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Das Leipziger Schöffenbuch 1420-1478 (1491) - Edition, bearb. v. Kunze, Jens (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Leipzig 4). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2012. XXXIV, 425 S.. 4 Ill., graph. Darst. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

Das Leipziger Schöffenbuch 1420-1478 (1491) - Edition, bearb. v. Kunze, Jens (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Leipzig 4). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2012. XXXIV, 425 S.. 4 Ill., graph. Darst. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

 

Seit 1990 nimmt die landesgeschichtliche Forschung in Sachsen, und damit auch in Leipzig, nach einem jahrzehntelangen Stillstand Schwung auf und stellt durch Herausgabe von Quellen Material zur Verfügung, das lange entbehrt worden ist. In diesem Rahmen ist die Edition des Leipziger Schöffenbuches zu sehen, das eine Tätigkeit der Leipziger Schöffen für die Jahre 1420 bis 1478, mit einem Nachtrag aus dem Jahre 1491, widerspiegelt. Die edierte Handschrift umfasst 150 Pergamentblätter, auf denen in deutscher Sprache der Inhalt von 522 Sitzungen niedergelegt ist. Der Herausgeber hat die Gegenstände einer Sitzung jeweils unter einer Ordnungsnummer mit Angabe des Datums und der Blattangabe zusammengefasst. Der Wiedergabe der Protokolleinträge (S. 3- 364) ist eine Einleitung (S. IX-XXIII) vorangestellt, die über Leipzig im 15. Jahrhundert, den Leipziger Schöffenstuhl, die Beschreibung des Schöffenbuches, ohne Angabe seiner Größe, und den Inhalt des Schöffenbuches stichwortartig schreibt. Editionsrichtlinien, Abkürzungsverzeichnis, Quellen und Literatur beschließen die Einleitung. Nach den Protokolleinträgen folgt ein Index (S. 366-415) über Personen-Orte-ausgewählte Sachen. Den Abschluss bilden Abbildungen von 6 Textseiten und dem Buchdeckel.

 

Die Freude über diese neue Quellenerschließung wird leider getrübt durch handwerkliche Mängel der Edition. Das gegenseitige Verhältnis der drei in Leipzig zu dieser Zeit rechtsprechenden Organe, Rat, Stadtgericht und Schöffenstuhl, hätte dargestellt und in seiner Auswirkung auf das überlieferte Schriftgut auseinander gehalten werden müssen. Diese Forderung, die Guido Kisch bereits 1919 in seiner Einleitung (S. 3*-126*) zu der Edition der Leipziger Schöffenspruchsammlung erhoben hat, ist bislang nicht erkennbar eingelöst. In der Einleitung wird ohne nähere Darlegung davon ausgegangen, dass jeder Benutzer der Edition die in Leipzig geübte Unterscheidung von Einträgen in Ratsbücher, Gerichtsbücher, Amtsbücher und Schöffenspruchsammlungen in der Zeit von 1420 bis 1478 kennt. Hierzu wäre ein Überblick über die Überlieferungssituation dieser Bücher sinnvoll gewesen. Der Bearbeiter begründet die Anlage des Schöffenbuches mit dem Anwachsen der Stadtbevölkerung zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Offen bleibt indes die Frage, ob schon im 14. Jahrhundert derartige Aufzeichnungen gemacht wurden, die jedoch nicht erhalten blieben. Ein Ausblick auf die Stadtbücher dieser Zeit in anderen sächsischen und thüringischen Städten wäre hilfreich gewesen, um der Begründung der Anlage derartiger Bücher nachzugehen.

 

Eine Edition eines Textes eines mittelalterlichen Amtsbuches erfordert mehr als die Umsetzung der handschriftlichen Einträge in Druckbuchstaben. Richtigerweise spricht der Bearbeiter in seinen Editionsrichtlinien davon, dass Regesten und Zusätze des Bearbeiters kursiv gesetzt seien (S. XXIV). Der Herausgeber von Rechtsmitteilungen und Rechtssprüchen der Magdeburger Schöffen, Friedrich Ebel, hat in mustergültiger Weise den einzelnen Einträgen Stichworte vorangestellt, die den folgenden Text zu erschließen helfen. Diese Stichworte finden sich dann in einem ausführlichen Sachregister.

 

Der Bearbeiter hier verzichtet auf eine derartige Sacherschließung und mindert damit den Wert seiner Arbeit weitgehend für den Benutzer. Das Register enthält, abgesehen von Lokalbezeichnungen in Leipzig, nur Orts- und Personennamen. Einträge zu „ausgewählten Sachen“ sind nicht erkennbar. Welche Überlegungen den Bearbeiter zur Zuordnung von Personennamen zu Orten geführt haben, ist nicht erkennbar. Am Beispiel des Peter Wolkenberger (S. 224), der Bürgermeister zu franckfort war, wäre zu prüfen, ob er dies am Main (wie der Bearbeiter meint) oder an der Oder (wie es ein Bezug zu Wolkenberg in Brandenburg erwägen lässt) war.

 

Wer rechtshistorisch über Rechtshandlungen im mittelalterlichen Leipzig, die heute der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder der notariellen Beurkundung zugeordnet werden, arbeiten will und die Edition berücksichtigen möchte, muss sich das Sachregister eigenständig erarbeiten und die Arbeit eines sachkundigen Editors nachleisten. Dieser Mangel der Arbeit liegt vielleicht auch daran, dass der Bearbeiter an einer Vielzahl von Editionsprojekten arbeitet, die wohl mindestens zeitweise nebeneinander her zu bearbeiten waren. Dies kann dann leider die Qualität im Einzelfall beeinträchtigen. Die Herausgeber der Reihe Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Leipzig müssen sich fragen lassen, ob sie durch die Finanzierung der Phasen der Arbeitsprojekte nicht die Bearbeiter zu einem flüchtigen Erledigen unter Inkaufnahme eines Qualitätsverlustes zwingen. Die Lesbarmachung dieser Quelle nur als eine, vielleicht hastig zu erbringende Vorarbeit zu einer Geschichte der Stadt Leipzig zu sehen (Vorwort, S. V), entschuldigt die Mängel nicht.

 

Neu-Ulm                                                                                                          Ulrich-Dieter Oppitz