Argumenta Papiniani. Studien zur Geschichte und Dogmatik des Privatrechts, hg. v. Harke, Jan Dirk. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2013. IX, 146 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Papinian ist einer der bekanntesten Rechtskundigen der römischen Antike, von dem 37 Bücher Fragen und 19 Bücher Antworten in Erinnerung geblieben sind, deren Kürze, Scharfsinnigkeit und Eigenständigkeit gerühmt werden. Weil er deswegen hingerichtet worden sein soll, weil er Kaiser Caracalla darauf hingewiesen hat, dass sich ein Brudermord leichter begehen als rechtfertigen lasse, zeichnen wohl Gerechtigkeitssinn und Mut sein Leben aus. De Digesten enthalten mehr als 600 Auszüge aus seinen Werken.
Der vorliegende schmale Sammelband geht auf ein (viertes) Treffen deutschsprachiger Rechtsromanisten aus Köln, Zürich, Warschau, Würzburg, Bochum, Passau und Dresden im Kloster Bronnbach vom 12. bis zum 14. September 2011 zurück. Er enthält insgesamt sieben Studien. Sie beginnen mit Martin Avenarius‘ Untersuchung zu Papinians Beitrag zur Vorgeschichte des Anwartschaftsrechts und enden in alphabetischer Reihenfolge mit Dietmar Schanbachers Referat zur Behandlung des Pfandrechts im Werk Papinians.
Ulrike Babusiaux behandelt die Regelbildung durch exempla an Hand von Papinians Quaestiones zur lex Iulia de adulteriis (Pal. 378), Tomasz Giaro die reductio ad absurdum und Jan Dirk Harke die Testamentsauslegung bei Papinian. Fabian Klinck untersucht die Sanktionierung von Freilassungsverboten und Prostitutionsverboten bei Sklavenverkäufen und Ulrich Manthe betrachtet Überlieferung und Authentizität von Papinians Liber singularis de adulteriis. Ein Verzeichnis der juristischen Quellen listet diese ebenso benutzerfreundlich auf wie ein Sach- und Personenverzeichnis die vielfältigen weiterführenden Inhalte leichter zugänglich macht.
Innsbruck Gerhard Köbler
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The Threads of Natural Law. Unravelling a Philosophical Tradition, hg. v. Contreras, Francisco José (= Ius gentium 22). Springer Netherlands, 2013. Online-Ressource. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die Natur ist generell und individuell, regelmäßig und vielfältig sowie geordnet und ungeordnet zugleich. Dementsprechend sucht der menschliche Verstand seit langer Zeit nach übersichtlichem Allgemeinem in der unübersehbaren Vielfalt des Besonderen. Hinsichtlich der rechtlichen Ordnung hat diese Überlegung schon in der Antike zur Bejahung eines überzeitlichen, überall geltenden und jedermann einleuchtenden natürlichen Rechtes geführt.
Im Laufe der Geschichte ist diese Idee teils bejaht, teils aber auch von der jeweiligen Wirklichkeit in Frage gestellt worden. Das vorliegende Werk versucht in der Einsicht, dass die Gegenüberstellung von Naturrecht und Rechtspositivismus in den letzten Jahrzehnten an Spannkraft verloren hat, einen neuen Zugang. Sein Herausgeber ist der in Sevilla für Rechtsphilosophie tätige Contreras, Francisco José, der seit 1994 zahlreiche Werke über soziale und natürliche Rechte vorgelegt hat.
Sein vorliegender Sammelband umfasst insgesamt 14 Studien vor allem spanischer Forscher. Sie betreffen etwa Aristoteles, Cicero, Thomas von Aquin, das römische Recht, die Kirchenväter, das Verhältnis von Gott und Naturrecht in Genesis 22, Spanien, Portugal, Verdross, Kelsen, die Frage, ob die neue Naturrechtstheorie tatsächlich eine Naturrechtstheorie ist, Alasdair MacIntyre, Dworkin und viele sowie vieles andere. Auf diese Weise werden die vielfältigen Fäden des geschichtlichen Naturrechts von den frühesten bekannten Anfängen bis in die unmittelbare Gegenwart erneut als ein wichtiges menschliches Gedankengeflecht für jedermann leicht greifbar zugänglich gemacht.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern - empirische Studien und juristische Expertise, hg. v. Jurczyk, Karin/Walper, Sabine (= Deutsches Jugendinstitut e. V. Band 1). Springer, Berlin 2013. 385 S., graph. Darst. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die menschliche Geschichte beginnt ohne einen formellen Vorgang einer zeremoniellen Verheiratung mit dem natürlichen Vorgang der sexuellen Vereinigung von jeweils einem Mann und einer Frau, sofern eine Vereinigung einer Samenzelle mit einer Eizelle gelingt. In diesen Anfängen besteht auch kein besonderes Sorgerecht, aber irgendwie ist der Menschheit durch vorgegebene Triebe gleichwohl das Überleben gelungen. Sehr viel später wurden auf Grund rationaler Überlegungen Ehe und Unterhaltspflichten geschaffen, deren Folgen in der Gegenwart zu neuen Veränderungen geführt haben, auf Grund deren die Eheschließung zwecks Kinderzeugung an kultureller Selbverständlichkeit verloren und die wegen der Emanzipation der Frau von der Vorherrschaft der Männer und der Erfindung der Empfängnisverhütung durch chemische Stoffe gesunkene Zahl von Kindern zu Rechtsstreitigkeiten über Rechte an ihnen geführt hat.
Dementsprechend hat sich im Rahmen einer weltweiten Entwicklung Familie in Deutschland in den vergangenen fünfzig Jahren vor allem in Bezug auf Elternschaft und Familie durch Ehe beträchtlich verändert. Vor dem Hintergrund dieses gesellschaftlichen Wandels stellt sich die Frage, wie das Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern am besten geregelt werden kann, insbesondere im Sinne der Kinder, die im Idealfall auf den Rückhalt beider Eltern zurückgreifen können sollen, im Zweifelsfall aber auch vor erhöhten Gefährdungen ihrer Sicherheit und ihres Wohlbefindens geschützt werden sollen. Mit dieser Thematik befasst sich aufklärend der vorliegend Band, der vor allem danach fragt, wie rechtliche Regelungen und individuelles Verhalten sowie gesellschaftliches Verständnis von elterlicher Sorge |
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Oaths and Swearing in Ancient Greece, hg. v. Sommerstein, Alan H./Torrance, Isabelle C. (= Beiträge zur Altertumskunde 307). De Gruyter, Berlin 2014. IX, 463 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Eid und Schwur sind in der menschlichen Geschichte zu einer gänzlich unbekannten Zeit entstanden. Für die Nachwelt sichtbar werden sie erst nach Erfindung der Schrift. Danach ist der Eid offensichtlich weit verbreitet, wenn er auch an einzelnen Stellen untersagt wird.
Mit einem Teilaspekt seiner Geschichte befasst sich der vorliegende Sammelband. Er geht auf ein Projekt The Oath in Archaic and Classical Greece an der Universität Nottingham zurück, das von dem Leverhulme Trust gefördert wurde. In seinem Rahmen wurden 2007 bereits die Veröffentlichungen Nottingham Oath Database (2007) und Oath and State in Ancient Greece (2013) vorgelegt, so dass nunmehr eine abschließende Abrundung möglich war.
Gegliedert ist das jetzige Werk in insgesamt 15, von jeweils unterschiedlichen Bearbeitern verantwortete Kapitel. Sie betreffen etwa die Gegenstandsbeschreibung des Eides, den Eid im Verhältnis zum Fluch, den Eid in den Mythen, Freundschaft und Feindschaft, die Sprache der Eide, das Verhältnis zu Stand und Geschlecht, zwei Fallstudien bei Homer, die Stellung in der Rhetorik, das artful dodging, die Bindungswirkung, die Folgen des Meineids, den formlosen Eid, den Eid des Hippokrates und die abschließende Frage nach dem Verfall des Eides. Abgerundet wird der vielfältige, interessante Band durch eine Bibliographie, ein Stellenverzeichnis und ein Sachverzeichnis.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Posselt, Bernd, Konzeption und Kompilation der Schedelschen Weltchronik (= Schriften der Monumenta Germaniae Historica 71). Harrassowitz, Wiesbaden , 2015. LIV, 618 S. 16 Ill. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
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Mit der vorgelegten Arbeit, die 2012/2013 an der Ludwigs-Maximilians-Universität unter der Betreuung Claudia Wieners als Dissertation angenommen wurde, wird die Aufmerksamkeit wieder auf die 1493 in einer lateinischen und einer deutschen Ausgabe gedruckten Weltchronik Hartmann Schedels gelenkt. Zahlreiche druck- und buchwissenschaftsgeschichtliche Arbeiten sind in den vergangenen Jahren zu diesem Druck erschienen und im Literaturverzeichnis (S. XXI-LIV) sorgfältig nachgewiesen. Durch diese Studien sind wir über die Entstehungsgeschichte der Drucke, die Autoren und Mitautoren, die Schöpfer der Holzschnitte, Auflagenhöhe, Anzahl der heute noch erhaltenen Exemplare und das handschriftlich überlieferte Material in Archiven und Bibliotheken in einer Detailgenauigkeit informiert, wie kaum bei einem anderen Frühdruck.
Die Ergebnisse der bisherigen Forschung stellt Posselt seiner Studie voran. Bei der Grundkonzeption folgte Schedel Giacomo Forestis Supplementum chronicarum und Werner Rolevincks Fasciculus tempororum. Durch ihren Umfang (größer als DIN A 3, 326 bzw. 297 Blätter) und die zahlreichen Abbildungen (1803/1804) war die Weltchronik die bedeutendste Inkunabel. In über 2100 einzelnen Artikeln, vom Prolog als Einleitung des sechstägigen Schöpfungswerkes bis zur Verherrlichung Kaiser Maximilians, mit der das sechste Weltalter die Gegenwart erreicht, reihen sich Personenbiographien, Stadtbeschreibungen und Artikel zu Zeit-, Religions- und Institutionengeschichte, Geographie und Wunderberichten aneinander. Die bisherigen Analysen haben für rund 1300 Artikel die Herkunft geklärt, für nahezu 500 weitere Artikel sind die Vorlagen zumindest in Teilen bekannt (S. 74). Seit der Münchner Dissertation (1899) von Michael Haitz sind die Quelle |
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Manuscripta germanica. Deutschsprachige Handschriften des Mittelalters in Bibliotheken und Archiven Osteuropas, hg. v. Breith, Astrid/Glaßner, Christine/Klein, Klaus/Schubert, Martin/Wolf, Jürgen (= Zeitschrift für deutsches Altertum Beiheft 15). S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2012. 249 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
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Der Sammelband fasst die Vorträge einer Tagung im März 2010 in Prag zusammen. Zu dieser Tagung hatten die Arbeitsstelle ‚Deutsche Texte des Mittelalters‘ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und das Masaryk Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik Altgermanisten, Archivare, Bibliothekare, Historiker und Handschriftenexperten aus Ländern, die ehemals Teil der historischen deutschen Sprachgebiete waren oder in denen deutschsprachige, mittelalterliche Handschriften verwahrt werden, zu Vorträgen und zur Teilnahme eingeladen. Ein ursprünglich beabsichtigtes Projekt zur Zusammenarbeit, das aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werden sollte, wurde bedauerlicherweise nicht genehmigt. Dennoch sind derartige Vorhaben erforderlich und geeignet, um Wissenschaftlern den Zugang zu Quellen zu eröffnen, die über Jahrzehnte unzugänglich waren. Nicht zuletzt wird die Rechtsgeschichte von einem Zugang zu bislang unbekannten oder bekannten, aber bislang nicht erschlossenen Textzeugen von Rechtstexten profitieren. Die persönliche Bekanntschaft der beruflich mit den Handschriftenbeständen beschäftigten Personen, die durch derartige Tagungen gefördert wird, hilft gerade bei Beständen, deren rechtliche Zuordnung (leider) Gegenstand diplomatischer Bemühungen sein muss.
In sieben Länderberichten sind sechzehn Aufsätze zu den Ländern Estland, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Tschechische Republik und Ungarn vereint. Die Aufsätze werden jeweils durch eine Zusammenfassung in der Landessprache abgeschlossen, die leider nicht auch ins Deutsche übersetzt sind. Die Beiträge berichten über den |
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AAAAAKoeblerGerhard_RechtsgeschichtlicheNeuerscheinungen2017_alphabetisch.htm |
Ganzen Eintrag anzeigen *„Akten-Einsichten“. Beiträge zum historischen Ort der Staatssicherheit, hg. v. Heidemeyer, Helge,. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 2016. 170 S.
*Albrecht, Martin, Die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Leipzig. Mitarbeiter, Ermittlungsverfahren und Haftbedingungen. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 2017. 192 S., 1 Erratum.
*Andresen, Suse, In fürstlichem Auftrag. Die gelehrten Räte der Kurfürsten von Brandenburg aus dem Hause Hohenzollern im 15. Jahrhundert (= Schriftenreihe der historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften 97). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017. 655 S.
*Anton Friedrich Justus Thibaut (1772-1840). Bürger und Gelehrter, hg. v. Hattenhauer, Christian/Schroeder, Klaus-Peter/Baldus, Christian (= Heidelberger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen 15). Mohr, Tübingen 2017. X, 383 S.
*Archivrecht für die Praxis, hg. v. Becker, Irmgard-Christa/Rehm, Clemens. MUR, München 2017. 246 S.
*Arnhold, Elmar, Aus Stein gebaut. Goslars mittelalterliche Wohnhäuser (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar – Goslarer Fundus 56). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016. 207 S., Abb.
*Ausgeschlossen - Die 1933 - 1945 entlassenen Hochschullehrer der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, hg. v. Stengel, Friedemann, 2. Aufl. (= Schriften 1933-1945 vertríebener Wissenschaftler der Universität Halle-Wittenberg Band 1). Universitätsverlag, Halle-Wittenberg 2016. XXXVIII, 401 S.
*Auslese der Starken – „Ausmerzung“ der Schwachen – Eugenik und NS-„Euthanasie“ im 20. Jahrhundert, hg. v. Hedwig, Andreas/Petter, Dirk (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 35). Hessisches Staatsarchiv Marburg, Marburg 2017. 335 S.
*Außenpolitische Dokumente der Republik Österreich 1918-1939, hg. v. Rauscher, Wal |
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Liedloff, Julia, Föderalismus in historisch vergleichender Perspektive. Band 4 Föderale Mitwirkung an den Unfallversicherungsgesetzen im Kaiserreich (1884-1911) (= Schriftenreihe des Instituts für europäische Regionalforschungen 27). Nomos, Baden-Baden 2017. 443 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Liedloff, Julia, Föderalismus in historisch vergleichender Perspektive. Band 4 Föderale Mitwirkung an den Unfallversicherungsgesetzen im Kaiserreich (1884-1911) (= Schriftenreihe des Instituts für europäische Regionalforschungen 27). Nomos, Baden-Baden 2017. 443 S. Besprochen von Werner Schubert.
Die historisch-politikwissenschaftliche Arbeit Julia Liedloffs ist ein „Teilergebnis des übergeordneten DFG-Projektes „Integrieren durch Regieren – Funktionsweisen und Wandel des Föderalismus in Deutschen Reich 1871-1914‘ und behandelt die föderale Teilhabe an den Unfallversicherungsgesetzen zwischen 1884 und 1911“ (S. 5). Weitere Werke des Projekts stammen von Paul Hähnel (Nahrungsmittelregulierung) und Philipp Höfer (Einflussnahme der Einzelstaaten auf die Finanzpolitik des Reichs). Das vorliegende Werk präsentiert die Ergebnisse des Teilprojekts, das „im Bereich der Sozialpolitik angesiedelt ist und die föderale Teilhabe an den Unfallversicherungsgesetzen“ untersucht. Es ging also um die Frage, wie die „politische Entscheidungsfindung im föderalen System des Kaiserreichs am Beispiel der Unfallversicherungsgesetze“ funktionierte (S. 20), wobei die Inhalte der genannten Gesetze nicht im Vordergrund stehen und auch nicht detailliert erschlossen werden. Die Untersuchung Liedloffs beschränkt sich auf die Mitwirkung von Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden, der Hansestädte Hamburg und Lübeck sowie der mecklenburgischen Herzogtümer. Nicht näher thematisiert wird die interne einzelstaatliche Ebene, sondern nur die Art der Willensbildungsprozesse im Bundesrat und seinen Ausschüssen. Den Erörterungen Liedloffs liegen folgende „Arbeitshypothesen“ zugrunde: Das Kaiserreich sei „ein nicht-hierarchisches, Verhandlungen bedingendes und dynamisches Mehrebenensystem“, die „föderale Komponente“ sei für das Regieren im Kaiserreich von großer Bedeutung, sei es innerhalb des Bundesrats, sei es auch in den diesen umgebenden Konsultations- und Verhandlungsverfahren |
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Hundert (100) Jahre Christian Broda. Ein Leben im Zeichen großer Justizreformen – Symposium „100 Jahre Christian Broda“ 11. und 12. März 2016 in Wien, hg. v. Bundesministerium für Justiz. StudienVerlag Innsbruck 2017. 197 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hundert (100) Jahre Christian Broda. Ein Leben im Zeichen großer Justizreformen – Symposium „100 Jahre Christian Broda“ 11. und 12. März 2016 in Wien, hg. v. Bundesministerium für Justiz. StudienVerlag Innsbruck 2017. 197 S.
Der Band vereinigt die auf dem vom österreichischen Bundesministerium der Justiz ausgerichteten Symposium „100 Jahre Christian Broda“ gehaltenen Ansprachen und Vorträge (11. und 12. 3. 2016). Broda – von 1960-1966 und von 1970-1983 österreichischer Justizminister – entstammte einer „wohlhabenden Familie mit jüdischen Wurzeln“ (S. 30) und hatte sich 1931 dem Kommunistischen Jugendverband angeschlossen. In der Nachkriegszeit – 1946 trennte er sich von der KPÖ – war er zunächst als Rechtsanwalt tätig (Mai 1949 Eintritt in die SPÖ). Von 1957 bis 1959 gehörte er dem Bundesrat und von 1959 an dem Nationalrat (Abgeordnetenkammer) an. Auf Broda gehen zahlreiche Reformgesetze zum Strafrecht, Familienrecht und Medienrecht zurück.
Der Band wird eröffnet mit den Ansprachen zum Festakt im Justizministerium (S. 9-45). Birgit Tschütscher (Abteilungsleiterin im BMJ) begrüßte zunächst die Teilnehmer des Festaktes. Es folgen Ansprachen von Hannes Jarolim (Rechtsanwalt, Abgeordneter für die SPÖ und deren justizpolitischer Sprecher im Nationalrat), von Wolfgang Brandstetter (Justizminister seit 2013) und von Heinz Fischer (Bundespräsident von 2004 bis Juli 2016), welch letzterer ausführlich auf seine Begegnungen mit Broda eingeht. Jarolim wies hin auf die „drei Credos“, die Broda „gelebt bzw. angewandt“ habe (S. 14): „Die Demokratie stehe und falle mit dem Demokratiebewusstsein der Menschen und der Gesellschaft“. Bei großen Vorhaben gebe „es kein Überstimmen, sondern nur ein Übereinstimmen“ (S. 14) und: „Es kann kein Strafgesetz und kein Familienrecht von 51% gegen 49% der Bevölkerung beschlossen werden“ (S. 14f.). Im „Festvortrag“ gibt Maria Wirth – Verfasserin einer umfangreichen Biografie über Broda – einen biografischen Überblick üb |
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Liebrandt, Hannes, „Das Recht mich zu richten, das spreche ich ihnen ab!“. Der Selbstmord der nationalsozialistischen Elite 1944/45. Schöningh, Paderborn 2017. 361 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Liebrandt, Hannes, „Das Recht mich zu richten, das spreche ich ihnen ab!“ Der Selbstmord der nationalsozialistischen Elite 1944/45. Schöningh, Paderborn 2017. 361 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Im Rahmen seiner Autonomie verfügt der Mensch über die Option, seinem Leben aus eigenem Entschluss zu einem frei gewählten Zeitpunkt und von eigener Hand ein Ende zu setzen. Da wiederum der natürliche Selbsterhaltungstrieb ihrer Realisierung entgegensteht, ist diese im Allgemeinen gebunden an subjektiv als unerträglich empfundene Belastungen der Psyche und/oder der Physis, die den Sinn einer Fortführung der eigenen Existenz fraglich erscheinen lassen. Umbrüche wie der Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland und die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches vor den Alliierten 1945 vermögen die Summe individueller Krisen bisweilen bis zur epidemischen Hysterie zu verdichten, ein Phänomen, das Florian Huber am Beispiel des Massensuizids in der vorpommerschen Kleinstadt Demmin so anschaulich darzustellen vermochte. Es liegt nahe, dass das, was die einfache Bevölkerung zu solchen Verzweiflungstaten hinriss, umso mehr jene tangieren musste, die sich exponiert und als Verantwortungsträger in führender Funktion das System am Laufen gehalten hatten: die Vertreter der nationalsozialistischen Eliten. Ihrem Verhalten widmet sich exemplarisch die von der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth 2016 approbierte Dissertation Hannes Liebrandts. Die methodischen Klippen, die ein derartiges Unterfangen zwangsläufig zu umschiffen hat, um zu einigermaßen tragfähigen Aussagen zu gelangen, sind nicht zu übersehen. Sie reichen von der Qualität der Selbsttötung als jeweils individuell angelegte, sich systematischer Beobachtung entziehende autonome Entscheidung, deren letztlich ausschlaggebende Motivation quellenmäßig meist nur unzureichend oder gar nicht zu erfassen ist, bis zur Problematik der Definition und Abgrenzu |
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Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie II Antiqua, hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv, Band 4 Karton 278-424., hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Schenk, Tobias. Erich Schmidt, Berlin 2017. 650 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie II Antiqua, hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv, Band 4 Karton 278-424., hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Schenk, Tobias. Erich Schmidt, Berlin 2017. 650 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Der Kaiserliche Reichshofrat wird üblicherweise als das zweite höchste Gericht des Alten Reiches neben dem ständischen Reichskammergericht bezeichnet. Doch trifft diese selbst in der Forschung immer wieder verwendete Bezeichnung das Wesen dieser Einrichtung nicht im Kern. Denn sie war weitaus mehr als ein Gericht; sie wird vielleicht am treffendsten als die Einrichtung verstanden, welche die nie endgültig und umfassend festgelegten kaiserlichen Reservatrechte ausübte. Das waren neben der Rechtsprechung unter anderem Lehns-, Gratial-, und Standessachen, Privilegierungen, Legitimierungen, Vormundschafts- und Unterhaltsfragen sowie Schutz- und Schirmbriefe. Eine Sonderstellung hatte der Reichshofrat auch noch dadurch, dass er bei Überschuldung von Reichsständen „Debitkommissionen“ einsetzen konnte, die den Konkurs abwickelten. Eine Nachwirkung des mittelalterlichen Verständnisses vom Amt des Kaisers spiegeln die zahlreichen Suppliken, mit denen sich die Untertanen direkt an ihn wandten. Sie beklagten sich über ungerechte Urteile, Prozessverschleppungen, auch am Reichskammergericht, und übermäßige Belastungen der unterschiedlichsten Art. Und nicht zuletzt war das Gremium auch als beratendes Regierungsorgan tätig; das schlägt sich in dem vorliegenden Band allerdings nicht nieder. Die Wirkungsmöglichkeiten des Reichshofrats waren also hinsichtlich seiner Kompetenzen umfassender als die des Reichskammergerichts. Diese erstreckten sich hinsichtlich der Zuständigkeit darüber hinaus auch noch auf das ganze Heilige Römische Reich Deutscher Nation, also auf das gesamte heutige Mitteleuropa eins |
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Lück, Heiner, Der Sachsenspiegel. Das berühmteste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 176 S., 120 Abb. Besprochen von Reinhard Schartl. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lück, Heiner, Der Sachsenspiegel. Das berühmteste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 176 S., 120 Abb. 16422.
Der Verlag präsentiert eine bibliophile Darstellung zum „berühmtesten deutschen Rechtsbuch des Mittelalters“, wie der Untertitel mit Recht hervorhebt. Dazu konnte mit Heiner Lück, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg lehrt, ein ausgewiesener Sachsenspiegelkenner gewonnen werden. Zu Beginn stellt Lück die Frage, ob die verbreitete Charakterisierung der mittelalterlichen Rechtsbücher als „private“ Aufzeichnungen und als „Lehrbücher“ gerechtfertigt ist. Dies hängt letztlich von der Definition beider Begriffe ab. Mit Recht weist er aber darauf hin, dass Graf Hoyer von Falkenstein die Niederschrift des Sachsenspiegels veranlasst haben könnte und auch das Stendaler Rechtsbuch von einem notarius civitatis geschrieben wurde. Nimmt man hinzu, dass als Verfasser des Kleinen Kaiserrechts nach derzeitiger Meinung der Frankfurter Reichsschultheiß und Friedberger Burggraf Rudolf von Sachsenhausen gilt, wird eine nicht nur private, sondern auch hoheitliche Mitwirkung bei der Abfassung dieser Rechtsliteratur deutlich. Geht es somit um eine Abgrenzung zwischen Rechtsbüchern und Gesetzen, überzeugt das von Lück genannte Kriterium, dass Rechtsbücher Recht aufschrieben, das bereits vorhanden und in Geltung war. Die anschließenden Ausführungen zur Entstehung des Sachsenspiegels weisen darauf hin, dass die Entstehungszeit (zwischen 1220 und 1235) inzwischen geklärt sein dürfte, während für den Entstehungsort keine nähere Festlegung als das östliche Harzvorland möglich erscheint. Eingehend diskutiert Lück die Streitfrage, ob es die von Eike am Ende der Vorrede in Reimpaaren erwähnte lateinische Urfassung (den sogenannten auctor vetus) gab. Die Zweifel rühren nach Lücks zutreffender Darstellung vor allem daher, dass außer dem nur als neuzeitlicher Druck überlieferten lateinischen Lehnrechtstext (auctor vetus |
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Remy, Maurice Philipp, Der Fall Gurlitt – die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal, 2. A. 2017. Europa Verlag. München 2017. 669 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Remy, Maurice Philipp, Der Fall Gurlitt – die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal, 2. Aufl. Europa Verlag. München 2017. 669 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
An dem Sonntag, dem 3. November des Jahres 2013 um acht morgens erschien in der Digitalausgabe des Magazins Focus der Artikel „Der Nazi-Schatz“ Er berichtete die Geschichte von rund 1500, angeblich eine Milliarde Euro, tatsächlich jedoch eher 100 bis 120 Millionen Euro werten Kunstwerken, die angeblich zur „Beute Hitlers“ gehört hatten und 2012 von der Staatsanwaltschaft in der in dem fünften Stock gelegenen Wohnung des achtzigjährigen Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt, dessen an dem 9. November 1956 an den Folgen eines Autounfalls bei Oberhausen um das Leben gekommener Vater Hildebrand Gurlitt nach den Ausführungen des Sohne in einem an den Spiegel gerichteten Schreiben von dem 4. November 2013 gemäß den Nürnberger Gesetzen ein Mischling zweiten Grades war, in Schwabing in München, in der die Rollläden seit dem Tod der Mutter 1968 heruntergelassen waren, beschlagnahmt worden waren. Mit Hilfe einer beigefügten Abbildung konnte das siebenstöckige Haus an dem Artur-Kutscher-Platz 1 von jedermann leicht ermittelt werden.
Mit diesem allgemein als Sensation empfundenen Vorgang beschäftigt sich der in München 1962 geborene, in Kommunikationswissenschaft ausgebildete, als freier Journalist tätige und mit Untersuchungen über den Holocaust, das Bernsteinzimmer, den Mythos Rommel, Offiziere gegen Hitler und Mogadischu hervorgetretene Verfasser, der Cornelius Gurlitt noch persönlich kennengelernt hatte. Seine auf dreijähriger Spurensuche beruhenden Ergebnisse fasst er in zwanzig durch viele Abbildungen bereicherte Kapitel zusammen. Sie tragen nacheinander die Titel Klingelterror, Sammlung, Kunst, Direktor, Fahnenstange, Handel, Verfallskunst, Raubmord, Rückerstattung, Geschäfte, Sonderauftrag, Verdacht, Schaukel, Vermächtnis, Halbdunkel, Unheil, Kunstraub, Treibjagd und Deutu |
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Brechtken, Magnus, Albert Speer. Eine deutsche Karriere. Siedler, München 2017. 910 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brechtken, Magnus, Albert Speer. Eine deutsche Karriere. Siedler, München 2017. 910 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Dass Albert Speer (1905 – 1981), Hitlers charismatischer „Lieblingsarchitekt“, dann Generalbauinspektor und schließlich Rüstungsminister mit beträchtlichen Vollmachten, im Anschluss an den Nürnberger Prozess und die verbüßten 20 Jahre Haft in Spandau über die Veröffentlichung seiner „Erinnerungen“ (1969) und seiner „Spandauer Tagebücher“ (1975) ein Bild von sich und seinen Aktivitäten in die Welt gesetzt hat, das – zurückhaltend formuliert – in vielem zu seinem Vorteil geschönt war und zugleich gesellschaftliche Erwartungshaltungen geschickt bediente, ist in Fachkreisen beileibe keine neue Erkenntnis. Schon 1982 hat der Dissertant Matthias Schmidt an Speers Mythen gekratzt, und eine Reihe weiterer Autoren von Dan van der Vat (1997) über Susanne Willems (2000) bis zuletzt Martin Kitchen (2015) ist ihm darin gefolgt. 2005 hat die öffentliche Ausstrahlung des auf Zeitzeugeninterviews und Archivbefunde rekurrierenden Vierteilers „Speer und Er“ von Heinrich Breloer auch die breitere Öffentlichkeit anschaulich über dieses sorgsam errichtete Kartenhaus ins Bild gesetzt. Wozu also, wenn dies alles keine Neuigkeiten sind, einen dickleibigen Band wie den vorliegenden verfassen? Was vermag er noch zu leisten?
Die Arbeit Magnus Brechtkens, stellvertretender Direktor des renommierten Münchner Instituts für Zeitgeschichte und Professor an der Universität München, ist in ihrer Struktur eine doppelte Erzählung. Die Teile eins bis drei (1905 bis 1945) referieren die Erfolgsgeschichte eines Mannes aus gutem Haus, der 1930 zum Nationalsozialismus stieß und sich in dieser Bewegung durch planvolles Agieren und glückliche Konstellationen bis zum potentiellen Hitler-Nachfolger hocharbeitete, dessen längst verlorenen Krieg er als Rüstungsminister unter Inkaufnahme ungeheurer Menschenverluste maßgeblich verlängert habe. In der zweiten |
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Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert, hg. v. Baumann, Anette/Kemper, Joachim (= Bibliothek altes Reich 20). De Gruyter, Berlin 2016. 249 S., Abb., 60 Euro. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Speyer als Hauptstadt des Reiches. Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert, hg. v. Baumann, Anette/Kemper, Joachim (= Bibliothek altes Reich 20). De Gruyter, Berlin 2016. 249 S., Abb., 60 Euro. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Speyer an dem mittleren Rhein, das keltisch Noviomagus genannt wurde und den Hauptort der germanischen Nemeter bildete, wird 614 als Bischofssitz bezeugt. Der von den salischen Herrschern des deutschen Reiches durch Privilegien ausgezeichnete Ort ist seit 1294 Reichsstadt. Von 1526/1527 bis zur Bedrohung durch Frankreich 1689 fungiert es als Ort des Reichskammergerichts.
Nach dem Vorwort der Herausgeber des vorliegenden, durch eine Abbildung eines Kupferstichs Matthäus Merian des Älteren auf der Außenseite und einige wenige Ablichtungen im Text bereicherten Bandes fand zu der Thematik am 15. und 16. Oktober 2015 eine wissenschaftliche Tagung als gemeinsame Veranstaltung der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung Wetzlar e. V. und der Stadt Speyer statt. Die Tagung selbst wurde durch die Bezirksgruppe Speyer in dem historischen Verein der Pfalz e. V. unterstützt und gefördert. Reise- und Aufenthaltskosten finanzierte die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung mit Geldern des Justizministeriums Hessens und auch der Tagungsband wurde durch das Justizministerium und die Bezirksgruppe finanziell gefördert.
Gegliedert ist der schlanke Sammelband mit seinem gleichwohl stattlichen Preis in drei Teile, die Speyer als Zentralort des Reiches, die Reichsstadt Speyer, Speyer und die Nachbarn sowie einen Zugang zu neuen Quellen betreffen, während der Hauptstadtcharakter des Titels nicht mehr unmittelbar wiederkehrt. Die insgesamt 14 Beiträge über Speyer als Zentralort, Religionsprozesse, Tagungsort, burgundischen Reichskreis, Visitationen, Stadtgeschichte, Bürger und Reichskammergericht, bauliche Überlieferung, Bistum und Hochstift, Henker, Handlungsfelder und Handlu |
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Höfer, Philipp, Einzelstaatliche Einflussnahme auf die Finanzpolitik im Deutschen Kaiserreich (= Institut für europäische Regionalforschungen 28 = Föderalismus in historisch vergleichender Perspektive 5). Nomos, Baden-Baden 2017. 360 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Höfer, Philipp, Einzelstaatliche Einflussnahme auf die Finanzpolitik im Deutschen Kaiserreich (= Institut für europäische Regionalforschungen 28 = Föderalismus in historisch vergleichender Perspektive 5). Nomos, Baden-Baden 2017. 360 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach dem Ende des Heiligen römischen Reiches an dem 6. August 1806 und dem Scheitern des Deutschen Bundes an den Gegensätzen zwischen Österreich und Preußen entstand auf Betreiben Ottos von Bismarck auf der Grundlage des Norddeutschen Bundes an dem 1. Januar 1871 das(zweite) deutsche Kaiserreich. Es umfasste ohne die fernbleibenden Staaten Österreich-Ungarn. Liechtenstein, Luxemburg und Limburg 22 monarchische Staaten und 3 Stadtrepubliken sowie das Reichsland Elsass-Lothringen und seit als Nebenländer die überseeischen deutschen Schutzgebiete oder Kolonien. Nach seiner an dem 16. April 1871 in Kraft getretenen Verfassung war es ein Bundesstaat.
Mit einer interessanten politischen Einzelfrage beschäftigt sich die vorliegende Arbeit, die als von Privatdozent Henrich-Franke und Gerold Ambrosius betreute und begutachtete Dissertation des 1983 geborenen, in Politikwissenschaft, neuerer Geschichte und osteuropäischer Geschichte in Jena ausgebildeten und nach dem Magisterabschluss zwischen 2012 und 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte in Siegen tätigen Verfassers in dem Jahre 2016 an der philosophischen Fakultät der Universität Siegen eingereicht und danach angenommen wurde. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Thematik, Leitfrage, Eingrenzung, Forschungsstand, Quellen und Aufbau in drei Sachkapitel. Sie betreffen eine kürzere allgemeine Vorbetrachtung, vier Fallbeispiele der Jahre 1878/1879, 1893, 1903 und 1906 sowie eine inhaltliche Analyse.
Die interessante Untersuchung hat unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden das Interesse eines sachkundigen Rezensenten erweckt. Deswegen genügt an dieser Stel |
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Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie II Antiqua, hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv, Band 4 Karton 278-424., hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Schenk, Tobias. Erich Schmidt, Berlin 2017. 650 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats (RHR). Serie II Antiqua, hg. v. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Österreichischen Staatsarchiv, Band 4 Karton 278-424., hg. v. Sellert, Wolfgang, bearb. v. Schenk, Tobias. Erich Schmidt, Berlin 2017. 650 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der kaiserliche Reichshofrat ist der nach mittelalterlichen Vorläufern an dem 13. Dezember 1497 geschaffene Hofrat für Rechtssachen aus Reich und Erbländern und Gnadensachen des Königs bzw. des Kaisers des heiligen römischen Reiches in Wien. Er wird zunächst zur obersten Regierung und Justizbehörde bestimmt und übt die nie endgültig und umfassend festgelegten Reservatrechte des Kaisers aus. Er entwickelt sich aber allmählich zu einem mit dem Reichskammergericht der Reichsstände konkurrierenden Gericht des ihn allein besetzenden und finanzierenden Kaisers.
Nachdem in den letzten Jahrzehnten vor allem die Tätigkeit des Reichskammergerichts in umfangreichen Regesten näher beleuchtet, sind insbesondere auf Grund einer Initiative Wolfgang Sellerts auch die insgesamt rund 1,3 Regalkilometer einnehmenden Akten des Reichshofrats in den Blickpunkt der rechtsgeschichtlich interessierten Öffentlichkeit gerückt worden. Dementsprechend wurde seit 2008 die Serie Alte Prager Akten erschlossen. Dem folgte seit 2010 die Serie Antiqua, deren vierter Band nunmehr der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurde.
Er hat unmittelbar nach seinem Erscheinen das besondere Interesse eines ausgewiesenen historischen Sachkenners gewonnen. Deswegen genügt an dieser Stelle ein kurzer allgemeiner Hinweis, der sich hauptsächlich darauf beschränken kann, dass mit diesem 1160 Nummern aufweisenden und durch Register benutzerfreundlich erschlossenen Band fast die Hälfte oder deutlich mehr als 40 Prozent der insgesamt 1077 Kartons der gesamten Serie bearbeitet ist. In ihm sind besonders häufig die Terr |
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Die Rolle des Juristen im Widerstand gegen Hitler – Festschrift für Friedrich Justus Perels, hg. v. Stiftung Adam von Trott Imshausen e. V. Nomos, Baden-Baden 2017. 232 S. Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
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Der von der Stiftung Adam von Trott herausgegebene Band vereinigt die Vorträge, die 2010 anlässlich des 100. Geburtstags von Friedrich Justus Perels auf der Tagung: „Die Rolle der Juristen im Widerstand gegen Hitler“ gehalten worden sind. Friedrich Justus Perels (1910-1945) war seit 1933 Rechtsberater, später Justitiar der Bekennenden Kirche. Seit 1940 hatte er Verbindung mit Widerstandskreisen (insb. von Hans von Dohnanyi) und war am 2. 2. 1945 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt worden (im April 1945 von einem Sonderkommando des Reichssicherheitshauptamts erschossen). Der Band beginnt mit dem Beitrag Claudia Fröhlichs über „Rechtsdenken und Rechtspraxis im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ (S. 15-27), in dem sie auf die Überwindung des „formalen Rechtsstaatsbegriffs“ durch Helmuth James von Moltke und Adam von Trott eingeht. Der von diesen entwickelte „materialrechtliche Gehalt des Rechtsstaatsbegriffs“ sei in der Gestaltung des Rechtsstaates in den 1950er und 1960er Jahren „keineswegs realisiert“ worden (S. 24).
Der Abschnitt „Juristen im Widerstand“ wird eröffnet mit einem Referat von Peter Schneider (S. 31-48) über Friedrich Weißler, das sich vornehmlich mit der von diesem mit verfassten Denkschrift der bekennenden Kirche befasst. Der christlich begründete Widerstand der bekennenden Kirche gegen das nationalsozialistische Regime wurde vor allem mit geprägt von Friedrich Justus Perels (hierzu Joachim Perels, S. 49-66). Josef Wirmer (1901-1944) gehörte in der Weimarer Zeit dem linken Zentrumsflügel an und verteidigte in der nationalsozialistischen Zeit als Berliner Rechtsanwalt „politisch Verfolgte und Juden“ in Prozessen; 1943/1944 suchte er Kontakte zu mehreren Widerstandskreisen (Goerdeler, Delp, Moltke). Insgesamt war er der Staatsrechtslehre Leos X |
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Sobel, Dava, Das Glas-Universum. Wie die Frauen die Sterne entdeckten, aus dem Englischen von Schmidt, Thorsten/Wagler, Christiane. Berlin Verlag, München 2017. 451 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sobel, Dava, Das Glas-Universum. Wie die Frauen die Sterne entdeckten, aus dem Englischen von Schmidt, Thorsten/Wagler, Christiane. Berlin Verlag, München 2017. 451 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seit seinen Anfängen kann der Mensch während der Nacht Sterne über seiner Erde sehen, die ihm allmählich auch zu einer ungefähren Orientierung dienen konnten. Aus diesen einfachen Beobachtungen erwuchs die Astronomie als eine der ältesten Wissenschaften, die in Mesopotamien und Griechenland bereits in dem Altertum zu erstaunlichen Einsichten führte. Bedeutsame Fortschritte waren dabei die Erfindung des Fernrohrs in dem 17. Jahrhundert, für das Hans Lipperhey 1608 bei der Regierung der Niederlande ein Patent anmeldete, und die Entwicklung der Fotografie und Spektroskopie in dem 19. Jahrhundert, die, wie wohl fast jede frühere Entdeckung auf Grund der allgemeinen menschlichen Gegebenheiten, einzelnen Forschern gelang.
Das vorliegende Werk der in New York 1947 geborenen, an der Binghamton University ausgebildeten, als Wissenschaftsredakteurin bei der New York Times tätigen, mit Schriften etwa über Galileos Tochter Celeste, den Uhrmacher John Harrison als Erfinder der Längengrade, Kopernikus oder über die Planeten hervorgetretenen Schriftstellerin widmet sich auf dieser Grundlage Frauen als Pionieren der Astronomie, welche die Harvard University seit etwa 1880 als Hilfskräfte für Berechnungen beschäftigte. Ihre 2016 unter dem Titel The Glass Universe bei Viking/Penguin Random House erschienene Darstellung gliedert sich in drei Teile. Sie betreffen die Farben des Sternenlichts, Oh, Be A Fine Girl, Kiss Me! und die Tiefen des Himmels und sind in insgesamt 15 Kapitel eingeteilt, die von Mrs. Drapers Absicht bis zu den Lebenszeiten der Sterne reichen.
Grundlage für die sachkundige und spannende Darlegung der geschilderten Vorgänge war, dass Anna Palmer Draper und Catherine Wolfe Bruce als vermögende Erbinnen mit großem Interesse an Astronomie |
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Freund, Nadine, Teil der Gewalt. Das Regierungspräsidium Kassel und der Nationalsozialismus, hg. vom Regierungspräsidium Kassel (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 85). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2017. X, 646 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die 1978 geborene, ihre geschichtswissenschaftliche Ausbildung an der Universität Kassel 2015 mit einer Dissertation über die Verwaltungsjuristin und Politikerin Theanolte Bähnisch (1899-1973) abschließende Verfasserin benennt als vorrangiges Ziel ihrer vorliegenden Arbeit 1) die Faktoren aufzuzeigen, die den Aufstieg des Nationalsozialismus in dem Regierungsbezirk Kassel und in der Behörde des Regierungspräsidiums selbst begünstigten, 2. zu beschreiben, welche Rolle das Regierungspräsidium in dem Prozess der auf Kontrolle, Unterdrückung, Gewalt und Freiheitsberaubung setzenden Machtsicherung der Nationalsozialisten spielte, 3. die Beteiligung des Regierungspräsidiums Kassel an der schließlich in dem Holocaust mündenden Judenverfolgung zu klären und dabei den Umstand zu berücksichtigen, dass ein Oberregierungsrat (Fritz Hoch) mit jüdischen Wurzeln sich in der Behörde bis 1945 halten und danach weiter aufsteigen konnte, 4. die Rolle der Behörde in dem Verwaltungsaufbau des nationalsozialistischen Staates darzustellen und 5. auch die leitenden Beamten der Behörde zu betrachten. Dabei folgt sie insgesamt fünf Thesen, die auch eine auffällige Elitenkontinuität einschließen.
Gegliedert ist das aufschlussreiche und gewichtige, erstmals neben dem bisher berücksichtigten schmalen Material weitere Quellen auswertende Werk nach einer Einleitung und vor einer Schlussbetrachtung in fünf Abschnitte. Sie betreffen das Erbe der Monarchie und den Aufstieg des Nationalsozialismus, die veränderte Ausrichtung des Staatsschutzes in der Machtphase unter besonderer Berücksichtigung der geheimen Staatspolizei, das Regierungspräsidium zwischen bekannten und neuen, durch die Politik |
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Das Reichsjustizministerium unter Otto Thierack (1942-1945), Teil 1 Amt für Neuordnung der Deutschen Gerichtsverfassung (Berichte von 1943/44 über den Besuch von 13 Oberlandesgerichtspräsidenten), Amt für Nachwuchsfragen (Juni/Juli 1944), hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 472). Lang, Frankfurt am Main 2017. XX, 327 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Ein Justizministerium eines Staates verwaltet grundsätzlich federführend die Justiz dieses Staates. Da das Deutsche Reich zwischen 1933 und 1945 unter der Reichskanzlerschaft Adolf Hitlers und damit der Herrschaft der nationalsozialistischen Ideologie stand, fragt sich auch und gerade, inwieweit die Justiz parteipolitisch geführt wurde. Dabei ist nicht nur die Person des jeweiligen Justizministers bedeutsam, die hinsichtlich Otto Thieracks bereits von Konstanze Braun in ihrer Untersuchung über Dr. Otto Georg Thierack (1889-1946) (= Rechtshistorische Reihe 325) in dem Jahre 2005 betrachtet wurde, sondern auch die Gesamtheit der dem jeweiligen Ministerium entstammenden Rechtsquellen.
Der vorliegende Band bringt nach der sachkundigen Einleitung des erfahrenen Herausgebers in dem ersten Teil die Berichte über die Bereisung von Oberlandesgerichtsbezirken durch das Amt des Reichsjustizministeriums zur Neuordnung der deutschen Gerichtsverfassung zwischen Juni 1943 und Mai 1944 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse der Aussprache zwischen meist zwei Mitgliedern des die Berichte abfassenden Amtes mit den Oberlandesgerichtspräsidenten, den Landgerichtspräsidenten und weiteren Richtern. Die darüber hinaus angelegten Akten konnten trotz ihrer Bedeutung wegen ihres Umfangs allerdings nicht in die Ausgabe nicht einbezogen werden. Erfasst sind dabei 13 Oberlandesgerichtsbezirke.
In dem zweiten Teil werden die Arbeitstagungen des Amtes des Reichsjustizministeriums für Nachwuchsfragen berücksichtigt. Dies betrifft die Arbeitstagungen in Leitmeritz von dem 8. bis 10. Juni 1944 und vo |
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Der preußisch-österreichische Krieg 1866, hg. v. Heinemann, Winfried/Höbelt, Lothar/Lappenküper, Ulrich (= Otto-von-Bismarck-Stiftung, Wissenschaftliche Reihe Band 26). Schöningh, Paderborn 2018. 374 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das 996 nur beiläufig in einer Urkunde Ottos III. für den Bischof von Freising erwähnte Ostarrihhi um Neuhofen an der Ybbs, das 1156 in dem sogenannten privilegium minus zu dem ersten Land des Heiligen römischen Reiches verselbständigt wurde, und das nach den baltischen Pruzzen (um 965 Brus) benannte Gebiet zwischen Weichselmündung und Memelmündung, gehörten den größten Teil ihrer Geschichte zu unterschiedlichen Staaten, weil Preußen erst 1618 in Personalunion an die Markgrafen von Brandenburg gelangt, die sich 1701 in ihrem einzigen voll souveränen Land zum König von Preußen krönen. Zwar ficht Friedrich der Große von Preußen nach dem Tode Karls VI. mit Maria Theresia als dessen Nachfolgerin als Landesherr(in) in den Ländern der Habsburger den österreichischen Erbfolgekrieg um Schlesien aus. Zu einem Krieg zweier souveräner Staaten kommt es zwischen beiden aber erst 1866 in dem Deutschen Bund.
Ob es sich dabei auch um einen Bruderkrieg zweier deutscher Staaten, um einen Bürgerkrieg oder um einen Religionskrieg gehandelt hat, gilt nach der Einleitung der Herausgeber des vorliegenden Sammelbands als weniger sicher. Um das Wissen darüber auf den Prüfstand zu stellen, organisierten die Otto-von-Bismarck-Stiftung (Geschäftsführer Ulrich Lappenküper), die deutsche Kommission für Militärgeschichte, das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr Potsdam sowie das Historische Seminar der Universität Wien in dem Militärhistorischen Museum in Dresden in dem März 2016 eine internationale Konferenz durch, deren Ertrag das jetzt erschienene Werk der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Da es unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorhabens auf das besondere Interesse eines sachkundigen Rezensenten sti |
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Ludwig Haas. Ein deutscher Jude und Kämpfer für die Demokratie, hg. v. Grothe, Ewald/Pomerance, Aubrey/Schulz, Andreas (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, 174). Droste, Düsseldorf 2017. 321 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludwig Haas. Ein deutscher Jude und Kämpfer für die Demokratie, hg. v. Grothe, Ewald/Pomerance, Aubrey/Schulz, Andreas (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 174). Droste, Düsseldorf 2017. 321 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Ludwig Haas wurde in Freiburg im Breisgau an dem 16. April 1875 in einem jüdischen Elternhaus geboren und studierte nach dem Abitur auf dem humanistischen Gymnasium in Bruchsal seit 1894 in Heidelberg, München und Freiburg Rechtswissenschaft, wobei er sich der Verbindung Badenia in dem Kartell-Convent der Verbindungen deutscher Studenten jüdischen Glaubens anschloss, 1897 in Freiburg die Friburgia gründete und 1898 mit einer Dissertation über Mehrtäterschaft bei Richard Schmidt promoviert wurde. Nach der zweiten juristischen Staatsprüfung wurde er Rechtsanwalt in Karlsruhe, 1909 Stadtrat in Karlsruhe und als Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei 1912 Mitglied des Reichstags des Deutschen Reiches und diente in dem ersten Weltkrieg als Zugführer; Kompagnieführer und Dezernatsleiter für jüdische Schulangelegenheiten und Kulturangelegenheiten bei dem Verwaltungsleiter des Generalgouvernements Warschau. An dem 10. November 1918 wurde er ohne Glaubenswechsel Innenminister in Baden.
Nach dem Vorwort der Herausgeber des vorliegenden Bandes war Haas‘ bemerkenswerte politische Karriere Gegenstand eines in dem Juni 2016 abgehaltenen wissenschaftlichen Symposiums des jüdischen Museums Berlin, der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien und des Archivs des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Alle Vorträge und weitere Studien zu wichtigen Stationen und Aspekten der Biografie und des politischen Umfelds sind in dem von den Herausgebern organisierten Sammelband zusammengefasst. In der Lebensgeschichte Ludwig Haas‘ spiegeln sich danach die Erfolge und Gefährdungen der Demokratie zwischen 1918 und 1933 wider, indem Haas in gewiss |
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Haas, Philip, Fürstenehe und Interessen. Die dynastische Ehe der Frühen Neuzeit in zeitgenössischer Traktatliteratur und politischer Praxis am Beispiel Hessen-Kassels (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 177). Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen, Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen Darmstadt 2017. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Haas, Philip, Fürstenehe und Interessen. Die dynastische Ehe der Frühen Neuzeit in zeitgenössischer Traktatliteratur und politischer Praxis am Beispiel Hessen-Kassels (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 177). Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen, Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen Darmstadt 2017. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
„Mögen andere Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate“ ist die bekannteste Ausprägung einer erfolgreichen Politik der Weltgeschichte. Sie beruht darauf, dass viele Menschen während ihres Lebens eine unbestimmte Vielzahl an Gütern erwerben, die mit ihrem Tode nicht untergehen, sondern vorzugsweise an ihre biologische oder auch eine durch ihren Willen bestimmte Umgebung fallen sollen, die selbverständlich auch für einen Erwerb von anderer Seite offensteht. Eine naheliegende Verbindung beider Möglichkeiten ist die Eheschließung, bei der für die eigene Verwandtschaft ein begüterter Partner ausgesucht wird, dessen Vermögen vielleicht irgendwann irgendwie der eigenen Familie anfallen kann.
Mit einem besonderen Aspekt dieser allgemeinen Thematik beschäftigt sich das vorliegende Werk, das als Dissertation des Verfassers während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Marburg in dem Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio 138 „Dynamiken der Sicherheit“ unter Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft entstand und von Christoph Kampmann erfolgreich betreut wurde. Gegliedert ist es nach einer Einleitung über den Forschungsstand, Desiderata, Perspektiven und Methoden, die Auswahl des Untersuchungsgegenstands und des Untersuchungszeitraums, Fragestellung und Vorgehen sowie Quellen (Verträge, Akten, Quellen zur feierlichen Inszenierung) in zwei Teile. Sie betreffen Normen und Begrifflichkeiten (hessische Hausordnungen, Traktate zur dynast |
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Drozdiak, William, Der Zerfall. Europas Krisen und das Schicksal des Westens, aus dem Englischen v. Gravert, Astrid/Remmler, Hans-Peter. orell füssli, Zürich 2017. 327 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Drozdiak, William, Der Zerfall. Europas Krisen und das Schicksal des Westens, aus dem Englischen v. Gravert, Astrid/Remmler, Hans-Peter. orell füssli, Zürich 2017. 327 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Während der gesamten bisherigen Geschichte war der westliche, geographisch ziemlich vielgestaltige Teil des eurasischen Großkontinents niemals eine einzige politische Einheit, weil alle individuellen Versuche, Europa der Herrschaft eines einzigen Menschen oder einer einzigen Familie zu unterwerfen, an dem egoistischen Wesen aller Mitmenschen scheiterten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg gelang auf der Suche nach Frieden durch Verständigung die Errichtung eines großen Staatenverbunds in dem Rahmen der Europäischen Union. Er erfasst aber noch nicht alle Gebiete Europas und ist bereits wieder der aus dem Egoismus erwachsenen Gefahr der Erosion ausgesetzt.
Mit dieser bedeutenden politischen Thematik befasst sich das vorliegende, durch einige Abbildungen veranschaulichte Werk des 1949 geborenen, nach einem Abschluss an der University of Oregon in den 70er-Jahren als ziemlich guter Basketballspieler in Italien, Spanien, Frankreich und Belgien agierenden und nach einem losen weiterführenden Studium an dem Collège d’Europe in Brügge viele Jahre als Korrespondent etwa der Washington Post aus Berlin und Paris und anderen Orten berichtenden Verfassers, der als langjähriger Präsident des American Council on Germany und Direktor des Transatlantic Center des German Marshall Fund of the United States an der jüngeren Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa beteiligt war und die zugehörigen Verhältnisse hervorragend kennt. Er gliedert seine persönlich und spannend geschriebene Darstellung in zwölf lokal akzentuierte Kapitel. Sie betreffen Berlin als neues Machtzentrum, London als abtrünniges Reich, Paris auf der Suche nach einstigem Glanz, Brüssel als fragliche Hauptstadt Europas, Madrid als fragwürdige Mitte, d |
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Jesus Handbuch, hg. v. Schröter, Jens/Jacobi, Christine unter Mitarbeit v. Nogossek, Lena. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. 685 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jesus Handbuch, hg. v. Schröter, Jens/Jacobi, Christine unter Mitarbeit v. Nogossek, Lena. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. 685 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Jedenfalls aus abendländischer Sicht ist Jesus (Christus von Nazareth), dem im Internet derzeit (rund) 857000000 Treffer zugeordnet werden, der bekannteste Einzelmensch der Weltgeschichte. Seinen heilsamen Lehren folgen in der Gegenwart in vielfältigen Einzelausprägungen rund 2,26 Milliarden Menschen auf der gesamten Erde. Damit ist das nach ihm benannte Christentum vor dem Islam und dem Hinduismus die am weitesten verbreitete Religion weltweit, auch wenn die individuelle Anerkennung und Befolgung der auf ihn zurückgeführten Gedanken sehr unterschiedlich ausfallen kann und das Christentum außer vielfältigem Trost auch vielfachen Tod bewirkt hat.
Das vorliegende Handbuch steht nach dem kurzen Vorwort der Herausgeber in der langen Tradition von Deutungen des Weges, Wirkens und Geschicks „Jesu von Nazaret“ in der Geschichte des gesamten Christentums. Es befasst sich mit der Person Jesu auf der Grundlage historisch-kritischer Theologie des gegenwärtigen internationalen Forschungsstands ohne Verknüpfung aller unterschiedlichen Sichtweisen und Akzente zu einem einheitlichen Bild, weil es nach derzeitiger hermeneutischer Sicht nicht den einen „richtigen“ Zugang zu Jesus gibt, sondern unterschiedliche Verständnisse durchaus nebeneinander stehen können. Dementsprechend ist es verhältnismäßig offen für jeden interessierten Leser.
Gegliedert ist es nach einer einführenden Einleitung der Herausgeber in vier Abschnitte. Sie betreffen in elf Beiträgen die Geschichte der historisch-kritischen Jesusforschung, in acht Untereinheiten das historische Material (christliche Texte wie die synoptischen Evangelien, die Logienquelle, das Johannesevangelium, sonstige Schriften des Neuen Testaments, außerkanonische Schriften, nichtchristliche bzw. griechische, römische, syrische und jüdische Quellen |
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Pyta, Wolfram/Havemann, Nils/Braun, Jutta, Porsche – Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke. Siedler, München 2017. 505 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pyta, Wolfram/Havemann, Nils/Braun, Jutta, Porsche – Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke. Siedler, München 2017. 505 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Ferdinand Porsche wurde in Maffersdorf bei Reichenberg in Nordböhmen an dem 3. September 1875 geboren und begann nach dem Schulabschluss 1893 eine Tätigkeit bei dem Elektrounternehmen Bela Egger & Co. in Wien, wo er auf Grund seiner Einsicht in technische Zusammenhänge schnell von einem Arbeiter zu dem Leiter des Prüfraums aufstieg und 1897 den Radnabenelektromotor erfand. 1898 wechselte er zu der kaiserlichen und königlichen Hofwagenfabrik Jacob Lohner & Co., wo er 1899 das ein Jahr später in Paris vorgestellte Lohner-Porsche-Elektromobil entwickelte. Nach Tätigkeiten bei Austro-Daimler in Neustadt, bei der österreichischen Daimler-Motoren KG Bierenz, Fischer & Co., bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft in Stuttgart-Untertürkheim, wo auf Grund seiner Pläne der erste Kompressormotor gebaut wurde und er von der Technischen Hochschule Stuttgart den Titel Dr. ing. h. c. erhielt, und bei der Steyr-Werke AG eröffnete er an dem 25. April 1931 das selbständige Ingenieurbüro Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH in Stuttgart.
Mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Vorgeschichte und der Anfangsjahre des auf dieser Grundlage rasch entstehenden Unternehmens mit Weltrang beschäftigt sich das seit 2014 von der Porsche AG unterstützte unabhängige Forschungsprojekt des Verfassers, der nach der Einleitung zwar Unternehmensmittel zur Finanzierung seiner Mitautoren erhielt, aber unter Wahrung uneingeschränkter inhaltlicher Gestaltung und Gewährung ungehinderten Zugangs zu allen in dem Unternehmensarchiv aufbewahrten Unterlagen etwa neun Zehntel des Textes selbst herstellte. Gegliedert ist das beeindruckende Ergebnis in insgesamt 14 Kapitel. Sie betreffen den wagemutigen, auf den konstruktiven Neigungen statt auf ökonomischen Zielsetzungen beruhenden Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit, |
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Jakob, Christian/Schlindwein, Simone, Diktatoren als Türsteher Europas – Wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert. Ch. Links Verlag, Berlin 2017. 317 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jakob, Christian/Schlindwein, Simone, Diktatoren als Türsteher Europas – Wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert. Ch. Links Verlag, Berlin 2017. 317 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Natur kennt neben dem ständigen, kaum begreiflichen Wandel auch die wiederkehrende Regelmäßigkeit. Danach wechseln sich häufig Erfolg und Misserfolg in kaum vorhersehbarer Weise ab. Ob dies für das bisherige Erfolgsmodell Mensch mit dem ihm eigenen Verstand in der Gegenwart ebenfalls gilt, ist dabei bisher eine wohl noch nicht beantwortbare Frage.
Die 1979 bzw. 1980 geborenen, in Bremen, Mailand, Berlin, Buenos Aires und Delhi in Soziologie, Volkswirtschaft und Philosophie bzw. in Osteuropastudien ausgebildeten, als Reporter bzw. Korrespondentin tätigen Verfasser behandeln sie unter dem Teilaspekt der Migration von Menschen aus dem wirtschaftlich unterlegenen Afrika in das wirtschaftlich prosperierende Europa der Gegenwart. Nach ihrem kurzen Vorwort steht das für Europäer lange wenig interessante Afrika seit dem Sommer 2015 (wieder) in dem Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, seitdem Hunderttausende Flüchtlinge – ermuntert und angelockt durch den verheißenden Slogan „wir schaffen das“ – sich unkontrolliert auf den Weg nach Zentraleuropa machten. „Eine Situation wie im Sommer 2015, kann, soll und darf sich nicht wiederholen“ sagte nunmehr die von ihrem eigenen Volk mangels einer überzeugenden Alternative mehrheitlich bisher noch nicht abgewählte, auf der Suche nach eigenem Ruhm schillernd lavierende Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Die Verfasser gliedern ihre diesbezüglichen faktenreichen und vielfältig interessanten Darlegungen in insgesamt fünf Teile. Sie betreffen die Schließung der Grenzen mit Hilfe mutmaßlicher Kriegsverbrecher als Partnern, die Vorbilder Türkei und Israel, einen Kontinent in Bewegung mittels Schleppern und Willkommenskultur (auf Kisuaheli), Europas neue Grenzen in Afrika mit Zäunen im Sahel bei gleichzeitigem Schengen für un |
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Pauer-Studer, Herlinde/Velleman, J(ames) David, „Weil ich nun mal ein Gerechtigkeitsfanatiker bin“. Der Fall des SS-Richters Konrad Morgen. Suhrkamp, Berlin 2017. 349 S., 14 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pauer-Studer, Herlinde/Velleman, J(ames) David, „Weil ich nun mal ein Gerechtigkeitsfanatiker bin“. Der Fall des SS-Richters Konrad Morgen. Suhrkamp, Berlin 2017. 349 S., 14 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als der Journalist Heinz Höhne vor nunmehr gut einem halben Jahrhundert unter dem Titel „Der Orden unter dem Totenkopf“ als Erster eine differenzierte Darstellung der Geschichte der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) vorlegte, waren ihm Person und Tätigkeit des SS-Richters Dr. Konrad Morgen (1909 – 1982) bereits einige Aufmerksamkeit wert. Dessen im Auftrag von Reichsführer-SS Heinrich Himmler 1943 einsetzende Nachforschungen zu Korruption und Mord in Buchenwald und weiteren Konzentrationslagern, darunter Auschwitz, stellte er in den folgenden Kontext: „Der SS-Richter Konrad Morgen durfte zeitweilig eine Selbstreinigung der SS-Liquidatoren betreiben, in der Heinrich Himmler als eine Art Dr. Jekyll und Mr. Hyde figurierte. […] Ein absurdes Schauspiel: Himmler ließ durch eine Rotte SS-eigener Staatsanwälte ein paar ‚unerlaubte‘ Judenmorde verfolgen – in Vernichtungslagern, die täglich Zigtausende von Menschen zu Tode brachten!“ Der Grund dafür sei Himmlers paradoxes Verständnis von „Anständigkeit“ und „Moral“ gewesen, das er der SS-Ideologie zugrunde gelegt hatte und in Gefahr wähnte. Morgen wird trotz seiner unbestreitbaren Bemühungen, Missstände radikal aufzuklären und die Täter unnachsichtig der Strafverfolgung zuzuführen, attestiert, dass „auch er an der Schizophrenie seines Reichsführers teilhatte“, indem er zwar streng gegen eigenmächtige Tötungen vorging, aber über die von der Führung offiziell angeordneten Tötungen im Rahmen der „Endlösung“ oder der „Euthanasie“ hinwegsah. Es sei dann „kein Zufall“ gewesen, dass „Himmler die Aktion Morgens just in dem Augenblick abstoppte, da sich die Ermittlungen gegen den Auschwitzer Lagerkommandanten Höß richteten. In Rudolf Höß verkörperte sich jener hygienische Massenmord, jenes klin |
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Siebzig (70) Jahre NJW – Jubiläumsheft (= NJW Heft 42/2017 12. Oktober 2017). Beck, München bzw. Frankfurt am Main 2017. S. 3025-3112. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Siebzig (70) Jahre NJW – Jubiläumsheft (= NJW Heft 42/2017 12. Oktober 2017). Beck, München bzw. Frankfurt am Main 2017. S. 3025-3112. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Auf der Suche nach besserem Wissen der Welt hat der Mensch nach der Erfindung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (durch Johannes Guttenberg in Mainz um 1450) in Augsburg durch die Kaufleute Fugger seit 1568 die Zeitung erfunden, in deren Gefolge in dem Heiligen römischen Reich seit dem 18. Jahrhundert auch juristische, zunächst noch buchähnliche Zeitschriften herausgegeben werden, die vielfach Wissenschaft und Praxis verbinden. Zu ihnen zählt nach der Gründung des (zweiten einheitlichen) Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck (1871) seit 1872 als Organ des Deutschen Anwaltsvereins die zuerst in Berlin bei Weidmann, später in Leipzig bei Moeser verlegte Neue Juristische Wochenschrift, die nach dem zwölften Heft des 68. Jahrgangs von dem 25. März 1939 mit der seit 1931 als Zentralorgan des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbunds geführten Zeitschrift Deutsches Recht vereinigt wurde und damit ziemlich klanglos unterging. Nach dem Sieg der alliierten Streitkräfte über das nach der Selbsttötung Adolf Hitlers (Berlin 30. April 1945) an dem 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulierende Deutsche Reich und der danach folgenden Schließung der C. H. Beck’schen Verlagsbuchhandlung in München knüpfte der mit der Verlagsbuchhandlung verbundene Verlag Biederstein in München lose hieran an und eröffnete mit den Herausgebern Walter Lewald, Valentin Heins und Josef Cüppers in Frankfurt am Main unter dem Namen Neue Juristische Wochenschrift eine Rechtsanwaltszeitschrift, die in allen drei westlichen Besatzungszonen erscheinen sollte, nach gerichtlicher Sicherung des Titels 1949 an die wieder zugelassene C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung wechselte und 1953 die anfängliche monatliche Erscheinungsweise in die dem Namen entsprechende wöchentliche Erscheinungsweise veränder |
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Flurschütz da Cruz, Andreas, Hexenbrenner, Seelenretter. Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617) und die Hexenverfolgungen im Hochstift Würzburg (= Hexenforschung 16). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017. 252 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZIER 7 (2017) 42. IT um 15. Oktober erhalten, 2017-11-15 angezeigt 16517 |
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Die zauberkundige Frau mit magisch-schädigenden Kräften, die angeblich durch die Luft fliegen, sich in Tiere verwandeln und giftige Zaubergetränke herstellen kann, ist bereits dem Altertum (als striga) bekannt, wenn auch das deutsche Wort anscheinend erst um 1300 bei Hugo von Langenstein bezeugt ist. Vielleicht in dem späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert begannen um den Genfer See bzw. in Savoyen bei der Verfolgung der aus Heterodoxien seit dem 12. Jahrhundert entstandenen, von Inquisitionen in Piemont des 14. Jahrhunderts beeinflussten, Armut und Frieden fordernden, Eid und Amt verweigernden Waldenser des Kaufmanns Pierre Valdes Hexenverfolgungen, aus denen nach 1500 rasch um sich greifende Hexenprozesse wurden. Die Schätzungen über die dabei getöteten Opfer schwanken beträchtlich.
Die vorliegende Arbeit zu den Hexenverfolgungen und Hexereiprozessen, die während der Regierungszeit Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn in dem Hochstift Würzburg in den Jahren 1573 bis 1617 stattfanden, entstand nach dem kurzen Vorwort des Verfassers in den Jahren 2014 bis 2017 in Vorbereitung auf das 400. Todesjahr des umstrittenen Reichsfürsten mit Unterstützung Anuschka Tischers. Sie geht in der Hinführung davon aus, dass Julius Echter von Mespelbrunn (Mespelbrunn 1545-Marienberg in Würzburg 1573) – zumindest auf den ersten Blick – zu den deutschen geistlichen Herrschern zählt, in deren Gebieten etwa ein Viertel aller Betroffenen der Hexenverfolgung zum Opfer fiel. Dem soll die quellennahe Überprüfung dienen.
Gegliedert ist sie nach der Hinführung in zwei Abschnitte. Dabei untersucht der Verfasser bei den Akteuren und Einflussfaktoren neben Julius Echter von Mespelbrunn in |
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Ferrero-Waldner, Benita, Benita – Wo ein Wille, da ein Weg. Erfahrungen einer Europäerin und Kosmopolitin, aufgezeichnet von König, Ewald. Böhlau, Wien 2017. 420 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Benita Ferrero-Waldner wurde 1948 in Salzburg als Tochter eines schwer kriegsverletzten Dentisten geboren. Nach der Matura an dem Realgymnasium und dem Studium der Rechtswissenschaft wurde sie in Salzburg 1970 promoviert und fungierte zwischen 1971 und 1983 als Exportleiterin dreier Unternehmen zunächst in Freilassing und dann in New York. 1984 wechselte sie in den diplomatischen Dienst Österreichs und wirkte in Madrid, Dakar, Paris, Wien und New York. 1995 wurde sie für die Österreichische Volkspartei Staatssekretärin in dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, 2000 Bundesministerin, verlor dann zwar trotz Unterstützung durch Jörg Haider die Bundespräsidentenwahl gegen Heinz Fischer (52,4 Prozent der Stimmen), stieg aber zur Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik in der Europäischen Union auf, ehe sie dort 2010 ausschied.
Nach dem Klappentext des vorliegenden Werkes musste sie als Außenministerin Österreich an vielen Fronten verteidigen, im Präsidentschaftswahlkampf manch dunkle Facetten der Politik kennenlernen, als Kommissarin die Wirklichkeit in globalen Krisen und hinter den Kulissen erfahren und in den Vereinten Nationen und ihren Unterorganisationen den dortigen Verhältnissen trotzen. Die jeweiligen Erfahrungen will sie weitergeben. Zu diesem Zweck veröffentlicht sie ihren persönlichen Rückblick und Ausblick in einer Aufzeichnung durch den Journalisten Ewald König.
Gegliedert ist der durch zahlreiche Abbildungen veranschaulichte Text nach einem kurzen Vorwort in insgesamt acht Abschnitte. Sie betreffen die Laufbahn, die Sanktionen der Europäischen Union gegen Österreich, den Süden, den Osten, den Westen, Europa, die Kandidaturen und die mit Beiträgen wirkenden (sieben) Wegbegleiter (Fra |
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Glaube, Recht und Freiheit – Lutheraner und Reformierte in Lippe, hg. v. Lange, Andreas/Krull, Lena/Scheffler, Jürgen (=Schriften des städtischen Museums Lemgo 18).. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017. 407 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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An dem 31. Oktober 2017 veröffentlichte Martin Luther als Professor der Theologie in Wittenberg seine Vorstellungen von der Reformation der christlichen (katholischen) Kirche. Nach der Einleitung des vorliegenden Werkes feierten 1917, mitten in dem ersten Weltkrieg, die evangelischen Christen in der Grafschaft Lippe ein doppeltes Jubiläum. Einerseits beging man die vierhundertjährige Wiederkehr des Thesenanschlags Martin Luthers an der Schlosskirche in Wittenberg 1517 und der (in Lippe mit einigem zeitlichem Abstand) folgenden Reformation, andererseits diente das Erntedankfest in Lippe 1917 auch der Erinnerung an die Verabschiedung des Röhrentruper Rezesses von 1617, in dem zwischen der Stadt Lemgo und den Grafen von Lippe vereinbart wurde, dass die Stadt ihr lutherisches Bekenntnis beibehalten dürfe, während für den Rest der Grafschaft das reformierte Bekenntnis verpflichtend wurde.
Der vorliegende gewichtige und mit der Giebelfigur an dem Hexenbürgermeisterhaus Lemgos geschmückte Band steht somit für die Vergegenwärtigung insgesamt dreier Geschehnisse in der Religionsgeschichte mit globaler bis regionaler Reichweite. Dem dienen insgesamt 24 Abhandlungen. Sie beginnen mit Ulrich Meiers Kirchengeschichte Lemgos vor der Reformation und enden mit Michael Beitkers Studie über Lippe, Leuenberg und die Freude, reformiert oder lutherisch zu sein.
Darüberhinaus spricht das Werk eine ganze Reihe unterschiedlicher Themenfelder weiterführend an. Sie betreffen etwa den überregionalen Kontext, die Entdeckung des bürgerlichen Ich, Prosopographie und Genealogie der Akteure der Reformation in Lemgo, Hermann Hamelmann, die Herausbildung der bikonfessionellen Struktur der lippischen Kirche, die |
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Ulrich, Jan, Der Erbvertrag als Problem von Rechtswissenschaft. Eine rechtswissenschaftsgeschichtliche Untersuchung vor dem Hintergrund der Geschichte eines allgemeinen Vertragsbegriffs (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 33). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 531 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ulrich, Jan, Der Erbvertrag als Problem von Rechtswissenschaft. Eine rechtswissenschaftsgeschichtliche Untersuchung vor dem Hintergrund der Geschichte eines allgemeinen Vertragsbegriffs (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 33). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 531 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der als Wort in der deutschen Sprache anscheinend 1535 erstmals bezeugte, in der Gegenwart als merkwürdige Doppelnatur erklärte Erbvertrag ist grundsätzlich der Vertrag zwischen mindestens zwei Menschen, in dem mindestens einer der Vertragsschließenden (Erblasser) vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen (z. B. Erbeinsetzung, Vermächtnis, Auflage) trifft. In dem römischen Recht (D. 45, 1, 61) wird er wegen der mit ihm verbundenen Gefahr der Tötung des einen Vertragsteils durch den anderen Vertragsteil als sittenwidrig und danach als unzulässig angesehen. Demgegenüber ist er in griechischen Rechten geläufig und deswegen in der Rechtswirklichkeit des Reiches Ostroms entgegen dem Verbot der Digesten verbreitet.
Die vorliegende Untersuchung ist die von Bernd Kannowski, an dessen Lehrstuhl an der Universität Freiburg im Breisgau der Verfasser als wissenschaftliche Hilfskraft während seiner Studienzeit arbeitete, betreute, im Wintersemester 2016/2017 als externe Arbeit angenommene, für den Druck überarbeitete Dissertation des 1984 geborenen, in Freiburg und Aberdeen ausgebildeten, 2013 die zweite juristische Staatsprüfung ablegenden, nach kurzen Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Gießen und als Rechtsanwalt in einer großen Wirtschaftskanzlei inzwischen als Richter in Hessen wirkenden Autors. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in drei Teile. Sie betreffen die Naturrechtslehre des 17. und 18. Jahrhunderts (Grotius, Pufendorf, Thomasius, Heineccius, Wolff, Darjes, Achenwall, Martini, Höpfner, Hufeland, Kant und Zeiller), die historische Schule und Pandektenwissenschaft (Savigny, Zitelmann, Windscheid, Enneccerus, Schuppe, Bierling) |
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Taguchi, Masaki, Königliche Gerichtsbarkeit und regionale Konfliktbeilegung im deutschen Spätmittelalter – Die Regierungszeit Ludwigs des Bayern (1314-1347) (= Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge 77). Duncker & Humblot, Berlin 2017. 439 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Taguchi, Masaki, Königliche Gerichtsbarkeit und regionale Konfliktbeilegung im deutschen Spätmittelalter – Die Regierungszeit Ludwigs des Bayern (1314-1347) (= Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge 77). Duncker & Humblot, Berlin 2017. 439 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Noch in dem Sachsenspiegel des frühen 13. Jahrhunderts ist der König gemeiner Richter überall und das Gericht ihm ledig, wohin er kommt. Spätestens seit dem Interregnum geht die Gerichtsbarkeit aber auf die seit dem so genannten privilegium minus des Jahres 1156 für den neuen Herzog des Landes Österreich aber mehr und mehr auf die Landesherren über. Mit dem deswegen besonders interessanten Verhältnis der königlichen Gerichtsbarkeit zu der regionalen Konfliktbeilegung unter Ludwig dem Bayern zwischen 1314 und 1347 beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung.
Sie ist von Peter Moraw in Gießen angeregt, beobachtet und gefördert worden und hat nach dessen Tode die Unterstützung Karin Nehlsen-von Stryks, Karl Kroeschells, Bernd Kannowskis und Wolfgang Kaisers in Freiburg im Breisgau gefunden. Sie gliedert sich in insgesamt fünf Teile, von denen der erste Teil den Forschungsstand und die Fragestellung betrachtet und der letzte Teil eine Schlussbetrachtung verwirklicht. Dazwischen werden die Verhältnisse an dem Mittelrhein, in dem Elsass und am Oberrhein sowie in Westfalen detailliert und sorgfältig erörtert.
In seinem Ergebnis kann der Verfasser an Hand seiner ausgewählten Regionen feststellen, dass man, wenn es zu Konflikten zwischen Fürsten, Adligen, Kirchen, Klöstern und Städten kam, versuchte, ihn mit verschiedenen Mitteln beizulegen, von denen die Klage vor einem ordentlichen Gericht nur ein eher wenig benutztes war, weshalb viele Vergleiche abgeschlossen wurden. Dabei kam den Schiedsgerichten besondere Bedeutung zu, während nur ein kleiner Teil der Konflikte in der jeweiligen, in ihrer Königsnähe unterschiedlichen Regi |
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Militär und Recht vom 16. bis 19. Jahrhundert. Gelehrter Diskurs – Praxis – Transformation, hg. v. Nowosadtko, Jutta/Klippel, Diethelm/Lohsträter, Kai (= Herrschaft und soziale Systeme in der frühen Neuzeit 19). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016. 289 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das seit dem Beginn von Kriegen unter den Menschen allmählich erwachsene Militär hat sich in dem Laufe der Zeit zu einer großen Organisation in vielen Staaten entwickelt, wobei die Römer eine gewichtige Rolle spielten. Für jede große Organisation erwies sich dabei die Verwendung von Recht als notwendig und sinnvoll. Deswegen ist das Verhältnis von Militär und Recht ein bedeutsamer und interessanter Forschungsgegenstand.
Der vorliegende Sammelband stellt nach dem Vorwort der Herausgeber die Ergebnisse einer internationalen und interdisziplinären Tagung in Schloss Thurnau bei Bayreuth in dem Oktober 2007 zu der Geschichte des Militärrechts zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert der Öffentlichkeit zur Verfügung. Er beruht auf einer Zusammenarbeit der Universität Bayreuth, der Universität der Bundeswehr in Hamburg und des Arbeitskreises Militär und Gesellschaft in der frühen Neuzeit e. V. Eine schnellere Publikation der Aufsätze wäre zwar auch nach Ansicht der Herausgeber für alle Beteiligten wünschenswert gewesen. Die erhebliche Verzögerung war aber wegen verschiedener Ursachen und widriger Umstände nicht zu ändern.
Insgesamt enthält das Werk zwölf Beiträge. Sie beginnen mit Ergebnissen und Perspektiven und betreffen weiter etwa die Literatur des Militärrechts in Deutschland in dem 18. Jahrhundert, das Militärstrafrecht in Deutschland in dem 19. Jahrhundert, die Diskussion über Bestimmungen des ius in bello in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die französische Militärgerichtsbarkeit in dem 16. und 17. Jahrhundert, die Rechtsprechung über Soldaten in Frankfurt am Main zwischen 1562 und 1696, die Verhältnisse in Brüssel in dem 18. Jahrhunder |
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Zwischen Konflikt und Kooperation. Praktiken der europäischen Gelehrtenkultur (12.-17. Jahrhundert), hg. v. Boer, Jan-Hendryk de/Füssel, Marian/Schütte, Jana Madlen (= Historische Forschungen 114). Duncker & Humblot, Berlin 2016. 443 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zwischen Konflikt und Kooperation. Praktiken der europäischen Gelehrtenkultur (12.-17. Jahrhundert), hg. v. Boer, Jan-Hendryk de/Füssel, Marian/Schütte, Jana Madlen (= Historische Forschungen 114). Duncker & Humblot, Berlin 2016. 443 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist ein egoistisches Lebewesen, das sich aber nur zusammen mit Mitmenschen als Einzelner wie auch als Gattung erhalten kann. Von daher sind die beiden Möglichkeiten von Konflikt und Kooperation gewissermaßen vorgegeben. Es kann deshalb kaum überraschen, dass sie auch in dem weiten Feld der europäischen Gelehrtenkultur zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert wiederfinden.
Das vorliegende, finanziell vielseitig geförderte Sammelwerk legt die Beiträge zu der Tagung über europäische Gelehrtenkultur (1100-1750) – Praktiken, Positionen, Periodisierungen der Öffentlichkeit vor, die von dem 12. bis zu dem 15. November 2014 als Abschlusstagung des Netzwerks Institutionen, Praktiken und Positionen der Gelehrtenkultur von dem 13. bis zu dem 16. Jahrhundert an der Universität Göttingen stattfand. Es enthält nach einer Einführung der Herausgeber insgesamt 16 Studien. Sie gliedern sich in vier Abschnitte über Organisieren, Streiten, Disputieren und Repräsentieren.
Den Beginn macht Florian Hartmann mit den Anfängen der Universität Bologna in der Form von Rhetoriklehre und studium in artibus in dem 12. und 13. Jahrhundert. Danach werden etwa die institutionelle Arbeitsweise der Universitäten von dem Pariser Typus, die Vorstellungen und Wirklichkeiten der europäischen Einrichtungen höherer Bildung, die Vorlesungszettel des Helmstedter Rhetorikprofessors Christoph Schrader (1635-680), der Judenhass, Konflikte und Konkurrenzen der Mediziner des 15. und 16. Jahrhunderts, die Magersucht in dem 17. Jahrhundert, die Streitkultur der Humanisten an dem Hofe der Aragonesen in Neapel, die Politikberatung aus dem Hörsaal, Disputationen in philosophischen Promotionsakten in Dillingen |
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Hundert (100) Jahre Arbeitsmarktverwaltung. Österreich im internationalen Vergleich, hg. v. Krempl, Mathias/Thaler, Johannes (= Zeitgeschichte im Kontext 12). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017. 266 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hundert (100) Jahre Arbeitsmarktverwaltung. Österreich im internationalen Vergleich, hg. v. Krempl, Mathias/Thaler, Johannes (= Zeitgeschichte im Kontext 12). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017. 266 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die auf Schaffung von Werten gerichtete körperliche oder geistige Tätigkeit begleitet den Menschen von seinen ersten Anfängen an, weil er sich nur dadurch selbst erhalten konnte. In dem Laufe der Entwicklung ergeben sich dabei auch vielfältige und verschiedenartige Formen der Arbeit eines einen für einen anderen. Erst seit der industriellen Revolution an der Wende des 18. Jahrhunderts zu dem 19. Jahrhundert wird die Unselbständigkeit und Fremdbestimmtheit der Tätigkeit es einen für einen anderen jedoch eine allgemeine Erscheinung der modernen Gesellschaft, in der sehr viele Arbeitnehmer ziemlich wenigen Arbeitgebern gegenüberstehen, woraus sich allmählich allgemein ein Bedürfnis nach übergeordneter Verwaltung des Arbeitsmarkts ergeben hat.
Das vorliegende Sammelwerk nimmt dies erfreulicherweise zum Anlass für einen umfassenderen geschichtlichen Rückblick. Es enthält nach einem Vorwort des zuständigen Bundesministers und des Reihenherausgebers sowie einer kurzen Einleitung der in Wien und Jerusalem verorteten Herausgeber elf Beiträge. Sie beginnen mit der k.k. Arbeitsvermittlung an Kriegsinvalide in dem ersten Weltkrieg und enden mit der Arbeiterpolitik in Brasilien unter Getúlio Vargas (1930-1945).
Dabei beschreibt etwa Mathias Krempl die Zäsuren der österreichischen Arbeitsmarktverwaltung zwischen 1917 und 1957, behandelt Johannes Thaler das Verhältnis der Beamten der österreichischen Arbeitsmarktverwaltung zu dem nationalsozialistischen Regime oder untersucht Irina Vana die Verwaltung von Arbeitslosen und Arbeitssuchenden (!) n dem öffentlichen Arbeitsmarkt in Österreich zwischen 1918 und 1934. Ilse Reiter-Zatloukal greift weit auf die rechtsgeschichtliche Entwicklung der Arbeitsmigration se |
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Lehmann, Jens, Der „Gentleman-Verbrecher“ und die Strafjustiz. Karl Friedrich Bernotat vor den Gerichten der Weimarer Republik und des NS-Staates (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen – Paperbacks 1). Lit, Berlin 2015. IX, 113 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lehmann, Jens, Der „Gentleman-Verbrecher“ und die Strafjustiz. Karl Friedrich Bernotat vor den Gerichten der Weimarer Republik und des NS-Staates (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen – Paperbacks 1). Lit, Berlin 2015. IX, 113 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
In dem ohne nähere Darlegung zu dem Verfasser vorgelegten Werk stellte nach einem in dem Anschluss an das Inhaltsverzeichnis wiedergegebenen Polizeibericht von 1935 (die Hauptfigur Karl Friedrich) Bernotat einen Verbrechertyp dar, wie er zwar in Filmen und Detektivromanen vorgeführt wird, wie man ihn aber in der Wirklichkeit kaum für möglich hielt. Ihm nähert sich das Werk in 31 Kapiteln. Sie betreffen die ersten Jahrzehnte, die Schießerei von Radis, die Pensionsdiebstähle, den Diebstahl der Akten im Fall Frantz, die Flucht aus Moabit, die erste Zuchthausstrafe, das Verfahren wegen Bestechung und Gefangenenbefreiung, die Flucht aus Gollnow, die Freilassung 1914, die Ermittlungen gegen Gustav Weißenburg und Friedrich Meinert, die Büroeinbrüche, die erneute Festnahme Bernotats, das Schreiben an Joseph Goebbels, die Verwertung des „Inventars“, das Urteil wegen des Überfalls, die Ermittlungen wegen Hehlerei, den Auftrag an Heinrich Disse, die erste Anklage wegen Hehlerei, die Festnahme Ernst Näglers, den ersten Wiederaufnahmeantrag, die erste Hauptverhandlung wegen Hehlerei, den Hinweis auf „völkische Belange“, den zweiten Wiederaufnahmeantrag, die Entscheidung des Reichsgerichts, die Ablehnung des zweiten Wiederaufnahmeantrags, die zweite Verurteilung wegen Hehlerei und den Tod Willi Hotzes, das Schreiben an die „Kanzlei des Führers“, die weiteren Gnadengesuche, die „Vernichtung durch Arbeit“, einen Bruder Karl Bernotats und die Aktion „T4“ sowie den Versuch einer Bilanz.
Nach zunächst in der Illustrierten Quick erschienenen Erinnerungen des Verteidigers Dr. Dr. Erich Frey war der im Eingang abgebildete Berliner Kaufmann Karl Friedrich Bernotat ein charmanter Kavalier, der in d |
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Schirmer, Jakob, Die Göttinger Hegel-Schule. Julius Binder, Karl Larenz, Martin Busse, Gerhard Dulckeit und der juristische Neuhegelianismus in den 1930er Jahren (= Europäische Hochschulschriften 2, 5867). Lang, Frankfurt am Main 2016. 283 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schirmer, Jakob, Die Göttinger Hegel-Schule. Julius Binder, Karl Larenz, Martin Busse, Gerhard Dulckeit und der juristische Neuhegelianismus in den 1930er Jahren (= Europäische Hochschulschriften 2, 5867). Lang, Frankfurt am Main 2016. 283 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Stuttgart 1770 als Sohn eines Beamtem geborene Georg Friedrich Wilhelm Hegel wurde nach dem Studium von Philosophie und Theologie in Tübingen Hauslehrer in Bern und Frankfurt am Main sowie nach der in Jena erfolgten Habilitation des Jahres 1801 außerordentlicher Professor in Jena, Heidelberg und Berlin. Für ihn war Weltgeschichte der notwendig fortschreitende Prozess, in dem sich der absolute Geist seiner Freiheit in dem dialektischen Dreischritt von These, Antithese und Synthese bewusst wird und in der tatsächlichen Umwelt der Staat Preußen die Verwirklichung der Freiheit. Seine Überlegungen griff der in Würzburg 1870 als Sohn eines Stadtrechtsrats geborene, in seiner Heimatstadt mit einer Dissertation über die subjektiven Grenzen der Rechtskraft promovierte und 1898 mit einer Schrift über Korrealobligationen im römischen und im heutigen Recht für römisches Recht, bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht habilitierte, von 1900 bis 1903 in Rostock, von 1903 bis 1913 in Erlangen, von 1913 bis 1919 in Würzburg und von 1919 bis 1937/1938 in Göttingen wirkende, schließlich aber enttäuscht in München-Gauting am 28. August 1939 verstorbene Julius Binder, der sich in den Werken Rechtsbegriff und Rechtsgestalt (1915), Philosophie des Rechts (1925), Grundlegung zur Rechtsphilosophie (1935) und System der Rechtsphilosophie (1937) unter allmählicher Abkehr von einem zunehmend als positivistisch abgelehnten Neukantianismus (Kantianismus und Hegelianismus in der Rechtsphilosophie 1927) in einer längeren Entwicklung auf.
Sein bekanntester Schüler wurde der in Wesel 1903 in einer Juristenfamilie geborene, von (dem in Würzburg geborenen Gerhard) Hellmuth Mayer während des Studi |
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Deák, István, Kollaboration, Widerstand und Vergeltung im Europa des Zweiten Weltkrieges, aus dem Ungarischen übersetzt von Schmidt-Schweizer, Andreas. Böhlau, Wien 2017. 367 S., 12 Abb., 5 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Deák, István, Kollaboration, Widerstand und Vergeltung im Europa des Zweiten Weltkrieges, aus dem Ungarischen übersetzt v. Schmidt-Schweizer, Andreas. Böhlau, Wien 2017. 367 S., 12 Abb., 5 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als Hitlers Armeen erfolgreich den Großteil Europas besetzt hatten, stellte sich für die jeweiligen Gemeinwesen wie auch für jedes Individuum die Frage nach dem angemessenen Umgang mit dieser Situation. Jeweils unterschiedliche Rahmenbedingungen eröffneten unterschiedliche Spektren, die wiederum eine Vielzahl möglicher Handlungsmuster zuließen. Die im Titel aufgeführten Termini Kollaboration, Widerstand und Vergeltung, ergänzt um den allgemeineren Begriff der Anpassung, stehen damit in der Lebenswirklichkeit für differenzierte, im Fluss befindliche Phänomene, deren vergleichende Betrachtung beispielsweise deutliche Unterschiede für den Westen und den Osten Europas zutage fördert. Zugleich kann man generell festhalten, dass – dem Gesetz der Opportunität folgend – mit dem Abzeichnen der deutschen Niederlage die Kollaborationsbereitschaft naturgemäß zurücktrat und widerständige Aktivitäten massiv anwuchsen, wobei sich dabei gar nicht so selten dieselben Akteure hervortaten. „(V)iele der Pariser Polizisten, die im August 1944 auf sich zurückziehende deutsche Soldaten schossen, (hatten) vielleicht zwei Jahre davor jüdische Frauen und Kinder ins Vélodrome d’Hiver getrieben, von wo sie nach Auschwitz transportiert wurden“ (S. 321). Der Verfasser spricht in der Einleitung insgesamt von einer „zum Verzweifeln komplexe(n) Reihe von Geschehnissen“, die „eine außerordentliche Wirkung auf Europa, aber auch auf unser gegenwärtiges Leben ausgeübt“ habe und ausübe und nichtsdestotrotz bislang wissenschaftlich noch nicht im Zusammenhang bearbeitet worden sei (S. 38). In Ermangelung umfassender statistischer Daten zur Zahl der Kollaborateure und der Mitglieder des Widerstands insgesamt und in den verschiedenen Ländern seien diesbezüglich |
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Schweikert, Rudi, „Durch eegenes Ingeniums zusammengesetzt“. Studien zur Arbeitsweise Karl Mays aus fünfundzwanzig Jahren. Hansa Verlag, Husum 2017. 299 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schweikert, Rudi, „Durch eegenes Ingeniums zusammengesetzt“. Studien zur Arbeitsweise Karl Mays aus fünfundzwanzig Jahren. Hansa Verlag, Husum 2017. 299 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
„Ich aber setze mir die rhetorisch lexikalische Weltgeschichte durch eegenes Ingenium zusammen“. Mit diesem Dialog-Teil stattete der Schriftsteller Karl May eine seiner Figuren in „Der Geist der Llano estakata“. aus Der Ausspruch charakterisiert nicht allein die Figur, sondern – weil sie auch ein humoristisch gefärbtes alter ego des Autors darstellt - durchaus auch seine Methoden, Macharten und sein historisches Weltbild. Der gelehrte Mannheimer Germanist und Schriftsteller Rudi Schweikert legt mit dem Sammelband unveröffentlichte Studien zur Arbeitsweise Karl Mays vor. Reinhold Wolff, nach Claus Roxin Vorsitzender der literarisch-wissenschaftlichen Karl-May-Gesellschaft, hat Schweikert zurecht einen „Polyhistor“ genannt und beschrieben, „welche Faszination vom geheimen Zusammenhang der Dinge, Menschen, Bilder und Wörter für ihn ausgeht“. Asketische Unersättlichkeit spreche aus des Autors „Bücherbiberburg“. In ihr findet Schweikert seine methodisch intertextuellen Juwelen, die mit den Namen Arno Schmidt, Cooper, Rilke, Sir Galahad , Walter Benjamin, Kurt Laßwitz und Karl May nur sehr auswahlweise mit Namen genannt werden können. Dem Rohstoff für das literarische Geschmeide schürft er mit einem „organisierten Skeptizismus“ nach. Auf diese Weise dringt er zu den wertvollen glitzernden Kernen der Phantasiewelten vor, zu ihren charakteristischen Formen und Färbungen als Naturperlen oder Zuchtperlen, und auch zu ihren - Karl May ist ein deutliches Beispiel – Beschränkungen und Grenzen in den Wundergehäusen von Literatur und Wissenschaft.
Viele der köstlichen Kleinode aus der Feder des Autors und im mehrfachen Sinne des Wortes Lektors sind hier zu lesen. Schweikert zeigt in den bislang unveröffentlicht gebliebenen, aber damit keineswegs veraltete |
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Die Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen. Vierter Band 1235-1247, bearb. v. Graber, Tom/Kälble, Mathias (= Codex diplomaticus Saxoniae, erster Hauptteil Die Urkunden der Markgrafen von Meißen, Landgrafen von Thüringen, Herzöge und Kurfürsten von Sachsen, Abteilung A Die Urkunden von 948 bis 1380, Band 4). Hahnsche Buchhandlung, Peine 2014. XCVI, 479 S., 20 Taf. Besprochen von Wilhelm A. Eckhardt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen. Vierter Band 1235-1247, bearb. v. Graber, Tom/Kälble, Mathias (= Codex diplomaticus Saxoniae, erster Hauptteil Die Urkunden der Markgrafen von Meißen, Landgrafen von Thüringen, Herzöge und Kurfürsten von Sachsen, Abteilung A Die Urkunden von 948 bis 1380, Band 4). Hahnsche Buchhandlung, Peine 2014. XCVI, 479 S., 20 Taf. Besprochen von Wilhelm A. Eckhardt.
Als Otto Posse 1898 den bis 1234 führenden dritten Band des Codex diplomaticus Saxoniae veröffentlichte, schrieb er bereits im Vorwort: „der bis zum Jahre 1247 reichende vierte Band liegt zum Drucke vor.“ Aber der tatsächliche Stand der Arbeit war noch keineswegs so weit. Als Posse 1919/1920 seine Unterlagen an seinen Amtsnachfolger übergab, hat der Dresdener Archivdirektor Wolfgang Lippert, wie Matthias Werner in seinem Vorwort zum vierten Band zitiert, den rudimentären Zustand der Zettelsammlung mit folgenden Worten charakterisiert: „Der vorliegende Stoß von Abschriften verschiedenen Formats stellt das Manuskript des Cod. Dipl. Saxon. Haupttl. Bd. IV dar.“ In der Folgezeit hat es verschiedene Versuche gegeben, die Edition wieder in Gang zu bringen, doch sind sie alle gescheitert, wohl auch wegen der unzulänglichen Vorarbeiten.
Der Neubeginn kam erst 2008, als die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und das Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. in Dresden sich des Projekts annahmen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn der von Tom Graber und Mathias Kälble bearbeitete Band ist ein Musterbeispiel gründlicher Editionstätigkeit. Das ist auch gut so, denn die hier veröffentlichten Quellen sind sehr wichtig für die Geschichtsforschung, lassen sie doch einerseits die Weichenstellungen für die territoriale Entwicklung in Mitteldeutschland nach Aussterben der Ludowinger erkennen und haben sie andererseits neues Licht auf die Bedeutung Heinrich Raspes als deutscher Gegenkönig geworfen |
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Schrimm, Kurt, Schuld, die nicht vergeht – Den letzten Verbrechern auf der Spur. Heyne, München 2017. 400 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schrimm, Kurt: Schuld, die nicht vergeht – Den letzten NS-Verbrechern auf der Spur. Heyne, München 2017. 400 S.
Einer Anregung nach einer Fernsehsendung folgend schrieb Kurt Schrimm, der von September 2000 bis September 2015 Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg war, in neun Kapiteln mit einem Prolog und einem Fazit über seine Arbeit in der Zentralen Stelle und über andere Aspekte seiner Tätigkeit als Staatsanwalt. Im Prolog beschreibt er bewegend die Vernehmung einer Zeugin in New York, die ihre Zufriedenheit über die Tatsache ausdrückte, dass erstmals nach vierzig Jahren ein offizieller Vertreter des deutschen Staates sie nach ihrem Schicksal fragt und dafür zuhören will. „… egal, ob Sie den Schwammberger einsperren oder nicht. Ich kann jetzt ruhig sterben“. Im Kapitel 1 (S. 13 – 25) beschreibt der Autor seinen Lebensweg seit 1949, der ihn 1982 zur Zentralen Stelle führte. Aus späteren Hinweisen ist zu ergänzen, dass ihn das Schicksal seines 1943 verstorbenen Großvaters, der zu Anfang der nationalsozialistischen Zeit als Kommunist in einem der frühen Konzentrationslager war, bewog, die Perspektive der nationalsozialistischen Opfer im Bewusstsein zu halten. Hieraus war ihm ‚die Schuld, die nicht vergeht‘ ein Antrieb für sein Handeln. Bei der Feier aus Anlass des 50-jährigen Bestehens konnte er in ‚seiner Behörde‘ den Bundespräsidenten begrüßen und durfte später mit dem Bundespräsidenten Gauck Strafverfolger in Argentinien in der Verfolgung lang zurück liegender Straftaten schulen. Seine eigenen Qualitäten sucht der Verfasser an zahlreichen Stellen des Buches ins richtige Licht zu setzen (wie etwa S. 289) ‚Dann fragen Sie den Kollegen S‘. Kapitel 2 (S. 26 – 48) schildert die Gründe für die Strafverfolgung von Tätern, deren Taten 70 Jahre zurück liegen. Das Für – und – Wider einer Verfolgung sei nach seinen Beobachtungen gleichmäßig in der deutschen Bevölkerung ver |
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Vor 70 Jahren - Stunde Null für die Justiz? - die Augsburger Justiz und das NS-Unrecht, hg. v. Koch, Arnd/Veh, Herbert (= Augsburger Rechtsstudien 84). Nomos, Baden-Baden 2017. 205 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vor 70 Jahren – Stunde Null für die Justiz? – die Augsburger Justiz und das NS-Unrecht, hg. von Arnd Koch/Herbert Veh (Augsburger Rechtsstudien 84). Nomos, Baden-Baden 2017. 205 S.
Der von Arnd Koch (Professor an der Universität Augsburg u. a. für Juristische Zeitgeschichte) und Herbert Veh (Präsident des Landgerichts Augsburg) herausgegebene Band vereinigt die sieben Vorträge, die ab Juli 2015 über den Wiederaufbau der Augsburger Justiz in der Nachkriegszeit und ihren Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit an historischen Orten der frühen Augsburger Nachkriegsjustiz gehalten worden sind. Im ersten Beitrag des Bandes befasst sich Christian Safferling (Professor an der Universität Erlangen-Nürnberg) mit der Aufarbeitung von nationalsozialistischem Unrecht durch die deutsche Nachkriegsjustiz (S. 9-39). Es werden behandelt das Nürnberger Internationale Militärtribunal, die Strafverfolgung in den Besatzungszonen nach KRG Nr. 10, die Nürnberger Nachfolgeprozesse, die Zentrale Rechtsschutzstelle (Rechtsschutz für Deutsche, die im Ausland wegen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgt wurden) und die Zentrale Stelle in Ludwigsburg. Hingewiesen wird auch auf die Verjährungsproblematik bei Beihilfe zum Mord eines BGH-Urteils vom 20. 5. 1969 (BGHZ 22, 375), das auf einer Gesetzesänderung von 1968 beruhte. Die Wiedereröffnung der Gerichte in Bayern ist Gegenstand des Beitrags von Edith Raim (Historikerin am Institut für Zeitgeschichte), die sich an der Universität Augsburg mit dem Thema: „Wiederaufbau und Ahndung der NS-Verbrechen in Westdeutschland 1945-1949“ (München 2013) habilitiert hat. Die Eröffnung der Gerichte erfolgte bereits ab Mai/Juni 1945; jedoch waren die materiellen Bedingungen des Wiederaufbaus äußerst bescheiden (S. 53ff. zu Nürnberg). Die zunächst strenge amerikanische Entnazifizierungspolitik ließ sich auf die Dauer nicht durchhalten, so dass bereits im Frühjahr 1949 in Bayern 75% aller wiederbeschäftigten Richter und Staats |
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Schlosser, Hans, Neuere europäische Rechtsgeschichte (= Grundrisse des Rechts), 3. Aufl. Beck, München 2017. XXVII, 461 S. Besprochen von Reinhard Schartl. |
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Bis zu dem zweiten Weltkrieg wurde Rechtsgeschichte vor allem aus nationaler Sicht dargestellt. Verstärkt widmeten sich seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die Werke zur „Privatrechtsgeschichte der Neuzeit“ (wozu auch die Darstellung des Autors in der Nachfolge Erich Molitors, Grundzüge der neueren Privatrechtsgeschichte, zuletzt 2005 gehört) dem europäischen Aspekt, der sich in erster Linie aus der gemeinsamen Grundlage vieler nationaler Rechte im römischen Recht ergab. Daneben stand die Rechtsvergleichung, die ohne den historischen Bezug nicht auskam. Beschränkte sich diese Erweiterung des Horizonts zunächst auf das Privatrecht, so rückten in der Folge auch andere Rechtsmaterien wie Strafrecht und Prozessrecht in den Mittelpunkt des Interesses. Lehrbücher zur europäischen Rechtsgeschichte entstanden jedoch erst in diesem Jahrhundert. Dass der erstmals 2012 erschienene Grundriss des Augsburger Rechtshistorikers nunmehr bereits seine dritte und deutlich erweiterte Auflage erlebt, belegt, dass sich er sich einer großen Nachfrage erfreut, und das mit Recht.
Der Verfasser beginnt sein 16 Kapitel umfassendes Lehrwerk mit der Benennung der tragenden Säulen der europäischen Rechtsarchitektur: dem Corpus iuris civilis, dem Corpus iuris canonici, dem daraus entwickelten Ius commune und schließlich der für die „historisch-ideologische Tiefenprägung des modernen Rechtsdenkens und Wertesystems“ entscheidend wirkenden Aufklärung. Die Ursache für die Rezeption des römischen Rechts sieht er im Versagen der auf Mündlichkeit, Gewohnheit und Gerichtsgebrauch gegründeten alten Ordnungswelt der überwiegend agrarisch geprägten Gesellschaften gegenüber der wachsenden Komplexität der sich differenzierenden Rechtsbeziehungen. In den folgenden Kapiteln beschreibt und analysiert er die Rechtsentwicklung vom spätantiken Vulgarrecht, |
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Vor 70 Jahren - Stunde Null für die Justiz? - die Augsburger Justiz und das NS-Unrecht, hg. v. Koch, Arnd/Veh, Herbert (= Augsburger Rechtsstudien 84). Nomos, Baden-Baden 2017. 205 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Nach dem Vorwort der beiden Herausgeber wurde mit dem Einmarsch der Amerikaner in Augsburg an dem 28. April 1945 die Gerichte geschlossen, doch währte der Stillstand der Rechtspflege nur kurze Zeit, denn bereits an dem 9. Juli 1945 wurde wieder ein Präsident des Landgerichts Augsburg ernannt. Auf den Tag genau 70 Jahre später begann eine an den Neuanfang erinnernde öffentliche Vortragsreihe in der St.-Anna-Grundschule, in dem Kolpinghaus und in dem Saal 201 des Landgerichts. Ziel war es, den Umgang der Augsburger Justiz, deren Gebäude durch Bombentreffer zerstört und für die kaum unbelastete Richter zu finden waren, mit dem nationalsozialistischen Unrecht in den überregionalen Kontext zu stellen.
Unmittelbar nach dem Erscheinen der 2017 veröffentlichten Vorträge bekundete ein bestens ausgewiesener Sachkenner sein Interesse an einer Rezension. Deswegen genügen es an dieser Stelle einige allgemeine Hinweise. Enthalten sind insgesamt sechs gedankenreiche sorgfältige Studien.
Sie beginnen mit der Aufarbeitung nationalsozialistischen Unrechts durch die deutsche Nachkriegsjustiz und behandeln danach die Wiederöffnung der Gerichte in Bayern und insbesondere in Augsburg. Auf dieser breiten Grundlage werden der Prozess gegen die alle Anklagepunkte vehement zurückweisende, aber gleichwohl zu lebenslanger Haft verurteilte und sich nach dem Verlust jeder Hoffnung auf Begnadigung in Aichach an dem 2. September 1967 in dem Alter von 61 Jahren das Leben nehmende „Kommandeuse von Buchenwald“ und der Huppenkothen-Prozess detailreich und spannend nachgezeichnet, während zum Abschluss der Widerstandskämpfer und Rechtsanwalt Franz Reisert gewürdigt wird. Verdient hätte der schlanke gefällige Band über das Autorenverzeichnis hinaus noch |
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Albrecht, Martin, Die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Leipzig. Mitarbeiter, Ermittlungsverfahren und Haftbedingungen. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 2017. 192 S., 1 Erratum. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Weber, Max, Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung II Briefe, Band 2 Briefe 1887-1894, hg. v. Aldenhoff-Hübinger, Rita in Zusammenarbeit mit Gerhards, Thomas/Oßwald-Bargende, Sybille. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XX, 683 S., 1 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Die Jahre von 1887 bis 1894 waren für den so vielseitigen Juristen, Ökonomen und Soziologen Max Weber (1864 – 1920) sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht bedeutungsvoll. Diese Lebensphase erschließt sich vor allem aus der umfangreichen wissenschaftlich-politischen und privaten Korrespondenz des Gelehrten, die an zwei Arbeitsstellen (Historisches Seminar der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Max-Weber-Institut für Soziologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) editorisch aufbereitet worden ist. Der aktuelle Band versammelt 206 Briefe, allesamt aus der Feder Max Webers, wovon ein gutes Drittel an seine Braut und spätere Ehefrau Marianne (geb. Schnitger) gerichtet ist. Die „Briefe“ bilden die Abteilung II der Max Weber-Gesamtausgabe (MWG), neben der Abteilung I „Schriften und Reden“ und der Abteilung III „Vorlesungen“. Von den ab 1990 publizierten, insgesamt 11 Bänden der Abteilung II „Briefe“ stehen mittlerweile nur mehr Band 1 (Briefe 1875-1886) und der abschließende Band 11 (Nachträge und Gesamtregister) aus.
Eine an den Inhalten der Briefe orientierte Auswertung nimmt die sich über 36 Druckseiten erstreckende Einleitung vor. Hier berichten die Herausgeber anhand der Korrespondenzen zunächst über Max Webers juristische Ausbildung und die Formierung seines wissenschaftlichen Werdegangs von der Dissertation („Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter“, 1889) über die Habilitation („Römische Agrargeschichte“, 1891) bis hin zu seinen Verwendungen erst als Privatdozent, dann als etatmäßiger außerordentlicher Professor an der Juristischen Fakultät in Berlin (hier lehrte er Römisches Sachenrecht, Römische Rechtsgeschichte und darüber hinaus in |
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Die Rolle des Juristen im Widerstand gegen Hitler – Festschrift für Friedrich Justus Perels, hg. v. Stiftung Adam von Trott Imshausen e. V. Nomos, Baden-Baden 2017. 232 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die Rolle des Juristen im Widerstand gegen Hitler – Festschrift für Friedrich Justus Perels, hg. v. Stiftung Adam von Trott Imshausen e. V. Nomos, Baden-Baden 2017. 231 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Name Perels begegnet in den Annalen der Rechtsgeschichte bereits mit dem in Berlin 1836 in einer jüdischen Familie geborenen Ferdinand Perels, der nach dem Studium der Rechtswissenschaft in dem Justizdienst Preußens und der Marine des Norddeutschen Bundes zu einem Lehrer für Völkerrecht, Seerecht und Militärrecht an der Marineakademie Kiel und zu einem stellvertretenden Bevollmächtigten Preußens zu dem Bundesrat des Deutschen Reiches aufstieg, dem die Universität Berlin 1900 eine Honorarprofessur verlieh. Der in Berlin 1878 geborene, von Karl Zeumer beeinflusste Kurt Perels wurde 1903 Privatdozent in Kiel, 1908 außerordentlicher Professor in Greifswald sowie 1909 ordentlicher Professor in Hamburg, nahm sich aber dort an dem 10. September 1933 das Leben. Der in Berlin an dem 13. November 1910 geborene Friedrich Justus Perels wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg und der ersten Staatsprüfung in dem Jahre 1933 gemeinsam mit Hermann Ehlers Berater des Pfarrernotbunds und der bekennenden Kirche und danach als Mitglied des Widerstands gegen Adolf Hitler 1945 verhaftet und an dem 23. April 1945 hingerichtet.
Ihm ist die vorliegende schlanke Festschrift gewidmet. Sie hat bei ihrem Erscheinen unmittelbar das Interesse eines besonders sachkundigen Rezensenten erweckt. Deswegen genügt es an dieser Stelle, vorweg auf das Werk als solches hinzuweisen.
Nach einem kurzen Vorwort gliedert sich das dem Gedenken an einen todesmutigen Juristen gewidmete Werk in drei Teile. Sie betreffen die Erinnerung an Rechtsdenken und Rechtspraxis im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Juristen im Widerstand (Friedrich Weißler, Friedrich Justus Perels, Josef Wirmer, Adam von Trott zu Solz, Richard Schmid) und das Erbe des Rechtsd |