Kessler, Mario, Ruth Fischer. Ein Leben mit und gegen Kommunisten (1895-1961) (= Zeithistorische Studien 51). Böhlau, Köln 2013. 759 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kessler, Mario, Ruth Fischer. Ein Leben mit und gegen Kommunisten (1895-1961) (= Zeithistorische Studien 51). Böhlau, Köln 2013. 759 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Ruth Fischer führte ein bewegtes Leben unter vielen Namen. Nach Ausweis des vorliegenden Werkes wurde sie 1895 als Elfriede Maria Fischer geboren, wuchs nach der Heirat ihrer Eltern als Elfriede Eisler auf, wurde durch Heirat 1915 Elfriede Friedländer, durch Scheinheirat zwecks Erlangung der Staatsbürgerschaft Deutschlands Elfriede Golke, handelte unter den Namen Ruth Kämpfer, Maria Ida Schmidt, Müller, Severing, Wagner oder Bucher, reiste 1924 als Helene Stein nach Wien, nutzte die Namen Helen Geiringer und Liane Boslau, wurde durch Scheinheirat zwecks Erlangung der Staatsbürgerschaft Frankreichs Elfriede Pleuchot, doch erlangte sie ihre größte Bedeutung als Ruth Fischer. 1924 stand sie weltweit als erste Frau an der Spitze einer Massenpartei, der Kommunistischen Partei Deutschlands. Gleichwohl waren ihr der Wandel zur entschiedenen Antikommunistin und die spätere Rückkehr möglich.
Ihr in Jena 1955 geborener Biograph wurde nach dem Studium von Geschichte und Germanistik in Jena und Leipzig 1982 mit einer Dissertation über die kommunistische Internationale und den arabischen Osten zwischen 1919 und 1929 promoviert und im Jahre des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland an der Akademie der Wissenschaft habilitiert. Nach Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter wurde er 2001 außerplanmäßiger Professor an der Universität Potsdam. In zahlreichen Werken hat er sich vor allem mit der Zeitgeschichte des Antisemitismus, Zionismus und Sozialismus und einzelnen ihrer Vertreter auseinandergesetzt.
Die Arbeit an der vorliegenden Biographie begann der Verfasser 2008 in New York, abschließen konnte er das Manuskript im September 2012. Gegliedert ist die eine Lücke schließende Untersuchung in neun chronologisch geordnete Abschnitte, d |
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Der Goslarer Ratskodex - Das Stadtrecht um 1350. Edition, Übersetzung und begleitende Beiträge, hg. v. Lehmberg, Maik (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar/Goslarer Fundus 52). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2013. 669 S. 270 farb. Faksimileseiten. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das urkundlich als Siedlung 1005 erstmals erwähnte Goslar am Harz ist Ort einer bedeutenden, an die Stelle der älteren Pfalz Werla tretenden Königspfalz mit einem 1050 geweihten Reichsstift. Die daneben entstehende Stadt (1131 lateinisch civitas) erhielt am 13. Juli 1219 von König Friedrich II. aus der Familie der Staufer einen großen Freiheitsbrief und erlangte wirtschaftliche Bedeutung durch den seit dem späten 10. Jahrhundert betriebenen Silberbergbau in dem nahegelegenen Rammelsberg. Nach Erringung der Reichsunmittelbarkeit zu Beginn des 14. Jahrhunderts zeichnete sie ihr Recht in Statuten auf.
Der von einem unbekannten Schreiber geschriebene Ratskodex bietet das örtlich geltende Erbrecht, Strafrecht und Verfahrensrecht in fünf Büchern auf mehr als 400 Pergamentseiten. Im zweiten Weltkrieg in einem Stollen des Erzbergwerks Rammelsberg ausgelagert und bei Kriegsende nach einem Brand durch Löschwasser beschädigt, konnte das Manuskript 1997 restauriert werden. Wenig später setzte sich der Geschichtsverein Goslar e. V. eine Übersetzung des im Stadtarchiv bewahrten Kodexes mit Faksimile und Transskription zum Ziel, die nunmehr im Auftrag des Geschichtsvereins von Maik Lehmberg verwirklicht werden konnte.
Der gewichtige und repräsentative Band wird nach Geleitworten und Vorworten durch zehn Studien eingeleitet und durch ein Glossar, ein Abkürzungsverzeichnis und ein Literaturverzeichnis abgerundet. In diesem Rahmen werden die Gründe des Goslarer Geschichtsvereins für die wichtige Edition, Goslar zur Zeit der Stadtrechtsniederschrift, der Einfluss des Sachsenspiegels auf das Stadtrecht und dessen Ausstrahlung auf andere Städte, die Besch |
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Damm, Matthias, Die Rezeption des italienischen Faschismus in der Weimarer Republik (= Extremismus und Demokratie 27). Nomos, Baden-Baden 2013. 424 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In Italien nannten sich bereits vor 1900 gegründete Arbeiterbünde fasci dei lavoratori und fasci siciliani. Am 23. März 1919 bildete auf dieser Grundlage der 1901 das Abitur und die Berechtigung zum Grundschullehrer erwerbende Benito Mussolini (1883-1945) fasci di combattimento. Angespielt werden sollte dabei auf die Machtsymbole des antiken römischen Reiches, die in der Form von Rutenbündeln vor den höchsten römischen Amtsträgern (Konsuln, Prätoren oder Diktatoren) geführt wurden.
Spätestens als Mussolini im Herbst 1922 auf Grund seiner gegen linke Strömungen gerichteten Politik vom König in der Hoffnung auf eine Rettung Italiens mit der Regieerungsbildung beauftragt wurde und daraufhin mit etwa 40000 Anhängern den Marsch auf Rom begann, musste dies zu großer europäischer Aufmerksamkeit führen. Mit den Auswirkungen auf das Deutsche Reich befasst sich die interessante Dissertation des Verfassers, die 2012 von der Technischen Universität Chemnitz angenommen wurde. Sie schließt auf der Grundlage umfangreicher Quellen mit der Behandlung der Zeit zwischen 1922 und 1933 eine bisher bestehende Lücke.
Dabei kann der Autor ein durchaus differenziertes Bild zeichnen, in dem der italienische Faschismus teil begrüßt wird, teils aber auch abgelehnt wird. Mit ansprechenden Überlegungen sieht er in einem Teil der Bewunderer vor allem heimliche Gegner Adolf Hitlers. Insofern sind die seinerzeitigen Stellungnahmen zum Faschismus Italiens gleichzeitig Spiegelungen der Einschätzung der Lage im Deutschen Reich, ohne dass diese Bewunderer Benito Mussolinis Adolf Hitlers Aufstieg zum Reichskanzler letztlich verhindern konnten.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Geschichte, um zu verstehen. Traditionen, Wahrnehmungsmuster, Gestaltungsperspektiven - Carl-Hans Hauptmeyer zum 65. Geburtstag, hg. v. Schröder, Christiane/Düselder, Heike/Schmiechen-Ackermann, Detlef u. a. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013. 544 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Ob der Mensch aus der Geschichte wirklich lernen kann, ist umstritten und mancher Schüler lehnt die Geschichte wegen des dafür notwendigen Wissens auch ab. Im Grunde ist jeder aber ein notwendiger Teil der Geschichte und kann sich ihr niemals wirklich entziehen. Aus diesem Grunde bedeutet Geschichte immer Wege zum besseren Verständnis, das auch der vorliegende, vierzig Beiträge von Weggefährtinnen und Weggefährten, Schülerinnen und Schülern, die wohl auch eine Wegstrecke geteilt haben, versammelnde Band erzielen will.
Der in Hannover 1948 geborene Jubilar wurde nach dem Abitur des Jahres 1967 und dem Studium von Geschichte, Geographie, politischer Wissenschaft, Pädagogik und Philosophie 1973 wissenschaftlicher Assistent Joachim Leuschners in Hannover. 1975 wurde er mit einer Dissertation über Verfassung und Herrschaft in Isny promoviert und 1979 mit einer Schrift über Souveränität, Partizipation und absolutistischen Kleinstaat (Schaumburg bzw. Schaumburg-Lippe) für mittlere und neuere Geschichte habilitiert. Seit 1981 wirkte er nach Ausweis des auf den Seiten 523-540 wiedergegebenen umfangreichen Schriftenverzeichnisses sehr erfolgreich im Rahmen seines weiten Interessenspektrums.
Gegliedert ist das mit einem kleinen Kartenausschnitt geschmückte Werk in insgesamt sieben Themenbereiche. Sie betreffen Credo, Werk und Vita des Jubilars (wie etwa Niedersachsen als Gegenstand historischen Forschens), Theorien und Anwendungen (Region, Kultur, politische Beteiligung, Lokales und Globales), Souveränität, Partizipation und Emanzipation z. B. zur Symbolsprache beim Staatsbesuch Georgs IV. in Herrenhausen), Mentalitäten und kulturelle Identitäten |
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Wiegeshoff, Andrea, „Wir müssen alle etwas umlernen“. Zur Internationalisierung des Auswärtigen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland 1945/51-1969. Wallstein, Göttingen 2013. 477 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler des Deutschen Reiches ernannt wurde, fand er als Außenminister den seit 1901 dem auswärtigen Dienst angehörigen parteilosen Konstantin Freiherrn von Neurath vor, der bis zum 4. Februar 1938 als Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (30. Januar 1937) diese Funktion wahrnahm, bis er unter Verbleiben in der Regierung als Reichsminister ohne Geschäftsbereich im Zuge der Blomberg-Fritsch-Krise durch den bis zum 30. April 1945 amtierenden, nach Verurteilung vom 1. Oktober 1946 in Nürnberg am 16. Oktober 1946 hingerichteten Joachim von Ribbentrop abgelöst wurde, dem nach dem kurzen Zwischenspiel Johann Ludwig Graf Schwerins von Krosigk (2. 5. -23. 5. 1945) am 15. März 1951 Konrad Adenauer folgte. Wie von Neurath mussten sich auch die übernommenen Angehörigen des Auswärtigen Amtes grundsätzlich mit der neuen Politik arrangieren. Wem dies gelang, der stand mit dem Tode Adolf Hitlers und dem Ende des nationalsozialistischen Reiches im Mai 1945 vor großen Schwierigkeiten.
Mit ihnen befasst sich die 2011 an der Universität Marburg angenommene Dissertation der Verfasserin, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin der unabhängigen Historikerkommission zur Geschichte des Auswärtigen Amtes an dem Band über das Amt und die Vergangenheit mitwirkte. Für ihre eigene Untersuchung verwendete sie vor allem die Lebensläufe dreißiger Diplomaten, die von der Neugründung des Amts im Jahre 1951 bis 1969 als Staatssekretäre oder Botschafter wirkten. Dabei kann sie deutlich zeigen, dass Angehörige des Auswärtigen Amtes in den Jahren zwischen 1933 und 1945 auch in dem untersuchten Zeitabschnitt eine wesentliche Rolle spielten.
Nahezu zwei Drittel der |
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Schwarze, Jürgen, Das Verhältnis von nationalem Recht und Europarecht im Wandel der Zeit, Band 2 (= Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik und Wirtschaft 367). Nomos, Baden-Baden 2013. 211 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Als am Ende des zweiten Weltkriegs die neue Bundesrepublik Deutschland sich mit Frankreich unter Einbindung Italiens, Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs zwecks Vermeidung weiterer Kriege zwischen ehemaligen fränkischen Brüdern und späteren Erbfeinden auf eine Kontrolle der Rüstungsindustrie verständigte, war die anschließende Entwicklung zumindest in den Einzelheiten nicht sicher vorhersehbar. Inzwischen sind mehr als 60 Jahre vergangen und ist über mehrere europäische Gemeinschaften, eine europäische Gemeinschaft schließlich eine Europäische Union mit derzeit 28 Mitgliedern und weiteren Bewerbern entstanden. Von daher bietet sich ein geschichtlicher Rückblick bestens an.
Besonders geeignet dafür ist ein Sachkenner, der diese Entwicklung zumindest zum größten Teil bewusst mitverfolgen konnte. Zu ihnen zählt der in Bielefeld 1944 geborene, nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Staatswissenschaft in Münster, Göttingen und Freiburg im Breisgau 1969 mit einer Dissertation über den Eingriff in den Gewerbebetrieb promovierte, 1976 mit seiner Schrift über die Befugnis zur Abstraktion im europäischen Gemeinschaftsrecht an Hand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs habilitierte, über Bochum, Hamburg und Florenz 1989 nach Freiburg im Breisgau berufene, inzwischen emeritierte Jürgen Schwarze. Er hat seit mehr als 40 Jahren die europäische Rechtsentwicklung aufmerksam verfolgt und gemeinsam mit einer größeren Zahl inländischer und ausländischer Experten 2012 eine Bestandsaufnahme vorgelegt.
In einem zweiten Band soll auf dieser Grundlage ein zentrales Forschungsfeld näher betrachtet werden, das sich nach dem kurzen Vorwort als Problem einer angemessenen wechselseitigen Zuordnung der für den Verlauf |
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Kim, Dong Lyoul, Grundlagen der strafrechtlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht und Möglichkeiten ihrer Übertragung auf die Bewältigung nordkoreanischen Systemunrechts (= Criminalia 55). Lang, Frankfurt am Main 2012. 281 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kim, Dong Lyoul, Grundlagen der strafrechtlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht und Möglichkeiten ihrer Übertragung auf die Bewältigung nordkoreanischen Systemunrechts (= Criminalia 55). Lang, Frankfurt am Main 2012. 281 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In allen bekannten menschlichen Gemeinschaften haben sich Einzelne meist mit um sie gescharten engeren Anhängern oft mit Gewalt als Leiter für kürzere oder längere Zeit durchgesetzt. In vorrechtlichen Zeiten oder außerrechtlichen Lagen wurden sie vielfach bei Gelegenheit von Wettbewerbern verdrängt und dabei oft getötet. Unter dem Blickwinkel des Rechtsstaats und der Herrschaft des Rechtes über die Gewalt stellt sich die Frage, ob ihr Tun nachträglich einer rechtlichen Beurteilung unterworfen werden sollte.
Diese Vorstellung wurde mit allgemeiner Wirkung am Ende des zweiten Weltkriegs von den alliierten Siegermächten gegenüber den Machthabern des Deutschen Reiches zwischen 1933 und 1945 durchgesetzt, die sogar alle erheblich nazifizierten Deutschen mit unterschiedlichem Erfolg zu entnazifizieren versuchten. Nach dem demokratisch bestimmten Ende der Deutschen Demokratischen Republik im Jahre 1990 stellte sich die Frage, wie mit dem andere Menschen schädigenden Verhalten der Machthaber dieser sozialistisch bestimmten Herrschaft umgegangen werden sollte. Der in Südkorea geborene, an der nationalen Polizeiuniversität und der Korea-Universität vor allem bei Ro Soep Park mit dem Abschluss LL. M. ausgebildete, nach der Promotion bei dem Generalkonsulat der Republik Koreas in Frankfurt am Main als Konsul tätige Verfasser überträgt die dortigen Ergebnisse in seiner von Bernd Schünemann betreuten, im Sommer 2012 von der juristischen Fakultät der Universität München angenommenen Dissertation mutig und umsichtig in die Zukunft Koreas.
Nach einem ersten einleitenden Teil über Problemstellung und Grundlagen der Untersuchung und Annahmen für die weitere Untersuchung (Notwendigkeit der straf |
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Berman, Harold Joseph, Law and Language. Effective symbols of community, hg. v. Witte, John jr. Cambridge University Press, Cambridge 2013. 209 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Berman, Harold Joseph, Law and Language. Effective symbols of community, hg. v. Witte, John jr. Cambridge University Press, Cambridge 2013. 209 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Harold Joseph Berman wurde in Hartford Connecticut am 13. Februar 1918 geboren und studierte am Dartmouth College, der Yale University und der London School of Economics Recht, Wirtschaft und Geschichte. Er lehrte nach einem kurzen Einstieg an der Stanford Law School von 1948 bis 1985 an der Harvard University und wechselte danach an die Emory University in Druid Hills in Atlanta/Georgia, eine führende Forschungsuniversität. Als einen seiner wichtigsten Lehrer bezeichnete der in New York am 13. November 2007 unter Hinterlassung von 25, auch nach Europa ausstrahlenden Büchern und 450 kleineren Schriften verstorbene Gelehrte Eugen Rosenstock-Huessy (Berlin 1888-Four Norwich 1973), der wegen seiner jüdischen Herkunft 1933 aus Breslau in die Vereinigten Staaten von Amerika flüchtete und am Dartmouth College Hanover/New Hampshire unterrichtete.
Zu Beginn der Tätigkeit Bermans standen die Sowjetunion und das internationale Wirtschaftsrecht im Mittelpunkt seiner Interessen, in deren Verfolgung er die Sowjetunion vielfach besuchte und das Studienjahr 1961/1962 in Moskau verbrachte, wo zu dieser Zeit auch Michael Gorbatschow weilte. Später wandte er sich verstärkt der Rechtsphilosophie, der Rechtsgeschichte und dem Verhältnis von Recht und Religion zu. In dieser Übergangszeit verfasste er 1964 die vorliegende Studie, zu deren Abschluss er allerdings wegen seiner zahlreichen anderen Interessen nie gelangte, so dass sie erst durch den Herausgeber bei der Ordnung des Nachlasses in einer Garage wiedergefunden und in vorsichtiger Ergänzung unter dem Titelbild eines russischen Landgerichts des Jahres 1888 ediert werden konnte.
Gegliedert ist sie in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Sprache in ihrer überragenden Bedeutung für die menschliche Gesellschaft, die Spr |
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Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 131 (2013). Thorbecke, Ostfildern 2013. 322 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 131 (2013). Thorbecke, Ostfildern 2013. 322 S.
Vor etwa 19000 Jahren entstand während des ersten bedeutenden Rückschmelzstadials des bis zu 1200 Meter mächtigen Rhein-Vorlandgletschers der letzten Eiszeit als kleiner Zungenbeckensee der Urbodensee. Um 16500 vor unserer Zeit war das Alpenrheintal bis Reichenau westlich Churs eisfrei und wurde von einem See eingenommen, der während seiner größten Ausdehnung die doppelte Fläche des Bodensees hatte und vom Untersee und Überlinger See bis über das heutige Chur hinaus und über Walensee und Zürichsee bis Zürich reichte. Seitdem verfüllt ihn der Abraum des Rheines und seiner Nebengewässer, so dass es nur eine Frage der längeren oder kürzeren Zeit sein wird, bis er vollständig verlandet ist.
Mit dieser geologischen Frage befasst sich einer der insgesamt 13 Beiträge des vorliegenden Bandes der Schriften des sehr viel jüngeren Vereins. Andere Studien behandeln die bauliche Entwicklung am Kaufhaus Konstanzs, die Einordnung der Welfen in die Weltgeschichte auf Grund der bisher vernachlässigten Weingartener Kaiserchronik, die spätgotischen Wandmalereien in der Sankt Wendlinskapelle auf dem Ramsberg zwischen Pfullendorf und Überlingen, die Hinrichtung der Bettler, Räuber und Mörder Peter Belzly und Hanns Ruff, einen Vorschlag zum Wiederaufbau der Westturmanlage des Münsters Konstanzs, das Säcken in Sankt Gallen, die Flößerei auf dem oberen Rhein, das album amicorum Ursula Staehelins aus Sankt Gallen, Konrad Gröbers Erinnerungen an Konstanz, den Maler Otto Tillkes in Lindau (1923-1930), die Zeugen Jehovas als Opfer des Nationalsozialismus in Konstanz, Straßennamen als problematische Zeugnisse von Erinnerungskultur und last but not least die geologische Geschichte des Bodensees. Sie alle führen zu vielfältigen neuen Erkenntnissen in Bezug auf den näheren, heute zwischen Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz (begr |
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Sassin, Horst, Carl Goerdeler. Hitlers Widersacher in der Solinger Kommunalpolitik 1911 bis 1920. V & R unipress, Göttingen 2013. 229. S., 57 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sassin, Horst, Carl Goerdeler. Hitlers Widersacher in der Solinger Kommunalpolitik 1911 bis 1920. V & R unipress, Göttingen 2013. 229. S., 57 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Schneidemühl am 31. Juli 1884 geborene Carl Friedrich Goerdeler entstammte einer Beamtenfamilie in Preußen. Nach den beiden juristischen Staatsprüfungen trat er 1911 in die Kommunalpolitik ein und stieg 1930 zum Oberbürgermeister Leipzigs und wenig später zum Reichskommissar für Preisüberwachung auf. Zwar stand er der Einsetzung Adolf Hitlers als Reichskanzler auf Grund seiner konservativen Gesinnung zunächst positiv gegenüber, doch trat er im November 1936 vom Amt als Oberbürgermeister in Leipzig zurück, als in Verfolgung nationalsozialistischer Zielsetzung das Denkmal des jüdischen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy abgerissen werden sollte, und wurde danach allmählich zum führenden Kopf eines zivilen Widerstandskreises, der nach dem Attentat auf Adolf Hitler das Amt des Reichskanzlers übernehmen sollte.
Über das Leben dieses seinen Widerstand mit der Hinrichtung in Berlin-Plötzensee am 2. Februar 1945 büßenden Politikers hat bereits 1954 Gerhard Ritter eine umfangreiche Biographie vorgelegt. Seitdem sind verschiedene, teilweise kritische Veröffentlichungen zu Goerdeler vorgelegt worden, die aber keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse mit sich brachten. Von daher ist es sehr zu begrüßen, dass der Verfasser, der mit einer 1993 erschienenen Dissertation über liberalen Widerstand gegen den Nationalsozialismus an der Universität Düsseldorf promoviert wurde, an Hand bisher nicht berücksichtigter archivalischer Quellen ein neues Bild von der prägenden Frühzeit Goerdelers in der Kommunalverwaltung Solingens zeichnet.
Gegliedert ist es nach einer kurzen Einleitung in insgesamt 10 Abschnitte. Sie behandeln nacheinander Goerdelers Tätigkeit in Solingen als juristischer Hilfsarbeiter für Schlachthof und Armenverwaltung, als Beigeordneter für |
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Eisenhardt, Ulrich, Deutsche Rechtsgeschichte, 6. Aufl. (= Grundrisse des Rechts) Beck, München 2013. XXX, 521 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Eisenhardt, Ulrich, Deutsche Rechtsgeschichte, 6. Aufl. (= Grundrisse des Rechts) Beck, München 2013. XXX, 521 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die deutsche Rechtsgeschichte hat im Laufe vieler Jahrhunderte einen derartigen Umfang angenommen, dass eine umfassende Gesamtdarstellung aus einer Hand, wie sie zuletzt Hermann Conrad unternommen hat, verhältnismäßig schwierig geworden ist. An ihre Stelle ist in erweiternder Richtung das zahlreiche Forscher vereinende Handwörterbuch getreten, das den Interessen der Wissenschaft am ehesten gerecht werden kann. In verkürzender Gestaltung für den hauptsächlich lernenden Leser nehmen unterschiedliche Grundrisse ihren Platz ein.
Einen sehr erfolgreichen Grundriss hat dabei der in Lüdenscheid 1937 geborene, nach dem Studium in Göttingen und Bonn bei Hermann Conrad als wissenschaftlicher Assistent tätige, 1964 mit einer Dissertation über Aufgabenbereich und Bedeutung des kurkölnischen Hofrats in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts promovierte, 1970 mit einer Schrift über die kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, Buchhandel und Presse im Heiligen Römischen Reich 1496-1806 habilitierte und 1975 als erster Professor der neu gegründeten FernUniversität Hagen im Lehrbereich Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht berufene, 2002 emeritierte Ulrich Eisenhardt vorgelegt. Mit einem Umfang von 424 Seiten erschien er erstmals 1984 an hervorragender Stelle. Dem folgten Neuauflagen 1995, 1999, 2004, 2008 und 2013, die dem Umfang allmählich auf die jetzige Größe erweiterten.
Den Schwerpunkt hat dieses Werk auf Grund der wissenschaftlichen Interessen des Verfassers und im Blick auf die Existenzberechtigung des Faches im Studienbetrieb von Anfang an auf die neuere Zeit gelegt, weshalb es germanische und fränkische Zeit ausgespart hat. Demgegenüber wurde vor allem zuletzt die Entwicklung in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und im westlichen Deutschland nach 1945 entsprechend der neue |
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Harke, Jan Dirk, Studien zu Vertrag und Eigentumserwerb im römischen Recht (= Schriften zur Rechtsgeschichte 160). Duncker & Humblot, Berlin 2013. 99 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Harke, Jan Dirk, Studien zu Vertrag und Eigentumserwerb im römischen Recht (= Schriften zur Rechtsgeschichte 160). Duncker & Humblot, Berlin 2013. 99 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Wir verdanken Jan Dirk Harke, seit 2003 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Historische Rechtsvergleichung an der Universität Würzburg, eine größere Anzahl von Untersuchungen zum Römischen Recht, aber auch zum modernen Recht. In den letzten Jahren erschienen etwa: „Allgemeines Schuldrecht“ (2009), Besonderes Schuldrecht“ (2011), „Drittbeteiligung am Schuldverhältnis“ (Herausgeber, 2010), „Africani quaestiones“ (2010), „Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana: Entscheidungsbegründungen bei Celsus und Julian“ (2012) und „Argumenta Papiniani“ (2013).
Im vorliegenden Sammelband befasst sich Harke mit Fragen des römischen Vertragsrechts sowie des Eigentumserwerbs. Die erste Studie (S. 7-16) ist dem Vertragsbegriff und der antiken Wirtschaftsverfassung gewidmet. Verpflichtung aus Versprechen betrachtet er als „Merkmal der römischen Rechtskultur“.
In einer zweiten Studie (S. 17-38) stellt er die interessante Frage nach einem „System des römischen Vertragsrechts“. Die Gliederung in Realverträge, Verbalverträge und Konsensualverträge hält er sachlich für durchaus begründet, ja er spricht sogar von drei Systemen (S. 38). Bei den Realverträgen handle es sich um eine „Haftung aus Vorenthaltung“, bei der Stipulation um eine „Verpflichtung aus Rechtsfolgenanordnung“, bei den Konsensualverträgen um eine „Verpflichtung durch Bestimmung des Geschäftsgegenstandes“.
Die dritte Studie (S. 39-53) hat die Probleme von dolus in contrahendo, Mitverschulden und reinen Vermögensschäden im römischen Recht zum Gegenstand. Der Verfasser sieht Parallelen zwischen der Sanktion für Mitverschulden und der Haftung für vorvertragliches Fehlverhalten (dolus in contrahendo).
Eine eingehende Studie (S.54-93) ist schließlich dem Thema |
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Čapková, Kateřina/Frankl, Michal, Unsichere Zuflucht. Die Tschechoslowakei und ihre Flüchtlinge aus NS-Deutschland und Österreich 1933-1938, aus dem Tschechischen übersetzt v. Kallert, Kristina (= Jüdische Moderne 13). Böhlau, Wien 2012. 327 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Čapková, Kateřina/Frankl, Michal, Unsichere Zuflucht. Die Tschechoslowakei und ihre Flüchtlinge aus NS-Deutschland und Österreich 1933-1938, aus dem Tschechischen übersetzt v. Kallert, Kristina (= Jüdische Moderne 13). Böhlau, Wien 2012. 327 S. Besprochen von Gerhard Köbler
Die Tschechoslowakei oder Tschechoslowakische Republik wurde am 28. 10. 1918 vor allem aus den österreichischen Gebieten Böhmen und Mähren sowie Schlesien und Oberungarn unter zwangsweisem Einschluss der dort lebenden Deutschen gebildet und gab sich am 29. 2. 1920 eine Verfassung. Der Vielvölkerstaat umfasste nach einer Volkszählung 8,761 Millionen Tschechen und Slowaken, 3,1 Millionen Menschen deutscher Sprachzugehörigkeit und bedeutende Minderheiten von Ungarn, Roma, Russinen, Ukrainern, Juden und Polen. Seine Entstehung war eine bewusste Abkehr vom deutschsprachig bestimmten Österreich(-Ungarn).
Nach der überzeugenden Einschätzung der als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte der tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag bzw. als Leiter der Abteilung für Geschichte der Shoah des jüdischen Museums in Prag tätigen Verfasser überwiegt in der bisherigen Forschung, in den Medien und im öffentlichen Bewusstsein die Ansicht, die Tschechoslowakei sei zwischen 1933 und 1938 eine Insel der Freiheit und damit eine geeignete Zufluchtsstätte für Gegner und Opfer des Nationalsozialismus gewesen. Dies führen die Verfasser vor allem auf die erfolgreiche tschechoslowakische Exilpropaganda der anschließenden Jahre zurück. Dem widersprechen sie auf Grund umfangreicher Verwertung bisher unberücksichtigter Archivalien entschieden.
Gegliedert ist die aus dem von der Projektagentur der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik geförderten Projekt Nr. B 8994401 hervorgegangene neue Darstellung außer in eine Einführung und einen Epilog in vier Kapitel über „wohlwollende“ Flüchtlingspolitik, Hilfe und Ohnmacht, rassisc |
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Die Pfarrei im späten Mittelalter, hg. v. Bünz, Enno/Fouquet, Gerhard (= Vorträge und Forschungen 77). Thorbecke, Ostfildern 2013. 439 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Pfarrei im späten Mittelalter, hg. v. Bünz, Enno/Fouquet, Gerhard (= Vorträge und Forschungen 77). Thorbecke, Ostfildern 2013. 439 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bis zum späten Mittelalter hatte sich das Christentum als Religion in den meisten Teilen Europas durchgesetzt und die Zeit der Aufspaltung in Konfessionen hatte noch nicht wirklich begonnen. Die Kirche hatte sich den Möglichkeiten entsprechend gut organisiert und eine feste organisatorische Gliederung eingerichtet. In ihr bildete die Pfarrei den wohl wichtigsten Grundbaustein.
Mit ihm befassten sich die Mitglieder des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte und weitere geladene Fachleute auf der Insel Reichenau vom 31. März bis 3. April 2009. Vier Jahre danach legt der staatliche Sammelband die erweiterten Ergebnisse der Tagung in traditionell gelungener Form und abgerundet durch Untersuchungen Felicitas Schmieders und Andreas Odenthals vor. Insgesamt folgen dabei dem kurzen Vorwort 13 Studien, wobei Enno Bünz zu Beginn in die Thematik einführt und am Ende eine überzeugende Zusammenfassung versucht.
Behandelt werden dabei zunächst die Pfarrei im Wandel vom Frühmittelalter zum Hochmittelalter, die Pfarrei im Normengefüge der Kirche, die Pfarrei im Blickfeld der Obrigkeit (Bischöfe, Landesherren, Städte) und die Pfarrei in der deutschen städtischen Kirchenlandschaft. Danach werden liturgiewissenschaftlich Gottesdienst, quellenkundlich Pfarrbücher, interdisziplinär Taufe, politisch Architektur und gesellschaftlich (abgesichert durch einen Anhang) Stiftungswesen und polyfunktional-kommunal die Dorfkirchhöfe in Westfalen vertiefend besonders herausgegriffen. Der Gesamtheit der Kirchengemeinde im Spätmittelalter widmet sich zusammenfassend schließlich Arnd Reitemeier, so dass der Band in seinen vielfältigen Perspektiven insgesamt zahlreiche neue, dem interessierten Leser durch ein Ortsregister und ein Personenregister erschlossene Erkenntnisse ü |
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Das Konstanzer Konzil - Essays - 1414-1418 Weltereignis des Mittelalters, hg. v. Braun, Karl-Heinz/Herweg, Mathias, Hubert, Hans W. u. a. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 247 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Konstanzer Konzil - Essays - 1414-1418 Weltereignis des Mittelalters, hg. v. Braun, Karl-Heinz/Herweg, Mathias, Hubert, Hans W. u. a. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 247 S.
Da die Menschen Individuen sind, ist ihre Weltsicht grundsätzlich ebenfalls individuell. Deswegen kann zwar ein Einzelner, der sich selbst in der Zeit auch zwangsläufig ändert, theoretisch seine Weltsicht während der Zeit seines Lebens beibehalten oder entsprechend den Zeitläuften anpassen, noch mehr gilt dies aber für seine möglichen Anhänger, von denen jeder sein Vorbild am besten zu verstehen versucht. Dies hat für das Christentum bewirkt, dass es während seines Bestehens zu zahlreichen unterschiedlichen Erklärungsversuchen gekommen ist, die bei Widerstreit Schlichtungen, Einungen und Verurteilungen bewirken konnten.
Davon hat auch Konstanz profitiert, indem es mit seinen knapp 6000 damaligen Bewohnern das 16. allgemeine, auf Betreiben König Sigismunds einberufene Konzil mit etwa 600 Klerikern und zeitweise vielleicht bis zu 70000 Besuchern beherbergte. Dessen Beginn jährt sich demnächst zum 600. Mal. Dies ist zu Recht ein auf mancherlei Art würdig begangenes weltgeschichtlich bedeutsames Ereignis, dem auch der in Gold gekleidete vorliegende Sammelband gerecht wird, dessen Herausgeber als Professoren für Kirchengeschichte, germanistische Mediävistik, Kunstgeschichte, Landesgeschichte und mittelalterliche Geschichte zwar überwiegend nicht mit Konstanz unmittelbar, aber doch mit dessen näherer Umgebung eng verbunden sind.
Als Begleitband einer vom 27. April bis zum 21. September 2014 geplanten großen Landesausstellung Baden-Württemberg versammelt das vorliegende Werk 37 kurze wissenschaftliche Studien. Sie gliedern sich nach einem Vorwort der Herausgeber in die fünf Abteilungen Überlieferung und Wirkung, Organisation und Ablauf, Protagonisten und Teilnehmer (Sigismund, Johannes XXIII., Eberhard Windeck, Oswald von Wolkenst |
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Beaupré, Nicolas/Hirschfeld, Gerhard/Krumeich, Gerd/Kruse, Wolfgang/Müller, Christian Th./Rose, Andreas/Ulrich, Bernd, Der erste Weltkrieg, hg. in Zusammenarbeit mit DAMALS- Das Magazin für Geschichte. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 128 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zum Wesen des Menschen gehört allem Anschein nach auch die Aggression. Wohl seit den ersten Anfängen führt dies zur Auseinandersetzung, bei der die Kräfte gemessen werden und der Unterlegene vielfach geschädigt und manchmal sogar vernichtet wird. Auch wenn die dabei entstehenden Schäden zumindest als solche vorausgesehen werden könnten, fällt die Entscheidung für den Einsatz von Gewalt, obwohl aus der nachträglichen Betrachtung besser die Vernunft hätte siegen sollen.
Schlagende Beispiele hierfür sind vermutlich alle Kriege der Menschen untereinander. Unter ihnen ist der Weltkrieg von 1914 bis 1918 aus vielen Gründen besonders bedeutsam. Da sich sein Beginn im nächsten Jahr zum hundertsten Male jährt, werden im Vorfeld dieses Ereignisses zahlreiche Darstellungen veröffentlicht.
Die Bearbeiter des vorliegenden schlanken instruktiven Überblicks gliedern ihr ansprechendes Werk in insgesamt 13 Abschnitte einschließlich eines kurzen Vorworts, zweier Karten Europas von 1914 und von 1918-1937 sowie einiger Literaturhinweise. Dabei schildert Gerd Krumeich das von massiven Fehlentscheidungen und mangelnder Konfliktentschärfungsfähigkeit gekennzeichnete Nahen des Krieges und die Juli-Krise von 1914, Gerhard Hirschfeld Deutschland (das Deutsche Reich) im August 1914, Bernd Ulrich die Kriegsschauplätze und die Front im Westen, Wolfgang Kruse die Heimatfront mit Kriegsausgang und Andreas Rose die erfolglose Diplomatie im Krieg, während Christian Th. Müller Deutschland (das Deutsche Reich) im Kriegsjahr 1918 behandelt und Nicolas Beaupré die Brutalisierung und die Folgen bilanziert. Zahlreiche Abbildungen (darunter deutsche Soldaten im Sch |
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Die Juden in Schwaben, hg. v. Brenner, Michael/Ullmann, Sabine (= Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern 6). Oldenbourg, München 2013. 311 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Weiden 1964 als Sohn zweier Überlebender von Adolf Hitlers Endlösung geborene, in Bayern aufgewachsene, an der Hochschule für jüdische Studien in Heidelberg, der hebräischen Universität Jerusalem und der Columbia University in New York ausgebildete, an der Columbia University mit einer Dissertation über jüdische Kultur in der Weimarer Republik promovierte, nach Tätigkeiten als Assistant Professor in Bloomington/Indiana und Walham/Massachusetts 1997 nach München auf den neu errichteten Lehrstuhl für jüdische Geschichte und Kultur berrufene Verfasser schilderte bereits 1983 den jüdischen Alltag im Nationalsozialismus am Beispiel Weidens. Seitdem hat er zahlreiche Forschungen zur Geschichte der Juden in Deutschland vorgelegt. Seit 2008 erscheinen, von ihm und Andreas Heusler herausgegeben, eigene Studien zur jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern.
Sie begannen mit einer Magisterarbeit Andrea Sinns über Exil und Rückkehr des Münchner Juden Hans Lamm. Seitdem sind neben einigen anderen Werken zwei Sammelbände über die Juden in der Oberpfalz (2009) und die Juden in Franken (2012) erschienen. Ihnen folgt nach einer früheren Vorankündigung im Jahre 2011 nunmehr der vorliegende sechste Band über Schwaben.
Er enthält nach einem Vorwort der Herausgeber und einer orientierenden Einleitung Sabine Ullmanns 13 Vorträge des Jahres 2009 in Augsburg, eine Auswahlbibliographie, ein Personenregister, ein Ortsregister und ein Mitarbeiterverzeichnis (Michael Brenner, Alfred Haverkamp, Barbara Hutzelmann, Christian Jörg, Rolf Kießling, Stefan Lang, Gregor Maier, Johannes Mordstein, Claudia Ried, Benigna Schönhagen, Christian Scholl, Martina Steber, Sabine Ullmann, Andreas Wirsching). Untersucht werden die Kammerknechtschaft der Juden diesseits un |
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Vorstellungswelten der mittelalterlichen Überlieferung. Zeitgenössische Wahrnehmungen und ihre moderne Interpretation, hg. v. Sarnowsky, Jürgen (= Nova Mediaevalia 11). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012. 241 S., 29 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Hans-Werner Goetz, Professor für mittelalterliche Geschichte in Hamburg, konnte am 16. Juli 2012 seinen 65. Geburtstag feiern. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen im Rahmen der Geschichte des frühen und hohen Mittelalters vor allem Vorstellungen und Mentalitäten in Begriffsgeschichte und mittelalterlicher Wahrnehmung. Demgemäß bot sich ein Sammelband zu seinen Ehren mit der Verknüpfung von Vorstellungswelt und Mittelalter gewissermaßen von selbst an.
Erstmals literarisch hervorgetreten war der Jubilar nach dem Studium von Geschichte und Anglistik in Bochum mit seinen gewichtigen begriff- und verfassungsgeschichtlichen Untersuchungen zur Entstehung des sogenannten „jüngeren“ Stammesherzogtums an der Wende vom neunten zum zehnten Jahrhundert, die er 1976 als Dissertation vorgelegt hatte. Die historische Vorstellungswelt am Beispiel des Geschichtsbilds Ottos von Freising hatte er in seiner Bochumer Habilitationsschrift des Jahres 1981 vorbildlich erkundet. Seitdem hat er Geschichtsschreibung, Vorstellungen, Wahrnehmungen und Deutung im Mittelalter an vielen Stellen erforscht.
Das vorliegende Sammelwerk vereint nach einer kurzen sachkundigen Einleitung des 1984 in Berlin mit einer Dissertation über die aristotelisch-scholastische Theorie der Bewegung promovierten Herausgebers insgesamt neun Studien. Sie reichen von der Darstellung der Welt im katalanischen Weltatlas von 1375 bis zum Islambild Arnolds von Harff und binden Karl den Kühnen, Richard III., den Deutschen Orden, Heinrich von Lettland, Richard I. Löwenherz, die Chronik von Morea und Guilleaume Caoursin ansprechend in einen bunten, im aufschließenden Register von Acciaioli bis Zypern reichenden Geburtstagsstra |
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Klee, Ernst, Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde - ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013. 507 S. 2 Ill. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
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Am 18. Mai 2013 verstarb Ernst Klee (geb. 1942); so wurde das vorliegende, im August 2013 erschienene Buch, das er noch auf dem Krankenlager bearbeitete, sein letztes. Das Buch knüpft an frühere Veröffentlichungen Klees an, der schon zu den Anstaltsmassentötungen und den Medizinverbrechen geforscht und seine Ergebnisse veröffentlicht hatte. Ihm ging es in seinen Veröffentlichungen immer darum, durch Nennung der Beteiligten und Beschreibung ihrer Tatbeiträge zu zeigen, dass nationalsozialistische Verbrechen durch Einzeltäter verübt wurden, die ihre Verbrechen unter dem Schutze eines verbrecherischen Staates verübten. Ihm ging es aber auch darum zu zeigen, wie die Täter später in den 50er bis 70er Jahren ihre berufliche Laufbahn häufig unbeschadet fortsetzen konnten. Klee war einer der ersten Forscher, die diese Kontinuität aufzeigten. Von Hause aus war er kein ausgebildeter Historiker. Ähnlich wie der ihm geistesverwandte ausgebildete Rabbiner Joseph Wulf (1912-1974) durch die Arbeit mit der Überlieferung zu den Verbrechen zum Historiker wurde, eignete sich Klee umfassende Quellenkenntnisse und Auswertungswege an. Wulf und Klee haben eine Grundlagenarbeit geleistet, an die erst viel später Historiker vom Fach herangingen. Sie forschten aus den Akten, während Klee und Wulf noch Täter nach ihren Verbrechen im Berufsleben erleben mussten.
Das Lexikon behandelt „4043 Menschen, darunter 3621 Personen, die als Täter zu bezeichnen oder zum Umfeld der Täter zu rechnen sind“ (S.10). Bei den Genannten der Täterseite sind neben den Lebensdaten der Dienstrang und, soweit bekannt, der Verbleib nach Kriegsende angegeben. Bemerkenswert ist, wie viele Täter außer in Deutschland in Polen bestraft worden sind. Überraschend ist zudem, dass bei Tätern nicht selten Angaben da |
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Dillinger, Johannes, Kinder im Hexenprozess. Magie und Kindheit in der frühen Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2013. 264 S., 10 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Hexenprozess interessiert die allgemeine Öffentlichkeit seit seinen Anfängen sehr. Stand dabei in der vergangenen Gegenwart vor allem der sichtbare Ausgang in der Form der qualvollen Hinrichtung im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, so sind es in der anschließenden wissenschaftlichen Forschung vor allem Ausmaß, Herkunft und einzelne besonderen Facetten. Zu ihnen gehört auch die Einbeziehung der Kinder, wie sie der Verfasser in seiner vorliegenden Darstellung sachkundig vornimmt.
Geboren in Saarlouis 1968, wurde er nach dem zwischen 1989 und 1995 in Tübingen und Norwich in England durchgeführten Studium von Geschichte, katholischer Theologie und Pädagogik 1998 in Trier mit der Dissertation Böse Leute - Hexenverfolgungen in Schwäbisch-Österreich und Kurtrier im historischen Vergleich (von etwa 1300 Hexenverfolgungen) promoviert. Im Jahre 2006 wurde er auf Grund einer Schrift über Die politische Repräsentation der Landbevölkerung in Neuengland und Europa in der frühen Neuzeit habilitiert. Die neue Studie greift thematisch auf den Ausgangspunkt des Jahres 1994 über Hexenprozesse in Horb verdichtend und weiterführend zurück.
Gegliedert ist sie in vier Abschnitte über Fragen und Kontexte der Kinderhexen, Bedingungen der Kinder in ihrer Zeit, Fallstudien (Anna Maria Hauber Roßwälden bei Esslingen 1663, Maria Ostertegin Ellwangen 1613, Maria Ulmerin Rottenburg am Neckar 1594-1608, Hans Douck Schwerin 1643, Johann Gottlieb Adami Annaberg 1713, Andree Vorsthofer Henndorf bei Salzburg 1678, Franz Schneider Sigmaringen 1668 und AltjeAhlers Sankt Margarethen bei Itzehoe 1694) und Muster und Strukturen. Im Ergebnis stuft der Autor die Kinderhexenprozesse grundsätzlich als starke Hexenprozesse ein, die regionale Verfolgswellen ebenso eröffnen wie abschließen konnten. Wenn sein Buch |
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Ferguson, Niall, Der Niedergang des Westens. Wie Institutionen verfallen und Okonomien sterben, aus dem Engl. übers. v. Schmidt, Klaus-Dieter. Propyläen, Berlin 2013. 201 S., graph. Darst. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ferguson, Niall, Der Niedergang des Westens. Wie Institutionen verfallen und Ökonomien sterben, aus dem Engl. übers. v. Schmidt, Klaus-Dieter. Propyläen, Berlin 2013. 201 S., graph. Darst. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie Erdinneres und umhüllendes Universum so ist auch die Erdkruste mit den darauf befindlichen Gesellschaften der Menschen in zeitlichem Wandel, dessen Geschichte in groben Umrissen ermittelt und dessen Zukunft nicht sicher vorhergesehen werden kann. Dabei haben sich nacheinander das römische Weltreich, das Reich der Franken, die Großmächte Europas (vor allem England) und die Vereinigten Staaten von Amerika führende Stellungen erarbeitet. In die Zukunft gerichtet befürchtet der Verfasser angesichts des allgemein zu beobachtenden Verfallens von Institutionen und Sterbens von Ökonomien einen Niedergang des Westens.
Der 1964 in Glasgow geborene , in Oxford in Geschichte ausgebildete Autor wurde 1989 auf Grund einer Dissertation über Business and Politics in the German Inflation (Hamburg 1914-1924) promoviert. Nach Tätigkeiten an der Oxford University und der Stanford University wechselte er 2004 nach Harvard. Auf Grund seiner Untersuchungen zur europäischen Wirtschaftsgeschichte wurde er gleichzeitig als einer der 100 einflussreichsten Menschen der Welt eingestuft, eine für Historiker durchaus ungewöhnliche Auszeichnung.
Das im Original 2012 unter dem Titel The Great Degeneration in den Penguin Books erschienene Werk beruht auf den 2012 von BBC Radio 4 ausgestrahlten Reith Lectures. Es gliedert sich nach einer kurzen Einleitung, in der die Gründe dafür dargelegt werden, warum Institutionen scheitern, in vier Kapitel über den menschlichen Bienenstock (Englands), die darwinistische Wirtschaft, die Landschaft des Rechtes (im viktorianischen England), an deren Ende die Herrschaft der Rechtsanwälte steht, und zivile und unzivile Gesellschaften. Am Ende erklärt er das geringere Wachstum des Westens aus den demokratis |
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Orte der Stadt im Wandel vom Mittelalter zur Gegenwart - Treffpunkte, Verkehr und Fürsorge, hg. v. Morscher, Lukas/Scheutz, Martin/Schuster, Walter (= Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 24). StudienVerlag, Innsbruck 2013. 512 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Orte der Stadt im Wandel vom Mittelalter zur Gegenwart - Treffpunkte, Verkehr und Fürsorge, hg. v. Morscher, Lukas/Scheutz, Martin/Schuster, Walter (= Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 24). StudienVerlag, Innsbruck 2013. 512 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die bereits im Altertum entstandene Stadt ist vor allem durch die Verdichtung gekennzeichnet. Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen kommen die Menschen an einzelnen Orten zusammen und sichern diesen Platz im Inneren durch gegenseitigen Austausch und nach außen durch die Befestigung so vorteilhaft ab, dass immer mehr Menschen an diesen Vorzügen Teil haben wollen. Und selbst innerhalb dieses Bereiches finden im Laufe der Zeit einzelne Gegebenheiten nochmals zusätzliche Aufmerksamkeit.
Mit dieser Thematik befasste sich im Rahmen des österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung ein vom 19.-21. September 2012 im Rathaus der Stadt Innsbruck abgehaltene Tagung. Ihre insgesamt 18 Referate stellt der umfangreiche, mit einigen Abbildungen ausgestattete Band der Allgemeinheit zeitnah zur Verfügung. Gegliedert ist er nach einer sachkundigen Einführung der Herausgeber über den Ort in der Stadtgeschichte am Beispiel von Vergesellschaftung, Verkehr und Versorgung in drei Teile über Treffpunkte der Stadt, Verkehr und Fürsorge.
Als Treffpunkte werden dabei vorgestellt Märkte, Tore, Wirtshäuser, Kaffeehäuser (Wien), Museen, Kinos, Stadien, Wohnsiedlung (für Südtiroler) und Stadthallen. Für den Verkehr werden Fluss, Bahnhof, Flughafen und Untergrundbahn besonders bestrachtet. Im Bereich der Fürsorge behandelt der interessante, leider eines Registers entbehrende Band Spital, Hospital und Krankenhaus.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Gott will Taten sehen. Christlicher Widerstand gegen Hitler. Ein Lesebuch, ausgewählt, eingeleitet und kommentiert v. Käßmann, Margot/Silomon, Anke. Beck, München 2013. 479 S., 48 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gott will Taten sehen. Christlicher Widerstand gegen Hitler. Ein Lesebuch, ausgewählt, eingeleitet und kommentiert v. Käßmann, Margot/Silomon, Anke. Beck, München 2013. 479 S., 48 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Jesus Christus hat sich während seines kurzen Lebens für die von ihm bejahten Werte und gegen von ihm abgelehnte Unwerte eingesetzt und dabei seine Überzeugung, Gottes Sohn zu sein und Gott mehr zu schulden als den irdischen Einrichtungen der Menschen, mit dem Leben gebüßt. Seine von ihm und seinen Jüngern im Laufe der Geschichte überzeugten Anhänger wurden anfangs zwar ebenfalls von den Mächtigen bekämpft und verfolgt, gewannen aber noch im Altertum eine führende Stellung in wichtigen Teilen der abendländischen Gesellschaft. Von daher erhob sich vielfach die Frage der Beziehungen zwischen Christentum und Staat, in deren Rahmen die Kirche meist zur Wahrung ihres Einflusses zahlreiche Kompromisse einging.
Von besonderer Bedeutung wurde diese Problematik, als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler des Deutschen Reiches ernannt wurde. Seine Ideologie des Nationalsozialismus beließ zwar der Kirche einen gewissen hergebrachten Raum, verletzte aber deren eigentliche Ziele in vielfältiger Hinsicht. Deswegen ist christlicher Widerstand gegen Hitler auch noch in der Gegenwart eine interessante Thematik, der sich die engagierten Herausgeberinnen in der Form eines grundsätzlich neutralen Lesebuchs aus nähern.
Nach einer Einleitung der in Marburg 1958 geborenen, nach dem Studium der Theologie 1999 zur Landesbischöfin der evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers und 2009 zur Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche in Deutschland aufgestiegenen, 2010 nach der polizeilich festgestellten Straftat einer Autofahrt unter erheblichem Alkoholeinfluss zurückgetretenen und 2012 zur Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 bestellten Herausgeberin, werden mehr als 50 Zeugnisse mit Kommentierungen an bekannter Stell |
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Dornik, Wolfram, Des Kaisers Falke. Wirken und Nach-Wirken von Franz Conrad von Hötzendorf, mit einer Nachbetrachtung von Moritz, Verena/Leidinger, Hannes (= Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung 25 = Schriften aus dem Museum im Tabor Feldbach 12). StudienVerlag, Innbruck 2013. 279 S., 37 Abb., 4 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Dornik, Wolfram, Des Kaisers Falke. Wirken und Nach-Wirken von Franz Conrad von Hötzendorf, mit einer Nachbetrachtung von Moritz, Verena/Leidinger, Hannes (= Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung 25 = Schriften aus dem Museum im Tabor Feldbach 12). StudienVerlag, Innbruck 2013. 279 S., 37 Abb., 4 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
Feldmarschall Franz Conrad von Hötzendorf (1852 – 1925) führte als Chef des Generalstabes von 1906 bis 1911 und von 1912 bis 1917 die Streitmacht Österreich-Ungarns in den und im Ersten Weltkrieg. Durch seine lange Amtszeit hatte er „in einer sehr kritischen Phase der Habsburgermonarchie […] zumindest indirekt entscheidenden Einfluss“, war aber zugleich „Teil eines komplexen Systems, in dem der Einzelne oft nicht die gewünschte Handlungsmacht hatte“. Wolfram Dorniks Biographie sucht deshalb nach Antworten auf die folgenden Fragen: „Welche Rolle nahm Franz Conrad von Hötzendorf in diesem Großen und Ganzen ein? Wer war er? Ein genialer Stratege? Ein wirklichkeitsferner Kriegstreiber? Ein Rassist, Sozialdarwinist und Antisemit? War er Getriebener eines Systems, und wie weit ging seine Handlungsfreiheit? Wie groß war sein Anteil an der Herbeiführung des Ersten Weltkrieges? Sind ihm Fehler in der Armeeführung zuzuschreiben? Ist er für Kriegsverbrechen verantwortlich zu machen? Wie sah sein Weltbild, wie sein privates Umfeld aus? Wodurch wurde er und wen hatte er selbst beeinflusst? Welches Bild wollte er von sich selbst für die Nachwelt gesichert sehen? Und von wem wurde er zeitlebens und nach seinem Tod instrumentalisiert?“ (S. 12f.). Zu diesem Zweck beschäftigt sich der Verfasser zunächst mit der Prägung Conrads durch dessen familiären Hintergrund und den allgemeinen Geist der Zeit und folgt danach dessen Spuren im Militär bis zur Berufung zum Generalstabschef, jene Funktion, die ihn in die Geschichte eingehen ließ und die folgerichtig im Schwergewicht der vorliegenden Lebe |
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Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas, Dr. Oetker und der Nationalsozialismus - Geschichte eines Familienunternehmens. Beck, München 2013. 620 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas, Dr. Oetker und der Nationalsozialismus - Geschichte eines Familienunternehmens. Beck, München 2013. 620 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Macht eröffnet Möglichkeiten, weiß der Mensch von seinen Anfängen an, und die Nähe zur Macht lässt daran Teil haben. Wer Puddingpulver für die Wehrmacht verkaufen kann, hat eine hohe Abnehmerzahl. Deswegen war brauner Pudding naheliegenderweise auch in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft interessant.
In Bielefeld übernahm im Januar 1891 der am 6. Januar 1862 als Sohn des Bäckers August Adolph Oetker in Obernkirchen geborene, nach der Lehre als Apotheker in Stadthagen und dem Studium der Naturwissenschaft zunächst in Berlin nicht unmittelbar erfolgreiche August Oetker eine der vier Apotheken der Stadt mit Laboratorium und vertrieb nach Gesundheitskakao, Fußcreme und Warzentinktur noch im gleichen Jahr ein Sauerteig und Hefe ersetzendes, aus konkurrierenden Versuchen in England, Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Eben Norton Horsford) entstandenes Backpulver (Backin) in kleinen Tüten für 10 Pfennige für ein Pfund Mehl unter Verwendung seines Titels als Doktor und warb dafür, weil die Welt, wenn man es ihr nicht anzeigt, dass man etwas Gutes tut, dies auch nicht wissen kann, so erfolgreich, dass er 1906 bereits 50 Millionen Päckchen verkaufen konnte (2012 Jahresumsatz der Unternehmensgruppe 11 Milliarden Euro). Da sein Sohn Rudolf bei Verdun am 18. März 1916 fiel, heiratete dessen als Bankkaufmann und Jurist ausgebildeter Freund Richard Kaselowsky (*Bielefeld 14. August 1888) 1919 die junge Witwe und führte seit 1921 treuhänderisch für den in Bielefeld am 20. September 1916 geborenen Sohn Rudolf-August Oetker das Unternehmen bis zu seinem Tod infolge eines Luftangriffs in Bielefeld am 30. September 1944. Die Verbindungen Kaselowskys und Oetkers zum Nationalsozialismus waren lange nicht genau bekannt.
Nach dem Tode |
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Bild und Konfession im östlichen Mitteleuropa, hg. v. Deiters, Maria/Wetter, Evelin (= Studia Jagellonica Lipsiensia 11). Thorbecke, Ostfildern 2013. 438 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bild und Konfession im östlichen Mitteleuropa, hg. v. Deiters, Maria/Wetter, Evelin (= Studia Jagellonica Lipsiensia 11). Thorbecke, Ostfildern 2013. 438 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Konfessionelle Pluralität ist nach dem kurzen Vorwort Winfried Eberhards für die Länder des östlichen Mitteleuropa ein besonderes Strukturelement, aus dem auch Lösungsmodelle friedlicher Koexistenz entstanden sind. Deshalb hat das Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig seit 2001 zur Problematik der Konfessionalisierung und zwecks Überprüfung der Anwendbarkeit der entsprechenden Konzeption auf Ostmitteleuropa mehrere vergleichende Forschungsprojekte durchgeführt. Bild und Raumgestaltung als Elemente der konfessionellem Identitätsbildung waren dabei allenfalls am Rande gestreift worden, so dass drei Mitarbeiterinnen der Kunstgeschichte des Zentrums unter Leitung Evelin Wetters 2005 die dadurch entstandene Lücke zu schließen versuchen.
Das reiche Ergebnis dieser entschiedenen Bemühungen stellt der vorliegende Sammelband der Allgemeinheit in beeindruckender Ausgestaltung zur Verfügung. Gegliedert wird dabei nach einer Einleitung in insgesamt vier Abschnitte. Jan Harasimowicz untersucht visuelle Strategien im multikonfessionellem Breslau, Aleksandra Lipińska Grabdenkmäler des großpolnischen Adels und hohen Klerus im Spannungsfeld von ständischer Repräsentation und konfessionellem Eths (Górka-Kapelle im Dom zu Posen, Grabkapelle des Bischofs Adam Konarski), Marcin Wisłocki Retabelstiftungen der Herzöge von Pommern und Maria Deiters die Familie in der Bibel am Beispiel der Bibel der Nürnberger Patrizierfamilie Pfinzing.
Ausgangspunkt der Überlegungen war dabei die Ansicht, dass Bilder die Schaffung konfessioneller Identitäten nicht nur widerspiegeln, sondern den Ablauf auch mitgeprägt haben. Nach den übereinstimmenden Befunden der Bearbeiter war in den betrachteten Jahrhun |
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Das Manifest der Toleranz. Sebastian Castellio, Über Ketzer und ob man sie verfolgen soll - De haereticis an sint persequendi, aus dem Lateinischen v. Stingl, Werner, hg. v. Stammler, Wolfgang F. (= Bibliothek historischer Denkwürdigkeiten). Alcorde Verlag, Essen 2013. 439 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Manifest der Toleranz. Sebastian Castellio, Über Ketzer und ob man sie verfolgen soll - De haereticis an sint persequendi, aus dem Lateinischen v. Stingl, Werner, hg. v. Stammler, Wolfgang F. (= Bibliothek historischer Denkwürdigkeiten). Alcorde Verlag, Essen 2013. 439 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die tolerantia als Ertragung, Erduldung oder Geduld ist bereits dem klassischen Latein gut bekannt und deshalb etwa bei Cicero, Quintilian und Seneca in Gebrauch. Auf die unterschiedlichen Religionen im römischen Weltreich angewendet bedeutet das in Nikomedia herausgegebene Toleranzedikt des Kaisers Galerius vom Frühjahr 311 das Ende der insbesondere von Diokletian 303 eingeleiteten Christenverfolgung. Nach ihrem Sieg folgten die Christen freilich nicht allgemein diesem für sie günstigen Grundsatz, sondern griffen ihrerseits Andersdenkende vor allem seit dem Hochmittelalter entschieden und nachhaltig an.
Von großer praktischer Bedeutung wurde dies mit den Reformationen am Beginn der frühen Neuzeit. Von daher ist es nur folgerichtig, dass sich in dieser Zeit nachhaltig Stimmen erheben zu Gunsten der Toleranz und gegen die Verfolgung andersdenkender Mitmenschen. Zu ihnen gehört an hervorragender Stelle der in Saint-Martin-du-Frêne 1515 geborene Sebastian Castellio, der in einem Konflikt mit dem ihn 1541 zum Rektor der Lateinschule in Genf bestellenden Reformator Calvin (Cauvin), der in der reformierten Stadt am 27. Oktober 1553 erstmals die Verbrennung eines „Ketzers“ (Miguel Servet) bei lebendigem Leib veranlasste, 1554 eine Schrift über die Frage, ob man Ketzer verfolgen solle, vorlegte.
Der Herausgeber greift im vorbildlichen Einsatz für die Gedankenfreiheit diese gewichtige Kontroverse auf und führt umsichtig in die erste deutsche Übersetzung des wichtigen Werkes ein. Danach kommen etwa Stefan Zweig, der Sebastian Castellio als neu entdeckten Helden bezeichnete, Castellio, Martin Luther, Johannes Brenz, Erasmus, Sebasti |
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Widerstand und Auswärtiges Amt. Diplomaten gegen Hitler, hg. v. Schulte, Jan-Erik/Wala, Michael. Siedler, München 2013. 352 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Widerstand und Auswärtiges Amt. Diplomaten gegen Hitler, hg. v. Schulte, Jan-Erik/Wala, Michael. Siedler, München 2013. 352 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im utopischen Idealfall besteht eine Gesellschaft aus edlen Helden, die uneigennützig das Gesamtwohl verfolgen und sich durch nichts von diesem Ziel abbringen lassen. In der praktischen Wirklichkeit herrscht eine undurchschaubare Gemengelage eigennütziger, mit Hilfe möglichst vieler Netzwerke verfolgter Interessen, deren Träger öffentlich zwar vielfach die Verfolgung des Gemeinwohls behaupten, tatsächlich aber mindestens ebenso oft skrupellos hintertreiben. Dem vorliegenden Sammelwerk geht es in diesem Zusammenhang um die Einordnung des Verhaltens von Angehörigen des Außenministeriums des Deutschen Reiches in der nationalsozialistisch beherrschten Zeit Adolf Hitlers.
Die mit dieser wichtigen Forschungsaufgabe betrauten 1966 bzw. 1954 geborenen, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der Universität Dresden bzw. als Professor für die Geschichte Nordamerikas in Bochum tätigen Herausgeber sind durch Arbeiten zur Geschichte des Nationalsozialismus bzw. zur Geschichte der internationalen Beziehungen sachkundig ausgewiesen. Sie beginnen das vorliegende Werk mit der Feststellung, dass es zu den Gründungsmythen der Bundesrepublik Deutschland gehöre, dass es im Auswärtigen Amt einen breit angelegten Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime gegeben habe. Zur Überprüfung dieser Ansicht haben sie insgesamt sechzehn Beiträge (Günter Brakelmann, Christopher R. Browning, Eckart Conze, Lucas Delattre, Reinhard R. Doerries, Michael Jonas, Martin Kröger, Benigna von Krusenstjern, Karsten Linne, Lars Lüdicke, Hans Mommsen, Anne Nelson, Francis R. Nicosia, Dirk Pöppmann, Jan Erik Schulte, Johannes Tuchel und Michael Wala) zu einem (zweiten) Band versammelt. In ihnen werden nach einer Übersicht über außenpolitische Konzepte und Initiati |
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Schneider, Michael C., Wissensproduktion im Staat. Das königlich preußische statistische Bureau 1860-1914. Campus, Frankfurt am Main. 2013. 467 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schneider, Michael C., Wissensproduktion im Staat. Das königlich preußische statistische Bureau 1860-1914. Campus, Frankfurt am Main. 2013. 467 S.
Statistik ist die zahlenmäßige Erfassung häufiger oder massenhafter Gegebenheiten infolge bewusster Entscheidung bzw. die Lehre vom Umgang mit Daten. Sie löst die ältere Einzelerfahrung ab und will eine systematische Verbindung zwischen Erfahrung und Theorie herstellen. In wissenschaftlicher Weise erfolgt sie seit dem 19. Jahrhundert, als staatliches Interesse und tatsächliche Möglichkeiten dazu zueinander gefunden hatten.
Mit derGeschichte der Statistik in Preußen befasst sich die von Robert W. Lee und Jörg Vögele 2003 im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1106 der Deutschen Forschungsgemeinschaft über Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts Bevölkerung vor, im und nach dem Dritten Reich initiierte, im Sommersemester 2011 vom Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommene, drei Tabellen ausweisende, für den Druck geringfügig überarbeitete Fassung der Habilitationsschrift des Autors. Sie gliedert sich außer in Einleitung über Thema, Fragestellung, Forschungsstand und Quellen sowie Zusammenfassung und Anhang in drei Abschnitte. Sie betreffen erstens Organisation und Konzeption der preußischen amtlichen Statistik, zweitens die Volkszählung als Grundlegung des methodischen Paradigmas des preußischen statistischen Büros und drittens als Themenfelder der amtlichen Bevölkerungsstatistik die Statistik der Konfession, der Sprache und Nationalität sowie der Berufe (vor 1870/1882, 1882, 1895, 1907).
Im Ergebnis bestätigt der Verfasser auf der Grundlage auch ungedruckter Quellen des Bundesarchivs Berlin-Lichterfelde, des geheimen Staatsarchivs preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem, des Archivs der Humboldt-Universität zu Berlin, des hessischen Staatsarchivs Darmstadt, des Generallandesarchivs Karlsruhe und des sächsischen Hauptstaatsar |
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Schneider-Ferber, Karin, Karl der Große. Der mächtigste Herrscher des Mittelalters. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 192 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schneider-Ferber, Karin, Karl der Große. Der mächtigste Herrscher des Mittelalters. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 192 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Karl der Große wurde in Westfranken vielleicht am 2. 4. 748 in der Familie der früheren fränkischen Hausmeier der Pippiniden geboren, vollbrachte Großes und starb in Aachen am 28. 1. 814. Sein Tod jährt sich also demnächst zum 1200. Mal. Das legt es nahe, dieses großen Europäers in geeigneter Form zu gedenken.
Die Verfasserin des vorliegenden, angemessen oder würdig ausgestatteten Werkes wird auf dem Umschlag als Historikerin, freie Journalistin und erfolgreiche Sachbuchautorin vorgestellt. Mit ihrem Namen verbunden finden sich seit 2009 verschiedene Werke von Napoleon Bonaparte über 10 oder auch 20 populäre Irrtümer über das Mittelalter (Alles Mythos), die Demütigung Heinrichs in Canossa oder Ereignisse und Schauplätze, die Schlagzeilen machten. In diesem Rahmen wird also ein breiteres Lesepublikum angesprochen.
Mit einem Prolog über den letzten Winter, als Väterchen Frost Einzug gehalten hatte in der Eifel, beginnt die Verfasserin ihr buntes Bild des karolingischen Kaisers. Danach geht sie vom Erbe der Väter in einer ehrgeizigen Familie von Emporkömmlingen aus, in der erst ein Bruderzwist ausgefochten werden muss, bis Karl als Kriegsherr in Blut und Tränen sich gegen Langobarden, Sachsen und Awaren durchsetzen kann, daraufhin als Lohn der Mühen die Kaiserkrone erhält und sich als Familienvater und Landesherr (!) als Patriarch erweisen kann. Ein Literaturverzeichnis, sechs Bände verwendeter Quellen, Register von Abd al-Rahman bis Zacharias, von Aachen bis York sowie von Abbasiden bis Zehnt runden das leserfreundlich abgefasste Werk ab, zahlreiche farbige Abbildungen veranschaulichen den Text, so dass der Leser in unterhaltsamer Form einen ansprechenden Eindruck von einem großen Herrscher gewinnen kann, der Krieg und Kultur in seiner Person |
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Neutatz, Dietmar, Träume und Alpträume. Eine Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert. Beck, München 2013. 688 S., Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neutatz, Dietmar, Träume und Alpträume. Eine Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert. Beck, München 2013. 688 S., Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Bad Homburg 1964 geborene, in Maria Enzersdorf, Mödling und Salzburg geschulte, nach dem Studium der Geschichte und Slawistik in Salzburg 1990 bei Friedrich Gottas mit der Dissertation Die deutsche Frage im Schwarzmeergebiet und in Wolhynien - Politik, Wirtschaft, Mentalitäten und Alltag im Spannungsfeld von Nationalismus und Modernisierung (1856-1914) promovierte, in Düsseldorf als wissenschaftlicher Assistent 1999 in osteuropäischer Geschichte mit einer Schrift über die Moskauer Metro (1897-1935) habilitierte und 2003 für neuere und osteuropäische Geschichte nach Freiburg im Breisgau berufene Verfasser beginnt seine kurze Einleitung mit einem Zitat, das auf den ersten Blick suggeriert, dass der Historiker vor Russland resignieren müsste, weil es mit dem Verstand nicht zu begreifen und mit allgemeinen Maßstäben nicht zu messen sei, so dass man an es nur glauben könne. Er vermeidet jedoch die damit verbundene Problematik, indem er das Wesen oder die Seele Russlands übergeht und festhält, dass sein Anliegen bescheidender (!) ist. Sein neues gewichtiges Werk möchte verstehen und einordnen helfen, was sich im vergangenen Jahrhundert in Russland ereignet und welche Entwicklungen dieses Land durchlaufen hat.
Dazu gliedert er sein in der Ruhe des niederösterreichischen Waldviertels im Sommer 2011 in fünf Wochen im Rohentwurf des Manuskripts erarbeitetes Werk in fünf Teile. Im ersten Teil ist Russland um 1900 unterwegs in die Moderne (1890-1917), im zweiten Teil über Utopie und Kompromisse (1917-1928) wird für die Sowjetunion um 1926 Bilanz gezogen, der dritte Teil über den Kriegszustand zwischen 1928 und 1953 folgt dem für die Sowjetunion um 1942, der vierte Teil über die Konkurrenz mit dem Westen (1953-1982) für die Sowjetunion um 1966, während der fünfte Teil über Scheitern und Neu |
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Davies, Norman, Verschwundene Reiche. Die Geschichte des vergessenen Europa. Aus dem Englischen übers. v. Schuler, Karin/Juraschitz, Norbert/Freundl, Hans/Dierlamm, Helmut/Grasmück, Oliver. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 926 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Davies, Norman, Verschwundene Reiche. Die Geschichte des vergessenen Europa. Aus dem Englischen übers. v. Schuler, Karin/Juraschitz, Norbert/Freundl, Hans/Dierlamm, Helmut/Grasmück, Oliver. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 926 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Aufgabe der Geschichte ist es, der jeweiligen Gegenwart das Verständnis ihrer jeweiligen Vergangenheit trotz des Ablaufs von Zeit zu ermöglichen und zu sichern. Deswegen sind verschwundene Reiche ein selbverständlicher Gegenstand der Darstellung und kaum ein verschwundenes Reich hätte darin einen würdigeren Platz als das Reich der Römer. Weil über das imperium Romanum aber bereits viel bekannt ist und ständig der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, grenzt der Verfasser sein gewichtiges Werk auf das vergessene Europa im Gegensatz zu dem allgemein bekannten Europa sowie auf Mittelalter und Neuzeit ein.
Als inzwischen emeritierter Professor für Geschichte an Universitäten in London, Harvard, Stanford und New York ist er bereits durch verschiedene umfangreiche Darstellungen allgemein bekannt geworden. Dazu zählen etwa die Geschichte Polens im Herzen Europas (2000) oder die große Katastrophe des Krieges zwischen 1939 und 1945 (2009). Das vorliegende Werk schließt eine bisherige Lücke, indem es 15 als solche bekannte geschichtliche Reiche des Mittelalters und der Neuzeit zu einer neuen Einheit der Vergessenheit zusammenführt, in der die Sowjetunion Europa zugeordnet wird.
Nach einer sachkundigen Einleitung beginnt der Verfasser mit dem tolosanischen Reich als dem Zwischenhalt der Westgoten zwischen 408 und 507 n. Chr. und schließt daran das Königreich Strathclyde (Alt-Clud, 5.-12. Jh.), fünf, sechs oder sieben Königreiche Burgund (um 411-1795), Aragón (1137-1714), Litauen (1253-1795), Byzanz (330-1453), Borussia der Prußen (1230-1945), Savoyen (1033-1946), Galizien - das Königreich der Nackten und der Hungernden (1773-1918), |
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Lidegaard, Bo, Die Ausnahme - Oktober 1943 - Wie die dänischen Juden mithilfe ihrer Mitbürger der Vernichtung entkamen. Blessing, München 2013. 591 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Braunau am Inn am 20. April 1989 in einfachen Verhältnissen geborene Adolf Hitler entwickelte auf Grund seiner beschränkten Erfahrungen und im Blick auf Ruhm als Größter aller Zeiten in letztlich unbekannter Weise ein Weltbild, in dem eine missliebige Bevölkerungsgruppe zu Gunsten des eigenen Volkes bekämpft werden durfte und musste. Wegen seiner Erfolge bei Reichstagwahlen am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler des Deutschen Reiches bestellt, konnte er seine menschenrechtsfeindlichen Zielsetzungen teils öffentlich, teils verborgen verwirklichen. Mit Dänemark, das nach Ansicht des Verfassers unter allen deutschen Nachbarn der Staat gewesen sein dürfte, der den Nationalsozialismus am stärksten ablehnte und in dem totalitäre Bewegungen jeglicher Art die wenigsten Anhänger fanden, vereinbarte er einen am 31. Mai 1939 unterzeichneten deutsch-dänischen Nichtangriffspakt, besetzte das Land aber dessenungeachtet am 9. April 1940 wunschgemäß in einer friedlichen Okkupation.
Damit gerieten die Juden in Dänemark in unmittelbare Gefahr. Diese verdichtete sich, als nicht zuletzt mittels der zweistündigen Wannseekonferenz vom 20. 1. 1942 unter der Leitung Reinhard Heydrichs die Vernichtung des europäischen Judentums in Gang gesetzt und in wenigen Jahren weitgehend verwirklicht wurde. Ausgenommen wurden, wie der in Nuuk/Grönland 1958 geborene, nach dem Studium der Geschichte 1984 in den auswärtigen Dienst Dänemarks aufgenommene, 1997 in Kopenhagen mit einer Dissertation über den dänischen Diplomaten Henrik Kauffmann (1919-1958) promovierte, am 26. April 2011 auf den Posten des Chefredakteurs der Tageszeitung Politiken wechselnde Verfasser in seinem zur 70. Wiederkehr dramatischer Ereignisse des Oktobers 1943 geschriebenen Werk eindringlich darlegen kann, dänisch |
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Mauss, Susanne, Nicht zugelassen. Die jüdischen Rechtsanwälte im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1933-1945. Klartext, Essen 2013. 593 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Mit dem vorliegenden Werk dokumentiert die Historikerin Susanne Mauss, die u. a. den Regionalteil der Ausstellung „Anwalt ohne Recht“ für den Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf im Mai 2011 zusammengestellt hat, das Schicksal von 199 Juristen aus dem OLG-Bezirk Düsseldorf während der nationalsozialistisch beherrschten Zeit (von 156 im OLG-Bezirk Düsseldorf zugelassenen Anwälten [davon zwei Rechtsanwältinnen], von sieben in anderen Berufen tätigen ehemaligen Rechtsanwälten, von 30 ausgewählten Referendaren, vier Gerichtsassessoren und zwei Jurastudenten, deren Lebenslauf „exemplarisch in die Zeit der nationalsozialistischen Rassenpolitik in der Justiz verdeutlicht“, S. 11). Der Anteil der jüdischen Rechtsanwälte belief sich auf 18% aller im OLG zugelassenen Anwälte. 45 Rechtsanwälte sind als „Opfer der Anfang 1942 geplanten sog. Endlösung“ anzusehen (S. 12). Nach Wiedergabe der für den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft maßgebenden Gesetzestexte geht Mauss auf den OLG-Bezirk Düsseldorf mit seinen sechs Landgerichten (Düsseldorf, Duisburg, Kleve, Krefeld, Mönchengladbach und Wuppertal) ein (S. 15-49). Ende 1933 war noch die knappe Hälfte der jüdischen Rechtsanwälte des Düsseldorfer OLG-Bezirks zur Anwaltschaft zugelassen (S. 24), die spätestens aufgrund der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27. 9. 1938 bis Ende November 1938 aus der Rechtsanwaltschaft entlassen wurden (S. 16, 32ff.). Einige von ihnen waren anschließend noch als sog. Rechtskonsulenten tätig.
Im biographischen Teil (S. 51-545) gewähren zahlreiche im Original wiedergegebene Dokumente einen detaillierten Einblick in die Verfolgung der jüdischen Rechtsanwälte. Auszüge aus den Entnazifizierungsverfahren belegen die oft sehr restriktive Handhabung der Restitutions- und Schadensersatzpra |
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Berg, Tatjana, Die Entwicklung des Sorgerechts der Mütter nichtehelicher Kinder in Deutschland vom Inkrafttreten des BGB bis heute (= Beiträge des Fachbereichs 4 2012, 2 Studienarbeit). Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin 2012. XIII, 69 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Ziel der Arbeit Tatjana Bergs ist es aufzuzeigen, „was sich in mehr als einem Jahrhundert hinsichtlich der elterlichen Gewalt/des Sorgerechts der Mütter der unehelichen bzw. nichtehelichen Kinder geändert hat“ (S. 1). Obwohl mehrere Quelleneditionen und Darstellungen zur Geschichte des Nichtehelichenrechts bereits vorliegen, stellt Berg mit der Konzentrierung der Darstellung auf das Sorgerecht nichtehelicher Mütter einige bisher wenig oder nicht beachtete Aspekte der aufgezeigten Thematik heraus. Berücksichtigt werden das Nichtehelichenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1900, die Reformentwürfe der Weimarer Zeit und der nationalsozialistisch beherrschten Zeit, die kleine Reform von 1961, das Nichtehelichengesetz von 1969 und die weitere Entwicklung. S. 8 weist Berg darauf hin, dass nach dem BGB a. F. die Möglichkeit bestand, der nichtehelichen Mutter die Vormundschaft zu übertragen (S. 8f., § 1778 Abs. 3 BGB a. F.). Auch die Adoption des nichtehelichen Kindes durch seine Mutter war möglich (S. 10f.). Schon der Nichtehelichenentwurf Radbruchs von 1922 sah vor, dass der nichtehelichen Mutter auf ihren Antrag die elterliche Gewalt über ihr Kind sollte verliehen werden können (gleichzeitige Verleihung an beide Eltern sollte möglich sein; S. 12). Nach dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung von 1921 stand der Mutter das Recht auf religiöse Erziehung ihres nichtehelichen Kindes zu (S. 13).
Für die NS-Zeit war maßgebend der Nichtehelichengesetz-Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1940, nach dem die nichteheliche Mutter ebenfalls das Recht haben sollte, die Verleihung der elterlichen Gewalt zu beantragen (S. 16), eine Regelung, die erst durch das |
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Raim, Edith, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie. Wiederaufbau und Ahndung von NS-Verbrechen in Westdeutschland 1945-1949 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 96). Oldenbourg, München 2013. 1237 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die vorliegende Untersuchung stützt sich zu wesentlichen Teilen auf das Datenprojekt des Instituts für Zeitgeschichte zu den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen (NSG; S. XI, XIII) und auf die bisher kaum herangezogene Gegenüberlieferung der westlichen Alliierten, die sich in deren Archiven befindet. Wie Raim zu Recht feststellt, fehlte bislang eine „quellengestützte Gesamtschau über den Wiederaufbau der Justiz in den Westzonen“ (S. 6) und über die Verfolgung von NS-Verbrechen durch deutsche Gerichte zwischen 1946 und 1949. Nur eine solche Gesamtschau kann vermitteln, dass die Verfolgung von NS-Verbrechen auf deutscher Seite, die bis heute noch nicht vollständig abgeschlossen ist, in der Besatzungszeit ihren absoluten Höhepunkt erreichte (S. 656f.; über 13.000 Ermittlungsverfahren und Strafprozesse); 70% aller Verurteilungen wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in Westdeutschland erfolgten während der Besatzungszeit (S. 16). Ferner hat die seit 1950 wieder auf einheitlicher Grundlage arbeitende Justiz in den westlichen Bundesländern ihre Grundlage in der Besatzungszeit. Mit Recht hat Raim die „Rekonstruktion der Justizverwaltung und die westdeutsche Ahndung der NS-Verbrechen“ miteinander verbunden: „Die Verfolgung der NS-Verbrechen war ein Gradmesser für das Funktionieren der wieder aufgebauten Justiz und ein wichtiger Indikator für die Transformation des Unrechtsstaats zum Rechtsstaat, umgekehrt wird man deutsche Ermittlungen und Urteile aus der Besatzungszeit nicht würdigen können, ohne nicht wenigstens einige Kenntnisse über die Schwierigkeiten und den zeitlichen Verlauf des Justizaufbaus zu haben“ (S. 16). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Darstellung der Landesjustizministerie |
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Der Knochen-Code. Skelette als Schlüssel zur Geschichte, hg. v. Hahn, Paul, aus dem Englischen übersetzt v. Wigg-Wolf, Sabine. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 222 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das in die Zeit eingebundene Universum besteht im Werden und Vergehen und nur mit Mühe kann die Gegenwart ihre Vergangenheit erkennen. Gleichwohl hat auch in dieser Zeit die Wissenschaft eigentlich für unmöglich gehaltene Fortschritte gemacht und kann sowohl für die Weite wie auch die Nähe neue Erkenntnisse zur Verfügung stellen. Da die Knochen diejenigen Teile tierischer Lebewesen sind, die dem Vergehen den anhaltendsten Widerstand zu bieten vermögen, können Skelette auf Grund immer besserer Forschungsmethoden ständig reichere Aufschlüsse über die Frühgeschichte liefern.
Das vorliegende Werk, das mit dem Spruch auf sich aufmerksam macht, zeige mir deine Knochen und ich sage dir, wer du warst, ist von Paul G. Bahn herausgegeben, der sein Studium der Archäologie in Cambridge 1979 mit einer Dissertation über die Vorgeschichte der französischen Pyrenäen abschloss. Seitdem arbeitete er vor allem als freier Publizist und befasste sich mit alten Orten ebenso wie mit Bildern der Eiszeit. Das vorliegende Werk stellt die anschaulichsten Beispiele dafür zusammen, wie sich aus erhaltenen Knochen Aussagen über den Menschen von seinen ersten Anfängen in Afrika bis zu Napoleons Zug gegen Russland im Winter 19812/1813 gewinnen lassen.
Gegliedert ist der reich bebilderte interessante Band in fünf Kapitel. Sie betreffen die Lebensweise, den natürlichen Tod, Mord und Totschlag, Bestattungen und Mumien und Mumifizierung. Insgesamt 20Autoren lassen dabei den Leser an Hand geschickt ausgewählter Beispiele an der Entwicklung des Wissens über die menschliche Vergangenheit vom achondroplastischen Zwergenwuchs bis zu Zwergen insgesamt so intensiv Teil haben, dass er am Ende die Frage, wer - oder was - tötete Tutanchamun, vielleicht sogar selbst beantwo |
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Denkmäler des Amberger Stadtrechts, Band 3 Privatrechtsurkunden von 1311 bis 1389, bearb. v. Laschinger, Johannes (= Bayerische Rechtsquellen 3, 3). Beck/Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 2012. VIII, 65*, 549 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Amberg an der Vils wird als Ammenberg in einer Gabe Konrads II. an das Hochstift Bamberg erstmals erwähnt und kam - inzwischen Stadt geworden - 1269 an die Wittelsbacher, die von dort aus nach 1329 die obere Pfalz beherrschten. Aus den reichen Beständen des Archivs der innerhalb Bayerns gegenüber Nürnberg wie Regensburg in den Hintergrund getretenen Stadt hat der Herausgeber seit 1994ff. bereits in zwei Bänden die wichtigsten Dokumente des Privilegienrechts und des Satzungsrechts von 1034 bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts textkritisch ediert und erschlossen. Weitere Urkunden und Handschriften zwischen 1311 und 1389 stellt der vorliegende dritte Band der Öffentlichkeit zur Verfügung.
In dieses wertvolle Werk führt der Verfasser mit einer ausführlichen Einleitung ein. Darin behandelt er die 68 Urkunden dieser Zeit und die 1404 Nummern des ältesten Kopialbuchs des Amberger Stadtgerichts von 1379 bis 1389. Die Privatrechtsfälle des mit Stadtrichter, Schöffen und Gerichtsschreiber besetzten Gerichts betreffen vor allem Grundstückskauf, Kauf auf Zeit, Grundstückstausch, Grundstücksgabe, Nachbarrecht, Erbleihe, Ewiggeld, Pfandleihe, Darlehen, Pfand, Einlager, Schadennehmen und Bürgschaft, die den Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten bilden.
Die an die Einführung angeschlossene Edition gibt die Texte teils vollständig, teils in Regestenform wieder. Sie beginnt damit, dass Konrad von Adertshausen und seine Frau am 25. Mai 1311 ihren Hof zu Wingershof der Kirche schenken (gegeben haben durch unserre sel willen) und endet mit einem Verkauf von Äckern einer Bürgerin auch im Namen ihres Mannes am 7. September 1389. Umfangreiche Register schließen den vielfältigen Inhalt nach Perso |
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Heinrich Himmlers Taschenkalender 1940. Kommentierte Edition, hg. v. Moors, Markus/Pfeiffer, Moritz (= Kreismuseum Wewelsburg - Schriftenreihe des Kreismuseums Wewelsburg Band 9). Schöningh, Paderborn 2013. 510 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Welch weltbewegende Neuigkeiten, so wird man fragen dürfen, sind von einem schmalen Notizbüchlein zu erwarten, das, beschränkt auf ein einzelnes Jahr, in Stichwortform wenige dürre Angaben fast ausschließlich zu Aufenthaltsorten und - zumeist privaten - Personenkontakten festhält? Wohl keine, würde man vermuten, stammten diese Aufzeichnungen nicht aus der Hand Heinrich Himmlers, der nach Adolf Hitler wohl einflussreichsten Persönlichkeit des Dritten Reiches, deren Name untrennbar mit den schlimmsten Untaten des Regimes verbunden ist. Sein Dienstkalender für die für den Holocaust besonders bedeutsamen Jahre 1941/1942 steht bereits seit 1999 der Forschung ediert und kommentiert zur Verfügung.
Die beiden Herausgeber des Taschenkalenders 1940, Markus Moors und Moritz Pfeiffer, sind wissenschaftliche Mitarbeiter des Kreismuseums Wewelsburg. Dort hatte die SS 1934 das ehemalige fürstbischöflich-paderbornische Residenzschloss in Ostwestfalen übernommen; Heinrich Himmler forcierte den Ausbau zu einer exklusiven Kultstätte der SS-Gruppenführer, zu einem inszenierten Raum, der die gesellschaftspolitischen Vorstellungen von der SS als kriegerischem Neuadel und Elite des Nationalsozialismus zum Ausdruck bringen sollte: „Wewelsburg sollte ein Ort der symbolischen Bekräftigung (nach innen) und der Verschleierung beziehungsweise Okkultisierung (nach außen) des gewalttätigen und mörderischen Machtanspruchs der SS sein“ (S. 86). Seit 1982 operiert das Kreismuseum als Ort der Erinnerung und der zeitgeschichtlichen Forschung und präsentiert seit 2010 die Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“. Das in ihrem Rahmen gezeigte Original von Himmlers Taschenkalender 1940 konnte 2008 käuflich erworben werden und soll nun durch die Edit |
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Choi, Youn Seok, Der Besitzerwerb des Erben - Historische Entwicklungen, die Lösung des § 857 BGB und ihre Anwendungsprobleme (= Rechtshistorische Reihe 448). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXI, 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Choi, Youn Seok, Der Besitzerwerb des Erben - Historische Entwicklungen, die Lösung des § 857 BGB und ihre Anwendungsprobleme (= Rechtshistorische Reihe 448). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXI, 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der Geschichte dürfte das Erbe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit Besitz und Eigentum entstanden sein. War irgendein Gut für einen Menschen so bedeutsam, dass er es an sich nahm, längere Zeit nutzte und gegen Dritte verteidigte, so konnte es bei seinem Tod mit großer Wahrscheinlichkeit auch für die ihm nahen Mitmenschen von Interesse sein. Wahrscheinlich dürfte in den meisten Fällen der ihm Nächste (Erwachsene) das wertvolle Gut unmittelbar an sich genommen haben.
Die sich mit der anschließenden Entwicklung auseinandersetzende vorliegende Untersuchung ist die von Rolf Knütel angeregte, im Wintersemester 2011/2012 von der staats- und rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität angenommene Dissertation des an der Chungnam-National-Universität in Südkorea vor allem durch Yu-Cheol Shin ausgebildeten, in Deutschland mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdiensts Magisterstudium und Doktorstudium mit großem Erfolg absolvierenden Verfassers. Sie gliedert sich klar in drei Teile. Zuerst wird die Ausgangslage an Hand des römischen Rechts und der Gesetzgebungen (Kodifikationen) des 18. und 19. Jahrhunderts geschildert, danach die Entstehung des § 857 BGB und zum Abschluss die besonderen Problematik des Erbenbesitzes gemäß § 857 BGB.
Im Ergebnis zeigt der Verfasser, dass Erben im römischen Recht grundsätzlich Besitz nur durch besondere Besitzergreifung erwarben, der Ersitzungsbesitz aber mit dem Tod des Erblassers von selbst (ohne tatsächliche Besitzergreifung) auf den Erben überging. Auf dieser Grundlage entstand, wie der Verfasser in sorgfältiger Durchsicht der Gesetzesmaterialien ermitteln kann, § 857 BGB als Fiktion, die insoweit gilt, als sie für den Schutz des Erben |
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Recht im Dialog. Gedächtnisschrift für Rainer Wörlen, hg. v. Kokemoor Axel/Kroeschell, Karl/Slapnicar, Klaus/Wedde, Rainer. Nomos, Baden-Baden 2013. 773 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Recht im Dialog. Gedächtnisschrift für Rainer Wörlen, hg. v. Kokemoor Axel/Kroeschell, Karl/Slapnicar, Klaus/Wedde, Rainer. Nomos, Baden-Baden 2013. 773 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Wandel der vormodernen Agrargesellschaft über die Industriegesellschaft zur gegenwärtigen Dienstleistungsgesellschaft hat nicht nur zur allgemeinen Akademisierung der Gesellschaft in den wichtigsten Staaten der Welt geführt, sondern auch eine erhebliche Zunahme der Juristen, zu denen inzwischen die Frauen als Juristinnen gleichberechtigt aufgeschlossen haben, bewirkt. Auf diesem Weg wurden von der Politik den Universitäten als Ausbildungsstätten die Fachhochschulen zur Seite gestellt, denen auch eine eigene Art von gehobener Ausbildung in Rechtsfragen ermöglicht wurde. Rainer Wörlen, dessen überraschenden Tod beim Joggen am 3. November 2009 die Herausgeber zum Anlass für eine gewichtige Gedächtnisschrift nahmen, hat sich auf diesem Feld literarisch so umfassend und erfolgreich verdient gemacht wie wohl sonst niemand.
Geboren wurde der im Eingang den Betrachter freundlich aufmunternd anblickende Autor in Mittenwald in Oberbayern am 26. Juli 1946, doch wuchs er ab 1951 in Mettmann im Rheinland auf und studierte nach einer Banklehre Rechtswissenschaft in Würzburg und Lausanne. Fachlich und persönlich geprägt wurde er von Winfried Trusen in Würzburg und von 1978 bis 1981 von Karl Kroeschell in Freiburg, bei dem er als geschäftsführender Assistent 1981 über Waldeigentümergemeinschaften promovierte. Anschließend war er als Dezernent am Amt für Agrarordnung in Münster tätig, ehe er 1986 an den Fachbereich Versicherungswesen der Fachhochschule Köln, 1994 an die Hochschule Harz in Wernigerode und zum 1. September 1996 als Gründungsprofessor an den neuen Fachbereich Wirtschaftsrecht der Fachhochschule Schmalkalden wechselte, an dem er 2007 mit 61 Jahren in den Vorruhestand ging.
Das fast fünfzig Beiträge umfassende, durch Spenden an hervorragende |
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Ackermann, Astrid, Film und Filmrecht zwischen 1919 und 1939. Nomos, Baden-Baden 2013. 100 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ackermann, Astrid, Film und Filmrecht zwischen 1919 und 1939. Nomos, Baden-Baden 2013. 100 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Berlin fand im Varieté-Theater Wintergarten am 1. November 1895 die erste öffentliche Filmvorführung statt, die aber nach den Worten der Verfasserin mit dem heutigen Film noch wenig gemein hatte. Neu waren daran das Verfahren der Projektion von auf Filmstreifen fixierten Bildern auf eine Leinwand und die Öffentlichkeit. Gezeigt wurde jedoch nur eine Abfolge so genannter lebender Bilder, so dass die bereits am 22. März 1895 vor einem geschlossenen Publikum den Film Arbeiter verlassen die Lumière-Werke und im Grand Café am Boulevard des Capucines in Paris am 28. Dezember 1895 vor zahlendem Publikum zehn Kurzfilme vorführenden Brüder Lumière mit ihrem ein qualitativ besseren Produkt den Markt für sich gewannen.
Die sich mit diesem Gegenstand beschäftigende Verfasserin wurde in Jena 2004 mit einer Dissertation über den Wandel der Mode auf der Grundlage der frühen europäischen Modejournale promoviert. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind das Filmwesen und die darauf aufbauende Entstehung des Filmrechts. Geschildert werden nach dem kurzen Vorwort für die Entwicklung des Filmes vor allem die soziologische Sicht und für das Filmrecht Zensur, Urheberrecht und Vertragsrecht.
Gegliedert ist die mit einem nicht völlig fehlerfreien Quellenanhang auf den Seiten 73ff. versehene Untersuchung in zwei zeitliche Abschnitte. von 1919 bis 1929 und von 1930 bis 1939. Dabei kann die Verfasserin zeigen, dass vor allem die bei den Verbänden der rasch umfangreiches Publikumsinteresse erweckenden Filmindustrie beschäftigten Rechtsanwälte Grundstrukturen eines Filmrechts erarbeiten und durchsetzen konnten und dass mit dem 20 Paragraphen umfassenden Lichtspielgesetz (der verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung) vom 12. Mai 1920 ein erster Jugendschutz (Kodifizierung?) geschaffen wurde. Die Sicherung der Fin |
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Parker, Kunal Madhukar, Common Law, History and Democracy in America 1790-1900. Legal Thought before Modernism. Cambridge University Press, Cambridge 2011. XI, 305 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Kolonien und ihre Nachfolger erscheinen in den Augen der Europäer auf Grund ihrer langen Geschichte in der Regel als Entwicklungsländer, die während der frühen Neuzeit erst allmählich zu sich selbst finden mussten. Inzwischen haben aber zumindest die Vereinigten Staaten von Amerika ihre europäischen Ausgangspunkte in vielen Hinsichten eingeholt und überholt. Aus diesem Grunde verdient die dortige Wissenschaft mittlerweile auch das ungeteilte Interesse der Europäer.
Dies gilt auch für Kunal M. Parkers Darstellung der Beziehungen zwischen Common Law, Geschichte und Demokratie in Amerika während des 19. Jahrhunderts. Der auch an der kolonialen Rechtsgeschichte Indiens besonders interessierte Verfasser wirkt an der University of Miami School, an die er nach Stipendien in New York, Cornell und Belfast von der Cleveland State University gelangt ist. Sein vorliegendes Werk wendet sich gegen das Verständnis des Rechtes als einer bloßen Spielart der Politik und will demgegenüber die Bedeutung der Geschichte für das Recht betonen.
Das Werk gliedert sich abgesehen von Einleitung und Zusammenfassung in fünf um die Zeit kreisende Abschnitte. Sie betreffen Gewohnheit und Geschichte in der britischen Herkunft, das Common Law nach der amerikanischen Revolution, das frühe 19. Jahrhundert, die Mitte des 19. Jahrhunderts und das späte 19. Jahrhundert unter den Aspekten Creation of Times, Time as Consent, Time as Spirit, Time as Law und Time as Life. Unter Verwendung neuer Quellen und in eigener kritischer Distanz zur bisherigen Literatur gelangt er zu vielfältigen Erkenntnissen, die letztlich das common law für die Gesamtgeschichte als wertvoller ansehen als gesetzgeberische Mehrheiten und es als grundlegende Stütze für die Demokratie in den Ve |
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Börm, Henning, Westrom. Von Honorius bis Justinian. (= Urban Taschenbuch 735). Kohlhammer, Stuttgart 2013. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Börm, Henning, Westrom. Von Honorius bis Justinian. (= Urban Taschenbuch 735). Kohlhammer, Stuttgart 2013. 240 S.
Die Gegenwart weiß zwar, dass sie in der Zukunft Geschichte sein wird, doch kann sie nicht vorhersehen, was im Einzelnen an ihre Stelle treten wird und wie diese Zukunft im Vergleich zu ihr aussehen kann. Von daher ist wahrscheinlich bis gewiss, dass alle menschlichen Einrichtungen irgendwann an ein individuelles Ende gelangen werden, doch wusste die Spätantike nicht, dass ihr das Frühmittelalter folgen wird. Insbesondere konnte der vom Verfasser zu einem Eckpunkt erkorene Honorius, den sein Vater Theodosius I., den Gratian 379 nach Chr. als iunior Augustus im Osten eingesetzt hatte, 393 als Reaktion auf den westlichen Usurpator Eugenius im Alter von 9 Jahren zum Mitkaiser erhoben hatte, nicht im Mindesten ahnen, dass Justinian eines Tages Westrom beenden könnte.
Der Autor der neuen historischen Übersicht über diesen Gegenstand wurde nach dem in Kiel 1995 aufgenommenen Studium von Geschichte und Deutsch, in dessen Verlauf er bereits als studentische Hilfskraft wirken durfte, 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter Johannes Hahns in Münster und 2004 in Kiel (Peter Weiß). Nach der Kieler Promotion des Jahres 2006 über Perser und Persisches bei Prokop von Caesarea als dem letzten großen griechischen Geschichtsschreiber wechselte er an die Universität Konstanz, an der sich die Habilitationsschrift mit Staseis in Poleis der nachklassischen Zeit befasst. In loser Verbindung hiermit konzentriert sich das Taschenbuch auf die westliche Hälfte des römischen Weltreichs.
Nach einer kurzen Einleitung und einer klaren Übersicht über die beschränkten verfügbaren Quellen schildert der Verfasser in sechs Kapiteln die politische Entwicklung von 284 bis 568 (der römische Westen bis 395, Stilicho, Konsolidierung und Machtkämpfe, im Schatten des Heermeisters, die Agonie des Kaisertums, Erben des Imperiums), bei der man sich angesichts d |
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Frotscher, Werner/Pieroth, Bodo, Verfassungsgeschichte, 12. Aufl. Beck, München 2013. XXVII, 415 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Im Lauf des späteren 20. Jahrhunderts hat das Verfassungsrecht wohl nicht zuletzt unter dem Einfluss der Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und des Bundesverfassungsgerichts Deutschlands andererseits unter allen Fachgebieten der Rechtswissenschaft eine herausgehobene Stellung erlangt. Seine Rechtsgrundlage geht allen anderen Rechtssätzen grundsätzlich vor und umfasst in den Grundsätzen auch weniger Rechtssätze als die Grundlagen aller anderen Rechtsgebiete. Zudem sind deren wichtigste Kernelemente sogar zumindest teilweise in den Verfassungstext aufgenommen.
In Übereinstimmung mit dieser Entwicklung scheint sich die besondere Verfassungsgeschichte von der allgemeineren Rechtsgeschichte zunehmend zu verselbständigen. Zumindest nach Ausweis der Grundrisse des Rechts läuft sie ihr sogar in gewisser Weise den Rang ab. Konzentriert auf die jüngere Vergangenheit sind für das vorliegende Werk innerhalb sechzehner Jahre zwölf Auflagen erforderlich geworden, in deren Rahmen trotz der Außerachtlassung der jüngeren Entwicklungen eine Vermehrung des Umfangs von 354 Textseiten auf 415 Textseiten erfolgte.
Die 12. Auflage wertet nach dem kurzen Vorwort die neuere Literatur zur Verfassungsgeschichte wie gewohnt aus, wodurch sich zahlreiche kleinere inhaltliche Änderungen und Ergänzungen ergeben haben (noch überprüfungsbedürftig wäre beispielsweise aber, warum auf Seite 26 der Dritte Stand 95 Prozent der Bevölkerung umfasst, auf Seite 27 jedoch 96 Prozent?). Eine zeitliche oder örtliche Erweiterung mussten die Verfasser im Interesse ihrer Zielgruppe ablehnen. Die Verfassungsentwicklung unter dem Grundgesetz ist zwar auch Verfassungsgeschichte, sie wird aber (aus der Sicht der Verfasser verständlicherweise) der Aufarbeitung durch die Literatur zum geltenden Staatsrecht und Verfassungsrecht überlassen, w |
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Der Erste Weltkrieg - Eine europäische Katastrophe, hg. v. Cabanes, Bruno/Duménil, Anne. Aus dem Französischen v. Lamerz-Beckschäfer, Birgit mit einem Vorwort v. Krumeich, Gerd. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 480 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Der Erste Weltkrieg - Eine europäische Katastrophe, hg. v. Cabanes, Bruno/Duménil, Anne. Aus dem Französischen v. Lamerz-Beckschäfer, Birgit mit einem Vorwort v. Krumeich, Gerd. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 480 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic.
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Diese Erkenntnis gilt in besonderem Maß für den Buchmarkt, der gehalten ist, den ökonomischen Wind prestigeträchtiger Jubiläen rechtzeitig zu nützen. 2014 jährt sich die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (George F. Kennan), der Ausbruch des Ersten Weltkriegs, zum einhundertsten Mal. Schon im Vorfeld ist ein stetiges Ansteigen der Publikationstätigkeit spürbar, das sich sowohl in verschiedenen Neuerscheinungen als auch in Adaptierungen bereits bekannter Arbeiten äußert.
Das hier zur Besprechung vorliegende Werk der in Yale und München wirkenden französischen Historiker und Herausgeber Bruno Cabanes und Anne Duménil stellt in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar. Bereits die Aufmachung in Gestalt eines großformatigen Bildbandes erregt Aufsehen und unterscheidet diese Publikation von den bisher bekannten, einschlägigen Gesamtdarstellungen zum Ersten Weltkrieg; gedruckt auf qualitativ hochwertigem Glanzpapier, präsentiert sich jede Doppelseite als eine gleichwertige Einheit von Text und meist farbigem, bislang weitgehend unbekanntem Fotomaterial. Diese Kombination ermöglicht eine sinnliche Wahrnehmung der Weltkriegsthematik und eine Rekonstruktion des Zeitkolorits, wie sie im rein Verbalen kaum denkbar scheint.
Es mag nicht ganz überraschen, dass diese innovative Gestaltungsform nicht in Deutschland, sondern in Frankreich ihren Ausgang genommen hat, wo der Band bereits 2007 unter dem Originaltitel „Larousse de la Grande Guerre“ erschienen ist. Die dortige Geschichtsschreibung ist von einer langen kulturhistorischen, stark auf die Alltagsgeschichte fokussierenden Tradition geprägt, die die inhal |
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Senn, Marcel/Gschwend, Lukas/Pahud de Mortanges, René, Rechtsgeschichte. Auf kulturgeschichtlicher Grundlage, 3. nachgeführte Aufl. Schulthess, Zürich 2012. XXX, 397 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Senn, Marcel/Gschwend, Lukas/Pahud de Mortanges, René, Rechtsgeschichte. Auf kulturgeschichtlicher Grundlage, 3. nachgeführte Aufl. Schulthess, Zürich 2012. XXX, 397 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Obgleich die Schweiz wie ein Fels in der Brandung des Weltengetöses zu stehen scheint, kann sie sich letztlich in vielem nicht den allgemeineren Entwicklungen dauerhaft widersetzen. Deswegen hat sie sich bereits vor Jahren im rechtswissenschaftlichen Ausbildungssystem zu einem Wechsel von dem hergebrachten Lizentiatslehrgang zum Bachelor- und Masterlehrgang nach dem neuen Bolognasystem entschlossen, obgleich die Bundesrepublik Deutschland und Österreich an der herkömmlichen Ausbildung ihrer Juristen bisher einigermaßen entschieden festgehalten haben. Die Verfasser haben dementsprechend bereits 2006 ein neues rechtsgeschichtliches Lehrbuch für die Schweiz im Umfang von 393 Seiten vorgelegt.
Die bald danach erforderliche zweite Auflage umfasste den gleichen Umfang, die dritte Auflage des Jahres 2009 395 Seiten. Sie ist nach dem jetzigen Vorwort längst vergriffen und durch einen Nachdruck ersetzt. Seitdem haben sich nur wenige kleine Nachbesserungen als notwendig erwiesen.
Sie sind nach Ausweis des neuen Vorworts in der nachgeführten Auflage verwirklicht. Zusätzlich sind die Angaben betreffend der laufend erscheinenden zweiten Auflage des Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte aktualisiert. Möge das eindrucksvolle Werk in gleicher Weise gedeihen und die geschichtlichen Grundlagen des Rechts für die Studierenden der Schweizer juristischen Fakultäten gelungen absichern.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Das Recht der industriellen Revolution, hg. v. Maetschke, Matthias/Mayenburg, David von/Schmoeckel, Mathias. Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. VII, 265 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In einem vielfach als industrielle Revolution bezeichneten evolutionären Vorgang treten nach Änderungen in Handel, Wissenschaft, Landwirtschaft und Technik sowie wohl auch Mentalität seit dem späteren 18. Jahrhundert gewerbliche Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen an die Stelle der einfachen Gewinnung von Nahrungsmitteln durch Nutzung natürlicher Vorgänge. Dies geschieht anscheinend zuerst in Großbritannien ab etwa 1760 an Orten, an denen Kohle und Eisenerz nahe beieinander liegen, leicht abgebaut werden können und dementsprechend einfach verwertet werden können. Dem englischen Vorbild folgen deutsche Staaten seit dem 19. Jahrhundert.
Mit dem vorliegenden Band will Mathias Schmoeckel vor einer Bearbeitung einer zweiten Auflage seiner Rechtsgeschichte der Wirtschaft zusammen mit Mitarbeitern und Doktoranden den Reichtum der Themen aufzeigen, der sich aus dem Kontext der industriellen Revolution für die Rechtsgeschichte ergibt. Im Einzelnen werden dabei insgesamt zwölf Untersuchungen vereint. Zum großen Teil stammen sie von Rechtsreferendaren an den Landgerichten Bonn, Düsseldorf und Wuppertal.
Nach einer Einleitung Mathias Schmoeckels über die industrielle Revolution als Produkt einer neuen Rechtsordnung untersucht etwa Matthias Maetschke die rechtlichen Rahmenbedingungen der Industrialisierung in Preußen und Deutschland zwischen 1807 und 1873, während der inzwischen nach Luzern gewechselte David von Mayenburg Apollinis und Apollinaris auf dem Weltmarkt für Mineralwasser an Hand des deutschen Reichsgerichts vergleicht. Weitere Beiträge betreffen das Patentrecht, das Telegraphenwegegesetz, das Eisenbahngesetz Preußens, die elektrischen Netze, das Arbeitsvertragsrecht, die Anleihen, die Bankenaufsicht, die Privatversicherungsunternehmen und |
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Klein, Georg Wilhelm, Über den Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit der Testamentserrichtung. Auslegung und Grenzen am Beispiel des frühzeitigen Unternehmertestamentes. Tectum, Marburg 2012. 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Klein, Georg Wilhelm, Über den Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit der Testamentserrichtung. Auslegung und Grenzen am Beispiel des frühzeitigen Unternehmertestamentes. Tectum, Marburg 2012. 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Errichtung eines Testaments ist eine Angelegenheit im Leben des Menschen, deren Besorgung ihm zwar auf Grund der Testierfreiheit freigestellt ist, die aber bei ihrer tatsächlichen Vornahme an verschiedene förmliche Vorschriften gebunden ist. Daraus ergibt sich für den Verfasser die besondere Fragestellung, ob der Erblasser als Unternehmer im Rahmen einer erbrechtlichen Lösung der Unternehmensnachfolge einem Dritten die Ermessensentscheidung zuweisen kann, den Erben zu bestimmen. Ein sachliches Bedürfnis leitet er daraus ab, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung seines Testaments noch nicht abschätzen kann, wer seiner gesetzlichen Erben bereit und geeignet sein wird, die Aufgabe der Unternehmensfortführung zu übernehmen.
Die dieser Fragestellung gewidmete vorliegende Untersuchung ist die von Martin Lipp angeregte und betreute, im Sommer 2011 von dem Fachbereich Rechtsgeschichte der Universität Gießen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich insgesamt in drei Kapitel. In ihnen untersucht der Verfasser die Entwicklung des Grundsatzes materieller Höchstpersönlichkeit auf der Grundlage der Lehre der Glossatoren, Kommentatoren und Kanonisten bis zu Leitentscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, behandelt unstreitige Wesensmerkmale des Grundsatzes materieller Höchstpersönlichkeit und wendet sich zum Abschluss dem Grundsatz materieller Höchstpersönlichkeit im Falle des frühzeitigen Unternehmertestaments zu.
Im Ergebnis stuft er die Ansicht des Bundesgerichtshofs, wonach nur die Bezeichnung, nicht aber die Ermessensentscheidung eines Dritten möglich sein soll. als Formalismus ein, der den Wortlaut des § 2065 II BGB im Übermaß betont. Nach seiner Mei |
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Deutsche Verfassungen, 1849-1949, hg. v. Ipsen, Jörn. Hüthig Jehle Rehm, Heidelberg 2012. XV, 28, 16, 19, 1, 32, 1, 34, 21 [155] S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Deutsche Verfassungen, 1849-1949, hg. v. Ipsen, Jörn. C. F. Müller/Hüthig Jehle Rehm, Heidelberg 2012. XV, 28, 16, 19, 1, 32, 1, 34, 21 [155] S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie das kurze Vorwort des Herausgebers darlegt, gehört die Verfassungsgeschichte als Grundlagenfach oder integraler Bestandteil eines Schwerpunkts zu dem traditionellen Kanon öffentlichrechtlicherFächer an den juristischen Fakultäten Deutschlands. Obwohl die im Lauf der Verfassungsgeschichte entstandenen deutschen Verfassungen im Internet für jedermann verfügbar sind, ist nach Ansicht des Herausgebers eine handliche Textausgabe mit ausführlichem Sachverzeichnis - zumal für Klausuren - unentbehrlich. Deswegen hat er die Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849, die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. Januar 1850, die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871, das Gesetz zur Abänderung der Reichsverfassung vom 28. Oktober 1918, die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919, das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933 und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 in Taschenbuchformat zusammengefasst und um ein Sachregister ergänzt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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