Choi, Youn Seok, Der Besitzerwerb des Erben - Historische Entwicklungen, die Lösung des § 857 BGB und ihre Anwendungsprobleme (= Rechtshistorische Reihe 448). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXI, 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Choi, Youn Seok, Der Besitzerwerb des Erben - Historische Entwicklungen, die Lösung des § 857 BGB und ihre Anwendungsprobleme (= Rechtshistorische Reihe 448). Lang, Frankfurt am Main 2013. XXI, 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der Geschichte dürfte das Erbe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit Besitz und Eigentum entstanden sein. War irgendein Gut für einen Menschen so bedeutsam, dass er es an sich nahm, längere Zeit nutzte und gegen Dritte verteidigte, so konnte es bei seinem Tod mit großer Wahrscheinlichkeit auch für die ihm nahen Mitmenschen von Interesse sein. Wahrscheinlich dürfte in den meisten Fällen der ihm Nächste (Erwachsene) das wertvolle Gut unmittelbar an sich genommen haben.
Die sich mit der anschließenden Entwicklung auseinandersetzende vorliegende Untersuchung ist die von Rolf Knütel angeregte, im Wintersemester 2011/2012 von der staats- und rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität angenommene Dissertation des an der Chungnam-National-Universität in Südkorea vor allem durch Yu-Cheol Shin ausgebildeten, in Deutschland mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdiensts Magisterstudium und Doktorstudium mit großem Erfolg absolvierenden Verfassers. Sie gliedert sich klar in drei Teile. Zuerst wird die Ausgangslage an Hand des römischen Rechts und der Gesetzgebungen (Kodifikationen) des 18. und 19. Jahrhunderts geschildert, danach die Entstehung des § 857 BGB und zum Abschluss die besonderen Problematik des Erbenbesitzes gemäß § 857 BGB.
Im Ergebnis zeigt der Verfasser, dass Erben im römischen Recht grundsätzlich Besitz nur durch besondere Besitzergreifung erwarben, der Ersitzungsbesitz aber mit dem Tod des Erblassers von selbst (ohne tatsächliche Besitzergreifung) auf den Erben überging. Auf dieser Grundlage entstand, wie der Verfasser in sorgfältiger Durchsicht der Gesetzesmaterialien ermitteln kann, § 857 BGB als Fiktion, die insoweit gilt, als sie für den Schutz des Erben und des Verkehrs erforderlich ist. Von hier aus gelangt der Verfasser in ausführlicher Auseinandersetzung mit der Literatur zu ansprechenden Lösungen aller konkreten Einzelfragen, die in Zusammenhang mit § 857 BGB in der Gegenwart diskutiert werden.
Innsbruck Gerhard Köbler