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Starck, Christian, Rechtsgelehrte und wissenschaftliche Institutionen. Nomos, Baden-Baden 2016. 354 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.

Starck, Christian, Rechtsgelehrte und wissenschaftliche Institutionen. Nomos, Baden-Baden 2016. 354 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.

 

Trotz vielerlei Wandlungen ist jede Wissenschaft bis heute auf das intensive Engagement einzelner sachkundiger Persönlichkeiten, die sich wiederum zu und in geeigneten Institutionen vernetzen, angewiesen. In der vorliegenden Sammelschrift würdigt der Göttinger Emeritus für Öffentliches Recht Christian Starck, der darüber hinaus viele Jahre am Niedersächsischen Staatsgerichtshof und als Präsident der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen gewirkt hat, zwölf Rechtsgelehrte und sechs wissenschaftliche Institutionen. Die Texte (darunter Ansprachen, Einleitungen, Einführungen, Nachrufe, Berichte und Lexikonartikel) sind im Zeitraum zwischen 1977 und 2015 entstanden und vorab an verschiedener Stelle publiziert worden. Ein Gesamtregister der in den Beiträgen erwähnten Personennamen gewährleistet den raschen Zugriff auf an Personalia anknüpfende Einzelheiten sowie das Herstellen textübergreifender Bezüge.

 

Sowohl die unterschiedlichen Anlässe, die der jeweiligen Textentstehung zugrunde gelegen haben, als auch die Verschiedenheit der Textsorten sind dafür verantwortlich, dass die im vorliegenden Band versammelten Beiträge keinem homogenen Muster folgen und im Umfang bisweilen stark differieren. Dieser – und damit auch der Informationsgehalt der hier versammelten Schriften – lässt somit keineswegs wertende Aussagen hinsichtlich einer größeren oder geringeren Bedeutung der gewürdigten Gelehrten oder Institutionen zu, sondern ist ausschließlich dem individuellen genetischen Kontext des Materials geschuldet. Er ist folglich auch kein Kriterium für die Strukturierung des Bandes; diese erfolgt durch ein einfaches chronologisches Muster, orientiert am Geburtsdatum bzw. Gründungsdatum.

 

Die Gesamtheit der Beiträge zu den einzelnen Rechtsgelehrten kann, was den Umfang betrifft, grob in zwei Kategorien eingeteilt werden: in eine Gruppe mit geringen Umfängen zwischen einer und drei Seiten sowie eine weitere, ausführlicher angelegte zwischen zehn und fünfzehn Seiten. In die erste Gruppe fallen die Würdigungen von Rudolf Smend (1882 – 1975), Hermann Heller (1891 – 1933), Günther Küchenhoff (1907 – 1983), Yueh-sheng Weng (geb. 1932) und Hans Hugo Klein (geb. 1936). Mit acht Seiten ist die Volkmar Götz (geb. 1934) zum 70er zugeeignete Geburtstagsansprache etwas umfangreicher. Zur zweiten Gruppe der ausführlicheren Biographien zählen die Texte über Hermann von Mangoldt (1895 – 1953), Gerhard Leibholz (1901 – 1982), Ernst Rudolf Huber (1903 – 1990), Werner Weber (1904 – 1976) und den Politikwissenschaftler Wilhelm Hennis (1923 – 2012). Den mit 20 Seiten breitesten Raum für eine Einzelpersönlichkeit hat Christian Starck mit Heinrich Albert Zachariae (1806 – 1875) der Darstellung des in der Reihe ältesten unter den angeführten Gelehrten eingeräumt, der noch als „Staatsrechtslehrer in reichsloser Zeit“ des Deutschen Bundes gewirkt hat. Die aus einem globalen Blickwinkel wiederum informativsten Hinweise mag die Laudatio zum 80. Geburtstag Yueh-sheng Wengs liefern: 1966 bei Hermann Mosler in Heidelberg mit dem Thema zur „Stellung der Justiz im Verfassungsrecht der Republik China“ promoviert, hat Weng auch Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe beobachtet und später nicht nur viele begabte Juristen seiner Heimat in Göttingen ausbilden lassen, sondern vor allem die Entwicklung Taiwans zu einer rechtsstaatlichen Demokratie als Angehöriger des Gremiums der Hohen Richter im Justiz Yuan tatkräftig vorangetrieben. Christian Starck urteilt: „Wenn man die gesamte 35-jährige Tätigkeit als Hoher Richter von Professor Weng in Betracht zieht, hat er persönlich eine überragende Bedeutung für die Wandlung des Regierungssystems in seinem Lande“ (S. 137).

 

Zu den Institutionen, über die der Verfasser berichtet, zählt zuvorderst die Georg-August-Universität Göttingen, wobei die letzten 50 Jahre der über 270-jährigen Universitätsgeschichte im Fokus stehen. So dokumentieren die insgesamt 68 Seiten zum Thema unter anderem den Widerstand, den Christian Starck einst der Umwandlung dieser Institution in eine Stiftungsuniversität entgegengesetzt hat. Gegenstand einer Ringvorlesung war die von ihm von 2008 bis 2012 als Präsident geleitete Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, deren Entwicklung er unter verschiedenen Staatsformen in folgender Abfolge darstellt: Am Anfang stehen „von 1751 – 1918 167 Jahre Monarchie, davon die letzten 100 Jahre konstitutionelle Monarchie. Es folgten als Zwischenspiel 14 Jahre Republik, 12 Jahre Diktatur und ein kurzfristiges Besatzungsregime. Die letzten 63 Jahre ist der Staat, der für die Akademie zuständig ist, demokratischer Verfassungsstaat“ (S. 226). In der gegenwärtigen Epoche seien „im Verhältnis zum Staat keine Probleme aufgetreten“, doch sei „die institutionelle Finanzierung gemessen an anderen deutschen Akademien karg“ (S. 251). Weitere im vorliegenden Sammelband porträtierte Institutionen sind die 1922 erstgegründete, 1949 erneut ins Leben gerufene Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (deren unter den politischen Rahmenbedingungen des Nationalsozialismus 1938 unvermeidliche zwischenzeitliche Auflösung Gerhard Leibholz bereits 1933 erahnte, als er treffend schrieb, der „wirkliche Kampf“ finde nun nicht mehr zwischen liberal-sozialistischen und sozial-konservativen Mächten statt, sondern „zwischen den im weitesten Sinne irgendwie massendemokratischen, den Eigenwert der Persönlichkeit bejahenden Kräfte[n]“ und einer „mythisch fundierten, die Freiheit des Individuums in einem mehr oder weniger radikalen Kollektivismus aufhebenden Bewegung“; S. 287), die 1981 geschaffene Internationale Vereinigung für Verfassungsrecht, die Societas Iuris Publici Europaei e. V. (SIPE) aus 2003 und – auf viereinhalb Seiten in aller Kürze dargeboten – die seit 1966 alljährlich abgehaltenen Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche.

 

Summa summarum vermittelt Christian Starcks Sammlung eigener Texte überwiegend laudatorischen und/oder dokumentarischen Charakters punktuelle Einblicke in die deutsche und deutsch beeinflusste juristische Gelehrtenlandschaft am Beispiel einiger herausragender, jeweils auch im Bild präsentierter Vertreter und Körperschaften mit dem Kristallisationspunkt Göttingen. Ihr heterogener, keiner starren Systematik unterworfener Duktus sorgt für einen vielfältigen und abwechslungsreichen Inhalt, der sich dem Interessierten dank seiner unkapriziösen Sprache ohne große Hindernisse erschließt.

 

Kapfenberg                                                    Werner Augustinovic