Steinacher, Gerald, Hakenkreuz und Rotes Kreuz. Eine humanitäre Organisation zwischen Holocaust und Flüchtlingsproblematik. StudienVerlag, Innsbruck 2013. 212 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Selbst unter dem zum Symbol der Leidensbereitschafte eines Menschen zwecks Durchsetzung einer von ihm vertretenen Idee gewordenen Kreuz fügt der Mensch Mitmenschen zwecks Durchsetzung von Gedanken Leiden zu. Ein bedeutsam gewordener Versuch der Linderung von Leiden im Rahmen zwischenmenschlicher Grausamkeit ist demgegenüber das 1863 auf Initiative des Genfer Kaufmanns Henri Dunant, der 1859 auf einer Geschäftsreise Zeuge der Schlacht zwischen Frankreich und Österreich bei Solferino wurde und spontan für die Verletzten Hilfe organisierte, initiierte Rote Kreuz. In „Erinnerung an Solferino“ entstand durch ihn in Genf ein privater Verein zur Schaffung einer dauerhaften Hilfsorganisation für in einem Krieg verwundete Soldaten.
Mit dem Verhältnis dieser in bereits 150 Jahren „für das Gute“ erfolgreich tätigen Einrichtung zu dem „das Böse“ symbolisierenden Hakenkreuz befasst sich die vorliegende Untersuchung des in Sankt Johann in Tirol 1970 geborenen, in Innsbruck, Rom und Trient in Geschichte und Politikwissenschaft ausgebildeten, nach der Promotion (1999) am Landesarchiv in Bozen in Südtirol und nach der Habilitation in Innsbruck (2008) seit Sommer 2011 an der University of Nebraska-Lincoln tätigen Zeithistorikers. Die Idee für dieses Werk entstand im Wintersemester 2009/2010 auf Grund eines Seminars an der Universität Luzern. Bei der Beschäftigung mit diesem Verhältnis fand der Autor das offizielle Emblem des deutschen Roten Kreuzes während der nationalsozialistischen Herrschaft im Deutschen Reich, in dem der deutsche Reichsadler ein Hakenkreuz auf der Brust trägt und das Rote Kreuz in seinen Fängen hält, so symbolträchtig, dass er es das gesamte Werk veranschaulichen ließ.
Gegliedert ist die vielfältige Erkenntnisse erzielende, einige |
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Canis, Konrad, Der Weg in den Abgrund. Deutsche Außenpolitik 1902-1914. Schöningh, Paderborn 2011. 719 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
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Das Buch ist der dritte Band einer Geschichte der Außenpolitik des Deutschen Reiches von seinen Anfängen bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs. Es basiert auf deutschen Archivalien vor allem des Auswärtigen Amtes, von denen die meisten schon einmal gesichtet wurden. Doch werden auch österreichische Akten herangezogen und folglich setzt sich Canis auch eingehend mit der Außenpolitik der Habsburgermonarchie wie der Bündnispolitik beider Mächte auseinander. Auf der Grundlage der kaum mehr zu zählenden Aktenpublikationen zur Vorgeschichte des Weltkriegs, zahlreicher Erinnerungen, Zeitungen, Periodika und der wichtigsten Forschungsliteratur wird das Handeln der Rivalen Frankreich, Russland und Großbritannien im Mächtekonzert miteinbezogen. Doch bleibt die Untersuchung nicht auf die Politik der Mächte fokussiert, sondern versucht immer wieder, die bestimmenden Kräfte in Gesellschaft, Wirtschaft und politischem System, vor allem in Deutschland, mitzubedenken. Das Verständnis für die Ereignisse wie die Handlungsspielräume der Handelnden wird darüber hinaus gefördert durch das Einbeziehen der geistigen Situation und der politischen Wertvorstellungen der Zeit. Schließlich werden Krisen nie analysiert, ohne die militärischen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Das ehrgeizige Projekt also, ein Standardwerk vorzulegen. Beeindruckt von der immensen Arbeitsleistung und der Kennerschaft des Verfassers darf man dies seinem Werk auch konzedieren.
Die Deutungen von Canis stoßen sich so gut wie nie mit dem Bild, das die Forschung von dem Machtkampf vor dem großen Krieg entworfen hat, sie bestätigt diese überwiegend. Den Einfluss des Kaisers auf den Gang der äußeren Politik erachtet er für geringer als allgemein angenommen und meist für kontraproduktiv. Der Außenpolitik von dessen Kanzler Bernhard von Bülow, den er für |
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Bünnigmann, Kathrin, Die „Esra“-Entscheidung als Ausgleich zwischen Persönlichkeitsschutz und Kunstfreiheit. Rechtsprechung im Labyrinth der Literatur (= Studien und Beiträge zum öffentlichen Recht 14). Siebeck (Mohr), Tübingen 2013. XXXVIII, 617 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bünnigmann, Kathrin, Die „Esra“-Entscheidung als Ausgleich zwischen Persönlichkeitsschutz und Kunstfreiheit. Rechtsprechung im Labyrinth der Literatur (= Studien und Beiträge zum öffentlichen Recht 14). Siebeck (Mohr), Tübingen 2013. XXXVIII, 617 S.
Der moderne Mensch ist im Sozialstaat vielfach der unmittelbaren Lebenssicherung durch Beschaffung von Nahrungsmitteln und sonstigen zur Wahrung seines Lebens erforderlichen Bedarfsgegenständen enthoben und kann sich deswegen ganz sich und seinem eigenen Seelenleben widmen. Will er seine Gedanken anderen mitteilen, so bietet sich am einfachsten die Darstellung des eigenen, ohne weitere Überlegung bekannten Erlebens an, die in ganz weiten Grenzen in einer freiheitlichen Gesellschaft leicht möglich sein wird, solange der Erzähler davon nur selbst berührt ist. Wenn dagegen eine zwischenmenschliche Beziehung betroffen ist, ergibt sich ein Problem, wenn der eine sagt, alles, was zwischen uns ist, geht allein uns etwas an, der andere aber den Standpunkt vertritt, es sei normal, sich Freunden (auch in Bezug auf den anderen ) anzuvertrauen, auch wenn der andere nur leise sagt, er wolle es trotzdem nicht.
Der in Prag am 25. August 1960 als Kind russisch-jüdischer Eltern geborene, als Zehnjähriger mit Eltern und Schwester in die Bundesrepublik Deutschland gewechselte Maxim Biller fing nach dem Studium der Literatur in Hamburg und München und dem Besuch der deutschen Journalistenschule mit Artikeln für Spiegel und Zeit an, veröffentlichte 1990 einen Band mit dem Titel Wenn ich einmal reich und tot bin und legte im Jahre 2003 einen autobiografischen Text vor, in dem intime Einzelheiten über ihn und eine Esra genannte Frau (Ayşe Romey) geschildert werden. Auf die Klage der Betroffenen und ihrer als herrschsüchtige, psychisch kranke Alkoholikern erkennbar geschilderten Mutter (Birsel Lemke) wurde die weitere Verbreitung des vom Verlag Kiepenheuer & Witsch bereits in 4000 Exemplaren verkauften |
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Brett, Michael, Approaching African History. James Currey, Woodbridge/Suffolk 2013. XI, 356 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Nach dem bisherigen Stand des Wissens ist die Geschichte der Menschheit von der klimatisch begünstigten Mitte Afrikas ausgegangen, von der aus wagemutige Wanderer sich in den Süden und mit größerem Erfolg in den Norden begeben haben. Höhere Fähigkeiten zur Verbesserung der Lebensbedingungen wurden dabei vor allem unter klimatisch schwierigeren Umständen erzielt. Eine politische Einigung des riesigen Kontinents unterhalb einer losen modernen Staatenorganisation wurde dementsprechend niemals erreicht.
Gleichwohl ist eine zusammenfassende Geschichte Afrikas eine wissenschaftliche Herausforderung, die in den Zeiten der Globalisierung und der sich formierenden Globalgeschichte durchaus Aufmerksamkeit und auch wissenschaftlichen Gewinn verspricht. Ihr hat sich im vorliegenden Werk der etwa 1973 durch eine Untersuchung über das nördliche Afrika mit den Anforderungen des Islam einerseits und der Modernisierung andererseits hervorgetretene, am Zentrum für afrikanische Studien in London als Emeritus wirkende Verfasser mutig gestellt. Er gliedert sein interessantes Werk ansprechend in insgesamt fünf Teile.
Dabei beginnt er mit der Frage einer Geschichte Afrikas als solcher, schildert dann die Entstehung der afrikanischen Gesellschaft aus archäologischer und ethnographischer Sicht, bindet Afrika in die es umgebende Welt ein, verfolgt die Zusammenfassung Afrikas zu einer Einheit durch die Europäer seit der neuzeitlichen Kolonialisierung und wendet sich abschließend der Entstehung einer eigenen Geschichte Afrikas zu. Sein Ziel ist die Beschreibung des allmählichen Werdens einer Idee Afrika gegen Ende einer zehntausendjährigen, wegen der schwierigen Überlieferungslage anfangs kaum und später immer besser fassbaren Geschichte. Deutschsprachige Literatur wie auch insgesamt die Deutschen spielen bei dieser eindr |
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Justice in Wartime and Revolutions. Europe, 1795-1950, hg. v. De Koster, Margo/Leuwers, Hervé/Luyten, Dirk/Rousseaux, Xavier (= Justice & Society 6). Allgemeen Rijksarchief, Brüssel 2012. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Gedanke an Gerechtigkeit vermittelt im Allgemeinen angenehme Empfindungen, während Kriegszeiten und wohl auch Revolutionen, da diese nicht selten ihre eigenen Kinder fressen, eher mit Schrecken, Angst und Tod verbunden werden. Von daher erweckt eine Gegenüberstellung dieser unterschiedlichen Gegebenheiten wie von selbst unmittelbare Aufmerksamkeit. Nicht von ungefähr ist die Thematik auf dem Umschlag des darauf bezogenen Werkes schließlich durch ein brennendes Monument illustriert.
Der vorliegende Sammelband vereint die Beiträge einer unter dem gleichen Titel in Brüssel vom 21.-23. September 2011 vom Centre for Research and Documentation on War and Contemporary Societies in Brüssel, vom Centre d’Histoire du Droit et de la Justice der katholischen Universität Löwen und vom IRHIS Institute der Université de Lille im Rahmen des von 2007 bis 2012 laufenden sechsten Abschnitts des Forschungsprogramms über Socio-political History of Belgian Justice Administration organisierten Konferenz. Sie betreffen nach der Einführung Dirk Luytens vor allem Systeme, Handelnde, Konzepte und Grenzen. Ihre Verfasser kommen aus Löwen, Saarbrücken, Cork, Utrecht, Paris, Helsinki, Laibach, Saragossa, Grenoble, Gent, Nanterre, Bern, Brüssel und Leiden.
Eröffnet wird das Werk mit einer Studie über les cadres indigènes des polices impériales dans la France des départements annexés zwischen 1796 und 1814, der Beiträge über Antwerpen und Namur, die irische Revolution, den finnischen und spanischen Bürgerkrieg, deutsche Todesurteile in Frankreich und Belgien, belgische Militärverfahren, die italienische Okkupation in Frankreich, die Tätigkeit der Besatzer in Belgien, Norwegen und den Niederlanden, die sowjetische Besatzungsz |
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Niemsch, Tatjana, Reval im 16. Jahrhundert - Erfahrungsräumliche Deutungsmuster städtischer Konflikte (= Kieler Werkstücke G 6). Lang, Frankfurt am Main 2013. IX, 207 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das Baltikum als das zwischen germanischen und slawischen Siedlungsräumen liegende Gebiet der kleineren baltischen und auch finnisch-estnischer Völker stand lange Jahrhunderte auch unter dem Einfluss seiner Nachbarn, der insbesondere ab 1207/1227 infolge der Eroberung durch Dänemark und den Schwertbrüderorden und ab 1225/1226 infolge des Hilferufs Herzog Konrad von Masowien an den Deutschen Orden im Kampf gegen die heidnischen Pruzzen zunahm. Kurz danach entstand Reval als deutsche Stadt, die 1257 das Recht der Stadt Lübeck übernahm. Dieses galt bis zur Annexion Estlands durch die Sowjetunion im Jahre 1944.
Die sich mit dem frühneuzeitlichen Reval befassende vorliegende Untersuchung ist die überarbeitete Fassung der von Olaf Mörke betreuten, im Wintersemester 2009/2010 an der philosophischen Fakultät der Universität Kiel eingereichten Dissertation der Verfasserin. Sie gliedert sich in insgesamt sieben Sachabschnitte. Nach einer Einleitung über die Stadt als Erfahrungsraum, den Forschungsstand, die Fragestellung und die gute Quellenlage behandelt die Verfasserin allgemeiner Konflikte im städtischen Raum, den Erfahrungsraum als geschichtswissenschaftliche Erkenntniskategorie und drinnen und draußen als Konzept vom Identität und Alterität, ehe sie sich den Revaler Erfahrungsräumen im 16. Jahrhundert und dann vor allem den städtischen Konflikten zuwendet.
Dabei unterscheidet die Verfasserin sorgfältig zwischen Konflikten zwischen Akteuren der Oberstadt und der Unterstadt, zwischen Akteuren der Unterstadt und zwischen Akteuren der Stadt und dem Umland und behandelt danach die Stadt als „Konfliktateur“. Im Ergebnis sieht sie das Auftreten der Revaler Unterstadt in Konflikten mit dem Landesherrn und den Dombergbewohnern um stä |
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Totseva, Miroslava, Grundlagen der Arbeitsvertragstheorie im 19. Jahrhundert in Deutschland und England. Eine vergleichende Ideengeschichte (= Rechtsgeschichtliche Studien 61). Kovač, Hamburg 2013. 549 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Arbeit, die sich als Wort bereits für das Germanische rekonstruieren lässt, ist die auf Schaffung von Werten gerichtete menschliche Tätigkeit, die in den Anfängen vor allem mit der dafür erforderlichen Mühe verbunden wird. Sie erfolgt in erster Linie im eigenen Interesse und erst allmählich gegen Entgelt für andere. Dementsprechend ist trotz bereits im Mittelalter vorhandener, vor allem städtischer Arbeitsverhältnisse zwischen Meistern und Gesellen das Wort Arbeitsvertrag anscheinend erst im Jahre 1793 bezeugt.
Ziemlich genau mit diesem Zeitpunkt setzt die vorliegende, aus einer ursprünglich rechtsvergleichenden Untersuchung des deutschen und englischen Streikrechts im 20. Jahrhundert in längeren Jahren erwachsene, von Mathias Schmoeckel betreute, von der Konrad-Adenauer-Stiftung geförderte, am 26. 11. 2012 von der juristischen Fakultät der Universität Bonn angenommene, vor allem auf ökonomietheoretische Literatur gestützte, aber auch Coing, Dütz, Gierke, Hueck/Nipperdey, Lotmar, Picker, Ramm, Richardi, Rückert, Schmoeckel, Sinzheimer oder Söllner (wenn auch nicht immer mit Nennung der jeweiligen Auflagennummer) berücksichtigende Dissertation der Verfasserin ein, welche die Geschichte der Arbeitsvertragstheorie ab 1776 (bis zur Prägung des Begriffs Arbeitsvertrag und der Entstehung des Arbeitsrechts in Deutschland?) darstellen will. Sie gliedert sich übersichtlich in drei Teile. Nach einer Einleitung über Gegenstand, Fragestellung, Methode (der vergleichenden Ideengeschichte) und These verfolgt die Verfasserin die Entwicklung der Theorien in Bezug auf den Arbeitsvertrag in der klassischen Nationalökonomie und in Deutschland.
Sie behandelt dabei nacheinander Adam Smith, den Sozialismus (W |
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Die DDR im Blick der Stasi 1953. Die geheimen Berichte an die SED-Führung, bearb. v. Engelmann, Roger. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 320 S. CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zu Besserung, lautet eine alte Weisheit, die sich jedermann für seine Absichten zu Nutze machen kann. In diesem Sinne begann nach dem kurzen Vorwort Daniela Münkels als der im Auftrag des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) tätigen Herausgeberin des vorliegenden, von einem Forschungsprojektleiter in der Abteilung Bildung und Forschung des BStU bearbeiteten Bandes die regelmäßige Berichterstattung der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. ihrer Vorläufer an die Parteiführung bzw. Staatsführung der Deutschen Demokratischen Republik. Die als Folge des Volksaufstands vom Juni 1953 zu verstehenden Unterlagen setzen mit dem 17. Juni 1953 und währen bis Dezember 1989, also 36 Jahre (oder an anderer Stelle fast 37 Jahre) lang in unterschiedlichen Formen.
Die wichtige Edition des ersten Bandes beginnt mit einer ausführlichen Einleitung, in der zunächst der zeitgeschichtliche Intergrund geschildert wird, der mit dem harten politischen Kurs seit dem Sommer 1952 einsetzt. Ausgewählte Themenfelder der anschließenden Berichte sind der Volksaufstand, die allgemeine Stimmungslage, die Arbeiterschaft zwischen Aufbegehren und Anpassung, Konflikte in der Landwirtschaft, Versorgungsprobleme, Rückkehrer und so genannte Feindtätigkeit. Insgesamt lassen die Berichte die geschichtliche Wirklichkeit eindrucksvoll anschaulich werden, mit der sich die sozialistische Führung im Kampf um die Verwirklichung ihrer politischen Zielsetzung (ohne Rücksicht auf den wahren Willen der beherrschten Bevölkerung) auseinandersetzen musste.
Die Edition gibt die geheimen Berichte mit Ausnahme der Auslandsberichte vollständig in digi |
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Kröll, Peter, Das Städelsche Testament sowie Mühlenbruchs Rechtsverständnis bei der Beurteilung des Beerbungsfalles (= Salzburger Studien zum europäischen Privatrecht 33). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXXVIII, 375 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kröll, Peter, Das Städelsche Testament sowie Mühlenbruchs Rechtsverständnis bei der Beurteilung des Beerbungsfalles (= Salzburger Studien zum europäischen Privatrecht 33). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXXVIII, 375 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das nach Tacitus den (mehr oder weniger schriftlosen) Germanen unbekannte Testament ist eine Errungenschaft bereits des altrömischen Rechtes, die es dem Erblasser ermöglicht, seinen individuellen Willen über das an sich geltende Recht zu setzen und dadurch die Abdingbarkeit mancher Rechtssätze im eigenen Interesse zu nutzen. Dieser Vorteil ist im späteren deutschen Recht seit dem 13. Jahrhundert aufgegriffen und von mehr und mehr Menschen genützt worden. Dass durch diese Möglichkeit auch zahlreiche rechtliche Zweifelsfragen eröffnet wurden, zeigt kaum ein einzelner tatsächlicher Erbfall eindrucksvoller als der seit fast zwei Jahrhunderten in der rechtsgeschichtlichen Literatur behandelte Fall des am 1. November 1728 in Frankfurt am Main in einer ursprünglich Straßburger Familie geborenen, unverheirateten und am 2. Dezember 1816 verstorbenen Kaufmanns und Bankiers Johann Friedrich Städel, dessen Nachlass neben seinem am Rossmarkt gelegenen Haus rund 500 Gemälde, 9000 Kupferstiche, 3000 Zeichnungen sowie ein Vermögen von 1300000 Gulden umfasste.
Städel errichtete ein erstes nicht erhaltenes Testament am 26. Januar 1793, wohl auf Grund der Einführung des Code Napoléon in Frankfurt zum 1. Januar 1811 ein zweites nicht erhaltenes Testament am 18. Januar 1812 und nach Außerkraftsetzung des französischen Rechtes und Wiederinkraftsetzung des früheren Rechtes am 15. März 1815 ein drittes erhaltenes (und auf den Seiten 369 abgedrucktes) Testament, das er am 1. Juli 1815 dadurch ergänzte, dass er an Stelle des zwischenzeitlich verstorbenen Johann Carl Städel Carl Ferdinand Keller zum Administrator des von ihm beabsichtigten Kunstinstituts einsetzte. Mit den rechtlichen Folgen dieses Geschehens befas |
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Iggers, Georg G(erson)/Wang, Q(ingija) Edward/Mukherjee, Supriya, Geschichtskulturen. Weltgeschichte der Historiografie von 1750 bis heute, aus dem Englischen v. Hornfeck, Susanne/Ott, Andrea. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 416 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Iggers, Georg G(erson)/Wang, Q(ingija) Edward/Mukherjee, Supriya, Geschichtskulturen. Weltgeschichte der Historiografie von 1750 bis heute, aus dem Englischen v. Hornfeck, Susanne/Ott, Andrea. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 416 S.
Die englische Originalausgabe des vorliegenden Werks, „A Global History of Modern Historiography“ (2008), in Kooperation mit seinen beiden Schülern Qingjia Edward Wang (für Ostasien) und Supriya Mukherjee (für Indien) verfasst von dem in Hamburg geborenen, nach seiner Emigration in den USA wirkenden und in Kürze das 87. Lebensjahr vollendenden Nestor der Geschichtstheorie, Georg Gerson Iggers, erschien vor sechs Jahren und liegt nun, überarbeitet, aktualisiert und erweitert, auch in deutscher Sprache vor. Das unter anderem von Jürgen Kocka wohlwollend geförderte Projekt will „die Entwicklungen des historischen Denkens und Schreibens in einem breiteren intellektuellen, sozialen und ökonomischen Kontext vom 18. Jahrhundert bis heute untersuchen“ und sich dabei „vor allem auf die Interaktion zwischen dem Westen (gemeint sind das westliche Europa und Nordamerika, W. A.) und nichtwestlichen Ländern (konzentrieren)“ (S. 28). Die Verfasser: „Unser Buch möchte das Vorurteil von der Überlegenheit westlichen historischen Denkens ausräumen, indem wir aufzeigen, dass in all den von uns behandelten Kulturen weit zurückreichende Traditionen historischen Denkens und Schreibens existierten“. Sich ausdrücklich gegen jene postmoderne Fundamentalkritik abgrenzend, die „die Möglichkeit objektiver geschichtlicher Forschung bestreitet, weil die Vergangenheit keine Basis in der objektiven Realität habe, sondern ein Konstrukt einer nichtreferentiellen Sprache sei“, interpretieren sie auch die Geschichte der Historiografie als „permanenten Dialog, der nicht nur eine einzelne Story erzählt, sondern unterschiedliche, nicht selten in sich widersprüchliche Interpretationen anbietet“, die „unser Bild von der Vergangenheit (bereiche |
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Gordley, James, The Jurists. A Critical History. Oxford University Press, Oxford 2013. XI, 320 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gordley, James, The Jurists. A Critical History. Oxford University Press, Oxford 2013. XI, 320 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Ohne eine neue Idee in der späten römischen Republik hätte es vielleicht niemals Juristen gegeben, formuliert der Verfasser am Ende seines einführenden Prologs. Dabei haben sich Römer niemals selbst Juristen genannt, sondern immer nur iuris periti, im Recht Erfahrene. Gleichwohl verdient das vorliegende, gedankenreiche Werk auch aus deutscher Sicht durchaus besonderes Interesse.
Sein vielseitiger Verfasser erwarb an der University of Chicagao den BA 1967, den MBA 1968, wurde 1970 an der Harvard University promoviert und wirkte seit 1978 lange Jahre in Boalt Hall, University of California, Berkeley, ehe er 2007 an die Tulane University Law School wechselte. Europa kennt er aus vielen Orten von Regensburg und München bis Köln und Hamburg oder Mailand und Fiesole. Von der Privatrechtsvergleichung aus hat er sich in wichtigen Werken bis zu den ältesten Wurzeln der Jurisprudenz vorgearbeitet.
Seine eindrucksvolle Studie beschreibt die Arbeit von Juristen als eine Reihe von Projekten mit eigenen Methoden und Zielen, zeigt die damit gewonnenen Ergebnisse, erklärt die Unterschiede, muss aber auf ihre nicht wirklich erkennbaren Gründe einsichtigerweise verzichten. Der Verfasser beginnt in seinen zehn Abschnitten bei dem ius civile der Roman Jurists, betrachtet danach das ius commune der mittelalterlichen Zivilisten und Kanonisten,die Spätscholastiker, die Humanisten, die Naturrechtler, die Alternative des französischen Zivilrechts, die deutsch-niederländische Alternative des usus modernus pandectarum, den mos geometricus, die neue Ordnung des Positivismus sowie Konzeptualismus mit besonderem Gewicht von Intuition, Interesse, Zweck sowie Sozialwissenschaft und endet mit der Frage nach dem offenen Verlauf (ubinam gentium sumus?). Am Ende seines langen, in der alphabetischen Ordnung des beigefügten Index von |
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Gemeinsinn und Gemeinwohl in der römischen Antike, hg. v. Jehne, Martin/Lundgreen, Christoph. Steiner, Stuttgart 2013. 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gemeinsinn und Gemeinwohl in der römischen Antike, hg. v. Jehne, Martin/Lundgreen, Christoph. Steiner, Stuttgart 2013. 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gemeinsinn und Gemeinwohl als Gegensatz zu dem natürlichen Eigensinn und überlebensnotwendigen Egoismus des Menschen sind als auf das allgemeine Wohl einer menschlichen Gesellschaft ausgerichtete Vorstellung insbesondere im Wohlfahrtsstaat oder Polizeistaat von erheblicher Bedeutung. Will der Liberalismus sie in erster Linie als zwanglose Folge eigennütziges Handeln aller erreichen, so sehen sie andere Strömungen nur bei freiwilligem Verzicht auf Freiheit oder zwangsweiser Einschränkung der Freiheit erreichbar. Von daher sind auch ihre gedanklichen Anfänge von besonderem Interesse.
Der vorliegende Sammelband beruht auf dem Projekt Die Investition eigener Ressourcen in die Gemeinschaft von der mittleren Republik bis in die hohe Kaiserzeit am Sonderforschungsbereich 804 Transzendenz und Gemeinsinn der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Den dortigen Erkenntnissen ist ein Ausblick auf mögliche Kontinuitäten von sensus communis zu common sense angefügt. Veranschaulicht wird das wissenschaftliche Anliegen mit einer Abbildung des Aquädukts von Segovia.
Insgesamt enthält das Werk nach einer einführenden Einleitung der Herausgeber sieben in drei Abschnitte über Rom, Italien und die Provinzen sowie Konzepte zwischen Konstruktion und Rezeption eingebundene Beiträge. Dabei betrachtet Martin Jehne den römischen Senat als Hüter des Gemeinsinns, untersucht Fabian Knopf die politische Rhetorik Ciceros sowie die Geschichtswerke Sallusts, während sich Konrad Petzold, Stefan Fraß und Daniel Pauling verschiedenen Facetten des Euergetismus in Italien und den Provinzen widmen. Im Mittelpunkt des mit einem Quellenregister, einem Personenregister, einem kurzen Ortsregister von Afrika bis Urso und einem Sachregister von Ämter über salus publica bzw. salus communis bis Zwölftafelgesetz bereichert |
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Das Leipziger Schöffenbuch 1420-1478 (1491) - Edition, bearb. v. Kunze, Jens (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Leipzig 4). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2012. XXXIV, 425 S.. 4 Ill., graph. Darst. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Leipziger Schöffenbuch 1420-1478 (1491) - Edition, bearb. v. Kunze, Jens (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Leipzig 4). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2012. XXXIV, 425 S.. 4 Ill., graph. Darst. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Seit 1990 nimmt die landesgeschichtliche Forschung in Sachsen, und damit auch in Leipzig, nach einem jahrzehntelangen Stillstand Schwung auf und stellt durch Herausgabe von Quellen Material zur Verfügung, das lange entbehrt worden ist. In diesem Rahmen ist die Edition des Leipziger Schöffenbuches zu sehen, das eine Tätigkeit der Leipziger Schöffen für die Jahre 1420 bis 1478, mit einem Nachtrag aus dem Jahre 1491, widerspiegelt. Die edierte Handschrift umfasst 150 Pergamentblätter, auf denen in deutscher Sprache der Inhalt von 522 Sitzungen niedergelegt ist. Der Herausgeber hat die Gegenstände einer Sitzung jeweils unter einer Ordnungsnummer mit Angabe des Datums und der Blattangabe zusammengefasst. Der Wiedergabe der Protokolleinträge (S. 3- 364) ist eine Einleitung (S. IX-XXIII) vorangestellt, die über Leipzig im 15. Jahrhundert, den Leipziger Schöffenstuhl, die Beschreibung des Schöffenbuches, ohne Angabe seiner Größe, und den Inhalt des Schöffenbuches stichwortartig schreibt. Editionsrichtlinien, Abkürzungsverzeichnis, Quellen und Literatur beschließen die Einleitung. Nach den Protokolleinträgen folgt ein Index (S. 366-415) über Personen-Orte-ausgewählte Sachen. Den Abschluss bilden Abbildungen von 6 Textseiten und dem Buchdeckel.
Die Freude über diese neue Quellenerschließung wird leider getrübt durch handwerkliche Mängel der Edition. Das gegenseitige Verhältnis der drei in Leipzig zu dieser Zeit rechtsprechenden Organe, Rat, Stadtgericht und Schöffenstuhl, hätte dargestellt und in seiner Auswirkung auf das überlieferte Schriftgut auseinander gehalten werden müssen. Diese Forderung, die Guido Kisch bereits 1919 in seiner Einleitung (S. 3*-126*) zu der Edition der Leipziger |
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Geschichtsschreibung als herrschaftskritische Aufgabe. Beiträge zur ArbeiterInnenbewegung, Justizgeschichte und österreichischen Geschichte im 20. Jahrhundert. Festschrift für Hans Hautmann zum 70. Geburtstag, hg. v. Kuretsidis-Haider, Claudia/Mugrauer, Manfred. StudienVerlag, Innsbruck 2013. 349 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Geschichtsschreibung als herrschaftskritische Aufgabe. Beiträge zur ArbeiterInnenbewegung, Justizgeschichte und österreichischen Geschichte im 20. Jahrhundert. Festschrift für Hans Hautmann zum 70. Geburtstag, hg. v. Kuretsidis-Haider, Claudia/Mugrauer, Manfred. StudienVerlag, Innsbruck 2013. 349 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Geschichtsschreibung ist in einer freiheitlichen Gesellschaft sicher aus vielen verschiedenen Gründen möglich. Zu ihnen zählt, weil der Mensch wohl seit seinen Anfängen ein gewisses Interesse an der Herrschaft über andere Menschen gehabt und in den unterschiedlichsten Formen auch tatsächlich verwirklicht hat, auch die Herrschaftskritik. Unter diesem bedeutenden Gesichtspunkt haben sich zwanzig Autorinnen und Autoren zusammengefunden, um Hans Hautmann zum 70. Geburtstag zu ehren und die von ihm bisher erbrachte wissenschaftliche Leistung sachkundig zu würdigen.
Der in Wien am 22. August 1943 in einer kommunistischen Arbeiterfamilie geborene Jubilar wurde nach der Matura (1963) und dem Studium zunächst der Rechtswissenschaft und dann der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien 1968 mit der Dissertation über die Anfänge der linksradikalen Bewegung und der Kommunistischen Partei Deutschösterreichs bei Ludwig Jedlicka und Erich Zöllner zum Dr. phil. promoviert. Auf Empfehlung Jedlickas wurde er 1969 Mitarbeiter Karl R. Stadlers an der Lehrkanzel für neuere Geschichte und Zeitgeschichte der damaligen Hochschule Linz und im Juni 1982 auf Grund der Schrift Geschichte der Rätebewegung in Österreich 1918-1924 habilitiert. 1997 erhielt er den Titel eines außerordentlichen Universitätsprofessors und trat im August 2005 in den Ruhestand.
Die Beiträge der Festschrift entsprechen den vielfältigen Interessen des im Vorwort als einer der wenigen marxistischen Historiker auf akademischen Boden in Österreich beschriebenen Jubilars. Sie befassen sich etwa mit der gewerblichen Arbeiterschaft in der Frühindus |
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Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita, Verfassungsgeschichte Europas. Vom 18. Jahrhundert bis zum zweiten Weltkrieg, unter Mitwirkung v. Fraydenegg-Monzello, Otto. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. VII, 151 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita, Verfassungsgeschichte Europas. Vom 18. Jahrhundert bis zum zweiten Weltkrieg, unter Mitwirkung v. Fraydenegg-Monzello, Otto. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. VII, 151 S.
Verfassung eines Staates ist der allgemeine grundlegende Zustand eines Staates, der nach einer weitgehend anerkannten Konvention material oder formal sein kann. Von daher kann man mit guten Gründen die in die Dimension Zeit eingebettete Verfassungsgeschichte bereits im Altertum oder im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts beginnen lassen. Eine kurze und prägnante Darstellung des europäischen Konstitutionalisierungsprozesses liegt nach den Worten der Verfasserin bislang noch nicht vor, weil die Verfassungsentwicklung nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Staatengeschichte sinnvoll erscheint und eine europäische Staaten- und Verfassungsgeschichte ein komplexes Unterfangen ist, dem sich die Verfasserin aber gleichwohl stellt.
Die 1965 geborene, als außerordentliche Professorin für österreichische Rechtsgeschichte und europäische Rechtsentwicklung an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz tätige Verfasserin ist literarisch erstmals durch ihre Grazer geschichtswissenschaftliche Dissertation über Ferdinand I. und die steirischen Landtage (an Hand der Landtage von 1542 bis 1556) hervorgetreten. Seitdem hat sie sich vor allem mit der europäischen Integrationsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Weges nach Brüssel befasst. Dementsprechend liegt die Verfassungsgeschichte Europas im Schnittpunkt ihrer vielfältigen Interessen.
Ihre kompakte, für Studierende in Prüfungen besonders hilfreiche, allerdings auf ein Sachregister verzichtende Darstellung gliedert sie nach einer kurzen Einleitung in sechs Kapitel und eine Zusammenfassung. Nach einer Grundlegung über Verfassung, Staat und Verfassungsstaat unterscheidet sie als fünf geschichtliche Einheiten die frühkonstitu |
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Die Urkunden Manfreds, hg. v. Friedl, Christian (= Monumenta Germaniae Historica - Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 17). Harrassowitz, Wiesbaden 2013. XLII, 804 S., 8 Tafels. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Urkunden Manfreds, hg. v. Friedl, Christian (= Monumenta Germaniae Historica - Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 17). Harrassowitz, Wiesbaden 2013. XLII, 804 S., 8 Tafels. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Staufer sind trotz ihrer schwierigen Anfänge auf Grund des Widerstands der Kurfürsten des deutschen Reiches gegen ein Königtum der mächtigen Welfen infolge der Leistungen Friedrichs I. und der Fähigkeiten Friedrichs II. eine der wichtigsten Familien der deutschen Geschichte. Mit ihrem besonderen Glanz auch der Verbindung des Reiches mit dem normannischen Sizilien ist aber auch ihr wenig glanzvoller Untergang in der Mitte des 13. Jahrhunderts verknüpft. Zu ihm gehört der als Sohn Friedrichs II. und der piemontesischen Adeligen Bianca Lancia der Jüngeren, mit der sich zwecks Legitimation des Kindes der Kaiser noch auf dem Sterbebett trauen ließ, in Venosa 1232 geborene, ab 1250 als Fürst von Tarent, Verweser in Reichsitalien und Sizilien und ab 1258 als König von Sizilien wirkende, am 26. Februar bei Benevent im Kampf gegen ein päpstlich-französisches Kreuzritterheer gefallene Manfred, dessen Urkunden der Bearbeiter in einer eindrucksvollen Leistung vorlegt.
Durch Studien zur Beamtenschaft Kaiser Friedrichs II. im Königreich Sizilien (1220-1250) und die Mitwirkung an der Edition der Urkunden Friedrichs II. (2007, 2010, Die Urkunden der der deutschen Könige und Kaiser 14) bestens ausgewiesen, konnte er auf Studien zum Urkunden- und Kanzleiwesen König Manfreds von Sizilien (1994) und Recherchen Markus Brantls aufbauen, der bereits in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts bei Vorarbeiten zur Edition der Urkunden Friedrichs II. eine annähernd vollständige Materialsammlung mit Photos oder Digitalisaten der Überlieferungen sowie ersten Volltexten geschaffen hatte, die im Jahre 2004 von den Monumenta Germaniae gekauft wurde. Nachdem 2006 die Zentraldirektion der Monumenta die Aufnahme der Urkunden Manfreds |
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Heuser, Robert, Grundriss der Geschichte und Modernisierung des chinesischen Rechts (= Studien zu Recht und Rechtskultur Chinas 2). Nomos, Baden-Baden 2013. 286 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Heuser, Robert, Grundriss der Geschichte und Modernisierung des chinesischen Rechts (= Studien zu Recht und Rechtskultur Chinas 2). Nomos, Baden-Baden 2013. 286 S.
Nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens ist in China weder die Menschheit entstanden noch das Recht, und doch verdient ein Grundriss der Geschichte des chinesischen Rechts ungeteilte Aufmerksamkeit auch in Deutschland. Zum einen ist China bereits oder wahrscheinlich zumindest demnächst einer der wirtschaftlich und vielleicht auch politisch führenden Staaten der Erde, dessen kapitaler Hilfe die Mitbewerber in der Gegenwart vielfach bedürfen. Zum anderen kann auch China auf 3000 Jahre Recht zurückblicken, selbst wenn damit nicht immer dasselbe gemeint ist wie in Europa.
Der Verfasser des vorliegenden verdienstvollen Grundrisses ist seit 1992 als führender sinologischer Jurist in Köln tätig und bereits durch zahlreiche Schriften über die chinesische Rechtskultur und chinesisches Recht hervorgetreten. Sein jetziges Werk geht nach dem kurzen Vorwort auf mehrere über einen längeren Zeitraum an unterschiedlichen Orten erschienene, nach intensiver Überarbeitung und umfänglicher Ergänzung zu einem Überblick verbundene Einzelstudien zurück. Sie reichen vom Jahre 1983 bis fast zur Gegenwart.
Gegliedert ist diese neue, hilfreiche Einheit in insgesamt vier Kapitel. Dabei folgen aufeinander die frühzeitlichen Rechtsordnungen des letzten vorchristlichen Jahrtausend auf der Grundlage eines eigenständigen Rechtsbegriffs, die Gesetzgebung und das Strafrechtssystem während der Kaiserzeit (Qin, Han, Tang, Song, Yuan, Ming und Qing) und die am Ende der Qing-Dynastie (1903-1911) einsetzenden hundert Jahre Rechtsreform unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Modells und einer deutschen Gegenposition sowie in Parallele hierzu hundert Jahre Verfassungsreform. Im Anhang bietet das für jeden am chinesischen Recht Interessierten außerordentlich wertvolle, wenn nicht gar unentbehrl |
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Lemberg, Margret, Item sant Elizabeth im kasten. Der Elisabethenschrein - die erstaunliche Karriere eines Kunstwerks (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 79). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2013. X, 218 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lemberg, Margret, Item sant Elizabeth im kasten. Der Elisabethenschrein - die erstaunliche Karriere eines Kunstwerks (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 79). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2013. X, 218 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zu den bekanntesten Frauen des deutschen Mittelalters zählt die am 17. November 1231 mit 24 Jahren in dem von ihr errichteten Haus im Bereich ihres dem heiligen Franziskus geweihten Hospitals im Norden Marburgs gestorbene Elisabeth von Thüringen. Unmittelbar nach ihrem Tode begann ein Strom von Pilgern zur Grablege der wundersamen Landgräfin. Wenig später unterzeichnete in Perugia am 4. Juni 1235 Papst Gregor IX. die Urkunde über die Erhebung Elisabeths zur Ehre der Altäre.
Wie die sachkundige, durch zahlreiche frühere Arbeiten bekannte Verfasserin zu Beginn ihrer eindrucksvollen Darstellung anschaulich ausführt, hatte einer mittelalterlichen Heiligsprechung am Orte der Grablegung die Erhebung der Gebeine zu folgen, an welche die Translation der Gebeine auf einen Altar anzuschließen war. Dies geschah bei Elisabeth am 1. Mai 1236 in Anwesenheit Kaiser Friedrichs II. und vieler geistlicher und weltlicher Würdenträger. Als der Hüter dieses daraufhin geschaffenen kostbaren Schatzes 1480 sein Amt an seinen Nachfolger übergab, beschrieb er ihn mit den dürren Worten Item sant Elizabeth im kasten, welche die Verfasserin als Titel ihres Werkes aufgreift, in dem sie die bisherigen Beschreibungen und kunstgeschichtlichen Erläuterungen des Schreines durch einen Blick auf die Wünsche und Begehrlichkeiten religiöser, politischer und materieller Natur ergänzen will, die der Schrein bereits ausgelöst hat.
Gegliedert sind ihre vielfältigen, neuartigen, mit reichem Bildmaterial sowie einem dokumentarischen Anhang versehenen Ausführungen insgesamt in zehn Abschnitte. Sie betreffen Elisabeth und den Reliquienkult ihrer Zeit, den Weg des Schreines vom Reliquiengehäuse zum Kuns |
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Niederösterreichisches Urkundenbuch. Zweiter Band 1078-1158, bearb. v. Zehetmayer, Roman/Weltin, Dagmar/Weltin, Maximilian unter Mitarbeit v. Marian, Günter/Mochty-Weltin, Christina, hg. vom Verein zur Förderung von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs und vom. niederösterreichischen Landesarchiv (= Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, achte Reihe), in zwei Teilbänden. Niederösterreichisches Landesarchiv, Sankt Pölten 2013. 1101 S. Besprochen von Gerhard Köbl |
Ganzen Eintrag anzeigen Niederösterreichisches Urkundenbuch. Zweiter Band 1078-1158, bearb. v. Zehetmayer, Robert/Weltin, Dagmar/Weltin, Maximilian unter Mitarbeit v. Marian, Günter/Mochty-Weltin, Christina, hg. vom Verein zur Förderung von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs und vom. niederösterreichischen Landesarchiv (= Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, achte Reihe), in zwei Teilbänden. Niederösterreichisches Landesarchiv, Sankt Pölten 2013. 1101 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Niederösterreichische Urkundenbuch, dessen im Jahre 2008 erschienener, die Jahre von 777 bis 1076 erfassender erster Band nach der luziden Einleitung des Maximilian Weltins die Commission Internationale de Diplomatique zum Anlass genommen hat, das Spektrum regionaler Urkundenbücher im Rahmen eines Symposiums in dem eigentlich für die Commission wenig attraktiven, aber dadurch europäischen Metropolen gleichgestellten Sankt Pölten zu diskutieren, wird erfreulicherweise bereits nach wenigen Jahren durch den gewichtigen zweiten Band fortgeführt. Es beginnt auf den Seiten (7)-(27) mit einer nach dem Datum von 1071/1076 bis 1164/1167 geordneten Konkordanz, die außer dem Datum den Betreff (z. B. Garsten, Behamberg oder Klosterneuburg, Einzelblatt), die Nummer (1 1 - 30 1 Privilegium minus bzw. 30 2 Privilegium maius 1156 bzw. 1358/1359) und die Seite (der Texte und Kommentare) von 1 bis 867 aufführt. Dem folgt die Einleitung Maximilian Weltins, die bedauerlicherweise darauf hinweisen muss, dass im Gegensatz zu dem ein überschaubares Material beispielgebend aufbereitenden Vorausband des Jahres 2004 der erste Band nur ein geringes Erwerbungsinteresse heimischer Kommunen auf sich ziehen konnte.
Der zweite Band deckt zeitlich 80 Jahre mittels 478 notgedrungen auf zwei Bände zu verteilender Betreffe ab. Von ihnen sind 22 urkundliche Erlässe der höchsten Reichsgewalt, 20 unterschiedlich gefertigte Willenserklärungen der Kurie, 79 Äuß |
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Conrad, Sebastian, Globalgeschichte. Eine Einführung (= beck’sche reihe 6079). Beck, München 2013. 300 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Conrad, Sebastian, Globalgeschichte. Eine Einführung (= beck’sche reihe 6079). Beck, München 2013. 300 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Das seit 1990 zunehmend starke Wachstum der Globalgeschichte als eigenes Feld der Geschichtsforschung verlangt auch nach der Bereitstellung übersichtlicher Einführungswerke in diese nicht leicht zu überschauende, sich komplex entwickelnde Disziplin. Der namhafte deutsche Globalhistoriker Sebastian Conrad, der zunächst am European University Institute in Florenz wirkte und seit 2010 eine Professur für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin innehat, stellt nunmehr einen handlichen Band bereit, der einschließlich der Einführung in acht Kapiteln darzulegen versucht, wodurch sich Globalgeschichte konstituiert, welche Erkenntnismöglichkeiten sie bietet und welche Grenzen ihr gesetzt sind. Unter anderem werden verschiedene Ansätze und Paradigmen skizziert sowie die prominentesten Felder, Themen und Kontroversen angesprochen. Unter dem Titel „Globalgeschichte in Aktion“ stellt der Verfasser abschließend insgesamt zehn Werke näher vor, „exemplarische Texte, die in verschiedener Hinsicht die Erkenntnischancen und das innovative Potential, aber auch die Grenzen globalgeschichtlicher Zugriffe deutlich machen können“ (S. 248), darunter neben weniger gängigen Schriften renommierte Klassiker wie C. A. Baylys „Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte 1780-1914“ (2008) oder Jürgen Osterhammels opus magnum „Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts“ (2009).
Der „Boom der Globalgeschichte“ sei „ohne den Hintergrunddiskurs der Globalisierung nicht zu verstehen“, weshalb es umso wichtiger sei, „sich regelmäßig darüber Rechenschaft abzulegen, wie Erklärungsansätze und Narrative mit zugrundeliegenden Strukturen der Ungleichheit und den Geographien der Macht zusammenhängen“ (S. 95). Im Mittelpunkt sich als globalgeschichtlich definierender Forschungen stünden „grenzüberschr |
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Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, Robert/Schindling, Anton/Wolgast, Eike (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe B, Forschungen 197). Kohlhammer, Stuttgart 2013. VIII, 323 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, Robert/Schindling, Anton/Wolgast, Eike (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe B, Forschungen 197). Kohlhammer, Stuttgart 2013. VIII, 323 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Organisationsformen der Menschen ändern sich im Laufe der Zeit wie alles andere oder fast alles andere auch. Aus Familien sind Horden geworden, aus Horden Völker und aus Völkern Länder und Staaten. Die innerdeutschen Veränderungen der jüngeren Vergangenheit behandelt der vorliegende verdienstvolle Sammelband an Hand einzelner Gegebenheiten.
Er geht darauf zurück, dass als einzige Länderneugründung in der bisherigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1952 das Bundesland Baden-Württemberg geschaffen wurde. Aus Anlass des 60. Jahrestags dieses Ereignisses veranstaltete die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg zusammen mit dem Landtag am 11. und 12. Oktober in Stuttgart ein wissenschaftliches Symposion, das diese bedeutsame Veränderung in einen größeren Zusammenhang stellen sollte. Ergänzt durch weitere Karten stehen die damaligen Ausführungen nunmehr der Öffentlichkeit in gedruckter Form zur Verfügung.
Insgesamt enthält der mit einer Zeichnung des politischen Gleichgewichts im französischen Umfeld von 1815 aus den Beständen des Britischen Museums und einem Stimmzettel vom 9. Dezember 1951 seine große zeitliche wie örtlich Spannbreite veranschaulichende Band außer Grußworten, einer Einführung Anton Schindlings und einem Epilog über die Entwicklung des deutschen Föderalismus (Eike Wolgast) elf detaillierte Studien. Sie betreffen unter dem Titel alte Ideen unter neuen Konstellationen die Gründungsgeschichte Baden-Württembergs, die Neuverteilung der linksrheinischen Gebiete und die preußische Provinz Sachsen zwischen 1813 und 1815, Preußens Vergrößerungen in den Jahren 1848 |
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Pendas, Devin O., Der Auschwitz-Prozess. Völkermord vor Gericht. Aus dem amerikanischen Englischen übersetzt v. Binder, Klaus. Siedler, München 2013. 432 S., 19 Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pendas, Devin O., Der Auschwitz-Prozess. Völkermord vor Gericht. Aus dem amerikanischen Englischen übersetzt v. Binder, Klaus. Siedler, München 2013. 432 S., 19 Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Das Buch erschien 2006 unter dem Titel „The Frankfurt Auschwitz Trial 1963-1965“ in Cambridge/Großbritannien. Der Autor wollte als studierter Historiker ersichtlich der Leserschaft im anglo-amerikanischen Bereich Rechts- und Verfahrensfragen um den Prozess in Frankfurt im Vergleich zu einer möglichen Vorgehensweise in den Vereinigten Staaten von Amerika erläutern. Vor diesem Hintergrund sind für einen juristischen Leser in Deutschland viele Aussagen schwer nachzuvollziehen. Im Text wird nicht sorgfältig genug herausgearbeitet, welche Vorgehensweise auf der Basis der historisch herausgearbeiteten Kenntnisse des Jahres 2006 bzw. 2013 wünschenswert gewesen wäre und welche Vorgehensweise aus Rechtsgründen mit dem zeitgeschichtlichen Hintergrund der Jahre um 1963 dem Verfahren in Frankfurt zu einem Erfolg verhelfen konnte. In einem Nachwort zur deutschen Ausgabe (S. 327-330) sucht der Autor darzustellen, dass er heute eine etwas andere Sichtweise zu Aussagen in der Originalausgabe hat. In diesem Zeitraum haben sich jedoch die Umstände nicht so verändert, als dass sie die gemachten Aussagen beeinflussen könnten.
Der Verfasser schildert sehr ausführlich die Vorgeschichte des von Vielen in der Bundesrepublik Deutschland nicht gewollten Verfahrens. Unbestritten dürfte sein, dass das Verfahren in der durchgeführten Form nicht ohne das jahrelange Drängen des Frankfurter Generalstaatsanwalts Fritz Bauer zustande gekommen wäre.
Materialreich arbeitet der Verfasser heraus, dass andere Prozessbeteiligte, besonders mit Unterstützung aus Berlin (Ost), das Verfahren förderten, ohne dass es ihnen primär um die Opfer der Mordtaten ging, sondern sie sahen diesen Prozess als einen Weg, die Bundesrepublik Deutschland, die sich völkerrechtlich als |
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Die Geschichte der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Teil 1, hg. v. Starck, Christian/Schönhammer, Kurt (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neue Folge 28). De Gruyter, Berlin 2013. 337 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Geschichte der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Teil 1, hg. v. Starck, Christian/Schönhammer, Kurt (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, neue Folge 28). De Gruyter, Berlin 2013. 337 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Akademie ist die bei dem Hain des griechischen Helden Akademos in Athen von Plato (428/427-348/347 v. Chr.) gegründete, griechische, 529 n. Chr. vom oströmischen Kaiser Justinian verbotene Philosophenschule, deren Grundgedanke 1454 in Italien (Terranuova/Florenz) wiederbelebt wird. Seitdem versammeln sich nach dem Kooptationsprinzip bedeutende universitäre Gelehrte in außeruniversitären Akademien (Accademia dei Lincei 1603, Accademia del Cimento 1657, Leopoldina Schweinfurt 1652) vor allem zwecks Netzwerkbildung und Förderung der Wissenschaft. Der entscheidende Anteil an der Entwicklung der modernen Welt kann aber eher den Universitäten (z. B. Halle 1694, Göttingen 1737, Berlin 1810) als den Akademien (Preußen 1700, Österreich 1847) als Wissenschaftsnetzwerken zugesprochen werden.
Unter dem Titel Sie befruchtet und ziert als Übersetzung der Inschrift des Siegels der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (fecundat et ornat) hat die Göttinger Akademie im Wintersemester 2012/2013 in einer Ringvorlesung ihre Geschichte seit ihrer Gründung im Jahre 1751 behandelt. Dabei werden die Akademie als wissenschaftliche Einrichtung bis zur Gegenwart und wichtige Hauptzüge ihrer wissenschaftlichen Arbeit beispielhaft dargestellt. Die vorliegende Veröffentlichung gibt die Referate in überarbeiteter Ordnung wieder.
Dabei werden im ersten Teil das Verhältnis der Akademie zum Staat, Albrecht von Haller und die Decouverten, die göttingischen gelehrten Anzeigen im 19. Jahrhundert, wissenschaftliche Preisfragen und die Akademie und ihre ökonomische Nützlichkeit als Institutionengeschichte behandelt. Danach werden Mathematiker (Gauß, Riemann, Klein, Hilbert), Quantenmechaniker (Born, H |
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Casemir, Kirstin/Fischer, Christian, Deutsch. Die Geschichte unserer Sprache. Primus Verlag, Darmstadt 2013. 288 S. 30 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Casemir, Kirstin/Fischer, Christian, Deutsch. Die Geschichte unserer Sprache. Primus Verlag, Darmstadt 2013. 288 S. 30 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das hervorragendste Kennzeichen des Menschen innerhalb aller irdischen Lebewesen ist die mit Hilfe seine Verstandes entwickelte Sprache, die ihm eine Kommunikation mit anderen Menschen ermöglicht, die sich inzwischen von Raum und Zeit zumindest relativ verselbständigt zu haben scheint. Da Sprache vielleicht nicht an einem einzigen Ort nur einmal entstanden ist und jedenfalls zehntausende Jahre Entwicklungen hinter sich hat, bestehen auf der Erde Tausende von im Werden wie im Vergehen befindliche Sprachen. Zwar nicht die bedeutendste, aber doch eine weltweit bedeutende Sprache ist das am Übergang vom Altertum zum Mittelalter im Reich der Franken entstandene Deutsche, dessen Geschichte für seine Sprecher von besonderem Interesse ist oder doch sein sollte.
Kirstin Casemir, die sich mit Christian Fischer im vorliegenden Werk um dieses gewichtige Anliegen bemüht, wurde in Lüneburg 1968 geboren und nach dem Abitur im Gymnasium am Schloss zu Wolfenbüttel und dem Studium der historisch-vergleichenden und allgemeinen Sprachwissenschaft sowie Germanistik in Göttingen auf Grund einer Dissertation über die Ortsnamen des Landkreises Wolfenbüttel und der Stadt Salzgitter 2002 promoviert. Nach Tätigkeiten im Rahmen der Neubearbeitung des von den Brüdern Grimm begonnenen Deutschen Wörterbuchs und Lehraufträgen in Göttingen wurde sie 2007 Leiterin der Forschungsstelle Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe. Dementsprechend nennt sie als Forschungsschwerpunkte Onomastik, Lexikographie, historische Kartographie und historische Sprachwissenschaft.
Auf dieser Grundlage bietet das vorliegende Werk eine vielseitige allgemeine Einführung in die Geschichte der von mehr als 100 Millionen Muttersprachlern gesprochene zehntgrößte Sprache der Welt. Gegliedert ist die gut lesbare Darstellung in fünf Abschn |
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Oexle, Otto Gerhard, Die Gegenwart des Mittelalters (= Das mittelalterliche Jahrtausend 1). Akademie-Verlag, Berlin 2013. 45 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oexle, Otto Gerhard, Die Gegenwart des Mittelalters (= Das mittelalterliche Jahrtausend 1). Akademie-Verlag, Berlin 2013. 45 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Sensibilisierung für die Aktualität mittelalterlicher Geschichte und Kultur in der gegenwärtigen Gesellschaft ist nach dem kurzen Vorwort Michael Borgoltes ein Anliegen des Mittelalterzentrums in der berlin-brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, das in einer jährlichen öffentlichen Abendveranstaltung artikuliert werden soll. Begonnen wurde die Veranstaltungsreihe 2012 mit einem Vortrag Otto Gerhard Oexles (*1939 Singen), der nach dem Studium von Geschichte und Romanistik in Freiburg im Breisgau, Poitiers und Köln 1965 in Freiburg im Breisgau promoviert, 1973 in Münster über sozialgeschichtliche Forschungen zu geistlichen Gemeinschaften im westfränkischen Einflussbereich habilitiert, 1980 nach Hannover berufen und 1987 zum bis 2004 amtierenden Direktor und wissenschaftlichen Mitglied am Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen ernannt wurde. In seinem überzeugenden Referat macht er nachdrücklich auf Überreste und Denkmäler des Mittelalters in der Gegenwart, auf den von den Humanisten des 14. und 15. Jahrhunderts erfundenen Begriff des Mittelalters und auf das durch einige Abbildungen (z. B. der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche oder Ludwig Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie) veranschaulichte gedachte Mittelalter der Moderne aufmerksam.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Kellerhoff, Sven Felix, Aus der Geschichte lernen - Ein Handbuch zur Aufarbeitung von Diktaturen. Nomos, Baden-Baden 2013. 136 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kellerhoff, Sven Felix, Aus der Geschichte lernen - Ein Handbuch zur Aufarbeitung von Diktaturen. Nomos, Baden-Baden 2013. 136 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Diktatur ist im altrömischen Recht das Amt eines von einem Konsul in einer Notlage der Republik für eine streng befristete Zeit ernannten außerordentlichen Magistrats (Diktators) (ohne kontrollierenden Kollege, wie es von Sulla und Caesar aber am Ende der Republik ohne zeitliche Beschränkung ausgeübt und 44 v. Chr. abgeschafft wird. Im Anschluss hieran entwickeln sich verschiedene Formen unbeschränkter Herrschaft eines Einzelnen oder einer Personengruppe, wobei der Begriff in der Renaissance wiederbelebt wird und die Diktatur vielfach totalitäre Züge (z. B. unter Adolf Hitler oder Josef Stalin) annimmt. Von 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union weisen 18 Erfahrungen mit Diktaturen auf.
Der Verfasser, der mit dem ungewissen Ziel des Lernens aus der Geschichte sein Handbuch zur Aufarbeitung von Diktaturen vorlegt, ist ein in Stuttgart 1971 geborener Journalist, der überwiegend in Berlin Geschichte, Medienrecht und Publizistik studierte und unter Besuch der Berliner Journalistenschule seit 1993 für die Berliner Zeitung, die Welt und die Berliner Morgenpost tätig war und ist. Während dieser Tätigkeiten legte er meist mit Bezug zu Berlin verschiedene Sachbücher vor über deutsche Legenden, Attentäter, Schicksale, Falschmeldungen, Fluchttunnels und anderes.
Sein von ihm etwas hochgegriffen als Handbuch eingestufter schmaler Band über Diktaturen gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in fünf Kapitel. Sie betreffen die Beweissicherung, den Elitenwechsel, die Bestrafung, die Opferentschädigung und die Aufklärung. Grundsätzlich beginnt der Verfasser jeweils mit den deutschen Erfahrungen im 20. Jahrhundert, versucht aber auch nach Möglichkeit andere Länder wie Spanien, Kambodscha, Polen, Ungarn, Südafrika und andere einzubeziehen und stellt dabei, ausgehend von der jähr |
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Brauneder, Wilhelm, Europäische Privatrechtsgeschichte (= UTB 3487). Böhlau, Wien 2014. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brauneder, Wilhelm, Europäische Privatrechtsgeschichte (= UTB 3487). Böhlau, Wien 2014. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wilhelm Brauneder (*1943) wurde nach seiner Wiener Promotion 1966 von Hans Lentze an Werner Ogris empfohlen und1971 mit 28 Jahren auf Grund seiner 1973 gedruckten Schrift über die Entwicklung des Ehegüterrechts in Österreich für deutsche Rechtsgeschichte, deutsches Privatrecht, österreichische Verfassungsgeschichte und österrreichische Verwaltungsgeschichte promoviert. Trotz seines Ausgangspunkts im Privatrecht wandte er sich anschließend besonders der Verfassungsgeschichte zu, für die er das führende, vielfach aufgelegte Lehrbuch Österreichs verfasste. Dessenungeachtet konnte er auf Grund seines weitgespannten Horizonts 1994 sowohl Studien (1) über die Entwicklung des öffentlichen Rechts wie auch Studien (2) über die Entwicklung des Privatrechts und nach weiteren Forschungen 2002 Studien (3) über die Entwicklung des öffentlichen Rechts II und 2012 Studien (4) über Entwicklungen des öffentlichen (Rechts) und Privatrechts vorlegen.
Der vorliegenden Darstellung, die nach seiner Vorbemerkung ein Grundriss sein will, liegt ein Lehrbehelf in der Form eines nicht über den Buchhandel vertriebenen Skriptums zu Grunde, der durch etwa dreißig Jahre verschiedene Lehrveranstaltungen an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien begleitete und dort einfach unmittelbar erworben werden konnte. Ursprünglich als österreichische Privatrechtsgeschichte verfasst, unterlag er einer zunehmenden Ausweitung auf Europa und erhielt zuletzt den Namen Europäische Privatrechtsgeschichte. Nach Veröffentlichung einer ungarischen Buchausgabe unter dem Titel neuere Privatrechtsgeschichte Mitteleuropas am Beispiel Osterreichs bis 1900 (1995) und nach der frühere Möglichkeiten einengenden Emeritierung hat sich der Verfasser erfreulicherweise auch für eine deutsche Buchhandelsausgabe an prominenter Stelle entschieden.
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Freudenberg, Sebastian, Trado atque dono. Die frühmittelalterliche private Grundherrschaft in Ostfranken im Spiegel der Traditionsurkunden der Klöster Lorsch und Fulda (750 bis 900) (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 224). Steiner, Stuttgart 2013. 456 S., 101 Abb., 4 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Freudenberg, Sebastian, Trado atque dono. Die frühmittelalterliche private Grundherrschaft in Ostfranken im Spiegel der Traditionsurkunden der Klöster Lorsch und Fulda (750 bis 900) (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 224). Steiner, Stuttgart 2013. 456 S., 101 Abb., 4 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Obgleich die Bezeichnung Grundherrschaft anscheinend erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts gebildet wurde, geht man allgemein davon aus, dass es die von einem weltlichen oder geistlichen Grundherrn beherrschte Gesamtheit von Gütern samt den darauf befindlichen Leuten bereits im Frühmittelalter gegeben hat. Zwar ist ihre Herkunft nicht wirklich gewiss, doch ist sie im Reich der Franken weit verbreitet. Im Mittelpunkt der zahlreichen Forschungen stehen dabei Kirche und König, weil sie die meisten Quellen für diesbezügliche Untersuchungen hinterlassen haben.
Die vorliegende Arbeit ist die 1999 begonnene, von Hans-Werner Goetz betreute, von der Studienstiftung des deutschen Volkes sowie dem Bistum Fulda unterstützte und von der Universität Hamburg 2013 angenommene Dissertation des nach dem Referendariat in den Schuldienst getretenen Verfassers. Sie geht vor allem von den Folgen eines von Adriaan Verhulst in Spoleto 1965 gehaltenen Vortrags über la genèse du régime domanial aus. Darin wurde die mit dem Ende des 7. Jahrhunderts auf den großen königlichen und geistlichen Gütern Nordfrankreichs entstandene zweigeteilte Fronwirtschaft mit herrschaftlichem, durch die Frondienste abhängiger Bauern bestelltem Eigenland als klassische, im Mittelalter im Gegensatz zum Altertum neu erfundene Form der Grundherrschaft angesehen.
In diesem Rahmen blieb die nichtkönigliche und nichtkirchliche Grundherrschaft nach den überzeugenden Feststellungen des Verfassers bisher fast ganz unbeachtet. Den Grund hierfür sieht auch der Verfasser in der schwierigen Quellenlage. Den hieraus gezogenen Schluss auf die private Gru |
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Sennholz, Marco, Johann von Leers. Ein Propagandist des Nationalsozialismus (= Biographische Studien zum 20. Jahrhundert 3). be.bra Wissenschaft Verlag, Berlin 2013. 460 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sennholz, Marco, Johann von Leers. Ein Propagandist des Nationalsozialismus (= Biographische Studien zum 20. Jahrhundert 3). be.bra Wissenschaft Verlag, Berlin 2013. 460 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer sich mit den Professuren und Professoren der Rechtswissenschaft in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft befasst, kann gelegentlich auch Johann von Leers begegnen. Zwar zählt er nicht zum Kern der juristischen Hochschullehrer seiner Zeit. Aber er nahm doch zwischen 1933 und 1945 eine nicht unbedeutende Stellung ein, über die nur noch wenig bekannt ist, so dass das vorliegende Werk diesbezüglich ansprechend und gut lesbar eine bisher bestehende Lücke schließen kann.
Entstanden ist es an einem eher entlegen Ort, nämlich als Dissertation an der Technischen Universität Chemnitz. Zum Inhalt hat es das wechselvolle Leben eines der seinerzeit einflussreichsten nationalsozialistischen Propagandisten. Detailliert und umsichtig bearbeitet sein Verfasser an Hand der verfügbaren Quellen Leben und Werk des in Vietlübbe in Mecklenburg am 25. Januar 1902 in einer 1791 in den Reichsadel erhobenen und dann auf Gütern in Schönfeld, Mühlen Eichsen und Vietlübbe im Amt Gadebusch ansässigen, aber wirtschaftlich vor dem Verfall stehenden früheren Kaufmannsfamilie geborenen Leers’.
Danach studierte Johann von Leers nach dem Abitur am Gymnasium Neustrelitz an den Universitäten Kiel, Berlin und Rostock Rechtswissenschaft und Geschichte, befasste sich nach seiner juristischen Rostocker Promotion über die Werkwohnung in der Gesetzgebung (1925) als Kulturattaché des Auswärtigen Amtes für den fernen Osten intensiv mit der Bedeutung der Juden, gewann die Überzeugung, dass die Menschheit vor der Versklavung durch die Juden gerettet werden müsse und machte die Juden für Konkurs und Verlust des Familienguts Vietlübbe verantwortlich. Am 1. August 1929 wurde er Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei sowie als sehr enger M |
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Weise, Niels, Eicke. Eine SS-Karriere zwischen Nervenklinik, KZ-System und Waffen-SS. Schöningh, Paderborn 2013. 456 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weise, Niels, Eicke. Eine SS-Karriere zwischen Nervenklinik, KZ-System und Waffen-SS. Schöningh, Paderborn 2013. 456 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Theodor Eicke wurde in Hampont in (Elsass-)Lothringen am 17. Oktober 1892 als jüngstes der elf Kinder eines deutsch-patriotischen Bahnhofsvorstehers geboren und besuchte von 1899 an die Volksschule, verließ aber die anschließende Realschule ohne den angestrebten Abschluss und brach auch das nach dem freiwilligen Eintritt in das Heer (1914 Unterzahlmeister) und der Teilnahme am ersten Weltkrieg aufgenommene Studium des Maschinenbaus in Ilmenau bereits im August 1919 ab. Nach mehreren kurzen Zwischenstationen wurde er am 1. März 1923 kaufmännischer Angestellter bei der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen und fand Verwendung im Sicherheitsdienst. Am 1. 12. 1928 wurde er Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, trat der SA bei und wechselte am 29. Juli 1930 zur SS, für die er im Frühjahr 1931 schnell und erfolgreich die Westpfalz neu organisierte, so dass er im November 1931 von Heinrich Himmler persönlich zum Standartenführer ernannt wurde und schnell weiter aufstieg.
Mit seiner Karriere befasst sich die in Würzburg 2012 angenommene, durch den anhangsweisen Abdruck verschiedener Briefe abgerundete Dissertation des Verfassers. An Hand aller erreichbaren Quellen zeichnet der Autor umsichtig und sorgfältig nach, wie Eicke trotz einer zwischenzeitlichen Einweisung in die psychiatrische und Nervenklinik der Universität Würzburg auf Grund des Eingreifens Heinrich Himmlers seit 26. Juni 1933 als zweiter Kommandant des Konzentrationslagers Dachau die bislang strukturschwache Einrichtung in Richtung auf feste Disziplin und Terror reorganisierte. Unter ihm wurde Dachau zum rücksichtlosen brutalen Musterkonzentrationslager mit festen Ordnungen für Lager, Wache und Strafe.
Während des zweiten Weltkriegs stand der vor vielfachem Mord nicht zurückschreckende |
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Brandt, Peter, Mit anderen Augen. Versuch über den Politiker und Privatmann Willy Brandt. J. W. H. Dietz, Bonn 2013. 279 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brandt, Peter, Mit anderen Augen. Versuch über den Politiker und Privatmann Willy Brandt. J. W. H. Dietz, Bonn 2013. 279 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Willy Brandt wurde als Herbert Frahm in Lübeck am 18. Dezember 1913 als Sohn der unehelich geborenen Verkäuferin Martha Frahm (1894-1969, geborene Ewert, 1899 verheiratete Frahm) und des zeitweise in Lübeck unterrichtenden, bis 1947 namentlich und danach persönlich unbekannt bleibenden Hamburger Buchhalters John Heinrich Möller geboren, ab 1919 von dem 1899 die Mutter der „Frau, die (später) seine (Brandts) Mutter war“ heiratenden Kraftfahrer Ludwig Frahm (SPD, † 1935) väterlich aufgenommen und erzogen, trat unter dem Einfluss seines Stiefgroßvaters 1925 den Kinderfreunden, nach ersten publizistisch-sozialistischen Veröffentlichungen (seit 1927) 1929 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend und 1930 der SPD bei, wechselte im Oktober 1931 zur linkssozialistischen Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, legte 1932 am Johanneum sein Abitur ab, gab als Berufswunsch Journalist an und begann nach Scheitern der Aussicht auf ein Studienstipendium der SPD im Mai 1932 ein Volontariat bei dem in Maklerei, Reederei und Spedition tätigen Unternehmen F. H. Bertling. Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler des Deutschen Reiches und dem Verbot der SAPD übernahm er den Auftrag, in Oslo eine Widerstandszelle gegen den Nationalsozialismus aufzubauen, legte sich (vielleicht nach dem Lübecker Schiffsausrüsterunternehmen William Brandt Wwe. ab März 1933) den Decknamen Willy Brandt zu, studierte ohne größeren Erfolg Geschichte, arbeitete publizistisch-politisch und lebte mit seiner ihm folgenden, formell mit Gunnar Gaasland verheirateten, bei den nach Norwegen emigrierten Otto Fenichel und Wilhelm Reich beschäftigten Jugendfreundin Gertrud Meyer (bis zu deren berufsbedingter Ausreise mit Reich in die Vereinigten Staaten von Amerika im Mai 1939, brieflicher Kontakt bis März 1942, neue Verbindungsaufnah |
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Bremm, Klaus-Jürgen, Propaganda im Ersten Weltkrieg. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 188 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Das angehende 20. Jahrhundert gilt gemeinhin als Geburtsstunde des modernen Krieges. Dieses Etikett zielt in hohem Ausmaß auf den erstmaligen Einsatz von Waffensystemen erheblicher Vernichtungskapazität ab, beschränkt sich allerdings nicht ausschließlich auf diesen Aspekt. Die zunehmende Totalität der Kriegsführung, die neben dem Soldaten im Feld immer stärker die Zivilbevölkerung einbezog, ließ die gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Inland wie im Ausland als notwendiges, im Hinblick auf den Kampfwillen und Durchhaltewillen unverzichtbares Element der Führung hervortreten. Auf den Umstand, welches Ausmaß und welche Bedeutung die Propaganda als weitgehend neue Errungenschaft im Ersten Weltkrieg angenommen hat, hat der deutsche Militärhistoriker Klaus-Jürgen Bremm nunmehr sein Augenmerk gerichtet. Sein Buch „unternimmt erstmals den Versuch, in einer integrierenden Betrachtung die Propagandabemühungen der vier wichtigsten Kriegsparteien Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Amerika zu vergleichen und in ihren Wechselwirkungen zu rekonstruieren“. Das Besondere dieser Propaganda bestehe dabei nicht so sehr im zu erwartenden „bipolare(n) Bild von bewusst agierenden Manipulatoren und unkritisch rezipierender Bevölkerung“, sondern in dem Eindruck, „dass Propagandisten wie auch ihre Zielgruppen die verbreiteten Botschaften von der moralischen oder geistigen Weltmission der eigenen Nation einträchtig geteilt haben“, gleichsam als eine „Selbstartikulation unterschiedlicher politischer Systeme, die dazu neigten, ihre zuvor tolerierten Unterschiede nun plötzlich als Gegensätze von endzeitlichem Rang zu deuten“ (S. 11f.).
In einem kurzen historischen Rückblick verweist der Verfasser zunächst auf die von der Diffamierung des Gegners getragene politische Agitation im Altertum (Athen, Rom) und im Mittelal |
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Schminck-Gustavus, Christoph U., Feuerrauch. Die Vernichtung des griechischen Dorfes Lyngiádes am 3.Oktober 1943. J. W. H. Dietz, Bonn 2013, 336 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zu den Grundmustern des menschlichen Verhaltens zählt wohl von Anfang an die Rache nach dem biblischen Muster von Auge um Auge und Zahn um Zahn, wobei selbst die darin angesprochene Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht gewahrt wird. Stellt der Mensch eine tatsächliche oder vermeintliche Verletzung seiner Interessen fest, schlägt er vielfach mit allen ihm verfügbaren Mitteln zurück. Der augenblicklichen wie der späteren Rechtfertigung dienen meist die unterschiedlichsten Ausführungen.
Der in Frankfurt 1942 geborene, über das politische Strafrecht Siziliens nach den Assisen von Ariano (1143) und den Konstitutionen von Melfi (1253) 1970 promovierte und danach bald nach Bremen berufene Verfasser hat sich seit langer Zeit für das Unrecht in dieser Welt besonders interessiert. In diesem Zusammenhang hat er beispielsweise das Heimweh des Walerjan Wróbel im Rahmen eines Sondergerichtsverfahrens ausführlich thematisiert. Darüber hinaus hat er sich besonders dem Unrecht des Deutschen Reiches in Griechenland im zweiten Weltkrieg zugewendet.
Als ein bewegendes Zeugnis liegt nunmehr seine eindringliche Studie über die Vernichtung eines griechischen Dorfes am 3. Oktober 1943 als Rache für ein Attentat auf einen deutschen Oberstleutnant namens Salminger nach einer griechischen Erstveröffentlichung von 2011auch in deutscher Sprache vor. Durchweg aus seiner subjektiven persönlichen Perspektive schildert er eindrucksvoll und ansprechend bebildert in Erinnerung an Gianne Badaluka (1950-1991) in sechs Kapiteln ein Dorf in Flammen, eine Chronik der Heimsuchungen, den Weg von Joánnina nach Athen, die toten Seelen und die letzten der wenigen, das kaltherzige Massaker überlebenden Zeugen, ehe er die in den Archiven Deutschlands aufbewahrten Zeugnisse betrachtet und aus |
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Göppner, Nadine C., Vorgeschichte und Entstehung des Atomgesetzes vom 23. 12. 1959 (= Rechtshistorische Reihe 445). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXIV, 367 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wie die Verfasserin zu Beginn des ersten Teiles ihrer gelungenen und ansprechenden Untersuchung einführend darlegt, entdeckte(n) nacheinander Wilhelm Konrad Röntgen in Würzburg am 8. November 1895 eine Haut, Muskeln und andere Stoffe durchdringende (Röntgen-)Strahlung, Henri Becquerel am 1. März 1896 im Rahmen von Experimenten mit der phosphoreszierenden Luminiszenz von Uransalzen die natürliche elektromagnetische, eine kürzere Wellenlänge als Licht aufweisende (radioaktive) Strahlung, 1898 Marie Curie und Pierre Curie das strahlungsintensivere Radium, ein Arbeitsverfahren zur Isolierung dieses Elements und den Nachweis einer nuklearen Kettenreaktion, Otto Hahn 1938 die praktische Atomkernspaltung des Urans durch Beschuss mit langsamen Neutronen sowie am 2. Dezember 1942 Enrico Fermi in Chicago die erste praktische Möglichkeit einer kontrollierten nuklearen Kettenreaktion in einem Atomreaktor. In der Folge testeten die mit besseren technischen Möglichkeiten und Ressourcen ausgestatteten Vereinigten Staaten am 16. Juli 1945 in New Mexico die erste Atombombe und zwangen Japan durch Atombombenabwürfe vom 6. August 1945 über Hiroshima und am 9. August 1945 über Nagasaki zur Kapitulation im zweiten Weltkrieg. Weltweit konnte jedermann unmittelbar sehen, wie wirksam und gefährlich Atome, Atomspaltung, Atomenergie und Atombomben sein konnten.
In einem allgemeineren Vorgriff hierauf erweiterte in Deutschland bereits die Verordnung über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten vom 12. Mai 1925 auf gewerbliche Berufskrankheiten den Anwendungsbereich dieser Sozialversicherung auch auf Röntgenstrahlung und radioaktive Strahlung. Zu einer allgemeineren Regelung kam es aber erst nach langen Bemühungen im Jahre 1959. Mit ihnen be |
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Hoffmann, Volker Karl, Die Strafverfolgung der NS-Kriminalität am Landgericht Darmstadt (= Quellen und Forschungen zur Strafrechtsgeschichte 10). Erich Schmidt, Berlin 2013. 371 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler des Deutschen Reiches ernannt wurde, hatte er ein festes politisches Programm, das zahlreiche Wähler mit ihrer Stimme unterstützt hatten. Dass davon auch das Recht berührt werden würde, konnte eigentlich niemandem ernsthaft zweifelhaft sein. Dennoch war zu dieser Zeit nicht vorhersehbar, in welchem Umfang nationalsozialistische Kriminalität verwirklicht werden würde, doch konnte dies nicht verhindern, dass nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft die besondere nationalsozialistische Kriminalität nach Regeln über die Ahndung von Straftaten betrachtet werden konnte, sollte und musste.
Der Verfasser der vorliegenden, einen Ausschnitt der Strafverfolgung der nationalsozialistischen Kriminalität untersuchenden Arbeit wurde in Friedberg in Hessen kurz vor dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft geboren, studierte nach Abitur und Wehrdienst von 1966 an in Frankfurt am Main Rechtswissenschaft mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht und Rechtsgeschichte, war neben der praktischen Ausbildung bei der Technischen Universität Darmstadt als Assistent tätig und arbeitete nach der zweiten juristischen Staatsprüfung von 1973 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2007 als Syndikusanwalt bei Arbeitgeberverband und in der Industrie. Seine vorliegende Mainzer Dissertation geht auf eine Anregung J. Friedrich Battenbergs als Leiter des Staatsarchivs Darmstadt zurück und wurde von Andreas Roth betreut und bewertet. Sie setzt sich zum Ziel, für den Landgerichtsbezirk Darmstadt zu ermitteln, wie die nationalsozialistischen Machthaber die Voraussetzungen für die späteren Handlungen geschaffen haben und ob und wie die Justiz nach 1945 das Erforderliche und Möglic |
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Deutscher Humanismus 1480-1520 Verfasserlexikon, hg. v. Worstbrock, Franz Josef, Band 2 L-Z. De Gruyter, Berlin 2013. 1446 Spalten. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Mit dem anscheinend erst 1808 bezeugten Wort Humanismus wird allgemein das Bemühen um eine der Menschenwürde entsprechende Gestaltung der Gesellschaft und im Besonderen die geschichtliche geistige Bewegung des 14. bis 16. Jahrhunderts bezeichnet, die das Vorbild der Gesellschaftsgestaltung in den klassischen römischen Schriften sieht. Sie wird im 14. Jahrhundert mit Dante und Petrarca in Italien sichtbar, danach im 15. Jahrhundert in Frankreich, Spanien und England und noch etwas später im Heiligen römischen Reich. Sie schließt in gewisser Weise das Mittelalter ab und leitet zur Neuzeit über.
Von daher lässt es sich gut verstehen, dass das Verfasserlexikon über die deutsche Literatur des Mittelalters die von dieser Strömung bereits erkennbar geprägten Schriftsteller nicht mehr aufgenommen hat. Dennoch sind sie für eine Gesamtgeschichte der deutschen Literatur von großer Bedeutung. Von daher ist es besonders zu begrüßen dass der über die Poetik der Aeneis Vergils promovierte, danach in Hamburg für deutsche Philologie habilitierte, in Berlin, Münster und München lange Jahre bis zu seiner Emeritierung erfolgreich tätige Herausgeber ein eigenes Verfasserlexikon für den deutschen Humanismus in den Jahren 1480 bis 1520 zwecks Ergänzung des eigentlichen Verfasserlexikons geplant und verwirklicht hat.
Davon ist der erste von A bis K reichende Band bereits seit 2005 erschienen und wird jetzt durch einen gleich gewichtigen zweiten, faszikelweise vorgelegten Band vervollständigt. Erfasst sind in mehr als 200 Artikeln über einzelne Autoren die lateinische und teilweise auch die deutsche Literatur vor allem zur Zeit Maximilians I. Sein zweiter Band beginnt mit Johannes Landsberger, behandelt etwa Thomas Murner (auf 68 Spalten), Willibald Pirckheimer, Johannes Reuchlin, Beatus |
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Dokumente zur Geschichte des Deutschen Reiches und seiner Verfassung 1357-1359, hg. v. Hohensee, Ulrike/Lawo, Mathias/Lindner, Michael u. a. (= Monumenta Germaniae Historica - Constitutiones et Acta Publica Imperatorum et Regum 12). Harrassowitz, Wiesbaden 2013 . L, 778 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Dokumente zur Geschichte des Deutschen Reiches und seiner Verfassung 1357-1359, hg. v. Hohensee, Ulrike/Lawo, Mathias/Lindner, Michael u. a. (= Monumenta Germaniae Historica - Constitutiones et Acta Publica Imperatorum et Regum 12). Harrassowitz, Wiesbaden 2013 . L, 778 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die im Lateinischen anscheinend erstmals bei Cicero (81-43 v. Chr.) belegte constitutio, die zu dem ebenfalls vielleicht bei Cicero erstmals nachweisbaren constituere (hinstellen, hinsetzen, aufstellen) gehört, bedeutete ursprünglich nur Hinstellung, feste Einrichtung, Verfassung oder Beschaffenheit, entwickelte aber während des mit der Zeitenwende beginnenden Prinzipats auch die Bedeutungen Festsetzung oder Gesetz. Die um die kritische Edition der wichtigsten Zeugnisse deutscher Geschichte und Rechtsgeschichte außerordentlich verdienten Organisatoren der Monumenta Germaniae Historica verwendeten dieses bedeutsame Wort ansprechend zur ungefähren Kennzeichnung der von ihnen edierten Dokumente zur Geschichte des deutschen Reiches und seiner Verfassung. Nach Ausweis der bisherigen (zwölf) Bände ließen sich die entsprechenden Quellen der merowingischen und karolingischen Zeit treffender anders bezeichnen, so dass Constitutiones et acta publica imperatorum et regum erst mit dem Jahre 911 einsetzen (Band 1, hg. v. Weiland, Ludwig, 1893, Neudruck 2003, betreffend die Zeit bis 1197).
Die anschließenden Bände konnten entsprechend den gegebenen Verhältnissen nur während eines längeren Zeitraums vorgelegt werden (Band 2 -1198-1272- 1896, Supplementum für Friedrichs II. Königreich Sizilien 1996, Band 3 -1273-1298- 1904-1906, Band 4 -1298-1313- 1906-1911, Band 5 -1313-1324- 1909-1911, Band 6 -1331-1335- 1914-1989, Band 7 -1336-1344 bzw. 1347- im Druck bzw. in Bearbeitung, Band 8 -1345-1348- 1910-1926, Band 9 1349 1974-1983, Band 10 -1350-1353- 1979-1991 und Band 11 -1354-1356- 1978-1992). Auch wenn damit noch eine wichtige Lücke bleibt, führt der |
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Conze, Eckart, Das Auswärtige Amt. Vom Kaiserreich bis zur Gegenwart (= Beck’sche Reihe 2744). Beck, München 2013. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Conze, Eckart, Das Auswärtige Amt. Vom Kaiserreich bis zur Gegenwart (= Beck’sche Reihe 2744). Beck, München 2013. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Während der meisten Jahre des 19. Jahrhunderts entsprach zwar ein starkes deutsches Reich den geheimen Sehnsüchten vieler Deutscher, aber nicht dem Kalkül der herrschenden Monarchen, die ihre Souveränität auch auf notfalls kleinem Raum wahren wollten. Dass es dann unter Führung Otto von Bismarcks im Gefolge des deutsch-französischen Krieges wegen der Thronfolge in Spanien doch zu einem zweiten Deutschen Reich kam, war nicht lange vorhersehbar. Erst 1870 sah der Norddeutsche Bund und im Jahre darauf das neue Deutsche Reich eine Notwendigkeit zur Errichtung eines Außenministeriums, dem sie den noch in der Gegenwart geführten Namen gaben.
Der in Coburg 1963 geborene Verfasser der schmalen Übersicht über die seitherige Geschichte war nach dem Studium von Geschichte, Politikwissenschaft und öffentlichen Recht in Erlangen, Bonn, Köln und an der London School of Economics zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik und wurde in Erlangen 1993 bei Michael Stürmer über deutsch-französische Beziehungen in der amerikanischen Europapolitik promoviert. Nach seinem 1993 erfolgten Wechsel nach Tübingen wurde er auf Grund einer fragenden Schrift über den Adel im Niedergang am Beispiel der Grafen von Bernstorff habilitiert. Nach seiner 2003 erfolgten Berufung für neuere und neueste Geschichte an die Universität Marburg wurde er 2005 in die von dem seinerzeitigen Bundesaußenminister Fischer geschaffene Historikerkommission - Auswärtiges Amt aufgenommen, welche die Geschichte des Amtes während der nationalsozialistischen Herrschaft und den späteren Umgang damit untersuchen sollte und 2010 ihr vielseitiges Ergebnis unter dem Titel Das Amt und die Vergangenheit vorlegte.
In Zusammenhang mit dieser Aufgabe lag es nahe, sich auch mit der Geschichte vor |
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Wolfrum, Edgar, Rot-Grün an der Macht. Deutschland 1998-2005. Beck, München 2013. 848 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Im Gefolge der an der Vernunft ausgerichteten Aufklärung der Neuzeit hat der Mensch an vielen Stellen der Erde grundsätzliche Freiheit und Gleichheit erreicht. Gleichwohl erscheint er zumindest in den westlichen Demokratien unzufriedener als je. Zwar versprechen die um die Tröge der Macht buhlenden Parteien vor den Wahlen ohne Rücksicht auf das Wohl der Gesamtheit größtmögliche Vorteile, aber danach entscheiden sie in erster Linie zu Gunsten der Gewählten und ihrer Anhänger, weshalb insgesamt das Interesse an Wahlen so sehr schwindet, dass Strategien zur Sicherung einer Mindestwahlbeteiligung, von der wiederum Parteiengeld abhängig sind, verfolgt werden müssen und der geringstmögliche Schaden nur durch Abwahl der Regierung und Inthronisation der Opposition angestrebt werden kann.
Einen Einzelfall der jüngeren deutschen Geschichte bilanziert dabei der Verfasser in seinem vorliegenden umfangreichen Werk. Er trat bereits durch seine Freiburger Dissertation des Jahres 1990 literarisch hervor, die 1991 in seine Veröffentlichung über die französische Besatzungspolitik und die deutsche Sozialdemokratie einfloss. Dem sind zahlreiche weitere gewichtige Untersuchungen des inzwischen in Heidelberg tätigen Historikers über die Geschichte der Bundesrepublik gefolgt.
Nach seinen Erkenntnissen wirkten die Sozialdemokratische Partei und die Grünen 1998 in einem intensiven Wahlkampf sozial, modern und europäisch zugleich, so dass am 27. September 1998 erstmals eine gesamte Koalition mit Helmut Kohl durch ein neubürgerliches Lager einer behaupteten Mitte um Gerhard Schröder und Josef Fischer mit dem Ziel eines fairen ökosozialen Neubeginns ohne ausformuliertes Programm abgewählt werden konnte. Unter intensiver Auswertung vieler verschiedener Quellen ermittelt er vor allem einen ständigen Druck zunehmender Komplexität. Dem |
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Willoweit, Dietmar, Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Frankenreich bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, 7. Aufl. Beck, München 2013. XXXV, 511 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der moderne Verfassungsbegriff als der Gedanke eines allen politischen Verhältnissen zugrunde liegenden Staatsgrundgesetzes, so beginnt der Verfasser des erfolgreichen Lehrbuches seine Darstellung, ist aus verschiedenartigen Wurzeln im Laufe der frühen Neuzeit entstanden und hat im Zeitalter der Aufklärung seine endgültige Gestalt gewonnen. Die vorliegende Darstellung der deutschen Verfassungsgeschichte beschränkt sich aber bewusst nicht auf eine Schilderung des modernen Verfassungswesens, weil sie übergreifende geschichtliche Vorgänge verstehen und verständlich machen will. Im Gegensatz zum historisch interessierten Juristen sieht der Rechtshistoriker zu Recht das geschichtliche Denken als eine eigene Form menschlichen Erkenntnisvermögens mit der Notwendigkeit des Versuchs der Distanz gegenüber allen Zeitaltern an.
In diesem Sinne hat bereits die erste, 1990 im Umfang von XXIX und 369 Seiten erschienene Auflage Verfassungsgeschichte als Geschichte der rechtlichen Regeln und Strukturen verstanden, die das Gemeinwesen und damit die politische Ordnung prägen. Dementsprechend beginnt aus der ansprechenden Sicht des Verfassers deutsche Verfassungsgeschichte im fränkischen Reich, mit dem die Spätantike ausklingt. Dem vom Personenverband zur Reichsorganisation führenden ersten Teil folgen wie bisher drei weitere Teile über Reichsordnung und Staatsbildung (1254-1806), (ab S. 227) monarchischen Verfassungsstaat (1806-1918) und die Zeit zwischen Demokratie und Diktatur (Weimarer Republik, nationalsozialistischer Führerstaat, Teilung Deutschlands und Entstehung der Nachfolgestaaten, Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik) bis zur die Diktatur nicht mehr als Ende einstufenden deutschen Einheit über Wirtschaftsunion und Währungsunion, Zwei-Pl |
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Wegera, Klaus-Peter/Schultz-Balluf, Simone/Bartsch, Nina, Mittelhochdeutsch als fremde Sprache. Eine Einführung für das Studium der germanistischen Mediävistik, 2. Aufl. Erich Schmidt, Berlin 2013. 236 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wegera, Klaus-Peter/Schultz-Balluf, Simone/Bartsch, Nina, Mittelhochdeutsch als fremde Sprache. Eine Einführung für das Studium der germanistischen Mediävistik, 2. Aufl. Erich Schmidt, Berlin 2013. 236 S.
Die deutsche Sprachwissenschaft hat die älteren Sprachstufen des Deutschen erst in den letzten Jahrhunderten aus dem Vergessen durch den unumkehrbaren Zeitablauf wieder befreit. Kaum ist dieses Wissen wiedergewonnen, ist es durch die weitere Entwicklung erneut bedroht. In den Zeiten des globalen Internet wird es durch das einfachere und mächtigere Englisch gefährdet und gleichzeitig werden die sich selbst aufgebenden Deutschen durch im Grunde fremdsprachige Immigranten zusehends abgelöst.
Zwar ist die mittlere deutsche Sprachstufe des Hochdeutschen zwischen etwa 1070 und 1350 oder 1500 für muttersprachliche Deutsche eigentlich keine fremde Sprache, wird aber mangels ernsthafter Thematisierung im schulischen Unterricht selbst von vielen germanistischen Erstsemestern als fremde Sprache empfunden. Diese Lage haben sich die Verfasser zu Nutze gemacht und deshalb in dem 2011 in erster Auflage vorgelegten Werk in das Mittelhochdeutsche unter Verwendung fremdsprachendidaktischer Methoden und Erkenntnisse eingeführt (s. ZIER 2 [2012] 30). Selbst für die Autoren war der anschließende schnelle Absatz freilich überraschend.
Früher als geplant können sie eine zweite Auflage vorlegen. In ihr sind offensichtliche Fehler sowie Versehen der Herstellung behoben und kleine Veränderungen vorgenommen worden, während anderes erst im Rahmen einer tiefergehenden Bearbeitung in einer gegebenenfalls späteren Auflage berücksichtigt werden kann. Ergänzt ist das erfolgreiche, im Wesentlichen auf seinen 236 Seiten unveränderte Lehrwerk um einen didaktischen Leitfaden und Lösungsschlüssel in Form eines gesonderten Begleithefts.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Bartsch, Nina/Schultz-Balluff, Simone/Wegera, Klaus-Peter, Mittelhochdeutsch als fremde Sprache. Didaktischer Leitfaden und Lösungsschlüssel. Erich Schmidt, Berlin 2013. 98 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bartsch, Nina/Schultz-Balluff, Simone/Wegera, Klaus-Peter, Mittelhochdeutsch als fremde Sprache. Didaktischer Leitfaden und Lösungsschlüssel. Erich Schmidt, Berlin 2013. 98 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer eine fremde Sprache erlernen will, wird den schnellsten und besten Erfolg haben, wenn er in ständigem Austausch mit einem fremden Muttersprachler steht, der ihn wie die Mutter bei der eigenen Sprache von Anfang an begleitet und ihn bei allen Lernversuchen ständig überwacht und notfalls verbessert. Diese optimale Situation ist aber aus vielen Gründen nicht überall und stets herzustellen. Deswegen haben alle Lehrer für alle Schüler immer auch Aufgaben zu eigenständigen, grundsätzlich alleinigen Lösungen gestellt.
Für das Mittelhochdeutsche haben nach dem Vorwort des vorliegenden Begleithefts zahlreiche Nutzer der 2011 von den Verfassern in anderer alphabetischer Namensfolge geschaffenen Einführung in das Mittelhochdeutsche als eine fremde Sprache einen didaktischen Leitfaden und Lösungsschlüssel gewünscht. Dabei schien ein Lösungsschlüssel mit einfachen Angaben zur Leistungskontrolle nicht ausreichend und entsprechend den unterschiedlichen Aufgabenarten und Fragestellungen auch nicht an allen Stellen als hinlängliche Hilfe für die Studierenden. Deswegen haben sie einen umfangreichen Kommentarteil mit dem Ziel eines möglichst umfangreichen Überblicks über den Sinn und die Anlage der einzelnen, in der zweiten Auflage des Grundwerks gegenüber früher vereinzelt modifizierten Aufgaben geschaffen.
Dementsprechend beginnt das Begleitheft mit den für erforderlich gehaltenen Benutzerhinweisen. Danach folgen die neun Kapitel des Grundwerks mit jeweiliger Sinnerklärung und Verständlichmachung der einzelnen Aufgaben. Wer immer sie alle gewissenhaft und erfolgreich abgearbeitet haben wird, wird dem Mittelhochdeutschen weniger fremd gegenüberstehen als zuvor, selbst wenn er es vielleicht weiter als für ihn fremde Sprache einstufen u |
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Goez, Elke, Papsttum und Kaisertum im Mittelalter (= Geschichte kompakt). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009. VII, 136 S. Besprochen von Gudrun Pischke. |
Ganzen Eintrag anzeigen Goez, Elke, Papsttum und Kaisertum im Mittelalter (= Geschichte kompakt). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009. VII, 136 S. Besprochen von Gudrun Pischke.
Nach der einführender Fragestellung „Papst und Kaiser – ideologisches Begriffspaar oder realer Gegensatz“ – mit der Schlussfolgerung, dass Regnum und Sacerdotium letztendlich miteinander verbunden blieben – folgt Elke Goez in sechs, sechs- bis zehnfach weiter untergliederten Kapiteln über 15 Jahrhunderte chronologisch der Verbindung von weltlicher und geistlicher Macht zueinander. Dabei werden in etwa parallel laufend sowohl Entstehung und Entwicklung des Papsttums und des Kaisertums dargestellt, letzteres mit der Verlagerung in den östlichen Teil des römisches Reiches, als auch – anknüpfend an das römische Kaisertum, jedoch neben dem oströmischen bzw. byzantinischen – Beginn und Fortsetzung des neuen westlichen, des mittelalterlichen, Kaisertums sowie – vor dem aus der am Ende des 5. Jahrhunderts formulierten Zweigewaltenlehre resultierenden Dauerkonflikt, wer wem übergeordnet sei, – den auch von den Persönlichkeiten der Amtsinhaber geprägten Beziehungen von Papst und Kaiser.
„Die Frühzeit“ (Kapitel I) behandelt Entstehung und Konsolidierung des Papsttums vom 1. bis ins frühe 8. Jahrhundert: vom legendenhaften Wirken und Sterben das Apostels Petrus als erstem Papst in Rom und von Christenverfolgungen über kaiserliche Toleranzedikte und erste Kirchenlehrer (Ambrosius von Mailand, Augustinus) bis zur Herauslösung der Päpste aus dem byzantinischen Herrschaftsverband. In der „Zeit der Karolinger“ (Kapitel II) wird aufgezeigt, wie sich in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts Päpste und Karolinger annäherten und wie mit der Kaiserkrönung Karls des Großen durch den Papst – das ist neu – im Jahr 800 das westliche, 924 erlöschende Kaisertum begründet wurde. Auf die – rückblickend helle – Karolingerzeit folgte zur Zeit der Ottonen „Das dunkle Jahrhundert“ (Kapitel III) mit |
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Person und Milieu - Individualbewusstsein? - Persönliches Profil und soziales Umfeld, hg. v. Westermann, Angelika/Welser, Stefanie von (= Neunhofer Dialog 3). Matthiesen Verlag, Husum 2013. 347 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Person und Milieu - Individualbewusstsein? - Persönliches Profil und soziales Umfeld, hg. v. Westermann, Angelika/Welser, Stefanie von (= Neunhofer Dialog 3). Matthiesen Verlag, Husum 2013. 347 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die beiden in Kiel bzw. München tätigen Herausgeberinnen des vorliegenden Sammelbands nehmen in ihrem kurzen Vorwort Bezug darauf, dass Erich Maschke vor mehr als 35 Jahren darauf hingewiesen hat, dass sich seit dem 15. Jahrhundert führende Familien der städtischen Oberschicht bereits früh dem Humanismus und der Renaissance zu öffnen begannen. Dabei zeigte sich in zahlreichen schriftlichen Zeugnissen und in vielfältigen Sammlungen ein neues Individualbewusstsein. Diesen Überlegungen gehen seitdem verschiedene Forscher nach, deren Erkenntnisse eine Zusammenfassung an einem leicht erreichbaren Ort verdienen.
Aus diesem Grund sollte den Bearbeitern die Möglichkeit der gemeinsamen Präsentation ihrer Ergebnisse eröffnet werden. Zu diesem Zweck fanden sich vom 21. bis zum 23. Juli 2013, gefördert von Georg Freiherr von Welser, zum dritten Mal junge Wissenschaftler mit erfahrenen Historikern auf Schloss Neunhof zusammen, um vielfältige Annäherungen an den gemeinsamen Untersuchungsgegenstand zu erörtern. Erfasst wurden dabei in den insgesamt 15 Referaten überwiegend oberdeutsche Juristen, Mediziner, Kaufleute und Künstler, für die sich einerseits zeigte, dass Aussagen zum Individualbewusstsein am ehesten über den Beruf möglich wurden, dass aber andererseits das soziale Umfeld der Handelnden den Individualisierungsprozess durchaus mitbestimmte.
Nach einer Tagungsdokumentation Christian Hoffarths eröffnet den alphabetisch geordneten Band Magnus Ulrich Ferber mit Adolph Occos III. (1524-1606) Briefen an Joachim Camerarius, während sich am Ende Angelika Westermann dem Kaufmann, Bankier und Politiker Bartholomäus Welser nähert. Daneben werden Paul Karl I. Welser, Don Diego Rodríguez de Silva y Velázquez, Barthol |
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Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit - eine Bestandsaufnahme, hg. v. Görtemaker, Manfred/Safferling, Christoph, 2. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 373 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme, hg. v. Görtemaker, Manfred/Safferling, Christoph, 2. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 373 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Systemumbrüche werden gemeinhin in erster Linie unter den Aspekten der Dynamik und des Wandels wahrgenommen. Dabei tritt oft in den Hintergrund, dass solche Veränderungen niemals gleichsam eine tabula rasa produzieren, sondern stets auch von Kontinuitäten geprägt sind, die auf die Gestaltung des Neuen unweigerlich Einfluss nehmen. Solche Kontinuitäten gründen zum einen auf den handelnden Akteuren, deren Expertise und Sachkompetenz häufig nicht kurzfristig ersetzbar sind, zum anderen auf der Trägheit insbesondere von Systemen starker inhaltlicher Kohärenz, wie sie auch für das Rechtswesen zutrifft. Opfer einer nach freiheitlich-demokratischem Standard rechtswidrig handelnden nationalsozialistischen Justiz mussten etwa so mehr als ein halbes Jahrhundert um die Aufhebung der inkriminierten Urteile kämpfen.
Von 1950 bis 1973 war die Rosenburg in Bonn-Kessenich Sitz des Bundesministeriums der Justiz (BMJ), der Name der Örtlichkeit sollte zum Synonym für eine später oft nahezu wehmütig beschworene atmosphärische Eigenart werden. Als im Lauf der 1980er Jahre durch kritische Forschungsarbeiten, allen voran Lothar Gruchmanns „Justiz im Dritten Reich 1933-1940. Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner“ (1988), die zunächst geleugnete Integration des Justizapparats in die nationalsozialistische Herrschaftspraxis immer deutlicher zutage trat, wurde auch die Notwendigkeit der Untersuchung des Fortwirkens dieses Erbes zunehmend erkannt. Was 2005 das Auswärtige Amt zu leisten vermochte, nämlich die Einsetzung einer unabhängigen Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Ressorts und die abschließende Publikation der Untersuchungsergebnisse („Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomat |
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Schenker, Sandy, Gegen Täuschungen und Gesundheitsgefährdungen durch schlechte Nahrung. Zur Entwicklung des Nahrungsmittelrechts durch Rechtsprechung und Gesetzgebung zwischen 1871 und 1927 (= Rechtshistorische Reihe 447). Frankfurt am Main 2013. XX, 249 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schenker, Sandy, Gegen Täuschungen und Gesundheitsgefährdungen durch schlechte Nahrung. Zur Entwicklung des Nahrungsmittelrechts durch Rechtsprechung und Gesetzgebung zwischen 1871 und 1927 (= Rechtshistorische Reihe 447). Frankfurt am Main 2013. XX, 249 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Während der Mensch in seinen Anfängen in erster Linie auf eigene Gefahr lebte, wird bereits in der antiken und hochmittelalterlichen Stadt, in der Amtsträger Aufsichtsbefugnisse über den dem Austausch auch von Nahrungsmitteln dienenden Markt erhalten, ein die Lebensmittel betreffendes Recht sichtbar. Zahlreiche Bestimmungen hierzu enthalten die frühneuzeitlichen Landesordnungen oder Polizeiordnungen, wobei Verstöße gegen die festgelegten Regeln mit Bußen und Strafen belegt werden. Es kann daher nicht überraschen, dass mit der zunehmenden Verdichtung in den Städten des 19. und 20. Jahrhunderts auch das Bedürfnis der Regulierung wuchs.
Die sich mit dieser Problematik intensiv befassende vorliegende Arbeit ist die von Gerhard Lingelbach betreute Dissertation der in Mühlhausen in Thüringen 1984 geborenen, nach dem in Jena 2003 begonnenen und 2008 abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaft der Rechtswissenschaft 2012 in Jena promovierten Verfasserin, die nach einem Auslandsjahr seit 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin ihres Betreuers wirkte. Sie gliedert sich außer in Einleitung über Begrenzung, Ziele, Aufbau, Forschungsstand und Quellenmaterial sowie Schlussbetrachtung in fünf Kapitel. Sie betreffen die Entwicklung bis 1871, den Schutz durch § 367 Nr. 7 des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871, das ausführlich betrachtete Gesetz betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879, die Ergänzung dieses Gesetzes durch Sondergesetze, Sachverständigengutachten und richterliche Rechtsfortbildung und einen Ausblick zum Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen von 1927.
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Holzinger, Gerhart/Kommenda, Benedikt, Verfassung kompakt. Meine Grundrechte und mein Rechtsschutz. Wegweiser durch die österreichische Verfassung, 2. Aufl. Linde, Wien 2013. 424 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Staaten haben sei ihrer Entstehung materielle Verfassungen im Sinne der grundlegenden Einrichtungen ihres allgemeinen Zustands, die seit 1776 durch Festlegung in einer besonderen Urkunde zu formellen Verfassungen geworden sind. Beide sind für jeden Staatsangehörigen und weit darüber hinaus von größter Bedeutung, doch stehen die Staatsbürger selbst ihnen im tatsächlichen Leben sehr fern. Es ist daher außerordentlich erfreulich, wenn der höchste Hüter der Verfassung zusammen mit einem führenden Rechtsjournalisten sich um die Verringerung dieser Distanz bemüht, indem beide das wichtige Regelwerk dem Bürger kompakt zur Kenntnis bringen wollen.
Gerhart Holzinger als Präsident des Verfassungsgerichtshofs Österreichs und Benedikt Kommenda als Chef vom Dienst der führenden Tageszeitung Presse haben diesen Versuch auf 438 Seiten bereits im Jahre 2007 gewagt. Zum 1. Januar 2014 findet die wohl gewichtigste Reform des Rechtsschutzes seit Inkrafttreten des den Kern der formellen Verfassung Österreichs bildenden Bundes-Verfassungsgesetzes aus dem Jahre 1920 Statt, indem in Angleichung an internationale Standards elf neue Verwaltungsgerichte ihre Arbeit aufnehmen. Dem tragen die Verfasser mit einer zweiten Auflage ihres gelungenen Werkes in sogar geringfügig verkürzter Form Rechnung.
Gegliedert ist das benutzerfreundlich ausgerichtete Werk nach Vorwort, Gebrauchsanweisung und Verfassungswörterbuch in elf Kapitel. Sie betreffen nacheinander die Spielregeln für Österreich, die fünf Grundprinzipien, Österreich mit Neutralität in der Welt, Österreich als Mitglied der Europäischen Union in Europa, die Grundrechte im Allgemeinen und in 37 besonderen Ausfaltungen, die Republik, den Bundesstaat mit seiner ungleich verteilten Macht, die |
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Thies, Jochen, Die Bismarcks. Eine deutsche Dynastie. Piper, München 2013. 428 S., 28 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Obwohl in der demokratischen Ordnung ihrer formalen Privilegien ledig, bilden namhafte Adelsgeschlechter weiterhin ein Faszinosum für viele Zeitgenossen. Der Zauber großer Namen scheint für die Vorstandsetagen bedeutender Unternehmen ebenso attraktiv zu sein wie für den stets nach Sensationen gierenden Boulevard.
Der in Ostpreußen geborene Journalist Jochen Thies bemüht sich, in seriöser Form das allgemeine Wissen um den preußischen Adel zu mehren. Mit dem Untertitel „Von Königgrätz nach Kreisau“ erschien 2010 seine Familiengeschichte der Moltkes, deren prominentester Vertreter, Helmuth von Moltke der Ältere, 30 Jahre lang, von 1858 bis 1888, in der Funktion des Generalstabschefs dem Kaiserreich der Hohenzollern militärisch den Weg ebnen sollte. In der aktuellen Publikation ist nun die Familie des politischen Reichsgründers, des Reichskanzlers Otto von Bismarck, Gegenstand der Betrachtung.
Zu Otto von Bismarck (1815 – 1898) existiert mittlerweile eine größere Zahl wissenschaftlicher Biographien, deren wichtigste aus den Federn Lothar Galls, Ernst Engelbergs, Otto Pflanzes und Jonathan Steinbergs stammen und die der Lebensskizze im vorliegenden Band zugrunde liegen. Stets in seinem Schatten stehend, hat sein als Nachfolger aufgebauter Sohn Herbert (1849 – 1904), Staatssekretär im Auswärtigen Amt, in der Forschung wenig Beachtung erfahren – zu Unrecht, wie der Verfasser meint, denn: „Viermal in seinem kurzen Leben hatte Herbert von Bismarck die Möglichkeit, einen eigenen Weg zu gehen. Er ließ diese Chancen verstreichen: 1873, als er sich gegen die militärische Laufbahn entschied, 1881, im Schlüsseljahr seines Lebens, 1890, als er auch ohne den Vater im Auswärtigen Dienst hätte verbleiben können, und schließlich 1898, nach dem Tod des Vaters. […] Herbert war immer fremdbestimmt. Das ermüdete und erschöp |
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Schönpflug, Daniel, Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640-1918 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 207). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 336 S., 5 Abb., 2 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zumindest während der Herrschaft der väterlichen Gewalt sind viele Ehen in erster Linie aus rationalen und kaum aus emotionalen Gründen geschlossen worden. Ziel der dabei angestellten Überlegungen waren vor allem Gewinnung und Wahrung von Gütern sowie Erhaltung der Familie. Von daher sind die Heiraten bekannter Adelsfamilien schon seit längerer Zeit ein geschichtswissenschaftliches Thema, zumal die Habsburger als wichtigstes deutsches Geschlecht sogar sprichwörtlich die Ehe dem Krieg vorgezogen und dadurch wichtige Gebiete erlangt haben.
Der die Heiraten der Hohenzollern untersuchende Verfasser wurde in Bochum 1969 geboren und nach dem Abitur und dem Studium von Geschichte und Germanistik in Berlin (FU) sowie Montpellier als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich für westeuropäische Geschichte des Friedrich-Meinecke-Instituts 1999 bei Volker Hunecke und Etienne François mit einer Dissertation über Radikalisierung und Konflikte im Straßburger Jakobinerklub 1790-1794 promoviert. Als wissenschaftlicher Assistent Gisela Bocks wurde er 2009 mit der vorliegenden Schrift habilitiert. Seit Oktober 2008 ist er stellvertretender Direktor des Centre Marc Bloch in Berlin.
Die Idee zu einer Geschichte der europäischen Fürstenheirat kam ihm nach dem kurzen Vorwort im Jahre 2000 bei seiner eigenen Heirat und der gleichzeitigen Lektüre des Werkes Pomp und Politik Johannes Paulmanns. Gegliedert ist seine sorgfältige Darstellung in sechs Kapitel über die Bedeutung der Heiraten für die Entstehung des preußischen Staates, die Regeln der Partnerwahl bei einer guten Partie (Pflicht und Neigung, Ebenbürtigkeit, Gütergleichgewicht), die Nähe und Ferne des Heiratskreises (Hessen, Orani |
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Höftmann, Dan Oliver, Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes unter Berücksichtigung der Rolle der kassenärztlichen Vereinigungen in seiner rechtshistorischen Entwicklung und heutigen Problematik (= Studien zum Sozialrecht). Kovač, Hamburg 2013. 309 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Höftmann, Dan Oliver, Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes unter Berücksichtigung der Rolle der kassenärztlichen Vereinigungen in seiner rechtshistorischen Entwicklung und heutigen Problematik (= Studien zum Sozialrecht). Kovač, Hamburg 2013. 309 S. Besprochen von Werner Schubert.
Ziel der Dissertation Höftmanns von 2010/2012 ist es, „den Vergütungsanspruch des Kassenarztes in seiner geschichtlichen Entwicklung zu untersuchen“ und herauszuarbeiten, „ob dieser Vergütungsanspruch zu einer angemessenen Vergütung der Kassenärzte führte bzw. führt“ (S. 25). Nach einer kurzen Einleitung über die Zeit vor Einführung des Krankenversicherungsgesetzes von 1883 (S. 29ff.) behandelt Höftmann die „Entstehungsgeschichte des Kassenarztrechts“ (S. 28-178). Zunächst geht es um das Gesetz über die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. 7. 1883. Das Vertragssystem bestand zunächst aus Einzelverträgen der Kassenärzte mit den Krankenkassen (ab 1885 Vergütung nach einer Kopfpauschale, S. 35f.) und führte zu einem Dreieckverhältnis Patient – Krankenkasse – Arzt (S. 33f.). Die Novellierung des Krankenversicherungsgesetzes von 1892 führte zum autonomen Recht der Kassen, die Zulassungsfrage und die Vergütung der Ärzte zu regeln. Die Reichsversicherungsordnung von 1911 brachte keine Regelung der Beziehungen zwischen der Krankenkasse und den Ärzten (S. 39ff.). Das sog. Berliner Abkommen vom 23. 12. 1913 ebnete aufgrund des Beschlusses der Ärzteschaft zu einem Generalstreik den Weg „für die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen mit paritätischen Organen für die Arztzulassung und den Inhalt des Arztvertrages sowie einem Schiedsamt“ (Schulin, Bertram, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, 1994, S. 12 [Schlenker]). Hierdurch entfiel die Anstellungsautonomie der Krankenkassen. Durch eine Verordnung vom 30. 10. 1923 wurden die Ergebnisse des Berliner Abkommens gesetzlich verankert, ohne dass das Vergütungssystem festgelegt wurde. Dies er |