Oldenburg, Sophie, Die Öffentlichkeit von Rechtsnormen (= Schriften zum öffentlichen Recht 1141). Duncker & Humblot 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Oldenburg, Sophie, Die Öffentlichkeit von Rechtsnormen (= Schriften zum öffentlichen Recht 1141). Duncker & Humblot 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die im Januar 2009 letztmals aktualisierte Fassung der von Bernhard Schlink betreuten, im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommenen Dissertation der Verfasserin. Inspiration für die Befassung mit der behandelten Frage war die Mitarbeit am Lehrstuhl für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie. An ihm bestand stets ein großer Bedarf an aktuellen Rechtsnormen der Bundesländer, der vielfach nur mit erheblichem Aufwand zu befriedigen war.
In ihrer kurzen Einleitung beschreibt die Verfasserin ihre Fragestellung und den Diskussionsstand, wobei sie davon ausgeht, dass die Publikation von Rechtsnormen mit der Entstehung geschriebenen Rechts erforderlich wurde, was man freilich durchaus bezweifeln kann, weil Wissen von Recht durch Schrift nur erleichtert wird, nicht aber bedingt ist. Überzeugend entnimmt sie der vorhandenen Literatur die Feststellung, dass bis in das 17. Jahrhundert eine Veröffentlichung von Rechtsnormen an die Allgemeinheit in welcher Form auch immer nicht ausdrücklich als Geltungsvoraussetzung der Norm angesehen wurde. Da erst das Anwachsen der Zahl der erlassenen Normen zunehmend die Übersicht erschwerte, entstand eine allgemeine Publikationspraxis mit Hilfe des Buchdrucks erst vom 17. Jahrhundert an, wobei den Normunterworfenen die Pflicht auferlegt wurde, sich über das geltende Recht zu unterrichten.
In der Folge konzentriert sich die Verfasserin ganz auf die Zeitgeschichte und untersucht nacheinander umsichtig den Zugang zu Rechtsnormen in Bund und Ländern, die Vorschriften zur Normöffentlichkeit, die Verfassungsprinzipien der Normöffentlichkeit, für die sie das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip besonders hervorhebt, sowie die Umsetzung der verfassungsrechtlichen Publizitätspflichten auch unter Berücksichtigung der modernsten technischen Entwicklung. Nach ihrer begrüßenswerten Einsicht hat der demokratische Rechtsstaat nicht nur die Pflicht, alle Rechtsnormen zu verkünden, sondern muss darüber hinaus für die Allgemeinheit auch eine hinreichend aktuelle Sammlung konsolidierten Rechts veröffentlichen.
Einleuchtend weist die Verfasserin auf die demgegenüber bei der Veröffentlichung von Gesetzen, Verordnungen und Satzungen in (deutschen) Rechtssammlungen bestehenden Mängel hin. Nur in wenigen Bundesländern ist der Gesetzgeber überhaupt rechtlich zur Bereitstellung einer Rechtssammlung verpflichtet. Staatliche gedruckte Rechtssammlungen sind überwiegend veraltet, staatliche elektronische Sammlungen erfüllen in der Regel die an amtliche Rechtssammlungen theoretisch zu stellenden Anforderungen nicht, so dass der Studie im Interesse aller sehr zu wünschen wäre, dass sie ähnlich der Aufstellung von zwölf Tafeln auf dem Marktplatz im antiken Rom umfassende tatsächliche Änderung und Besserung bewirken könnte.
Innsbruck Gerhard Köbler