Meyer, Carla, Die Stadt als Thema. Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 (= Historische Forschungen). Thorbecke, Stuttgart 2009. 558 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Bernd Schneidmüller betreute, während und parallel zu einer Tätigkeit am historischen Seminar der Universität Heidelberg entstandene, im Wintersemester 2007/2008 von der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie hat rasch das Interesse eines Rezensenten gefunden. Da der Verlag aber kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss sie vom Herausgeber kurz angezeigt werden.
Gegliedert ist die stattliche Untersuchung in fünf Teile. Davon erfasst die Einleitung das 1945 im Kern zu 91 Prozent zerstörte Nürnberg als Ikone deutscher Größe vor allem in seiner goldenen Zeit. Verallgemeinernd wird die Stadt überhaupt thematisiert.
Der Schwerpunkt liegt danach auf Nürnbergs verschiedenen (Er)Fassungen. Dabei untersucht die Autorin vor allem die Stadtchronistik als Identitätserzählung und stellt politische Dichtung und städtisches „Image“ gegenüber. Auf Grund von Städtelob und Stadtbeschreibung fragt sie, ob ihr Gegenstand eine goldene Zeit oder eine Krisenzeit voll äußerer Gefahren und innerer Konflikte erlebte.
Im Ergebnis findet sie einen Mythos Nürnberg, den auch die nahezu vollständige Zerstörung der steinernen Existenz nicht beseitigen konnte. Ganz im Gegenteil werde auch heute daran mit den Mitteln der Gegenwart und den Bedürfnissen der Zeit entsprechend weitergebaut. Für die auf diese Weise an einem bedeutenden Modell gegebene Erklärung wird ihr nicht nur Nürnberg, sondern die gesamte Stadtgeschichtsforschung dankbar sein dürfen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Meyer, Tim, Gefahr vor Gericht. Die Formstrenge im sächsisch-magdeburgischen Recht (= Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 26). Böhlau, Köln 2009. XXIV, 278 S. Besprochen von Bernd Kannowski. |
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Glaubt Tim Meyer sich selbst in Gefahr vor Gericht? Hatte er bei Abfassung der Arbeit das Urteil vor Augen, das nach ihrem Erscheinen über sie ergehen könnte? Ich denke, dazu besteht kein Anlass. Das Ergebnis ist in vieler Hinsicht bemerkenswert. Zunächst wegen der sorgfältig abwägenden, zutiefst sach- und quellenkundigen sowie vorschnelle Ergebnisse unbedingt vermeidenden Argumentation (welche die Gefahr vor Gericht minimiert). Wohl nicht jeder wäre so zurückhaltend. Meyers Zurückhaltung aber ist zu begrüßen, und das nicht nur bereits aus grundsätzlichen Erwägungen. Wir bewegen uns auf einem Gebiet, das zum Spekulieren – wie ein Blick auf ältere Arbeiten ergibt – einzuladen scheint. Es geht um ein vermeintlich typisches Kennzeichen des deutschen mittelalterlichen Prozesses und damit um die grundsätzliche Frage nach seiner Andersartigkeit an wichtigen Punkten, die heutigen Vorstellungen kontrastierend – und somit auch mit didaktischem Wert – gegenübergestellt werden könnten. Die Rede ist von Formstrenge und der mittelalterlichen vare, nicht ungeschickt von Meyer frei übersetzt als „Gefahr vor Gericht“.
Meyer wurde mit dieser Arbeit im Jahr 2009 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster unter Betreuung durch Peter Oestmann promoviert. In seiner Dissertation geht Meyer der Fragen nach, inwiefern die in der älteren Literatur anzutreffende Auffassung, bereits minimale Abweichungen von vor Gericht einzuhaltender Form im Hinblick auf Verhalten und Formulieren könnten einschneidende Konsequenzen bis zum Prozessverlust zur Folge haben, einer kritischen Überprüfung anhand der sächsischen Rechtsquellen standzuhalten vermag. Diese Bezeichnung bedeutet für Meyer nicht die Eingrenzung auf ein fest umrissenes geographisches Gebiet. Gemeint sind |
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Michalczyk, Roman, Europäische Ursprünge der Regulierung von Wettbewerb (= Rechtsordnung und Wirtschaftsgeschichte 1). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XIV, 302 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
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Die Arbeit ist die von Mathias Schmoeckel angeregte und betreute, im Rahmen des Verbundprojekts Gestaltung der Freiheit – Regulierung von Wirtschaft zwischen historischer Prägung und Normierung entstandene, im Sommer 2010 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich klar in Einleitung, Untersuchung und Ergebnis. Sie stellt eine ansprechende These auf und führt sie einem verständlichen Ergebnis zu.
Im Kern geht es um das natürliche Monopol der Eisenbahn und die sachgerechte Verteilung von Ausgaben und Einnahmen zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Da eine an möglichst gerade Schienen fest gebundene Eisenbahn zwischen zwei Orten wegen der entstehenden Kosten sinnvollerweise nur einmal gebaut werden soll, muss der Nutzer irgendwie davor geschützt werden, dass der Unternehmer sein Monopol zur Erzielung überhöhter Gewinne zu Lasten des Nutzers verwendet. Da die Eisenbahn in England ihren Betrieb 1825, in den Vereinigten Staaten von Amerika 1826 und in Preußen 1838 aufnahm, stellt sich die Frage, wo die daraus erwachsende Problematik zuerst erkannt und sinnvoll bearbeitet wurde.
Nach sorgfältiger Untersuchung seiner Quellen gelangt der Verfasser zu der Ansicht, dass der staatliche Handlungsbedarf in Europa zuerst gesehen wurde. Allerdings taugten die dort zu ihrer Lösung entwickelten rechtlichen Mittel nicht wirklich. Nach dem Verfasser gelang den Vereinigten Staaten von Amerika die notwendige Regulierung zuerst, doch wurden hierfür in Europa gefundene Gedanken verwendet.
Leider enthält die moderne Studie zahlreiche formelle Schwächen. Trotz der im Vorwort genannten umfangreichen Bemühungen finden sich viele, mit moderner Rechtsschreibhilfe |
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Migrationserfahrungen – Migrationsstrukturen, hg. v. Schunka, Alexander/Olshausen, Eckart (= Stuttgarter Beiträge zur Historischen Migrationsforschung Band 7). Steiner Stuttgart 2010. 205 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit Beginn seiner Geschichte wandert der Mensch auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen auf der Erde umher. Vermutlich ausgehend von Ostafrika griff er immer weiter in alle ihm möglichen Richtungen aus. Erst vor rund 10000 Jahren ermöglichten ihm Viehzucht und Ackerbau die einigermaßen dauerhafte Niederlassung in festen Häuser und Siedlungen im vorderen Orient.
Diese Verstetigung war trotz der damit verbundenen ökonomischen Vorteile allerdings niemals eine vollständige. Ortswechsel geschehen nach wie vor in großem Umfang teils freiwillig, teils mehr oder weniger unfreiwillig. Unter dem modernen Stichwort Migration stellt sich deshalb aus übergeordneter Sicht die Frage, wie Ortswechsel Denken und Handeln der Menschen prägten und prägen.
Unter diesem Blickwinkel fand im Jahre 2006 ein Kolloquium des vor fast 20 Jahren gegründeten Stuttgarter Arbeitskreises für Historische Migrationsforschung statt. Seine Beiträge wollen in epochenübergreifender Perspektive die erfahrungsgeschichtliche Dimension mit strukturellen Überlegungen verknüpfen. Zwar konnten nicht alle geschichtlichen Zeitabschnitte angemessen erfasst werden, doch umfassen die insgesamt 10 Beiträge als Fallstudien doch ein weites zeitliches und sachliches Betrachtungsfeld.
Dieses beginnt nach einer einführenden Einleitung der Herausgeber mit dem Warten Ciceros auf Caesar im selbstgewählten Exil (Eckart Olshausen). Zeitlich folgen dann Völkerwanderung (Holger Sonnabend), württembergische Aufständische des Bauernkriegs von 1525 (Wolfgang Dietz), die Migrationserfahrung des Grafen Heinrich Matthias von Thurn am Bosporus (Alexander Schunka), die Missionsreise des Samuel Kirkland zu den Seneca-Indianern (Ulrike Kirchberger), die 18 |
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Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet, hg. v. Bergmann, Rolf/Dippold, Günter/Haberstroh, Jochen/Lange, Christian/Weiß, Wolfgang (= Historischer Verein Bamberg, Schriftenreihe Band 41), 2. Aufl. Selbstverlag des historischen Vereins Bamberg e. V./Auslieferung Verlag H. O. Schulze, Lichtenfels 2007. 408 S. Besprochen von Gerhard Köbler.. IT. |
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Auf der in Frankfurt am Main am 1. November 1007 beginnenden, von acht Erzbischöfen und 27 Bischöfen besuchten Reichssynode erwirkte König Heinrich II. die Gründung des Bistums Bamberg aus Teilen der weitaus älteren Bistümer Würzburg und Eichstätt nach dem Vorbild Hildesheims, wo er selbst erzogen worden war, und Lüttichs. Anlässlich der tausendsten Wiederkehr dieses für Bamberg und sein Umland bedeutenden Ereignisses befasst sich der Sammelband mit der Missionierung und Christianisierung des zugehörigen Gebiets. Er versucht die interdisziplinäre Erhellung in klarer Erkenntnis der damit verbundenen Gefahren und Möglichkeiten.
Gegliedert ist das angenehm ausgestattete Werk nach Grußwort und Vorwort in acht Abschnitte. Dabei führt zunächst Günter Dippold in die Forschungsgeschichte und ihre Rezeption behutsam ein. Danach werden die methodischen Probleme und Fragestellungen aus geschichtswissenschaftlicher, archäologischer und sprachwissenschaftlicher Sicht von Sven Plefka, Hubert Fehr und Rolf Bergmann dargelegt.
Bei der inhaltlichen Behandlung geht Wolfgang Schirmer vom Naturraum Main-Regnitz im ersten nachchristlichen jahrtausend aus, während Helmut Flachenecker allgemeine Herrschaftsentwicklungen im Untersuchungsgebiet und Christian Lange, Arnold Angenendt sowie Wolfgang Weiß allgemeinere und engere Entwicklungslinien der Missionierung und Christianisierung verfolgen. In den Mittelpunkt werden danach die Siedlungsgeschichte und die Christianisierung gestellt, die jeweils aus unterschiedlicher Sicht beleuchtet werden. Insgesamt zeigt sich dabei, dass durch die krit |
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Mit den Augen der Rechtsgeschichte - Rechtsfälle selbstkritisch betrachtet, hg. v. Luminati, Michele/Falk, Ulrich/Schmoeckel, Mathias. Lit Verlag, Münster 2008. 552 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Am 23. Juli 1998 saßen die Herausgeber anlässlich des europäischen Forums junger Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker in München bei einem gemeinsamen Mittagessen und diskutierten über Tagungskultur und wissenschaftliche Debatten, über methodische Probleme und andere Mankos ihres Faches. Aus dem Gespräch ergab sich, wie es bei jungen Wissenschaftlern naheliegt, die Idee, ein Treffen zu organisieren, an dem offen und unkonventionell über methodische Fragen rechtshistorischen Arbeitens debattiert werden sollte. Ausgenommen sollte eine Tagung mit langen, meist abgelesenen Referaten und programmierten Diskussionen sein.
Im März 2000 betrachteten die Herausgeber in Bonn erstmals Gegebenheiten mit „den Augen der Rechtsgeschichte“. Um nicht in allzu abstraktes und dann praktisch folgenloses Räsonnieren abzugleiten, luden sie verschiedene Kolleginnen und Kollegen ein, konkrete Werkstücke zu liefern und gegenseitig methodisch-kritisch zu kommentieren. Ziel war es, sich mit den Methoden und den apokryphen Prämissen, die jedem Text zugrunde liegen, zu befassen.
Jedem Text wurden ein Hauptreferent und ein Koreferent zugewiesen. Im Mittelpunkt der Referate standen nicht die konkreten Inhalte des Textes, sondern Fragen nach der Behandlung des Stoffes, der Auswahl der Quellen, der Art der Darstellung und der Wahl der Perspektive. Hauptaufgabe der Referentinnen und Referenten war die Vorbereitung einer fruchtbaren Diskussion, von der der Referent bis zu einem Schlusswort ausgeschlossen war.
Nach diesen von Miloš Vec in der ZRG GA 118 (2001), 907ff. vorgestellten Ansätzen bot sich die Gelegenheit zur Fortführung in Luzern im Dezember 2003. Ziel dieser Tagung war es, mittels Diskussion konkreter Fallstudien zu einer Auseinandersetz |
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Modernising and Harmonising Consumer Contract Law, hg. v. Howells, Geraint/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. X, 322 S. Besprochen von Judith Köbler. ZRG GA 128 (2011) 89 IT. |
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Das Buch umfasst 14 auf einer Konferenz in Manchester im Januar 2009 zu dem im Oktober 2008 von der Europäischen Kommission vorgebrachten Vorschlag für eine neue Konsumentenrechtsrichtlinie aus dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Italien, Deutschland, Belgien und Polen vorgelegte Beiträge.
Der erste Teil enthält einen von den Herausgebern verfassten kompakten, kritischen und sehr informativen Überblick über Schwierigkeiten und Chancen des Vorschlags. Der zweite Teil betrifft den Anwendungsbereich und die Wertvorstellungen der geplanten Konsumentenrechtrichtlinie. Hans Schulte-Nölke bespricht präzise den Anwendungsbereich und die Rolle der Richtlinie sowie das Verhältnis zum so genannten gemeinsamen Referenzrahmen („Common Frame of Reference“). Hans-W. Micklitz „hebt“ detailreich und ausführlich „den Vorhang“ hinsichtlich des angestrebten Ansatzes der Vollharmonisierung des Konsumentenrechts (z. B. anhand des Rechtfindungsprozesses hinsichtlich der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken) und zeigt dabei schwierige Fragestellungen (wie etwa die Veränderung des Leitbilds des Konsumenten) und die Vielgestaltigkeit der Problematik auf.
Der dritte Teil befasst sich mit gutem Glauben und unlauteren Bedingungen. Während Roger Brownsword den Bereich der Gesetzesregulierungen gegenüber der Selbstregulierung des Verbraucherrechts unter Einbeziehung der Aspekte des guten Glaubens und des lauteren Handels insbesondere aus der Perspektive des Common Law rechtsphilosophisch und rechtstheoretisch betrachtet, beschäftigt sich Jules Stuyck klar und verständlich mit Gegenwart und Zukunft unlauterer Bedingungen nach nationalem und europäischem Recht und spricht dabei interessante Regelungstechniken wie schwarze oder graue Listen sowie den Paradigmenwechsel z. B. zwischen Min |
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Montesquieu zwischen den Disziplinen. Einzel- und kulturwissenschaftliche Zugriffe. Internationale Konferenz aus Anlass des 250. Todesjahres von Charles-Louis de Montesquieu an der Universität Potsdam, Forschungszentrum Europäische Aufklärung, hg. v. Mass, Edgar (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 161). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 468 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Montesquieu zwischen den Disziplinen. Einzel- und kulturwissenschaftliche Zugriffe. Internationale Konferenz aus Anlass des 250. Todesjahres von Charles-Louis de Montesquieu an der Universität Potsdam, Forschungszentrum Europäische Aufklärung, hg. v. Mass, Edgar (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 161). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 468 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der Band dokumentiert die Vorträge, die auf der internationalen Potsdamer Konferenz: „Montesquieu zwischen den Disziplinen“ 2005 gehalten worden sind, zwei vorbereitende Gesprächsrunden und eine die Ergebnisse der Tagung resümierende Abhandlung von E. Mass: „Montesquieu zwischen Disziplinen. Eine Zusammenfassung der deutschen Rezeption“ (S. 405-445). In diesem Zusammenhang geht Mass auf den Verlauf der Befassung der Rechts- und Verfassungsgeschichte sowie der Literatur- und der Geschichtswissenschaft mit Montesquieu detailliert ein. „Die Hauptlast der inhaltlichen Gestaltung der Tagung“ (S. 9) oblag den Leitern der sechs Sektionen: Staatswissenschaft. Gewaltenteilung in der Mehrebenenpolitik – Sektion Literatur – Sektion Geschichte. Montesquieu als Historiker – Sektion Politologie. Kulturelle Bedingungen politischer Regime: Europa, Asien, Amerika – Sektion Genderforschung. Montesquieu im Blick der Geschlechterforschung und Sektion: Zwischen Tradition und Moderne. Zur Ortsbestimmung der Montesquieu-Forschung. Montesquieu-Lektüren. Der Bereich Rechtswissenschaft steht dabei, so Mass, „für die wichtigste Bedeutung von Montesquieu, in die auch frühe Geschichts- und Politikwissenschaft“ mit eingegangen sei (S. 410). Die Reduzierung der „vielen in einem Staat wirkenden Kräfte, Funktionen und Gewalten auf ein attraktives dreigliedriges Modell“ (Dreiteilung der Gewalten) bleibe mit seinem Namen verbunden. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich dieses Denkmodell endgültig durchgesetzt und gilt seitdem als „Normalfall moderner Staaten“ (S. 411f.).
Montesquieu |
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Moralpolitik. Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahrhundert, hg. v. Hoffmann, Stefan-Ludwig (= Geschichte der Gegenwart 1). Wallstein, Göttingen 2010. 437 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen Moralpolitik. Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahrhundert, hg. v. Hoffmann, Stefan-Ludwig (= Geschichte der Gegenwart 1). Wallstein, Göttingen 2010. 437 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Der Band geht auf eine internationale Konferenz zurück, die im Juni 2008 am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin abgehalten wurde. Zusammengestellt sind 14 Beiträge ausländischer, überwiegend US-amerikanischer, sowie mehrerer deutscher Zeit- und Rechtshistoriker. Die Beiträge der ausländischen Verfasser wurden ins Deutsche übersetzt. Der Herausgeber Stefan-Ludwig Hoffmann beginnt mit einer gründlichen „Einführung. Zur Genealogie der Menschenrechte“ (S. 7ff.). Darin behandelt er die Entstehung der modernen Menschenrechtsidee (S. 10ff.), geht auf das „Verschwinden der Menschenrechte nach 1800“ ein (S. 14ff.), als Begriffe wie „Nation“, „Zivilisation“ und „Rasse“ in den Vordergrund rückten, und gelangt schließlich mit einer Darstellung der „Universalisierung der Menschenrechte nach 1945“ (S. 23ff.) bis in die Gegenwart. Am Ende der „Einführung“ heißt es programmatisch, die Menschenrechte seien als „das Produkt einer globalen Gewalt- und Konfliktgeschichte“ (S. 36) zu verstehen. Es gelte daher, eine „Geschichte der Menschenrechte als Konfliktgeschichte“ (S. 37) zu schreiben. Die dem Buch zugrunde liegende These lautet: Die Menschenrechtsidee hat sich nicht in einem historischen Prozess kontinuierlichen Fortschritts gleichsam triumphal durchgesetzt. Es besteht vielmehr ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den Menschenrechten und weltpolitischen Entwicklungen. Die Menschenrechte wurden und werden in einer langen politischen Auseinandersetzung (zumeist kontrovers) definiert, formuliert sowie in moralische und rechtliche, insbesondere völkerrechtliche Normen überführt. Diese Bemühungen sind häufig damit verbunden, dass die Menschenrechte für machtpolitische Ziele instrumentalisiert werden.
Teil I des Bandes trägt den Titel: „Die Emerg |
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Mormann, Felix, Zuständigkeitsrechtlicher Schutz vor Kapitalanlegerklagen in den USA (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 34). JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2010. 504 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 128 (2011) 87. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mormann, Felix, Zuständigkeitsrechtlicher Schutz vor Kapitalanlegerklagen in den USA (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 34). JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2010. 504 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nichts zeigt so deutlich die Unvorhersehbarkeit des Ausgangs eines Rechtsstreits wie die Aufhebung von Urteilen in Berufungen und Revisionen. Hinzu kommt im internationalen Rahmen die Verschiedenheit nationaler Rechtsordnungen. Sehr zu Recht greift daher die von Wolfgang Hau betreute, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Universität Passau angenommene Dissertation des zwei Jahre als Studienstiftler an der Berkeley Law School forschenden Verfassers die Frage auf, wie zuständigkeitsrechtlicher Schutz vor Kapitalanlegerklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika gewonnen werden kann.
Die ansprechend geschriebene, überzeugend vorgehende Untersuchung gliedert sich sich klar und knapp in zwei etwa gleich gewichtige Teile. Zunächst betrachtet der Verfasser die Schutzbedürftigkeit deutscher Unternehmen vor (Kapitalanleger-)Klagen in den USA und bejaht diese Frage mit guten Gründen. Danach wendet er sich dem Gerichtsstand des § 32b ZPO und verneint ausreichenden Schutz durch ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte in gleicher Deutlichkeit.
Letztlich geht es auch hier um rechtspolitische Macht. Der Verfasser sieht eine Besserung daher in einer europarechtlichen Lösung. Da die Europäische Union allerdings gegenüber der wirtschaftlichen Kraft der Vereinigten Staaten von Amerika bisher keine wirkliche Parität gewinnen konnte, wird vermutlich nur eine einverständliche gemeinsame globale Lösung ohne partikulären Vorteil den gesamten Fragenkomplex befriedigend bereinigen können.
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Mührenberg, Anke, Kleine Geschichte Durlachs (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 157 S. Besprochen von Gerhard. Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mührenberg, Anke, Kleine Geschichte Durlachs (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 157 S. Besprochen von Gerhard. Köbler.
Durlach ist als Residenz einer Linie der Markgrafen von Baden bekannt geworden. Die Verfasserin ist nach dem Studium von Geschichte und Volkskunde in Kiel seit 2001 im Stadtarchiv und den Historischen Museen Karlsruhe tätig. Seit 2005 wirkt sie als Leiterin des Pfinzgaumuseums in der Karlsburg Durlachs und ist deshalb für eine kleine Geschichte (der ehemaligen Stadt) Durlach sehr gut ausgewiesen.
Für eine ausführliche Darstellung der Durlacher Geschichte verweist sie auf das 1996 vom Stadtarchiv Karlsruhe veröffentlichte Buch Durlach Susanne Aschs und Olivia Hochstrassers. Dieses dient auch als Grundlage ihrer Darstellung. Sie ist wie alle Bände der erfolgreichen Reihe auf ein breiteres Publikum ausgerichtet und mit zahlreichen Einblendungen und Abbildungen versehen.
Die Verfasserin beginnt mit den Anfängen der mittelalterlichen Stadt bis zum Ausbau als Residenz, wobei sie von einem Übergang von keltisch durum zu einem sonst kaum bekannten althochdeutschen Torilacum und trotz der Bezeichnung als villa in der Ersterwähnung im Mai 1196 von einer Stadtentstehung zwischen 1110 und 1196 ausgeht, obwohl das gleichzeitig genannte lateinische oppidum in volkssprachigen Glossen auch als dorf übertragen wird. Danach beschreibt sie das Leben im Schatten der unter Markgraf Karl II. 1562/1563 Pforzheim nachfolgenden Residenz , Durlach als die Residenz unter Markgraf Karl Wilhelm 1715/1723 an das neue Carolsruhe/Karlsruhe verlierenden, danach sich der Industrie zuwendenden, zum 1. April 1938 in Karlsruhe eingemeindeten Ort. Sie beendet ihren Überblick mit der Frage quo vadis, Durlach? und zeigt dazu das Ergebnis der bisherigen baulichen Entwicklung in einem Luftbild von 1973.
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Münch, Ingo von, Frau, komm! Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45. Ares, Graz 2009. 208 S., 11 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Münch, Ingo von, Frau, komm! Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45. Ares, Graz 2009. 208 S., 11 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Darstellungen, die sich mit Kriegsverbrechen der Alliierten befassen, werden von der etablierten Geschichtswissenschaft oft mit besonderer Zurückhaltung aufgenommen. Zu häufig stand der Vorwurf im Raum, es ginge bei der Auseinandersetzung insbesondere mit dem Bombenkrieg und mit den mit den Vertreibungen Deutscher einher gehenden Gräueln in Wahrheit nicht um die jeweilige Sache, sondern um die Verbreitung und Durchsetzung eines revisionistischen Geschichtsbildes, speziell um die Gegenrechnung deutscher Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Der Grazer Stocker-Verlag hat mit seinem nach dem griechischen Kriegsgott Ares-Verlag genannten Subunternehmen ein Forum für jene Stimmen abseits des historiografischen Mainstreams geschaffen, denen die bekannten großen Verlage aus dem genannten Grund Gehör und Unterstützung versagen. Dort hat auch Ingo von Münch, emeritierter Universitätsprofessor für Staatsrecht und Völkerrecht, erfahrener Kommunal- und Bundespolitiker der FDP, sein jüngstes Buch veröffentlicht, das sich mit dem Phänomen der von Soldaten der Roten Armee mit Masse im ehemaligen deutschen Osten begangenen Vergewaltigungen in den Jahren 1944 und 1945 beschäftigt.
Es muss außer jeder Diskussion stehen, dass dieses massive Unrecht von der Forschung systematisch aufgegriffen, in seinen realen Dimensionen erfasst und im Gesamtkontext des Zweiten Weltkrieges einer kritischen Beurteilung unterzogen werden muss. Leider liegen aber verlässliche Studien, wie sie Birgit Beck schon 2001 mit ihrer Untersuchung der vor deutschen Militärgerichten verhandelten Sexualverbrechen von Wehrmachtsangehörigen beispielgebend vorgelegt hat, bis dato für die von sowjetischer Seite zu verantwortenden Delikte nicht vor. Selbst das erst jüngst erschienene Lexikon der Vertreibungen (2010), herausgegeben |
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Murauer, Rainer, Die geistliche Gerichtsbarkeit im Salzburger Eigenbistum Gurk im 12. und 13. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 52). Böhlau, Wien 2009. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Murauer, Rainer, Die geistliche Gerichtsbarkeit im Salzburger Eigenbistum Gurk im 12. und 13. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 52). Böhlau, Wien 2009. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Othmar Hageneder betreute, im Jahre 2000 an der Universität Wien approbierte und danach auf den neusten Stand gebrachte geschichtswissenschaftliche Dissertation des Verfassers. Mit Gerhard Dilcher stellt der Verfasser sich die Frage, ob die allgemeine Mediävistik nicht die Aufgaben der mittelalterlichen Rechtsgeschichte mit übernehmen soll, weil sich die Mehrzahl der Rechtshistoriker heute der neueren und neusten Rechtsgeschichte, insbesondere auch der juristischen Zeitgeschichte widme. Dessenungeachtet verdienen die dabei erzielten Ergebnisse wegen der Bedeutung der geistlichen Gerichte für die allgemeine Entwicklung der Gerichtsbarkeit auch die Aufmerksamkeit des Rechtsgermanisten.
Der Verfasser gliedert seine Untersuchung nach einer kurzen Einleitung in fünf Teile. In ihnen behandelt er die Rechtsstellung des Eigenbistums Gurk im 11. und 12. Jahrhundert, den Anteil Gurks am erzbischöflichen Gericht, die Delegationsgerichtsbarkeit des Papstes, das Gericht des Salzburger Erzbischofs in Gurker Angelegenheiten und die Methoden der gütlichen Streibeilegung in Vergleich und Schidesgericht. In zwei Exkursen geht er ausführlich auf den Streit zwischen dem Erzbischof von Salzburg und dem Gurker Domkapitel um die Besetzung des Gurker Bischofsstuhls zwischen 1180 und 1232 und den Streit um die Kirche Sankt Lorenzen am Steinfeld ein.
Insgesamt stellt er im Ergebnis fest, dass termini technici des neuen römisch-kanonischen Prozessrechts schon in den ältesten erhaltenen Prozessurkunden der Diözese Gurk auftauchen, insbesondere in den Urkunden delegierter Richter des apostolischen Stuhles (1202, 1203, exceptio rei iudicatae 1161). 1203 lassen sich die Gurker Kanoniker durc |
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Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 5 Handelsgesetzbuch §§ 1-342. Lang, Frankfurt am Main 2009. 498 S. Besprochen von Hans-Peter-Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 5 Handelsgesetzbuch §§ 1-342. Lang, Frankfurt am Main 2009. 498 S. Besprochen von Hans-Peter-Benöhr.
Die Publikation stellt den Schlüssel dar zur „Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts“. Diese befinden sich in vollem Wortlaut in der Bibliothek des Bundesgerichtshofs, die Revisionsakten teilweise im Bundesarchiv Berlin. Nachdem die ersten vier Bände dieser Serie die Rechtsprechung zu den in der Kaiserzeit, in der Weimarer Republik und in der nationalsozialistischen Diktatur erlassenen Gesetzen und Verordnungen (als letzte: Verordnung über die Preisüberwachung und die Rechtsfolgen von Preisverstößen bei Grundstücken vom 18. 9. 1942) nachgewiesen hatten, folgt nun die Judikatur zum HGB von 1900 bis etwa 1943, im vorliegenden Band bis zur „Stillen Gesellschaft“, § 342.
Die Einleitung informiert über einige Änderungen des Handelsgesetzbuchs von 1897 gegenüber dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch von 1861. Da das Original des Nachschlagewerks erst die Erkenntnisse ab 1900 erfasst, ist die große Vorarbeit, welche die Handelsrechtskodifikation und Handelsrechtsprechung für das Bürgerliche Gesetzbuch erbracht hatte, aus der vorliegenden Edition nicht zu ersehen.
Besonders viele Leitsätze betreffen die Handelsfirma und dort vor allem § 25 HGB, das Recht der Handlungsgehilfen, Handlungslehrlinge und Handelsagenten, die Rechtsverhältnisse der offenen Handelsgesellschaft zu Dritten sowie die Verfassung und Geschäftsführung der Aktiengesellschaft. Die Leitsätze zum Aktiengesetz von 1937 sind bereits in Band 4 der vorliegenden Reihe publiziert worden.
Der Band wird eröffnet mit dem grundlegenden Erkenntnis: „Der Umstand, dass eine preußische Kreissparkasse eine kreiskommunale Anstalt ist, steht der Annahme nicht entgegen, dass sie gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt und darum Kaufmann ist“ |
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Nehlsen, Hermann, Bayerische Rechtsgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 411). Lang, Frankfurt am Main 2010. 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nehlsen, Hermann, Bayerische Rechtsgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 411). Lang, Frankfurt am Main 2010. 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Es gehört zur festen akademischen Tradition, dass bekannte Gelehrte ihr Werk übersichtlich der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Dies ermöglicht es ihnen selbst, sich Rechenschaft zu geben über die vielen Stunden emsigen Forschens und begeisternden Lehrens. Es verschafft der Öffentlichkeit zugleich den leichten und raschen Zugriff auf die vielfach an entlegenen Orten publizierten Ergebnisse.
Hermann Nehlsen ist deshalb sehr dafür zu danken, dass er sich als einer der Nestoren der bayerischen Rechtsgeschichte die Mühe gemacht hat, seine zentralen Beiträge zur bayerischen Rechtsgeschichte in der Rechtshistorischen Reihe zu veröffentlichen. Dabei schildert er in seinem zupackenden Vorwort, dass zu Bayern auf Grund seiner langen Geschichte zwar zahlreiche gewichtige Arbeiten zu den Kernfragen geschaffen worden sind, dass im Gegensatz zu Niedersachsen, Preußen, Baden oder Bern aber bisher keine besondere Rechtsgeschichte Bayerns vorgelegt wurde. Diese gewaltige Aufgabe vermochte er naturgemäß bisher selbst angesichts seiner vielen anderen Interessen nicht zu bewältigen, so dass es derzeit sein Anliegen nur sein kann, für den Bau einer bayerischen Rechtsgeschichte den einen oder anderen Baustein zu liefern.
Dabei will der einleitende Beitrag zur Genese der Lex Baiuvariorum dazu beitragen, der Beantwortung der schwierigen Frage nach der Entstehungszeit der grundlegenden Quelle näher zu kommen. Die zweite Studie über die Sklaverei im frühmittelalterlichen Bayern erhellt besonders die Sozialgeschichte dieser Zeit in neuartiger Weise. Von hier aus führt die interessante Betrachtung des Tiroler Ehekonflikts der Margarethe Maultausch in schwierige Fragen des Spätmittelalters.
Die drei weiteren Beiträge betreffen die neuere Rechtsgesc |
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Neschwara, Christian, Ein österreichischer Jurist im Vormärz. „Selbstbiographische Skizzen“ des Freiherrn Karl Josef Pratobevera (1769-1853) (= Rechtshistorische Reihe 374). Lang, Frankfurt am Main 2009. 299 S. Besprochen von Nazar Panytsch. |
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Neschwara, Christian, Ein österreichischer Jurist im Vormärz. „Selbstbiographische Skizzen“ des Freiherrn Karl Josef Pratobevera (1769-1853) (= Rechtshistorische Reihe 374). Lang, Frankfurt am Main 2009. 299 S. Besprochen von Nazar Panytsch.
„Derjenige, der seine eigene Vergangenheit nicht kennt, ist auch seiner Zukunft nicht würdig“. Dass den Worten eines der berühmtesten ukrainischen Schriftsteller, Maksym Ryls'kyj, eine wichtige Bedeutung für die zeitgenössische ukrainische Rechtswissenschaft zukommt, liegt klar auf der Hand. Das bis zum Jahre 1991 mit zahlreichen kommunistischen Stereotypen und Anachronismen belastete Thema der gemeinsamen österreichisch-ukrainischen Rechtsgeschichte bietet dem zeitgenössischen ukrainischen Wissenschaftskreis ein vielversprechendes Forschungsfeld an, das nicht außer Acht gelassen werden sollte. Dazu gehört u. a. auch die Erforschung von Persönlichkeiten, deren Leben und Wirken auch einen Einfluss auf die ukrainische Geschichte zur Folge hatte. Deshalb ist die Veröffentlichung des Werkes Christian Neschwaras eine angenehme und freudige Überraschung für die Wissenschaftler der Ukraine gewesen.
Der österreichische Jurist im Vormärz, Karl Josef Pratobevera, wurde am 17. Februar 1769 in Bielitz (Österreichisch-Schlesien) geboren. Nach seiner Schulausbildung in Bielitz und Teschen besuchte er auch eine Realschule in Wien. In diese Stadt kam er erst 1786 wieder als Student der Rechte zurück, um 1792 eine Promotion abzuschließen und danach als Advokat tätig zu sein. Die Bekanntschaft mit dem damals zu Österreich gehörigen Galizien begann erst im März 1796, als er in Krakau als Richter beim westgalizischen Appellationsgericht arbeitete. Seine praktischen Tätigkeiten schlossen aber wissenschaftliche Aktivitäten eines der bedeutendsten österreichischen Juristen nicht aus. Unter anderem hielt er an der Jagiellonen-Universität in Krakau auch Vorlesungen zum neuen österreichischen Recht. Von 1805 bis |
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Neumann, Friederike, Öffentliche Sünder in der Kirche des späten Mittelalters. Verfahren - Sanktionen - Rituale (= Norm und Struktur 28). Böhlau, Köln 2008. 200 S. Besprochen von Harald Maihold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neumann, Friederike, Öffentliche Sünder in der Kirche des späten Mittelalters. Verfahren - Sanktionen - Rituale (= Norm und Struktur 28). Böhlau, Köln 2008. 200 S. Besprochen von Harald Maihold.
Die Trennung zwischen kirchlicher Buße und kirchlicher Strafe ab etwa 1150 und ihre Ausdifferenzierung im 13. Jahrhundert haben dazu geführt, dass diese Bereiche auch in der Geschichtsschreibung lange Zeit getrennt betrachtet wurden. Die kanonistische Rechtsgeschichte und die historische Kriminalitätsforschung haben sich auf die Strafe, die Theologiegeschichte auf das Bußsakrament konzentriert, kirchliche Verfahren gegen Sünder entweder der einen oder der anderen Kategorie zugeordnet und dazu nicht Passendes ausgeblendet.[1] Bereits vor einigen Jahren hat die u.s.-amerikanische Historikerin Mary C. Mansfield für das mittelalterliche Nordfrankreich[2] diese Sichtweise revidiert, indem sie zeigte, dass es neben der Buße, wie sie in der Beichte ausgesprochen wurde, und der durch die kirchliche Gerichtsbarkeit verhängten Strafe noch weitere Formen öffentlicher Buße gab, die das Interesse der kirchlichen Instanzen belegen, öffentliche Sünder bloßzustellen und zu beschämen. Diesen Forschungsansatz entwickelt Friederike Neumann in einer Bielefelder Dissertation weiter, indem sie am Beispiel des Bistums Konstanz den von Mansfield entdeckten „Graubereich“ zwischen privater Buße und öffentlicher Strafsanktion genauer beleuchtet und zeigt, dass die öffentliche Buße auch noch im 15. und frühen 16. Jahrhundert bestehen blieb.
Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Nach einem Forschungsbericht (S. 13-25) behandelt Neumann ausführlich die kirchlichen Verfahren gegen öffentliche Sünder im Bistum Konstanz im 15. Jahrhundert, wobei sie sich auf umfangreiche Archivalien vor allem des Erzbischöflichen Archivs Freiburg stützt. Im Vordergrund der Untersuchung stehen die an den Verfahren beteiligten kirchlichen Instanzen und ihre Rollen sowie die Ausgestaltun |
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Neumann, Sarah, Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil - Wettstreit - Ehrensache. Thorbecke, Ostfildern 2010. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neumann, Sarah, Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil - Wettstreit - Ehrensache. Thorbecke, Ostfildern 2010. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Franz Irsigler angeregte, von Holbach betreute, im Sommersemester 2008 von der Fakultät für Human- und Gesellschaftswissenschaften der Universität Oldenburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Nach ihr ist der gerichtliche Zweikampf nur bedingt eine Auseinandersetzung Mann gegen Mann. Die Kombattanten brauchten wie eine Promovendin Hilfe, Beistand und Menschen, die ihnen die Stange hielten, wofür ihnen Danksagung gebührt.
Ziel der Untersuchung sind nicht absolute Vollständigkeit und letztgültige Antworten, sondern eine als Grundstock für Ergänzungen und Modifikationen nutzbare Bestandsaufnahme der Bedeutungsvarianten des gerichtlichen Zweikampfes und eine Re-Interpretation des duellum unter kulturwissenschaftlichen Vorzeichen, die jederzeit um andere Räume, andere Quellentypen und andere Zeiten ergänzt werden kann. In diesem Sinne stellt die Verfasserin nach einer vielfältigen Einleitung vier Fragen nach wo, wie, warum und wer. Sie betreffen Gerichtshoheiten und Schauplätze, Regelwerke und Verlaufsprotokolle, Delikte und Konflikte sowie Delinquenten und Kombattanten, wobei die Normen eher am Rande stehen.
Am Ende gelangt die Bearbeiterin zu Fundamenten und dynamischen Potentialen des Redens über den Zweikanpf, die diesem Rechtsinstitut auch im erzählerischen Entwurf eine ungemein lange Lebensdauer bescheren. Dies sind als Rechtsvorstellungen Konflikt, Konsens und Herrschaft, als Gesellschaftsbilder Bindung, Abgrenzung und Identität, als Positionen Zuspruch, Ablehnung und Freiheit sowie als Ausdrucksformen Körper, Komik und Rhetorik. Insgesamt erkennt die in Duisburg 1974 geborene, seit Herbst 2008 als Lehrkraft für besondere Aufgaben und Koordinatorin für Studium und Lehre an der Universität Oldenburg tätige Verfasserin in der Sprache einen großen |
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Niederösterreichisches Urkundenbuch, Erster Band 777 bis 1076. Unter Mitarbeit v. Weltin, Dagmar/Marian, Günter/Mochty-Weltin, Christina bearb. v. Weltin, Maximilian/Zehetmayer Roman (= Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Achte Reihe, Erster Band). Verein zur Förderung von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs, Sankt Pölten 2008. (21,) 620 S. Besprochen von Franz-Reiner Erkens. |
Ganzen Eintrag anzeigen Niederösterreichisches Urkundenbuch, Erster Band 777 bis 1076. Unter Mitarbeit v. Weltin, Dagmar/Marian, Günter/Mochty-Weltin, Christina bearb. v. Weltin, Maximilian/Zehetmayer Roman (= Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Achte Reihe, Erster Band). Verein zur Förderung von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs, Sankt Pölten 2008. (21,) 620 S. Besprochen von Franz-Reiner Erkens.
Über ein wichtiges und zugleich eigentümliches Werk ist zu berichten, über den ersten Band eines Urkundenbuches, über das bereits 1841 nachgedacht und dessen Erstellung 1864 beschlossen worden ist und das nun, nach mehreren Anläufen, auf besondere Weise zu verwirklichen begonnen worden ist. Wichtig ist es, weil es das urkundliche Material einer – freilich nach modernen politischen Kriterien definierten – Region zusammenstellt und damit die Basis legt für eine Darstellung der niederösterreichischen Landesgeschichte des früheren Mittelalters, wobei eben nicht nur Urkunden publiziert, sondern auch ausführliche, den einzelnen Bearbeitern durch Siglen zuweisbare Kommentierungen geboten werden, bei denen nicht nur Nachrichten aus historiographischen Werken berücksichtigt wurden, sondern auch die wesentlichen wissenschaftlichen Werke zum Thema. Insofern ist ein Grundlagenwerk geschaffen worden. Eigentümlich ist es durch die ungewohnte, aber keinesfalls unsinnige Art der Präsentation, die hinsichtlich des Layouts bereits 2004 im sog. Vorausband zum Niederösterreichischen Urkundenbuch (der die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs aus den Jahren zwischen 1109 und 1318 umfasst) erprobt worden ist und die nun die insgesamt 159 edierten Urkunden, Briefe und Traditionsnotizen, darunter zahlreiche Herrscherdiplome, nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern zusammengefasst nach thematischen Gesichtspunkten in 36 Blöcken („Hauptnummern“) präsentiert und diese zusammenhängend kommentiert. Eine chronologische Ordnung dies |
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Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen unde völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen unde völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Endlich eine Arbeit über Kohler (1849–1919), eine bei Johannes Tucher an der Freien Universität in Berlin angefertigte politikwissenschaftliche Dissertation. Angesichts des riesigen Interessenumfangs und der Masse der Publikationen Kohlers ist es vernünftig, die Arbeit auf einen Aspekt zu beschränken. In drei Kapiteln werden Herkunft und Werdegang (1847–1888), Wissenschaft und Politik vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1888–1913) und das elementare Erlebnis des Ersten Weltkriegs (1914–1919) behandelt. Richtig ist es, mit der Arbeit über Kohler einen Beitrag zur Geschichte des organisierten Pazifismus und zur Wissenschaftsgeschichte des Völkerrechts zu leisten.
(Eine ausführlichere Besprechung dieser interessanten Arbeit ist in Vorbereitung.)
Berlin Hans-Peter Benöhr
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Nievergelt, Andreas, Athochdeutsch in Runenschrift. Geheimschriftliche volkssprachige Griffelglossen (= Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Beiheft 11). Hirzel, Stuttgart 2009. 214 S., 49 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nievergelt, Andreas, Althochdeutsch in Runenschrift. Geheimschriftliche volkssprachige Griffelglossen (= Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Beiheft 11). Hirzel, Stuttgart 2009. 214 S., 49 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit den raunenden Runen ist von Anfang an Geheimnisvolles verbunden, weil sie es auf geheimnisvolle Weise ermöglichen, Gedanken einzelner Menschen eine gewisse dauerhafte Objektivität zu verleihen. Nach dem Unterliegen ihrer Zeichen gegenüber den stärkeren lateinischen Buchstaben entstand eine Möglichkeit dauerhafter Aufzeichnung ohne Verständlichkeit für jedermann. Von daher haben sie wie sonstige Geheimschriften an sich einen besonderen Reiz.
Den Verfasser haben unerwartete Runenfunde im Rahmen seiner Glossenforschung zu der ursprünglich als Aufsatz geplanten Veröffentlichung geführt. Durch das Angebot der Publikation als Buch wurde es ihm möglich, das aufgefundene Runenmaterial zusammen mit weiteren Griffelglossenfunden im Rahmen der mittelalterlichen Glossenkryptographie darzustellen. Damit wird Geheimnisvolles erfreulicherweise jedermann zugänglich gemacht.
In seiner Einleitung beschreibt der Verfasser die mittelalterlichen Geheimschriften, sieht den Grund für die Verwendung von Geheimschriften durch Glossatoren als noch nicht endgültig geklärt an, ermittelt sieben Handschriften mit geheimschriftlichen Griffelglossen (fünf in Sankt Gallen, zwei in München) und scheidet je eine Handschrift in Augsburg und Wien aus seiner Untersuchung aus. Danach wendet er sich dem Althochdeutschen in Runenschrift (in vier Sankt Gallener Handschriften) zu und behandelt die Althochdeutschen bfk-Griffelglossen in den übrigen drei Handschriften. Im Ergebnisgelangt er zu der Ansicht, dass eigentlich nichts darauf hindeutet, dass mit der kryptographischen Schreibung Geheimhaltung oder Geheimnistuerei bezweckt worden wären, und bietet wertvolle Register seiner innovativen, die Quellenlage in einem ei |
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Nolte, Hans-Heinrich, Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien 2009. 444 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nolte, Hans-Heinrich, Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien 2009. 444 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Werner Augustinovic.
Je geringer die zeitliche Distanz eines Forschers zu seinem Forschungsgegenstand ist, desto schwieriger ist naturgemäß auch die verlässliche Einschätzung der beobachteten Phänomene und Interdependenzen. Wer sich – wie Hans-Heinrich Nolte - an einer Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts versucht und diese bis in die jüngste Gegenwart fortschreibt, ist mit dieser methodischen Herausforderung in besonderem Ausmaß konfrontiert.
Der Ansatz, den der in Hannover wirkende Emeritus für osteuropäische Geschichte wählt, ist zudem ein universalhistorischer. Seit den 1990er-Jahren bemüht sich Nolte zäh und mit wechselndem Erfolg, diese in den Vereinigten Staaten von Amerika früh entwickelte und dort gut etablierte Forschungsrichtung auch auf deutschem Boden zu institutionalisieren; als Herausgeber der „Zeitschrift für Weltgeschichte“ (ZWG) verleiht er seinem Anliegen auch publizistisch Gewicht. Die Grundidee ist, den lange dominierenden, aber überlebten Eurozentrismus zu überwinden und durch eine multifokale Geschichtswissenschaft mit globaler Perspektive zu ersetzen.
In logischer Konsequenz lautet der erste Satz des Vorwortes: „Die hier vorgelegte Weltgeschichte geht davon aus, dass Europa als eine der Provinzen der Welt gesehen werden sollte“ (S. 9), was erfordere, auch „nichteuropäische Menschen im Rahmen ihrer Religionen, Kulturen, Techniken, Staaten und nichtstaatlichen Organisationen als Akteure in eigenen Kontexten darzustellen“. Alle Großregionen seien im 19. und 20. Jahrhundert aber „von der Zugehörigkeit zum Weltsystem geprägt“, die „in der Regel durch Eroberung“ hergestellt worden sei; aus Interaktionen und Widersprüchen gingen entsprechende Spannungen hervor (S. 14).
Das Konzept des Weltsystems, das der Autor von Immanuel Wallerstein (1974) übernommen hat, teilt die globalisier |
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Nonn, Ulrich, Die Franken (= Urban Taschenbuch 579). Kohlhammer, Stuttgart 2010. 177 S., 5 Kart. Besprochen von Clausdieter Schott. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nonn, Ulrich, Die Franken (= Urban Taschenbuch 579). Kohlhammer, Stuttgart 2010. 177 S., 5 Kart. Besprochen von Clausdieter Schott.
Das Vakuum des zusammenbrechenden weströmischen Imperiums wurde durch germanische Völkerschaften ausgefüllt, von denen sich in Westeuropa und Mitteleuropa vor allem die Franken als dauerhaft gestaltende Kraft durchzusetzen vermochten. Das Franken-Thema hat die Geschichtswissenschaft bis anhin in einer Weise beschäftigt, dass die Literatur kaum noch überblickbar ist. Bei diesem Stand der Dinge sind kompetente, fassliche Darstellungen, die den Forschungsstand wiedergeben, nicht nur willkommen, sondern geradezu unerlässlich. Das spezifisch rechtshistorische Interesse an der fränkischen Geschichte konzentriert sich allerdings quellenbedingt auf die Zeit nach dem Erlass der Lex Salica durch Chlodwig (507-511). Diese merowingische Epoche ist im oben bezeichneten Sinn bereits abgedeckt durch einen „Klassiker“, nämlich Eugen Ewigs „Die Merowinger und das Frankenreich“ (Urban Taschenbücher 392, inzwischen 5. Aufl. 2006). Die letzten Auflagen hat Ulrich Nonn durch Literaturnachträge aktualisiert. Nonn hat es jetzt unternommen, die fränkische Frühgeschichte, der Ewig nur einige einleitenden Seiten widmet, in einem eigenen Band darzustellen. Das schwierige Unterfangen, aus heterogenen und einseitig römischen bzw. galloromanischen Quellen und einem sich daran anschließenden Diskussionsfächer ein plausibles Gesamtbild zu formen, darf als gelungen bezeichnet werden. Die dabei beobachtete Quellennähe erlaubt es, die jeweiligen Interpretationen nachzuvollziehen. Dadurch dass der Verfasser der Versuchung einer stofflichen Überfrachtung widersteht und sich durchweg um Stringenz bemüht, vermag er dem Leser eine informative, etwa fünf Jahrhunderte übergreifende Geschichte der Franken bzw. der fränkischen Teilstämme zu bieten.
Die Darstellung ist in sechs Kapitel unterteilt. Das erste befasst sich mit Name, Volk und Land der |
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O felix Agrippina nobilis Romanorum Colonia. Neue Studien zur Kölner Geschichte, hg. v. Rutz, Andreas/Wulf, Tobias (= Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 48). SH-Verlag, Köln 2009. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen O felix Agrippina nobilis Romanorum Colonia. Neue Studien zur Kölner Geschichte, hg. v. Rutz, Andreas/Wulf, Tobias (= Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 48). SH-Verlag, Köln 2009. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Manfred Groten, in Hemmerden am 9. November 1949 geboren, wurde nach dem Abitur in Neuss und dem Studium von Geschichte, Anglistik, Archäologie, Kunstgeschichte und Mittellatein in Köln 1977 mit einer Dissertation über „Prioren und Domkapitel von Köln im Hohen Mittelalter - Beiträge zur Geschichte des kölnischen Erzstifts und Herzogtum“ (Rheinisches Archiv 109, 1980) promoviert. Nach dem Besuch der Archivschule in Marburg und während der Tätigkeit als Archivar am historischen Archiv der Stadt Köln fertigte er seine Habilitationsschrift über „Köln im 13. Jahrhundert - Gesellschaftlicher Wandel und Verfassungsentwicklung“ an. 1998 wurde er Professor für mittelalterliche Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Hilfswissenschaften in Köln, 1999 Professor für mittelalterliche Geschichte und neuere Geschichte sowie für rheinische Landesgeschichte in Bonn.
Zu seinem 60. Geburtstag überreichten ihm seine Schüler neue Studien zur Geschichte der Stadt Köln, um die er sich selbst in vielen Untersuchungen sehr verdient gemacht hat. Der dabei entstandene, mit einem Ausschnitt aus dem großen Prospekt der freien Reichsstadt Köln von Osten aus einem Holzschnitt Anton Woensams von 1531 geschmückte Band umfasst ein Dutzend Beiträge. Sie beginnen mit Mauel Hagemanns Betrachtung klevischer Studenten an der Universität Köln in der Frühzeit ihres Bestehens und reichen bis zu Anmerkungen zu einem Bericht über zwei Festumzüge in Remscheid im Jahre 1921 in der Kölner Presse (Martin Schlemmer).
Dazwischen betreffen Studien etwa das Konzil von Pisa, Klein Sankt Martin, die bürgerliche Mobilität in Köln und Frankfurt am Main, Kölner Syndici, die Belagerung Lechnichs, Frömmigkeitsnetzwerke, Tendenzen zur Aufkläru |
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Oberkofler, Gerhard, Nikolaus Grass - einige wissenschaftshistorische Miniaturen aus Briefen und seine Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch. Studien-Verlag Innsbruck 2008. 528 S., Ill. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oberkofler, Gerhard, Nikolaus Grass - einige wissenschaftshistorische Miniaturen aus Briefen und seine Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch. Studien-Verlag Innsbruck 2008. 528 S., Ill. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Der Untertitel kennzeichnet die Zweiteilung des Werkes. Im ersten Teil „Wissenschaftshistorische Miniaturen in Briefen“ sind solche, auszugsweise oder nahezu zur Gänze, in eine Darstellung des Verfassers eingebunden (bis zu Seite 273), Teil II „Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch“ (ab S. 275) besteht in einer Edition von genau zweihundert Dokumenten (ab S. 310), der Einleitendes vorangestellt ist. Die Hervorhebung Kischs als „Prager Juden“ versteht sich als eine Art Entgegensetzung zum Briefpartner Grass, den Oberkofler kurz als „Tiroler Erzkatholiken und Antisemiten“ einstuft (10).
Vor allem Teil I) bietet, nüchtern, aber nur ungenügend charakterisiert, rechtliche Zeitgeschichte. Die „Zeit“ dieser Geschichte ist kaum noch verklungene Gegenwart, die Personen stehen in frischer Erinnerung, viele leben noch, lebendig sind auch die Institutionen vor allem von Fakultät, Universität und Wissenschaftsakademie. So haben jüngere Leser, beispielsweise von Grass nur um ein oder zwei Generationen getrennt, das Geschilderte miterlebt, wenngleich an anderen Orten und aus anderer Perspektive und natürlich ohne Wissen um die nun zu Tage liegenden Hintergründe. „Solche Dinge sollen nur nicht der Nachwelt entgehen …“ schrieb Grass 1974 an den ihm befreundeten Schweizer Rechtshistoriker Louis Carlen (10) – das Buch liegt wohl so ganz im Interesse von Nikolaus Grass, was auch seine entsprechenden mündlichen Äußerungen, mitgeteilt oder miterlebt, stützen.
Trotz der zeitlichen Nähe taucht der Leser oftmals in eine nahezu fremdgewordene Welt ein. Dies trifft begreiflicherweise auf das von Kisch beschriebene Prag der Zwischenkriegszeit zu: „Eine geistig regsame Stadt“, die Tschechen „geistig und wirtschaftlich |
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Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (1948-1950). Nachschlagewerk Strafsachen - Nachschlagewerk Zivilsachen - Präjudizienbuch der Zivilsenate, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 402). Lang, Frankfurt am Main 2010. XXI, 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (1948-1950). Nachschlagewerk Strafsachen - Nachschlagewerk Zivilsachen - Präjudizienbuch der Zivilsenate, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 402). Lang, Frankfurt am Main 2010. XXI, 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 hatte auch das Reichsgericht des Deutschen Reiches seine Grundlage verloren und waren alle Organe des Reiches der Macht der Alliierten unterstellt. Nachdem in den Folgejahren Verhandlungen über die Errichtung eines obersten Gerichtshofs für ganz Deutschland oder auch für die Bizone - nach dem knappen Vorwort des Herausgebers nahezu - gescheitert waren, erließ die britische Militärregierung die Verordnung Nr. 98, mit der sie einen obersten Gerichtshof für die britische, acht Oberlandesgerichte beherbergende Zone mit Wirkung vom 1. 9. 1947 gründete, und setzte sie mittels einer Verordnung zur Durchführung der Verordnung Nr. 98 vom 17. 11. 1947 um. Danach hatte der Gerichtshof seinen Sitz in Köln und konnte Mitglied nur werden, wer die Fähigkeit zum Richteramt in einem deutschen Land erlangt sowie das 35. Lebensjahr vollendet hatte und nicht Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gewesen war.
Vorgesehen waren ein Zivilsenat und ein Strafsenat, zu denen aber ein zweiter Zivilsenat am 1. 10. 1948 und ein zweiter Strafsenat am 1. 1. 1950 hinzukamen. Aufgabe des als ersten Schritt zu einem einheitlichen Gericht Deutschlands - „oder zum mindesten für das, was ein hartes Schicksal uns von ihm belassen wird“ - gedachten Gerichts war es, als Rechtsmittelgericht eine einheitliche Rechtsprechung innerhalb der britischen Zone zu sichern und der Fortbildung des Rechts zu dienen. Die Aufnahme der Tätigkeit erfolgte am 16. 3. 1948, die feierliche Eröffnung 29. 5. 1948, die Aufhebung des Gerichtshofs durch Eröffnung des Bundesgerichtshofs zum 1. 10. 1950 (letzter Sitzungstag wohl am 9. |
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Obst, Michael A., „Einer nur ist Herr im Reiche“. Kaiser Wilhelm II. als politischer Redner (= Otto-von-Bismarck-Stiftung. Wissenschaftliche Reihe 14). Schöningh, Paderborn 2010. 481 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Obst, Michael A., „Einer nur ist Herr im Reiche“. Kaiser Wilhelm II. als politischer Redner. (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 14). Schöningh, Paderborn 2010. 481 S. Besprochen von Martin Moll.
Es entbehrt nicht der Ironie, dass die ursprünglich als Dissertation an der Universität Düsseldorf vorgelegte Studie Michael A. Obsts über die Reden Wilhelms II. und deren öffentliche Rezeption in der Buchreihe der Otto-von-Bismarck-Stiftung erschienen ist. Denn der junge Wilhelm hatte 1890, noch keine zwei Jahre auf dem deutschen Kaiserthron, den Langzeit-Reichskanzler zur Demission genötigt, um sein angestrebtes „persönliches Regiment“ unbehindert umsetzen zu können. Der Monarch entwickelte sich in seiner 30jährigen Regierungszeit (1888-1918) zudem zum Konkurrenten Bismarcks, wenn es um das Prägen eindringlicher Schlagwörter ging. Für beide Kontrahenten gilt, dass einige ihrer unzähligen Parolen und Losungen noch heute präsent sind: „Blut und Eisen“, „nach Canossa gehen wir nicht“, „wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt“ dürften einige der bekanntesten Kreationen Bismarcks sein; Wilhelm steuerte den „Platz an der Sonne“ bei, postulierte, Deutschlands „Zukunft liegt auf dem Wasser“, weshalb eine starke Flotte „not tue“, und sah die Welt am deutschen Wesen genesen.
Kein Zweifel, Wilhelm hatte ein ausgeprägtes Talent, Zeitströmungen in bündigen Slogans massenwirksam zusammen zu fassen, weshalb sich nicht wenige seiner Untertanen in den Wortschöpfungen ihres Kaisers wiederzufinden glaubten. In die Kritik geriet der Monarch auch nicht wegen der oben genannten Beispiele, die bei allem imperialistischen Beigeschmack noch vergleichsweise harmlos klingen. Darüber hinaus ließ Wilhelm von seiner Thronbesteigung an keine Gelegenheit ungenutzt, durch in dichter Folge gehaltene öffentliche oder öffentlich gewordene Reden das Inland und das Ausland zu verprellen. Schon die Zeitgenossen kamen nicht umhin, das Notorisc |
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Ohe, Axel von der, Das Gesellschaftsbild des Bundesgerichtshofs. Die Rechtsprechung des BGH und die frühe Bundesrepublik (= Europäische Hochschulschriften 3, 1071). Lang, Frankfurt am Main 2010. 426 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ohe, Axel von der, Das Gesellschaftsbild des Bundesgerichtshofs. Die Rechtsprechung des BGH und die frühe Bundesrepublik (= Europäische Hochschulschriften 3, 1071). Lang, Frankfurt am Main 2010. 426 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die am Anfang des Jahres 2003 begonnene, von Joachim Perels angeregte und betreute, 2007 von der philosophischen Fakultät der Universität Hannover angenommene Dissertation des nach dem Magisterstudium u. a. der politischen Wissenschaft ab 2005 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Büroleiter eines Bundestagsabgeordneten und seit 2008 als persönlicher Referent des Dezernenten für Umwelt, Planung und Bauen der Region Hannover tätigen Verfassers. Sie geht von der Definition der Bundesrepublik Deutschland als sozialer und demokratischer Rechtsstaat im Grundgesetz aus. Auf dieser Grundlage fragt sie mit Blickrichtung auf das Gebiet der Judikative nach den Modalitäten des vom Verfassungsgeber nach den Strukturbrüchen der Jahre 1945/1949 verordneten demokratisch-rechtsstaatlichen Lernprozesses.
Gegliedert ist sie in insgesamt fünf Teile. Diese betreffen die strafrechtliche Aufarbeiten von NS-Justizverbrechen in dem Nürnberger Juristenprozess, bei Gustav Radbruch und Helmut Coing sowie in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs bis zur umfassenden Normalisierung der NS-Justiz samt späten Einsichten, die Gehilfenjudikatur vor allem des Bundesgerichtshofs, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur 131-er Problematik, den Bundesgerichtshof und die Entschädigung für nationalsozialistisches Unrecht und die Staatsschutzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Verwertet werden dabei schätzungsweise 150 zu einem geringeren Teil auch unveröffentlichte Entscheidungen vor allem des Bundesgerichtshofs, aber auch anderer Gerichte.
Am Ende kommt der Verfasser zu einer insgesamt kritischen Bilanz. Nach seiner ansprechenden Beurteilung blieben die Aufarbeitungsbemühunge |
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Oldenburg, Sophie, Die Öffentlichkeit von Rechtsnormen (= Schriften zum öffentlichen Recht 1141). Duncker & Humblot 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oldenburg, Sophie, Die Öffentlichkeit von Rechtsnormen (= Schriften zum öffentlichen Recht 1141). Duncker & Humblot 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die im Januar 2009 letztmals aktualisierte Fassung der von Bernhard Schlink betreuten, im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommenen Dissertation der Verfasserin. Inspiration für die Befassung mit der behandelten Frage war die Mitarbeit am Lehrstuhl für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie. An ihm bestand stets ein großer Bedarf an aktuellen Rechtsnormen der Bundesländer, der vielfach nur mit erheblichem Aufwand zu befriedigen war.
In ihrer kurzen Einleitung beschreibt die Verfasserin ihre Fragestellung und den Diskussionsstand, wobei sie davon ausgeht, dass die Publikation von Rechtsnormen mit der Entstehung geschriebenen Rechts erforderlich wurde, was man freilich durchaus bezweifeln kann, weil Wissen von Recht durch Schrift nur erleichtert wird, nicht aber bedingt ist. Überzeugend entnimmt sie der vorhandenen Literatur die Feststellung, dass bis in das 17. Jahrhundert eine Veröffentlichung von Rechtsnormen an die Allgemeinheit in welcher Form auch immer nicht ausdrücklich als Geltungsvoraussetzung der Norm angesehen wurde. Da erst das Anwachsen der Zahl der erlassenen Normen zunehmend die Übersicht erschwerte, entstand eine allgemeine Publikationspraxis mit Hilfe des Buchdrucks erst vom 17. Jahrhundert an, wobei den Normunterworfenen die Pflicht auferlegt wurde, sich über das geltende Recht zu unterrichten.
In der Folge konzentriert sich die Verfasserin ganz auf die Zeitgeschichte und untersucht nacheinander umsichtig den Zugang zu Rechtsnormen in Bund und Ländern, die Vorschriften zur Normöffentlichkeit, die Verfassungsprinzipien der Normöffentlichkeit, für die sie das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip besonders hervorhebt, sowie die Umsetzung der verfassungsrechtlichen Pub |
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Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts. 3. Aufl. facultas.wuv, Wien 2010. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts. 3. Aufl. facultas.wuv, Wien 2010. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die erste Auflage dieser Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts ist im Umfang von 340 Seiten im Jahre 2006 erschienen. Sie war angesichts des verfügbaren Marktes nicht wirklich unerwartet rasch ausverkauft, so dass der Verfasser bereits 2008 sein Werk in zweiter Auflage im Umfang von 422 Seiten vorlegen konnte. Da auch diese Fassung ein positives Echo erfuhr, konnte das Konzept der Darstellung für die dritte, auf das Adjektiv modern im Titel verzichtende Auflage beibehalten werden.
Gleichwohl konnte der Verfasser im Detail zahlreiche Änderungen und Verbesserungen vornehmen, die allerdings den Umfang nicht sehr stark verändert haben. Eingearbeitet wurden insbesondere der Vertrag von Lissabon, das Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 und das Eingetragene-Partnerschaftsgesetz, neu gefasst verschiedene andere Partien. Im Bereich der Verfassungsgeschichte wurden die Darstellungen des Wahlrechts im Konstitutionalismus und der Ideologien der Diktaturen vertieft und Ausführungen über staatliche Symbole eingefügt.
Die Einleitung wurde um Hinweise zur Methodologie der Rechtsgeschichte und um Erläuterungen wichtiger Grundbegriffe ergänzt. In das Sachverzeichnis wurde ein Paragraphenregister der am häufigsten zitierten Gesetze aufgenommen. Der weitere Erfolg dieses Lehrbuchs bei den Studierenden der Rechtswissenschaft wird auch in Zukunft kaum ausbleiben.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Olschewski, Boris, Herrschaftswechsel - Legitimitätswechsel - Die Mediatisierungen Biberachs und Friedbergs im europäischen Kontext (1802-1806) (= Trierer historische Forschungen 63). Kliomedia, Trier 2009. 268 S. Besprochen von Gerold Neusser. |
Ganzen Eintrag anzeigen Olschewski, Boris, Herrschaftswechsel - Legitimitätswechsel - Die Mediatisierungen Biberachs und Friedbergs im europäischen Kontext (1802-1806) (= Trierer historische Forschungen 63). Kliomedia, Trier 2009. 268 S. Besprochen von Gerold Neusser.
Mit dem vor nahezu zwei Jahrzehnten erschienenen voluminösen Band „Das alte Reich und seine Städte“ Klaus Peter Schroeders über die Mediatisierung der oberdeutschen Reichsstädte im Gefolge des Reichsdeputationshauptschlusses1802/03 schien die Thematik von „Untergang und Neubeginn“ der alten Reichsstädte quasi endgültig abgehandelt, jedenfalls von rechtshistorischer Seite. Nun ist sie durch eine neue Studie von historischer Seite ergänzt worden: unter dem Gesichtspunkt von „Herrschaftswechsel – Legitimitätswechsel“ hat Boris Olschewski mit seiner von Helga Schnabel-Schüle betreuten Trierer Dissertation die „Mediatisierungen Biberachs und Friedbergs im europäischen Kontext (1802-1806)“ paradigmatisch untersucht. Dabei ist zu erkennen, dass die beiden Leitbegriffe der übergreifenden Arbeit am Sonderforschungsbereich 600 „Fremdheit und Armut. Wandel von Inklusions- und Exklusionsfiguren von der Antike bis zur Gegenwart“ entstammen und der Herrschaftswechsel dabei „als übergeordnete Kategorie des historischen Vergleichs verstanden“ (S.12) wird, dessen Legitimität nicht aus moralischer, sondern „aus obrigkeitlicher Perspektive behandelt“ (S.12f. Anm.6) wird. Zur Klärung dieser Begriffe sowie desjenigen der Mediatisierung greift der Verfasser auf die begriffsgeschichtlichen Grundlagen (S. 29ff.) zurück und widmet eine vertiefende Seiten-Betrachtung dem Legitimitätsbegriff Max Webers und seinen methodischen Grundüberlegungen zur Herrschaftssoziologie. An der „Begriffsklärung“ zur „Mediatisierung“ (S. 26ff.) fällt die weiter bestehende Kontroverse zu Willoweit auf, gegenüber dessen Definition von der „Ereignishaftigkeit des Phänomens“ Olschewski die „Prozeßhaftigkeit des Begriffes“ (S. 29) betont. Seinen Topos |
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Ostasiatisches Strafrecht. Würzburger Tagung zum Strafrechtsvergleich vom 8. bis 12. Oktober 2008, hg. v. Hilgendorf, Eric. Mohr (Siebeck) Tübingen 2010. VIII, 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
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Das interessante Werk enthält die überarbeiteten Vorträge der vom Herausgeber in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-ostasiatischen Wissenschaftsforum Tübingen in Würzburg vom 8. bis zum 12. Oktober 2008 abgehaltenen Tagung „Das ostasiatische Strafrecht im soziokulturellen Kontext“. Ziel ist die Verstärkung des strafrechtswissenschaftlichen Austauschs zwischen den beteiligten Ländern. Dabei soll nicht nur Vergangenes abgeschlossen, sondern auch Künftiges im Sinne eines echten Dialogs vorbereitet werden.
Gegliedert ist das Werk in eine allgemeine Einführung Kristian Kühls über Strafrecht und Moral, die hinsichtlich des Inzests auch auf China eingeht, und die beiden Teile Japan und Korea einerseits und China andererseits. Gemeinsam ist die Erkenntnis, dass das europäische Strafrecht im ausgehenden 19. Jahrhundert für die ostasiatischen Länder von größter Bedeutung war, dass aber spätestens mit dem Ende des zweiten Weltkriegs eine deutliche Verselbständigung stattgefunden hat.
Für Japan äußert sich Osamu Magata zur Entwicklung des japanischen Strafrechts. Für Korea untersuchen Young-Whan Kim und Young Keun Oh die Rezeption des deutschen Strafrechts und die Einflüsse der deutschen Strafrechtslehre auf die koreanische Strafrechtslehre und Rezeptionslehre, während Seung-Hee Hong die moderne Internetkriminalität behandelt. Für China widmen sich insgesamt acht Beiträge teils allgemeineren und teils besonderen Fragen und sprechen dabei auch die geschichtliche Entwicklung weiterführend an, so dass der Band insgesamt den Fernen Osten der europäischen Rechtsgeschichte vorteilhaft näher bringt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Ostermann, Tim, Die verfassungsrechtliche Stellung des Deutschen Kaisers nach der Reichsverfassung von 1871 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4932). Lang, Frankfurt am Main 2009. LIX, 247 S. Besprochen von Christoph Schmetterer. |
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In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind zahlreiche Publikationen zum letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II., erschienen, wie insbesondere die monumentale dreibändige Biographie von John Röhl. Eine zentrale Frage in der Literatur zu Wilhelm II. ist, inwieweit dieser Kaiser ganz persönlich die deutsche Politik von 1888 bis 1918 prägte. Interessanterweise wurden die verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Kaisers in diesem Zusammenhang bisher wenig thematisiert. Diese Lücke schließt nun die Arbeit von Tim Ostermann.
Nach einer allgemeinen Einleitung (1. Teil) behandelt der Autor die Entwicklung der Kaiserwürde in Deutschland vom Kaisertum des Alten Reiches über die Paulskirchenverfassung bis zum Norddeutschen Bund (2. Teil).
Der 3. Teil befasst sich dann mit dem deutschen Kaiser in der Reichsverfassung von 1871. Ostermann betont, dass nicht die Kaiserproklamation in Versailles, sondern die Annahme der Reichsverfassung konstitutiv für die Entstehung der Kaiserwürde war. Er behandelt die Alternativen zum Titel „Deutscher Kaiser“ wie den von Wilhelm I. favorisierten Titel „Kaiser von Deutschland“, der daran scheiterte, dass das neue Staatswesen weder Deutschland hieß, noch der Kaiser dessen Souverän war. Erwerb und Verlust der Kaiserwürde waren an das preußische Königtum gekoppelt. Die Thronfolge des Kaisers richtete sich somit nach der des Königs von Preußen. Daher war auch nur eine gleichzeitige Abdankung als deutscher Kaiser und als König von Preußen möglich. Die (nicht ausgeführten) Pläne Wilhelms II., im November 1918 zwar als deutscher Kaiser, nicht aber als König von Preußen abzudanken, hätten somit nicht der Verfassung entsprochen. Ostermann führt überzeugend aus, dass Wilhelm II. erst am 28. |
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Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB). Eine europäische Privatrechtskodifikation, Band III Das ABGB außerhalb Österreichs, hg. v. Berger, Elisabeth (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 57).. Duncker & Humblot Berlin 2010. 413 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch wurde nach jahrzehntelangen Vorarbeiten, der Niederlage gegen Napoleon bei Wagram am 5./6. Juli 1809 im fünften Koalitionskrieg und dem anschließenden, verlustreichen Frieden von Schönbrunn am 1. Juni 1811 kundgemacht und trat am 1. Januar 1812 in Kraft. Damit erhielt die Habsburgermonarchie ein einheitliches Privatrecht. 2011 jährt sich dieser bedeutsame Vorgang zum zweihundertsten Mal, so dass nicht zuletzt nach dem Vorbild des entsprechenden französischen Vorgangs eine ausführliche Würdigung sehr angezeigt erscheint.
Als erster von drei deswegen beabsichtigten Bänden ist die von Elisabeth Berger herausgegebene Geschichte des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs außerhalb Österreichs erschienen. Sie gliedert sich nach einem kurzen Vorwort in insgesamt zehn Teile. Die Herausgeberin selbst behandelt das AGB in Liechtenstein, Christian Neschwara das ABGB in Ungarn, József Szalma das AGBG in der Woiwodina, Nikola Gavella (mit Igor Gliha, Tatjana Josipović und Zlatan Stipković) das ABGB in Kroatien, Andrzej Dziadzio das ABGB in Polen, Werner Schubert (mit Jarmila Pokorna, Josef Fiala und Hans-Christian Krasa) das ABGB in der Tschechoslowakei und Maria Rosa Di Simone das ABGB in Italien. Den Einfluss des ABGB auf die Schweiz, Deutschland und Serbien schildern Barbara Dölemeyer, Werner Schubert und József Szalma.
Dabei ergibt sich, dass das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch zwar nicht den überragenden Einfluss auf die europäische Gesetzgebungsgeschichte hatte wie der 1804 geschaffene Code civil Frankreichs, aber beispielsweise auch in den deutschen Kodifikationsbemühun |
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Ottomannus. Von Zustand, Macht und Gewalt, auch anderen verborgenen heimlichen Sachen des Ottomannischen Türkischen Reiches, beschrieben von einem Venedischen von Adel Lazaro Soranzo in italienischer Sprache und ferner durch Christian Cresse von Halle in Sachsen verdeutscht, Eisleben 1601, ins heutige Deutsch übertragen und neu hg. v. Hattenhauer, Hans/Bake, Uwe. Lang, Frankfurt am Main 2009. XXX, 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ottomannus. Von Zustand, Macht und Gewalt, auch anderen verborgenen heimlichen Sachen des Ottomannischen Türkischen Reiches, beschrieben von einem Venedischen von Adel Lazaro Soranzo in italienischer Sprache und ferner durch Christian Cresse von Halle in Sachsen verdeutscht, Eisleben 1601, ins heutige Deutsch übertragen und neu hg. v. Hattenhauer, Hans/Bake, Uwe. Lang, Frankfurt am Main 2009. XXX, 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem Fall von Byzanz im Jahre 1453 standen die Türken unter Sultan Suleiman II. dem Prächtigen 1529 erstmals vor Wien und führten nach der Seeschlacht von Lepanto (1571) und dem Fall Zyperns (1573) seit 1593 einen dreizehnjährigen Krieg mit Habsburg. In dieser schwierigen Lage konnte im Westen jegliches Wissen über die Türken nützlich sein, weswegen die 1598 von dem Venezianer Lazaro Soranzo (1572-1602) in Ferrara in italienischer Sprache unter Verwendung geheimer venezianische Quellen erstmals veröffentlichte, in Venedig selbst sofort verbotene dreiteilige politische Streitschrift über das osmanisch-türkische Reich auch im Heiligen römischen Reich auf beachtliches Interesse stieß. Die beiden Herausgeber legen die in der Gegenwart nicht leicht greifbare Ausgabe dankenswerterweise in einer modernen Übersetzung mit einer sachkundigen Einführung, Hinweisen auf Editionen, Literatur, Glossar, geografischem Register und Abbildungsnachweisen wieder vor, so dass jedermann sich selbst leicht über westliche Kenntnisse über innere Verfassung, Strategie und Politik des Osmanischen Reiches um 1600 unterrichten kann.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Padoa Schioppa, Antonio, Storia del diritto in Europa. Dal medioevo all’ età contemporanea. Il Mulino, Bologna 2007.780 S. Besprochen von Knut Wolfgang Nörr. |
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Es ist dem Rezensenten anzulasten, dass erst jetzt das Buch Padoa Schioppas in dieser Zeitschrift vorgestellt wird. Aber der Schaden ist nicht groß, handelt es sich doch nicht um ein ephemeres, den Ereignissen des Tages gewidmetes oder sich den Modeströmungen unserer Zeit aussetzendes Werk: um ein Werk vielmehr, das manches Jahrzehnt, manche Generation überdauern und zu den Marksteinen einer bleibenden europäischen Rechtskultur selbst gehören wird.
Vier oder fünf Jahre vor der Publikation des vorzustellenden Buchs hatte Padoa Schioppa mehrere Abhandlungen aus seiner Feder zu einem Band mit dem Titel “Italia ed Europa nella storia del diritto” vereinigt. Der Titel war vermutlich von dem an erster Stelle des Sammelbands abgedruckten Aufsatz “Una identità problematica” angeregt, der sich mit der Frage nach der italianità des italienischen Rechtssystems beschäftigte. In der Antwort auf diese Frage wurden zunächst die großen Perioden der Rechtsentwicklung auf der Peninsula unterschieden, um dann unter vielem anderen das ius commune oder ius utrumque als wahrhaft europäisches Phänomen herauszustellen unbeschadet der zahlreichen Besonderheiten, die in der Rechtsentwicklung in Italien festzustellen sind. Folgt man dieser Beobachtung, der Vergleichbares für die Neuzeit zur Seite gestellt wurde, so können wir ein ius municipale und (um einen modernen Ausdruck wenn auch in anderer Bedeutung zu verwenden) ein ius Europaeum unterscheiden, haben aber zugleich beides aufeinander zu beziehen; beides hat sich im Laufe der Jahrhunderte auf vielfache Weise ineinander verwoben. Diese Sicht der Dinge, so kann man ergänzen, gilt natürlich nicht nur für Italien, sondern auch für die Rechtsentwicklung in anderen Ländern des europäischen Kontinents (für Frankreich beispielsweise vorbildlich bestätigt d |
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Parteien in Thüringen. Ein Handbuch, hg. v. Schmitt, Karl/Oppelland, Torsten (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 16). Droste, Düsseldorf 2008. 493, A 135 S. Besprochen von Karsten Ruppert. IT. |
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Dieses aus einem DFG Projekt hervorgegangene Handbuch behandelt die fünf Parteien Thüringens, die bisher im Landtag gesessen haben (CDU, SPD, PDS/Linke, FDP und Bündnis 90/Grüne) zusammen mit dem rechten Spektrum von DVU, NPD und Republikanern zwischen 1990 und 2007. Die Beiträge werden umrahmt von einer Einleitung wie einer Zusammenfassung. Zunächst muss den Mitarbeitern bescheinigt werden, dass sie die Chancen eines üppig finanzierten DFG-Projekts genutzt und bei der Erschließung von Quellen keine Mühe gescheut haben. Es wurden Forschungen in Archiven betrieben, Parteimaterialien ausgewertet, bei den Geschäftsstellen interne Informationen besorgt und mit deren Unterstützung Mitglieder und schließlich auch noch Zeitzeugen befragt.
Die Ergebnisse dieses Fleißes werden in jeweils eigenständigen und gleich aufgebauten Artikeln präsentiert und durch 40 Tabellen und 36 Grafiken illustriert. Sie gehen auf die Vorgeschichte der Parteien ein, deren Formierung während der Wende, bei der die Ausgangslagen (Neugründung, Blockpartei oder gar SED-Staatspartei) ganz unterschiedlich waren. Die Folgen waren nicht gering, allerdings nicht von Dauer, sondern zeigten sich vorwiegend in den ersten Nachwendejahren. Bei der Analyse der Entwicklung seit 1990 dominieren zwar die klassischen Themen der Parteienforschung wie Organisation, Programmatik, Wähler und Mitglieder, doch erhält man auch aufschlussreiche Einblicke in die Finanzen, die Spielräume der Partizipation, Vernetzung im vorpolitischen Raum und in die Einsatzfreude der Mitglieder. Für den Historiker besonders interessant sind das Aufdecken von Kontinuitäten und Traditionen und deren weiterwirkende Bedeutung. Darunter solche Einsichten wie die, dass es eine frappan |
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Pätzold, Julia, Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung: Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte in Kursachsen im 16. Jahrhundert (= Schriften zur Rechtsgeschichte 143). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 1084 S., Taf., Kart. Abb. Besprochen von Marek Wejwoda. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pätzold, Julia, Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung: Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte in Kursachsen im 16. Jahrhundert (= Schriften zur Rechtsgeschichte 143). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 1084 S., Taf., Kart. Abb. Besprochen von Marek Wejwoda.
Die Rezeption des gelehrten römisch-kanonischen Rechts im nordalpinen Bereich stellt an der Schwelle zur frühen Neuzeit den wohl wichtigsten Umbruch in der deutschen Rechtsgeschichte überhaupt dar. Sie führte nicht nur zu einer tiefgreifenden Umgestaltung des Rechts, sondern strahlte auch weit in fast alle anderen gesellschaftlichen Bereiche aus. Aus diesem Grund ist die Rezeption nicht nur ein klassisches und oft behandeltes Thema der Rechtsgeschichte, sondern – in zunehmendem Maße – auch benachbarter historischer Disziplinen und Forschungsrichtungen, etwa der Verfassungs-, Sozial- und Bildungsgeschichte. Zwar ist die Literatur zu diesem Phänomen kaum noch überschaubar. Dennoch sind keineswegs alle Fragen geklärt. Insbesondere Einzelstudien, die unter Erschließung neuer Quellenbestände und mit lokalem oder regionalem Zugriff die tatsächlichen Formen des Eindringens des gelehrten Rechts und die Umgestaltung der überkommenen Rechtsordnung fokussieren – die Rezeption in statu nascendi gewissermaßen –, sind vielerorts durchaus noch ein Desiderat.
Die 2008 von der Leipziger Juristenfakultät angenommene und mit dem Preis der Dr.-Feldbausch-Stiftung ausgezeichnete Dissertation Julia Pätzolds ermöglicht nun neue Einblicke in den konkreten Vollzug des Rezeptionsprozesses in Kursachsen, und zwar vor allem mit der hier vorgelegten Edition einer in dieser Form wohl einzigartigen, jedenfalls sonst bisher nicht bekannt gewordenen Quelle. Es handelt sich um eine „Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung“ – wie sie Pätzold nennt – in der Handschrift M II 53 des Stiftskapitels St. Petri zu Bautzen, die nicht weniger als 1349 Stücke sehr verschiedenen Umfangs enthält, sämtlich aus dem 16. Jah |
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Pauli, Frank, Wehrmachtsoffiziere in der Bundeswehr. Das kriegsgediente Offizierkorps der Bundeswehr und die Innere Führung 1955-1970. Schöningh, Paderborn 2010. 387 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Als im Zuge der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland unter den Vorzeichen eines sich immer stärker polarisierenden Ost-West-Konfliktes mit globalen Dimensionen in den 1950er Jahren die junge Bundeswehr ins Leben gerufen wurde, war die Ausgestaltung ihres inneren Gefüges eine der Kernaufgaben für die Planer. Dieses sollte sowohl den liberal-demokratischen Grundlagen der Staats- und Gesellschaftsordnung als auch den anspruchsvollen militärischen Herausforderungen in einem atomar hochgerüsteten Verteidigungsverbund gerecht werden. So wurde in der Dienststelle Blank, der Vorgängerorganisation des nachmaligen Bundesministeriums der Landesverteidigung, benannt nach dem späteren ersten Minister Theodor Blank, das dynamische Konzept der Inneren Führung entwickelt: Der Soldat sollte „Staatsbürger in Uniform“ mit grundgesetzlich garantierten Rechten bleiben, mitdenkenden Gehorsam aus Einsicht üben, auftragsorientiert und aus Eigeninitiative handeln lernen, fordernd und einsatznah ausgebildet und dabei stets im Geist der demokratischen Grundordnung erzogen werden. Für die vollständige Implementierung wurde einmal realistisch ein Zeitrahmen von „50 Jahren“ (S. 8) genannt. Ein wesentlicher Grund für das Ansetzen eines so überraschend weiten, immerhin ein halbes Jahrhundert umfassenden Zeithorizonts war der Umstand, dass der neue Weg zunächst mit und von einem Führerkorps ins Werk gesetzt werden musste, das seine Sozialisierung unter ganz anderen politischen Voraussetzungen und Werthaltungen erfahren hatte, als sie nun gelten sollten: den kriegsgedienten Offizieren.
In einem ersten Abschnitt zeigt Frank Pauli, selbst Offizier und promovierter Militärhistoriker, dass der Begriff „kriegsgediente Offiziere“ eine Homogenität suggeriert, v |
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Paulus van Husen (1891-1971). Erinnerungen eines Juristen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik Deutschland, bearb. und eingeleitet v. Hummel, Karl-Joseph unter Mitarbeit von Frings, Bernhard (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A Quellen, Band 53). Schöningh, Paderborn 2010. LVIII, 614 S. Besprochen von Gerold Neusser. |
Ganzen Eintrag anzeigen Paulus van Husen (1891-1971). Erinnerungen eines Juristen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik Deutschland, bearb. und eingeleitet v. Hummel, Karl-Joseph unter Mitarbeit von Frings, Bernhard (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A Quellen, Band 53). Schöningh, Paderborn 2010. LVIII, 614 S. Besprochen von Gerold Neusser.
Die Memoirenliteratur unter Juristen ist nicht gerade umfangreich, umso begrüßenswerter ist dieser vorzüglich edierte Band aus der Feder eines profilierten Verwaltungsjuristen und Richters von hohem Rang, dessen Leben acht Jahrzehnte in einem Deutschland voller tiefgreifender Wandlungen umfasste. Dabei ist vor allem bemerkenswert, dass diese Wandlungen der deutschen Staatlichkeit ihm – bei all seiner strengen juristischen Denk- und Arbeitsweise – immer wieder wesentliche und markante Aufgaben gestellt haben, die über die üblichen Arbeiten im juristischen Beruf hinausgingen und ihn in Positionen gebracht haben, die in das Spannungsfeld zum Politischen führten. Geprägt hat ihn seine westfälische Heimat und sein tiefer katholischer Glaube, aus dieser Grundausrichtung „eines fast idealtypischen katholischen Bürgers, Juristen und Staatsdieners seiner Zeit“ (Hummel S. VII) hat er „so konsequent … [gehandelt] …, dass sein Leben gerade nicht typisch und repräsentativ verlaufen ist“. Kindheit und Jugend sowie die ersten juristischen Studienjahre (in Oxford, München und Genf) hat er in dem wilhelminisch-preußischen deutschen Kaiserreich verbracht, nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg das Studium in Münster abgeschlossen, er wurde preußischer Regierungsreferendar mit der besonders zielgerichteten Ausbildung, die ihn in den Staatsdienst in Schlesien führte, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten dann Richter am Preußischen Oberverwaltungsgericht, nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde er 1940 als Rittmeister der Reserve im Oberkommando der Wehrmacht mit Rechtsangelegenheiten betraut, kam |
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Pécsi jogászprofesszorok emlékezete (1923-2008). Antológia [Das Gedächtnis der Juraprofessoren zu Fünfkirchen. Eine Anthologie], hg. v. Kajtár, István. Publikon Verlag, Pécs 2008. 324 S. Besprochen von Katalin Gönczi. ZRG GA 128 (2011) 54 |
Ganzen Eintrag anzeigen A Pécsi Püspöki Joglyceum emlékezete 1833-1923 [Das Gedächtnis des Bischöflichen Juristischen Lyceums zu Fünfkirchen 1833-1923], hg. v. Kajtár, István/ Pohánka Éva. Publikon Verlag, Pécs 2009. 313 S. Besprochen von Katalin Gönczi.
Pécsi jogászprofesszorok emlékezete (1923-2008). Antológia [Das Gedächtnis der Juraprofessoren zu Fünfkirchen. Eine Anthologie], hg. v. Kajtár, István. Publikon Verlag, Pécs 2008. 324 S. Besprochen von Katalin Gönczi.
Wie kann man den Spagat zwischen Rechtsunterricht und rechtswissenschaftlichen Publikationen schaffen? Was prägt das Gedächtnis späterer Generationen am meisten: Die legendäre Persönlichkeit eines Hochschullehrers oder sein Œuvre als Wissenschaftler? Diese für Juraprofessoren immer wieder aktuellen Fragen liefern eine Perspektive auf zwei „Gedächtnisbände“ zur Geschichte der Juristenausbildung in Pécs / Fünfkirchen; beide Bücher sind neue Publikationen aus der Werkstatt István Kajtárs.
Die Geschichte der Juristenausbildung ist zu Beginn des dritten Jahrtausends auch in Ungarn wieder einmal en vouge geworden, wie eine Gesamtrezension von Annamária Bíró zu neueren Perspektiven der rechtshistorischen Forschungen verdeutlicht hat.[1] Aber parallel zur weitverbreiteten positivistischen Institutionengeschichte der ungarischen Verfassungs- und Rechtsgeschichtsschreibung gab es auch schon früher einen schmalen Pfad, auf dem die Wissenschaftsgeschichte ihren Weg suchte. Insbesondere Gründungsjubiläen boten einen guten Anlass für Rückblicke auf die Juristenausbildung in Ungarn. Eine kritische Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte der Juristenausbildung wurde dabei aber bislang aus Vorsicht gemieden. Daher sind die nun umfassenderen, von István Kajtár herausgegebenen Sammelbände zur Juristenausbildung in Pécs besonders zu begrüßen.
Die Vorträge einer wissenschaftlichen Konferenz im Jahre 2009 bilden die Grundlage der Publikation zum Pécser juristischen Lyzeum. Die Autoren des |
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Pelizaeus, Ludolf, Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V. (= Geschichte in der Epoche Karls V. 9). Münster, Aschendorff 2007. XVIII, 455 S. Besprochen von Ignacio Czeguhn. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pelizaeus, Ludolf, Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V. (= Geschichte in der Epoche Karls V. 9). Münster, Aschendorff 2007. XVIII, 455 S. Besprochen von Ignacio Czeguhn.
Die Herrschaft Karls V. (der I. in Spanien) und die seines Bruders waren sowohl in Spanien als auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Verlauf ihrer Regentschaft gekennzeichnet durch eine Reihe von Aufständen, welche die politische Entwicklung in beiden Reichen stark beeinflussten. Ludolf Pelizaeus legt nun mit seinem Buch „Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V.“ erstmals eine vergleichende Betrachtung dieser Entwicklung vor.
Das Werk von Pelizaeus baut auf gründlichen Archiv- und sonstigen Quellenarbeiten auf, sowohl im Bezug auf die spanischen als auch zu den vorderösterreichischen Verhältnissen. Dabei steht im Mittelpunkt die Betrachtung der inneren Dynamik des Kampfes um Macht, Herrschaft und Ressourcen in den Städten. Pelizaeus wählt als zeitlichen Rahmen die Jahre 1468-1540. Dabei zeigt sich im Verlauf der Lektüre, dass die Auswahl der Städte als Vergleichsobjekt hervorragend gewählt wurde, da gerade ihre inneren Machtstrukturen von der bisherigen Forschung kaum untersucht wurden. Klagen über Missstände waren seitens der Städte bereits unmittelbar nach dem Amtsantritt Karls V. in den Jahren 1517/1519 formuliert worden. Sie trugen ihre Beschwerden in den kastilischen Cortes, im Rahmen des Wiener Ständekampfes bzw. gegenüber den vorderösterreichischen Landständen vor. Pelizaeus behandelt die Fragestellung auf Grundlage von umfangreichen Archivstudien anhand ausgewählter Städte in Kastilien und Andalusien (Salamanca, Zamora, Jaén, Baeza und Úbeda) sowie in den Vorderen Landen und Tirol (Belfort, Freiburg, Villingen, Waldshut, Rheinfelden, Laufenburg und Hall in Tirol). Die Untersuchung berücksichtigt dabei politische, soziale, wirtschaftliche, rechtliche, geis |
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Pest, Folter und Schandsäule. Der Mailänder Prozess wegen „Pestschmierereien“ in Rechtskritik und Literatur, hg. v. Vormbaum, Thomas, redig. v. Dagasan, Zekai (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 6 Recht in der Kunst - Kunst im Recht 35). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag 2008. 252 S., 2 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pest, Folter und Schandsäule. Der Mailänder Prozess wegen „Pestschmierereien“ in Rechtskritik und Literatur, hg. v. Vormbaum, Thomas, redig. v. Dagasan, Zekai (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 6 Recht in der Kunst - Kunst im Recht 35). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2008. 252 S., 2 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Vorwort zeigt der sehr erfolgreiche Herausgeber die verschiedenen Möglichkeiten des formellen Zusammentreffens von Jurisprudenz und Literaturwissenschaft auf. Darunter befindet sich auch der Fall, dass ein und derselbe Vorgang von einem Juristen zum Gegenstand rechtsdogmatischer oder rechtskritischer Überlegungen, von einem Schriftsteller dagegen zum Sujet einer literarischen Bearbeitung gemacht ist. Ein solcher Glücksfall wird im vorliegenden Band dokumentiert und kommentiert.
Dementsprechend beginnt der Band nach einem einführenden Vorwort des Herausgebers mit Pietro Verris (1728-1797) Osservazioni sulla tortura von 1777, die der Herausgeber unter Berücksichtigung einer anonymen Übersetzung des Jahres 1840 selbst als Betrachtungen über die Folter übersetzt hat. Es folgt Allessandro Manzonis (1785-1872) Storia della colonna infame, deren anonyme Übersetzung des Jahres 1840 der Herausgeber überarbeitete. Von beiden Verfassern enthalten Einband und Titelei beeindruckende Abbildungen.
Verris Studie kommentiert Ezequiel Malarino in dem Beitrag „Pietro Verris Betrachtungen über die Folter und die Debatte über die Abschaffung der Folter in der österreichischen Lombardei“. Mit Manzoni befasst sich Helmut C. Jacobs in seinem Kommentar über Alessandro „Manzonis Storia della colonna infame - Wahrheitssuche zwischen Faktizität und Fiktion“. Kern des Geschehens ist der Prozess gegen den Sanitätskommissär Guglielmo Piazza in Mailand als Folge der Pest des Jahres 1630, bei der zahllose Bürger Mailands - nach Verri der Unwissenheit - zum Opfer fielen.
Im Vordergrund von Verris Beitrag steht die |
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Pfau, Dieter, Zeitspuren in Siegerland und Wittgenstein. Früh- und Hochmittelalter (750-1250). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pfau, Dieter, Zeitspuren in Siegerland und Wittgenstein. Früh- und Hochmittelalter (750-1250). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Gebiet an den durch Wasserscheiden gekennzeichneten Oberläufen von Sieg, Eder und Lahn wird von der spätantiken und frühmittelalterlichen schriftlichen Überlieferung nicht erfasst. Auch archäologisch ist es lange Zeit ein fundarmer Raum. Selbst politisch fanden die beiden früher getrennten, seit 1815/1816 Preußen zugehörigen Gebiete Siegen und Wittgenstein erst in einer kommunalen Gebietsreform im Jahre 1975 zu einem Kreis Siegen zusammen, der 1984 in Siegen-Wittgenstein umbenannt wurde.
Die Idee einer Kreisgeschichte dieses neuen politischen Gebildes entstand in Gesprächen mit dem Heimatbund des Kreises. Dabei war sich der Verfasser bewusst, dass eine modernen wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Darstellung nicht mehr von einem Historiker allein ins Werk gesetzt werden kann, doch hielt er es für möglich, mit relativ wenig Aufwand die Geschichte der Region an Hand der bislang vorliegenden Literatur zusammenzufassen. Dabei sah er den Umstand, dass ihm als Neuzeithistoriker die mittelalterliche Geschichte nur in groben Zügen bekannt war, als Vorteil an, weil er ihm eine persönliche Entdeckungsreise in das Mittelalter ermöglichte, an der er Leserinnen und Leser gerne teilhaben lässt.
Rasch gewann er dabei die Überzeugung, dass eine Darstellung in einem Band der Sache nicht gerecht werden könne. Aus diesem Grund entschloss er sich zu einer Teilung in drei Bände. Von ihnen liegt in beeindruckender Ausstattung mit Bildern, Anmerkungen und Registern der erste, bis zum Ausbau der Gebietshoheit der Grafen von Nassau und der Grafen von Wittgenstein reichende Band nach etwa zwei Jahren vor.
Er beginnt im Rahmen des Frühmittelalters mit den natürlichen und klimatischen Voraussetzungen, auf deren Grundlage fränkische Landnahme, fränkische Herr |
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Pilch, Martin, Der Rahmen der Rechtsgewohnheiten. Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte. Böhlau, Wien 2009. 600 S. Besprochen von Bernd Kannowski. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pilch, Martin, Der Rahmen der Rechtsgewohnheiten. Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte. Böhlau, Wien 2009. 600 S. Besprochen von Bernd Kannowski.
Die rechtshistorische Mediävistik kann ihr unglaubliches Glück gar nicht fassen: Die Rechtstheorie soll von der Rechtsgeschichte lernen, und zwar von der mittelalterlichen. Das nämlich meint Martin Pilch. Was er in seinem auf hohem Niveau angelegten Werk in Angriff nimmt ist – der Untertitel bringt es unmissverständlich zum Ausdruck – eine grundsätzliche Kritik am Normensystemdenken. Der Horizont des mit modernem Material arbeitenden Rechtstheoretikers soll sich weiten, indem er rechtshistorische Überlegungen zum mittelalterlichen Rechtsbegriff zu Rate zieht. Und auch der Rechtshistoriker soll lernen. Die rechtstheoretische Reflektion auch auf diesem Gebiet bedeutsamer Wissenschaftler ließe nämlich – so Pilch – das eine oder andere zu wünschen übrig.
Schon allein aus diesen Gründen muss Pilchs äußerst lesenswertes Buch das Interesse eines jeden am mittelalterlichen Rechtsbegriff Interessierten auf sich ziehen. Was wir hier vor uns haben, ist eine wirklich interdisziplinäre Arbeit. Zwar handelt es sich bei Rechtshistorie und Rechtstheorie gleichermaßen um juristische Grundlagenfächer, doch ist ihre Anknüpfung an Nachbarwissenschaften in beiden Fällen stärker ausgeprägt als bei den so genannten dogmatischen Fächern, und diese Verbindungen gehen in unterschiedliche Richtungen. Während die Rechtsgeschichte der Geschichtswissenschaft zugewandt ist, ist die Rechtstheorie mit der Philosophie verbunden. Ein großes Verdienst des Pilchschen Werkes steht hiermit in Zusammenhang: Nur wenige haben das erforderliche Hintergrundwissen, um hier einen Brückenschlag zu ermöglichen. Das bringt mit sich, dass Pilchs Darlegungen Kenntnisse auf verschiedenen Gebieten voraussetzen, über die in dieser Tiefe nur wenige verfügen werden. Ein Problem diese |
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Pohlkamp, Matthias, Die Entstehung des modernen Wucherrechts und die Wucherrechtsprechung des Reichsgerichts zwischen 1880 und 1933 (= Rechtshistorische Reihe 390). Lang, Frankfurt am Main 2009. 303 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pohlkamp, Matthias, Die Entstehung des modernen Wucherrechts und die Wucherrechtsprechung des Reichsgerichts zwischen 1880 und 1933 (= Rechtshistorische Reihe 390). Lang, Frankfurt am Main 2009. 303 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Die bei Schermaier, damals in Münster, angefertigte Dissertation berichtet in ihrem ersten Teil über die Entstehung des modernen Wucherrechts (S. 29-106) und liefert in den zwei weiteren Teilen eine Analyse der Strafrechtsprechung (107-192) und sodann der Zivilrechtsprechung vom Inkrafttreten des ersten Wuchergesetzes des Deutschen Reiches, 1880, bis zum Ende der Weimarer Republik (193-272). 1933 bildet den Endpunkt, weil die einsetzende nationalsozialistische Diktatur völlig neue Fragen hervorrufen würde.
Es geht Pohlkamp um „die Frage nach einem möglichen Rechtsprechungswandel von der Durchsetzung des individualethisch begründeten Schutzauftrages des Vorkriegswucherrechts hin zur stärkeren Betonung sozialethischer Wertungen nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges“. Seiner Arbeit ist die folgende Reihe wichtiger Ergebnisse zu entnehmen.
Hauptergebnisse
Die 1880 und 1893 ergangenen Strafrechtsnormen gegen Wucher wurden nach 1914 kaum mehr angewandt. Denn mit Kriegsbeginn erhielten die Höchstpreisverordnung von 1914 und die Preistreibereiverordnung von 1915 nebst Novellierungen die Hauptbedeutung. Die von Pohlkamp wiedergegebenen Urteile zeigen, dass das Reichsgericht auch in der Vorkriegszeit die Strafvorschriften gegen Wucher meistens weit ausgelegt hat, indem es sich auf die Gesetzesmaterialien und den Normzweck berief oder die Schwächesituation des Benachteiligten betonte oder wirtschaftliche Erwägungen erheblicher fand als juristische Konstruktionen der betroffenen Geschäfte. Daher wies die Rechtsprechung zu den neuen Wuchergesetzen nach 1914 trotz der Kriegsrhetorik „beträchtliche Parallelen zur Vorkriegszeit“ auf. Nur in der Zeit der schlimmsten Wirtschaftskrise der Kriegs- und Nachkriegs |
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Polkowski, Adam, Die polnische Zivilprozessordnung von 1930/33 - unter Berücksichtigung des deutschen, österreichischen, russischen und französischen Rechts (= Rechtshistorische Reihe 396). Lang, Frankfurt am Main 2009. 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Polkowski, Adam, Die polnische Zivilprozessordnung von 1930/33 - unter Berücksichtigung des deutschen, österreichischen, russischen und französischen Rechts (= Rechtshistorische Reihe 396). Lang, Frankfurt am Main 2009. 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Werner Schubert angeregte und betreute, im Wintersemester 2008/2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des in Danzig 1980 geborenen, in Kiel ausgebildeten Verfassers. Sie gliedert sich in eine kurze Einleitung und insgesamt vier Teile. Dabei geht die Einleitung überzeugend auf die besondere Rechtslage Polens ein, die dadurch entstand, dass das Land am Ende des 18. Jahrhunderts aufgeteilt wurde, der nach dem ersten Weltkrieg entstandene Staat aber als Fortführung des seinerzeit aufgeteilten Polen verstanden werden wollte, obwohl auf seinem Gebiet bis zu fünf verschiedene Rechtsordnungen Anwendung fanden.
Auf dieser Grundlage behandelt der erste Teil zunächst die historischen und gesellschaftlichen Ursachen für die Unifizierung und Kodifizierung des Rechtes der zweiten Republik Polen. Dabei sondert er zutreffend ehemals preußisches Teilungsgebiet, ehemals österreichisches Teilungsgebiet, ehemals ungarisches Teilungsgebiet und ehemals russisches Teilungsgebiet (Kongresspolen, Ostgebiete). Danach schildert er die Vereinheitlichungsbestrebungen bis 1918, die Gründung des polnischen Staates und die Einführung einer Verfassung.
Der zweite Teil befasst sich mit der Kodifikationskommission des neuen Staates unter besonderer Berücksichtigung der Zivilprozessordnung. Dabei schildert der Verfasser die Einsetzung, die Struktur, die fachlichen Ressourcen sowie die Arbeitsweise und Zusammensetzung der Kommission. Von den 44 Mitgliedern der Kommission hebt der Verfasser 8 besonders hervor (darunter den Strafrechtler Emil Stanisław Rappaport, 1877-1965).
Den Mittelpunkt der Arbeit bildet die Zivilpr |
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Post, Rudolf unter Mitarbeit v. Scheer-Nahor, Friedel, Alemannisches Wörterbuch für Baden, hg. v. Landesverein Badische Heimat e. V:/Muettersproch-Gsellschaft Verein für alemannische Sprache e. V: (= Schriftenreihe der badischen Heimat 2). Braun, Karlsruhe 2009. 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Post, Rudolf unter Mitarbeit v. Scheer-Nahor, Friedel, Alemannisches Wörterbuch für Baden, hg. v. Landesverein Badische Heimat e. V:/Muettersproch-Gsellschaft Verein für alemannische Sprache e. V: (= Schriftenreihe der badischen Heimat 2). Braun, Karlsruhe 2009. 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die großen deutschen Mundarten reichen anscheinend bis in die Zeit der Völkerwanderung zurück. Jedenfalls lassen sich im Frühmittelalter Altsächsisch, Altniederfränkisch, Altostfränkisch, Altrheinfränkisch, Altbayerisch und Altalemannisch, wenn auch nicht immer ganz eindeutig, so doch insgesamt gut unterscheiden. Ihre am Ende der Völkerwanderung feststehende örtliche Verankerung hat sich im Wesentlichen bis zur Gegenwart erhalten.
Von daher ist die Erfassung des regionalen Wortschatzes auch heute noch ein wichtiges Anliegen und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben. Sie verdient nicht nur die aufwendige wissenschaftliche Vertiefung, wie sie vor allem seit dem 19. Jahrhundert erfolgt ist, sondern auch die allgemeine Verbreitung. Deswegen ist eine allgemeinverständliche Darstellung des alemannischen Wortschatzes auch eines örtlich kleineren Gebietes (Baden bzw. Südbaden) eine willkommene Bereicherung.
Nach Angaben des Verlags setzt sich das neue Werk auf etwas mehr als 10500 Stichwörtern zusammen. Dass ihnen nur 12500 Bedeutungen zugeordnet sein sollen, überrascht, doch werden es die Verantwortlichen am besten wissen. Die Einleitung stellt die Mundarträume vor und legt die Sprachgrenzen offen. 150 Sprachkarten veranschaulichen in Beispielen (etwa Mischtlache bzw. Jauche) den interessanten Inhalt.
Der Verfasser leitete von 2008 bis 2009 den Arbeitsbereich Badisches Wörterbuch am Deutschen Seminar 1 der Universität Freiburg im Breisgau und stellte in dieser Zeit den vierten Band des Badischen Wörterbuchs mit den Buchstaben N-Schw fertig. Damit ist die wissenschaftliche Ausgangsgrundlage einwandfrei gesichert. Möge die Öff |
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Postel, Verena, Arbeit und Willensfreiheit im Mittelalter (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 207). Steiner, Stuttgart 2009. 189 S., Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die am Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Universität Marburg im Bereich mittelalterliche Geschichte und Lichtbildarchiv tätige Verfasserin geht der Frage nach, welche Konsequenzen die verschiedenen theologisch-philosophischen Positionen in der Gnadenlehre für die Bewertung von Arbeit und Leistung des Menschen im Diesseits hatten. Zu diesem Zweck befasst sie sich in chronologischer Reihenfolge mit (verschiedenen Schriften von) Augustin (354-430) und Ambrosius (339-397), Cassian von Marseille (um 360-430/435), Fulgentius von Ruspe (462/463 oder 467/468-527 oder 532) und Caesarius von Arles (um 470-542), Hrabanus Maurus (780-856), Lupus von Ferrières (805-862), Hinkmar von Reims († 882) und Johannes Scotus Eriugena (810-877), Rather von Verona (887-974), Petrus Abaelard (1079-1142), Johannes von Salisbury (1151/1120!-1180) und Thomas von Aquin (1125-1274). Auf dieser Grundlage soll eine Antwort darauf geliefert werden, ob Gott das Heil unabhängig von der Leistung der Menschen im Diesseits allein auf Grund seiner Gnade vergab oder ob die Menschen zum ewigen Leben auch durch eigene Leistung beitragen konnten.
Im Ergebnis stellt die Verfasserin in ihrer mentalitätsgeschichtlichen Studie gegenüber der bisherigen Forschung fest, dass Arbeit im Mittelalter durchgehend auch als gottgefällige Bestätigung der Willensfreiheit des Menschen gesehen wurde. Allerdings setzten die einzelnen betrachteten Autoren innerhalb des Rahmens der Bejahung der menschlichen Willensfreiheit und der daraus entnommenen Verdienstethik doch auch unterschiedliche Akzente, die bereits in der Spätantike erkennbar sind. Bei Thomas von Aquin setzt sich, nach Ansicht der Verfasserin vielleicht begünstigt durch klimatische Bedingungen, demographisches Wachs |
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Prest, Wilfrid, William Blackstone. Law and Letters in the 18th Century. Oxford University Press, Oxford 2008. XVII, 355 S., 22 Abb. Besprochen von Hans-Christof Kraus. |
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Als Jeremy Bentham im Jahr 1776 unter dem Titel „A Fragment on Government“ seinen anonymen Erstling erscheinen ließ, beanspruchte er vermutlich, dem angesehenen „Kommentator“ des englischen Rechts, Sir William Blackstone, erstem Inhaber des angesehenen Stiftungslehrstuhls („Vinerian Chair“) für englisches Recht an der Universität Oxford, den wissenschaftlichen Todesstoß versetzt zu haben. Dem Verfasser der „Commentaries on the Laws of England“, in vier Bänden zwischen 1765 und 1769 erschienen, meinte der junge Philosoph zahlreiche Ungenauigkeiten, allzu viel Traditionsgläubigkeit, Irrationalitäten, vor allem aber Fehler in der Logik der Argumentation nachweisen zu können. Doch während Benthams Pamphlet jahrzehntelang weitgehend unbeachtet blieb, stieg der Ruhm des „Kommentators“ Blackstone unaufhaltsam weiter an, wurde das umfangreiche Werk in immer neuen Auflagen verbreitet: allein acht waren es zu Lebzeiten des Autors, und nach seinem Tod im Jahr 1780 wurden die „Commentaries“ in immer neuen Auflagen, auch mehreren Neubearbeitungen (sowie in Kurzfassungen wie „The Student’s Blackstone“ usw.) bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein aufgelegt. Später folgten mehrere Faksimiledrucke der frühen Ausgaben, und noch heute ist das Werk, ein Klassiker im besten Sinne des Begriffs, im Bücherschrank wohl fast jedes britischen und anglo-amerikanischen Juristen zu finden, der etwas auf sich hält.
Denn Blackstones überragende geistige Leistung hatte darin bestanden, in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine klare und überzeugende Synthese der ausgesprochen unübersichtlichen, zerklüfteten und auch für Kenner kaum überschaubaren Landschaft des damals gültigen englischen Rechts vorgelegt zu haben. In klarer, verständlicher Sprache, vorzüglicher Gliederung und mit einer nachgerade stupend |