Kirchner, Hildebert, Gesammelte Schriften. Beiträge zur Rechts- und juristischen Zeitgeschichte, hg. v. Fischer, Detlev/Obert, Marcus (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums 21). Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2010. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kirchner, Hildebert, Gesammelte Schriften. Beiträge zur Rechts- und juristischen Zeitgeschichte, hg. v. Fischer, Detlev/Obert, Marcus (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums 21). Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2010. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der auf dem beigegebenen Lichtbild entschieden und erwartungsfroh nach vorne blickende Hildebert Kirchner wurde in Hildesheim am 8. November 1920 als Sohn eines Kaufmanns geboren. Aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst bis Ende 1944 freigestellt, studierte er von 1939 bis 1942 in Jena und Göttingen Rechtswissenschaft, wobei ihm nach den Worten der Herausgeber nach bestandener erster juristischer Staatsprüfung Wilhelm Ebel die Möglichkeit einer rechtsgeschichtlichen Habilitation eröffnete. Stattdessen zog es Kirchner freilich vor, bei Hans Niedermeyer und - nach Wehrdienst bei der Sanitätstruppe in Ostpreußen und kurzer Kriegsgefangenschaft in Dänemark - Wilhelm Felgenträger als Assistent zu arbeiten.
Als Verwalter der juristischen Seminarbibliothek in Göttingen entdeckte er seine Leidenschaft für die Bibliotheksarbeit und nahm daher nach Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung in Celle 1948 und kurzer Tätigkeit im staatsanwaltschaftlichen Dienst das Angebot der Universitätsbibliothek Göttingen zur Ausbildung als Bibliotheksreferendar an. 1950 wurde er mit einer von Rudolf Smend betreuten Dissertation über die Geschichte der Begriffe öffentlich und öffentliches Recht promoviert, wechselte 1952 von Göttingen nach Karlsruhe und wurde 1956 mit 35 Jahren mit der Leitung der Bibliothek des Bundesgerichtshofs betraut.
Trotz seiner umfangreichen administrativen Aufgaben, die er zum Wohle der Allgemeinheit mit vorbildlichem Erfolg bis zum Ruhestand im Jahre 1985 bewältigte, verfasste er zahlreiche Beiträge zur Rechtsgeschichte, juristischen Zeitgeschichte und Rechtsbibliothekszeitgeschichte. Sechzehn dieser Studien vom Reichska |
|
Kirschbaum, Jochen, Die Etablierung der Historischen Rechtsschule an der Ludoviciana (1814-1824) (= Rechtshistorische Reihe 419). Lang, Frankfurt am Main 2011. XII, 380 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kirschbaum, Jochen, Die Etablierung der Historischen Rechtsschule an der Ludoviciana (1814-1824) (= Rechtshistorische Reihe 419). Lang, Frankfurt am Main 2011. XII, 380 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Martin Lipp nach den Worten des Verfassers ausgewogen, engagiert und auch in menschlicher Hinsicht so angenehm wie offen unterstützte, im Sommersemester 2010 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Gießen angenommene, von der juristischen Studiengesellschaft Gießen e. V. ausgezeichnete und mit einem großzügigen Druckkostenzuschuss ausgestattete Dissertation des Verfassers. Sie greift ein sehr interessantes, wissenschaftsgeschichtliches Thema auf. In einer Einführung und vier Abschnitten mit insgesamt 8 Kapiteln nähert sie es angemessenen, wenn auch nicht grundstürzend neuen Ergebnissen.
Nach der Betrachtung Gießens zur Zeit der Schulgründung, des Untersuchungsgegenstands und des Diskussionsstands sowie der Erläuterung der angewandten Methode erörtert der Verfasser einige Thesen aus den Gründungsschriften und als relevante Kernthemen des Schulprogramms Erkenntnistheorie, Geschichtstheorie, Rechts- und Rechtsquellenlehre, Methode und letztlich nicht besonders wichtige Kodifikationsfrage. Es folgen die lokal-historischen Bedingungen (Stadt, Universität, Fakultät, Lehrpläne und Inhalte). Einzeln und teilweise sehr detailliert wendet sich der Verfasser dann Carl Theodor Welcker, Josef Ludwig Anton Schaumann, Egid von Löhr, Gustav Marezoll, Johann Adam Fritz und Johann Heinrich Bender zu.
Im Ergebnis stellt er anscheinend zu seiner Überraschung fest, dass sich die Etablierung der historischen Rechtsschule in dem Berlin nicht besonders nahen Gießen (in der Rechtsquellenlehre, der juristischen Methode und in der dogmatisch-systematischen Konstruktion) langsam und stufenweise über einen Zeitraum von elf (oder eher zwölf?) Jahren (1813-1824) vollzog. In zeitlicher Hinsicht sieht er vor allem bei Löhr |
|
Kleibert, Kristin, Die juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin im Umbruch - die Jahre 1948 bis 1951 (= Berliner juristische Universitätsschriften. Reihe Grundlagen des Rechts 50) Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kleibert, Kristin, Die juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin im Umbruch - die Jahre 1948 bis 1951 (= Berliner juristische Universitätsschriften. Reihe Grundlagen des Rechts 50). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Rainer Schröder nachdrücklich geförderte, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität angenommene Dissertation der 1983 geborenen, von 2008 bis 2010 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich abgesehen von Einleitung, Zusammenfassung, Anhang, Quellen- und Literaturverzeichnis und Register in insgesamt vier Teile, welche die Veränderung des Lehrkörpers in den Jahren 1948 bis 1951, Studium und Studenten im Umbruch der Jahre 1948 bis 1951, Forschung und Wissenschaft 1948 bis 1951 sowie die Gründe für den Umbruch an der Fakultät betreffen. Sie behandelt eine wichtige Frage unter Verwendung von Akten und 14 Interviews und schließt damit eine bisherige Lücke der neueren Rechtswissenschaftsgeschichte.
Die 1810 mit Savigny gegründete Berliner juristische Fakultät war nach dem ersten Weltkrieg die größte juristische Fakultät des Reiches, an der viele bekannte Juristen wirkten. Von ihnen wurde beispielsweise Carl Schmitt (Plettenberg 11. 7. 1888, 1. 10. 1933 Universität Berlin) im Dezember 1946 entlassen, starb Eduard Kohlrausch (Darmstadt 4. 2. 1874, 1898 Promotion Univ. Greifswald, 1902 Habilitation Heidelberg, 1903 Königsberg, 1906 Straßburg, 1919 Berlin) am 22. 1. 1948 und ging Heinrich Mitteis (Prag 26. 11. 1899-München 23. 07. 1952, 1913 Promotion Univ. Leipzig, 1919 Habilitation Univ. Halle, 1920 Univ. Köln, 1924 Heidelberg, 1934 München, 1935 Wien, 1940 Rostock, 1946 Berlin, 1. 4. 1948 München, 1952 Zürich) baldmöglichst nach München. Danach umfasste die Professorenschaft 1948 zehn Professoren (teils nur der neu |
|
Kleineberg, Andreas/Marx, Christian/Knobloch, Eberhard/Lelgemann, Dieter, Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios’ „Atlas der Oikumene“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010. 176 S., 4 farbige Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kleineberg, Andreas/Marx, Christian/Knobloch, Eberhard/Lelgemann, Dieter, Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios’ „Atlas der Oikumene“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010. 176 S., 4 farbige Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die wichtigste Quelle für die Geographie Germaniens im Altertum ist die Geographike Hyphegesis des um 100 n. Chr. geborenen und um 170 n. Chr. gestorbenen griechischen Gelehrten Klaudios Ptolemaios, der sein Werk in Alexandria in Ägypten um 150 n. Chr. verfasste, wo ihm die bedeutendste Bibliothek des Altertums zur Verfügung stand. Er beschreibt in seinem Buch zunächst die theoretischen Grundlagen für seine maßstabgetreue kartographische Darstellung der Welt. Danach bietet er eine Überblickskarte und 10 Karten für Europa, vier für Afrika und zwölf für Asien mit rund 6300 koordinierten Ortsangaben sowie weiteren unkoordinierten Namen von Völkern und Landschaften in 84 Ländern bzw. Regionen.
Grundlage dieser Geographie ist das Werk des nicht weiter bekannten etwqas älteren Marinos von Tyros, das Ptolemaios durch Itinerare, Seeroutenbeschreibungen, Einzelkarten, Reiseberichte und astronomisch-geographische Fachliteratur ergänzt. Das ursprüngliche Ergebnis dieser Arbeit ist im Original verloren, so dass an seine Stellen 53 (bisher bekannte) griechische Handschriften bzw. Handschriftenfragmente treten müssen, die mit Ausnahme eines Papyrusfragments aus dem Anfang des dritten Jahrhunderts frühestens um 1300 entstanden sind. Auf dieser unsicheren Grundlage versuchen die Verfasser mit Hilfe moderner technischer Überlegungen eine neue Entschlüsselung der 137 Ortsangaben für die Germania magna, der 53 Orte und Geländemarken der Gallia Belgica, Germania Inferior und Germania Superior, der 23 Namen für Raetia und Vindelicia sowie der 18 Angaben für Noricum und außerdem eine Zuordnung des Namens Thule.
Dies beginnt mit der Mündung des Rhenus fluvius, in der die Verfasser |
|
Kleinheyer, Gerd, Beiträge zur Strafrechtsgeschichte, hg. v. Dorn, Franz/Schmoeckel, Mathias/Schröder, Jan (= Rechtshistorische Reihe 424). Lang, Frankfurt am Main 2011. VII, 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kleinheyer, Gerd, Beiträge zur Strafrechtsgeschichte, hg. v. Dorn, Franz/Schmoeckel, Mathias/Schröder, Jan (= Rechtshistorische Reihe 424). Lang, Frankfurt am Main 2011. VII, 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gerd Kleinheyer, der 2011 seinen achtzigsten Geburtstag feiern durfte, ist zuerst 1959 durch eine ertragreiche Untersuchung über Staat und Bürger im Recht auf der Grundlage der Vorträge Carl Gottlieb Svarez’ vor dem preußischen Kronprinzen in den Jahren 1791 und 1792 an die Öffentlichkeit getreten. Dem folgte 1968 sie wichtige Untersuchung über Geschichte, Wesen und Funktion der kaiserlichen Wahlkapitulationen. Bereits in seiner Bonner Antrittsvorlesung des Jahres 1967 hat er aber auch sein besonderes Interesse an der Geschichte des Strafrechts erkennen lassen, das ihn als einen der ersten einem lange vernachlässigten bedeutsamen Teilgebiet der Rechtsgeschichte zugeführt hat.
Diese Zielsetzung hat er erfreulicherweise auch dann beibehalten und sogar ausweiten können, als er umgehend nach Regensburg und von dort nach sechs Jahren nach Bonn berufen wurde. Während er sich in Regensburg vor allem mit der berühmten Constitutio Criminalis Carolina, der örtlichen Gerichtsordnung und der gemeinrechtlichen Strafrechtswissenschaft befasste, griff er später noch viel weiter aus. Insbesondere um eine sachgerechte Aufhellung des freiheitsschützenden Akkusationsverfahrens hat er sich dabei sehr verdient gemacht.
Bei Gelegenheit des 80. Geburtstages haben die Herausgeber aus diesen vielseitigen Untersuchungen einen interessanten und hilfreichen Sammelband geschaffen, der insgesamt acht strafrechtsgeschichtliche Studien in chronologischer Folge ihrer Entstehung umfasst. Er beginnt mit den Entwicklungsstufen des Grundsatzes „nulla poena sine lege“ und endet mit einem zwischen Macht und Recht verlaufenden Ehebruchsprozess bei dem Reichshofrat. Ein Personenregister von Albrecht IV. bis Zasius schließt den die verstreut publiz |
|
Kleinschmidt, Harald, Legitimität, Frieden, Völkerrecht. Eine Begriffs- und Theoriegeschichte der menschlichen Sicherheit (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 157). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 496 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kleinschmidt, Harald, Legitimität, Frieden, Völkerrecht. Eine Begriffs- und Theoriegeschichte der menschlichen Sicherheit (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 157). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 496 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verlag schweigt sich im vorliegenden Werk über seinen Japan sehr nahestehenden Autor aus. Er hat überdies zwar zur Rezension eingeladen, konnte danach aber kein Exemplar zur Verfügung stellen. Deswegen muss der Herausgeber auf Grund Ausleihe wenigstens in einigen Zeilen auf die mit der Seefahrt im Jahr 1834 einsetzende Studie hinweisen.
Sie gliedert sich insgesamt in fünf Kapitel. Im ersten Abschnitt macht der Verfasser sein Ziel deutlich, die Bezüge aufzuzeigen, die zwischen den Begriffsflächen und Verfahrensfeldern der Sicherheit und Sicherheitsgewährung, der Legitimität und der Verfahren der Legitimitätsbestimmung, des Friedens und der Friedensschlüsse sowie des Völkerrechts und der europäischen Kolonialexpansion bestanden haben. Danach erörtert er europäische und japanische Friedenslehren der frühen Neuzeit im Vergleich. Anschließend untersucht er ungleiche Verträge, europäische Expansion und Staatensukzession im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Nach den tiefgründigen, vorsichtigen Erkenntnissen des Verfassers offenbart etwa der Überblick über ungleiche zwischenstaatliche Verträge und Freihandelsregime die Strategien der Regierungen europäischer Staaten wie der Vereinigten Staaten von Amerika in der Zeit ihrer als selbverständlich angesehenen, nicht begründungsbedürftigen Expansion nach Afrika, Asien und Ozeanien. Als wichtigste Konsequenz seiner Überlegungen im Ausblick sieht er es an, dass Institutionen des Staates nur begrenzt als Adressaten für Forderungen nach Gewährung von Sicherheit im umfassenden Sinn taugen, so dass er für einen Pluralismus von Sicherheitsanbietern in einem wettbewerblich organisierten Markt national wie transnational plädiert. Wer Frieden will, so |
|
Klosa, Sven, Die Brandenburgische-Africanische Compagnie in Emden - eine Handelscompagnie des ausgehenden 17. Jahrhunderts zwischen Protektionismus und unternehmerischer Freiheit. Lang, Frankfurt am Main 2011. XII, 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Klosa, Sven, Die Brandenburgische-Africanische Compagnie in Emden - eine Handelscompagnie des ausgehenden 17. Jahrhunderts zwischen Protektionismus und unternehmerischer Freiheit. Lang, Frankfurt am Main 2011. XII, 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die von Stefan Chr. Saar angeregte, im Wintersemester2009/2010 von der juristischen Fakultät der Universität Potsdam angenommene Dissertation des Verfassers vertieft nach der Studie Markus Söhnchens über die historische Entwicklung der rechtlichen Gründungsvoraussetzungen von Handels- und Aktiengesellschaften von 2005 und der unerwartet im Literaturverzeichnis unter G eingeordneten Untersuchung Katharina Jahntzs über privilegierte Handelscompagnien in Brandenburg und Preußen von 2006 die Geschichte des frühneuzeitlichen Gesellschaftsrechts an Hand eines interessanten Einzelfalls auf Grund von Archivalien aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, dem Stadtarchiv Emden, dem niedersächsischen Staatsarchiv in Aurich und zeitgenössischer Reiseberichten. Der Verfasser untersucht seinen in der Titelei Brandenburgische-Africanische Compagnie, im Text dagegen Brandenburgisch-Africanische Compagnie (B. A. C.) genannten Gegenstand in Kapitel 3, während er in den beiden ersten Kapiteln Handelsgesellschaften und Handelscompagnien sowie die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburg-Preußens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts allgemein behandelt und vor seiner kurzen Schlussbetrachtung in Kapitel 4 die Verfassung der bekannten V. O. C. als Vorbild für die Regelungen der B. A. C. darlegt. Als Hauptproblem der im Ergebnis rasch scheiternden Compagnie sieht der im Anhang wichtige Quellen teils an Hand älterer Editionen, teils aber auch ohne leicht erkennbare Herkunftsangabe anfügende Bearbeiter die äußeren Einwirkungen der bekanntlich gefährlichen Seefahrt des 17./18. Jahrhunderts und die Schulden.
Innsbruck Gerhard |
|
Kneip, Wolfgang, Die Staatsanwaltschaft Mannheim im 19. Jahrhundert (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums 19). Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2010. 69 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kneip, Wolfgang, Die Staatsanwaltschaft Mannheim im 19. Jahrhundert (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums 19). Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2010. 69 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Staatsanwalt gilt als eine in den deutschen Staaten im Laufe des frühen 19. Jahrhunderts allmählich aus Frankreich übernommene liberale Errungenschaft. Der in Mannheim zuletzt als Oberstaatsanwalt und Vertreter des Behördenleiters tätige Verfasser schildert diesen Vorgang für Baden an Hand einzelner, bisher nicht veröffentlichter Prozessakten. Dadurch bereichert er die strafverfahrensrechtliche Literatur um wichtige Einzelheiten, wobei er das Schwergewicht auf die Staatsanwaltschaft Mannheim auch deswegen legt, weil sie nicht nur für das Hofgericht Mannheim tätig war, sondern zugleich die Aufgaben der Staatsanwaltschaft bei dem Oberhofgericht Mannheim als dem höchsten Gericht Badenswahrzunehmen hatte.
Nach einer kurzen allgemeinen Einleitung beginnt der Verfasser mit den Anfängen der mit einem Staatsanwalt besetzten Staatsanwaltschaft Mannheim, die 1832 zusammen mit drei weiteren Staatsanwaltschaften in Rastatt (später Bruchsal), Freiburg im Breisgau und Meersburg (später Konstanz) eingerichtet wurde. Die Aufgaben waren zunächst auf die Verfolgung von Pressedelikten beschränkt, weshalb der Verfasser zu Recht darauf hinweist, dass die Staatsanwaltschaft zwar nicht ausschließlich, aber doch auch dem Interesse des Monarchen diente. Dem entsprechen die anschließend geschilderten Anklagen gegen Karl Gutzkow vom 8. Dezember 1835 und gegen Gustav von Struve vom Oktober 1845.
Nach Justizreformen kommen aber weitere Zuständigkeiten hinzu, so dass bald Totschlag und Mord sowie Raub im Mittelpunkt stehen. Von den Details einzelner Verfahren greift der Verfasser daher auch insgesamt auf die personellen Veränderungen bei der Staatsanwaltschaft Mannheim seit 1852 aus, auf die einzelnen Staatsanwälte in Mann |
|
Köbler, Gerhard, Deutsches Universalwörterbuch, 2011ff. http://www.koeblergerhard.de/duwhinw.htm. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Deutsches Universalwörterbuch, 2011ff. http://www.koeblergerhard.de/duwhinw.htm
Die Geschichte der menschlichen Sprache gleicht der Geschichte der sie umgebenden Welt. Aus unbekannter Ursache nahm sie an einem unbekannten, aber wissenschaftlich schätzbaren Punkt der vorgegebenen Dimensionen Zeit (vor vielleicht 50000 Jahren) und Raum ihren Anfang. Mit wohl zunehmender Geschwindigkeit breitet sie sich in Richtung auf ein unbekanntes, aber irgendwann wahrscheinliches Ende aus.
Ihre Vergangenheit ist wegen der Flüchtigkeit menschlicher Gedanken nur so weit bekannt, wie diese in irgendeiner Form eine überlieferte Gestalt angenommen haben oder mit Hilfe wissenschaftlicher Überlegungen nachträglich vermutungsweise rekonstruiert werden können. Ihre Gegenwart besteht in den Gedanken und Werken aller an ihr teilnehmenden Menschen, ist in allen Einzelheiten aber wegen deren Menge für den Einzelnen nicht mehr wirklich erfassbar. Ihre Zukunft ist wie die Zukunft der Welt dem Menschen weder bekannt noch wirklich vorhersehbar.
In dieser Lage hat der Mensch sich für seine erkennbare Vergangenheit und Gegenwart stets um Übersicht bemüht. Für die Sprache ist dies einige Zeit nach Erfindung der Schrift in vielen Wörterbüchern geschehen, für die sich als Wegmarken für das Deutsche etwa nennen lassen der althochdeutsche Abrogans (mit rund 3670 deutschen Wörtern in etwa 14000 Belegen), das spätalthochdeutsche Summarium Heinrici (mit weit mehr als 4000 deutschen Glossen), Eberhard Gottlieb Graffs zwischen 1834 und 1842 vorgelegter althochdeutscher Sprachschatz (schätzungsweise 25000 Ansätze), Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Wörterbuch (schätzungsweise 55000 Ansätze), Fritsche Closeners und Jakob Twingers (1408) Wörterbuch (10589 Ansätze), der Rusticanus terminorum (1482) (geschätzte 20000 Ansätze), Johann Christian Adelungs (1732-1806) Wörterbuch (58500 Ansätze), der Brüder Grimm Deutsches Wörterbuch des Wortschatzes von Lut |
|
Köbler, Gerhard, Deutschsprachige Rechtslehrer zwischen 1933 und 1945. http://www.koeblergerhard.de/RechtwissenschaftimNationalsozialismus-HP/RechtswissenschaftimNationalsozialismus-Einfuehrung.doc Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Deutschsprachige Rechtslehrer zwischen 1933 und 1945. http://www.koeblergerhard.de/RechtwissenschaftimNationalsozialismus-HP/RechtswissenschaftimNationalsozialismus-Einfuehrung.doc Besprochen von Gerhard Köbler.
Am 30. Januar 1933 ernannte der Reichspräsident des Deutschen Reiches den Nationalsozialisten Adolf Hitler als Führer der stärksten Reichstagsfraktion zum Reichskanzler, nach dessen Selbsttötung am 30. April 1945 das Deutsche Reich am 8. Mai 1945 gegenüber den Alliierten des Zweiten Weltkriegs vollständig kapitulierte. In den dazwischen liegenden zwölf Jahren gab es zwar Recht, doch wurde dieses in vielfältiger Weise geschaffen, angewendet, gebraucht und missbraucht. Trotz vieler einzelner Untersuchungen steht eine Gesamtbetrachtung der dabei ablaufenden Einzelvorgänge auch in der Gegenwart noch aus.
Mit der Rechtswissenschaft im Nationalsozialismus befasste sich aus diesem Grunde eine von Thilo Ramm und Stefan Chr. Saar in Potsdam (bzw. Babelsberg) vom 6. Oktober 2011 bis 8. Oktober 2011 veranstaltete Tagung. In den dortigen Referaten wurden als nationalsozialistische Juristen rein tatsächlich am häufigsten Carl Schmitt, Ernst Rudolf Huber, Karl August Eckhardt, Karl Larenz, Franz Wieacker, Karl Michaelis, Heinrich Lange, Franz Gürtner, Julius Binder, Paul Ritterbusch, Hans Carl Nipperdey, Wilhem Saure und Friedrich Schaffstein erwähnt, doch fielen auch die Namen Baumbach, Beitzke, Berber, Blomeyer, Boehmer, Bumke, Busse, Conrad, Dahm, Dölle, Dohna, Dulckeit, Ebel, Emge, Georg Erler, Felgenträger, Flume, Frank, Freisler, Frick, Gerber, Gierke, Globke, Goerlitz, Grünhut, Hallstein, Hedemann, Hefermehl, Höhn, Kelsen, Kerrl, Guido Kisch, Wilhelm Kisch, Koellreuter, Koschaker, Köttgen, Kraus, Kunkel, Krause, Lammers, Heinrich Lehmann, Leibholz, Lösener, Manigk, Maunz, Herbert Meyer, Neumann, Nikolai, Palandt, Planitz, Reinhardt, Radbruch, Schlegelberger, Schmelzeisen, Schönfelder, Schulz, Schwinge, Siebert, Sie |
|
Köbler, Gerhard, Geschichtliches Ortslexikon Deutschlands. 2011ff. Köbler, Gerhard, Geschichtliches Ortslexikon Deutschlands, 2011ff. http://www.koeblergerhard.de/GOLD-HP/Gold.htm. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Geschichtliches Ortslexikon Deutschlands, 2011ff. http://www.koeblergerhard.de/GOLD-HP/Gold.htm
Vor rund 10000 Jahren lernte der Mensch als Züchter und Bauer Tiere und Pflanzen besonders an sich zu binden, statt – wie zuvor – ihnen als Sammler und Jäger einfach zu folgen. Damit entstand auf der Suche nach besseren Lebensverhältnissen der Ort als fester Sitz, der Hütte, Haus, Hof, Weiler, Dorf, Burg oder Stadt sein konnte. Schon in der ältesten Überlieferung erscheinen zur Kennzeichnung dieser Örtlichkeiten einzelne Namen, die zu den frühesten Zeugnissen etwa des Germanischen oder der ihm folgenden germanistischen Sprachen zählen und auch rechtliche Sachverhalte erfassen können.
Deren Sammlung ist für Deutschland für das 19. Jahrhundert beispielhaft von Ernst Förstemann durchgeführt und in der ersten Auflage seines altdeutschen Namensbuchs 1856 der Öffentlichkeit vorgelegt worden. 1871 konnte eine zweite und 1911 eine dritte, bis zum Ende des 12. Jahrhunderts reichende Auflage mit etwa 37500 Orten folgen. Eine Neubearbeitung ist im späteren 20. Jahrhundert leider gescheitert und eine vollständige historische Erfassung der in Meyers Orts- und Verkehrslexikon des Deutschen Reiches (6. Auflage 1935) auf eine Zahl von fast 60000 zu schätzenden und in Müllers Großem Deutschen Ortslexikon (Vollständiges Gemeindelexikon für die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik, 11. Auflage 1956) mit mehr als 120000 bezifferten Ortsnamen steht überhaupt noch aus.
Zur hilfsweisen Schließung dieser bedeutsamen geschichtlichen Lücke ist aufbauend auf dem Werk Förstemanns, auf Gerhard Köbler Historischem Lexikon der deutschen Länder (1988, 7. Auflage 2007) und auf weiteren modernen Einzelsammlungen eine digitale Fassung eines Geschichtlichen Ortslexikons Deutschlands begonnen worden, die seit kurzem in ihrer ersten, von A bis F reichenden Fassung im Internet einsehbar ist (http://www.koeblergerhard.de/G |
|
Köbler, Gerhard, Neuhochdeutsch-Germanistisches Wörterbuch, 2011. http://www.koeblergerhard.de/ngwbhinw.html. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Neuhochdeutsch-Germanistisches Wörterbuch, 2011 http://www.koeblergerhard.de/ngwbhinw.html
Als Jacob Grimm (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859) 1837 als Mitverfasser des Protests gegen die Aufhebung der 1833 geschaffenen Verfassung durch König Ernst August I. von Hannover ihre Ämter als Professoren der Universität Göttingen verloren und des Landes verwiesen wurden, begannen sie auf Anregung der Verleger Karl Reimer und Salomon Hirzel in Leipzig 1838 mit der Erarbeitung eines als Belegwörterbuch auf die Entwicklungsgeschichte ausgelegten Deutschen Wörterbuchs, das nach dem siebenbändigen althochdeutschen Sprachschatz Eberhard Gottlieb Graffs (1834ff.) den gesamten neuhochdeutschen Sprachschatz darlegen sollte, soweit er in den Werken von Luther (1483-1546) bis Goethe (1749-1832) enthalten ist. Auf Grund von mehr als 600000 von 80 Mitarbeitern für die geplanten sechs bis sieben Bände gesammelten Belegen erschien am 1. Mai 1852 die erste Lieferung, wurde bis zum Tode Jacob Grimms der Buchstabe F (Frucht) erreicht und im Januar 1961 das Werk in 32 Bänden mit 380 Lieferungen, 67744 Textspalten und rund 320000 Stichwörtern sowie einem Band 33 als Quellenband abgeschlossen.
Wegen der in der Gegenwart als veraltet angesehenen ältesten Teile (von A bis F) wurde ab 1957 eine teilweise Neubearbeitung begonnen, deren erste Lieferung 1965 erschien. Die Buchstaben A, D, E und F sind abgeschlossen. Die Vervollständigung soll bis 2012 vollendet sein.
Verbunden mit dieser zeitlich bis 1832 reichenden, in 150 Jahren geschaffenen großen Leistung werden kann eine Invertierung des Zusammenfassenden Germanistischen Wörterbuchs, das in 332529 Ansätzen und Verweisen den Wortschatz der älteren germanisch-germanistischen Sprachstufen vom Neuhochdeutschen her aufschließt und unter http://www.koeblergerhard.de/zgwbhinw.html in seiner jeweiligen Fassung im Internet frei zugänglich ist. Dieses zeitlich nicht an die Grenze von 1832 |
|
Köbler, Gerhard, Zusammenfassendes Germanistisches Wörterbuch. 2011 http://www.koeblergerhard.de/zgwbhinw.html Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Zusammenfassendes Germanistisches Wörterbuch. 2011 http://www.koeblergerhard.de/zgwbhinw.html Besprochen von Gerhard Köbler.
Bei einer ersten wissenschaftlichen Beschäftigung in einem Seminar Karl Kroeschells in Göttingen vor 50 Jahren musste festgestellt werden, dass trotz jahrhundertelanger philologischer Mühen und Erfolge der Bestand an allgemeinen, einfachen, innersprachlichen, offenen und umfassenden Wörterbüchern der für die deutsche Geschichte wichtigen lexikalischen Literatur verbesserungsfähig war. Diese Einsicht und die Erkenntnis, dass auch alle methodischen und dogmatischen Bemühungen von Sokrates bis Savigny nur bedingt zeitlosen Gewinn erzielen konnten, haben die Überzeugung bewirkt, dass eine gleichmäßige grundlegende Serie germanisch-germanistischer Lexika ihren eigenen Reiz und ihren besonderen Wert haben könnte. Aus diesem Grunde sind in 50 Jahren im Rahmen von 2000 Veröffentlichungen auf der Grundlage der vorliegenden Literatur gleichmäßig aufgebaute, beidseitig begehbare, digital benutzbare, jedermann verständliche, überall verfügbare, kostenlos verwendbare Wörterbücher erarbeitet worden.
Den Beginn bilden das nicht belegte, nur erschließbare Indogermanische der frühesten erkennbaren Anfänge mit 6742 Ansätzen und Verweisen und das ebenfalls nur mittelbar wissenschaftlich rekonstruierbare, dem überlieferten Griechischen und Lateinischen zeitlich zur Seite stehende Germanische mit 12891 Stichwörtern und Verweisen. Dem folgen für die ältere durch Quellen belegte Zeit Gotisch (5600), Altnordisch (Grundwortschatz 12482), Altenglisch (Grundwortschatz 25122), Altfriesisch (12533), Altniederfränkisch (2459), Altsächsisch (8265) und Althochdeutsch (40846). Für den mittleren Zeitabschnitt der deutschen Sprachgeschichte schließen sich dem das Mittelhochdeutsche (99290) und das Mittelniederdeutsche (106299) an, während Mittelniederländisch oder Mittelenglisch sowie die Sprachstufen der Neuzeit (Frühneuhochde |
|
Kocka, Jürgen, Arbeiten an der Geschichte. Gesellschaftlicher Wandel im 19. und 20. Jahrhundert (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 200). Vandenhock & Ruprecht, Göttingen 2011. 400 S., 5 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kocka, Jürgen, Arbeiten an der Geschichte. Gesellschaftlicher Wandel im 19. und 20. Jahrhundert (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 200). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011. 400 S., 5 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Jürgen Heinz Kocka wurde in Haindorf (Hejnice) 1941 geboren, wurde nach dem Studium der Geschichte, Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie in Wien, Berlin und North Carolina 1968 mit seiner Dissertation über Unternehmensverwaltung und Angestelltengesellschaft am Beispiel Siemens 1847-1974 promoviert, 1972 habilitiert und 1973 nach Bielefeld sowie 1998 an die Frei Universität Berlin berufen, wo er 2009 in den Ruhestand trat. Mit Hans-Ulrich Wehler gründete er die so genannte Bielefelder Schule. Sie stellte der herkömmlichen Geschichtswissenschaft eine historische Sozialwissenschaft gegenüber.
Der vorliegende Band vereint seine wichtigsten Aufsätze zur historischen Theorie, zur Sozialgeschichte und zur deutschen Geschichte. Er erweckte umgehend das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Da der Verlag aber nur ein e-Book liefern konnte, muss der Herausgeber auf das interessante Werk in wenigen Zeilen hinweisen.
Erfasst sind insgesamt 21 Studien, die bei chronologischer Reihung die interessengeschichtliche Entwicklung ihres Verfassers widerspiegeln könnten. Demgegenüber ist vom Verfasser eine sachliche Einteilung in Theorie und Geschichte (von Karl Marx und Maxweber bis heute) einerseits und Wirtschaft und Gesellschaft (von vorindustriellen Faktoren bis 1989 und seinen Folgen) andererseits mit einem neuen Ausblick auf den Kapitalismus und seine Krisen in historischer Perspektive getroffen worden. Insgesamt spiegeln die ausgewählten, erfreulicherweise um ein Register bereicherten Arbeiten nach eigener Einschätzung des Verfassers wie in einem Verkleinerungsspiegel viele der Fragen, Themen und Veränderungen wider, die in die vorangehenden 199 Bände der 1972 eröffneten, sehr erfolgrei |
|
Köckritz, Moritz von, Die deutschen Oberlandesgerichtspräsidenten im Nationalsozialismus (1933-1945) (= Rechtshistorische Reihe 413). Lang, Frankfurt am Main 2011. XII, 556 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köckritz, Moritz von, Die deutschen Oberlandesgerichtspräsidenten im Nationalsozialismus (1933-1945) (= Rechtshistorische Reihe 413). Lang, Frankfurt am Main 2011. XII, 556 S. Besprochen von Werner Schubert.
Im Hauptteil (S. 31-468) bringt das Werk von Moritz von Köckritz – eine von Gerhard Köbler betreute Innsbrucker Dissertation – die Biographien der 65 OLG-Präsidenten Deutschlands aus der Zeit von 1933 bis 1945 sowie für die Zeit ab 1938 auch in den österreichischen und sudetendeutschen Gebieten. Grundlage der Biographien sind in erster Linie die meist erhalten gebliebenen, oft umfangreichen Personalakten. Mit ihrer Auswertung leistet die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Justiz unter dem Nationalsozialismus, wie er bisher für die Leiter der Oberlandesgerichte, welche die „vordere Linie“ der Justiz – abgesehen vom Reichsgericht und dem Volksgerichtshof – bildeten, fehlte. In den allgemeinen Vorbemerkungen geht von Köckritz auf die rechtlichen Grundlagen der personellen Maßnahmen des Nationalsozialismus (Berufsbeamtengesetz, Reichsbürgergesetz und Deutsches Beamtengesetz), auf die Einflüsse der NSDAP auf die Personalpolitik und auf strukturelle Maßnahmen ein (S. 7ff.). Hierzu gehören insbesondere die Verreichlichung der Justiz und die veränderte Funktion der OLG-Präsidenten auch als Leiter der Justizverwaltung ihrer Bezirke. Es folgen kurze Abschnitte über die Einwirkung des Reichsjustizministeriums auf die richterliche Gewalt, über die sogenannte Euthanasiekonferenz in Berlin am 23./24. 4. 1941, an der alle OLG-Präsidenten und Generalstaatsanwälte teilnahmen, sowie über die Entnazifizierung. Nach dem biographischen Teil erstellt von Köckritz auf der Basis der Biographien ein „Profil“ der Präsidenten (u. a. durchschnittliches Alter, soziale und regionale Herkunft, Konfessionszugehörigkeit, Personenstand, Kriegsteilnahme, Noten der Staatsexamina, politische Einstellung sowie Entnazifizierung und Betätigung nach dem Krieg, |
|
Kofler, Astrid/Peterlini, Hans Karl, Bauernleben in Südtirol. 12 Porträts, 2. Aufl. Haymon, Innsbruck 2010. 200 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kofler, Astrid/Peterlini, Hans Karl, Bauernleben in Südtirol. 12 Porträts, 2. Aufl. Haymon, Innsbruck 2010. 200 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Welt ist in immer schnellerem Wandel. Wo um 1900 noch die Mehrzahl und um 1950 noch ein beachtlicher Teil der Menschen in der Landwirtschaft tätig war, sind die Bauern in der Gesellschaft der Gegenwart zu einer Randgruppe geworden und soll mehr als die Hälfte der Angehörigen eines Jahrgangs eine akademische Ausbildung durchlaufen, um danach im Dienstleistungssektor ein Auskommen zu finden. Nur in Randbereichen finden sich dementsprechend noch Überreste einer Vergangenheit, die überhaupt vom Vergessen bedroht ist.
Dementsprechend haben nicht nur Museumsdörfer einen guten Sinn, sondern auch Sammlungen von Lebensbeschreibungen aus dieser Welt. Astrid Kofler, geboren 1965 in Bozen, und Karl Peterlini, geboren 1961 in Bozen, gehören zwar selbst dieser Welt nicht mehr an, sondern betrachten sie als freie Journalisten, Filmemacher, Kulturwissenschaftler und Autoren. Sie vermitteln aber gleichwohl der Allgemeinheit einen guten, inzwischen in zweiter Auflage vorgelegten Einblick in das harte, entbehrungsreiche Alltagsleben auf dem Land, in das sie unter dem Titel Das Klima war meist rau, einfühlsam einführen.
Die zwölf Berichte von Bäuerinnen und Bauern beginnen mit dem Weinen für eine Milchsuppe und enden damit, dass wir nie mehr hungrig vom Tisch aufstehen müssen. Dazwischen wird von Vater und Mutter, von Mähen und Ernten, von Dirn und Knecht in anschaulichen Worten erzählt. Ein kurzes Glossar von abreden bis Ziggl erleichtert den Zugang, zahlreiche Abbildungen veranschaulichen das vielfältige, der Natur eng verbundene Geschehen.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Konservative deutsche Politiker im 19. Jahrhundert. Wirken - Wirkung - Wahrnehmung, hg. v. Grothe, Ewald (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 75). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. XII, 195 S., 55 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Konservative deutsche Politiker im 19. Jahrhundert. Wirken - Wirkung - Wahrnehmung, hg. v. Grothe, Ewald (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 75). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. XII, 195 S., 55 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Symbolisiert durch eine Karikatur Wilhelm Scholzs im Kladderadatsch vom 19. Januar 1850, die den Freiheitsbaum geschmückt mit den liberalen Errungenschaften der Unabhängigkeit der Richter, der Trennung von Staat und Kirche, der freien Presse, des Vereinsrechts, des Steuerbewilligungsrechts, des Jagdrechts, der Grundstuer und der Vereidigung des Heeres und bedroht durch Leopold von Gerlach, Julius von Stahl, Otto von Bismarck? und Joseph Maria von Radowitz auf derm Umschlag zeigt, legt der Herausgeber einen schlanken Sammelband vor, dessen Vorgeschichte 2007 begann. Während der Edition der Denkwürdigkeiten des früheren hessischen Ministers Ludwig Hassenpflug auf der Grundlage seines in Marburg aufbewahrten Nachlasses entstand die Idee einer Tagung über konservative deutsche Politiker in Verbindung mit einer Ausstellung aus den Beständen des hessischen Staatsarchivs in Marburg. Die Konferenz fand im Staatsarchiv Marburg am 7. November 2008 statt und wurde von der zeitgleichen Eröffnung der bis Januar 2009 zugänglichen Ausstellung über Ludwig Hassenpflug begleitet.
Der Band umfasst insgesamt neun Studien. Einführend betrachten Ewald Grothe und Edgar Liebmann konservative deutsche Politiker im 19. Jahrhundert im Überblick. Danach werden einzelne Konservative von Metternich (Hartwig Brandt) über Ludwig von der Marwitz (Ewald Frie), Karl Wilhelm Heinrich Freiherr du Bos du Till (Hans-Werner Hahn), Friedrich Landolin Karl von Blittersdorff (Hans-Peter Becht), Ludwig Hassenpflug (Ewald Grothe), Joseph Maria Ernst Christian Wilhelm von Radowitz (Brigitte Meier) und Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust (Josef Matzerath) bis zu Otto von Bismarck (Volker Ullrich) einfühlsam |
|
Koop, Volker, In Hitlers Hand - die Sonder- und Ehrenhäftlinge der SS. Böhlau, Köln 2010. 295 S., 20 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Koop, Volker, In Hitlers Hand - die Sonder- und Ehrenhäftlinge der SS. Böhlau, Köln 2010. 295 S., 20 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Volker Koop hat bereits mehrere Bücher zu exotischen Themen aus der Geschichte des „Dritten Reiches“ vorgelegt. Nach Studien über den „Werwolf“ und die SS-Organisation „Lebensborn“ befasst sich seine neueste Veröffentlichung mit dem Schicksal jener prominenten Persönlichkeiten aus ganz Europa, die als Sonder- oder Ehrenhäftlinge von der SS gefangen gehalten wurden. Im Vordergrund stehen die Haftbedingungen an häufig wechselnden Orten sowie die Motive, aus denen heraus das NS-Regime diese Personen beiderlei Geschlechts zwar ihrer Freiheit beraubte, sie jedoch verglichen mit der Masse sonstiger KZ-Häftlinge weitaus besser behandelte, weshalb die meisten dieser Gefangenen die Haft überlebten.
Der Reigen der Prominenten spannt sich vom gescheiterten Hitler-Attentäter Georg Elser, einem Schreiner, bis zu gekrönten Häuptern (König Leopold III. von Belgien) und deren Familienangehörigen. Zum einen ging es dem NS-Regime darum, prominenter Gegner und/oder deren Verwandtschaft habhaft zu werden, um sie als Faustpfänder für erhoffte Verhandlungen mit den Alliierten verwenden zu können. Teils durch Zufälle, teils durch gezielte Fahndung waren so selbst engste Verwandte des englischen und italienischen Königs, Churchills, de Gaulles und Stalins in deutsche Hand gelangt. Deren pflegliche Behandlung wurde bis Kriegsende fortgesetzt, obwohl der erhoffte Nutzen nicht einmal ansatzweise eintrat. Eine zweite Gruppe bildeten einstige, dann abgefallene Verbündete wie der ungarische Reichsverweser Horthy, die für ihren „Verrat“ zwar durch Haft bestraft, mit Rücksicht auf ihre Bekanntheit im Ausland aber geschont werden sollten. Einst führende Politiker der von Deutschland annektierten bzw. besetzten Länder, darunter der österreichische Bundeskanzler Kurt Schuschnigg sowie zahlreiche Franzosen, bildeten eine weitere Gruppe |
|
Koops, Egbert, Vormen van subsidiariteit. Een historisch-comparatistische studie naar het subsidiariteitsbeginsel bij pand, hypotheek en borgtocht. Boom Juridische Uitgevers, Den Haag 2010. 4365 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Koops, Egbert, Vormen van subsidiariteit. Een historisch-comparatistische studie naar het subsidiariteitsbeginsel bij pand, hypotheek en borgtocht. Boom Juridische Uitgevers, Den Haag 2010. 4365 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von W. J Zwalve betreute, an der Universität Leiden am 15. April 2010 verteidigten Dissertation des in Utrecht 1979 geborenen, in Leiden ausgebildeten Verfassers, der seit 2003 einer Fachgruppe für geschichtliche Rechtsentwicklung angehört. Sie verfolgt die Subsidiarität in verschiedenen Formen von den ersten sicher erkennbaren Anfängen bis in die niederländische Gegenwart. Deswegen setzt sie mit dem römischen Recht ein, springt von der Novelle 4 über das bedeutungslose Frühmittelalter und gelangt damit zu dem gemeinen Recht zwischen 1150 und 1550, konzentriert sich danach auf das römisch-holländische und das römisch-friesische Recht bis 1800, vergleicht damit das französische Recht von 1250 bis 1955, fährt mit dem niederländischen Recht unter dem alten Bürgerlichen Gesetzbuch von 1798 bis 1992 fort und endet mit dem seit 1992 geltenden neuen Bürgerlichen Gesetzbuch.
Ausgangspunkt ist der durch ein Pfandrecht oder eine Hypothek gesicherte Gläubiger, der sich durch Geltendmachung seines Sicherungsrechts aus dem Erlös der Sache befriedigen kann. Solange der Schuldner auch Eigentümer der belasteten Sache ist, erwächst keine besondere Schwierigkeit. Im anderen Fall entsteht aber die vom Verfasser untersuchte Frage, ob der Gläubiger sich zuerst an den Schuldner wenden muss, ehe er (wie gegen einen Bürgen) gegen den Dritten vorgehen kann.
Von hieraus verfolgt er die Möglichkeit der Einrede einer Vorausklage. Dabei ermittelt er, dass der Code civil dem Dritten mit gutem Grund den Verweis auf einen vorrangigen Bürgen verwehrt hat. Dementsprechend sieht auch der Verfasser am Ende seiner sorgfältigen, ansprechenden Studie keinen einzigen guten Grund dafür, dem Dritten die Einrede de |
|
Korth, Ulrich, Minderung beim Kauf (= Studien zum Privatrecht 10). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XVIII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Korth, Ulrich, Minderung beim Kauf (= Studien zum Privatrecht 10). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XVIII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Thomas Lobinger betreute, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des 1978 geborenen, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Passau, London und Tübingen und den Staatsprüfungen als Assistent und nunmehr als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main tätigen Verfassers. Sie geht davon aus, dass Friedrich Carl von Savigny bei der actio quanti minoris an einen ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum anknüpfte, während Rudolf von Ihering diese Einrichtung als Ausdruck der Haftung des Verkäufers auf das positive Interesse einstufte. Auf dieser Grundlage fragt der Verfasser nach der Rechtsstellung des Verkäufers bei Minderung durch den Käufer.
Dabei behandelt der Verfasser nach einer kurzen Einleitung im ersten Kapteil die vertragliche Fundierung der Minderungsposition des Käufers an Hand der kaufvertraglichen Risikozuordnung, der kaufvertraglichen Gefahrtragungsordnung, der Gegenüberstellung der These zur Einordnung der Minderung mit anderen vertragsbezogenen Erklärungsmodellen und der Problematik der Minderungsposition des Käufers und der historischen Basis für die Berücksichtigung des rechtsgeschäftlichen Willens des Verkäufers. Das zweite Kapitel geht sehr sorgfältig auf das Widerspruchsrecht des Verkäufers ein und unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der teleologischen Restriktion des Minderungsrechts und dem vom Verfasser bevorzugten Anfechtungsrecht des Verkäufers gemäß § 119 II BGB. Die Ausübung des Anfechtungsrechts verknüpft er mit dem Anspruch auf Schadensersatz aus § 122 I BGB.
Im dritten Kapitel bettet der Verfasser die Minderung beim Kauf in die Modellregeln für das europäische Privatrecht ein. Am Ende fasst er seine wesentlichen Ergebnisse kurz zusammen. Insgesamt bietet er eine anspre |
|
Kosche, Kevin, Contra proferentem und das Transparenzgebot im Common Law und Civil Law. Eine rechtsvergleichende, rechtshistorische und rechtsökonomische Analyse (= Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 267). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XXXVI, 700 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kosche, Kevin, Contra proferentem und das Transparenzgebot im Common Law und Civil Law. Eine rechtsvergleichende, rechtshistorische und rechtsökonomische Analyse (= Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 267). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XXXVI, 700 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hanno Merkt betreute, vom 1981 geborenen Verfasser nach dem Studium von Politikwissenschaft, neuerer Geschichte, neuester Geschichte und Rechtswissenschaft in Freiburg im Breisgau erstellte und im April 2010 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg angenommene Dissertation des zeitweise auch am Department for Law & Economics der Boalt Hall Law School der Universität Berkeley in Kalifornien und bei Stefan Vogenauer in Oxford forschenden Verfassers. .Sie behandelt eine seit langem bedeutsame Rechtsfrage und spannt dabei einen weiten Bogen von der römischen Stipulation bis zum modernen Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Gegliedert ist sie klar und übersichtlich in vier Teile.
Zuerst verfolgt der Verfasser nach einem Überblick über die Vertragsauslegung die rechtshistorische Entwicklung von der römischen Frühzeit über das 19. Jahrhundert bis zum heutigen Recht. Danach nimmt er eine rechtsökonomische Analyse vor und untersucht das Verhältnis zwischen Form und Kontext. Schließlich stellt er culpa in contrahendo, contra proferentem und das Transparenzgebot einander gegenüber.
Im Ergebnis sieht die auf breiter Literaturgrundlage ruhende Untersuchung das Transparenzgebot nicht als Neuentwicklung der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg an, sondern schreibt ihm mit dem Ausgangspunkt Versicherungsrecht eine Geschichte von mehr als neunzig Jahren zu, in der es zu einem bedeutenden Grundsatz des deutschen Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen geworden ist. Dass dies bislang nicht wirklich bewusst war, verbindet er ansprechend mit dem tiefen Bruch seit der nationalsozialistisc |
|
Kowalczuk, Ilko-Sascha, Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR. Beck, München 2009. 602 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kowalczuk, Ilko-Sascha, Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR. Beck, München 2009. 602 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Auch wenn im nachhinein der Untergang der Deutschen Demokratischen Republik vielen folgerichtig erscheint, wurde er noch am 7. Oktober 1989 von den wenigsten Zeitzeugen vorhergesehen. Aus diesem Grunde sind Beschreibung und Erklärung dieses Vorgangs von vielen Seiten willkommen und hilfreich. Der 1967 in Ost-Berlin geborene Ilko-Sascha Kowalczuk absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Baufacharbeiter und arbeitete danach als Pförtner in einem Institut, um ab 1990 als Mitglied des Unabhängigen Historiker-Verbandes Geschichte zu studieren und damit auch die eigenen Erlebnisse wissenschaftlich zu erfassen und zu verarbeiten.
Sein Werk möchte das Paradoxon erklären zwischen der scheinbaren Stabilität und angeblichen Ruhe in der Deutschen Demokratischen Republik und dem anschließenden raschen Zerfall von Staat und System innerhalb weniger Wochen. Er versteht seine Schrift als ein Angebot über „1989“ etwas zu erfahren und darüber zu diskutieren. Ihm geht es um eine schlichte Darstellung, warum „1989“ kam und was sich bis zu den Wahlen am 18. März 1990 zutrug.
Zu diesem Zweck teilt er sein Werk klar in die drei Kapitel Bilder einer Gesellschaftskrise, in denen etwa das System Gorbatschow als unfreiwilliger Totengräber wirkt oder die Ossietzky-Affäre einen Keim setzt, den Übergang von der Gesellschaftskrise- zur Diktaturkrise, in dem der 9. Oktober 1989 in Leipzig den Tag der Entscheidung bildet, und in den Untergang der Diktatur, der am ehesten daraus verständlich wird, dass ein Lande zu demonstrieren lernt, ohne dass sich wirklich ergründen lässt, warum dies gerade in diesem Zeitpunkt geschieht. Seine durchaus subjektive Darstellung endet optimistisch mit der Zuversicht, dass sich spätere Forscher wundern werden, wie schwer ei sich die deutsche Gesellschaft und Geschichtsschreibung mit der Deutung der E |
|
Kraushaar, Wolfgang, Verena Becker und der Verfassungsschutz. Hamburger Edition, Hamburg 2010. 202 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kraushaar, Wolfgang, Verena Becker und der Verfassungsschutz. Hamburger Edition, Hamburg 2010. 202 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Verena Becker wurde in West-Berlin am 31. Juli 1952 als eines von zehn Kindern des 1961 gestorbenen Bergbautechnikers Ewald Becker geboren, 1970 aus einer Realschule in Spandau ohne Erreichen der mittleren Reife entlassen, war seit Dezember 1971 polizeilich nicht mehr gemeldet und galt seit Januar 1972 als erwerbslos. 1972 verübte sie einen Bombenanschlag auf den Berlin British Yacht Club in Berlin-Gatow, bei dem ein Bootsmann ums Leben kam. Aus der deswegen verhängten Jugendstrafe von sechs Jahren wurde sie nach der Entführung des Berliner Vorsitzenden der CDU durch Mitglieder der Bewegung 2. Juni am 27. Februar 1975 zusammen mit Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle freigepresst und in die Demokratische Volksrepublik Jemen ausgeflogen, in Singen am 3. Mai 1977 im Zuge einer Polizeikontrolle, bei der ihr Begleiter Günter Sonnenberg durch neun Schüsse zwei Polizisten schwer verletzte und die Waffe sichergestellt wurde, die bei dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback benutzt worden war, festgenommen und später zu lebenslanger Haft verurteilt, jedoch nach zwölf Jahren Haft von Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1989 begnadigt.
Der 1948 geborene, seit 1987 am Hamburger Institut für Sozialforschung tätige Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar befasst sich seit langem mit der Untersuchung von Protestbewegungen, insbesondere der 68-er Bewegung. Dabei stellte er fest, dass keine andere Frage die deutsche Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Roten Armee Fraktion in der Vergangenheit stärker interessiert hat als die Frage, wer erschoss Siegfried Buback? Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und Knut Folkerts wurden für die Morde an Buback und seinen Begleitern verurteilt, Verena Becker und Günter Sonnenberg trotz schwerwiegender Verdachtsmomente nicht angeklagt |
|
Krenz, Egon, Gefängnis-Notizen. edition ost, Berlin 2009. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Krenz, Egon, Gefängnis-Notizen. edition ost, Berlin 2009. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der als Sohn eines Schneiders in Kolberg in Pommern am 19. März 1937 geborene, 1944 von seinen Eltern auf die Flucht nach Damgarten mitgenommene Egon Krenz wurde 1953 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Mitglied der Freien Deutschen Jugend und 1955 Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, studierte nach einer abgebrochenen Schlosserlehre (ab 1953) am Institut für Lehrerbildung in Putbus auf Rügen und beendete diese Ausbildung 1957 mit dem Staatsexamen. Nach seinem Dienst in der Nationalen Volksarmee wurde er 1959 zweiter, später erster Kreissekretär der FDJ in Rügen, nach einem Studium der Gesellschaftswissenschaften an der Parteihochschule des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion in Moskau 1967 Sekretär des Zentralrats der FDJ. Ab 1971 war er Abgeordneter der Volkskammer, ab 1973 Mitglied des Zentralkomitees der SED, ab 1981 Mitglied des Staatsrats, ab 1983 Mitglied des Politbüros und Sekretär des Zentralkomitees der SED, ab 1984 Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrats und damit zweiter Mann hinter Erich Honecker.
Nach dem Rücktritt Erich Honeckers wurde Egon Krenz am 18. Oktober 1989 Generalsekretär des Zentralkomitees der SED und am 24. Oktober 1989 Vorsitzender des Staatsrats. Nach dem Rücktritt des Zentralkomitees der SED am 3. Dezember 1989 gab er am 6. Dezember 1989 den Vorsitz des Staatsrats ab und legte im Januar 1990 sein Mandat in der Volkskammer nieder. 1997 wurde er in einem von ihm als ungerecht empfundenen Strafprozess zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt und noch im Gerichtssaal verhaftet, nach wenigen Wochen wieder freigelassen, einige Jahre später aber doch zur Verbüßung der Strafhaft gezwungen.
In dieser Haft in Moabit, Hakenfelde und Plötzensee führte er ein Tagebuch. Nach dem Vorbild von Erich Honeckers Moabiter Notizen legte er 2009 seine Gefäng |
|
Krewer, Peter, Geschäfte mit dem Klassenfeind. Die DDR im innerdeutschen Handel 1949-1989. Kliomedia, Trier 2008. 332 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Krewer, Peter, Geschäfte mit dem Klassenfeind. Die DDR im innerdeutschen Handel 1949-1989. Kliomedia, Trier 2008. 332 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die auf ungedruckten wie gedruckten Quellen beruhende Arbeit ist die von Lutz Raphael betreute, im Wintersemester 2006/2007 vom Fachbereich III der Universität Trier angenommene Dissertation des in Saarburg 1961 geborenen, nach dem Studium der Geschichte und Germanistik als Lehrer tätigen Verfassers. Auf dem vorderen Umschlag zeigt sie Franz-Josef-Strauß im fröhlichen Gespräch mit Alexander Schalck-Golodkowski auf dem Leipziger Flughafen im Vorfeld der Herbstmesse 1985. Wohl derselbe bundesdeutsche Politiker findet sich rückseitig mit einem Heiligenschein in einer Karikatur zu einem Milliardenkredit an die Deutsche Demokratische Republik mit dem Text „Wer besitzt denn die unglaubliche Geschmacklosigkeit, zu behaupten, ich hätte etwas Unkeusches getan.“
In seiner Einleitung fragt der Verfasser: Wie kam denn die Standuhr aus Ostdeutschland ins KADEWE, und schildert die politisch-ökonomischen Rahmenbedingen für Geschäfte zwischen Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik, den Forschungsstand, seine Leitfragen und die Quellenlage. Der Hauptteil verfolgt sehr detailliert und sorgfältig den innerdeutschen, am Ende in einer tabellarischen Übersicht zusammengefassten Handel im geteilten Deutschland zwischen 1949 und 1989 in drei zeitlichen Einheiten (1949-1960, 1961-1972, 1973-1989 einschließlich der Kontinuität während Helmut Kohls Kanzlerschaft nach der Wende 1982). Am Ende fasst der Bearbeiter seine neuen Erkenntnisse zusammen.
Insgesamt kann der Verfasser die innerdeutsche Handelspolitik der Bundesregierungen einleuchtend grundsätzlich als sinnvoll bezeichnen, weil sie dazu beitrug, schädliche Folgen der durch die Besatzungsmächte verursachten Teilung zu begrenzen. Er weist aber zugleich auch deutlich auf die bedenklichen Folgen des westdeutschen Handels i |
|
Krise, Reformen - und Kultur. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806, hg. v. Holtz, Bärbel (= Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Neue Folge, Beiheft 11). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 318 S., Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Krise, Reformen - und Kultur. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806, hg. v. Holtz, Bärbel (= Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Neue Folge, Beiheft 11). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 318 S., Abb. Besprochen von Werner Schubert.
Der Band enthält die Vorträge, die auf der Jahrestagung der Historischen Kommission im September 2008 im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz gehalten worden sind. Er schließt den dreiteiligen Publikationszyklus der Kommission ab, die sich zunächst mit den Finanzen (Beiheft 9) und dem Militär (Beiheft 10) befasst hatte. Der Begriff „Kultur“ steht für die als geistiges und künstlerisches Leben zu begreifende Cultur, die in zunehmendem Maße Bestandteil staatlichen Handelns wurde (S. 11). Nach dem Überblick von Holtz: „Zur Forschung über Krise, Reformen – und Kultur“ (S. 9ff.) behandelt der erste Hauptteil des Bandes Fragen der „’Vor’-Reformen und Krise“ und der „Krise“ (S. 21ff.). Kloosterhuis beschreibt die Tätigkeit des „Generaldirektoriums“ als Kultursbehörde (bis 1808) insbesondere in der Gesundheits- und Medizinalverwaltung sowie in der Kirchen- und Schulverwaltung, für welch letztere auch der Geheime Etatsrat zuständig war, und stellt die einschlägigen Archivalien (S. 35ff.) zusammen. Stefan Samerski befasst sich mit Preußen und den Jesuiten, die funktional und personell im Schulwesen überlebten (S. 45ff.). Georg Manten stellt den Reformcharakter des Religionsedikts vom 9. 7. 1788 insbesondere im Hinblick auf das Toleranzprinzip und dessen Schranken, und auf den innerkirchlichen Frieden dar (S. 64ff.). Unter der Überschrift „Geschmacksreform. Zeichenunterricht und staatliche Gewerbeförderung an der Breslauer Provinzialkunstschule und dem Direktorat von Carl Bach“ geht es um die 1781 begründete Breslauer Kunstschule (S. 87 f.; Claudia Sedlarz).
Die Beiträge des zweiten Hauptteils befassen sich mit den Reformen von 1806-1815. Ausgehend von einer Antrittsvor |
|
Krupar, Monika, Tschechische juristische Zeitschriften des 19. und 20. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 152). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 328 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Krupar, Monika, Tschechische juristische Zeitschriften des 19. und 20. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 152). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 328 S. Besprochen von Werner Schubert.
Nach dem Überblicksaufsatz von Krupar (in: Michael Stolleis/Thomas Simon [Hg.], Juristische Zeitschriften in Europa, Frankfurt am Main 2006, S. 309-342) liegt nunmehr deren Monographie über die tschechischen juristischen Zeitschriften von 1861 bis 1948 vor. Ehe Krupar auf die juristische Fachpresse im Einzelnen eingeht, befasst sie sich mit den politischen, kulturellen und sprachlichen Voraussetzungen Böhmens einschließlich der staatlichen Organe und der gesellschaftlichen Entwicklung (S. 20-148). Die Arbeit geht aus von dem von Miroslav Hroch entwickelten „Drei-Phasen-Modell“ (1968; S. 15f.). In der ersten Phase (1790-1820) der tschechischen Nationsbildung ging es unter dem Einfluss von Herder um das intellektuelle Interesse einiger weniger Gelehrter an tschechischer Sprache, Kultur und Geschichte. In der zweiten Phase (1820-1860; sog. Agitationsphase) bildeten sich die Grundlagen einer gemeinsamen tschechischen Interessen- und Wertegemeinschaft heraus. In der dritten Phase (1860-1918) kann man von der Epoche der tschechischen Nationsbildung sprechen. Die Entwicklung der tschechischen Wissens- und Sprachkultur war bestimmt durch die Gründung von Gelehrtengesellschaften sowie die Entwicklung einer modernen tschechischen Hochsprache und Rechtsterminologie (S. 73ff.), die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bereits einen hohen Reifegrad erreichte. Erste Rechtsvorlesungen in tschechischer Sprache erfolgten 1848/49 (S. 97); 1861 wurden zwei Extraordinariate für Tschechisch an der Universität Prag eingerichtet; eine Professur erhielt der wohl herausragendste tschechische Rechtswissenschafter des 19. Jahrhunderts, Antonin (Anton) Randa, der gleichzeitig auch deutsch schrieb (S. 173ff.). Der erste tschechische Juristenverein Právnická Jednota wurde |
|
Krüssmann, Walter, Ernst von Mansfeld (1580-1626). Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg (= Historische Forschungen 94). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 742 S. Frontispiz. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Krüssmann, Walter, Ernst von Mansfeld (1580-1626). Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg (= Historische Forschungen 94). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 742 S. Frontispiz. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die von Johannes Kunisch betreute, im Sommersemester 2007 von der philosophischen Fakultät der Universität zu Köln angenommene Dissertation des Verfassers, die er für den Druck nochmals überarbeitet hat, betrifft den im Eingang im Brustbild abgelichteten Grafen Peter Ernst II. von Mansfeld. Er wurde 1580 in Luxemburg geboren und starb im Alter von 46 Jahren 1626 in Rakovica. Er gilt als besonders bedeutender Heerführer im Dreißigjährigen Krieg.
Sein Leben schildert der Verfasser nach einleitenden Bemerkungen zur älteren Literatur (Rudolf Reuss, Villermont, Ütterodt) auf Grund ungedruckter und gedruckter Quellen in zehn grundsätzlich chronologisch geordneten Kapiteln. Dabei beginnt er mit dem natürlichen Sohn des Gouverneurs von Luxemburg und Chiny aus den spanischen Niederlanden, der schon mit 15 Jahren Kriegszeiten in Ungarn verbringt, 1604 aber wieder in die Niederlande zurückkehrt und 1610 von den Habsburgern abfällt. Danach beschreibt er den Obristen der Union (1610-1618), den General der böhmischen Stände (1618-1620), den General-Feldmarschall (1621), Kriegsgeschäfte und Reputation, rheinische Pfalz und Hagenauer Fürstentum (1622), den Wechsel in den niederländischen Krieg (1622), den Besatzer (1622-1624), den freien General-Kriegsunternehmer (1624) in Holland, Frankreich und England sowie den General der Könige von England und Frankreich (1624-1626), der geächtet am 30. November 1626 bei Sarajevo nach einem Blutsturz verstirbt.
Im Ergebnis sieht der Verfasser den entwurzelten Ernst von Mansfeld seit 1610 und seit 1619 unumkehrbar in eine persönliche Gegnerschaft zu dem übermächtigen, aber nicht unverwundbaren Hause Österreich verstrickt. Aussicht auf Erfolg hätte er nu |
|
Kruwinnus, Thorsten, Das enge und das weite Verständnis der Kriminalsoziologie bei Franz Exner. Eine vergleichend-werkimmanente Vorstudie (= Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik 45). LIT, Berlin 2009. 124 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sebald, Andrea Elisabeth, Der Kriminalbiologe Franz Exner (1881-1947). Gratwanderung eines Wissenschaftlers durch die Zeit des Nationalsozialismus (= Rechtshistorische Reihe 380). Lang, Frankfurt am Main 2008. 423 S.
Fuchs, Walter, Franz Exner (1881-1947) und das Gemeinschaftsfremdengesetz. Zum Barbarisierungspotenzial moderner Kriminalwissenschaft (= Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik 44).LIT, Berlin 2009. IV, 119 S.
Kruwinnus, Thorsten, Das enge und das weite Verständnis der Kriminalsoziologie bei Franz Exner. Eine vergleichend-werkimmanente Vorstudie (Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik, Bd. 45). LIT Verlag, Münster 2009. 124 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz
In zunehmendem Maße werden Persönlichkeit und Werk von Strafrechtswissenschaftlern des 20. Jahrhunderts vorgestellt und analysiert, die in verschiedenen Epochen und Staatssystemen gelehrt und geforscht haben. In diesen Untersuchungen spielt namentlich die Frage eine bedeutsame Rolle, wie Gelehrte, die sich unter rechtsstaatlichem Vorzeichen – etwa im Geiste und Sinne der Weimarer Zeit – mit dem Strafrecht beschäftigt haben, sich mit Wissenschaft und Praxis der NS-Diktatur auseinandergesetzt haben. Die einschlägigen Studien über Eduard Kohlrausch, Edmund Mezger und Eberhard Schmidt sind gleichsam repräsentativ für diesen Zweig der zeitgeschichtlichen Forschung. Nunmehr ist auch der Strafrechtler und Kriminologe Franz Exner (1881-1947) in den Fokus dieser Forschungsrichtung geraten. Mehrere neuere Studien befassen sich mit seinem Leben und Werk im Ganzen oder sind gewichtigen Teilaspekten seiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet.
Umfassenden Charakter beansprucht die Darstellung Andrea Elisabeth Sebald, die aus einer Münchner Dissertation (2007) hervorgegangen ist. Sie schildert Leben und Werk Exners vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund verschiedener Epochen, die vom wilhelminischen Zeitalter über den ersten Weltkrieg, die Ära de |
|
Kubben, Raymond, Regeneration and Hegemony. Franco-Batavian Relations in the Revolutionary Era, 1795-1803. (= Legal History Library 3). Martinus Nijhoff Publishers, Leiden 2011. XVII, 787 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kubben, Raymond, Regeneration and Hegemony. Franco-Batavian Relations in the Revolutionary Era, 1795-1803. (= Legal History Library 3). Martinus Nijhoff Publishers, Leiden 2011. XVII, 787 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1980 geborene, mit einer 127-seitigen Untersuchung über Eenheid in drievoud 2003 erstmals an die Öffentlichkeit getretene und 2009 in Tilburg promovierte Verfasser Raymond Maria Hubertus Kubben ist Assistenzprofessor für Geschichte und Theorie des internationalen Rechts und der internationalen Beziehungen in der Abteilung für öffentliches Recht, Jurisprudenz und Rechtsgeschichte der Tilburg Law School. Er widmet sein umfangreiches, am Ende durch ein kurzes Register von Adams bis Zuylen van Nyvelt aufgeschlossenes Werk seinen Großeltern unter Voranstellung eines Auszugs aus Leo Tolstoi. Darin wird nach der Aufzählung aller Schrecken einer zwangzigjährigen Kriegsperiode gefragt, was das alles bedeute, warum es geschehen sei und schließlich welche Kraft die Menschen zu ihrem Tun treibe.
Seine umfangreiche, auf ein vielfältiges, trotz der generellen Hinwendung zum Englischen beispielsweise auch Karl-Heinz Zieglser Völkerrechtsgeschichte von 2007 aufnehmendes Literaturverzeichnis gestützte Untersuchung gliedert der Verfasser in insgesamt vier Teile. Nach einer kurzen Einführung beschreibt er zunächst die grenzenlose Revolution in Frankreich von 1789 und bezieht dabei Stellung zu Macht und Recht in der internationalen Ordnung und zu dem Verhältnis der französischen Revolution zur gleichzeitigen Ordnung in Europa. Danach wendet er sich zwischen eisigen Flüssen unbd goldenen Ketten der französisch batavischen Allianz zu, in der Frankreich zunächst als Freund erscheint, aber erst nach Krieg und Frieden im Rahmen eingeschränkter Unabhängigkeit die Verbindung erneuert wird. Der dritte Teil befasst sich dann mit der Batavischen Republik und dem Kampf um Frieden.
Am Ende nimmt der Verfasser Stellung zu der revoluti |
|
Kuch, Kurt, Land der Diebe. Ecowin Verlag, Salzburg 2011. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuch, Kurt, Land der Diebe. Ecowin Verlag, Salzburg 2011. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Oberwart 1972 geborene Verfasser ist seit 1996 für das österreichische Nachrichtenmagazin tätig, wirkt seit 2005 als Chefreporter und leitet seit 2009 das Ressort Innenpolitik. Er zählt zu den erfolgreichsten Enthüllungsjuristen. Im Jahre 2000 wirkte er an einem Werk über Jörg Haider mit, das Schatten über Europa sah, und 2003 war er mit dem Zimmermädchen Anna bei Hitlers.
Sein Land der Diebe meint sein Österreich. In fast 50 kurzen Kapiteln beschreibt er es von einem vernichtenden Bereich und seinen Folgen bis zu der Aufklärung darüber, wie Parteienfinanzierung wirklich funktioniert. Als erfasste Akteure in der Frage, warum Korruption in Österreich nur halbherzig bekämpft wird, erscheinen dabei etwa Jörg Haider, Dieter Böhmdorfer, Walter Meischberger, Karl-Heinz Grasser, Ernst Strasser oder Wolfgang Kulterer.
Am Ende sieht er Österreich in einem Zustand, welcher der früheren Lage Italiens entspricht. Deshalb vertritt er die Ansicht, dass in Deutschland Zustände wie in Österreich undenkbar wären und umgekehrt ein Vorgehen von Strafverfolgungsbehören in Sachen Parteienfinanzierung in Österreich nach dem Muster Deutschlands unvorstellbar ist. Dass in Österreich neun Prozent der Befragten für 2009 angaben, Schmiergeld bezahlt zu haben, womit das Land nach dem Verfasser auf gleicher Welle liegt wir Bulgarien, erklärt der sich durch Berichte über Verhandlungsgegenstände des Parlaments vor Strafverfolgung schützende Verfasser mit dem enormen Geldbedarf der Parteien, der es verständlich macht, dass das Parteienfinanzierungsgesetz faktisch keine Sanktionen aufweist und durch den auffälligen Schutz von Gebern wie Nehmern vieles in einer bedauerlichen Grauzone ermöglicht.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Kuriki, Hisao, Beiträge zur Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Gedanke des Volkes in der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Seibundo, Tokio 2009. IV, 348 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuriki, Hisao, Beiträge zur Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Gedanke des Volkes in der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Seibundo, Tokio 2009. IV, 348 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit vielen Jahrzehnten befasst sich der bekannte japanische Verfassungshistoriker mit dem deutschen Staatsrecht. Von Anfang an hat er sich dabei zum Ziel gesetzt, die Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft zu schreiben. Mit diesem Plan begann er noch vor Michael Stolleis’ grundlegender Geschichte des öffentlichen Rechts, deren erster Band vom Verfasser 1988 vorgelegt und danach um gleichwertige Folgebände bereichert werden konnte.
Angesichts deutlich ungünstigerer Voraussetzungen kann es kaum erstaunen, dass der Verfasser sein Vorhaben nicht so verwirklichen konnte, wie er dies gehofft hatte. Zu seinem großen Bedauern konnte er sich bisher nur mit Teilaspekten der Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft und mit der Staatsrechtswissenschaft einiger Zeitperioden befassen. Zu Recht ist er trotzdem ein wenig stolz darauf, dass er mit seinen Forschungen zu einer Zeit begann, in der das Interesse deutscher Wissenschaftler an diesem Gegenstand nicht „so stark und die Arbeiten der deutschen Wissenschaftler darüber nicht so viel gewesen sind“.
Als zweitbesten Weg sah er in dieser Sachlage trotz unveränderter Gesamtzielsetzung die Edition seiner bereits veröffentlichen deutschsprachigen Aufsätze über die Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft an, was ihm durch de Unterstützung der Universität Meijo (Nagoya) auch ermöglicht wurde. Dementsprechend legt er nun seine interessanten Studien mit den Titeln Die Rolle des Allgemeinen Staatsrechts in Deutschland von der Mitte des 18. zu der Mitte des 19. Jahrhunderts (mit einem umfangreichen Anhang über die seinerzeitigen Vorlesungen an deutschen Universitäten), (bisher unveröffentlicht) Der Gedanke des Volkes im deutschen Naturrecht des 18. Jahrhunderts, Die |
|
Ladwig-Winters, Simone, Ernst Fraenkel. Ein politisches Leben. Campus, Frankfurt am Main 2009. 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ladwig-Winters, Simone, Ernst Fraenkel. Ein politisches Leben. Campus, Frankfurt am Main 2009. 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die in Berlin 1955 geborene, nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Pädagogik an der Freien Universität als Sozialplanerin und Mieterberaterin in der Stadterneuerung in Schöneberg und Kreuzberg tätige Verfasserin hat bereits durch verschiedene Veröffentlichungen etwa über die Familie Wertheim und das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin auf sich aufmerksam gemacht. Als promovierte Politologin arbeitet sie als freie Autorin und Wissenschaftlerin in Berlin. Ihr Werk über Ernst Fraenkel erweckte bei seinem Erscheinen so großes Interesse, dass der Verlag von der Vergabe eines Rezensionsexemplars Abstand nehmen musste, so dass der Herausgeber nach Ausleihe in wenigen Zeilen darauf hinweisen muss.
Die Verfasserin sieht den aus wohlhabender jüdischer Familie stammenden Ernst Fraenkel sowohl als Theoretiker der modernen Demokratie wie auch als einen Begründer der Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Sein Leben verlief in mehrfachem Wechsel zwischen Sozialismus und Demokratie, zwischen Judentum, Deutschem Reich und Vereinigten Staaten sowie zwischen Rechtswissenschaft und Politikwissenschaft. Ziel des Werkes ist es zu zeigen, wie sich Ernst Fraenkel neuen Anforderungen stellte, welche innere Haltung er gewann, wie er Erfahrungen verortete und wie dies auf ihn wirkte.
Gegliedert ist die Untersuchung nach der Einleitung in sieben zeitliche Abschnitte. Sie betreffen die Jahre 1898-1919, 1919-1932, 1933-1938, 1938-1945, 1946-1950, 1951-1961 und 1961-1975. In diesen bewegten und bewegenden Stationen erkennt die Verfasserin überzeugend Ernst Fraenkel als einen charismatischen Menschen, der jegliche Form des Dogmatismus ablehnte und das demokratische Denken in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich mitprägte.
Inn |
|
Lang, Hans-Joachim, Als Christ nenne ich Sie einen Lügner. Theodor Rollers Aufbegehren gegen Hitler. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Lang, Hans-Joachim, Als Christ nenne ich Sie einen Lügner. Theodor Rollers Aufbegehren gegen Hitler. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Zuffenhausen als Sohn eines bei Weltkriegsende geschiedenen Juristen und Zeitungsredakteurs geborene und am 30. Oktober 2008 (13 Tage nach der Lektüre des über ihn geschriebenen Buchmanuskripts) gestorbene Theodor Roller gehörte seit 1930 der Hitlerjugend an, lehnte nach seinem Austritt als Mitglied des christlichen Vereins junger Männer aber 1937 den Fahneneid auf Adolf Hitler aus christlicher Überzeugung ab. Deswegen wurde gegen ihn ein Militärgerichtsverfahren eröffnet, in dessen Verlauf er wegen des Verdachts auf Schizophrenie in die Psychiatrie in München eingewiesen wurde. Nach vier Monaten wurde er entlassen.
In einem von zwei an Adolf Hitler gerichteten Briefen schrieb er am 11. Februar 1939: Als Christ nenne ich Sie einen Lügner und als Deutscher den größten Volksschädling, der je die deutsche Erde betrat. Im Rahmen eines der Verhaftung vom 18. 3. 1939 am Arbeitsplatz als Buchhalter folgenden Strafverfahrens wurde er von einem Sondergericht in Stuttgart trotz eines gegenteiligen psychiatrischen Gutachtens in die Heil- und Pflegeanstalt Weißenau eingewiesen, wodurch er den Krieg überlebte. Diese Geschehnisse eines individuellen, wenn auch erfolglosen Widerstands zeichnet der in Speyer 1951 geborene, journalistisch tätige, in der Germanistik promovierte Verfasser in seinem handlichen, auf mündlichen Schilderungen und archivalischen Recherchen beruhenden Werk gut lesbar aufklärend nach.
Eigentlich sollte jeder jeden erwiesenen Lügner stets als das benennen dürfen, was er tatsächlich ist, weil in der Wahrheit die Freiheit begründet ist. Allerdings stößt dieses Prinzip an vielen Stellen auf menschlichen Widerstand, weil es der grundlegenden Erkenntnis zuwiderläuft, dass die Welt getäuscht werden will, weshalb es sehr viele Lügner gibt. Immerhi |
|
Lässer, Gregor, Martinis Rechtsphilosophie und das österreichische Privatrecht. Von Martinis „Lehrbegriff des Naturrechts“ (1762) zum ABGB (1811/12) (= Recht und Kultur 5). LIT, Wien 2008. 189 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lässer, Gregor, Martinis Rechtsphilosophie und das österreichische Privatrecht. Von Martinis „Lehrbegriff des Naturrechts“ (1762) zum ABGB (1811/12) (= Recht und Kultur 5). LIT, Wien 2008. 189 S. Besprochen von Gunter Wesener.
In den letzten Jahren hat sich die Forschung in starkem Maße dem Leben und Werk des österreichischen Naturrechtlers Karl Anton von Martini zugewandt. Im Jahre 1996 erschien eine fundierte Monographie von Michael Hebeis[1] über Martini; 1998 fand ein „Martini-Colloquium“ in Innsbruck statt[2], im Oktober 2000 das „2. Europäische Martini-Kolloquium“ in Trient[3].
Die vorliegende Untersuchung Gregor Lässers behandelt vornehmlich Martinis Rechtsphilosophie und deren Bedeutung für die österreichische Privatrechtskodifikation[4]. Grundlage der Untersuchung bilden primär die beiden naturrechtlichen Hauptwerke Martinis, die „Positiones de lege naturali“ (1762) (deutsche Übersetzung „Lehrbegriff des Naturrechts“, Wien 1787, 1797 und 1799) und die „De lege naturali exercitationes sex“ (1766), ferner der „Entwurf Martini“ (1796) und das „Westgalizische Gesetzbuch“ von 1797.
Im I. Abschnitt (S. 11ff.), welcher der Person Martinis gewidmet ist, wird auf die einflussreiche Lehrtätigkeit desselben an der Wiener Juristenfakultät sowie an der Theresianischen und an der Savoyischen Ritterakademie hingewiesen. Zu Martinis zahlreichen bedeutenden Schülern zählen Franz von Zeiller[5], Johann Bernhard Horten[6], Joseph Hyazinth von Froidevo[7], Franz Georg von Kees[8] sowie Josef von Sonnenfels[9] (S.15).
Im II. Abschnitt (S. 36ff.) wird Martinis Naturrechtsbegriff erörtert (S. 41ff.). Dieser entspricht der älteren Naturrechtslehre. Martini steht unter dem Einfluss von Pufendorf, Thomasius, Heineccius und vor allem von Christian Wolff (S. 47). Die Erkenntnisquelle für die natürlichen Gesetze sieht er allein in der menschlichen Vernunft und deren Erfahrung (S. 47). Martini bevorzugt die mathematische Lehrmethod |
|
Laudage, Johannes, Friedrich B arbarossa (1152-1190). Eine Biographie, hg. v. Hageneier, Lars/Schrör, Matthias. Pustet, Regensburg 2009. 383 S., Abb. Besprochen von Gudrun Pischke. |
Ganzen Eintrag anzeigen Laudage, Johannes, Friedrich B arbarossa (1152-1190). Eine Biographie, hg. v. Hageneier, Lars/Schrör, Matthias. Pustet, Regensburg 2009. 383 S., Abb. Besprochen von Gudrun Pischke.
Diese Biografie Friedrich Barbarossas, die – anders als nach den Herrscherjahren im Titel zu vermuten, aber erforderlich – mit der Zeit vor der Wahl des Staufers zum König beginnt, ist aus dem Nachlass des im Januar 2008 verunglückten Verfassers von zweien seiner Schüler herausgegeben worden. Sie weisen in ihrem Vorwort auf ihren Verzicht auf einen „klassischen Anmerkungsapparat“ hin und auf die nicht mehr zu schließende Lücke in den 1170er Jahren. Darunter fällt die Vorgeschichte des Friedens von Venedig, so dass in das daran Anschließende ziemlich unvermittelt hineinzuspringen ist. Zeittafel, Quellen- und Literaturverzeichnis, Register (Personen und Orte), Bildnachweis und eine Stammtafel der Staufer fehlen nicht. Zwei Karten (mit unvollständiger Legende und zum Teil fehlenden Benennungen) – „Europa im 12. Jahrhundert“ (Umschlaginnenseite vorn) und „Das Heilige Land 11.-13. Jh.“ (S. 325) – zeigen den Raum, in dem Friedrich Barbarossa agierte.
Die Einleitung „Friedrich Barbarossa – ein Porträt und sein Hintergrund“ beginnt mit der Beschreibung und Charakterisierung Friedrich Barbarossas durch den Zeitgenossen Acerbus Morena, die Johannes Laudage als eine Mischung aus verlässlichen Details und rituellen Gebaren ausmacht (S. 9). Danach präsentiert er in acht unterschiedlich umfangreichen Kapiteln Leben und Herrschaft des zu König und Kaiser aufgestiegenen schwäbischen Herzogs und versucht im Epilog eine knappgehaltene Bilanz der beinahe vierzigjährigen Herrschaft Friedrichs I. Barbarossa zu ziehen. 20 teils farbige Abbildungen (S. 193-208) unterstreichen das Bild, das Laudage von diesem König und Kaiser entwirft. Er will, wie im Epilog angeführt, den Menschen Friedrich Barbarossa im Schnittpunkt der Entwicklungslinien sehen, dessen Lebensverlauf sowohl mit |
|
Leendertz, Ariane, Ordnung schaffen. Deutsche Raumplanung im 20. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts 7). Wallstein, Göttingen 2009. 459 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Leendertz, Ariane, Ordnung schaffen. Deutsche Raumplanung im 20. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts 7). Wallstein, Göttingen 2009. 459 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die 1976 geborene Verfasserin wurde nach dem Studium der neueren Geschichte und romanischen Philologie in Tübingen und Florenz und dreijähriger Tätigkeit am Seminar für Zeitgeschichte in Tübingen 2006 mit der vorliegenden, von Anselm Doering-Manteuffel betreuten Arbeit promoviert. Über das Institut für Geschichte der Universität Erlangen-Nürnberg wechselte sie 2008 an das Amerika-Institut der Universität München. Der von ihr behandelte Gegenstand verdient auch die Aufmerksamkeit des Rechtshistorikers, weil es in der jüngeren Vergangenheit zur staatlichen Aufgabe geworden ist, ein bestimmtes Verwaltungsgebiet als geographischen Raum nach seinen naturräumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten zu ordnen und gezielt zu nutzen.
Der Verfasserin geht es freilich zu Recht nicht um konkrete Planungen und Pläne in Einzelprojekten, sondern darum, Raumplanung als Idee in der modernen Industriegesellschaft zu erfassen. Dazu gliedert sie ihre überzeugende Studie in vier chronologisch geordnete Abschnitte. Sie betreffen die Formierung zwischen 1880 und 1935 als Folge des Krisen verursachenden Wachstums, in die Etablierung zwischen 1935 und 1945 während der nationalsozialistischen Herrschaft, in die Neuorientierung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und in den Aufstieg im sozialen Rechtsstaat ab etwa 1960, in dem sie allerdings bereits um 1980 das Ende der Illusionen erkennt.
Untrennbar verknüpft sieht die Verfasserin die Geschichte der Raumplanung in Deutschland mit Konrad Meyer, dem ersten Obmann der Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung, der 1948 zwar wegen seiner Mitgliedschaft in der SS verurteilt, aber in den Anklagepunkten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen freigesprochen und 1956 in Hannover wieder |
|
Leppin, Hartmut, Das Erbe der Antike. Beck, München 2010. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Leppin, Hartmut, Das Erbe der Antike. Beck, München 2010. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Für Verlage liegt es nahe, neben vielen, in die Tiefe gehenden Einzelwerken auch ihre gesamte Spannbreite in Überblicksdarstellungen auszuleuchten, bei denen Umfang und Preis vernünftigerweise auf den möglichen Absatz und den bereits vorhandenen Markt ausgerichtet werden. Dies hat den Beck-Verlag zu einer auf zehn Bände ausgelegten Taschenbuchreihe C. H. Beck Geschichte Europas geführt, die mit der Antike beginnt und mit der Demokratie und Globalisierung und damit Europa seit 1989 endet. Drei Bände sind 2010 erschienen, bisher vier im laufenden Jahr 2011.
Den zeitlichen Beginn bildet als Grundlage die Antike in ihrem den Nachfolgern überlassenen Erbe. Verfasst ist das Werk von dem in Helmstedt 1963 geborenen, nach dem Studium von Geschichte, Latein, Griechisch und Erziehungswissenschaften in Marburg, Heidelberg und Pavia 1990 in Marburg mit Untersuchungen zur sozialen Stellung von Bühnenkünstlern im Westen des römischen Reiches zur Zeit der Republik und des Prinzipats promovierten, an der Freien Universität in Berlin 1995 mit einer Arbeit über die griechischen Kirchenhistoriker des fünften nachchristlichen Jahrhunderts habilitierten, 2001 nach Frankfurt am Main berufenen Althistoriker Hartmut Leppin. Er gliedert seine Darstellung außer in Vorwort, Prolog und Epilog in drei die wesentlichen Kerne ansprechende Kapitel über Freiheit, Reich und wahren Glauben.
Die Freiheit verbindet er dabei vor allem mit den Aristokraten des archaischen Griechenland und der Kooperation der Bürger im klassischen Griechenland der Demokratie. Das Reich lässt er zwar mit dem alten Orient, Alexander dem Großen und dem Hellenismus einsetzen, wechselt von dort aus aber doch zur politisch erfolgreicheren römischen Republik und der pax Romana über. Der wahre Glaube setzt mit dem Judentum ein, bildet jedoch in der Form des vor allem römischen, Ostrom mit Just |
|
Lessing, Hans-Ulrich, Wilhelm Dilthey. Eine Einführung (= UTB 3486). Böhlau, Köln 2011. 199 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lessing, Hans-Ulrich, Wilhelm Dilthey. Eine Einführung (= UTB 3486). Böhlau, Köln 2011. 199 S. Besprochen von Martin Moll.
Als der Rezensent 1980 sein Geschichtestudium begann, gehörte die Beschäftigung mit der (Geschichts-)Philosophie Wilhelm Diltheys (1833-1911) zum Curriculum der einschlägigen Einführungslehrveranstaltungen. Mittlerweile hat sich der theoretische Teil des Studiums anderen, angeblich moderneren Schwerpunkten zugewandt, zu denen Dilthey nicht mehr zählt. Dies ist bedauerlich, stammen von diesem Philosophen doch klassische Texte zum System der Geisteswissenschaften, deren Arbeitsfeldern, Methoden und Hermeneutik.
Hans-Ulrich Lessing, der an der Dilthey-Forschungsstelle in Bochum arbeitet, ist bestens ausgewiesen, dem Vergessen Diltheys gegenzusteuern. Sein kleines Büchlein, das dem boomenden Genre knapper und knappster Einführungen zuzurechnen ist, orientiert sich ausweislich des Klappentextes ganz an den Bedürfnissen von Studierenden des Faches Philosophie, sollte darüber hinaus jedoch auch Historiker ansprechen. Eine klassische Biographie strebt Lessing nicht an, doch liefert das erste Kapitel immerhin „Basisdaten zu Leben und Werk“; beschlossen wird der Band mit einer detaillierten Übersicht zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte, welche die zahlreichen Werkausgaben vorstellt. Der Hauptteil des Buches befasst sich hingegen mit Diltheys Philosophie und deren diversen großen Themenfeldern.
Bekannt ist Dilthey heute vor allem noch wegen seiner Versuche einer philosophischen Grundlegung der Geisteswissenschaften, niedergelegt in seiner „Einleitung in die Geisteswissenschaften“ von 1883 (Kapitel 2). Hier wie auch in seiner Hermeneutik (Kapitel 5) grenzte Dilthey seinen Gegenstand von den damals aufblühenden Naturwissenschaften ab, indem er deren jeweils verschiedene Zugänge zu ihren Forschungsobjekten beschrieb und für die Geisteswissenschaften eine primär auf dem „Verstehen“ des Forschers beruhende Methodik |
|
Leukel, Sandra, Strafanstalt und Geschlecht. Geschichte des Frauenstrafvollzugs im 19. Jahrhundert (Baden und Preußen) (= Geschlossene Häuser - Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 2). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 349 S. Besprochen von Thomas Krause. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leukel, Sandra, Strafanstalt und Geschlecht. Geschichte des Frauenstrafvollzugs im 19. Jahrhundert (Baden und Preußen) (= Geschlossene Häuser - Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 2). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 349 S. Besprochen von Thomas Krause.
Auf Grund seiner geringen quantitativen Bedeutung (lediglich etwa fünf Prozent der Inhaftierten in Deutschland sind weiblichen Geschlechts) führt der Frauenstrafvollzug innerhalb der deutschen Strafvollzugswissenschaft traditionell ein Schattendasein. Dies gilt erst recht für seine Geschichte, die in einschlägigen neueren Studien meist nur in den einleitenden Kapiteln auf wenigen Seiten abgehandelt wird. Namentlich über die Anfänge und die Entwicklung im 19. Jahrhundert erfährt man indessen auch dort so gut wie gar nichts, da dieser Zeitraum bisher kaum näher untersucht wurde. Insoweit besteht daher eine echte Forschungslücke, zu deren Füllung Sandra Leukel mit ihrer Arbeit, einer überarbeiteten und gekürzten Fassung ihrer im Wintersemester 2004/2005 angenommenen Bielefelder geschichtswissenschaftlichen Dissertation, einen Beitrag leisten möchte. Da der Strafvollzug nicht nur vor der Reichsgründung, sondern auch nach 1871 Ländersache war (und noch immer ist), wählt sie dabei zu Recht einen territorialen Zugang. Das daraus resultierende Erfordernis einer thematischen Beschränkung ihrer Arbeit auf einzelne deutsche Staaten muss man akzeptieren, da eine flächendeckende Untersuchung der Materie für ganz Deutschland im Rahmen einer Dissertation nicht zu leisten wäre. Die von der Verfasserin gewählte Konzentration auf Baden und Preußen, „die Vorzeige- und Vorreiterländer für Reformen“ des Strafvollzuges, „in denen erstmals das Einzelhaftsystem in panoptischen Zweckbauten umgesetzt wurde“ (S. 26), erscheint dabei plausibel und sachgerecht.
In der Einleitung ihrer Studie (S. 15ff.) gibt Sandra Leukel zunächst einen ausführlich |
|
L’estatut del 2006. El dret i els drets de Catalunya a la cruïlla del segle XXI. Barcelona, abril-maig de 2007. Edició coordinada per Serrano Daura, Josep. Societat Catalana d’ estudis jurídics. Barcelona 2008. 142 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen L’estatut del 2006. El dret i els drets de Catalunya a la cruïlla del segle XXI. Barcelona, abril-maig de 2007. Edició coordinada per Serrano Daura, Josep. Societat Catalana d’ estudis jurídics. Barcelona 2008. 142 S. Besprochen von Filippo Ranieri.
Das Buch veröffentlicht die Akten eines Colloquiums über das Autonomie-Statut der Region Katalonien vom 18. Juni 2006. Die Beiträge betreffen großenteils Themen der gegenwärtigen spanischen Verfassungspolitik. Für die Leser dieser Zeitschrift sei allerdings die Untersuchung Ferran Badosa Colls (S. 117-129) zu den historischen und staatsrechtlichen Grundlagen des katalanischen Zivilrechts hervorgehoben. Erwähnt sei hier insbesondere, dass Art. 5 des Autonomie-Statuts sich ausdrücklich auf die rechtshistorischen Quellen Kataloniens beruft (s. dazu insb. S. 118ff.).
Saarbrücken Filippo Ranieri
|
|
Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts, hg. v. Brandes, Detlef/Sundhausen, Holm/Troebst, Stefan i. V. m. Kaiserová, Kristina/Ruchniewicz, Krysztof. Böhlau, Wien 2010. 801 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts, hg. v. Brandes, Detlef/Sundhausen, Holm/Troebst, Stefan i. V. m. Kaiserová, Kristina/Ruchniewicz, Krysztof. Böhlau, Wien 2010. 801 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wenn bei einer geschätzten gegenwärtigen Gesamtbevölkerung Europas von derzeit 500 Millionen während des 20. Jahrhunderts rund 80 Millionen Menschen vertrieben, deportiert oder ausgesiedelt worden sein sollen, so liegt mit diesen Vorgängen insgesamt ein bedeutendes geschichtliches Ereignis vor. Es kann daher kaum überraschen, dass sich umgehend ein sachverständiger Interessent für die lexikalische, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Deutschlands, den Beauftragten der Bundesregierung Deutschlands für Kultur und Medien sowie das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Österreichs geförderte Erfassung der einschlägigen Ereignisse fand. Da der Verlag leider kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber das Werk wenigstens in wenigen Zeilen anzeigen.
Ziel des erstmals von Holm Sundhausen im Dezember 2001 auf einem Kongress in Darmstadt vorgeschlagenen, Hans Lemberg gewidmeten Werkes ist nach seinem Vorwort, das gewaltige Vertreibungsgeschehen anhand des bestehenden Forschungsstands abzubilden und zugleich Schneisen zu Analyse, Kategorisierung und Periodisierung zu schlagen. Dazu sind insgesamt 308 Lemmata gebildet, die in vier Gruppen unterteilt sind. Diese betreffen Ethnien in ihren Heimatländern und Aufnahmeländern, Pläne, Konferenzen, Beschlüsse und besondere Maßnahmen, Akteure und zentrale Begriffe sowie Ausblicke auf Erinnerungskultur und Geschichtspolitik, wobei als große zeitlich-räumliche Komplexe Südosteuropa von 1912 bis 1923, die Sowjetunion von 1930 bis 1945, die vom nationalsozialistischen Deutschland beherrschten Gebiete von 1933 bis 1945, Ostmitteleuropa ab 1945 und Jugoslawien ab 1990.
Da |
|
Lieberwirth, Rolf, Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945, 2. Aufl. (= Hallesche Schriften zum Recht 25), Universitäts-Verlag Halle-Wittenberg 2010. 147 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lieberwirth, Rolf, Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945, 2. Aufl. (= Hallesche Schriften zum Recht 25), Universitäts-Verlag Halle-Wittenberg 2010. 147 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Nach einem Verlagswechsel liegt die 2008 in erster Auflage erschienene Arbeit des Nestors der hallischen Juristen über „seine“ Fakultät in zweiter Auflage vor. Selten ist es, dass ein sachkundiger Teilnehmer von Anfang an die Entwicklungen und Brüche einer Fakultät über 65 Jahre betrachten und beschreiben kann. Von den Hoffnungen auf eine schnelle Neueröffnung während der 6-wöchigen amerikanischen Besatzungszeit über die drei Hochschulreformen der folgenden Machthaber (1945: Reform durch die marxistisch-leninistische „Partei neuen Typs“, 1951: Zentralisierung unter dem Motto „Stürmt die Festung Wissenschaft“, 1968: Reform zur Gewährleistung des „notwendigen Bildungsvorlaufes durch Heranbildung qualifizierter Hochschulabsolventen …“) zeigt der Autor die tiefgreifende Veränderung einer Fakultät mit langer Tradition zu einer Ausbildungsstätte, die ihre gesamte Ausbildung an einem Parteiauftrag ausrichtete. Waren der Fakultät Thomasius und seine kritische Einstellung zu den Hexenprozessen lange Zeit Leitbild, so wurden nun Juristen ausgebildet, die einen festen Klassenstandpunkt hatten und bei ihrer parteilichen Rechtsanwendung keine direkten Anweisungen brauchten, da sie gelernt hatten, was die Partei von ihnen in ihren jeweiligen Funktionsstellen erwartete. In ihren jeweiligen Altersgruppen finden diese Absolventen (S. 55f.) noch heute den Rückhalt, der sie mit den Inhalten ihrer Ausbildung versöhnt. Wenig findet sich zu den Parteisekretären und ihrem Verhältnis zu den Dekanen. Hier wären Hinweise auf die tatsächlichen Einflusssphären hilfreich gewesen. Ließ man die Lehrenden Wissenschaft spielen, solange sie der Parteilinie folgten?
Die Ausführungen zur Thomasius-Feier 1955 (S. 69ff.) beschreiben die Zei |
|
Lilla, Joachim, Die Vertreter der thüringischen Staaten und Thüringens bei Reich und Bund (1867 bis 2010) unter Einschluss der Länderkammer der DDR (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 29). Wartburg-Verlag, Weimar 2010. 261 S. Besprochen von Ralf Lunau. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lilla, Joachim, Die Vertreter der thüringischen Staaten und Thüringens bei Reich und Bund (1867 bis 2010) unter Einschluss der Länderkammer der DDR (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 29). Wartburg-Verlag, Weimar 2010. 261 S. Besprochen von Ralf Lunau.
In der verdienstvollen, vom Thüringer Landtag herausgegebenen Schriftenreihe zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen liegt nunmehr die 29. Veröffentlichung vor. In diesem Band widmet sich der Autor Joachim Lilla, der sich schon mit einigen biographischen Dokumentationen zu den Mitgliedern von Vertretungskörperschaften einen Namen gemacht hat, den thüringischen Vertretern auf der Ebene der Föderation. Die zeitliche Spanne reicht dabei vom Erfurter Unionsparlament 1850 bis zu den Vertretern des Freistaats Thüringen im Bundesrat 2010.
Der Autor beginnt das Buch mit einem ersten Abschnitt, in dem er die historischen, staatsrechtlichen und personellen Grundlagen für die Zusammensetzung aller betreffenden Gremien und Institutionen erläutert. Dem folgt ein zweiter Abschnitt, in dem er die jeweiligen thüringischen Repräsentanten für die einzelnen Vertretungskörperschaften namentlich auflistet. Der dritte und größte Abschnitt enthält in lexikalischer Form die Biographien aller Personen, die einen der thüringischen Staaten oder das Land Thüringen in dieser Zeitspanne gegenüber dem deutschen Bundesstaat vertraten oder gegenwärtig vertreten. Ein vierter Abschnitt über die Räumlichkeiten der Thüringer Vertretungen rundet die Publikation ab.
Die Lektüre dieses Buches ist keineswegs nur für Interessenten an der Geschichte Thüringens empfehlenswert, da es den Prozess zur Herstellung der deutschen Einheit über einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren aus der aufschlussreichen Perspektive der Gliedstaaten reflektiert. Während der erste Abschnitt eine systematische Darstellung der einzelnen Entwicklungsphasen bietet, ergänzt und illustriert der biographische |
|
Löhr, Isabella, Die Globalisierung geistiger Eigentumsrechte - neue Strukturen internationaler Zusammenarbeit 1886-1952 ( = Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 195). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010. 342 S., 5 Abb., 6 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Löhr, Isabella, Die Globalisierung geistiger Eigentumsrechte - neue Strukturen internationaler Zusammenarbeit 1886-1952 ( = Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 195). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010. 342 S., 5 Abb., 6 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die nach dem kurzen Vorwort anscheinend von Hannes Siegrist betreute, nach dem Studium der Kulturwissenschaften und Philosophie (1997-2002) und einer Magisterarbeit über Autor, Text und Rechte - Die Entstehung des Urhebers im englischen Recht im 18. Jahrhundert 2008 an der Universität Leipzig angenommene Dissertation der von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten, als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Heidelberg tätigen Verfasserin. Ihr geht es um die globale Ausdehnung von Autorenrechten. Im Mittelpunkt stehen multilaterale Abkommen, die auf die Institutionalisierung eines bestimmten Mindeststandards für den grenzüberschreitenden Schutz von Autoren zielen, indem möglichst viele Staaten diese Rechtsstandards übernehmen und gemeinsam daran arbeiten, den Rechtsschutz qualitativ auszuweiten.
Die Untersuchung geht davon aus, dass bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts die Ausarbeitung von Normen für den Autorenschutz und ihre Umsetzung in gesetzliche Vorschriften vorrangig einzelstaatliche Aufgaben waren. Dies änderte sich in dem Augenblick, in dem kulturelle Güter im größeren Umfang zwischen verschiedenen Räumen und Staaten gehandelt wurden und der Rückfluss von Autorenhonoraren aus dem Verkaufsland in das Herstellungsland nicht mehr gesichert war. Von da an ging es um internationale Abkommen, wie es zuerst europäische Staaten in der Berner Konvention von 1886 erreichten, die den Transfer kultureller Güter mit einem höheren >Grad an Durchsichtigkeit und Berechenbarkeit versehen sollte.
Das Besondere hieran war die Institutionalisierung und Verstetigung in einer Eigendynamik entwickelnden Orga |
|
Longerich, Peter, Joseph Goebbels. Biographie. Siedler, München 2010. 910 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Longerich, Peter, Joseph Goebbels. Biographie. Siedler, München 2010. 910 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic.
Mit dem Namen Joseph Goebbels assoziiert sich gemeinhin die Personifikation jenes (all-)mächtigen Propagandaapparates, mit dessen Hilfe die nationalsozialistische Führung große Teile des deutschen Volkes bis in den Untergang auf eine bedingungslose Gefolgschaft einzuschwören verstand. Die Klärung der Frage, ob diese in der breiten Öffentlichkeit noch heute präsente Meistererzählung dem historischen Sachverhalt gerecht wird oder aber vielmehr selbst als Produkt der Bemühungen jenes Mannes gelten muss, dessen Leben und Wirken im vorliegenden Band untersucht wird, stellt der Verfasser ins Zentrum seiner Betrachtungen.
Peter Longerich hat Erfahrung mit dem Thema Propaganda wie auch mit dem Genre der Biographie: 1983 promovierte der heute in London lehrende Zeithistoriker und Spezialist für die Geschichte des Holocaust bei Gerhard Ritter in München mit einer Arbeit zur Presseabteilung des Auswärtigen Amtes unter Ribbentrop, 2008 veröffentlichte er seine große Monographie über Heinrich Himmler (vgl. die ausführliche Besprechung in: ZRG GA 127 (2010), S. 882-885). Bei Joseph Goebbels sieht er „alle wesentlichen Kriterien erfüllt, die nach dem heutigen Stand der Psychoanalyse eine narzißtisch gestörte Persönlichkeit charakterisieren“, vor allem die lebenslange Sucht nach Anerkennung, die in der fortlaufenden Bestätigung durch das Idol Adolf Hitler ihre Befriedigung suchte. Aufgabe des Biographen müsse es daher sein, „das von Goebbels so wirkungsvoll entworfene Selbstbild in Frage zu stellen und seine historische Rolle von Grund auf neu zu bestimmen“, darüber hinaus zu zeigen, „wie nationalsozialistische Propaganda konzipiert und durchgeführt wurde“ und damit „die behauptete Allmacht der Goebbels-Propaganda in Frage (zu) stellen“, schließlich insgesamt „einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Geschichte des ‚Dritten Reiches |
|
Ludwig Thoma für Juristen, hg. v. Seul, Jürgen. Verlag Medien und Recht, München 2010. 330 S., 4 Zeichnungen. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludwig[Z1] [Z2] Thoma für Juristen, hg. v. Seul, Jürgen. Verlag Medien und Recht, München 2010. 330 S., 4 Zeichnungen.
Old Shatterhand vor Gericht. Die 100 Prozesse des Schriftstellers Karl May, hg. v. Seul, Jürgen. Karl-May-Verlag, Bamberg-Radebeul 2009, 623 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Es mag verwundern, diese beiden Titel in einer rechtshistorischen Fachzeitschrift besprochen zu sehen, vor allem den zweiten, zumal er vom Titel her und in seiner äußeren Erscheinung den klassischen grünen Karl-May-Bänden des gleichnamigen Verlages entspricht. Dennoch handelt es sich um kein Versehen. Beiden Titeln ist gemeinsam, dass sie wesentliches Material und höchst aufschlussreiche Schilderungen zur historischen Rechtstatsachenforschung liefern. Was Ludwig Thoma, den fast promovierten Juristen, betrifft, kommt dieser selbst zu Wort, über die May betreffenden Prozesse berichtet Seul, allerdings unter Aufnahme auch längerer Quellenpassagen. Zu bzw. von Thoma erhalten wir die vielfältigsten Einblicke in das Rechtsleben. Dies betrifft einmal das Jurastudium: Warum Thoma trotz einer Dissertation den Doktortitel nicht verliehen bekam (12f.); wie das Studium so im weitesten Sinne ablief und insbesondere „der gefürchtete Staatskonkurs“ (58ff., 68, ersteres auch in Versen: 213). Weiters lernen wir Beispielhaftes kennen über die Praxis am Landgericht und beim Bezirksamt (650ff.), die Eröffnung der Rechtsanwaltskanzlei in Dachau (99ff.). Formal blieb Thoma Rechtsanwalt bis zur Löschung seiner Zulassung aus der Liste des Landgerichts München II im Jahre 1919 (29). Als er 1899 Redakteur des „Simplicissimus“ geworden war, verkaufte er im gleichen Jahr seine Rechtsanwaltskanzlei (28). Vielschichtig und bunt schlägt sich die erlebte Juristerei in Anekdoten, Erzählungen, Gedichten nieder. In ihnen spiegelt sich manch Rechtshistorisches wider: die Rechtseinheit für „das große, neue Deutsche Reich“ (265), ihre Verwirklichung auch in „dem preußische |
|
Ludyga, Hannes, Obrigkeitliche Armenfürsorge im deutschen Reich vom Beginn der Frühen Neuzeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1495-1648) (= Schriften zur Rechtsgeschichte 147). Berlin, Duncker & Humblot 2010. IV, 429 S. Besprochen von Felix Grollmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludyga, Hannes, Obrigkeitliche Armenfürsorge im deutschen Reich vom Beginn der Frühen Neuzeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1495-1648) (= Schriften zur Rechtsgeschichte 147). Berlin, Duncker & Humblot 2010. IV, 429 S. Besprochen von Felix Grollmann.
Die Sozialrechtsgeschichte der Frühen Neuzeit ist bisher noch nicht ausreichend untersucht worden. Diese Lücke historischer Forschung will die Monographie von Hannes Ludyga, die im Sommersemester 2009 als Habilitationsschrift von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde, für den Bereich der obrigkeitlichen Armenfürsorge schließen. Unter obrigkeitlicher Armenfürsorge werden vom Verfasser „alle rechtlichen Normen und Ordnungssysteme verstanden, deren unmittelbare Intention es war, einer Abhilfe der Armut zu dienen und die von den Inhabern der politischen Gewalt kraft ihrer Autorität im Reich ausgingen […]“ (S. 10). Als Armutsbegriff wird der in der Frühen Neuzeit etablierte ökonomisch-soziale zu Grunde gelegt, der im Gegensatz zum mittelalterlichen rechtliche Unterlegenheit nicht als Form der Armut versteht (S. 43). Der zeitliche Rahmen resultiert aus der Beobachtung, dass das „Recht der obrigkeitlichen Armenfürsorge […] am Anfang der Frühen Neuzeit […] tiefgreifende und folgenschwere Veränderungen“ (S. 359) erfuhr. Die Expansion der obrigkeitlichen Befassung mit der Armut führt der Verfasser auf eine tatsächliche Verschlechterung der Lebensbedingungen infolge der „explosionsartige[n] Bevölkerungszunahme“ (S. 28) um 1500 zurück, doch weist er auch auf die Bedeutung von „mentalitätsgeschichtliche[n] Veränderungen“ (S. 30) hin. Da die Produktion von Rechtstexten auf städtischer und territorialer Ebene in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts spürbar zurückging und erst ein Jahrhundert später neue gesetzgeberische Projekte in Gang gesetzt wurden (S. 291f.), bietet sich das Ende des Dreißigjährigen Kriegs als zeitlicher Abschluss der |
|
Lundmark, Lennart/Rumar, Lars, Mark och rätt i Sameland - (= Institutet för Rättshistorisk Forskning Serien 3, Rättshistoriska Skrifter 10). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Lundmark, Lennart/Rumar, Lars, Mark och rätt i Sameland - (= Institutet för Rättshistorisk Forskning Serien 3, Rättshistoriska Skrifter 10). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das nordische Recht hatte lange Zeit immer wieder sachkundige deutsche Interessenten. Ihre Zahl hat aber zuletzt leider eher abgenommen als zugenommen. Deswegen muss der Herausgeber wenigstens in einigen Zeilen auf den vorliegenden Band hinweisen.
Verfasst ist er von den beiden 1942 bzw. 1935 geborenen Historikern. Sie sind für ihren Sachgegenstand bestens ausgewiesen. Den Inhalt des gefälligen Bandes haben sie in sechs Kapiteln unter sich aufgeteilt.
Nach einem gemeinsamen Vorwort behandelt Lundmark Skogsordningen 1683 och äganderätten till Lappmarken. während sich Rumar mit Kampen om hässjorna befasst. Es folgen zwei Untersuchungen Lundmarks über formlös förvaltning och flyktiga rättigheter und Samernas jakt- och fiskerätt i Jämtland och Lappmarken fore 1928. Den Beschluss des den hohen Norden von der frühen Neuzeit fast bis zur Gegenwart unter einzelnen Aspekten erfassenden Bandes bilden die Beiträge Rumars über Avradslanden, skattefällen och avvittringen i Jämtlands län und Renbetesfjällen och sedvanemarkerna vid sekelskiftet 1900.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Lusiardi, Ralf, Stiftung und städtische Gesellschaft. Religiöse und soziale Aspekte des Stiftungsverhaltens im spätmittelalterlichen Stralsund (= Stiftungsgeschichten 2). Akademie Verlag, Berlin 2000.. 298 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Lusiardi, Ralf, Stiftung und städtische Gesellschaft. Religiöse und soziale Aspekte des Stiftungsverhaltens im spätmittelalterlichen Stralsund (= Stiftungsgeschichten 2). Akademie Verlag, Berlin 2000.. 298 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Stiftung ist in der Gegenwart eine wichtige Rechtsfigur im privaten wie im öffentlichen Recht, obwohl der sie begründende Stifter meist nicht mehr lebt. In der Rechtsgeschichte haben sich etwa Reicke, Pleimes oder Liermann um sie besonders verdient gemacht. Aus diesem Grunde darf auch auf einen freundlichen Hinweis Michael Borgoltes hin vom Herausgeber verspätet auf die Untersuchung Ralf Lusiardis hingewiesen werden.
Bei ihr handelt es sich um die von Michael Borgolte angeregte und in jeder Phase geförderte, im Wintersemester 1997/1998 von der philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Schlussbetrachtung in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Forschungslage, Quellen und Methode, Schenken (oder besser Geben?) und Stiften, die Bedeutung der Handlungsform Stiften im Rahmen der Seelenheilssicherung, den Zusammenhang mit Jenseitsvorstellungen und die Motive, Moden und Funktionen.
Ausgangspunkt des Verfassers ist ein neuer, sozialhistorischer Stiftungsbegriff, der nicht die intendierte Dauerhaftigkeit des Stiftungsguts, sondern die durch die Vergabung geschaffenen sozialen Beziehungen zum entscheidenden Kriterium erhebt, von deren Bindekraft nach der Überzeugung des Verfassers der Erfolg einer Stiftung abhängt. Sehr ansprechend ist auch, dass der Verfasser das gesamte Stiftungswesen einer wirtschaftlich bedeutenden spätmittelalterlichen Stadt trotz erheblich unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen in den Blick genommen hat. Da die Stiftung aus wirtschaftlichen Gründen weitgehend den wohlhabenderen städtischen Schichten vorbehalten bleiben musste, mussten im Rahmen wachsender Heilsunsi |