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Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter, hg. v. Ammerer, Gerhard/Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred Stefan. (= Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 1). .Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 366 S., Ill. Besprochen von Thomas Krause.

Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter, hg. v. Ammerer, Gerhard/Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred Stefan. (= Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 1). .Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 366 S., Ill. Besprochen von Thomas Krause.

 

Nach zwei jeweils ausschließlich der Geschichte des Gefängnisses gewidmeten Kolloquien in Köln (2002) und Bautzen (2005) fand im September 2007 im liechtensteinischen Kloster St. Elisabeth eine dritte einschlägige Tagung statt. Mit Hospitälern und Klöstern erweiterte sie die Perspektive auf andere „Orte der Verwahrung“ und wählte damit auch zeitlich einen weiter gesteckten Rahmen (S. 13). Die hier vorzustellende Publikation der Referate bildete gleichzeitig den Anlass für die Begründung einer neuen Schriftenreihe unter dem Titel „Geschlossene Häuser – Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung“, die in ansprechender Aufmachung im Leipziger Universitätsverlag erscheint. Laut Vorwort der Reihenherausgeber (S. 7ff.) ist sie betont breit und interdisziplinär angelegt und weder in zeitlicher noch in geografischer Hinsicht begrenzt. In Anbetracht der bekannten entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen Hospitälern und Zuchthäusern sowie der bereits vor längerer Zeit konstatierten Parallelen zwischen Kloster und (Straf)Anstaltsdisziplin, die Gerhard Ammerer (S. 13ff.) und Christina Vanja (S. 31ff.) in ihren beiden Einleitungsbeiträgen zum vorliegenden Sammelband noch einmal in Erinnerung rufen, ist ein solcher Ansatz nachvollziehbar. Er bedeutet allerdings, dass aus (straf)rechtshistorischer Sicht nur ein Teil der Aufsätze von Interesse ist, so dass im Folgenden lediglich die sieben unter der Überschrift „Zucht- und Arbeitshäuser/Gefängnisse“ zusammengefassten Beiträge (S. 61-188) näher in den Blick genommen werden sollen.

 

Im ersten einschlägigen Aufsatz berichtet zunächst der Leipziger Sozialhistoriker Helmut Bräuer über „Obersächsische Zucht- und Arbeitshäuser vor 1715/16“ (S. 61ff.), von denen lediglich das sich im späten 17. Jahrhundert aus einem mittelalterlichen Hospital entwickelnde Leipziger „St. Georgenhaus“ als typisches multifunktionales städtisches Zucht-, Waisen- und Armenhaus Bestand hatte. Anschließend beleuchtet Rupert Tiefenthaler die „Organisation von Strafe – Gefängnis und Arbeitshaus in Liechtenstein“ (S. 75ff.), das bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lediglich zwei Gefängniszellen im Südturm des Vaduzer Schlosses besaß. Der einzige Beitrag eines Rechtshistorikers (Lukas Gschwend) thematisiert unter dem Titel „Zuchthaus und Schellenwerk“ die „frühneuzeitliche Freiheitsstrafe unter besonderer Berücksichtigung der Alten Eidgenossenschaft“ (S. 85ff.). Leider ist er nicht frei von Fehlern (so war z. B. der Galeerendienst bei den Römern noch keine Kriminalstrafe !) und berücksichtigt neuere einschlägige Literatur nicht in ausreichendem Maße, indem er etwa HRG-Artikel nicht durchgängig nach der zweiten Auflage zitiert, auch wenn diese bereits vorliegt. Auch die den Schwerpunkt seines Aufsatzes bildenden Ausführungen über die Schellenwerke, die Schweizer Variante des Zuchthauses, sind eher enttäuschend und zumindest nicht sehr originell, indem sie so gut wie keine neuen Erkenntnisse vermitteln. Stattdessen wird weitgehend die grundlegende, 30 Jahre alte Züricher Dissertation von Georg Fumasoli über „Ursprünge und Anfänge der Schellenwerke“ referiert. Aufschlussreicher, wenngleich im wesentlichen einen weiterführenden Extrakt aus seiner Dissertation bildend (Gefangene Gesellschaft – eine Geschichte der Einsperrung in Sachsen, Konstanz 2008), ist der Beitrag von Falk Bretschneider (S. 103ff.), der am Beispiel Sachsens „die räumliche Gestalt der frühmodernen Zuchthäuser“ behandelt. Einen abschließenden Schwerpunkt bildet dann – wie im Vorläuferband – wiederum die DDR, deren Strafvollzug von Tobias Wunschik (S. 149ff.) und Gerhard Sälter (S. 167ff.) thematisiert wird.

 

Da nicht alle zu wirklich neuen Ergebnissen führen, liegt der Wert der strafvollzugsgeschichtlichen Aufsätze vor allem darin, dass die Perspektive über Deutschland hinaus auf die vergleichsweise weniger bekannten Entwicklungen in der Schweiz, Liechtenstein und Österreich (Sabine Pitscheider: S. 131ff.) ausgeweitet wird.

 

Kiel                                                                            Thomas Krause