Original Ergebnisseite.

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern - empirische Studien und juristische Expertise, hg. v. Jurczyk, Karin/Walper, Sabine (= Deutsches Jugendinstitut e. V. Band 1). Springer, Berlin 2013. 385 S., graph. Darst. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern - empirische Studien und juristische Expertise, hg. v. Jurczyk, Karin/Walper, Sabine (= Deutsches Jugendinstitut e. V. Band 1). Springer, Berlin 2013. 385 S., graph. Darst. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die menschliche Geschichte beginnt ohne einen formellen Vorgang einer zeremoniellen Verheiratung mit dem natürlichen Vorgang der sexuellen Vereinigung von jeweils einem Mann und einer Frau, sofern eine Vereinigung einer Samenzelle mit einer Eizelle gelingt. In diesen Anfängen besteht auch kein besonderes Sorgerecht, aber irgendwie ist der Menschheit durch vorgegebene Triebe gleichwohl das Überleben gelungen. Sehr viel später wurden auf Grund rationaler Überlegungen Ehe und Unterhaltspflichten geschaffen, deren Folgen in der Gegenwart zu neuen Veränderungen geführt haben, auf Grund deren die Eheschließung zwecks Kinderzeugung an kultureller Selbverständlichkeit verloren und die wegen der Emanzipation der Frau von der Vorherrschaft der Männer und der Erfindung der Empfängnisverhütung durch chemische Stoffe gesunkene Zahl von Kindern zu Rechtsstreitigkeiten über Rechte an ihnen geführt hat.

 

Dementsprechend hat sich im Rahmen einer weltweiten Entwicklung Familie in Deutschland in den vergangenen fünfzig Jahren vor allem in Bezug auf Elternschaft und Familie durch Ehe beträchtlich verändert. Vor dem Hintergrund dieses gesellschaftlichen Wandels stellt sich die Frage, wie das Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern am besten geregelt werden kann, insbesondere im Sinne der Kinder, die im Idealfall auf den Rückhalt beider Eltern zurückgreifen können sollen, im Zweifelsfall aber auch vor erhöhten Gefährdungen ihrer Sicherheit und ihres Wohlbefindens geschützt werden sollen. Mit dieser Thematik befasst sich  aufklärend der vorliegend Band, der vor allem danach fragt, wie rechtliche Regelungen und individuelles Verhalten sowie gesellschaftliches Verständnis von elterlicher Sorge zusammenpassen, wofür im Mai 2009 das Bundesministerium für Justiz das Deutsche Jugendinstitut mit einem diesbezüglichen Forschungsprojekt beauftragte.

 

Gegliedert ist das inzwischen vorliegende Ergebnis in insgesamt 13 Abschnitte. Sie betreffen nach einer Einleitung über die auffällige tatsächliche Entwicklung nichtehelicher Geburten in Deutschland, die Rechtslage bei nichtehelichen Geburten in Deutschland, eine Analyse der Rechtsprechung und Literatur zur gemeinsamen elterlichen Sorge, Familien heute, die rechtsgeschichtliche Entwicklung, den internationalen Rechtsvergleich, Ziele und Ablauf des Forschungsprojekts, eine Auswertung der amtlichen Statistik zur Abgabe von Sorgeerklärungen nicht miteinander verheirateter Eltern, eine standardisierte Kurzbefragung von Eltern  nichtehelich geborener Kinder, eine standardisierte Intensivbefragung von Eltern nichtehelich geborener Kinder, qualitative Interviews mit Eltern nichtehelich geborener Kinder, qualitative Experteninterviews und eine Zusammenfassung. Im Ergebnis stehen aus Sicht der Eltern alltagspraktische Erwägungen der Verantwortungs- und Pflichtenübernahme im Vordergrund und können sich vor allem für getrennt lebende Eltern manifeste Gründe ergeben, nicht mit dem anderen Elter die gemeinsame Sorge auszuüben, wofür zumindest potenziell kindeswohlrelevante Gründe eine größere Rolle bei der Entscheidung gegen die gemeinsame Sorge spielen, so dass anscheinend die berichtete Entkoppelung von Ehe und Elternschaft nicht auch eine durchgängige Entkopplung von Partnerschaft und Elternschaft impliziert, was sich nur zu Gunsten des Wohles der betroffenen Kinder auswirken kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler