geduldige Quellenanalyse und Quellenkritik könnten den Historiker befähigen, zu ermitteln, „wie es eigentlich gewesen“ sei, steht längst unter Generalverdacht. Zumeist lautet der Vorwurf auf Naivität und Gutgläubigkeit, nicht gerade strafwürdige Verbrechen, aber immerhin doch geeignet und auch dazu gedacht, den Ruf eines der bedeutendsten Historiker aller Zeiten und deutscher Sprache zu mindern und ihn und die auf seinen Spuren wandelnden Historiker späterer Zeiten („Neo-Rankeaner“) aus dem Kreis der methodisch und methodologisch ernstzunehmenden Wissenschaftler zu verstoßen. Kaum eines der geschichtstheoretischen Gedankengebäude der letzten beiden Generationen ließ Ranke unangetastet. A fortiori gilt das für diejenigen Theorien anderer wissenschaftlicher Disziplinen, derer sich die Historiker mehr und mehr bedienen, vor allem der Literaturwissenschaft, in deren Augen historische Quellen zu (literarischen) Texten werden, bei denen lediglich noch der Umfang des Fiktionalen zu bestimmen ist, nicht aber die Frage klärungsbedürftig erscheint, ob nicht wenigstens ihre Verfasser anderes als Fiktionales im Sinn gehabt haben könnten. An diesem Punkt setzt der vorliegende Essay ein, dessen Verfasser, der langjährige Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Paris, nun seinerseits nicht eben zurückhaltend mit den Gegnern Rankes ins Gericht geht. Entstanden ist eine Streitschrift, die den Vertretern des geschichtstheoretischen common sense den Spiegel vorhalten und ihre naiven und gutgläubigen Gefolgsleute vor den Folgen warnen will.
Paravicini geht keinem der erkenntnistheoretischen Kernprobleme aus dem Wege: „Es geht mir darum, die Grenze zwischen Tatsache und (Re-)Konstruktion, Richtigkeit und Wahrheit, Fakten und Fiktionen neu zu ziehen und den Grenzverlauf in vernünftiger Weise zu revi |
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Party Autonomy in International Property Law, hg. v. Westrik, Roel/Weide, Jeroen van der. Sellier, München 2011. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Party Autonomy in International Property Law, hg. v. Westrik, Roel/Weide, Jeroen van der. Sellier, München 2011. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Sammelband ist das Ergebnis einer in der Erasmus School of Law in Rotterdam, in dessen Hafen 2008 und 2009 mehr als 800 Millionen Tonnen Waren umgeschlagen wurden, vom 27.-28. Mai 2010 abgehaltenen Tagung mit Vertretern aus 22 Universitäten in Europa, Asien und Afrika. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob Beteiligten an einer internationalen Übertragung von Eigentum die Wahl des darauf anzuwendenden Rechts freistehen sollte. Dazu wurden insgesamt 12 Referate vorgetragen.
In einem ersten Abschnitt befassten sich vier Teilnehmer mit allgemeinen Problemen aus der Sicht des kontinentaleuropäischen Rechtes und des angloamerikanischen Common Law. Der zweite Abschnitt behandelte in zwei Referaten das internationale Privatrecht des Eigentums aus deutscher, französischer und belgischer Sicht, der dritte Abschnitt Entwicklungen und Erwartungen in Europa und in europäischen Rechtsprojekten. Am Ende widmeten sich vier Studien besonders dem Assignment im internationalen Privatrecht.
Hintergrund aller Überlegungen war die zunehmende Bedeutung des internationalen Handels vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten. Sie nährte Zweifel an der Überzeugungskraft der hergebrachten situs-Lösung. Vieles deutet dabei in der jüngsten Rechtsgeschichte auf die Notwendigkeit der Angleichung der unterschiedlichen internationalen Privatrechte in Richtung auf mehr Privatautonomie.
Innsbruck Gerhard Köbler
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