Die Urkunden Philipps von Schwaben, bearb. v. Rzihacek, Andrea/Spreitzer, Renate unter Mitwirkung von Merta, Brigitte/Ottner-Diesenberger, Christine und unter Verwendung von Vorarbeiten von Zinsmaier, Paul (†) und Herkenrath, Rainer Maria (= MGH - Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 12). Harrassowitz, Wiesbaden 2014. CXI, 774 S., Abb., Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Urkunden Philipps von Schwaben, bearb. v. Rzihacek, Andrea/Spreitzer, Renate unter Mitwirkung von Merta, Brigitte/Ottner-Diesenberger, Christine und unter Verwendung von Vorarbeiten von Zinsmaier, Paul (†) und Herkenrath, Rainer Maria (= MGH - Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 12). Harrassowitz, Wiesbaden 2014. CXI, 774 S., Abb., Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Staufer Philipp von Schwaben wurde in oder bei Pavia 1177 als fünfter und jüngster Sohn Friedrich I. Barbarossas und seiner 1184 verstorbenen Gemahlin Beatrix von Burgund geboren. Als sein Vater am 10. Juni 1190 auf dem von Papst Gregor VIII. nach der Einnahme Jerusalems verlangten Kreuzzug im Fluss Saleph in der heutigen Südosttürkei im Alter von wohl 68 Jahren ertrank, folgte ihm der 1165 geborene Heinrich VI. nach, der aber seinerseits bereits 1197 mit 32 Jahren starb. 1198 kam es daraufhin nach einer Doppelwahl Philipps von Schwaben und des Welfen Otto von Braunschweig zu einem langjährigen Thronstreit, der erst mit der Ermordung Philipps durch Otto VIII. von Wittelsbach in Bamberg am 21. Juni 1208 endete.
Die 1978 beschlossene Edition der nach 1197 verfassten Diplome der späteren Staufer wurde für Philipp zunächst Paul Zinsmaier und nach dessen Tode im Jahre 1986 Rainer Maria Herkenrath übertragen. Da ein Abschluss ausverschiedenen Gründen zunächst nicht gelang, wurden im Jahre 2002 die jetzigen Herausgeberinnen mit der gewichtigen Aufgabe betraut. In ihrer ausführlichen Einleitung befassen sie sich eindringlich mit dem Urkundenbestand, den äußeren Merkmalen und den inneren Merkmalen der Urkunden Herzog Philipps von Tuszien (1195/1196), Herzog Philipps von Schwaben (1196-1198) und des Königs Philipp und der Königin Irene/Maria (1198-1208) einschließlich der Entwicklung der Königsurkunde unter Philipp und der Auswirkungen des Thronstreits auf die Urkundenausstellung.
Die folgende Edition beginnt mit einer Belehnung von Angehörigen der Kommune |
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AAAKoeblerGerhard-RechtsgeschichtlicheNeuerscheinungen2015 |
Ganzen Eintrag anzeigen RechtsgeschichtlicheNeuerscheinungen 2015
*Flöer, Michael, Die Ortsnamen des Kreises Olpe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 8). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2014. 416 S., Abb.
*Muhr, Rudolf/Peinhopf, Marlene, Wörterbuch rechtsterminologischer Unterschiede Österreich-Deutschland (= Österreichisches Deutsch Sprache der Gegenwart 16). Lang, Frankfurt am Main 2015. 748 S.
*Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit, hg. v. Conrad, Benjamin/Maner, Hans-Christian/Kusber, Jan (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 170 = Parlamente in Europa 4). Droste, Düsseldorf 2015. 287 S.
*Görtz, Hans-Helmut, Reichskammergerichtspersonal und andere Personen in den Taufbüchern von Predigerkirche und St. Georgen zu Speyer 1593-1689 (= Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte 12). Selbstverlag des Autors in Verbindung mit dem Historischen Verein der Pfalz Bezirksgruppe Speyer, Speyer 2015. XXI, 526 S., Ill.
Kollateralopfer. Die Tötung von Unschuldigen als rechtliches und moralisches Problem, hg. v. Gillner, Matthias/Stümke, Volker. Nomos/Aschendorff, Baden-Baden/Münster 2014. 258 S.Ihrig, Stefan, Atatürk in the Nazi Imagination. Harvard University Press. Cambridge/Massachusetts 2014. 320 S.
Struve, Kai, Deutsche Herrschaft, ukrainischer Nationalismus, antijüdische Gewalt. Der Sommer 1941 in der Westukraine. De Gruyter, Berlin 2015. XVI, 739 S., 34 Abb.
Meder, Stephan, Doppelte Körper im Recht. Traditionen des Pluralismus zwischen staatlicher Einheit und transnationaler Vielheit. Mohr Siebeck, Tübingen 2015. 375 S.
Leidecker, Melanie, Das ist die Top-Geschichte des Tages!. Die Aufmacher-Artikel deutscher Tageszeitungen im Vergleich (= Medien in Geschichte und Gegenwart 30). Böhlau, Wien 2015. 389 S., Abb., Graf.
Lindemann, Uwe, Das Warenhaus. Schauplatz der Moderne. Böhlau, Wien 2015. 377 S., Abb.
Libri vitae. Gebetsgedenken in der Gesellschaft des frühen Mittelalters, hg. v. Geuenich, |
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Köbler, Gerhard-Rechtsgeschichtliche Neuerscheinungen-2016-alphabetisch |
Ganzen Eintrag anzeigen *Adlgasser, Franz, Die Mitglieder der österreichischen Zentralparlamente 1848-1918. Konstituierender Reichstag 1848-1849, Reichsrat 1861-1918. Ein biographisches Lexikon, Teilband 1 A-L, Teilband 2 M-Z (= Studien zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie 33). Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2014. CII, 1-745, 747-1540 S.
*Adomeit, Klaus/Hähnchen, Susanne, Latein für Jurastudierende – Ein Einstieg in das Juristenlatein. 6. A. Beck, München 2015. XIII, 103 S.
*Alma mater antisemitica, Akademisches Milieu, Juden und Antisemitismus an den Universitäten Europas zwischen 1918 und 1939, hg. v. Fritz, Regina/Starek, Jana/Rossoliński-Liebe, Grzegorz (= VWI Workshop 1). New Academic Press, Wien 2015. 328 S.
*Althoff, Gerd, Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 360 S.
*Arbeit im Nationalsozialismus, hg. v. Buggeln, Marc/Wildt, Michael. De Gruyter Oldenbourg, München 2014. 403 S.
*Argumenta Papiniani. Studien zur Geschichte und Dogmatik des Privatrechts, hg. v. Harke, Jan Dirk. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2013. IX, 146 S.
*Armer Konrad und Tübinger Vertrag im interregionalen Vergleich. Fürst, Funktionseliten und „Gemeiner Mann“ am Beginn der Neuzeit, hg. v. Hirbodian, Sigrid/Kretzschmar, Robert/Schindling, Anton (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen, Band 206). Kohlhammer, Stuttgart 2016. 382 S.
*Asholt, Martin, Verjährung im Strafrecht. Zu den theoretischen, historischen und dogmatischen Grundlagen des Verhältnisses von Bestrafung und Zeit in §§ 78ff. StGB (= Jus Poenale 3). Mohr Siebeck, Tübingen 2016. XV, 785 S.
*Aure, Andreas Harald, The Right to Wage War (jus ad bellum) – The German reception of Grotius 50 years after De iure belli ac pacis (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Grundlagen des Rechts 52). Berliner Wissenschaftsverlag, Be |
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Steininger, Rolf, Ein neues Land an Rhein und Ruhr. Die Entstehungsgeschichte Nordrhein-Westfalens 1945/46, 1988, unveränd. Neuaufl. in größerem Format. Kohlhammer, Stuttgart 2016. 358 S., 55 Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Steininger, Rolf, Ein neues Land an Rhein und Ruhr. Die Entstehungsgeschichte Nordrhein-Westfalens 1945/46, 1988, unveränd. Neuaufl. in größerem Format. Kohlhammer, Stuttgart 2016. 358 S., 55 Abb. Besprochen von Werner Schubert.
1988 hat Steininger eine umfangreiche Edition unter dem Titel: „Die Ruhrfrage 1945/46 und die Entstehung Nordrhein-Westfalens, britische, französische und amerikanische Akten“ mit einer umfangreichen Einführung herausgegeben. Die ausführliche Einleitung wurde 1990 von der Landeszentrale für Politische Bildung Nordrhein-Westfalen ohne größere Änderungen separat herausgegeben. Der vorliegende Band stellt einen unveränderten Nachdruck des Werks von 1990 vor.
Das in fünf Teile gegliederte Werk bringt zunächst einen Abschnitt über die Planungen der Alliierten im Krieg (S. 28-69). In diesem Zusammenhang behandelt Steininger Vorschläge zu einer Zerstückelung Deutschlands in Einzelstaaten, den amerikanischen Morgenthau-Plan, die Pläne Frankreichs (Gründung eines Weststaats „Rhenania“ mit Westfalen und dem Ruhrgebiet), die Konferenzen in Jalta und Potsdam (französische Überlegungen über das Ruhrgebiet als internationales „Ruhrterritorium“) und die Frage einer Teilung der Rheinprovinz zugunsten der französischen Besatzungszone. Im zweiten Kapitel geht Steininger ein auf Frankreichs Forderung nach Abtrennung des Rheinlands und des Ruhrgebiets von Deutschland, die insbesondere von britischer Seite abgelehnt wurde. Im dritten Kapitel befasst sich Steininger wiederum mit der Frage einer Abtrennung des Ruhrgebiets und einer Internationalisierung oder Sozialisierung der Ruhrindustrie (S. 123-200). Obwohl Spitzenbeamte des Foreign Office für eine politische Abtrennung des Ruhrgebiets von Deutschland eintraten, setzte sich am 17. 4. 1946 im britischen Kabinett die Meinung durch, dass ein neues deutsches Land an der Ruhr begründet werden und die Ruhrindustrie entweder internationalisiert oder sozialisiert werden sollte (S. 180ff., |
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Misselwitz, Frederike, Marie Luise Hilger. Zum Leben und Wirken einer Arbeitsrechtlerin im 20. Jahrhundert (= Schriftenreihe Deutscher Juristinnenbund e. V. 5). Nomos, Baden-Baden 2016. 784 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Marie Luise Hilger (1912-1996) hatte in der nationalsozialistisch beherrschten Zeit das Referendarexamen und das Assessorexamen abgelegt, war die dritte in Deutschland habilitierte Juristin und die zweite Richterin und die erste Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht. Schon aufgrund dieser Daten ist es zu begrüßen, dass sich Misselwitz der Biografie dieser bedeutenden Arbeitsrechtlerin der frühen und mittleren Bundesrepublik in ihrer Dissertation (Jena) angenommen hat. Am „Beispiel von Marie Luise Hilgers Werdegang“ zeigt Misselwitz „das selten diskutierte Verhältnis zwischen Biografie, Geschlecht und Recht“ auf und setzt „Entwicklungslinien in Wissenschaft und Rechtsprechung in einen Kontext mit den an ihnen beteiligten Persönlichkeiten“ (S. 29). Ihre Ausführungen bewegen sich stets zwischen zwei Ebenen: „der allgemein-historischen und der individuell-persönlichen“ (S. 35). Ziel der Untersuchungen war es, „beide Ebenen zu verbinden und dabei die feststehenden historischen Gegebenheiten den persönlichen Erfahrungen von Marie Luise Hilger gegenüber zu stellen“ (S. 35). Nach der Einleitung (S. 27ff.) behandelt Misselwitz in vier Abschnitten die Familie, die schulische Ausbildung, die Fremdsprachenausbildung und das Studium Hilgers (S. 39-263). Nach der Übersiedlung ihrer Familie von Bremen nach Heidelberg im Jahre 1920 legte sie 1930 die Abiturprüfung ab. Nach Abschluss einer Dolmetscherausbildung in Französisch an der Handelshochschule Mannheim studierte Hilger zunächst drei Semester Volkswirtschaft an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg. Im Herbst 1933 erhielt sie ein Stipendium des DAAD für London, wo sie als Lehramtsassistentin an einer Londoner Schule tätig war, und nahm im Wintersemester 1934/ |
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Melanie, Der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Stadt Frankfurt am Main von 1811, Band 1 Entstehen, Inhalt und Wirkung, Band 2 Text und Materialien. Winter, Heidelberg 2016. XIV, 276 S., IV, 142 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Döge, Melanie, Der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Stadt Frankfurt am Main von 1811, Band 1 Entstehen, Inhalt und Wirkung, Band 2 Text und Materialien. Winter, Heidelberg 2016. XIV, 276 S., IV, 142 S. Besprochen von Werner Schubert.
Die Gesetzgebungsgeschichte der Rheinbundzeit ist immer noch nicht vollständig erschlossen, wie das Werk Melanie Döges über den Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Stadt Frankfurt am Main von 1811 zeigt. Döge behandelt in Band 1 ihres Werkes zunächst die Entstehung, den Inhalt und Wirkung des HGB-Entwurfs und ediert in Band 2 den Text des Entwurfs. Im ersten Teil des ersten Bandes geht es zunächst um die Errichtung und die Verfassung des Großherzogtums Frankfurt und im Anschluss daran um die weiteren napoleonischen Modellstaaten, das Königreich Westphalen und das Großherzogtum Berg, die beide das französische Recht in größerem Umfang übernommen haben als das Großherzogtum Frankfurt. Insbesondere hat dieses zwar den Code Napoléon eingeführt, jedoch nur mit nicht unerheblichen Modifikationen. In noch größerem Umfang gilt dies für das französische Zivilprozessrecht. Der Code de commerce wurde im Großherzogtum Berg sowie in den linksrheinischen und hanseatischen Departementen eingeführt (S. 33ff.). 1808 erteilte der Fürstprimas v. Dalberg als Großherzog den Auftrag, die Einführung des Code de commerce von 1807 für die Stadt Frankfurt zu begutachten. Die Gutachten und Stellungnahmen sprachen sich teils gegen, teils sehr zurückhaltend für eine (teilweise) Übernahme des Code de commerce aus (S. 43ff.). Die Frankfurter Handelskammer überreichte 1811 der Generalkommission des Großherzogtums als Erledigung des Gutachtenauftrags den Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Stadt Frankfurt am Main. Der Entwurf stammte von dem damaligen Rechtskonsulenten der Handelskammer Stadtgerichtsrat Fritz Schlosser in Zusammenarbeit mit einem Sachverständigenausschuss der Handelskammer (S. 46ff.). Berücksichtigt wurde bei den |
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Weinke, Annette, Gewalt, Geschichte, Gerechtigkeit. Transnationale Debatten über deutsche Staatsverbrechen im 20. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts 19). Wallstein, Göttingen 2016. 372 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weinke, Annette, Gewalt, Geschichte, Gerechtigkeit. Transnationale Debatten über deutsche Staatsverbrechen im 20. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts 19). Wallstein, Göttingen 2016. 372 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Jedem, der sich mit der justiziellen Aufarbeitung der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt, wird der Name Annette Weinke wohlvertraut sein. Die 1963 in Kiel geborene Wissenschaftlerin, die derzeit als Assistentin am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Jena lehrt, hat schon mehreren einschlägigen Gremien als Expertin angehört und sich mit sachkundigen Publikationen einen Namen gemacht. So wirkte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der „Arbeitsgruppe Regierungskriminalität“ der Staatsanwaltschaft II am Landgericht Berlin (1993 – 1996), bei der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart unter Klaus-Michael Mallmann (2006 – 2008) und zuletzt unter Norbert Frei in der Unabhängigen Historikerkommission zur Geschichte des Auswärtigen Amtes in der Zeit des Nationalsozialismus und der Bundesrepublik (2006 – 2010). Ihre schriftlichen Arbeiten befassen sich mit der Geschichte der Verfolgung von nationalsozialistischen Tätern im geteilten Deutschland (2002; hervorgegangen aus ihrer 2001 bei Christoph Kleßmann in Potsdam approbierten Dissertation), der Inszenierung des Rechts in der Deutschen Demokratischen Republik im Rahmen von Schau- und Medienprozessen sowie von Prozessfilmen (Herausgeberin 2006), der Nürnberger Prozesse (2006) und der Zentralen Stelle Ludwigsburg (2008). Mit ihrer jüngsten Publikation wurde die Verfasserin 2014 an der Philosophischen Fakultät der Universität Jena habilitiert.
Der Schwerpunkt des wissenschaftlichen Interesses Annette Weinkes liegt somit in der Verschränkung geschichtswissenschaftlicher, juridischer und gesellschaftspolitischer Diskursräume in Auseinandersetzung mit den Akten obrigkeitlicher Gewalt, die i |
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Denzler, Alexander, Über den Schriftalltag im 18. Jahrhundert. Die Visitation des Reichskammergerichts von 1767 bis 1776 (= Norm und Struktur 45). Böhlau, Wien 2016. 612 S. Besprochen von Bernd Schildt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Denzler, Alexander, Über den Schriftalltag im 18. Jahrhundert. Die Visitation des Reichskammergerichts von 1767 bis 1776 (= Norm und Struktur, Band 45), Böhlau Verlag Köln–Weimar–Wien 2016, 612 S.
Bei der hier zu besprechenden Arbeit Alexander Denzlers handelt es sich um dessen von Sabine Ullmann und Johannes Burkhardt betreute Eichstätter Dissertation aus dem Jahre 2013. Entgegen der bescheidenen Selbsteinschätzung des Autors als „Studie“ handelt es sich vielmehr um eine breit angelegte Untersuchung über die letzte, ein Jahrzehnt andauernde Visitation des Reichskammergerichts. Vor dem Leser wird eine ungeheure Materialfülle sowohl archivarischer Überlieferung als auch zeitgenössischen Schrifttums und moderner Forschungsliteratur ausgebreitet, was in einem umfangreichen Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 489-562) gut dokumentiert ist. Denzler belegt damit aber keineswegs nur seine weit ausgreifende Belesenheit, wie das bei Graduierungsarbeiten gelegentlich vorkommen soll. Bei der Lektüre des Buches wird schnell deutlich, dass das Gelesene durchgängig auch inhaltlich verarbeitet worden ist. Der Verfasser versteht es auf bemerkenswerte Weise, das von ihm beigezogene Material scharfsinnig zu analysieren, aus seinen Untersuchungen Schlüsse zu ziehen und die Ergebnisse in einer die Wissenschaft bereichernden Art und Weise zu präsentieren. Man fühlt sich gelegentlich sogar in das zeitgenössische Visitationsgeschehen selbst hineinversetzt. Mag auch der Einstieg in die Lektüre des Buches wegen des teilweise doch recht barocken Stils der Darstellung und einer wohl (auch) daraus resultierenden etwas inflationären Verwendung von Fremdwörtern nicht unkompliziert sein, der Ertrag für den Leser lohnt die Mühe auf jeden Fall.
In einer ausgesprochen instruktiven Einleitung führt der Autor den Leser unter dem weit gefassten Gesichtspunkt „Über Schriftlichkeit in Vergangenheit und Gegenwart“ an sein Thema im engeren Sinn – nämlich die Visitation des Re |
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Seliger, Hubert, Politische Anwälte? Die Verteidiger der Nürnberger Prozesse. Nomos, Baden-Baden 2016. 621 S. Zugleich Diss. phil. Univ. Augsburg 2014. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Seliger, Hubert, Politische Anwälte? Die Verteidiger der Nürnberger Prozesse. Nomos, Baden-Baden 2016. 621 S. Zugleich Diss. phil. Univ. Augsburg 2014. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Einem bislang weitgehend übersehenen Aspekt der Verfolgung von nationalsozialistischen Gewaltverbrechen widmet sich die Arbeit, die 2014 als geschichtswissenschaftliche Dissertation angenommen worden ist. Die Arbeit untersucht den persönlichen Hintergrund zahlreicher Rechtsanwälte, die im Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher und bei einzelnen der Nachfolgeverfahren als Verteidiger tätig waren. Daneben werden Rechtsanwälte behandelt, die später in nationalsozialistischen Gerichtserfahren verteidigt haben. Für die unter alliiertem Vorsitz geführten Verfahren ist es beachtenswert, welche Freiheiten die Gerichte und die Anklagevertreter den Angeklagten bei der Wahl ihrer Verteidiger einräumten. Bezeichnend ist hierfür, dass der Rechtsanwalt Otto Kranzbühler in einer geringfügig veränderten Marineuniform vor Gericht auftreten konnte. Wenn das internationale Militärtribunal sich zwar eine Bestätigung der Verteidiger vorbehielt, ermöglichte es dennoch, dass im Hintergrund zahlreiche Juristen, die früher in Ministerien oder Parteiorganisationen der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei leitend tätig waren, die Verteidigung unterstützen konnten. Es ist hierbei erstaunlich, in welchem Maße die so Tätigen die Nürnberger Verfahren damals und später als „Siegerjustiz“ schmähen konnten. Der Verfasser konnte sich bei seiner Arbeit auf eine Vielzahl von Akten stützen, die in zahlreichen Archiven verwahrt werden. Diese Archivalien sind jedoch meist erst verfügbar, wenn die Betroffenen verstorben sind. Hinweise zur NSDAP oder SS-Tätigkeit sind erst seit den frühen 1990er Jahren in dem vom Verfasser genutzten Umfang frei verfügbar. Gleiches gilt für Personalakten von Rechtsanwaltskammern u. ä. Damit war es dem Verfasser möglich, viele Einzelheiten zu den Handelnde |
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Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, hg. v. Palandt, Otto, bearb. v. Brudermüller, Gerd/Ellenberger, Jürgen, Götz, Isabell/Grüneberg, Christian/Herrler, Sebastian/Sprau, Hartwig/Thorn, Karsten/Weidenkaff, Walter/Weidlich, Dietmar/Wicke, Hartmut, 76. Aufl. Beck, München 2017. XXXIV, 3247 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, hg. v. Palandt, Otto, bearb. v. Brudermüller, Gerd/Ellenberger, Jürgen, Götz, Isabell/Grüneberg, Christian/Herrler, Sebastian/Sprau, Hartwig/Thorn, Karsten/Weidenkaff, Walter/Weidlich, Dietmar/Wicke, Hartmut, 76. Aufl. Beck, München 2017. XXXIV, 3247 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und seiner Vorgänger war bis zu dem 31. Dezember 1899 so partikular und vielfältig wie das bürgerliche Recht in (den Mitgliedstaaten) der Europäischen Union. Auch wenn sich damit auskömmlich leben ließ und lässt, hat die Einheitlichkeit doch auch so viele Vorzüge, dass der Reichstag des Deutschen Reiches sich an dem Ende des 19. Jahrhunderts doch zu einem einzigen Bürgerlichen Gesetzbuch entschied, dass trotz einer kleinen Verlustliste deutscher Rechtseinheit für das gesamte Deutsche Reich im Bereich des bürgerlichen Rechtes grundsätzlich für jeden gleiches Recht schuf. Zwar wurde es unmittelbar bei seiner Inkraftsetzung Gegenstand vielfältiger Kommentierung, doch vergingen fast vierzig Jahre, bis sich ein einziger Kommentar in einem einzigen Band auf bisher unabsehbare Zeit weitgehend durchsetzte.
Vom 1. Dezember 1938 datiert das Vorwort Otto Palandts, das an den großen Erfolg der im Mai 1938 bereits in 14. Auflage vorliegenden, von Adolf Baumbach verantworteten Kommentierung der Zivilprozessordnung des Deutschen Reiches von 1877/1879 anknüpft. Bearbeitet wurde das neue Werk außer von dem Gesamtredaktion und Einleitung besorgenden Präsidenten des Reichsjustizprüfungsamts von einem Oberverwaltungsgerichtsrat, einem Kammergerichtsrat, einem Rechtsanwalt, einem Landgerichtsrat, zwei weiteren Kammergerichtsräten, einem Landgerichtsdirektor und einem weiteren Landgerichtsrat. Es war auf Anhieb ein ungewöhnlicher Erfolg des Verlags und der acht (bzw. 9) Autoren.
Es umfasste in einem Band auf 2194 Seiten das Bürgerliche Gesetzbuch und das zugehörige Einführungsgesetz so |
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Wandel und Kontinuität. Was bleibt von der DDR und vom Kalten Krieg?, hg. v. Hirscher, Gerhard (= Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen 104). Hans-Seidel-Stiftung, München 2016. 66 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wandel und Kontinuität. Was bleibt von der DDR und vom Kalten Krieg?, hg. v. Hirscher, Gerhard (= Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen 104). Hans-Seidel-Stiftung, München 2016. 66 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Ist die Geschichte das in der Zeit Geschehene, so ist die Geschichte als wissenschaftliches Fach für dessen Darstellung und Einordnung zuständig. Dabei hat sich im Laufe der Entstehung der Geschichtswissenschaft ein gewisser zeitlicher Abstand der Darstellung des Geschehenen zu dem vergangenen Geschehen bewährt. Deswegen ist die Bilanzierung durch dritte Betrachter ex post wegen seiner Vorzüge allgemein üblich geworden.
Die Deutsche Demokratische Republik ist mit der Herstellung deutscher Einheit in dem Jahre 1990 zu Ende gegangen. Damit endete zugleich der nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb der alliierten Siegermächte entstandene Krieg ohne militärische Waffen, wofür die Welt Michael Gorbatschow trotz des eigentlichen Scheiterns seiner politischen Zielvorstellungen zu besonderem Dank verpflichtet ist. Mit den seinerzeitigen Geschehnissen setzt sich der vorliegende schmale Sammelband aueinander, der nach einer Einführung des als Referent für Grundsatzfragen der Politik, Parteien- und Wahlforschung der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hans-Seidel-Stiftung in München tätigen Herausgebers sechs Studien enthält.
Sie betreffen den Herrschaftsapparat der DDR aus heutiger Sicht, 25 Jahre Totalitarismusforschung nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, die DDR im Spiegel des Linksextremismus, Ost und West 25 Jahre nach der Herstellung deutscher Einheit sowie zwei Untersuchungen zu Putinismus und dem System Putin. Dabei ergibt sich insgesamt nach dem Vorwort des Herausgebers, dass die Sowjetunion zwar zu Ende gegangen, Russland dabei aber bislang nicht zu einer westlichen Demokratie geworden ist. Vielmehr stellt sich am Ende die Frage, ob das dem Sowjetsystem Leonid Breschnews ähnliche System Putin in Stagnati |
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Frotscher, Werner/Pieroth, Bodo, Verfassungsgeschichte, 15. Aufl. Beck, München 2016. XXVII, 418 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Frotscher, Werner/Pieroth, Bodo, Verfassungsgeschichte, 15. Aufl. Beck, München 2016. XXVII, 418 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Innerhalb der Rechtsgeschichte gewinnt die Verfassungsgeschichte gegenüber den anderen Rechtsteilgebietsgeschichten weiter an Gewicht, was auch mit der Interdisziplinarität des Fachgebiets zu tun haben dürfte. Dementsprechend ist für die 1997 erstmals aufgelegte Verfassungsgeschichte der beiden Autoren innerhalb von weniger als 20 Jahren bereits die 15. Auflage erforderlich geworden. Sie folgt im Jahresabstand.
Die erste Auflage umfasste seinerzeit XX und 354 Seiten. Demgegenüber hat der Umfang der vorliegenden Auflage erfreulicherweise nur in einem überschaubaren Rahmen zugenommen. Gegenüber der Vorauflage ist er anscheinend sogar fast ganz gleich geblieben (XXVI, 418 S.).
Nach dem Vorwort haben die Verfasser die neue Literatur zur Verfassungsgeschichte (wie gewohnt) ausgewertet und besonders auf den Unterschied der völkerrechtlichen Sicht des Wiener Kongresses (Friede) gegenüber der innerdeutschen Sicht (Stillstand) hingewiesen. Den Endpunkt der Menschheitsgeschichte vermögen auch sie einleuchtenderweise nicht vorherzusehen. Immerhin halten sie Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat und Bundesstaat auch als Grundlagen für supranationale Organisationsformen für zentral, so dass ihr Werk in dem Rahmen der allgemeinen Erwartungen weiter eine blühende Zukunft vor sich haben dürfte.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie II Antiqua, hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv, Band 3 Karton 135-277f., hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Rasche, Ulrich. Erich Schmidt, Berlin 2016. 883 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie II Antiqua, hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv, Band 3 Karton 135-277f., hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Rasche, Ulrich. Erich Schmidt, Berlin 2016. 883 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der anfangs königlicher Hofrat oder kaiserlicher Hofrat genannte Reichshofrat ist der nach mittelalterlichen Vorläufern 1497 begründete Hofrat des Königs bzw. Kaisers des Heiligen römischen Reiches in Wien. Er entstand kurz nach dem von den Reichsständen dem Kaiser 1495 abgezwungenen Reichskammergericht. In der Rechtsgeschichtswissenschaft stand er lange im Schatten des Reichskammergerichts, dessen wichtigste Quellen in der jüngeren Vergangenheit leichter greifbar gemacht wurden.
Dieser wissenschaftsgeschichtliche Vorsprung wird in den letzten Jahren auf Grund des besonderen Einsatzes Wolfgang Sellerts aber wieder eingeholt, der sich mit Unterstützung Werner Ogris‘ sowie der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Universität Wien und dem österreichischen Staatsarchiv um die Erschließung der Akten des Reichshofrats hervorragend verdient gemacht hat. Dementsprechend werden seit 2008 die Akten des kaiserlichen Reichshofrats in verschiedenen Serien ediert. Der vorliegende dritte Band der Serie (II) Antiqua hat bei Erscheinen unmittelbar das Interesse eines vorzüglichen Sachkenners erweckt, so dass es an dieser Stelle genügt, in wenigen allgemeinen Bemerkungen vorweg auf ihn aufmerksam zu machen.
Im kurzen Vorwort weist Wolfgang Sellert eingangs darauf hin, dass der Band 1153 in 150 Kartons verwahrte Akten der Klägerbuchstaben K-M in einem Gesamtumfang von 143432 häufig schwer lesbaren, nicht selten ungeordneten Blättern verzeichnet. Er beginnt mit einem Streit des Klosters Kaisheim mit der Stadt Ulm aus den Jahren 1677 bis 1682 um die von der |
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Spieker, Christoph, Traditionsarbeit. Eine biografische Studie über Prägung, Verantwortung und Wirkung des Polizeioffiziers Bernhard Heinrich Lankenau 1891-1983 (= Villa ten Hompel, Schriften Band 12). Klartext, Essen 2015. 533 S., 110 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen AugustinovicSpiekertraditionsarbeit20161221 Nr. 16268 ZIER 6 (2016) 72. IT
Spieker, Christoph, Traditionsarbeit. Eine biografische Studie über Prägung, Verantwortung und Wirkung des Polizeioffiziers Bernhard Heinrich Lankenau (1891-1983) (= Villa ten Hompel, Schriften 12). Klartext, Essen 2015. 533 S., 110 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Traditionsarbeit – auf diese Feststellung legt der Verfasser des vorliegenden Bandes, der promovierte Historiker und Leiter des „Geschichtsorts Villa ten Hompel“, Christoph Spieker, im Rückgriff auf die Kommunikationstheorie Friedemann Schulz von Thuns Wert – sei nicht identisch mit dem positiv konnotierten Begriff der Erinnerungsarbeit. Der „Traditionsarbeiter“ sei „jemand, der die Erfahrungen seiner Wir-Gruppe bzw. der projektierten Zielgruppe mit der gewünschten Narration verknüpft. Differenzierter als ein Ideologe und filigraner als ein Agitator passt er seine Darstellung in den Erinnerungsdiskurs von Gruppen und Milieus ein. Durch Wiederholungen, durch das Anspielen auf bekannte Denk- und Interpretationsmuster, das Abrufen von Zeichen und Symbolen einer ‚Sprache‘ können nicht nur Informationen ausgetauscht werden. Es wird auch etwas über sich selbst ausgesagt, appelliert und hier in Beziehung gesetzt. Dieser Kommunikationsvorgang […] gelingt nur in dem Maße, wie er für die angedachte Zielgruppe glaubwürdig wirkt. Es bedarf einer Person, die wiedererkennbare Traditionselemente in Ritualen und bei Anlässen aus der Vergangenheit eines kollektiven Gedächtnisses ‚hinüber‘-bringt in das Verhalten einer Gemeinschaft.“ Im Verein mit weiteren hochrangigen Lobbyisten der ehemaligen Polizeikräfte des nationalsozialistischen Staates wie Adolf von Bomhard und Paul Riege sei der Protagonist der vorliegenden Biographie, der ehemalige Generalleutnant der Polizei und SS-Gruppenführer Dr. Bernhard Heinrich Lankenau (1891 – 1983), nach dem Fall des Dritten Reiches ein solcher „Traditionsarbeiter“ gewe |
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Kuckenburg, Martin, Wer sprach das erste Wort? Die Entstehung von Sprache und Schrift. 3. Aufl. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss, Darmstadt 2016. 272 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuckenburg, Martin, Wer sprach das erste Wort? Die Entstehung von Sprache und Schrift. 3. Aufl. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss, Darmstadt 2016. 272 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Sprache ist eines der wichtigsten Kennzeichen des Menschen innerhalb aller Lebewesen, weil sie ihn in bisher wohl einzigartiger Weise unter allen irdischen Kreaturen hervorhebt. Mit ihrer Hilfe hat sich der – zu unbekannter Zeit beginnende - Mensch die Erde in einer Weise zu eigen gemacht, wie es vor ihm keinem anderen Geschöpf gelang. Deshalb hätte sich der Sprecher des ersten Wortes, sei es auch noch so einfach, einen hervorragenden Preis im riesigen Buch des Lebens verdient und sein Entdecker könnte sich zumindest nachträglich in dem goldenen Glanz dieser großartigen Erfindung sonnen.
Der Verfasser der vorliegenden Untersuchung ist in Erfurt 1955 geboren und nach dem Studium von Vorgeschichte, Frühgeschichte, Urgeschichte und Volkskunde in Tübingen Sachbuchautor für archäologische und kulturgeschichtliche Fragen geworden. Wissenschaftlich hervorgetreten ist er 1991 durch eine Tübinger Magisterarbeit über den Stadtbegriff und seine Anwendbarkeit auf eisenzeitliche Großsiedlungen in Mitteleuropa. Bereits 1989 hatte er aber bei DuMont in Köln einen kulturgeschichtlichen Überblick über die Entstehung von Sprache und Schrift veröffentlicht.
Die vorliegende Fortführung der dort vorgetragenen Überlegungen ist Frank Rainer Scheck gewidmet, der die Erstausgabe des Buches betreute. Gegliedert ist die jetzige Fassung in fünf Abschnitte über die Entstehung der Sprache (Der Ursprung von Sprache und Schrift, Grillenzirpen, Vogelgesang und Affengekreisch, Sprachorgane, Gehirn und die Entwicklungsgeschichte des Menschen, Sprachentstehung und die Herausbildung von Technik und Kultur, aktuelle Spekulationen über die Ursprache) und sieben Abschnitte über die greifbarere, weil in Zeichen festhaltbare Schrift (Felsbilder und Zählkerben, Schrift, |
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Heidenreich, Ronny/Münkel, Daniela/Stadelmann-Wenz, Elke, Geheimdienstkrieg in Deutschland. Die Konfrontation von DDR-Staatssicherheit und Organisation Gehlen 1953 (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945-1968 3). Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 463 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Heidenreich, Ronny/Münkel, Daniela/Stadelmann-Wenz, Elke, Geheimdienstkrieg in Deutschland. Die Konfrontation von DDR-Staatssicherheit und Organisation Gehlen 1953 (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945-1968 3). Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 463 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Bis zum 8. Mai 1945 kämpften die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion, das Königreich Großbritannien und Frankreich ungeachtet ihrer sonstigen unterschiedlichen Interessen gemeinsam gegen die Achsenmächte einschließlich des Deutschen Reiches Adolf Hitlers. Kaum waren diese gemeinsamen Feinde niedergerungen, traten die bisherigen nationalen Vorstellungen wieder in den Vordergrund. Hieraus erwuchs ein kalter Krieg, in dem es nicht zu öffentlichen Kriegserklärungen kam, in dem aber die Beteiligten größtes Interesse an den internen Überlegungen der jeweils anderen Seite hatten.
Nach der kurzen Einleitung der Verfasser war in den 1971 veröffentlichten Erinnerungen Reinhard Gehlens (Erfurt 1902-Berg am Starnberger See 1979), der 1920 als Offiziersanwärter in die Reichswehr des Deutschen Reiches eingetreten und dort bis zu seiner Entlassung durch Adolf Hitler (9. April 1945) zum Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost des Generalstabs des Heeres aufgestiegen sowie in der Kriegsgefangenschaft seitens der Vereinigten Staaten von Amerika in deren Dienste eingetreten war, das Jahr 1953 vor allem durch den Zweikampf zwischen ihm als dem Leiter der Organisation Gehlen (der Vereinigten Staaten von Amerika bzw. der Bundesrepublik Deutschland) und dem Leiter der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik (Ernst Wollweber) geprägt. Dies untersuchen die Verfasser des vorliegenden, sehr interessanten Werkes nach einer Einleitung über Aufbau, Quellenlage und Danksagung in sechs auch viele bislang unbekannte Akten verwertenden Abschnitten. Sie betreffen die Organisation Gehlen |
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Heldmann, Konrad, Europa und der Stier oder der Brautraub des Zeus. Die Entführung Europas in den Darstellungen der griechischen und römischen Antike. V&R Academic, Göttingen 2016. 227 S., 7 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Heldmann, Konrad, Europa und der Stier oder der Brautraub des Zeus. Die Entführung Europas in den Darstellungen der griechischen und römischen Antike. V&R Academic, Göttingen 2016. 227 S., 7 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wie der Verfasser in seinem kurzen Vorwort zutreffend betont, ist kein anderes Bildmotiv aus der Antike auch in einer breiteren Öffentlichkeit so bekannt wie Europa auf dem Stier. Dementsprechend gibt es in der wissenschaftlichen Literatur seit langem eine vorherrschende Deutung des zugrundeliegenden Geschehens. Demgegenüber vertritt der Verfasser die Ansicht, dass die antiken Erzähler und ihre Leser die Geschichte von der Entführung Europas in einem entscheidenden Punkt ganz anders verstanden haben, als dies in der modernen wissenschaftlichen Literatur dargestellt wird.
Der in Halle an der Saale 1940 geborene Autor wurde nach dem Abitur in Kassel und dem Studium der klassischen Philologie, Geschichte und Germanistik in Marburg, Heidelberg und Freiburg im Breisgau 1972 mit einer Dissertation über die Tragödien Senecas promoviert und nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent 1980 habilitiert. 1985 wurde er nach Kiel berufen und dort 2005 in den Ruhestand versetzt. In seinen verschiedenen Veröffentlichungen hat er sich vor allem mit der Redekunst, Homers Niederlage im Dichterwettstreit mit Hesiod, Sallust, Ovid und dem Selbstverständnis antiker Historiker befasst.
Die vorliegende Untersuchung macht es sich zur Hauptaufgabe, die Europa-Erzählungen von Hesiod bis Horaz aus der Perspektive eines Lesers zu untersuchen, der die Version Ovids noch nicht gekannt hat, um erst danach auf die narratologischen Mittel einzugehen, durch die Ovid der berühmten Geschichte einen anderen Sinn gibt, und abschließend einen Blick auf den spätantiken Epiker Nonnos zu werfen, in dessen Dionysiaka die Entführung Europas zum ersten und in der Antike einzigen Male zu einer Liebesaffäre des mit Hera verheirateten Gött |
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Schillinger, Ulrike, Die Neuordnung des Prozesses am Hofgericht Rottweil 1572. Entstehungsgeschichte und Inhalt der neuen Hofgerichtsordnung (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 67). Böhlau, Wien 2016. 271 S. Besprochen von Bernd Schildt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schillinger, Ulrike, Die Neuordnung des Prozesses am Hofgericht Rottweil 1572. Entstehungsgeschichte und Inhalt der Neuen Hofgerichtsordnung (= Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich, Band 67). Böhlau Verlag, Köln–Weimar–Wien 2016, 271 S. Mit ihrer Bayreuther juristischen Dissertation von 2014 greift die Verfasserin ein Thema auf, das erst in jüngster Zeit wieder stärker in den Fokus (rechts)historischer Forschung gerückt ist. Ältere Arbeiten haben der als Folge einer Visitation des Hofgerichts im Jahre 1571 geschaffenen (Neuen) Rottweiler Hofgerichtsordnung (NHGO) von 1572 zumeist nur am Rande Beachtung geschenkt. Ausgehend von diesem Befund geht Schillinger vorliegend der Frage nach, inwieweit diese Gerichtsordnung – insbesondere das in ihr geregelte Verfahren – durch die Reichskammergerichtsordnung (RKGO) von 1555 geprägt worden ist und in welchem Umfang deren Abfassung durch die (Alte) Hofgerichtsordnung von 1435 (AHGO) beeinflusst wurde. Ferner geht es um die Ziele und Ergebnisse der Neuordnung der Prozessordnung und die Stellung des Rottweiler Hofgerichts nach deren Reformation. Zunächst skizziert die Verfasserin in einer Einleitung (S. 9-25) den historischen Hintergrund, den Forschungsstand, den Untersuchungszeitraum und die Fragestellung sowie Quellen und Methode ihres Vorhabens. Danach thematisiert sie unter B (Im Vorfeld der Neuen Hofgerichtsordnung, S.27-51), ausgehend von der AHGO, der RKGO sowie dem Verlauf und den Ergebnissen der Visitation des Hofgerichts im Jahre 1571 das Bemühen um eine Reformation der alten, dinggenossenschaftlich geprägten Gerichtsordnung. Der sich anschließende Abschnitt C. Die Neue Hofgerichtsordnung von 1572 (S. 53-201) bildet den Schwerpunkt der Untersuchung. Behandelt werden zunächst I. die Rechtsnatur (diese Frage bleibt letztlich offen) und II. der Aufbau des Gerichts; dabei geht es um die „personen des hofgerichts, den gezirk (Wirkungsbereich) die jurisdiction un |
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Longerich, Peter, Wannseekonferenz. Der Weg zur „Endlösung“. Pantheon, München 2016. 221 S., Ill. Besprochen von Werner Augustnovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Longerich, Peter, Wannseekonferenz. Der Weg zur „Endlösung“. Pantheon, München 2016. 221 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic.
Im Jahr 2012 trafen sich anlässlich des 70. Jahrestages der Wannsee-Konferenz rund einhundert Teilnehmer in der heutigen Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, um im Rahmen einer Fachtagung den Stellenwert des seinerzeitigen, auf Staatssekretärsebene angelegten, etwa eineinhalbstündigen Koordinierungstreffens im historischen Kontext der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ zu diskutieren und zu klären. Die Erkenntnisse der Tagung wurden in einem Sammelband zusammengefasst, den Norbert Kampe und Peter Klein als Herausgeber unter dem Titel „Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942. Dokumente, Forschungsstand, Kontroversen“ (2013) publiziert haben. Hierin sind auch alle für den Vorgang wesentlichen Dokumente (das sind insgesamt 25 einzelne Zeugnisse mit der exklusiv überlieferten, 16. Ausfertigung des Konferenzprotokolls als Zentraldokument), kommentiert von Norbert Kampe und Bettina Stangneth, als Faksimile oder Abschrift abgedruckt. Die triviale, aber außerhalb der Fachkreise bis heute verbreitete Vorstellung, auf der Wannsee-Konferenz sei gleichsam die Vernichtung des europäischen Judentums beschlossen worden, war im Zuge der Fachtagung von 2012 längst kein Thema mehr, hatte doch die Forschung erwiesen, dass seit Kriegsbeginn bereits Hunderttausende Juden systematisch ermordet worden waren. Die Frage, welche Bedeutung der Wannsee-Konferenz dann tatsächlich zukomme, wurde von den Teilnehmern des Symposiums allerdings nicht einhellig beantwortet; je nachdem, welchen Tatsachen jeweils Gewicht beigemessen wurde, schwankte das Spektrum der Einschätzungen zwischen „gering“ (Andrej Angrick) und „wichtig“ (Jan Erik Schulte). Konstatiert wurde aber unter anderem, dass Reinhard Heydrich als Gastgeber diverse, in die Praxis der Judenvernichtung zentral involvierte Dienststellen aus dem Machtbereich seines Vo |
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Görtz, Hans-Helmut, Reichskammergerichtspersonal und andere Personen in den Taufbüchern von Predigerkirche und St. Georgen zu Speyer 1593-1689 (= Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte 12). Selbstverlag des Autors in Verbindung mit dem Historischen Verein der Pfalz Bezirksgruppe Speyer, Speyer 2015. XXI, 556 S., Ill. Besprochen von Bernd Schildt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Görtz, Hans-Helmut, Reichskammergerichtspersonal und andere Personen in den Taufbüchern von Predigerkirche und St. Georgen zu Speyer 1593-1689 (= Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte 12). Selbstverlag des Autors in Verbindung mit dem Historischen Verein der Pfalz Bezirksgruppe Speyer, Speyer 2015. XXI, 556 S., Ill. Besprochen von Bernd Schildt.
Für die erste und wohl insgesamt auch bedeutsamere Ära des Reichskammergerichts – die sogenannte „Speyerer Zeit“ – sind die Personalakten dieses höchsten Reichsgerichts nicht überliefert. Deshalb lässt sich anders als für die spätere, die „Wetzlarerer Zeit“, nur schwer ein Überblick über das Reichskammergerichtspersonal gewinnen. Ein solcher muss einigermaßen mühsam über zeitgenössisches Schrifttum (Denaisius, Ius Camerale; Wormbser, Iudicii Camerae Imperialis Personae; Leichenpredigten) ermittelt werden, was allerdings heute dank der Digitalisierung der einschlägigen Literatur im Prinzip von jedem beliebigen Ort (mit Internetzugang) aus immerhin möglich ist. Auch die beiden von Görtz vorliegend erschlossenen Taufbücher von Predigerkirche und St. Georgen zu Speyer sind via Internet einsehbar. Sie enthalten neben den Angaben zu den in Speyer getauften Kindern auch die Namen und Funktionen von deren Eltern und ihren Taufpaten (Gevattern). Die inhaltliche Erschließung dieser Quellen ist schon allein deshalb zu begrüßen, weil ihre Nutzung trotz freier öffentlicher Zugänglichkeit gleichwohl beschwerlich bleibt.
Görtz erfasst alle in den Taufbüchern aufgeführten Personen in einem auf der jeweiligen Funktion am Reichskammergericht basierenden Ordnungsschema. Daraus ergibt sich die inhaltliche Strukturierung der Darstellung nach Kammerrichter (1), Kammerpräsidenten (3), Assessoren/Beisitzer (55), Advokaten und Prokuratoren (155) sowie Praktikanten (12), Ärzten (4), Kanzleibediensteten (4), Pedelle (3), Boten (24), reitende Boten (2) und sonstiges Personal (1). Daneben werden auch Personen ohne Bezug zum |
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Urbach, Karina, Hitlers heimliche Helfer. Der Adel im Dienst der Macht, aus dem Englischen von Hartz, Cornelius. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 464 S., Abb. Besprochen von Werner Augustnovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urbach, Karina, Hitlers heimliche Helfer. Der Adel im Dienst der Macht, aus dem Englischen von Hartz, Cornelius. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 464 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Wer hätte sie noch nicht gemacht, die Erfahrung, dass der Weg über konventionelles Vorgehen keineswegs sicher zum Ziel führt? Auf dem sensiblen, von mannigfachen Rücksichtnahmen verminten Feld der internationalen Diplomatie ist daher der Bedarf besonders groß, neben den offiziellen Kanälen weitere Türen aufzutun, die es erlauben, im Hintergrund zielstrebig die eigene Position zu stärken und die eigenen Pläne tatkräftig voranzutreiben. Strukturen, die über weit gespannte Netzwerke bei gleichzeitiger Abgeschlossenheit nach außen verfügen, bieten besonders gute Voraussetzungen für Dienste der angesprochenen Art. Durch seine über Jahrhunderte etablierte und gepflegte Exklusivstellung verfügt der europäische Hochadel bis heute über weit reichende verwandtschaftliche Beziehungen, die den Kontinent gleichsam flächendeckend überziehen und vor den Grenzen der Nationalstaaten nicht haltmachen. In den konstitutionellen Monarchien stellt er weiterhin die Staatsoberhäupter und hat damit unmittelbaren Zugang zu den Zentren der Macht. Dass solche Kanäle, wenn sie nun einmal zur Verfügung stehen, nicht ungenutzt bleiben, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Historikerin Karina Urbach setzt sich mit diesem Thema auseinander, indem sie der Frage nachgeht, inwieweit Adelige seit Beginn des 20. Jahrhunderts inklusive der Ära Hitler international Geheimdiplomatie betrieben und welche Bestrebungen sie dabei jeweils wie gefördert haben.
Ihr Zugang zu den dafür erforderlichen Unterlagen sei keineswegs einfach gewesen, denn vor allem die königlichen Archive „stellen ein schweres Hindernis dar. […] Das liegt vor allem daran, dass alle königlichen Archive Gefangene ihres internationalen Materials sind. Sie arbeiten miteinander, d |
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Land – Geschichte – Identität. Geschichtswahrnehmung und Geschichtskonstruktion im 19. und 20. Jahrhundert – eine historiographische Bestandsaufnahme, hg. v. Gräf, Holger Th./Jendorff, Alexander/Monnet, Pierre (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 174). Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 2016. X, 269 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Land – Geschichte – Identität. Geschichtswahrnehmung und Geschichtskonstruktion im 19. und 20. Jahrhundert – eine historiographische Bestandsaufnahme, hg. v. Gräf, Holger Th./Jendorff, Alexander/Monnet, Pierre (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 174). Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 2016. X, 269 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Geschichte ist zwar nur das in der Zeit Geschehene und scheint von daher leicht und eindeutig greifbar. Tatsächlich ist sie aber wie vieles andere im menschlichen Leben weitgehend unkörperlich und damit flüchtig. Von daher bedarf sie in den meisten Bereichen stetig neuer Vergewisserung durch immer andere Betrachter.
Das vorliegende Werk geht auf eine wissenschaftliche Tagung gleichen Titels zurück, die in Bad Homburg am 6. und 7. November 2015 in der Werner-Reimers-Stiftung durchgeführt wurde. Ihr Ziel war die Nachforschung nach dem Ungefähren im Verhältnis von Land, Geschichte und Identität aus Anlass der 25. Wiederkehr der Gründung des Archivs des Hochtaunuskreises in Bad Homburg. Zu diesem Zweck wurden nach einer Einleitung durch die Herausgeber 14 Überlegungen vorgetragen, die sich in Blicke von außen, die Analyse der regionalen Historiographie des Main-Taunus-Raumes und Institutionen gliedern.
Die Blicke von außen beginnen mit Wiinfried Speitkamps Erfindungen: Raum – Land – Landesgeschichte, an die sich ein Kommentar Pierre Monnets anschließt, dem Blicke aus der Schweiz, Luxemburg und dem Preußenland folgen. Die Analyse der regionalen Historiographie enthält Überlegungen zur Ethnisierung der Geschichte der Taunusregion, zu Kategorien der entstehenden Landeskunde der Taunusregion, zur Konzeptualisierung des Raumes der Landesgeschichtsschreibung an dem Beispiel Nassaus, zur Wahrnehmung und Verarbeitung der Reformations- und Konfessionsgeschichte in der Rhein-Main-Taunus-Region des 19. und 20. Jahrhunder |
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Nowack, Sabrina, Sicherheitsrisiko NS-Belastung. Personalüberprüfungen im Bundesnachrichtendienst in den 1960er Jahren (= Veröffentlichungen der unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945-1968 Band 4). Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 524 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nowack, Sabrina, Sicherheitsrisiko NS-Belastung. Personalüberprüfungen im Bundesnachrichtendienst in den 1960er Jahren (= Veröffentlichungen der unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945-1968 Band 4). Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 524 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Durchschnittlich hat der Mensch eine bisher zunehmend steigende Lebenserwartung. Gleichzeitig ändern sich viele seiner äußeren Lebensbedingungen immer rascher, weil immer mehr Individuen immer mehr Gedanken entwickeln und zu verwirklichen versuchen. Deswegen konnte im deutschen Sprachraum der Einzelne während des 20. Jahrhunderts unter sehr unterschiedlichen politischen Bedingungen leben, die von der Monarchie über die Republik und die Diktatur bis zum Sozialismus oder dem rechtsstaatlichen Pluralismus reichen konnten und ganz unterschiedliche Anforderungen an den Gewaltunterworfenen stellten.
Mit einem Teilaspekt dieser Problematik beschäftigt sich die von der 1984 geborenen, zwischen 2004 und 2010 in Geschichtswissenschaft, Germanistik und Erziehungswissenschaft in Marburg ausgebildeten, nach dem Staatsexamen für das höhere Lehramt an Gymnasien als Mitarbeiterin der im Frühjahr 2011 berufenen unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes zwischen 1945 und 1968 tätigen Verfasserin in ihrer von Wolfgang Krieger betreuten am 15. Juli 2016 nach Disputation angenommenen Dissertation. Sie gliedert sich nach einer Vorbemerkung und einer Einleitung über Fragestellung und Aufbau, Forschungsstand und Quellen in vier Abschnitte. Sie betreffen die als Kurswechsel anzusehende Entscheidung für eine Überprüfung des „besonderen Personenkreises“, die Überprüfungen durch die Organisationseinheit 85, die Entscheidungen und die daraus folgenden Konsequenzen.
Im Ergebnis kann die Verfasserin in ihrer überzeugenden Arbeit feststellen, dass die von der Politik vor allem nach |
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Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung. Eine deutsch-belarussische Wanderausstellung des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks gGmbH (IBB Dortmund) sowie der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ Minsk (IBB Minsk), in Zusammenarbeit mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. 2016. 246 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung. Eine deutsch-belarussische Wanderausstellung des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks gGmbH (IBB Dortmund) sowie der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ Minsk (IBB Minsk), in Zusammenarbeit mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. 2016. 246 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach S. 238 des vorliegenden Werkes ist es das Ziel des 1986 gegründeten Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks (IBB), in interkulturellen Begegnungen und partnerschaftlicher Zusammenarbeit historische, soziale, kulturelle und weltanschauliche Grenzen zu überwinden und so zur Versöhnung und Verständigung zwischen den Völkern beizutragen. Zu den Schwerpunkten der Arbeit gehören Studienreisen zu Gedenkstätten, berufliche Fortbildungen, internationale Jugendprojekte und die Stärkung zivilgesellschaftlicher Initiativen. Möge dies alles gut gelingen.
1994 wurde in diesem Rahmen die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte in Minsk (IBB Minsk) eröffnet, die seit 2006 den Namen „Johannes Rau“ trägt. Sie bietet Bildungsmaßnahmen u. a. zu historischen, journalistischen, ökonomischen und sozialen Themen an, ist eine Dialogplattform für zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure in Belarus und unterhält ein Konferenzzentrum mit Hotel und Restaurant in Minsk. Gemeinsam gründeten das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk und das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk Minsk 2003 mit dem Verband der jüdischen Gemeinden und Organisationen in Belarus eine Geschichtswerkstatt auf dem Gelände des ehemaligen Gettos Minsks, in der jährlich etwa 10000 Besuchern historisches Lernen und Austausch mit Zeitzeugen am authentischen Ort ermöglicht wird.
Wem dies aus Mangel an Mitteln nicht möglich sein sollte, dem kann einen einfacheren Ersatz das vorliegende, reich bebilderte Werk bieten, das auf die bereits früh in Belarus entstandene Idee zurückge |
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Casemir, Kirstin/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Kreises Höxter (= Westfälisches Ortsnamenbuch 9). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2016. 472 S., 4 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Casemir, Kirstin/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Kreises Höxter (= Westfälisches Ortsnamenbuch 9). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2016. 472 S., 4 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Höxter an der Weser wird als villa, cui vocabulum est Huxeri, um 822 in der Translatio sancti Viti und 823 als villa regia in loco nuncupante dudum Hucxori in einem von zwei Diplomen Ludwigs des Frommen erstmals erwähnt. Seitdem ist es zu einer Mittelstadt mit fast 30000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen herangewachsen, die Kreisstadt eines am 1. Januar 1975 vor allem aus den Gebieten des Altkreises Höxter und des früheren Kreises Warburg gebildeten Landkreises in dem Regierungsbezirk Detmold ist. In Höxter liegt heute das Kloster Corvey, das im Jahre 822 mit Zustimmung Kaiser Ludwigs des Frommen als Benediktinerabtei gegründet wurde.
Im Rahmen des westfälischen Ortsnamenbuches legen die optimalen Bearbeiter nunmehr trotz teilweise veralteter Editionen die Ortsnamen des Kreises Höxter (mit den Gemeinden Steinheim, Nieheim, Marienmünster, Höxter, Bad Driburg, Brakel, Beverungen, Willebadessen, Borgentreich und Warburg) in vorbildlicher Weise als Band 9 von 20 geplanten Bänden vor. Er umfasst (bis 1600) 391 Siedlungsnamen, von denen 248 dauerhaft wüst gefallene Siedlungen betreffen (zusammen mit den nur zeitweise wüsten Siedlungen 66 Prozent aller alten Siedlungen dieses Bereichs). Nach der ansprechenden Vermutung der Bearbeiter hängt dieser außerordentlich hohe Anteil der Wüstungen zumindest teilweise mit der sehr früh einsetzenden, sehr guten (Corveyer) Überlieferung zusammen, die auch rasch wieder aufgegebene, nicht genau lokalisierbare Kleinstsiedlungen (z. B. auf Personennamen mit dem Grundwort husen) erfassen konnte.
In alphabetischer Reihung beginnen die Ortsnamen mit dem Gut Abbenburg in der Stadt Brakel (1324) und enden mit Würgassen in der Stadt Beverungen (826-876). Nach den Angeben der Bearbeiter am Ende sind 315 Ortsnamen mit |
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Wunder, Dieter, Der Adel im Hessen des 18. Jahrhunderts – Herrenstand und Fürstendienst. Grundlagen einer Sozialgeschichte des Adels in Hessen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 84). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2016. XIV, 844 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wunder, Dieter, Der Adel im Hessen des 18. Jahrhunderts – Herrenstand und Fürstendienst. Grundlagen einer Sozialgeschichte des Adels in Hessen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 84). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2016. XIV, 844 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Geschichte des Adels beginnt wohl mit seiner überlegenen Kraft, der mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft und dem Sieg der Aufklärung mehr und mehr die Grundlage entzogen wird. Dies zeichnet sich spätestens im Laufe des 18. Jahrhunderts deutlich ab, an dessen Ende die Revolution in Frankreich das Bekenntnis zur Gleichheit durchsetzt. Seitdem hat der Adel seine besonderen Rechte verloren und lebt neben den verbliebenen materiellen Gütern am ehesten von der Erinnerung an eine glanzvolle Vergangenheit.
Mit einem ihrer Teilaspekte beschäftigt sich die vorliegende gewichtige Untersuchung des in Düsseldorf 1936 geborenen, nach der Promotion über den Nebensatz bei Otfrid und langem Wirken in Schule und Gewerkschaft nach dem kurzen Vorwort erst im Alter (2003) zum historischen Forschen gekommenen Verfassers, den dafür seine Frau Heide Wunder mit ihren Erfahrungen aus Forschung und Lehre sowie ihren umfassenden Kenntnissen in vielfältiger Weise unterstützte. Den Anstoß gab Joseph Matzerath auf der Tagung über den Adel in Hessen in dem ritterschaftlichen Stift Kaufungen im Jahre 2008. Binnen acht Jahren ist daraus eine große Monographie entstanden, die mit Hilfe der historischen Kommission, des Landes Hessen, der Kulturstiftung des Hauses Hessen und des Stiftes Kaufungen in beeindruckender Form veröffentlicht werden konnte.
Gegliedert ist das Werk nach einer Einleitung über Ziele und Fragestellungen, Erklärung der Begriffe Adel, Ritterschaft, neuhessischer Adel, althessischer Adel, Reich, Geschlecht und Familie sowie den historischen Rahmen, den Forschungsstand, die Quellen und die Arbeitsweise in sechs Teile. Sie betreffen den Adel als Sta |
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Darabeygi, Lena, Die Causa „Blinkfüer“ und die Grundrechtsdogmatik zur Pressefreiheit in Weimar und Bonn (= Rechtshistorische Reihe 466). Lang, Frankfurt am Main 2016. 231 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Darabeygi, Lena, Die Causa „Blinkfüer“ und die Grundrechtsdogmatik zur Pressefreiheit in Weimar und Bonn (= Rechtshistorische Reihe 466). Lang, Frankfurt am Main 2016. 231 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Mit der zunehmenden Anerkennung von Grundrechten des Menschen als Folge der Aufklärung seit der Virginia Bill of Rights des Jahres 1776 hat das öffentliche Recht sichtlich eine neue Qualität gewonnen. Andererseits haben sich dadurch naturgemäß auch die Abgrenzungsschwierigkeiten innerhalb der Rechtsordnung erheblich vermehrt. Ein zentraler Ausfluss dieser Entwicklung ist die Entstehung der Verfassungsgerichtsbarkeit, in deren Rahmen das Bundesverfassungsgericht Deutschlands einen hohen Rang einnimmt.
Mit einer Einzelfrage dieses Problembereichs beschäftigt sich die von Albrecht Cordes für die Aufnahme in die Rechtshistorische Reihe vorgeschlagene, in dem Jahre 2014 in Frankfurt am Main angenommene Dissertation der aus dem Iran stammenden Verfasserin. Sie erweckte nach ihrem Erscheinen unmittelbar das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Deswegen genügen an dieser Stelle einige allgemeine Hinweise des Herausgebers.
Gegliedert ist die ansprechende Untersuchung eines konkreten Einzelfalls nach einer Einleitung über die bundesverfassungsgerichtliche Deutung der Pressefreiheit, die Fragestellung, die Historisierung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die Methode, Quellenlage, den Forschungsstand und den Gang der Untersuchung in drei Kapitel. Sie betreffen den Fall, der mit einem Boykottaufruf Axel Springers gegen die von der Deutschen Demokratischen Republik begünstigte Zeitung Blinkfüer und ihren Herausgeber Ernst Aust beginnt und die Entscheidungen des Landgerichts Hamburg vom 11. Oktober 1961 und vom 14. Februar 1962, die Berufungsurteile des Oberlandesgerichts Hamburg vom 15. Februar 1962 und vom 20. September 1962 und des Revisionsgerichts von 1963 sowie des Bundesverfassungsgerichts von 1969 bewirkt, die Hi |
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Sälter, Gerhard, Phantome des kalten Krieges. Die Organisation Gehlen und die Wiederbelebung des Gestapo-Feindbildes „Rote Kapelle“. Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 554 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sälter, Gerhard, Phantome des kalten Krieges. Die Organisation Gehlen und die Wiederbelebung des Gestapo-Feindbildes „Rote Kapelle“. Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 554 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch teilt die Mitmenschheit auf Grund seiner egoistischen Sonderinteressen vielfach, wenn nicht gar immer in Freunde und Feinde ein. Freunde müssen nach Möglichkeit gefördert und unterstützt werden, Feinde dagegen bekämpft und notfalls auch vernichtet. Hierzu ist vor allem im Geheimen grundsätzlich jedes Mittel einigermaßen losgelöst von der geltenden Rechtsordnung recht.
Mit einem Teilaspekt dieser Problematik beschäftigt sich das vorliegende umfangreiche Werk des 1962 geborenen, in den Jahren 1984 bis 1992 in Geschichte mit Philosophie und politischer Wissenschaft an der Freien Universität Berlin ausgebildeten, nach der Promotion über Polizei und soziale Ordnung in Paris. Zur Entstehung und Durchsetzung von Normen im städtischen Alltag des Ancien Régime (1697-1715) (2004) als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte Bautzen und des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiensts in Sachsen, der Gedenkstätte Berliner Mauer und der unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendiensts 1945 bis 1968 in Marburg tätigen Verfassers. Es gliedert sich nach Vorbemerkung und Einleitung in neun Abschnitte. Sie betreffen die Anfänge der Organisation Gehlen als eines Apparats gegen „fünfte Kolonnen“ und „Kryptokommunisten“, den Beginn der Operation „Fadenkreuz“, Experten (Heinrich Reiser), Diskurse und Erpressung, die Konstruktion einer internationalen Spionageorganisation, die leitenden Ermittler (Albert, Moritz, Erich Heidschuch, Rohrscheidt, Grimm, Zander, Hans Sommer, Carl Schütz, Friedrich Busch, Puchta, Beißwenger) als Männer mit Vergangenheit, Verdächtigungen und Ermittlungen, den konservativen Widerstand, ehrgeizige Pläne u. a. in Zusammenhang mit dem Fall John und ein l |
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Kaiser Karl IV. (1316-1378) und die Goldene Bulle. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, bearb. v. Frauenknecht, Erwin/Rückert, Peter. Kohlhammer, Stuttgart 2016. 156 S., 105 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kaiser Karl IV. (1316-1378) und die Goldene Bulle. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, bearb. v. Frauenknecht, Erwin/Rückert, Peter. Kohlhammer, Stuttgart 2016. 156 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Der 700. Geburtstag Kaiser Karls IV. war für das Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart als Verwahrer des Trierer Exemplars der Goldenen Bulle von 1356, das gemeinsam mit sechs weiteren Ausfertigungen (Böhmische/Wien, Kölner/Darmstadt, Mainzer/Wien, Rheinische/München, Frankfurter/Frankfurt am Main, Nürnberger/Nürnberg) seit 2013 zum UNESCO-Weltdokumentenerbe zählt, Anlass, diesem wohl bekanntesten Verfassungsdokument des deutschen Mittelalters und seinem Schöpfer vom 13. April bis 29. Juli 2016 eine Ausstellung zu widmen. Der in üblicher Weise in einen Darstellungsteil und den Katalog gegliederte Begleitband skizziert nach einer Einleitung der Bearbeiter die wesentlichen Kontexte in insgesamt sieben illustrierten Beiträgen im Umfang zwischen acht und zwanzig Spalten. Der Katalogteil liefert eingangs eine Zeittafel, welche die Entwicklungen im Reich und in der Grafschaft Württemberg während des 14. Jahrhunderts in zwei Spalten einander gegenüberstellt. Im Anschluss werden die sieben Stationen der Ausstellung jeweils mit ihren Einleitungstexten sowie mit Abbildungen der verwendeten Objekte samt Legende präsentiert: I. Kaiser Karl IV. Person, Dynastie und Herrschaft; II. König und Kurfürsten. Auf dem Weg zur Goldenen Bulle; III. Die Goldene Bulle und der Erzbischof von Trier; IV: Rang und Ritual. Die Kurfürsten in der Goldenen Bulle; V: Karl IV. und die Grafen von Württemberg; VI: Der Kaiser und das Geld. Die Münzpolitik Karls IV.; VII: Wirkung und Bedeutung der Goldenen Bulle. Quellen und Literatur sind im Anhang verzeichnet. Man kann also durchaus von einem breit gefächerten Ansatz sprechen, den die Ausstellung verfolgt hat. In erster Linie geht es um |
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Rüegg, Walter, Zwischen Hochschule und Öffentlichkeit. Beiträge aus 50 Jahren Universitätsgeschichte und Hochschulpolitik, hg. v. Bauer, Joachim/Meyer Schweizer, Ruth in Zusammenarbeit mit Neumann, Andreas/Gerber, Stefan/Hammerstein, Notker. Steiner, Stuttgart 2016. 333 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rüegg, Walter, Zwischen Hochschule und Öffentlichkeit. Beiträge aus 50 Jahren Universitätsgeschichte und Hochschulpolitik, hg. v. Bauer, Joachim/Meyer Schweizer, Ruth in Zusammenarbeit mit Neumann, Andreas/Gerber, Stefan/Hammerstein, Notker. Steiner, Stuttgart 2016. 333 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Walter Rüegg wurde in Zürich am 4. April 1918 als Sohn eines Kaufmanns geboren und arbeitete nach dem Besuch der Kantonsschule Schaffhausen und dem 1937 begonnenen Studium der klassischen Philologie und der Nationalökonomie an den Universitäten Zürich und Paris ab 1941 als Gymnasiallehrer für Griechisch und Latein. Nach der Promotion über „Cicero und der Humanismus“ (1944, 74 S.) und der Habilitation (1950) wirkte er als Privatdozent und titulierter Professor für Geschichte der Geisteswissenschaften unter besonderer Berücksichtigung des Humanismus in Zürich, bis er mit 44 Jahren 1961 als ordentlicher Professor für Soziologie an die Universität Frankfurt am Main berufen wurde. Hier wurde er in der Zeit der Studentenrevolte Dekan und Rektor sowie Präsident der westdeutschen Rektorenkonferenz, wechselte aber 1973 in das ruhigere Bern und lebte nach seiner Emeritierung (1986) in Villette im Waadtland am Genfer See, wo er am 29. April 2015 in hohem Alter starb.
Besondere Bekanntheit erlangte er als (mehr oder weniger zufälliger) Herausgeber einer vierbändigen Geschichte der Universität in Europa. Das vorliegende, von ihm in der Auswahl mitbestimmte Werk, dessen Umschlag ihn 2011 mit Lupe und Brille vor dem Computer am Schreibtisch angestrengt arbeitend zeigt, stellt 21 Beiträge aus fünfzig Jahren zu einem um die Universitätsgeschichte und Hochschulpolitik zentrierten interessanten und spannend geschriebenen Mosaik zusammen. In dieses führen nach einem kurzen Vorwort des Herausgebers, der Walter Rüegg persönlich nur zweimal begegnet ist, Notker Hammerstein („ein engagierter Hochschulpolitiker“), Stefan Gerber („soziologischer Universitätshistor |
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Le Goff, Jacques, Geschichte ohne Epochen? Ein Essay, aus dem Französischen von Jöken, Klaus. Zabern/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 188 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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„Faut-il vraiment découper l’histoire en tranches?“ – Soll man wirklich die Geschichte in Scheiben schneiden? Ja, wird man wohl antworten, wissend, dass die Geschichte zwar ein Kontinuum darstellt, sich aber in ihrem allumfassenden Wesen dem menschlichen Geist erst durch Strukturen erschließt, die wir in ihr auszumachen glauben. Periodisierungen ziehen Grenzen aufgrund gravierender Veränderungen, die wir gerne als Paradigmenwechsel bezeichnen, und dennoch haftet all diesen Einteilungen letzten Endes auch etwas Unorganisches, Willkürliches an.
Das In-Frage-Stellen scheinbarer Gewissheiten war Jacques Le Goff (1924 – 2014) zeit seines Lebens ein Anliegen, und es ist daher durchaus passend, dass sich der unkonventionelle, der französischen Schule der Annales entstammende europäische Mediävist von Weltgeltung ganz am Ende seines Schaffens mit dem prekären Epochenproblem befasst. In seinem 2013 verfassten Essay behandelt er „das allgemeine Problem des Übergangs von einer Periode zur anderen und untersuch(t) hierzu einen besonderen Fall näher: die vorgebliche Neuheit der ‚Renaissance‘ und ihre Beziehung zum Mittelalter“. Dabei arbeite „dieses Buch die wichtigsten Charakteristiken eines langen westlichen Mittelalters heraus, das von der Spätantike (3. bis 7. Jahrhundert) bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts reichen könnte“ (S. 8).
Erste Periodisierungsmodelle um die Zahlen vier und sechs, so erläutert der Verfasser, wurzelten im Alten Testament bei dem Propheten Daniel und bei Augustinus, von Dionysius Exiguus leite sich die Festlegung der Chronologie auf Christi Geburt her. Der Begriff des Mittelalters für den Zeitraum „zwischen einer imaginären Antike und einer erdachten Modernität“ (S. 30) tauche erstmalig bei Petrarca und den Humanisten auf. |
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Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften. Band 3 Das Verfassungswerk von Weimar, hg. und eingel. und erl. v. Lehnert, Detlef/Müller, Christoph/Schefold, Dian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2015. XIV, 751 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften. Band 3 Das Verfassungswerk von Weimar, hg. und eingel. und erl. v. Lehnert, Detlef/Müller, Christoph/Schefold, Dian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2015. XIV, 751 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Seit 2007 gibt die Hugo-Preuß-Gesellschaft die Schriften ihres Namenspatrons heraus. Mit dem anzuzeigenden dritten Band ist das Unternehmen abgeschlossen. Es versammelt - bis auf vier umfangreiche Monografien - die Schriften des Autors, die von den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts bis zu seinem Tod 1925 reichen. Die meisten sind bereits veröffentlicht, wenn auch nicht immer an leicht zugänglicher Stelle. Unveröffentlichtes konnte nur aus einem kleinen Bestand von Briefen und Akten im Bundesarchiv beigesteuert werden. Der Nachlass ist wohl auf der Flucht der Familie vor den Nationalsozialisten verloren gegangen. Die Bibliothek blieb allerdings erhalten, da sie die Universität Tokio gleich nach dem Tod ihres Besitzers erworben hat. Die Herausgabe dieser Schriften ist nicht nur ein wissenschaftliches Ereignis, sondern auch ein politisches Zeichen. Da Preuß heute als einer der wenigen demokratischen Staatsrechtler gilt, hat der Bundestag die Edition in größerem Umfang gefördert und der Bundestagspräsident ein Vorwort beigesteuert.
Von den fünf Bänden ist der jetzt vorliegende dritte zum „Verfassungswerk von Weimar“ sicherlich der historisch bedeutendste. Denn Preuß gilt gemeinhin als der „Vater der Weimarer Reichsverfassung“. Das ist insofern zutreffend, als den von Preuß intensiv begleiteten Beratungen der Nationalversammlung sein Entwurf zusammen mit einer Denkschrift von Anfang Januar 1919 zugrunde lag. Dieser ist allerdings von den Parlamentariern und schon zuvor von Vertretern der Reichsländer meist mit guten Gründen auch in der Substanz umgeformt worden. Denn Preuß war kein ausgesprochener Verfassungsrechtler. Von Otto von Gierke kommend, hatte er sich zunächst im Kommunalrecht und Genossenschaftsrecht prof |
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Vasold, Manfred, Hunger, Rauchen, Ungeziefer. Eine Sozialgeschichte des Alltags in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2016. 424 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vasold, Manfred, Hunger, Rauchen, Ungeziefer. Eine Sozialgeschichte des Alltags in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2016. 424 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das Leben des Menschen ist von seiner Geburt bis zu seinem Tode außerordentlich vielfältig. Für viele hat sich das Rauchen von Tabak als eine besondere Lust erwiesen, unabhängig davon, dass es nach öffentlichen Anzeigen tödlich sein kann. Andere werden immer oder oft von Hunger gequält oder von Ungeziefer gepeinigt – in der Regel werden die individuellen Freuden und Leiden ohne übermäßigen Niederschlag in der allgemeinen Literatur erlebt.
In dem weiten Rahmen einer Sozialgeschichte des Alltags in der Neuzeit erhebt sie das vorliegende Werk zu einem Gegenstand der breiteren Aufmerksamkeit. Sein in Nürnberg 1943 geborener Verfasser absolvierte nach einer Ausbildung als Krankenpfleger und Aufenthalten in Saudi-Arabien ein Studium der Geschichte und Biologie in Tulsa (Vereinigte Staaten von Amerika), Erlangen, Dijon und Salzburg und lebt seit dem Ende einer kurzen Tätigkeit im Verlagswesen (1977-1981) als freiberuflicher Autor in Oberbayern. Seit einer Veröffentlichung über das amerikanische China-Weißbuch vom Sommer 1949 (1974) hat er zahlreiche Untersuchungen über sozialgeschichtliche Fragen erarbeitet.
Sein vorliegendes neues Werk hat unmittelbar nach seiner Ankündigung das Interesse sachkundiger Rezension erfahren. Deswegen genügt vorweg ein allgemeiner Hinweis des Herausgebers auf die elf der Einleitung folgenden Abschnitte. Sie betreffen die Opferzahlen des Dreißigjährigen Krieges, die Kausalkette von Wetter, Armut, Hunger und Gewalt, den Einfluss der Ernährung auf Wachstum und Lebenszeit, die gesellschaftliche Bedeutung von Ektoparasiten, die Ausbreitung der Unterhose im 19. Jahrhundert, den Ausbruch des Mt. Tambora, Quecksilbervergiftungen durch die Spiegelherstellung, Säuglingssterblichkeit, spanische Grippe, Qualmen gegen alle Vernunft und Facetten des Suizids, so da |
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Wassermann, Ekkehard, Landwehren in Schaumburg (= Schaumburger Beiträge 1). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016. 117 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die ersten Menschen hatten die gesamte Erde zusammen mit allen anderen Lebewesen in dem Rahmen ihrer Möglichkeiten zu ihrer beliebigen Verfügung. Mit ihrer stetig wachsenden Zahl traten sie angesichts der zunehmenden relativen Knappheit der Güter in Wettbewerb zueinander, der oft genug mit Gewalt ausgetragen werden musste oder zumindest ausgetragen wurde. In diesem Zusammenhang wurde die Abgrenzung geschaffen, mit deren Hilfe die eigenen Interessen gegen Zielsetzungen von Wettbewerbern deutlich gemacht wurden.
Mit einem Teilaspekt dieses Geschehens beschäftigt sich das vorliegende, schlanke, sehr gefällig gestaltete Werk des in Göttingen 1984 mit einer Dissertation über Aufstrecksiedlungen in Ostfriesland als Beitrag zur Erforschung der mittelalterlichen Moorkolonisation promovierten Verfassers. Sie steht an der Spitze einer neuen Veröffentlichungsreihe der historischen Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg, welche in schmalerer Gestaltung mit reicherer Bebilderung die mittels Fusion eingestellten Inventare und kleineren Schriften des Staatsarchivs Bückeburg ersetzen helfen soll und mit einem Band zwei bereits 2014 eröffnet wurde. Der neue erste Band geht in seiner Einführung von dem 1614 durch Cyriacus von Spangenberg vorgelegten Chronicon (und historischen Beschreibung) der löblichen alten Grafschaft Schawenburg aus, nach dem die Grafschaft Schaumbug zu Ende des 16. Jahrhunderts von einer geschlossenen(, mit erheblichem Aufwand an menschlicher Arbeitskraft verbundenen) Territoriallandwehr umgegeben gewesen sein soll, die mit Gräben und Wällen sowie fest ineinander verwachsenem Gestrüpp die Verteidigung des Landes sicherten.
Nach seiner anschaulichen Einführung rekonstruiert der Verfasser an Hand von mittels 45 Abbildungen veranschaulichten Geländegegebenheiten, Karte |
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Calic, Marie-Janine, Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region. Beck, München 2016. 704 S., 41 Abb., 7 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Mit Südosteuropa verbindet Marie-Janine Calic nicht nur ihr Beruf als Inhaberin des Lehrstuhls für die Geschichte Ost- und Südosteuropas der Ludwig-Maximilians-Universität München, sondern auch ihre familiäre Herkunft. Denn ihr kroatischer Vater, Edouard Calic (1910 – 2003), wurde einst unter dem Namen Eduard Čalić nahe dem damals österreichisch-ungarischen Pula in Istrien geboren und ließ sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst in Paris und später in Berlin nieder, wo Tochter Marie-Janine 1962 geboren wurde; von den Nationalsozialisten einst im Konzentrationslager interniert, konnte er später als Historiker mit umstrittenen Publikationen zur Geschichte des Dritten Reichs – bekannt geworden sind vor allem seine Beiträge zur Kontroverse um den Reichstagsbrand und seine Biographie Reinhard Heydrichs – einiges Aufsehen erregen. Marie-Janine Calics mehrfach aufgelegte „Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert“ (2010) fand in der Fachwelt weitgehend wohlwollende Resonanz.
Ihr nunmehr vorliegendes, neuestes Werk sprengt diesen Rahmen sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht. Es handelt sich um nichts weniger als den temporal von der Spätantike bis zur jüngsten Gegenwart angesetzten „Versuch, Werden und Wandel Südosteuropas aus der Perspektive von transkulturellen Beziehungen und Globalgeschichte neu zu denken“, womit es um die Frage gehe, „wie Südosteuropa mit ferneren Kontinenten und Kulturen verflochten war, wie grenzüberschreitende Prozesse und Interaktionen dort wahrgenommen und gestaltet wurden und wie es aus diesen heraus sozial konstruiert wurde. […] Wie manifestierten sich grenzüberschreitende Prozesse und die Globalisierung im engeren Sinn in den Ländern Südosteuropas? Wer und was beförderte Verflechtung und Austausch? Wie ordnete sich die Region in die Strukturen der |
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Zechner, Johannes, Der deutsche Wald. Eine Ideengeschichte zwischen Poesie und Ideologie. Philipp von Zabern/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 447 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zechner, Johannes, Der deutsche Wald. Eine Ideengeschichte zwischen Poesie und Ideologie. Philipp von Zabern/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 447 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Erde birgt ihre unterschiedlichsten Lebewesen in vielfältigster Art und Weise. Neben dem Wasser, dem Eis, den Bergen, den Wüsten und den Steppen hat die Natur in der geschichtlichen Entwicklung auch den Wald als den mit vielen Bäumen dicht bestandenen Teil der Erdoberfläche ausgebildet. Er hält für den Menschen das Holz, das Wild und die von Anfang an bedrohte Ungebundenheit vorrätig.
Mit seiner Ideengeschichte zwischen 1800 und 1945 hat sich die von Uwe Puschner betreute, durch ein dreijähriges Promotionsstipendium der Heinrich-Böll-Stiftung geförderte, 2015 an dem Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin mit der Bewertung summa cum laude angenommene Dissertation (Die Natur der Nation – Beiträge zur Ideengeschichte des deutschen Waldes 1800-1945) des ab 1996 in Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin und Tel Aviv ausgebildeten, 2004 mit der Arbeit Ewiger Wald und ewiges Volk – zur Ideologisierung des Waldes im Nationalsozialismus graduierten, danach am Deutschen Historischen Museum in Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter und seit 2015 an dem Postdoc-Projekt „Nationen hinter Glas. Museale Repräsentationen kollektiver Identität in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika wirkenden Verfassers beschäftigt. Sie gliedert sich nach Vorwort, Einleitung und Prolog in sieben Abschnitte. Sie betreffen die Sehnsuchtswälder Ludwig Tiecks, die Freiheitswälder Joseph von Eichendorffs, die Vaterlandswälder Ernst Moritz Arndts, die Vergangenheitswälder der Brüder Grimm, die Volkswälder Wilhelm Heinrich Riehls, wilhelminische und Weimarer Wälder und schließlich nationalsozialistische Waldanschauungen.
Nach den Schlussbemerkungen war am Anfang der germanische Wald. Ihm f |
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Lütke, Tilman, Hanseatische Tradition und demokratischer Umbruch – Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 7. Januar 1921 (= Schriften zum Landesverfassungsrecht 7). Nomos, Baden-Baden 2016. 724 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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„Kernthema“ der Arbeit Tilman Lütkes, einer Dissertation an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster im Wintersemester 2015/2016 ist die endgültige hamburgische Landesverfassung vom 7. 1. 1921, über die bisher eine rechtshistorische Monografie nicht vorlag. Mit Recht geht Lütke davon aus, dass „nur aus der ex-post-Perspektive eine sinnvolle rechtsgeschichtliche Einbettung der Normen und ihrer Anwendungspraxis“ erfolgen könne (S. 23). Die zeitgenössischen Werke ergäben nichts darüber, ob „vermeidbare Konstruktionsfehler“ der Verfassung im Hinblick auf die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu rügen seien (S. 23). Im Teil B des Werkes stellt Lütke zunächst die Verfassungsgeschichte der Vorkriegszeit seit dem 14. Jahrhundert dar (S. 27-67) und erörtert in diesem Zusammenhang zunächst die Vereinbarungen des Rats mit der Bürgerschaft (Rezesse), von denen der Hauptrezess von 1712 die zeitweilig eingeschränkte Machtfülle des Rats zementierte. Das „Kyrion“ liegt, so Lütke, bei Rat und Bürgerschaft zusammen, d. h. dass beide Anteil an der Gesetzgebung haben bzw. „dass Gesetze durch ihren gemeinsamen Beschluss zustande kommen“ (S. 40). Auf die Verfassungsumwälzung durch die französische Herrschaft von 1811-1813 geht Lütke nicht näher ein, da 1814/1815 die überkommene Verfassung alsbald wieder in Kraft gesetzt wurde.
Der erste demokratische Verfassungsentwurf der Hamburger Konstituierenden Versammlung (1848-1850; enthalten in: Die Verfassung des Freistaates Hamburg nebst den dazu gehörenden organischen Gesetzen, Hamburg 1849, neu hrsg. von W. Schubert, 1992), über den man gerne detailliertere Einzelheiten erfahren hätte, trat nicht in Kraft. Vielmehr kam es erst 1860 zu einer neuen, 1879 revidierten Verfassung |
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Dieterich, Thomas, Ein Richterleben im Arbeits- und Verfassungsrecht. Berliner Wissenschafts-Verlag 2016. XI, 270 S., 5 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Dieterich, Thomas, Ein Richterleben im Arbeits- und Verfassungsrecht. Berliner Wissenschafts-Verlag 2016. XI, 270 S., 5 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das mit einer eigenen Zeichnung einer Stellung „in der Gesetzeslücke“ auf dem Umschlag veranschaulichte Werk ist nach dem Vorwort des Verfassers „keine Autobiografie, sondern so etwas wie erlebte Rechtsgeschichte aus der Sicht eines“ im Eingang abgelichteten „Richters, der in seiner Aufgabe ganz aufgegangen war“. Eine solche Abtrennung des Berufs von der Fülle des Privaten hat nach den Worten des Verfassers etwas Künstliches, weil ein erfolgreiches Berufsleben ohne ein erfülltes Privatleben eigentlich gar nicht möglich ist. Aber die umfassende Darstellung der Irrungen und Wirrungen, der Freuden und Nöte, der Widersprüche und Brüche eines Menschenlebens verlangt literarische Gestaltungskraft, die sich Dieterich abspricht, während andererseits eine reine Chronik für ihn vollkommen uninteressant wäre.
Demgegenüber erscheinen dem 1934 geborenen und vor kurzem verstorbenen Verfasser zutreffend Erfahrungen, Beobachtungen und Erkenntnisse, die ein Richter im Laufe von fast 50 Jahren in Deutschland nach 1945 machen konnte, interessant genug, aufgeschrieben zu werden. In etwas anderer Form hatte er schon lange vor diesem Bericht seine dramatischen Erlebnisse als kleiner Junge in den Jahren 1944 und 1945 zu Papier gebracht. Da die damaligen prägenden Erlebnisse für die späteren Wertvorstellungen und den ausgeübten Beruf grundlegend wurden, sind sie zum besseren Verständnis unverändert den Erlebnissen des Richters vorangestellt.
Dieser Tiefenbohrung (Fluchtgeschichten) folgen insgesamt 13 weitere Kapitel. Sie betreffen den Anfang in Ludwigsburg (1963/964), Vorgeschichte und Vorverständnis (an den Universitäten Heidelberg und Göttingen), wissenschaftliche Mitarbeit in dem Bundesarbeitsgericht (1965/1966), Baden-Württemberg (1967-1972), die Tätigkeit als jüngster Bundesrichter in Kassel |
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Schreiben digital. Wie das Internet unsere Alltagskommunikation verändert, hg. v. Dürscheid, Christa/Frick, Karina (= Einsichten 3). Kröner, Stuttgart 2016. 156 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schreiben digital. Wie das Internet unsere Alltagskommunikation verändert, hg. v. Dürscheid, Christa/Frick, Karina (= Einsichten 3). Kröner, Stuttgart 2016. 156 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Sprechen, Schreiben, Alphabetisieren, Drucken und Digitalisieren sind vielleicht die fünf wichtigsten Schritte des Menschen in der Erfolgsgeschichte seiner Kommunikation. Davon ist das digitale Schreiben im Internet die jüngste Entwicklung, von der sich noch vor fünfzig Jahren nur träumen ließ. Inzwischen hat sich daraus eine Wirklichkeit für die Mehrheit ergeben, die in kürzester Zeit zur Selbverständlichkeit für jedermann werden wird.
Mit den hieraus entstehenden Veränderungen auf die Alltagskommunikation beschäftigt sich das schlanke, mit 21 Abbildungen und am Ende 22 Anmerkungen versehene Gemeinschaftswerk Christa Dürscheids (Kehl-Kork 1959), die seit 2002 einen Lehrstuhl für deutsche Sprache an der Universität Zürich hat und mit erfolgreichen Werken über Syntax und Schriftlinguistik hervorgetreten ist, und ihrer Mitarbeiterin Karina Frick, deren Habilitationsprojekt an der Universität Zürich digitale Formen der Trauerkommunikation zum Gegenstand hat. Das auf das dialogisch ausgerichtete Schreiben konzentrierte Taschenbuch gliedert sich nach einem Vorwort in vier Abschnitte. Sie betreffen neue und alte Kommunikationsformen (Chatkommunikation, E-Mail-Kommunikation, SMS-Kommunikation, Telegrammkommunikation und Faxkommunikation sowie Postkartenkommunikation und Briefkommunikation), Merkmale digitalen Schreibens (primär schriftbasiert, primär bildbasiert, primär mündlich) bezüglich des Stiles und der Graphik, Folgen der Internetkommunikation (sprachlich bzw. kommunikativ) sowie neue Praktiken und neue Möglichkeiten.
Im Ergebnis zeigen die beiden Verfasserinnen, dass sich der Kommunikationsradius durch das digitale Schreiben (mit den Fingern) erweitert hat, wissen aber zum jetzigen Zeitpunkt selbst noch nicht, ob sich dies langfris |
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Döge, Melanie, Der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Stadt Frankfurt am Main von 1811, Band 1 Entstehen, Inhalt und Wirkung, Band 2 Text und Materialien. Winter, Heidelberg 2016. XIV, 276 S., IV, 142 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Döge, Melanie, Der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Stadt Frankfurt am Main von 1811, Band 1 Entstehen, Inhalt und Wirkung, Band 2 Text und Materialien. Winter, Heidelberg 2016. XIV, 276 S., IV, 142 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Handel wurde zwar bereits in dem Altertum entwickelt, das auch einzelne handelsrechtliche Regeln schuf, aber wegen geringen systematischen Interesses nicht zu einer geschlossenen Textmasse Handelsrecht gelangte. Nach dem Untergang Westroms musste der Handel im Westen erst aus bescheidenen Überresten wieder allmählich zum Leben erweckt werden, ehe er zu einzelnen besonderen Regelungen fand. Nach wenigen Ordonnances von 1673 und 1681 und einigen Traktaten war es dann Napoleon, der für Frankreich in dem Jahre 1807 einen Code de commerce als einheitliches Handelsgesetzbuch veranlasste.
Mit der Auswirkung dieses Werkes auf die Stadt Frankfurt am Main beschäftigt sich das vorliegende Buch, das aus einer erweiterten Fassung der von Albrecht Cordes betreuten, an der Universität Frankfurt am Main angenommenen Dissertation der Verfasserin hervorging. Es gliedert sich nach einer Einleitung über Fragestellung, Forschungsstand und Erkenntnisziele sowie Gang der Untersuchung in fünf Teile mit 17 Paragraphen. Sie behandeln nacheinander das politische Umfeld sowie die Bedeutung und das Scheitern des Entwurfs, überkommenes und neues Frankfurter Handelsrecht, im Entwurf nicht berücksichtigte Materien, weitere Entwicklung und Einfluss des Entwurfs sowie Einordnung des Entwurfs und Schlussbetrachtung.
Die vielfältige neue Erkenntnisse ermittelnde Untersuchung erweckte unmittelbar nach ihrer Ankündigung das besondere Interesse eines vorzüglichen Sachkenners. Deswegen kann an dieser Stelle auf weitere Ausführungen verzichtet werden. Hingewiesen sei nur darauf, dass der insgesamt 452 Paragraphen umfassende Text des Entwurfs erfreulicherweise in dem zweiten Band des Werkes wiedergegeben und damit der Öffentlic |
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Kröll, Thomas, Italiens Weg in den Faschismus. Eine verfassungsrechtliche Studie und zugleich ein Beitrag zu Fragen der Staats- und Verfassungslehre. Jan Sramek, Wien 2014. XII, 371 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kröll, Thomas, Italiens Weg in den Faschismus. Eine verfassungsrechtliche Studie und zugleich ein Beitrag zu Fragen der Staats- und Verfassungslehre. Jan Sramek, Wien 2014. XII, 371 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Werk Thomas Krölls – eine umfassend überarbeitete Wiener Dissertation von 2002 – beschäftigt sich „aus dem verfassungsrechtlichen Blickwinkel“ mit dem Umbau „der konstitutionell-parlamentarischen Monarchie des Königreichs Italien zu einer faschistischen Diktatur von Benito Mussolini“ (S. V). Kröll stellt zunächst das am 31. 10. 1922 geltende Verfassungsrecht des Königreichs Italien dar (S. 7-168). Dieses beruht auf dem Statuto fondamentale del Regno vom 4. 12. 1848, das König Karl Albert des Königreichs Sardinien „aus eigener Machtvollkommenheit“ diesem aufoktroyierte, das auch nach der Abdankung Karl Alberts zugunsten seines Sohnes Vittorio Emanuele II. in Kraft blieb und mit der Proklamation des Königreichs Italien im März 1861 dessen Verfassung wurde. Vorbilder des Statuto waren die französischen Verfassungen von 1814 und 1830 sowie die belgische Verfassung von 1831 (S. 19ff., 23ff.). Nach der Präambel der Verfassung verordnete der König die Verfassung „als ewiges und unwiderrufliches Statut und Grundgesetz der Monarchie“ (S. 332f.). Gleichwohl hat die überwiegende Meinung, die Staatsrechtspraxis und die ständige Rechtsprechung das Statut „als flexible, durch einfache Gesetze abänderbare Verfassung“ angesehen (S. 317). Bis 1922 wurden auf diese Weise mindestens 20 Bestimmungen direkt oder indirekt geändert (S. 37), wenn auch die Verfassung als solche unverändert blieb.
Nach Erläuterung der Verfassungsprinzipien (S. 46ff.) behandelt Kröll die Grundlagen der Rechte der Krone, des Parlaments (Senat und Abgeordnetenhaus), die Gesetzgebung, die Vollziehung (Regierung, die vom König ernannt wurde) und die Gerichtsbarkeit. Der Senat setzte sich zusammen aus vom König in verfassungsmäßig nicht bestimmter Zahl auf Lebenszeit e |
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Butterweck, Hellmut, Nationalsozialisten vor dem Volksgericht Wien. Österreichs Ringen um Gerechtigkeit 1945-1955 in der zeitgenössischen öffentlichen Wahrnehmung. StudienVerlag, Innsbruck 2016. 800 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Butterweck, Hellmut, Nationalsozialisten vor dem Volksgericht Wien. Österreichs Ringen um Gerechtigkeit 1945-1955 in der zeitgenössischen öffentlichen Wahrnehmung. StudienVerlag, Innsbruck 2016. 800 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Im Bestreben um die Aufklärung des Vergangenen sind Geschichtsforschung und Justiz trotz ihres unterschiedlichen methodischen Instrumentariums eng miteinander verbunden. Ohne die Prozesse, die nach dem Niedergang der nationalsozialistischen Herrschaft geführt worden sind, wäre unser Wissen um dieses System unvollständiger, und ebenso waren die erhebenden Juristen bei der Vorbereitung und Durchführung von Verfahren auf historische Expertise angewiesen, um die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Kontexte überhaupt zu überblicken. Quelleneditionen sichern einen einfachen öffentlichen Zugang zu relevantem Material auch für kommende Forschergenerationen. Dabei stehen Editoren vornehmlich aus ökonomischen Gründen vor dem Problem, in der Gesamtheit der Quellen das Wesentliche und Aussagekräftige zu erkennen, auszuwählen und Irrelevantes beiseite zu lassen.
Die bedeutendste Quellenedition zur justiziellen Aufarbeitung des Nationalsozialismus stellt ohne Zweifel die vielbändige, seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts vom niederländischen Strafrechtsprofessor Christiaan Frederik Rüter angestoßene Sammlung dar, die systematisch und chronologisch fortschreitend die amtlichen Urteile deutscher Gerichte in NS-Strafverfahren wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen im weiteren Sinn erfasst. Einen anderen Weg schlägt Hellmut Butterweck ein, der im vorliegenden Band die Spruchpraxis des Volksgerichts Wien über den gesamten Zeitraum seines Bestehens (1945 – 1955) dokumentiert. Der 1927 geborene, während des Dritten Reiches zur Zwangsarbeit in der deutschen Rüstungsindustrie herangezogene und danach engagiert gegen antidemokratische, antisemitische und neonazistische Strömungen auftretende W |
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Beckermann, Benedikt, Verfassungsrechtliche Kontinuitäten im Land Oldenburg – Entstehung, Strukturen und politische Wirkungen der Verfassung des Freistaates Oldenburg vom 17. Juni 1919 (= Schriften zum Landesverfassungsrecht 5). Nomos, Baden-Baden 2016. 529 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Beckermann, Benedikt, Verfassungsrechtliche Kontinuitäten im Land Oldenburg – Entstehung, Strukturen und politische Wirkungen der Verfassung des Freistaates Oldenburg vom 17. Juni 1919 (= Schriften zum Landesverfassungsrecht 5). Nomos, Baden-Baden 2016. 529 S. Besprochen von Werner Schubert. ZIER 6 (2017) 65. IT. 2016-11-21 erhalten 16243a
Die Verfassungen der Länder in der Weimarer Zeit weisen untereinander, aber auch gegenüber der Reichsverfassung Besonderheiten auf, die sich nur vollständig erfassen lassen, wenn die jeweilige Landesverfassung in einer eigenen Monografie erfasst wird. Da eine solche für die Oldenburger Verfassung vom 17.6.1919 bisher nicht vorlag (vgl. S. 25f.), ist es zu begrüßen, dass sich Beckermann dieser Thematik angenommen hat. Ziel der vorliegenden Arbeit Beckermanns ist es zunächst, die verschiedenen Themenfelder des Verfassungstextes (einschließlich wichtiger Teile des materiellen Rechts) „einheitlich umfassend darzustellen“ (S. 26). Um eine „fundierte Beurteilung“ der einzelnen Verfassungsgeschichte zu ermöglichen, setzt Beckermann diese zu den einzelnen Normen der Reichsverfassung und der übrigen Landesverfassungen in Beziehung (S. 26f.). Nach dem einleitenden Teil (S. 23-34) befasst sich Beckermann zunächst mit den verfassungsrechtlich bedeutsamen Aspekten des (Groß-)Herzogtums Oldenburg (S. 35-61). 1773 ging die Grafschaft Oldenburg an den Fürstbischof Friedrich August von Lübeck, der das Stammland der Herrscherfamilie (Eutin) mit dem Kernland vereinte. 1803 kamen im Zuge der Säkularisation das Oldenburger Münsterland (Vechta und Cloppenburg) sowie 1815 das Gebiet des linksrheinischen Fürstentums Birkenfeld an der Nahe hinzu. Gerne hätte man Näheres über die Zugehörigkeit Oldenburgs zum französischen Empire erfahren. Die Geschichte der Entstehung des Staatsgrundgesetzes von 1848 wird näher erläutert, das inhaltlich S. 42ff. im Einzelnen analysiert wird. Das 1852 revidierte Staatsgrundgesetz, das „trotz der im Verhä |
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Starck, Christian, Rechtsgelehrte und wissenschaftliche Institutionen. Nomos, Baden-Baden 2016. 354 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Starck, Christian, Rechtsgelehrte und wissenschaftliche Institutionen. Nomos, Baden-Baden 2016. 354 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Trotz vielerlei Wandlungen ist jede Wissenschaft bis heute auf das intensive Engagement einzelner sachkundiger Persönlichkeiten, die sich wiederum zu und in geeigneten Institutionen vernetzen, angewiesen. In der vorliegenden Sammelschrift würdigt der Göttinger Emeritus für Öffentliches Recht Christian Starck, der darüber hinaus viele Jahre am Niedersächsischen Staatsgerichtshof und als Präsident der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen gewirkt hat, zwölf Rechtsgelehrte und sechs wissenschaftliche Institutionen. Die Texte (darunter Ansprachen, Einleitungen, Einführungen, Nachrufe, Berichte und Lexikonartikel) sind im Zeitraum zwischen 1977 und 2015 entstanden und vorab an verschiedener Stelle publiziert worden. Ein Gesamtregister der in den Beiträgen erwähnten Personennamen gewährleistet den raschen Zugriff auf an Personalia anknüpfende Einzelheiten sowie das Herstellen textübergreifender Bezüge.
Sowohl die unterschiedlichen Anlässe, die der jeweiligen Textentstehung zugrunde gelegen haben, als auch die Verschiedenheit der Textsorten sind dafür verantwortlich, dass die im vorliegenden Band versammelten Beiträge keinem homogenen Muster folgen und im Umfang bisweilen stark differieren. Dieser – und damit auch der Informationsgehalt der hier versammelten Schriften – lässt somit keineswegs wertende Aussagen hinsichtlich einer größeren oder geringeren Bedeutung der gewürdigten Gelehrten oder Institutionen zu, sondern ist ausschließlich dem individuellen genetischen Kontext des Materials geschuldet. Er ist folglich auch kein Kriterium für die Strukturierung des Bandes; diese erfolgt durch ein einfaches chronologisches Muster, orientiert am Geburtsdatum bzw. Gründungsdatum.
Die Gesamtheit der Beiträge zu den einzelnen Rechtsgelehrten kann, was den Umfang betrifft, grob in zwei Kategorien ei |
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Die „Gleichschaltung“ des Fußballsports im nationalsozialistischen Deutschland, hg. v. Herzog, Markwart (= Irseer Dialoge 20). Kohlhammer, Stuttgart 2016. 468 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Während in früheren Zeiten die meisten Menschen ihre körperliche Kraft und Geschicklichkeit zur Sicherung des alltäglichen Lebens und Unterhalts verwenden mussten und im Altertum und im Mittelalter nur Einzelne Spiele als Gebrauch ihrer Lebenszeit verwenden konnten, hat sich dies hauptsächlich während der letzten zweihundert Jahre grundlegend geändert. In ihnen ist Sport für zunehmend mehr Menschen zum Zeitvertreib und Ausgleich für sonstige mangelnde Bewegung geworden. Als Wettkampf vertritt er den inzwischen weitgehend verpönten Kampf und als Beruf ist er für manche bis viele zur wichtigen Einkommensquelle geworden, weshalb der Sport als sehr bedeutsamer gesellschaftlicher Interessenbereich auch für die Politik zunehmend Gewicht erlangt hat..
Mit einem Teilaspekt dieser Entwicklung befasst sich der von dem in Heilbronn am Neckar geborenen, in München in Philosophie, Theologie und Kommunikationswissenschaften ausgebildeten, von 1989 bis 1997 als wissenschaftlicher Assistent an der Münchener Hochschule für Philosophie (philosophische Fakultät S. J.) und zeitweise auch an der Universität München tätigen, 1995 mit einer Dissertation im Fach Religionsphilosophie über die Deutungen der Höllenfahrt Jesu von der frühen Neuzeit bis in die Strafrechtsphilosophie des deutschen Idealismus promovierten, seit 1997 an der Schwabenakademie Irsee (seit Dezember 2009 als Direktor) wirkenden Herausgeber betreute Sammelband. Er gliedert sich nach einer Einleitung, welche die Gleichschaltung des Sportes im Nationalsozialismus als gescheitertes Projekt einordnet, in vier Sachteile. Sie betreffen den bürgerlichen Fußball (darunter die Spielvereinigung Fürth, 11. Mai 1933 Beschluss der Streichung der jüdischen Mitglieder), den Arbeiterfußball, Betriebssport und k |
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Strauch, Dieter, Mittelalterliches nordisches Recht. Eine Quellenkunde, 2. Aufl. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde 97). De Gruyter, Berlin 2016. XXXIX, 912 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das nordische Recht, dessen räumlicher Bereich sich nach dem Vorwort des Verfassers im Norden von Grönland und Irland über Island, die Inseln der Hebriden mit Man, die Faröer, Shetlands und Orkneys, Norwegen, England, die Normandie, Dänemark, Schweden und Finnland bis Russland (Altladoga, Nowgorod, Smolensk und Kiew) erstreckt gehört seit langem ganz lose zu den Randbereichen der deutschen Rechtsgeschichte. Dementsprechend hat es unter deren Vertretern immer wieder besondere Sachkenner der nordischen Rechtsgeschichte gegeben. An ihrer Spitze steht derzeit Dieter Strauch in Köln, der 1933 in Brandenburg an der Havel geboren wurde, 1959 bei Ernst von Hippel über Recht, Gesetz und Staat bei Friedrich Carl von Savigny promoviert und sich 1972 über mehrheitlichen Rechtsersatz habilitierte, nachdem er 1971 das nordische Recht erstmals in der Form des Ostgötenrechts bearbeitet hatte.
Nach zahlreichen vielfältigen Untersuchungen über ganz unterschiedliche Sachgegenstände veröffentlichte er 2010 ein opus magnum über das mit ihnen wandernde Recht der Nordmänner, das zwar jeweils besonders ausgeformt war, sich jedoch in den Grundzügen gleich und je nach den Verhältnissen weiterentwickelte. Ihre Begegnung mit dem Christentum und ihre Christianisierung verwandelten nicht nur ihr Leben und ihr Selbstverständnis, sondern veränderten auch ihr Recht. Es stand nunmehr neben dem mittelalterlichen lombardischen, kanonischen und römischen Recht und musste Überkommenes an Neuem messen.
Dieter Strauch meisterte die riesige, ihm im Rahmen des umfassenden Reallexikons der germanischen Altertumskunde gestellte Aufgabe einer Quellenkunde des mittelalterlichen nordischen Rechts bis ca, 1500 in souveräner Weise. Sein Ergebnis stieß auf al |
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Piketty, Thomas, Ökonomie der Ungleichheit. Eine Einführung, aus dem Französischen von Lorenzer, Stefan. Beck, München 2016. 144 S. , 9 Tab., 2 Graf. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen AugustinovicPikettyökonomiederungleichheit20161114 Nr. 16256 ZIER 6 (2016) 82. IT
Piketty, Thomas, Ökonomie der Ungleichheit. Eine Einführung. Aus dem Französischen übersetzt von Lorenzer, Stefan. Beck, München 2016. 144 S., 9 Tab., 2 Graf. Besprochen von Werner Augustinovic.
Im Jahr 2014 vermochte der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty mit der deutschen Übersetzung seiner zentralen, 2013 zunächst in französischer Sprache erschienenen Schrift „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ (2014) auch im deutschsprachigen Raum große Aufmerksamkeit nicht nur in der Fachwelt, sondern auch beim breiten Publikum zu finden. Dysfunktionalitäten auf dem Lohnsektor sowie im Verhältnis von Kapital und Arbeit gefährden zunehmend die Verteilungsgerechtigkeit als wesentlichen Kitt des gesellschaftlichen Zusammenlebens und Grundlage des sozialen Friedens und sind zum allgemeinen Reizthema geworden. Die komplexen ökonomischen Zusammenhänge, die diesen Prozess kennzeichnen, hat der Verfasser bereits 1997 unter dem Titel „L’économie des inégalités“ zu beschreiben versucht, was so gut gelungen sein mag, dass seine Ausführungen – obwohl die Entwicklungen der letzten 15 Jahre leider ausgespart bleiben (Thomas Piketty verweist zur Aktualisierung auf seine online verfügbare World Top Incomes Database) – nicht nur mehrfach aufgelegt, sondern nun auch, in das Deutsche übersetzt, in die Reihe „Wissen“ des C. H. Beck-Verlages aufgenommen worden sind (bw 2864).
Ausgangspunkt der Überlegungen ist der klassische Rechts/Links-Konflikt zwischen der liberalen Position, die den Marktmechanismen zutraut, gerade auch die Situation der Benachteiligten zu verbessern, und staatliche Umverteilung daher weitgehend ablehnt, und dem sozialistischen Standpunkt, wonach staatliche Umverteilung unmittelbar in den Produktionsprozess einzugreifen habe, da die Marktmechanismen eben keine Gewähr für den Abbau von Ungleichheit böten. Thomas Piketty: „Nur eine sorgf |
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Schadow, Sebastian, Rechtswissenschaft und praktische Bedürfnisse – Johann Christian Hasse (1779-1830) (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 23). Nomos, Baden-Baden 2016. 247 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schadow, Sebastian, Rechtswissenschaft und praktische Bedürfnisse – Johann Christian Hasse (1779-1830) (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 23). Nomos, Baden-Baden 2016. 247 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Johann Christian Hasse wurde in Kiel am 29. Juli 1779 geboren und nach dem Besuch der Husumer Gelehrtenschule an der Universität Kiel in der Rechtswissenschaft ausgebildet, wo er bei Anton Friedrich Justus Thibaut studierte. 1811 wurde er mit einer Dissertation an novatio voluntaria esse possit citra stipulationem promoviert. Auf dieser Grundlage gelang ihm ein vielfältiges Leben, auch wenn sein Name in den rechtsgeschichtlichen und rechtswissenschaftlichen biografischen Werken der letzten Jahrzehnte „kaum auftaucht“.
Dementsprechend schließt die von Hans-Peter Haferkamp betreute, berufsbegleitend während der Tätigkeit als Rechtsanwalt geschaffene, von der juristischen Fakultät der Universität Köln im Dezember 2014 angenommene, auf den Seiten 225-228 die verwendeten Schiften Hasses zusammenstellende Dissertation eine rechtsgeschichtliche Lücke. Gegliedert ist die ansprechende Untersuchung in drei Abschnitte. Sie betreffen Johann Christian Hasses Leben, Rechtswissenschaft und Praxis sowie Rechtswissenschaft und praktisches Bedürfnis bei Hasse.
Im Ergebnis kann der Verfasser feststellen, dass Hasse, der sich erst nach der eigenen Feststellung seiner Nichteignung für die Berufspraxis zu einer akademischen Karriere entschlossen hatte, die ihn nach Jena, Königsberg, Berlin und Bonn führte, durch seine genaue Arbeitsweise etwa in seinem Hauptwerk über die culpa des römischen Rechts zu einem anerkannten Mitglied von Savignys historischer Rechtsschule wurde. Etwa ab 1821 wollte er die Praxis stärker in seine Überlegungen einbeziehen, hatte damit aber trotz des von ihm herausgegebenen Rheinischen Museums für Jurisprudenz nur beschränkten Erfolg. Dementsprechend entfaltete dieser eigenständige Ansatz keine dauerhafte Wirkung, |
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Berger, Lutz, Die Entstehung des Islam. Die ersten hundert Jahre. Von Mohammed bis zum Weltreich der Kalifen. Beck, München 2016. 334 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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In dem Verlaufe des ersten vorchristlichen Jahrhunderts werden in der geschichtlich bekannten Welt die ersten Menschen bekannt, die allgemeinere Heilslehren verkünden und dadurch das Leben vieler Mitmenschen verändern bzw. verbessern wollen. Zu ihnen zählt nach Siddhartha Gautama (Nordindien um 500 v. Chr.) und Jesus Christus (Bethlehem um 0-Jerusalem um 30. n. Chr.) auch Mohammed (Abū l-Qāsim Muhammad ibn ʿAbd Allāh ibn ʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim ibn ʿAbd Manāf al-Quraschī, Mekka um 570-Medina 632). Seine etwa 1,6 Milliarden Anhänger stehen in der Gegenwart zahlenmäßig den etwa 2,2 Milliarden Christen nur wenig nach und übertreffen die mehr als 230 Millionen Buddhisten wie die Angehörigen des Hinduismus (etwa 840 Millionen) und des Konfuzianismus deutlich.
Mit den Anfängen des von Mohammed gegründeten Islam beschäftigt sich das vorliegende Werk des 1969 geborenen, 1997 in Göttingen mit einer Dissertation über Sufik und Welt bei Abu Abd ar-Rahman as-Sulami (936-1021) promovierten, in Kiel tätigen Verfassers. Ausgangspunkt sind dabei die für den Südosten des Mittelmeerraums für das sechste und siebente Jahrhundert nachweisbaren Gegebenheiten. Sie sind nach dem Verfasser durch Trockenheit Krankheit und Krieg gekennzeichnet, die einen geeigneten Nährboden für neue Heilslehren boten.
Ein Ansatzpunkt hierfür war der an der Kaaba in Mekka bereits vor Mohammed verehrte eine Gott Allah. Ihn nutzte der vor dem nahenden Ende der Welt warnende, mit Teilen der jüdischen und christlichen Lehre vertraute Mohammed seit 610 n. Chr. zu einem Angebot der Erlösung der Menschen aus ihren Schwierigkeiten durch den Glauben an einen einzigen Gott. Seit seinem Wechsel nach Medina vermehrte er seine heilskundlichen Offenbarungen um praktische |
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Geschichte des Bergischen Landes, Band 2 Das 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Gorißen, Stefan/Sassin, Hans/Wesoly, Kurt (= Bergische Forschungen Band 32). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016. 864 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit dem Hochmittelalter wird rechts des Rheines etwa zwischen Ruhr (südlich Duisburgs und Essens) und Sieg (bis einschließlich Löwenburgs) von den Grafen von Berg an der Dhünn ein Land gebildet, das in einer Urkunde des Jahres 1363 erstmals als terra Montensis bezeichnet wird, nachdem bereits 1247 die tota comitia et terra de Monte genannt worden waren. Dieses mehr und mehr vergrößerte politische Gebilde der Grafen von Berg fiel im 17. Jahrhundert an Pfalz-Neuburg (1614/1666) und mit der Pfalz 1777 an Bayern sowie nach einem napoleonischen Zwischenspiel (1805-1813 Großherzogtum Berg) 1815 an Preußen. Der fast 4000 Mitglieder zählende Bergische Geschichtsverein setzte es sich für das 150. Jubiläum seiner Gründung (2013) zum Ziel, die Geschichte dieses Landes im Bewusstsein der Öffentlichkeit fester zu verankern, als dies bisher der Fall war und legte dementsprechend bereits 2014 einen ersten Band einer gewichtigen Geschichte des Bergischen Landes vor.
Dem ersten umfangreicheren Band folgt nach zwei Jahren ein zweiter noch etwas stattlicherer Band derselben Herausgeber. Er wird in der kurzen und klaren Einleitung als ein Wagnis bezeichnet, weil das Bergische Land ab 1806 als administrative Einheit nicht mehr besteht. Ansprechend werden Leserinnen und Leser des neuen Bandes deshalb aufgefordert, die Umrisse des „Bergischen Landes als einen sich verändernden Vorstellungsraum zu verstehen, für den es keine festen Außengrenzen gibt“, der aber in einer Übersichtskarte mit etwa dem Rheinisch-bergischen Kreis, dem oberbergischen Kreis, Leverkusen, dem Kreis Mettmann, Remscheid, Solingen, dem Rhein-Sieg-Kreis und Wuppertal augenscheinlich gemacht wird.
Der zweite, ebenfalls reich bebilderte Band führt |