Kotulla, Michael, Deutsche Verfassungsgeschichte vom Alten Reich bis Weimar (1495-1934) (= Springer-Lehrbuch). Springer, Berlin 2008. XXIV, 669 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Hannover 1960 geborene, durch einen eher ungewöhnlichen Bildungsweg gekennzeichnete, nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Geschichte in Marburg 1999 in Lüneburg habilitierte, umgehend auf einen öffentlichrechtlichen Lehrstuhl der Universität Bielefeld berufene Verfasser ist bereits durch eine ganze Reihe einschlägiger Arbeiten hervorgetreten. Der auf die Tragweite der Grundrechte der revidierten preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 konzentrierten Dissertation folgte 2003 als Quellensammlung mit historischer Einführung das gesamte konstitutionelle Verfassungswerk Preußens zwischen den Jahren 1848-1918. Ihr Erfolg veranlasste den Bearbeiter offensichtlich zu einer Ausweitung auf das deutsche Verfassungsrecht dieser Jahre insgesamt, von der bereits die ersten drei Bände zu Gesamtdeutschland, den anhaltischen Staaten, Baden, Bayern, Berg, Braunschweig, Bremen, Elsass-Lothringen und Frankfurt am Main in den Jahren 2005 bis 2008 vorgelegt wurden und sich weitere Bände in Bearbeitung befinden.
Selbst darüber greift das vorliegende Werk noch hinaus, indem es von den Quellen zur Sachdarstellung wechselt. Naturgemäß muss es dabei auch die Verfassungen einbeziehen, die in der monumentalen Quellensammlung noch nicht erschienen sind. Schließlich weitet es auch den zeitlichen Rahmen erheblich aus, indem es sich nicht mehr auf das 19. Jahrhundert beschränkt, sondern mit dem alten Reich einsetzt und erst 1934 endet.
Nach seinem Vorwort begreift der Verfasser überzeugend die Darstellung der deutschen Verfassungsgeschichte als eine wissenschaftliche Herausforderung. Er geht von ihrer zentralen Bedeutung für das Selbstverständnis insbesondere des modernen Juristen aus. Durch den rückwärts gerichteten Blick auf das in rechtliche Regeln gekleidete H |
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Kreutz, Peter, Recht im Mittelalter. Grundzüge der älteren europäischen Rechtsgeschichte - Ein Studienbuch (= Einführungen: Rechtswissenschaft Band 10). LIT Verlag, Berlin 2010. IX, 148 S. Besprochen von Hiram Kümper. |
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Dieses Buch, das aus Erfahrungen der rechtshistorischen Lehre an der Universität Augsburg entstanden ist, möchte einen Überblick über die mittelalterliche Rechtsentwicklung geben, „der sich nicht – wie traditionell – auf eine nach neuzeitlich-nationalen Kriterien abgegrenzte Region konzentriert, sondern den (kontinental-)europäischen Rechtsraum als solchen in den Blick nimmt“ (S. I). Entsprechend steht die pan-europäische Tradition des Ius Commune im Mittelpunkt; es wird aber auch den byzantinischen Entwicklungen eine prominente Rolle zugewiesen. Letzteres betont Kreutz mehrfach und in der Tat ist das die eine Stärke, die man diesem Buch zugute halten muss. Zum Teil scheint der gute Wille etwas übertrieben, etwa wenn sich eines der längeren Unterkapitel (immerhin drei Seiten, S. 58-60) mit dem byzantinischen Ikonoklasmus befasst – ein Phänomen, dem seine religions- und vor allem politikgeschichtliche Bedeutung in keinem Fall abgesprochen werden kann, dessen rechtshistorische Relevanz aber doch eher gering scheint. Da auch kein Wort zu rechtlichen Implikationen fällt, dürften solche Exkurse Studierende eher verwirren. Und das kommt leider häufiger vor. Insgesamt wünscht man sich oft bei der Lektüre eine stärkere Rückbindung an im engeren Sinne rechts- oder verfassungshistorische Fragen. Neben der byzantinischen werden die spätantik-römische Rechtsgeschichte und die Entwicklung im früh- und hochmittelalterlichen Europa betrachtet. Auch hier steht das römische Recht absolut im Mittelpunkt; das Kirchenrecht erhält insgesamt nicht einmal vier Seiten (S. 111-114), das Spätmittelalter findet praktisch keine Berücksichtigung. Symptomatisch dafür mag beispielsweise der Umstand erscheinen, dass die sog. „Spiegelrechte“ – bekanntermaßen e |
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Kriebisch, Angela, Die Spruchkörper Juristenfakultät und Schöppenstuhl zu Jena - Strukturen, Tätigkeit, Bedeutung und eine Analyse ausgewählter Spruchakten. Lang, Frankfurt am Main 2008. XIV, 361 S. CD-ROM (441 S.) Besprochen von Steffen Schlinker. |
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Schon für eine Reihe juristischer Fakultäten ist deren Funktion als Rechtsprechungsorgane untersucht worden. Bislang fehlte eine Arbeit für Jena, obwohl gerade Jena in mehrfacher Hinsicht Interesse beanspruchen darf, teils weil das Spruchkollegium die Zuständigkeit für alle ernestinischen Herzogtümer beanspruchte, teils weil die Abgrenzung zwischen der Fakultät als Spruchkörper und dem Schöppenstuhl unklar war. Angela Kriebisch gelingt es nunmehr, auf der Basis umfassender und sorgfältiger Archivarbeit mit ihrem sinnvoll aufgebauten und sprachlich schönen Buch die Geschichte der Juristenfakultät und des Schöppenstuhls Jena zu erhellen.
Zunächst widmet sich die Verfasserin den Grundlagen (S. 11-31). Überzeugend sieht sie einerseits die Praxis der Städte, Rechtsauskünfte vom Rat oder den Schöffen der Mutterstadt zu erbitten, und andererseits die Gutachtertätigkeit der italienischen Rechtsgelehrten als Wurzeln der Spruchtätigkeit juristischer Fakultäten (S. 19-24, 42). Zu Recht unterscheidet sie zwischen dem Leipziger Schöffenstuhl, in den mit der Zeit gelehrte Juristen der Fakultät aufgenommen wurden, und dem Schöffenstuhl von Wittenberg, der nicht aus einem alten städtischen Schöffenkollegium entstanden war, sondern sich als Gelehrtenausschuss des Hofgerichts konstituiert hatte, um außerhalb der Hofgerichtstermine in zivilen und peinlichen Sachen zu urteilen. Auch der Schöppenstuhl in Jena setzte sich aus gelehrten Juristen zusammen und stellte eine Neuschöpfung dar, weil es dort ein mit Laien besetztes mittelalterliches Schöffenkollegium nie gegeben hatte (S. 15, 67, 71). Sodann werden präzise die Rechtsgrundlagen für die Aktenversendung und dessen Prozedere erläutert (S. 18-31). In der F |
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Krieger, Wolfgang, Geschichte der Geheimdienste. Von den Pharaonen bis zur CIA (= beck’sche reihe 1891). Beck, München 2009. 362 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Geheimdienstforschung ist ihrer Natur nach mit Schwierigkeiten behaftet, liegt es doch im Wesen nachrichtendienstlicher Institutionen, im Widerspruch zum demokratischen Publizitätsprinzip gleichsam im Verborgenen zu wirken. Erst Pannen und Skandale eröffnen partielle Einblicke in das Geschehen hinter den Kulissen; der Zugang zu den Quellen bleibt nichtsdestotrotz meist ein schwieriger. Der in der Folge des Anschlags vom 11. September 2001 von den USA ausgerufene globale Kampf gegen den internationalen Terrorismus scheint jedenfalls das wissenschaftliche Interesse an geheimdienstlichen Fragestellungen gefördert zu haben, was sich an der wachsenden Etablierung von Forschungseinrichtungen, Publikationsorganen und einschlägiger Fachliteratur ablesen lässt.
Wolfgang Krieger gilt als intimer Kenner der Szene und als Aktivposten auf dem Feld der Geheimdienstforschung. Mit dem vorliegenden Band unternimmt er den Versuch, einen Überblick über gut dreitausend Jahre geheimdienstlicher Praxis zu bieten. Da eine „Theorie der Geheimdienste“ mit einer klaren Begriffsbestimmung bislang noch ausstehe, lasse sich eine Annäherung an das Phänomen am besten durch den Wirkungskreis bewerkstelligen, der vier Aufgaben umfasst: „die Beschaffung von Informationen über den Gegner (oft auch über Konkurrenten und Freunde); die verdeckte Beeinflussung; die Abschirmung des eigenen Herrschaftsapparates gegen geheimdienstliche Angriffe; das Eindringen in die gegnerischen Geheimdienste“ (S. 14). Ausübung politischer Herrschaft sei stets von einem bestimmten Wissen abhängig, das beschafft, interpretiert und als Basis für Entscheidungen taugen müsse. Darüber hinaus würden durch so genannte „verdeckte Aktionen“ Eingriffe in den Machtbereich des Gegners vorgenommen. Der Spion als Träger geheimdienstlichen |
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Kriegsverbrecherprozesse in der Schweiz - Procès de criminels de guerre en Suisse, hg. v. Ziegler, Andreas R./Wehrenberg, Stefan/Weber, Renaud. Schulthess, Zürich 2009. XV, 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit Entstehung der Menschheit bestehen Interessengegensätze zwischen einzelnen Menschen oder Menschengruppen. Sie werden seit langer Zeit mit allen möglichen Mitteln ausgetragen, darunter auch der Gewalt. Rechtliche Regeln hierfür haben sich nur langsam entwickelt und lange Zeit ist das gesamte Völkerrecht mangels Durchsetzbarkeit durch eine übergeordnete Zwangsgewalt in seiner Rechtsqualität Zweifeln ausgesetzt gewesen.
Vor etwas mehr als hundert Jahren ist dann die Idee entstanden, Einzelne für völkerrechtswidriges Verhalten in bewaffneten Konflikten zur Verantwortung zu ziehen. Danach hat sich der Gedanke entwickelt, Täter vor ein internationales Gericht zu stellen oder die Verfolgung völkerrechtlicher Straftaten einer weder auf Täterseite noch auf Opferseite beteiligten dritten Einrichtung zu überlassen. In der Schweiz begann die Anwendung der betreffenden innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen 1997 mit zwei die Geschehnisse im ehemaligen Jugoslawien und in Ruanda betreffenden, tatsächlich durchgeführten Strafverfahren.
Mit ihnen befassen sich die einem knappen Vorwort Paul Segers folgenden 15 Beiträge. Gegliedert sind sie in Grundlagen, praktische Aspekte und Zusammenarbeit der Schweiz mit den internationalen Strafgerichtshöfen. In ihnen werden vielfältige Fragen der Voraussetzungen und Schwierigkeiten sachverständig und detailliert angesprochen.
Zahlreiche Anhänge ergänzen die Ausführungen, wobei insbesondere knapp ein Dutzend Entscheidungen breiten Raum einnehmen. Leider fehlt ein Sachregister. Insgesamt ermöglichen Richter, Ankläger, Untersuchungsrichter, Verwaltungsjuristen, Journalisten und andere Beteiligte aber durch die Wiedergabe ihrer Erfahrungen und Eindrücke in dem Band erfreulicherweis |
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Kulturstaat und Bürgergesellschaft. Preußen, Deutschland und Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften v. Neugebauer, Wolfgang/Holtz, Bärbel. Akademie Verlag, Berlin 2010. IV, 265 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Preußen ist bekanntlich mit dem Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrates vom 25. 1. 1947 wegen seiner durch die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts bezeugten Gefährlichkeit unter Aufteilung seiner Gebiete auf zum Teil neue Länder als Staat aufgelöst worden und damit untergegangen. Gleichwohl verdient es auf Grund seiner vielfältigen modernisierenden Leistungen uneingeschränkt die Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaft. Das Akademievorhaben Preußen als Kulturstaat untersucht die Entwicklung kultureller Tätigkeitsfelder im Prozess der Staatsbildung im 19. und 20. Jahrhundert.
In diesem Rahmen fand in den Räumen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt in Berlin vom 3. bis zum 5. April 2008 eine internationale Tagung statt, deren Referenten zunächst die Etablierung staatlicher Organe für die kulturellen Tätigkeitsfelder untersuchen und in diesem Zusammenhang auf eventuelle Vorbilder achten sollten. Einbezogen wurden dabei neben Preußen Österreich-Ungarn, Bayern, Sachsen, Russland, Frankreich, Italien, Großbrittanien (!) und Japan. Davon gelangten die Ausführungen über Großbritannien und Sachsen nicht zur Aufsatzform und wurden vorgesehene Beiträge über die Vereinigten Saaten von Amerika und die auswärtige Kulturpolitik während der Zeit der Weimarer Republik vorab abgesagt, so dass im Druck insgesamt 12 Referate in den drei Sektionen Ausgangslage und Begriff (Wolfgang Neugebauer, Rüdiger vom Bruch), zentralstaatliche Kultusverwaltungen (Bärbel Holtz Preußen, Andreas Gottsmann Donaumonarchie, Hans-Michael Körner Bayern, Andrej Andreev Russland, Etienne François Frankreich, Anna Gianna Manca Italien) und Ein |
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Kümper, Hiram, Sachsenrecht. Studien zur Geschichte des sächsischen Landrechts in Mittelalter und früher Neuzeit (= Schriften zur Rechtsgeschichte 142). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 778 S., Tab., Abb., Diss. phil. Mannheim 2007. Besprochen von Marek Wejwoda. |
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Kein anderer Text hat in der deutschen Rechtsgeschichte des Mittelalters so viel Aufmerksamkeit gefunden wie der Sachsenspiegel. Mit mehr als 460 erhaltenen Handschriften ist er einer der am breitesten überlieferten Texte des Mittelalters überhaupt und etwa auch für Germanisten und Allgemeinhistoriker von höchstem Interesse. Dennoch kann bei weitem nicht die Rede davon sein, dass die Geschichte des Rechtsbuches erschöpfend behandelt wäre. Während sich die Forschung im Laufe der Zeit verschiedenen Problemen intensiv gewidmet hat – man denke etwa an Autor und Entstehung, an die Quellen und den Gedankengang des Rechtsbuches, sowie nicht zuletzt an die Bilderhandschriften –, sind andere Aspekte aus verschiedenen Gründen bisher nur wenig untersucht worden. Dazu gehört besonders die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels in Spätmittelalter und früher Neuzeit, die man bisher eigentlich nur in den Umrissen kennt. Zwar ist die weitreichende Rezeption des Textes in Osteuropa mittlerweile Gegenstand eines Leipziger Akademieprojektes geworden und auch in die Forschung über die Glossierung und ihre Auswirkung auf das Sächsische Recht ist im Anschluss an die von Frank-Michael Kaufmann vorgelegte Edition der Buch’schen Landrechtsglosse[1] insbesondere durch die Arbeiten von Bernd Kannowski[2] in den letzten Jahren Bewegung gekommen. Von den drei methodischen Zugängen zur Frage nach Einfluss und Wirkung des Sachsenspiegels, die Karl Kroeschell 1977 umrissen hat[3] – 1. handschriftliche Verbreitung, 2. Benutzung in anderen Rechtsaufzeichnungen, 3. Zeugnisse der unmittelbaren Anwendung in der Gerichtspraxis – ist aber keiner bisher ausgereizt. Insbesondere über den tatsächlichen Geb |
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Kuschnik, Bernhard, Der Gesamttatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit - Herleitungen, Ausprägungen, Entwicklungen (= Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht 95). Duncker& Humblot, Berlin 2009. 503 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuschnik, Bernhard, Der Gesamttatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit - Herleitungen, Ausprägungen, Entwicklungen (= Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht 95). Duncker& Humblot, Berlin 2009. 503 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Auch wenn der Verfasser, Bernhard Kuschnik, in dem ein Drittel des Bandes umfassenden, der Genese der internationalen Strafgerichtsbarkeit gewidmeten ersten Abschnitt seiner Tübinger juristischen Doktorarbeit aus 2008, die nun im Druck vorliegt, die „Geburtsstunde des Terminus ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit‘“ (S. 34) in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Fall Hagenbach) ansiedelt und auf die erstmalige rechtsverbindliche Kodifizierung des Begriffs 1915 durch die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Russlands in einer Deklaration zum Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich hinweist, ist die Entwicklung eines effizienten Völkerstrafrechts ohne Zweifel eine Errungenschaft des 20. und 21. Jahrhunderts, speziell der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Nürnberger Kriegsverbrechertribunal (IMT) zur Ahndung der von der nationalsozialistischen Führung zu verantwortenden Untaten gilt als der Meilenstein und als Initialzündung für die Etablierung und Institutionalisierung des erforderlichen rechtlichen Rahmens.
Nachdem die Alliierten die oberste Regierungsgewalt über Deutschland proklamiert hatten, wurden mit dem Londoner Abkommen vom 8. August 1945 die Verfahrensregeln des Gerichtes, die Gerichtsverfassung und die Anklagetatbestände festgelegt und das Statut des Tribunals als Annex dem Abkommen angeschlossen. Artikel 6 (c) des Statuts kodifiziert den Gesamttatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, welcher sich aus den enumerierten „mikrokriminellen“ Katalogstraftaten (Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation, andere unmenschliche Handlungen) und dem geforderten „makrokriminellen“ Überbau (sogenannte „chapeau“-Elemente: eine Tathandlu |
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Lacina, Harald, Die Spielleute nach spätmittelalterlichen deutschen Rechtsquellen. Solivagus-Verlag, Kiel 2010. 187 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der 1957 geborene Verfasser studierte Rechtswissenschaft, Theaterwissenschaft, Anglistik und Kunstgeschichte in Wien. Nach dem Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaft (1980) promovierte er zunächst mit einer Arbeit über Theater und Kirche im christlichen Altertum zum Doktor der Philosophie und nach Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit als rechtskundiger Berater der Stadt Wien 1990 zum Doktor der Rechtswissenschaft. Die von Werner Ogris und Richard Potz geförderte Dissertation, die dem Interesse des Verfassers an Mediävistik und der gesellschaftlichen Randgruppe der Spielleute entsprang, will die älteren Arbeiten Max Burckhards (1896), Otto Opets (1897), Gerhard Brückners (1930) und Holger Asmussens (1980), die sich auf Sachsenspiegel und Schwabenspiegel konzentrieren, überprüfen, ergänzen und bei Bedarf berichtigen.
Gegliedert ist die Untersuchung in sieben Abschnitte, von denen die Einleitung die Probleme beleuchtet und in diesem Zusammenhang mündlich-volkssprachliche und lateinisch-schriftliche Kultur gegenüberstellt. Danach wendet sich der Verfasser den Wurzeln der „Minderrechtsfähigkeit“ der Spielleute zu, für die er auf die römische Infamie und kirchliche Rechtsquellen zurückgreift. Von hier aus behandelt er die Auswirkungen der Rechtsminderung, die Gefahren und den Schutz der Spielleute unter besonderer Berücksichtigung der Scheinbußen, den Unterhalt und verschiedene Rechtsbräuche sowie das Sesshaftwerden unter dem Schutz von Städten und Adel. Danach fasst er seine Erkenntnisse zusammen und bietet eine ausführliche Bibliographie.
Dabei gelingt es ihm unter Verzicht auf Vollständigkeit, an Hand ausgewählter Rechtsquellen, in deren Mittelpunkt aber ebenfalls Sachsenspiegel und Schwabenspiegel stehen, die rechtliche, soziale und berufliche Stellung des deutschen Spiel |
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LaCroix, Alison L., The Ideological Origins of American Federalism. Harvard University Press, London 2010. V, 312 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Verfasserin ist Assistant Professor of Law an der University of Chicago Law School. 1996 erwarb sie ihren BA in Geschichte mit der Bewertung summa cum laude an der Yale University, 1999 ihren JD an der Yale Law School, an der sie auch als Essays Editor des Yale Law Journal und als Managing Editor des Yale Journal of Law and Humanities wirkte. Danach war sie im litigation department der weltweit vertretenen business law firm Debevoise & Plimpton tätig, ehe sie 2001 nach Harvard wechselte, wo sie 2003 ihren AM in Geschichte und 2007 ihren PhD in Geschichte erwarb, so dass sie auf Grund dieser beeindruckenden Qualifikationen zunächst für Legal History an die New York University School of Law und wenig später nach Chicago berufen wurde.
Dessenungeachtet sind die Ideological Origins of American Federalism ihre erste größere Arbeit, die Europa erreicht. Sie betreffen aber auch eine hier sehr interessante Frage, weil in den Anfängen der formellen Verfassungsbildung enge Wechselwirkungen vor allem zwischen Großbritannien, Frankreich und den ihre Unabhängigkeit ertrotzenden nordamerikanischen Kolonien bestanden. Für die Vereinigten Staaten von Amerika sieht die Verfasserin federalism bereits im ersten Satz ihrer Einleitung everywhere and nowhere in American legal and political history.
Gegliedert ist die zu wichtigen neuen Erkenntnissen führende Untersuchung in insgesamt sechs Abschnitte. Dabei steht am Beginn die föderalistische Idee als solche und folgen die Teilung der gesetzgebenden Gewalt, die Debatten über die Souveränität, die Federated Union, die Autorität der Zentralregierung und die Rechtsprechung als gewichtiges Feld der Auseinandersetzung aufeinander. Im Nachwort sieht die Verfasserin insgesamt die Föderalismusidee als entzaubert an, weil sie nicht erst mit der Verfas |
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Landau, Peter, Grundlagen und Geschichte des evangelischen Kirchenrechts und des Staatskirchenrechts (= Ius Ecclesiasticum 92). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. VIII, 476 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landau, Peter, Grundlagen und Geschichte des evangelischen Kirchenrechts und des Staatskirchenrechts (= Ius Ecclesiasticum 92). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. VIII, 476 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie Peter Landau (Berlin *26. 02. 1935), nach dem Studium von Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie in Berlin (Freie Universität), Freiburg im Breisgau, Bonn und New Haven/Connecticut (Yale University), der Bonner Dissertation über die Entstehung des kanonischen Infamiebegriffs (1964) und der Bonner Habilitation über das ius patronatus (1968) über Regensburg (1968) nach München (1987) berufen, in seinem kurzen Vorwort autobiographisch darlegt, berücksichtigte er nach der anfänglichen Konzentration auf die Geschichte des kanonischen Rechtes im Mittelalter schon in seinen Regensburger Vorlesungen über die Gebiete des geltenden Kirchenrechts und die Geschichte des Kirchenrechts zunehmend auch das evangelische Kirchenrecht und die Probleme des Verhältnisses von Staat und Kirche in Geschichte und Gegenwart und war darüber hinaus bemüht, sich in der Auseinandersetzung mit der Fundamentalkritik Rudolph Sohms an einem Recht in der Kirche einen eigenen Standpunkt in den Grundlagenfragen des Kirchenrechts zu erarbeiten. Von seinen in diesem Zusammenhang seit 1983 veröffentlichten Studien werden nunmehr 22 in einem stattlichen Sammelband vorgelegt. Er ist in vier Abschnitte gegliedert.
Der erste Abschnitt betrifft Grundlagen des Kirchenrechts und befasst sich mit dem Rechtsbegriff des Kirchenrechts in philosophisch-historischer Sicht, wobei der Verfasser das Kirchenrecht als zum Wesen der Kirche gehörig betrachtet, mit dem Begriff der Kirche aus juristischer Sicht, mit dem Gewohnheitsrecht im 19. und 20 Jahrhundert, in dessen Rahmen sich der Verfasser zur historischen Schule bekennt, sowie mit kritischen Anmerkungen zur Sicht der Kirchenrechtsgeschichte des vom Verfasser hoch geschätzten Hans Dombois (1907-1997). Der zweite Teil enthä |
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Landstände in Thüringen - Vorparlamentarische Strukturen und politische Kultur im Alten Reich, hg. v. Thüringer Landtag (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 27). Wartburg-Verlag, Weimar 2008. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landstände in Thüringen - Vorparlamentarische Strukturen und politische Kultur im Alten Reich, hg. v. Thüringer Landtag (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 27). Wartburg-Verlag, Weimar 2008. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Landstände sind vom Hochmittelalter bis in das 19. Jahrhundert eine zentrale Einrichtung der Landesverfassungsgeschichte. In wichtigen Einzelheiten können sie sich von Land zu Land erheblich unterscheiden. Die Geschichte der Landstände in Thüringen ist wohl auch deswegen bislang wenig erforscht, weil während dieser gesamten Zeit Thüringen als tatsächliche politische Einheit nicht wirklich bestanden hat, sondern Thüringen in eine größere Zahl kleinerer Länder wechselnder Gestalt geteilt war.
Dem heutigen Thüringer Landtag ist sehr dafür zu danken, dass er in Form der Herausgeberschaft des Sammelbandes Interesse an der Geschichte der Landstände zeigt, obwohl die Landstände nicht mit dem Landesparlament gleichgesetzt werden können. Bedingungen, Umstände, Rechte und Zuständigkeiten weichen erheblich voneinander ab. Dennochdoch lassen sich gewisse Verbindungslinien zwischen den älteren Landständen und dem neueren Parlament durchaus ziehen.
Nach einem kurzen Geleitwort der Landtagspräsidentin vereinigt der Sammelband insgesamt 13 Beiträge. Sie folgen letztlich insgesamt chronologisch aufeinander. Nach einer einführenden Untersuchung Peter Claus Hartmanns über Reichsverfassung, Landschaft, Landstände, Kreisstände, Reichsstände im Rahmen vorparlamentarischer Verfahrenskultur und Aufgabenerfüllung nach dem Subsidiaritätsprinzip beginnt Uwe Schirmer deswegen mit den ernestinischen Ständen von 1485-1572.
Danach befasst sich Gerhard Müller im Einzelnen mit Sachsen-Weimar-Eisenach und Sachsen-Gotha-Altenburg in den Jahren von 1572 bis 1848, Josef Matzerath mit Thüringern auf dem kursächsischen Landtag, Andreas Wolfrum mit Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Altenburg (1603- |
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Landwehr, Achim, Kulturgeschichte (= UTB 3037). Ulmer, Stuttgart 2009. 128 S. 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landwehr, Achim, Kulturgeschichte (= UTB 3037). Ulmer, Stuttgart 2009. 128 S. 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1968 in Heilbronn geborene, nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Rechtswissenschaft in Augsburg, Freiburg, Basel und Dublin 1999 in Freiburg im Breisgau über Policey im Alltag - Die Implementation frühneuzeitlicher Policeyordnungen in Leonberg promovierte, als Juniorprofessor (2003) in Düsseldorf 2005 habilitierte und 2008 für Geschichte der frühen Neuzeit (in Düsseldorf) berufene Verfasser fragt zu Beginn seiner Einführung: was ist Kulturgeschichte? und erklärt sie am Ende für uralt und brandneu zugleich. Auf dem Weg dorthin stellt Kultur im engeren Sinn als Pflege und Kultivierung des Menschen durch Erziehung, Religion, Wissenschaft oder Kunst dar, im weiteren Sinn als Ausstattung von Gesellschaften umgebenden Wirklichkeiten mit bestimmten Bedeutungsnetzen. Kulturgeschichte ist danach eine Perspektive, die auf die historischen Formen von Sinn und Bedeutung zielt, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Wirklichkeit ausgestattet haben.
Das zweite seiner insgesamt zehn Kapitel betrifft die Geschichte der Kulturgeschichte, die er im engeren Sinne im 18. Jahrhundert beginnen lässt. Bedeutende Vertreter sind Giambattista Vico (1668-1744), Voltaire (François Marie Arouet 1694-1778), Johann Christoph Adelung (1732-1806), Johann Gottfried Herder (1744-18039), Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), Jacob Burckhardt (1818-1897), Karl Lamprecht (1856-1915), Max Weber (1864-1920) und Norbert Elias (1897-1990). Die Gesamtheit ihrer geschichtlichen Interessen lässt der Verfasser einleuchtend in der Kulturgeschichte zusammenfließen.
Als thematische Bereiche untersucht er Theorien, Methoden und Quellen, Gedächtnis und Erinnerung, Körper und Geschlecht, Wissenschaft, das Politische, Krieg und Gewalt und Wirtschaft, denen gegenüber das Recht eher im Hintergrund bleibt. Über den bisherigen Stand hinaus soll |
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Lang, Dominik, Sodomie und Strafrecht - Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren (= Europäische Hochschulschriften 2, 4750). Lang, Frankfurt am Main 2009. 266 S. Besprochen von Elisabeth Greif. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lang, Dominik, Sodomie und Strafrecht - Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren (= Europäische Hochschulschriften 2, 4750). Lang, Frankfurt am Main 2009. 266 S. Besprochen von Elisabeth Greif.
Mit seiner Arbeit „Sodomie und Strafrecht: Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren“ hat Lang nicht nur eine transdisziplinäre Untersuchung, die neben rechtshistorischen Aspekten auch die nicht minder wichtigen religionsgeschichtlichen und sozialgeschichtlichen Einflüsse einer umfangreichen Betrachtung unterzieht, vorgelegt, sondern auch eine bis dahin bestehende Forschungslücke geschlossen. Im Unterschied zu bestehenden Werken, die sich vorrangig der Diskussion um die Abschaffung des Tatbestandes der „widernatürlichen“ Unzucht im 20. Jahrhundert widmen oder Detailstudien darstellen, liefert Lang einen Überblick über den Straftatbestand der Sodomie von der Antike bis in die Jetztzeit. Sein Schwerpunkt liegt dabei im germanischen bzw. deutschen Rechtsraum.
Während der Ausdruck „Sodomie“ im heutigen deutschen Sprachgebrauch ausschließlich den Geschlechtsverkehr zwischen Mensch und Tier bezeichnet, erfasste der Begriff spätestens seit dem ausgehenden Mittelalter eine Vielzahl an nicht prokreativen Sexualpraktiken. Dies sowie die Tatsache, dass zahlreiche Begrifflichkeiten synonym verwendet wurden und ihre genaue Auslegung nicht selten der Subsumtion des Richters oblag, erschweren die Beschäftigung mit der Strafrechtsgeschichte der Sodomie erheblich.
Lang widmet sich zunächst den Erscheinungsformen der Sodomie und den Beweggründen für die Taten, wobei dieses Kapitel vor allem auf Untersuchungen des 20. Jahrhunderts (wie etwa den Kinsey-Report) Bezug nimmt und weniger der Frage nach historischen Erscheinungsformen oder Tatmotiven nachgeht. Auf der Grundlage der herangezogenen Sexualstudien arbeitet Lang heraus, dass die Mehrzahl der Personen, die Sodomie praktizieren, männlich ist und auf dem La |
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Langbein, John H./Lerner, Renée Lettow/Smith, Bruce, P., History of the Common Law. The Development of Anglo-American Legal Institutions. Aspen Publishers/Wolters Kluwer, New York 2009. XXVII, 1141 S. Besprochen von Frank L. Schäfer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Langbein, John H./Lerner, Renée Lettow/Smith, Bruce, P., History of the Common Law. The Development of Anglo-American Legal Institutions. Aspen Publishers/Wolters Kluwer, New York 2009. XXVII, 1141 S. Besprochen von Frank L. Schäfer.
Die „History of the Common Law“ ist in jeder Hinsicht ein sehr gewichtiges Lehrbuch. Die US-amerikanischen Autoren John H. Langbein (Yale Law School), Bruce P. Smith (University of Illinois College of Law) und die US-amerikanische Autorin Renée Lettow Lerner (George Washington University Law School) legen großformatige 1141 Seiten Text vor. Dieser basiert zu großen Teilen auf Langbeins Vorlesungen über die „History of legal institutions“ und zu einem kleineren Teil auf einem unveröffentlichten Manuskript des Rechtsvergleichers John Philip Dawson. Das Werk unterteilt sich in die mittelalterlichen Ursprünge des Common Law (204 S.), die Geschichte der Equity (208 S.), die Geschichte der Jury als Geschworenengerichtsbarkeit (144 S.), die Geschichte der Strafgerichtsbarkeit und des materiellen Strafrechts (256 S.) sowie in die Besonderheiten des US-amerikanischen Rechtssystems gegenüber dem englischen Mutterrecht in den Bereichen Rechtsliteratur, Privatrecht, Ausbildung und Juristenberuf (282 S.).
Das Buch umfasst alle wichtigen Facetten der US-amerikanischen Geschichte und Vorgeschichte des Privat-, Straf-, Prozessrechts sowie des Juristenstandes und seiner Literatur von den Ursprüngen im englischen Common Law über das koloniale Common Law in Nordamerika bis hin zu den aktuellen Ereignissen im frühen 21. Jahrhundert. Nach der selbstgewählten Themenbegrenzung des Buchs werden auf die Verfassungsgeschichte sowie auf die Geschichte der Rechtsphilosophie, Wirtschaft und Gesellschaft nur Seitenblicke geworfen. Ebenso spielt das englische Recht nach der amerikanischen Unabhängigkeit lediglich die untergeordnete Rolle eines Kontrastmittels. Ziel des Buches soll sein, den Studierenden die historisch bedingten Unt |
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Leben nach dem Tod. Rechtliche Probleme im Dualismus Mensch-Rechtssubjekt, hg. v. Gulczyński, Andrzej (= Grazer rechtswissenschaftliche Studien 64). Leykam, Graz 2010. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leben nach dem Tod. Rechtliche Probleme im Dualismus Mensch-Rechtssubjekt, hg. v. Gulczyński, Andrzej (= Grazer rechtswissenschaftliche Studien 64). Leykam, Graz 2010. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Leben und Tod betreffen Universum und Geschichte vielleicht vom Anfang bis zum Ende. Bei natürlicher Betrachtung bilden sie sich ausschließende Gegebenheiten. Dessenungeachtet hat den Menschen die Frage eines Lebens nach dem Tod möglicherweise bereits seit der Bewusstseinsbildung beschäftigt, so dass es nicht wirklich überraschen kann, dass in Posen im April 2008 auf Einladung des Herausgebers des Bandes eine internationale Gruppe Interessierter zusammenkam, um hierzu bestehende Fragen zu erörtern.
Die Spannbreite der von Herbert Schempfs „Er schläft, von den Sorgen seiner Welten entladen“ bis zu Andrzej Gulczyńskis Aspekten der postmortalen Persönlichkeit im Posener Dom reichenden Untersuchungen ist sehr groß und reicht von der Rechtsethnologie bis zur Rechtsikonographie. Versinnbildlicht wird sie durch das Umschlagfoto eines Teiles der Wandtafel für den Domherrn Franciszek Woliński im Posener Dom, nach der sterbliche Überreste verfallen, aber die Würde bleibt. Aus der Sicht der Rechtsgeschichte wird einerseits das antike römische Recht einbezogen und wird andererseits vor allem das neuzeitliche Zivilrecht angesprochen.
So behandelt etwa Andreas Wacke die erbrechtliche Sukzession unter der Fragestellung der Persönlichkeitsfortsetzung. Detlef Liebs hebt das ewige Gedenken durch freigelassene Sklaven hervor, während András Földi sich der mors servorum im römischen Recht widmet. Petr Dostalik verfolgt den Transfer der sacra familiaria an Hand Cicero und Jacek Wiewiorowski äußert einige Bemerkungen zum ius postliminii.
Markus Steppan fragt, ob die Gefährlichkeit eines Rechtsbrechers durch seinen „physischen“ bzw. „rechtlichen“ Tod gebannt ist. Vilém Knoll und Michal Šejvl erörtern die rechtlichen Folg |
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Leben und Wundertaten des heiligen Wigbert - Lupus Servatus, Das Leben des heiligen Wigbert. Die Wundertaten des heiligen Wigbert, hg., eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Fleck, Michael (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 67). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. XI, 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Ungeachtet älterer Siedlungsspuren von etwa 2000, 1200 und 400 v. Chr. soll am Einfluss der Haune in die Fulda 736 n. Chr. Sturmi(us) in Haerulfisfelt eine mönchische Einsiedelei und 769 Lul(lus) das Benediktinerkloster Hersfeld gegründet haben. Gleichwohl wurde dort der neben Bonifatius wirkende Angelsachse Wigbert am höchsten verehrt, dessen sterbliche Überreste um 780 von Fritzlar/Büraburg nach Hersfeld überführt wurden.
Über sein Wirken berichtet die 836 von Lupus von Fèrrieres im Auftrag des Hersfelder Abtes Bun in 30 Abschnitten verfasste Lebensbeschreibung. Die mit Wigbert verbundenen Wunder schildern die um 940 von einem unbekannten Hersfelder Mönch in 19 Abschnitten aufgezeichneten Miracula. Der Herausgeber bietet erstmals eine vollständige Übersetzung der im Text der Ausgabe Holder-Eggers entnommenen Vita und erstmals eine vollständige kritische Ausgabe der Miracula mit deutscher Übersetzung.
In der sachgerechten Einleitung behandelt der schon durch eine Übertragung von Lampert von Hersfelds Vita Luls hervorgetretene Herausgeber Entstehung und Charakter der Vita samt allen bisher noch nicht gelösten Fragen einerseits und Datierung, Verfasserschaft und geistigen Hintergrund der Miracula andererseits. Die Übersetzung will den Sinn der lateinischen Vorlage möglichst genau wiedergeben und zugleich gut lesbar sein. Anmerkungen, Literaturhinweise und Abbildungen runden das schmucke, Einblick in den Hersfelder Alltag des Frühmittelalters gewährende Werk vorteilhaft ab.
Innsbruck Gerhard Köb |
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Lebensalter und Recht. Zur Segmentierung des menschlichen Lebenslaufs durch rechtliche Regelungen seit 1750, hg. v. Ruppert, Stefan (= Studien zureuropäischen Rechtsgeschichte 249 = Lebensalter und Recht 2). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XXXIII, 360 S., graph. Darst. Besprochen von Werner Schubert. |
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Der Band dokumentiert im Wesentlichen die Ergebnisse, die auf der Arbeitstagung der selbstständigen wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe „Lebensalter und Recht“ des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte im Oktober 2007 vorgetragen worden sind. Diese Arbeitsgruppe befasst sich mit den gesetzlichen Altersgrenzen, die seit dem 19. Jahrhundert den Lebenslauf eines Menschen bestimmen und den modernen dreigeteilten institutionellen Lebenslauf auch normativ durchsetzten (hierzu der Einleitungsaufsatz des Projektleiters Stefan Ruppert: Lebensalter und Recht. Zur Segmentierung des menschlichen Lebenslaufs durch rechtliche Regelungen seit 1750; S. VIIff.). Gegenstand der Tagung war auch die sozialhistorische Perspektive auf die Entstehung von Lebenslaufmodellen, die historische Rekonstruktion von Altersbildern und die seit über 20 Jahren fest etablierte Lebenslaufsoziologie. In diesem Rahmen liefert Gerd Hardach die für die Thematik notwendigen statistischen Daten (S. 323ff.). Gerd Göckenjan (Fachbereich Sozialwesen an der Universität Kassel) stellt in seinem Beitrag: „Vom Greis zum Rentner – Alter als soziale Leistung“ (S. 187ff.) fest, dass es vor dem Einsetzen des wohlfahrtstaatlich bzw. sozialpolitisch organisierten Alters „keine regulativen Altersgrenzen“, sondern lediglich gewisse Altersmarkierungen (S. 193) gab. Die Soziologin Simone Scherger befasst sich in ihrem Beitrag: „Lebenslaufmuster im Wandel – das Beispiel des Auszugs aus dem Elternhaus“ (S. 263ff.) mit Tendenzen der Destandardisierung von Lebensläufen auch hinsichtlich der ersten Eheschließung und der ersten Elternschaft. Leider sehr knapp ist der Beitrag der Bevölkeru |
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Lehnstaedt, Stephan, Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk 1939-1944. (= Studien zur Zeitgeschichte 82). Oldenbourg, München 2010. 381 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Für ein tiefer gehendes Verständnis historischen Geschehens ist heute neben der notwendigen Aufarbeitung struktureller Komponenten die Beschäftigung mit der Alltagsgeschichte unverzichtbar. Erst diese Art der Forschung am Puls des prallen Lebens kann historischen Erkenntnissen jene Plastizität verleihen, die sie allgemein nachvollziehbar macht und die in der Lage ist, eine Ahnung von Zeitgeist und Lebensgefühl einer geschichtlichen Epoche zu kreieren. Der deshalb von Kritikern wie Hans-Ulrich Wehler einst ins Treffen geführte Vorwurf eines „romantisierenden Neohistorismus“ ist in Anbetracht der nun engen Verzahnung beider Disziplinen jedenfalls nicht mehr haltbar.
Das belegt nicht zuletzt Stephan Lehnstaedts bei Hans Günter Hockerts und in enger Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte in München erarbeitete, hier zur Besprechung anstehende Dissertation aus den Jahren 2007/08. Die Arbeit bemüht sich um diese „Zusammenführung verschiedener methodischer Konzepte“, denn Täterforschung müsse „die Pole Disposition und Situation komplementär vereinen und untersuchen, wie das Geschehen der Verbrechen in den Okkupationsalltag und die Besatzergesellschaft eingebunden war“, weshalb „über die Frage nach Plänen und Intentionen hinausgegangen“ werden müsse, wolle man den Völkermord im Osten als „arbeitsteilige Kollektivtat“ hinreichend begreifen. Die Kardinalfrage laute: „Was sind die Bedingungen, die so viele Deutsche aktiv an der Besatzung und der mit ihr verbundenen Gewalt teilnehmen ließen?“ (S. 16f.)
Die im damaligen Generalgouvernement Hans Franks gelegene polnische Millionenmetropole Warschau und – als ergänzendes Vergleichselement - das dem Generalkommissariat Weißruthenien unter Wilhelm Kube (ab September 1943 unter Curt von Gott |
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Lei, Yong, Auf der Suche nach dem modernen Staat. Die Einflüsse derallgemeinen Staatslehre Johann Caspar Bluntschlis auf das Staatsdenken Liang Qichaos (= Rechtshistorische Reihe 403). Lang, Frankfurt am Main 2010. 315 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lei, Yong, Auf der Suche nach dem modernen Staat. Die Einflüsse der allgemeinen Staatslehre Johann Caspar Bluntschlis auf das Staatsdenken Liang Qichaos (= Rechtshistorische Reihe 403). Lang, Frankfurt am Main 2010. 315 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer sich auf die Suche nach Qichao Liang in das Internet begibt, findet dort rund 45000 Spuren. Yong Lei ist auf das Thema seiner von Michael Stolleis betreuten, im Sommersemester 2009 vom juristischen Fachbereich der Universität Frankfurt am Main angenommenen Dissertation gestoßen, als er an der chinesischen Übersetzung des Buches Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland (1800-1914) seines Doktorvaters arbeitete. Am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte konnte er sich mit Hilfe eines Promotionsstipendiums unter erstklassigen Forschungsbedingungen während vierer schöner und für seine wissenschaftliche Zukunft äußerst wertvoller Jahre einer besonderen Auswirkung des deutschen öffentlichen Rechtes auf sein Heimatland widmen, in dem er inzwischen als Dozent an der Southwest University of Political Science and Law in Chongqing tätig ist.
Gegliedert ist die Untersuchung in eine Einleitung, vier Kapitel und eine Schlussbetrachtung. Zu Beginn zeichnet der Verfasser dabei eindringlich die Krise nach, in die China durch die neuzeitliche Expansion der Europäer geriet. Ihre Lösung wurde darin gesehen, die Modernisierung durch Aneignung westlicher Zivilisation zu versuchen.
Nach Darlegung von Fragestellung, Methode, Aufbau, Quellen und Forschungsstand beschreibt der Verfasser zunächst die Ausgangslage mit ihrem kennzeichnenden Paradigmenwechsel. Danach stellt er den ungewöhnlichen Lebenslauf des am 23. Februar 1873 in Xinhui, Guangdong, geborenen, am 19. Januar 1929 in Peking gestorbenen Gelehrten, Journalisten und Reformisten nach, der von 1890 bis 1898 als Vordenker und Sprecher in der Reformbewegung am Ende der seit 1644 herrschenden Qing-Dynastie, von 1898 bi |
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Lemberg, Margret, god erbarme dich uber mich / bruder des begere ouch ich. Die Grablegen des hessischen Fürstenhauses (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 71). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Margret Lemberg ist seit 1985 durch zahlreiche kunstgeschichtliche Arbeiten über Hessen hervorgetreten. Ihr jetziges Werk schließt - nach ihrem eigenen Vorwort sozusagen für das obere Ende der sozialen Pyramide - an ein früheres Buch an, in dem sie unter dem Titel „Sprechende Steine“ Grabsteine einfacher Menschen im Marburger Raum untersuchte. Damals riet ihr Karl E. Demandt zu einer Untersuchung über die Landgrafengräber in der Elisabethkirche in Marburg, woran die Verfasserin mit langem Abstand und in weiter gespanntem Rahmen nunmehr überzeugend anknüpft.
Behandelt werden in dem eindrucksvoll ausgestalteten Band nacheinander vor allem die Grablege der hessischen Landgrafen in der Elisabethkirche in Marburg, die bereits während der Bauarbeiten von 1235 bis 1283 beginnt, die Grabdenkmäler in der Stadtkirche zu Spangenberg, die Martinskirche in Kassel, die Grablege in der ehemaligen Stiftskirche in Sankt Goar, die Epitaphe in der Pfarrkirche Sankt Marien in Marburg, die Fürstengruft der Markuskirche in Butzbach, die Fürstengruft in der Schlosskirche zu Homburg vor der Höhe, die Stadtkirche in Darmstadt, Grabstätten der katholisch gewordenen Mitglieder des Fürstenhauses, die Gruft in der Marienkirche in Hanau, die Eingänge zu fürstlichen Grüften als architektonische Kostbarkeiten und das Grab im Park. Insgesamt kann die Verfasserin dabei die Grabdenkmäler sowohl als Medium des Bekenntnisses wie auch als Repräsentation des Hauses Hessen erweisen. Zahlreiche farbige Abbildungen, Fußnoten und Literaturhinweise ermöglichen dem Leser die eigene Veranschaulichung und Vertiefung des eingängig lesbaren Textes, womit die Geschichte Hessens in einem speziellen Teilbereich durch |
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Leonhardt, Jürgen, Latein - Geschichte einer Weltsprache. Beck, München 2009. 339 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leonhardt, Jürgen, Latein - Geschichte einer Weltsprache. Beck, München 2009. 339 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als zum 1. Januar 1900 im Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat, verlor zugleich das aus der römischen Antike in lateinischer Sprache überkommene, im Heiligen römischen Reich seit dem 12. Jahrhundert allmählich mehr und mehr rezipierte und in der frühen Neuzeit in modernen Gebrauch genommene römische Recht seine unmittelbare praktische Bedeutung für die Rechtswissenschaft. Von daher ist auch für die Rechtswissenschaft die Antwort des Sachkenners auf die Frage, ob Latein eine tote oder eine lebende Sprache sei, von Interesse. Der in Lahr 1957 geborene, in München 1985 promovierte und 1994 habilitierte, im gleichen Jahr nach Rostock, 1997 nach Marburg und 2004 nach Tübingen berufene Verfasser bietet sie auf der Grundlage seiner Forschungsschwerpunkte der klassischen lateinischen Literatur, der Philosophie in Rom, der Wirkungsgeschichte der lateinischen Sprache und Kultur in Europa und der neulateinischen Literatur in vermittelnder, durch das Bild eines gerüsteten Römers auf einer Vespa aus Dreharbeiten zu Fall of the Roman Empire versinnbildlichter Form aus der Sicht von Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft: Latein sei tot, weil es von niemand als Muttersprache gesprochen werde, und doch sei Latein lebendig, solange es überhaupt von Menschen gesprochen und geschrieben werde.
Der Verfasser gliedert sein gut lesbares, mit Anmerkungen am Ende, einem Literaturverzeichnis und einem Register versehenes Werk insgesamt in fünf Teile. Zunächst nähert er sich Latein als Weltsprache in Beziehung zu den Nationalsprachen und den historischen Kultursprachen der Welt vorsichtig systematisch an, wobei er darauf hinweist, dass die lateinischen Texte der Antike in etwa 500 Bänden zu je 500 Seiten (davon 80 Prozent oder 400 Bände christliche Texte der Spätantike) unterzubringen sind, denen vielleicht 5 Mill |
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Lesaffer, Randall, European Legal History. A Cultural And Political Perspective, translated by Arriens, Jan. Cambridge University Press, Cambridge 2009. IX, 549 S. (Original: Inleiding tot de Europese rechtsgeschiedenis, 2004, Leuven University Press). Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lesaffer, Randall, European Legal History. A Cultural And Political Perspective, translated by Arriens, Jan. Cambridge University Press, Cambridge 2009. IX, 549 S. (Original: Inleiding tot de Europese rechtsgeschiedenis, 2004, Leuven University Press). Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Randall Lesaffer ist Professor für Rechtsgeschichte an der Universität Tilburg und lehrt Kulturgeschichte an der juristischen Fakultät der katholischen Universität in Leuven. Sein Hauptgebiet ist die Geschichte des internationalen Rechts und der internationalen Beziehungen, besonders des 16. bis 18. Jahrhunderts und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Sein Buch besteht aus den drei Teilen Ancient Roman Law (100 Seiten), The Civil Law Tradition (360 Seiten) und Epilogue / The Postmodern Age für die Zeit nach 1914 (40 Seiten). Er behandelt die Civil Law Tradition in den fünf Abschnitten: The Early Middle Ages (70 Seiten), The Late Middle Ages (100 Seiten), The Early Modern Age (80 Seiten) und The Modern Age (110 Seiten). Es zeigt sich aber im einzelnen, wie schwer es ist, die verschiedenen Entwicklungsstränge und gegenseitigen Beeinflussungen in einsichtiger, wenn möglich in chronologischer Weise zu präsentieren. In ganz überzeugender Weise streut Lesaffer gelegentlich Länderberichte ein und gibt kleine Überblicke über solche Bewegungen wie englischen Experimentalismus, Cartesianischen Rationalismus, Modernismus, Aufklärung, Positivismus und Deismus.
Derartige Überblicke, der Buchtitel und die Einteilung jedes Abschnitts durchgängig in die beiden Unterkapitel Politics and the State sowie Culture and the Law heben die Ambition hervor, das Recht in die Kulturgeschichte (schätzungsweise ein Drittel des Werkes) einzubetten. Unter Berufung auf Hegel wird Cultural History verstanden als das Walten von „Volksgeist“ und „Zeitgeist“ (deutsche Ausdrücke im englischen Text, S. 7), nach dem Vorbild Jakob Burckhardts und Johan Huizingas; vielleicht hätt |
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Leschhorn, Katja, Die Städte der Markgrafen von Baden. Städtewesen und landesherrliche Städtepolitik in der frühen Neuzeit (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Forschungen 183). Kohlhammer, Stuttgart 2010. XXXV, 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die mit Abbildungen, einer Stammtafel und einem Orts- und Personenregister ausgestattete Untersuchung ist die leicht überarbeitete, von Armin Kohnle betreute, im Wintersemester2007/2008 an der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Nach einer kurzen Einleitung gliedert sie sich in sieben Kapitel (Grundlagen und Voraussetzungen, Verfassung und Verwaltung um 1500, Wirtschaft, nichtstädtische Siedlungen, Städtepolitik, bürgerliche Oppositionsbewegungen, Städtelandschaft Südwestdeutschlands und Stellung der badischen Städte). Am Ende fasst sie die aus den auch archivalischen Quellen ermittelten Ergebnisse vor allem zu Pforzheim, Baden, Altensteig, (Backnang,) Besigheim, Durlach, Ettlingen, Gernsbach, Kuppenheim, Steinbach, Stollhofen und Emmendi(n)gen) zusammen.
Danach gehören die badischen Städte der auffallend städtearmen Markgrafschaft zur Gruppe der landesherrlichen Städte und hatten mit Ausnahme Steinbachs kein urkundlich bezeugtes mittelalterliches Stadtrecht. Die Bürger waren nach den Erkenntnissen der Verfasserin bis zum Ende des 15. Jahrhunderts Leibeigene und die Autonomie der städtischen Organe und die Gerichtsbarkeit waren eingeschränkt. Auf Grund dieser Besonderheiten hält sie es mit guten Gründen für dringend notwendig, die landesherrlichen Städte stärker in den Blickpunkt der Forschung zu rücken und nach einem Vergleich verschiedener landesherrlicher Städtelandschaften eine übergreifende Untersuchung über die lansdesherrliche Stadt vorzunehmen.
Innsbruck |
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Lex und ius. Beiträge zur Grundlegung des Rechts in der Philosophie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. v. Fidora, Alexander /Lutz-Bachmann, Matthias/Wagner, Andreas (= Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit, Texte und Untersuchungen, II, 1). frommann-holzboog, Stuttgart 2010. XI, 495 S. Besprochen von Tilman Repgen. |
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Lex und ius. Beiträge zur Grundlegung des Rechts in der Philosophie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. v. Fidora, Alexander /Lutz-Bachmann, Matthias/Wagner, Andreas (= Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit, Texte und Untersuchungen, II, 1). frommann-holzboog, Stuttgart 2010. XI, 495 S. Besprochen von Tilman Repgen.
Zu den guten Früchten der Arbeit des Exzellenzclusters 243 „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ in Frankfurt am Main gehört eine Reihe von Tagungen, die Matthias Lutz-Bachmann und eine Reihe seiner Schülerinnen und Schüler veranstaltet haben. Die Ergebnisse der ersten dieser Tagungen macht der hier vorzustellende Sammelband deutlich, der zugleich den Auftakt zur neuen Schriftenreihe „Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit“ darstellt. Die von Alexander Fidora, Heinz-Gerhard Justenhoven, Matthias Lutz-Bachmann und Andreas Niederberger herausgegebene Reihe wird neben Untersuchungen Quellentexte mit Übersetzungen präsentieren. Diese aus den Interessen der politischen Philosophie sowie der Moraltheologie (Friedensethik) gewachsene Initiative verdient besondere Aufmerksamkeit von Seiten der Rechtsgeschichte.
Gegenstand dieses Sammelbandes sind die beiden Grundbegriffe „lex“ und „ius“, Gesetz und Recht, die auch im heutigen Sprachgebrauch den Kern normativer Ordnungen bezeichnen, ohne selbst in ihrem Bedeutungsgehalt fest umschrieben und eindeutig zu sein. Geht es aber um das Begreifen von Normativität, kommt man um diese Begriffe nicht herum. Aus einem genuin historischen Blickwinkel betrachten die Beiträge des Sammelbandes das Phänomen von lex und ius. Dabei ist der Zusammenhang zu den Herausforderungen des Denkens und Handelns unserer Zeit keineswegs trivial. Die zentrale Bedeutung der beiden Begriffe mag es rechtfertigen, den Inhalt des Tagungsbandes im Folgenden etwas konkrete |
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Liebner, Katrin, Wucher und Staat. Die Theorie des Zinswuchers im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 144). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Liebner, Katrin, Wucher und Staat. Die Theorie des Zinswuchers im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 144). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
„So lange Cultur existiert, so lange existieren Wucher, Klage über Wucher, Gesetze wider Wucher, und Klage, daß diese Gesetze ihren Zweck nicht erfüllen“. Mit diesem Zitat von 1790 eröffnet Katrin Liebner ihre „Einleitung“. Sie untersucht in der von Diethelm Klippel betreuten Bayreuther Dissertation „den Wandel sowohl des Wucherbegriffs als auch der zeitgenössischen Lösungskonzepte zur Verhinderung wucherischer Rechtsgeschäfte“ sowie die wechselseitige Beeinflussung von Diskussion und Gesetzgebung.
Katrin Liebner hält sich glücklicherweise nicht mit der oft kolportierten Geschichte der Wucherbekämpfung in Antike, Mittelalter und früher Neuzeit auf. Wir erfahren erst im Laufe der Arbeit, dass „in der katholischen Moraltheologie“ des 19. Jahrhunderts mehrheitlich von dem absoluten Zinsverbot des Mittelalters Abschied genommen, dass jedoch ein staatliches Einschreiten gegen übermäßiges Zinsennehmen für notwendig gehalten wurde.
Entschlossen beginnt sie gleich in den ersten drei Kapiteln mit der Diskussion in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (23-154), mit den Schwerpunkten der absolutistisch-kameralistischen Staatswissenschaften, der Kritik Benthams und Turgots sowie der Wucherpreisfrage Josephs II. Die Kapitel 4 bis 7 sind der Diskussion im 19. Jahrhundert gewidmet (155-295). Den Abschluss bildet „Die Wuchergesetzgebung im Norddeutschen Bund und im Deutschen Reich bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts“ (296-324). Die Ergebnisse werden in der „Zusammenfassung“ von vier Seiten rekapituliert (325-328).
„Die Bekämpfung des Wuchers in den absolutistisch-kameralistischen Staatswissenschaften der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ (1. Kapitel) wurde mit der „Schädlichkeit hoher Zinsen“ für die Sta |
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Lingen, Kerstin von, SS und Secret Service. „Verschwörung des Schweigens“ - Die Akte Karl Wolff. Schöningh, Paderborn 2010. 273 S., 8 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lingen, Kerstin von, SS und Secret Service. „Verschwörung des Schweigens“ - Die Akte Karl Wolff. Schöningh, Paderborn 2010. 273 S., 8 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Nachdem sich SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Karl Wolff, Chef des Persönlichen Stabes des Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, im Sommer 1942 um ein aufgestocktes Reichsbahnkontingent zwecks Deportation der Juden in die Vernichtungslager bemüht hatte, konnte er nach Erreichung dieses Ziels am 13. August 1942 befriedigt seinen Dank an Reichsbahndirektor Ganzenmüller abstatten: „Mit besonderer Freude habe ich von Ihrer Mitteilung Kenntnis genommen, dass nun schon seit 14 Tagen täglich ein Zug mit je 5.000 Angehörigen des auserwählten Volkes nach [dem polnischen Vernichtungslager, MM] Treblinka fährt und wir auf diese Weise in die Lage versetzt sind, diese Bevölkerungsbewegung in einem beschleunigten Tempo durchzuführen.“ (S. 190)
Derselbe Mann, der hier als einer der Organisatoren der Deportationen aktenkundig wurde, erfreute sich SS-intern – liebevoll als „Wölf(f)chen“ tituliert – geradezu rührender Fürsorge seitens seiner Kameraden. So schrieb Wolffs Kollege, der Höhere SS- und Polizeiführer in den besetzten Niederlanden, am 8. März 1943 an Himmler: „Dass nun auch Wölfflein an einem Nierenstein so schwer erkrankt ist, hat auch mich sehr gepackt, ich habe ihm heute geschrieben. Können Sie mir, Reichsführer, vielleicht einen Rat geben, womit ich dem Wölfflein eine besondere Freude machen könnte? Es gibt hier noch einen kleinen Vorrat, der zwar für die Ostfront reserviert ist, von dem ich aber das eine oder andere für Wölfflein heraussuchen könnte.“ (Bundesarchiv Berlin, NS 19/3167)
Beide Zitate charakterisieren die schillernde Persönlichkeit Wolffs, den einer seiner bisher lediglich zwei Biographen als den „Schlichter“ tituliert (Brendan Simms: Karl Wolff – Der Schlichter, in: Die SS: Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, hg. v. Ronald Smelser |
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Löhnig, Martin, Die Justiz als Gesetzgeber. Zur Anwendung nationalsozialistischen Rechts in der Nachkriegszeit (= Rechtskultur Wissenschaft 1). Edition Rechtskultur/Gietl, Regenstauf 2010. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Löhnig, Martin, Die Justiz als Gesetzgeber. Zur Anwendung nationalsozialistischen Rechts in der Nachkriegszeit (= Rechtskultur Wissenschaft 1). Edition Rechtskultur/Gietl, Regenstauf 2010. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser, der mit diesem Werk die von ihm und Ignacio Czeguhn herausgegebene neue Reihe Rechtskultur Wissenschaft eröffnet, befasst sich mit einer zeitgeschichtlichen interessanten Fragestellung. Sie betrifft die Anwendung der auf nationalsozialistischer Ideologie beruhenden, von 1933 bis 1945 geschaffenen und wegen Nichtaufhebung nach dem 8. Mai 1945 fortgeltenden Normen durch die 1945/1946 wiedereröffneten Gerichte. Exemplarisch nähert sie sich dem Umgang mit dieser Aufgabe an Hand der familienrechtlichen Normen der §§ 1595a BGB und 55 (bzw. 48) EheG, wobei der Verfasser sich unter anderem auf weit über zehntausend Verfahrensakten stützen kann, die ihm aus den Jahren 1946 bis 1949 vom Bayerischen Staatsarchiv in Amberg, dem Sächsischen Staatsarchiv in Dresden, dem Staatsarchiv in Freiburg im Breisgau , dem Bayerischen Staatsarchiv in Nürnberg, dem Landgericht Leipzig, dem Landgericht Offenburg in Baden und dem Bayerischen Justizministerium in München zur Verfügung gestellt werden konnten.
Er beginnt seine Untersuchung nach einer die Normgeschichte und die Problemstellung schildernden Einleitung mit der Ehelichkeitsanfechtung durch den Oberstaatsanwalt. Ausgewählt werden hierfür das Landgericht Amberg, das Landgericht Konstanz, das Landgericht Offenburg und das Landgericht Dresden. Als Zwischenergebnis kann er danach überzeugend festhalten, dass der Umgang mit § 1595a BGB nach 1945 ebenso uneinheitlich wie ahistorisch war, wobei eine Vereinheitlichung nur allmählich durch Absprachen und entsprechende Anweisungen bzw. eine Kassationsinstanz gelang und eine besonders aktive Rolle bei der Durchsetzung einer weitreichenden Anwendung des § 1595a BGB das Justizministerium Bayerns spielte.
Der zweite T |
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Loroch, Stefanie Jessica, Zeitungsrubrik Gerichtssaal. Strafprozessberichterstattung in Münster im 19. Jahrhundert (1848-1890) (= Rechtshistorische Reihe 398). Lang, Frankfurt am Main 2009. XIII, 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Loroch, Stefanie Jessica, Zeitungsrubrik Gerichtssaal. Strafprozessberichterstattung in Münster im 19. Jahrhundert (1848-1890) (= Rechtshistorische Reihe 398). Lang, Frankfurt am Main 2009. XIII, 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Peter Oestmann betreute, im Sommersemester 2008 von der Universität Münster angenommene Dissertation der Freiheit im Denken und Leidenschaft im Handeln anstrebenden, als Rechtsanwältin tätigen Verfasserin. Sie beginnt ihre kurze Einführung mit einem Zitat aus dem Westfälischen Merkur vom 27. Oktober 1857 über die Verurteilung zweier anscheinend wegen Brandstiftung Angeklagter. Ausgangspunkte sind ihre Einsichten, dass die Zeitung ein Medium ist, das die menschliche Neugier zu befriedigen vermag und zugleich dem Gewinnstreben des mit den Nachrichten Handelnden dient, und dass demzufolge die Zeitung als Instrument, um Vergangenes zu vergegenwärtigen, großes Potential für die geschichtliche Forschung in vielen Bereichen bietet.
Gegenstand der Arbeit ist ausschließlich das täglich ercheinende (!) Blatt, wobei der Zeitraum des 19. Jahrhunderts nicht ohne Bedacht gewählt ist, weil 1848 das Jahr der Wende von der Zensur zur Meinungsfreiheit war. Als Beispiel für den technischen Fortschritt nennt sie die Berichterstattung über die Suche nach dem vermissten britischen Afrikaforscher Dr. David Livingstone, die nach Ansicht der Verfasserin als Ablenkungsmanöver vom Goldmarktskandal im Jahr 1869 gedacht war, sich aber bald zum Wettlauf zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelte. Besonders bedeutsam erscheint ihr dabei Art. 92 der Verfassungsurkunde Preußens vom 5. 12. 1848, nach dem alle Verhandlungen vor dem erkennenden Gerichte in Civil- und Strafsachen öffentlich sein sollen.
Angesichts der Vielzahl der Zeitungen hält die Verfasserin überzeugend eine regionale Begrenzung für notwendig, für die sie aus 200 um 1900 in Westfalen veröffentlichten Zeitu |
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Machiavellismus in Deutschland. Chiffre von Kontingenz, Herrschaft und Empirismus in der Neuzeit, hg. v. Zwierlein, Cornel/Meyer, Annette unter redaktioneller Mitarbeit von Speek, Sven Martin (= Historische Zeitschrift Beiheft Neue Folge 51). Oldenbourg, München 2010. VII, 340 S. Besprochen von Christof Paulus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Machiavellismus in Deutschland. Chiffre von Kontingenz, Herrschaft und Empirismus in der Neuzeit, hg. v. Zwierlein, Cornel/Meyer, Annette unter redaktioneller Mitarbeit von Speek, Sven Martin (= Historische Zeitschrift Beiheft Neue Folge 51). Oldenbourg, München 2010. VII, 340 S. Besprochen von Christof Paulus.
Ein Brief des italienischen Emigranten und Bucer-Schülers Angelo Odoni aus dem Straßburg des Jahres 1535 an Erasmus von Rotterdam gilt als Erstbeleg für die Rezeption Machiavellis in deutschen Landen. In seinem Schreiben würdigte Odoni die papstkritische Haltung des Florentiner Sekretärs, dessen Schriften in zahlreichen italienischen Drucken (18 Editionen der „Discorsi“, 16 des „Principe“) Verbreitung fanden, ehe sie 1559 auf dem Index landeten. Dies wiederum machte ihren Autor gerade für protestantische Kreise interessant, wie allgemein ab den 1570er Jahren eine Kenntniszunahme der italienischen Politik und Kultur nördlich der Alpen festzustellen ist.
Eine internationale wie interdisziplinäre, 2007 in Tutzing am Starnberger See durchgeführte Tagung widmete sich dem begrifflich wie inhaltlich schillernden Phänomen „Machiavellismus“, das sich rezeptionsgeschichtlich von seinem vermeintlichen Urheber ablöste und dem in partieller und äußerst selektiver Weise schon bald die symbolhafte Vorstellung einer schrankenlosen, amoralischen Interessen- und Machtpolitik anhaftete. Die 15 Beiträge des anzuzeigenden Sammelbands untersuchen nun die Wirkungshistorie des Renaissanceautors vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart, so im Werk Johannes Althusius’ oder Hermann Conrings, bei Heinrich von Treitschke, August Ludwig von Rochau oder im Späthistorismus eines Friedrich Meinecke und Gerhard Ritters.
Ins Blickfeld rückt ferner das Phänomen des „Machiavellismus vor Machiavelli“ – so vermeinte etwa Tommaso Campanella 1633 im alttestamentarischen Ahitophel Züge der Lehren Machiavellis zu erkennen. Untersucht werden zudem bildliche Da |
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Magna Carta and the England of King John, hg. v. Loengard, Janet S. Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2010. IX, 189 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Magna Carta and the England of King John, hg. v. Loengard, Janet S. Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2010. IX, 189 S. Besprochen von Susanne Jenks.
Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer im März 2008 abgehaltenen Tagung „Magna Carta and the World of King John“. Da die Beiträge stark englandzentriert sind, wurde allerdings ein neuer Titel gewählt.
Vier Autoren beschäftigen sich mit der Persönlichkeit König Johns und zeichnen ein ausgewogenes Bild dieses Herrschers. Ralph V. Turner (England in 1215: An Authoritarian Angevin Dynasty Facing Multiple Threats, S. 10-26) bewertet John im Vergleich zu seinem Vater Henry II und seinem Bruder Richard I und kommt zu dem Ergebnis, dass allen dreien wichtige Attribute eines ‚guten Königs‘ fehlten. Doch selbst wenn sie nicht gierig und grausam gewesen wären, hätten sie sich angesichts der Größe ihres Reiches vor einer diffizilen Aufgabe gestellt gesehen, die nur schwer zu meistern war, zumal es ihnen nicht gelang, eine enge Beziehung zu dem Adel aufzubauen oder bei ihren Untertanen ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen zu lassen. John Gillingham (The Anonymous of Béthune, King John and Magna Carta, S. 27- 44) argumentiert überzeugend, dass der aus dem Umfeld Roberts of Béthume stammende Autor der kurz nach 1220 verfassten Histoire des ducs de Normandie et des rois d'Angleterre, der den König aus zum Teil zeitgenössischer und zudem weltlicher Sicht beschreibt, seine Ansicht über John im Laufe der Zeit änderte. Gillingham differenziert zwei Teile der Histoire: der erste (bis Mai 1213), der nur vage Daten gibt und generell weniger gut informiert ist, enthält Anekdoten und beschreibt den Charakter des Königs, während der zweite Teil (Mai 1213 bis September 1217) präzise Daten benennt und daher auf zeitgenössischen Notizen basieren dürfte. Obwohl der Chronist sich in unmittelbarer Nähe zum König (im Gefolge Robert de Béthunes) befunden haben dürfte, gibt dieser Teil der Histoire wenig Einbl |
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Maier, Regina, NS-Kriminalität vor Gericht. Strafverfahren vor den Landgerichten Marburg und Kassel 1945-1955 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 155). Selbstverlag der hessischen historischen Kommission Darmstadt und der historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 2009. IX, 372 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Maier, Regina, NS-Kriminalität vor Gericht. Strafverfahren vor den Landgerichten Marburg und Kassel 1945-1955 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 155). Selbstverlag der hessischen historischen Kommission Darmstadt und der historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 2009. IX, 372 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz.
Nachdem es – aus einer ganzen Reihe von Gründen – lange gedauert hat, bis die strafrechtliche Aufarbeitung von NS-Verbrechen durch deutsche Gerichte nach Aktenlage untersucht worden ist, liegen nunmehr in zunehmendem Maße Arbeiten zu dieser Thematik vor. Freilich ist die einschlägige Tätigkeit der Justiz in der Nachkriegszeit erst relativ spät ins Blickfeld der Forschung getreten. In diesen Kontext reiht sich jetzt die vorliegende Studie ein, die als Dissertation vom Fachbereich „Geschichte und Kulturwissenschaften“ der Universität Marburg angenommen worden ist. Sie analysiert Verlauf und Ausgang von 78 Strafverfahren wegen NS-Straftaten, mit denen die Landgerichte Marburg und Kassel in der Zeit von 1945 bis 1955 befasst waren, bezieht aber in ihre Betrachtung die hessische Strafjustiz jener Phase insgesamt ein (S. 70).
Als Quelle dienten Regina Maier die Ermittlungsakten der beiden Staatsanwaltschaften, die neben amtlichen Schriftstücken und Eingaben der Beschuldigten und Verwandten auch prozessbezogene Zeitungsartikel enthalten. Darüber hinaus hat die Verfasserin ministerielle Unterlagen (namentlich Weisungen an die Staatsanwaltschaften) herangezogen, die Quellensammlung „Justiz und NS-Verbrechen“ von C. F. Rüter, die sich allerdings auf deutsche Strafurteile wegen Tötungsdelikten konzentriert, Dokumente des Hessischen Hauptstaatsarchivs Marburg sowie eine Sammlung hessischer Justizakten ausgewertet, die indes ausschließlich die Judenverfolgung während des NS-Regimes zum Gegenstand haben. Im Unterschied zu einschlägigen Untersuchungen hat sich die Autorin nicht auf Verfahren beschränkt, die Kapitald |
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Maihold, Harald, Strafe für fremde Schuld?. Die Systematisierung des Strafbegriffs in der Spanischen Spätscholastik und Naturrechtslehre (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen 9). Böhlau, Köln 2005. XVI, 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Maihold, Harald, Strafe für fremde Schuld?. Die Systematisierung des Strafbegriffs in der Spanischen Spätscholastik und Naturrechtslehre (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen 9). Böhlau, Köln 2005. XVI, 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Viele irdische Güter sind bekanntlich in der bunten Wirklichkeit des menschlichen Lebens ungleich verteilt. Deswegen findet auch nicht jedes Werk stets die ihm gebührende Aufmerksamkeit der besten Sachkundigen. Dann kann oder muss ein Herausgeber gelegentlich ohne gleichwertige Sachkunde und mit ungewollter zeitlicher Verzögerung mit einem allgemeineren kurzen Hinweis aushelfen.
Die deswegen anzuzeigende Untersuchung ist die von Kurt Seelmann mit viel Geduld und Vertrauen begleitete, in zehnjähriger Arbeit entstandene und im Dezember 2003 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg angenommene Dissertation des Verfassers. Sie spricht eine bedeutsame Frage des Strafrechts an. Sie geht von Friedrich Schillers Bürgschaft aus, der die freiwillige Übernahme der „Strafe“ für einen anderen als Beweis moralischer Größe und die Forderung einer solchen „Strafe“ als Ausdruck tyrannischer Gewalt verstand.
Demgegenüber sieht der Verfasser zutreffend eine Übertragung der „Strafe“ auf andere als den „Täter“ nicht mehr als außerhalb jeder Denkmöglichkeit liegend an. Deswegen erscheint ihm der Blick auf ein „vormodernes Strafrecht“ sinnvoll. Auf dieser Grundlage versucht er in seiner Arbeit, die Systematisierungsleistungen der spanischen Spätscholastik und der Naturrechtslehre wahrzunehmen.
Zu diesem Zweck geht er von der Prinzipienkrise der aktuellen Zurechnungslehre aus, betont die Notwendigkeit geschichtlicher Untersuchung, schildert die Wiederentdeckung der spanischen Spätscholastik und legt die methodischen Probleme dar, um seine einleuchtende Einführung mit einem eigenen Programm abzuschließen. Die dem folgende Untersuch |
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Mäkeler, Hendrik, Reichsmünzwesen im späten Mittelalter. Teil 1 Das 14. Jahrhundert (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 209). Steiner, Stuttgart 2010. 328 S., 6 Tab. 3 Diagr., 13 Kart., 2 Münztaf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mäkeler, Hendrik, Reichsmünzwesen im späten Mittelalter. Teil 1 Das 14. Jahrhundert (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 209). Steiner, Stuttgart 2010. 328 S., 6 Tab. 3 Diagr., 13 Kart., 2 Münztaf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer täglich mit eigenen Augen sieht, wie das Geld die Welt regiert, wird immer Interesse für den Weg haben, auf dem das Geld in vielen kleinen Einzelschritten zu dieser seiner Rolle gelangt ist. Nach dem Vorwort der einen zu erwartenden zweiten Teil andeutenden Studie geht die Beschäftigung des Verfassers auf einen Vorschlag Frank Bergers in der Ciudad Universitaria de Madrid an einem warmen Septemberabend des Jahres 2003 zu Konrad von Weinsberg (IX.) (1370-1448?) als Reichserbkämmerer der Könige Sigismund und Albrecht bei einer kühlen cerveza zurück. Hieraus entstand an der Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte am Historischen Seminar der Universität Kiel eine seit 2006 von Gerhard Fouquet betreute Dissertation unter vorläufiger Beschränkung auf das 14. Jahrhundert.
In seiner kurzen Einleitung stellt der Verfasser die zentrale Rolle des Geldes in der Gesellschaft, die bisherige Forschungslage und seine eigene, Lücken schließende Fragestellung dar und äußert sich zu geographischer und inhaltlichen Abgrenzung sowie zur methodischen Ausrichtung unter Verbindung von Sachgeschichte mit Überlieferungsgeschichte. In seinem zweiten Kapitel bietet er Grundlagen zu Geldtheorie und Geldverständnis von Aristoteles bis zu Tholomeus von Lucca und Nicolas Oresme und zeigt den Wandel der Geldpolitik im 14. Jahrhundert einschließlich moderner (geld-)theoretischer Ansätze. Detailliert behandelt er danach die Zeit Ludwigs des Bayern und Friedrichs des Schönen, Karls IV. und König Wenzels und damit die vielen Jahre zwischen 1314 und 1400.
Den eindrucksvollen Ausgangspunkt bilden dabei englische Subsidienzahlungen König Edwards III. und die darauf gestützte Einführung von Goldm |
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Masuch, Christina, Doppelstaat DDR. Eine Untersuchung anhand der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas in der DDR/SBZ 1945-1990 (= Berliner Juristische Universitätsschriften. Grundlagen des Rechts 48). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2009. XV, 413 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Masuch, Christina, Doppelstaat DDR. Eine Untersuchung anhand der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas in der DDR/SBZ 1945-1990 (= Berliner Juristische Universitätsschriften. Grundlagen des Rechts 48). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2009. XV, 413 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die ansprechende Arbeit ist die von Rainer Schröder betreute, im Sommer 2008 der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin vorliegende Dissertation der seit 2002 als Rechtsanwältin tätigen Verfasserin. Sie lehnt sich im Titel an Ernst Fraenkels Untersuchung „Der Doppelstaat“ an, die nach der Emigration 1941 als The Dual State 1941 in den Vereinigten Staaten von Amerika als Beschreibung des nationalsozialistisch beherrschten Deutschen Reiches erschien. Sie will die Frage beantworten, ob auch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik als Doppelstaat in diesem Sinne (theoretischer Normenstaat und davon abweichender praktischer Maßnahmenstaat) bezeichnet werden kann.
Gegliedert ist das dem als politisch Verfolgter von 1952 bis 1956 in der Deutschen Demokratischen Republik inhaftierten Großvater gewidmete Werk in sechs Teile. Dabei beschreibt die Verfasserin in ihrer Einleitung Forschungsgegenstand, Zielsetzung, Quellenlage und den als noch übersichtlich bezeichneten Forschungsstand, von dem ihre Arbeit sich durch Konzentration auf die Arbeitsweisen des Ministeriums für Staatssicherheit unterscheidet. Danach stellt sie die Geschichte der Zeugen Jehovas dar, die sich als Bibelverlag Wachtturmgesellschaft benennen, etwa 0,22 Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland (2008 etwa 165000 im Predigtwerk aktive Zeugen Jehovas in Deutschland von weltweit 7,1 Millionen) ausmachen, 1879 durch den Geschäftsmann Charles Taze Russell in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründet wurden und von der Weltzentrale Brooklin aus 1897 auch in Deutschland Fuß fassten, um auf das nahe bevorstehende Ende der Welt eindringlich hinzuweisen |
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Matz, Klaus-Jürgen, Kleine Geschichte des Landes Baden-Württemberg (= Regionalgeschichte . fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2010. 216 S., 30 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Matz, Klaus-Jürgen, Kleine Geschichte des Landes Baden-Württemberg (= Regionalgeschichte . fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2010. 216 S., 30 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Rendsburg 1949 geborene, neuere und neuste Geschichte in Mannheim lehrende Verfasser wurde in Mannheim mit einer Arbeit über die gesetzlichen Ehebeschränkungen in den süddeutschen Staaten während des 19. Jahrhunderts promoviert1978/1979 und hat sich danach intensiv in einer politischen Biographie mit Reinhold Maier (1889-1971) befasst. Daneben hat er umfassende Sammelwerke wie Wer regierte wann? (Von den Anfängen bis zur Gegenwart), Europa-Chronik (Daten europäischer Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart) oder die 1000 wichtigsten Daten der Weltgeschichte vorgelegt. Irgendwo zwischen seiner Chronik des zweiten Jahrtausends und Reinhold Maier steht wohl zu Recht seine kleine Geschichte des Landes Baden-Württemberg.
Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass das Land einerseits auf langer Tradition beruht, die im Grunde bis in die Völkerwanderungszeit zurückreichen, in der im Südwesten die Alemannen die Römer ersetzt haben. Andererseits ist sie aber auch dadurch geprägt, dass die politische Einheit Schwabens bereits früh zerbrach und daraus eine Vielfalt der Traditionen erwuchs. Wie daraus als Folge der Teilung Badens und Württembergs und der Vereinigung Nordbadens und Nordwürttembergs durch die alliierten Besatzungsmächte dann doch wieder die Frage einer neuen und größeren politischen Einheit entstand und verwirklicht wurde, zeichnet der Verfasser überzeugend nach und kann dabei Reinhold Maier eine bedeutsame Rolle spielen lassen.
Der vom Bundesgesetzgeber bewirkten Entscheidung über die Entstehung des Südweststaats fügt der Verfasser Jahre des Aufbaus und Zusammenwachsens, eine Ära des Wohlbefindens und Aufbruchs, die zwanzigjährige Ära der CDU-Alleinherrschaft zwischen 19 |
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Mayer, Michael, Staaten als Täter. Ministerialbürokratie und „Judenpolitik“ in NS-Deutschland und Vichy-Frankreich - ein Vergleich (= Studien zur Zeitgeschichte 80). Oldenbourg, München 2010. XII, 479 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mayer, Michael, Staaten als Täter. Ministerialbürokratie und „Judenpolitik“ in NS-Deutschland und Vichy-Frankreich - ein Vergleich (= Studien zur Zeitgeschichte 80). Oldenbourg, München 2010. XII, 479 S. Besprochen von Werner Schubert.
Im Vichy-Frankreich ergingen am 3. 10. 1940 das Gesetz portant statut des juifs und am 2. 6. 1941 das Gesetz, welches das Statut vom Oktober 1940 ersetzte und erheblich ergänzte. Die Vergleichbarkeit bzw. Ähnlichkeit dieser beiden Gesetze mit dem BBG (Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums) vom 7. 4. 1933 – hinzu kommt noch das Rechtsanwaltsgesetz vom 10. 4. 1933 – und Teilen der Nürnberger Gesetze (insbesondere die 1. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. 11. 1935) waren für Mayer Anlass, die französische und die deutsche Judengesetzgebung zeitlich versetzt (1933/1935 für Deutschland und 1940/41 für Frankreich) miteinander in Beziehung zu setzen, wenn auch die Einführung von Rassengesetzen in Frankreich in den Jahren 1940/41 „eine fundamental andere Qualität“ hatte als die deutschen Gesetze von 1933/35 (S. 12). Beiden Gesetzgebungen liegt nach Mayer ein „Segregationsantisemitismus“ zugrunde, der die Juden aufgrund einer scheinlegalen Gesetzgebung ihrer Rechte beraubte und damit den Staat von einem vermeintlichen jüdischen Einfluss säubern sollte (vgl. S. 192f.). Beide Gesetzgebungen wurden primär von den traditionellen Ministerialeliten getragen, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass sowohl in Deutschland als auch in Frankreich die republikanischen Eliten weitgehend aus dem Ministerialdienst verdrängt worden waren. Wiederholt stellt Mayer klar, dass die beobachteten Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ländern nicht dazu führen könnten, „dass die deutsche Verantwortung für die ab 1933 an den Juden verübten Verbrechen geschmälert wird“ (S. 407).
Im ersten Teil seines Werkes untersucht Mayer die Entstehung der Rassengesetze von 1933/35 bzw. von 1940/41 und deren verwaltungstechnische |
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McLoughlin, Barry/Leidinger, Hannes/Moritz, Verena, Kommunismus in Österreich 1918-1938. StudienVerlag, Innsbruck: 2009. 528 S., 45 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen McLoughlin, Barry/Leidinger, Hannes/Moritz, Verena, Kommunismus in Österreich 1918-1938. StudienVerlag, Innsbruck: 2009. 528 S., 45 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Wer ein Buch mit dem Titel „Kommunismus in Österreich“ zur Hand nimmt, wird – in erster Linie, wenn auch nicht ausschließlich – eine Geschichte der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) im Untersuchungszeitraum, der Zwischenkriegszeit, erwarten. Zu den Aspekten, mit deren Behandlung der Leser rechnet und rechnen darf, gehören beispielsweise das Führungspersonal der Partei, ihre Ideologie und politische Programmatik, organisatorische Strukturen auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene, Vorfeldorganisationen und eventuelle Abspaltungen, Mitgliederentwicklung und Wahlresultate sowie, für die KPÖ wenigstens ansatzweise, die Übernahme öffentlicher Funktionen in Gemeinderäten usw. Da sich Kommunistische Parteien bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion in der Regel weit stärker als andere politische Parteien als Teil einer Weltbewegung verstanden und deren Moskauer Zentrale seit den Tagen Lenins zu Gehorsam verpflichtet waren, wird folglich auch die Rolle der KPÖ innerhalb der Kommunistischen Internationale zu behandeln sein.
Sieht man von dem zuletzt genannten Aspekt des Weltkommunismus einmal ab, bietet das hier vorzustellende Buch von all dem buchstäblich nichts. Es ist nämlich alles andere als eine Geschichte der KPÖ, sondern eine Darstellung im weitesten Sinne kommunistischer und/oder sowjetischer Aktivitäten auf dem Boden der Alpenrepublik. Wohlgemerkt: Kommunistische Aktivitäten meint hier nicht etwa nur österreichische KPler, sondern z. B. auch die aus ihren Heimatländern in Ost- und Südosteuropa geflüchteten Emigranten kommunistischer Orientierung, sofern sie sich für kürzere oder längere Zeit im Österreich der Ersten Republik aufhielten. Der Konnex zu Österreich ergibt sich hier also einzig aus dem zeitweiligen Lebensmittelpunkt dieser Ausländer in der Alpenrepublik un |
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Mecke, Christoph-Eric, Begriff und System des Rechts bei Georg Friedrich Puchta. Vandenhoeck & Ruprecht unipress, Göttingen 2009. 975 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mecke, Christoph-Eric, Begriff und System des Rechts bei Georg Friedrich Puchta. Vandenhoeck & Ruprecht unipress, Göttingen 2009. 975 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist eine leicht veränderte und etwas gekürzte Fassung der von Ralf Dreier betreuten, im Sommersemester 2007 von der juristischen Fakultät der Universität Göttingen angenommenen, sehr umfangreichen Dissertation des Verfassers, mit der Stephan Meder die von ihm herausgegebenen Beiträge zur Grundfragen des Rechts eröffnet. Sie betrifft eine wesentliche Entwicklungsphase der deutschen Rechtsgeschichte. Sie beleuchtet sie sowohl von der Geschichte her wie auch von der Rechtstheorie aus.
In seiner umfangreichen Einleitung behandelt der Verfasser Problemstellung, Forschungsstand und Ziel der Untersuchung. Die Problemstellung ergibt sich aus der negativen Bewertung Puchtas. Demgegenüber will der Verfasser Puchtas Auffassung vom Begriff und System des Rechts systematisch überprüfen, indem die Elemente der wissenschaftlichen Rechtsfindung im 19. Jahrhundert aus ihren eigenen Voraussetzungen entwickelt werden.
Ziel ist es, aus Puchtas Prämissen Puchtas Begriff des Rechts und der Rechtswissenschaft zu ermitteln und die sich hieraus ergebenden Folgerungen für seine Rechtslehre darzustellen. Dazu werden nacheinander die von Puchta bestimmte Geltungsgrundlage und die von ihm formulierten Voraussetzungen für die Geltung des Rechts, Puchtas Begriff der Rechtswissenschaft einschließlich der abgewandelten Beziehung der Rechtswissenschaft zu den übrigen Rechtsquellen, die Beziehungen zwischen Recht, Freiheit und Gleichheit, die daraus zu ziehenden Folgerungen für ein umfassendes Gesamtrechtssystem und Puchtas Auffassung der juristischen Methode der Rechtsanwendung in Theorie und Praxis untersucht. Am Ende der Arbeit werden die Ergebnisse zusammengefasst und in ihrer Bedeutung für die gegenwärtige Rechtsmethodologie bewertet.
Das erste Kapitel behandelt vo |
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Meder, Stephan, Gottlieb Planck und die Kunst der Gesetzgebung (= Schriftenreihe des Instituts für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung der Georg-August-Universität Göttingen 2). Nomos, Baden-Baden 2010. 134 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meder, Stephan, Gottlieb Planck und die Kunst der Gesetzgebung (= Schriftenreihe des Instituts für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung der Georg-August-Universität Göttingen 2). Nomos, Baden-Baden 2010. 134 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Väter nehmen mittelbar auch Teil am Ruhm ihrer Kinder. Von daher werden Väter zu Recht auch für Mängel ihrer Erzeugnisse kritisiert. Für das Bürgerliche Gesetzbuch des Deutschen Reiches hält Stephan Meder Einwände seit Veröffentlichung des ersten Entwurfs (1888) unter Stichworten wie Begriffsjurisprudenz, juristischer Formalismus oder Manchesterliberalismus nicht nur für sachlich einseitig, sondern auch für unzutreffend, weshalb er die hundertste Wiederkehr des Todestags Gottlieb Plancks zum Anlass nimmt, an den Menschen Gottlieb Planck und seine Leistungen zu erinnern.
Im Einzelnen bildet er dazu 9 Kapitel. Davon fragt das erste Kapitel nach Gottlieb Planck als „Vater“ des Bürgerlichen Gesetzbuchs und schildert dazu die Arbeitsgebiete im Überblick. Dabei stellt der Verfasser nachdrücklich fest, dass das Bürgerliche Gesetzbuch anders als das hoch gelobte Schweizer Zivilgesetzbuch der Jahre 1907/1911 zwar nicht von einer einzelnen Person geschaffen worden sei und dass der Richter durch das Bürgerliche Gesetzbuch auch eine „festere Wegweisung“ erhalten habe, dass sich die Freiheit eines Richters nach deutschem Recht aber durchaus mit der Freiheit eines Richters in der Schweiz vergleichen lasse.
Im zweiten Kapitel schildert der Verfasser die einzelnen Lebensstationen Gottlieb Plancks. Dabei unterscheidet er die Jugend und Studienzeit vom 24. 6. 1824 bis zur Revolution von 1848, die Opposition in der Justizverwaltung Hannovers bis 1866, den Übergang an Preußen, die neue Tätigkeit als Gesetzgeber im Deutschen Reich und die Rückkehr nach Berlin einschließlich der letzten Jahre in Göttingen. Kaum vorstellbar, dass Planck großartige Leistungen gelangen, obwohl er schon 186 |
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Mehring, Reinhard, Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Beck, München 2009. 747 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mehring, Reinhard, Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Beck, München 2009. 747 S. Besprochen von Bernd Rüthers.
Die Literatur zu Carl Schmitt wächst unaufhörlich weiter an. Reinhard Mehring hat in die internationale Flut der „Schmittiana“ eine neue Leuchtboje gesetzt. Seine stark quellengestützte Biographie umfasst 750 Seiten (582 S. Text; der Rest Anmerkungen etc.) und bringt eine Fülle neuer, bis dahin unbekannter Details aus dem wechselvollen Leben des vielseitig interessierten und umstrittenen Staatsrechtlers der Weimarer und der NS-Zeit zutage.
Den zahlreichen deutschen und internationalen Publikationen zum literarischen und rechtspolitischen Wirken Schmitts sind regelmäßig willkürlich gewählte Hinweise zu seiner bunten Lebensgeschichte beigefügt. Was bisher fehlte, war der Versuch einer umfassenden systematischen Biographie. Dazu gab es Vorversuche, etwa von dem Kultursoziologen Nicolaus Sombart[1] (1991) oder dem Politikwissenschaftler Paul Noack[2] (1993). Mehr Deutung als Biographie enthielt auch die umfangreiche Dissertation (979 Seiten!) Andreas Koenens „Der Fall Carl Schmitt“[3]. Alle litten aus heutiger Sicht erkennbar unter einer beschränkten Quellenkenntnis und fixierten Vorverständnissen.
Neuerscheinungen zum Thema Carl Schmitt erfreuen sich, unterstützt von einer geschickten PR-Strategie des Verlages und der Leitmedien, trotz der Fülle der einschlägigen Titel, großer Aufmerksamkeit. Schmitt hat unverändert Konjunktur und genießt die Neugier der „Hoch- Feuilletons“ (ZEIT, NZZ, FAZ, FAZaS und Süddeutsche Zeitung). Sie brachten, fast auf den Tag zeitgleich, und teils noch vor der Auslieferung des Buches, Rezensionen der Biographie des bekannten Juristen. Es fällt auf: Weder der Autor noch einer der Rezensenten ist vom staatsrechtlichen Fach. Das bedeutet eine gewisse Distanz und Fremdheit gegenüber dem juristischen Werk Schmitts und seinen Dimensionen, Ausstrahlungen und den Folgen von dessen teilweise fulminante |
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Meineke, Birgit, Die Ortsnamen des Kreises Lippe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 2). Verlag für Regionalgeschichte 2010. 687 S., 3 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meineke, Birgit, Die Ortsnamen des Kreises Lippe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 2). Verlag für Regionalgeschichte 2010. 687 S., 3 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit den Ortsnamen des Kreises Lippe wird nach dem Kreis Soest der zweite von insgesamt 19 geplanten Bänden des in Münster als Teil des Forschungsunternehmens Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen bearbeiteten Westfälischen Ortsnamenbuches vorgelegt. Er umfasst von Abbedeshagen bis Wüsten mehr als 400 (446?) schriftlich bis 1600 bezeugte Siedlungsnamen sechzehner heutiger Gemeinden, darunter mehr als 100 Wüstungen und etwa 380 Ortsnamen mit Grundwörtern, etwa 30 Ortsnamen mit Suffixen und rund 35 aus Simplizia gebildeten Ortsnamen (z. B. Bega, Nesse oder Spork) sowie 8 mit p anlautende Ortsnamen. Dazu werden in grundsätzlich jeweils drei Gliederungspunkten quellenkritische Angaben vorgestellt, bisherige Deutungen dargelegt und dann kritische Erörterungen mit dem Ziel optimaler Lösung in den Formen von Übernahme, Verbesserung oder begründeter Ablehnung vorgenommen.
Als kennzeichnend sieht die Bearbeiterin dabei zwei Namengruppen an. Am häufigsten sind die grundsätzlich durchsichtigen Namen auf hus und altsächsisch thorp bzw. mittelniederdeutsch dorp belegt. in sehr frühe Zeit reichen ursprüngliche Naturnamen zurück, die auf alten Flurnamen oder Gewässernamen beruhen und das Gebiet nach den Erkenntnissen der Bearbeiterin als Teil eines größeren vom Baltikum bis England reichenden Sprachraums erweisen.
Die Bearbeiterin ist bereits seit 1987 im Umfeld der Münsteraner Germanistik durch eigene wissenschaftliche Leistungen hervorgetreten. Sie ist also philologisch bestens ausgewiesen. Es ist arbeitstechnisch gut verständlich, dass Grundwörter (ohne Unterscheidung von Sprachstufen apa 3?, au 1?, beke 22?, bere 1?, berg 17?, born 4?, brink 1?, brok 12?, burg 9?, dal 2?, denne 1?, dik 1?, dorp 93?, feld 10?, ger 1?, go 2?, grund 1 |
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Menk, Gerhard, Landesgeschichte, Archivwesen und Politik. Der hessische Landeshistoriker und Archivar Karl Ernst Demandt (1909-1990) (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 21). Hessisches Staatarchiv Marburg, Marburg 2009. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Menk, Gerhard, Landesgeschichte, Archivwesen und Politik. Der hessische Landeshistoriker und Archivar Karl Ernst Demandt (1909-1990) (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 21). Hessisches Staatarchiv Marburg, Marburg 2009. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Karl Ernst Demandt wurde in Apia in der ehemaligen deutschen Kolonie Samoa am 6. April 1909 als Sohn des aus dem Siegerland stammenden Kakaopflanzers und Naturwissenschaftlers Ernst H. Demandt geboren, kam aber bereits 1911 krankheitshalber nach Deutschland zurück, wo er nach der Rückkehr der Mutter nach Samoa in der Pflegefamilie des Försters Eigenbrodt in Niedenstein aufgenommen wurde. 2009 wäre der nach Ansicht des Verfassers wohl bedeutendste Landeshistoriker Hessens der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg 100 Jahre alt geworden. Dies bot den Anlass für die Helmut Bickelhaupt in Anerkennung seiner Verdienste um die hessische Landesgeschichte gewidmete Studie, die auch dazu beitragen soll, die zögerlichen Bestrebungen zur Schaffung eines Lehrstuhls für die Landesgeschichte Hessens zu fördern, die bisher leider scheiterten.
Gegliedert ist das Werk in insgesamt sechs Abschnitte. Davon beschreibt die Einleitung Historiker, Archivare und die Historiographie im Allgemeinen und legt den Gegenstand und die dazu verfügbaren Quellen dar. Der zweite Abschnitt befasst sich mit der Jugend und Ausbildung in Lüdenscheid, wo Demandt im Frühjahr 1928 das Abitur ablegte, zum Studium von Germanistik und Geschichte zuerst nach Tübingen und im Wintersemester 1929/1930 in das politisch nach rechts tendierende Marburg ging. Hier wurde er 1933 von Friedrich Küch als dem Leiter des Staatsarchivs Marburg mit einer Dissertation über Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Fritzlar im Mittelalter (1101-1499) mit der Note sehr gut promoviert.
Am 1. November 1933 trat er dem Ortsverband Marburg der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) bei, für die er sich im Einsatz nicht übertref |
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Mentz, Dörte, Die Beweislastumkehr in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Rechtshistorische Reihe 401). Lang, Frankfurt am Main 2010. 456 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mentz, Dörte, Die Beweislastumkehr in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Rechtshistorische Reihe 401). Lang, Frankfurt am Main 2010. 456 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Maximiliane Kriechbaum betreute, im Wintersemester 2008/2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg angenommene Dissertation der zeitweise als wissenschaftliche Mitarbeiterin und jetzt als Richterin tätigen Verfasserin. Sie verbindet das geltende Zivilprozessrecht mit seiner jüngeren Geschichte. Dabei geht die Verfasserin subtil und abwägend vor.
Beweislastumkehr bezeichnet die Abänderung der vom Gesetz und seiner wissenschaftlichen Auslegung gegebenen Verteilung der Beweislast durch die Rechtsprechung. Die Verteilung der Beweislast ist dabei von der Frage der Würdigung der vorgelegten Beweise durch den Richter zu trennen. Da die Verfasserin in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Ungenauigkeiten aufspürt, welche die Ansicht nahelegen, dass eine Beweislastumkehr im Wege der Beweiswürdigung erreicht werden könne, und der Bundesgerichtshof oft auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts Bezug nimmt, untersucht sie die Frage, inwiefern Ungenauigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Beweislastverteilung und Beweiswürdigung auf einer entsprechenden Praxis des Reichsgerichts beruhen.
Nach der einleitenden Beschreibung der Problemstellung und des Ganges der Untersuchung legt die Verfasserin zunächst die Beweislehren „unter Grundlage der ZPO“ dar und behandelt dabei nacheinander die Beweislehren zu Zeiten des Reichsgerichts und die Beweislehren aus heutiger Sicht, wobei sie zusammenfassend feststellt, dass grundsätzlich die Möglichkeit einer richterlichen Beweislastumkehr in Gestalt der Umkehr der objektiven Beweislast anerkannt wird, wobei die neue Regel nicht nur Billigkeitserwägungen des Einzelfalls Rechnung tragen darf. Danach untersucht sie als einzelne Fallgruppen der Beweislastumkehr den prima |
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Mertens, Bernd, Rechtsetzung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 62). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XII, 181 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mertens, Bernd, Rechtsetzung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 62). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XII, 181 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Die Beschäftigung mit der Gesetzgebung im Nationalsozialismus ist in mancher Hinsicht ein Stiefkind der zeithistorischen Forschung. Das Interesse der Forschung war bisher nur auf eine wenige, für die Gesetzgebung der nationalsozialistischen Zeit als typisch angesehene Gesetze sowie auf Novellierungen einzelner vor der nationalsozialistischen Zeit entstandener Gesetzeswerke oder auf einzelne Gesetzesvorhaben gerichtet, nicht hingegen auf die Rechtsetzung in der Zeit des Nationalsozialismus im Ganzen. Ausnahmen bilden lediglich die monographische Darstellung Hubert Schorns aus dem Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts über die Gesetzgebung des Nationalsozialismus und die Dokumentation der nationalsozialistischen Gesetzgebung des Rezensenten aus dem Beginn unseres Jahrhunderts[1]. Eine umfassende Untersuchung der Rechtsetzung in der nationalsozialistischen Zeit fehlt dagegen. Diese Forschungslücke zu schließen, ist die Absicht der vorliegenden Studie von Bernd Mertens, Inhaber des Erlanger Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Europäische und Deutsche Rechtsgeschichte seit 2004.
Anders als Schorn will Mertens nicht die funktionale Bedeutung der Gesetzgebung für die Ausübung der politischen Macht des Nationalsozialismus untersuchen, sondern das Verfahren der Rechtsetzung in der nationalsozialistischen Zeit als solches einer Analyse unterziehen und dessen typische Merkmale ermitteln. Zu Recht beschränkt er sich hierbei auf die Reichsgesetzgebung und das Verfahren der Entstehung von Reichsgesetzen und Verordnungen der verschiedenen Verordnungsgeber des Reiches. Eine Analyse der Rechtsetzung von Ländern und Kommunen hätte nicht nur den Rahmen der Untersuchung gesprengt, sondern kaum signifikante Ergebnisse für die Ermittlung der typischen Merkma |
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Mesner, Maria, Geburtenkontrolle. Reproduktionspolitik im 20. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2010. 302 S. Besprochen von Adolf Laufs. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mesner, Maria, Geburtenkontrolle. Reproduktionspolitik im 20. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2010. 302 S. Besprochen von Adolf Laufs.
Der Titel der literarisch wie archivalisch wohlfundierten, theoretisch ambitionierten Studie greift zu weit, denn das Werk führt die Geburtenkontrolle nicht schlechthin, sondern im Vergleich zwischen zwei Ländern vor Augen: Die Autorin befasst sich nämlich „mit der Rekonstruktion von Diskursen, politischen Strategien, AkteurInnen und Akteursgruppen sowie mit deren Motiven im Bereich der Reproduktion in den USA und Österreich“. Den Terminus Reproduktion versteht sie umfassend, nicht nur biologisch, sondern auch sozial. Er umfasst also nicht allein die Fortpflanzung, sondern ebenso das gesellschaftliche Umfeld. Die Verfasserin beschränkt sich auf drei „Arenen“: „die Sexualberatungsstellen in den beiden Städten Wien und New York in der Zeit zwischen den Weltkriegen; Politiken, die sich während des 20. Jahrhunderts auf die Schnittstelle von Erwerbsarbeit und reproduktiven Aufgaben sowie die Vermittlung der beiden beziehen; und die Auseinandersetzung um die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts“. Die Arena sei der Ort, „an dem Konflikte über unterschiedliche und divergierende Sets von Werten, Haltungen, Gesellschaftsinterpretationen und Politiken ausgetragen werden“.
Zur Politik gehört die Rechtspolitik und damit auch die juristische Argumentation, die ihrerseits durchaus wirksam werden kann. Das zeigt sich etwa bei den Kontroversen um die artifizielle Reproduktion, um die Präimplantationsdiagnostik und den Status des Embryos. Doch materielle Fragen des Rechts wie auch der Philosophie oder der Theologie zählen nicht zu den Gegenständen des Buches, dessen allgemeinpolitik-, gesellschafts- und mentalitätsgeschichtlichen Stoffe – differenziert und abgewogen erschlossen – die Fülle der Monographie ausmachen.
Dicke, ungebrochene Linien zu ziehen, i |
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Metzger, Axel, Extra legem - intra ius. Allgemeine Rechtsgrundsätze im europäischen Privatrecht (= Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XXVI, 622 S. Besprochen von Wolfgang Pöggeler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Metzger, Axel, Extra legem - intra ius. Allgemeine Rechtsgrundsätze im europäischen Privatrecht (= Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XXVI, 622 S. Besprochen von Wolfgang Pöggeler.
Axel Metzgers Monographie entstand, gefördert durch Jürgen Basedow, am Hamburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. Sie hat der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg im Wintersemester 2007/2008 als Habilitationsschrift vorgelegen. Cum grano salis kann man vielleicht sagen, dass sie in gewisser Weise an Josef Essers „Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts“ aus dem Jahr 1956 anknüpft, und damit an die Arbeit eines „Großen des Rechts“, wie Wolfgang Zöllner seinen Tübinger Fakultätskollegen einmal charakterisierte.
Metzgers Buch besteht aus fünf großen Teilen und beginnt mit einer allgemeinen Theorie der Rechtsgrundsätze. Es folgen das Europäische Privatrecht als Mehrebenensystem (im Vergleich zum us-amerikanischen System), sodann allgemeine Rechtsgrundsätze im Privatrecht der Mitgliedstaaten, im Gemeinschaftsprivatrecht, im Völkerrecht, im Einheitsrecht und in der lex mercatoria.
Warum soll man ein solches Buch über allgemeine Rechtsgrundsätze des europäischen Privatrechts schreiben? Der Autor nennt zwei Gründe. Der erste besteht darin, dass der Europäische Gerichtshof schon seit einem halben Jahrhundert auf von ihm „erkannte“ allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgreift, um das Gemeinschaftsrecht zu ergänzen und auszulegen. Der zweite ergibt sich daraus, dass seit etwa 30 Jahren verschiedene internationale Arbeitsgruppen damit beschäftigt sind, rechtsvergleichend general principles des Privatrechts zu ermitteln; zu denken wäre hier an die Commission on European Contract Law und ihre „Principles of European Contract Law“, genauso wie jene Rechtswissenschaftler, welche die „UNIDROIT Principles of International Com |
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Meurer, Bärbel, Marianne Weber. Leben und Werk. Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XIX, 688 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die 1944 geborene, nach dem Studium von Soziologie, Psychologie und Stadtplanung in Frankfurt am Main, Münster und an der Technischen Universität in Berlin 1972 über Mensch und Kapitalismus bei Max Weber (zum Verhältnis von Soziologie und Wirklichkeit) dort im Fachbereich Gesellschafts- und Planungswissenschaften promovierte, 1984 in Osnabrück mit einer Schrift über bürgerliche Kultur und Sozialdemokratie, eine politische Ideengeschichte der deutschen Sozialdemokratie von den Anfängen bis 1875 habilitierte und seitdem als außerordentliche Professorin dort tätige Verfasserin ist bereits 2004 als Herausgeberin von Beiträgen zu Werk und Person Marianne Webers hervorgetreten. Dieser ebenfalls bei Mohr erschienene Aufsatzband war eine wichtige Vorarbeit, die den Gedanken an eine Biographie nahelegte. Der daraus entspringende Plan einer ersten Gesamtdarstellung des Lebens und Wirkens Marianne Schnitgers (verheiratete Weber, Oerlinghausen/Lippe 2. August 1870-Heidelberg 12. 3. 1954) wird durch den wenige Jahre danach vorgelegten gewichtigen Band in eindrucksvoller Art und Weise unter Einbeziehung umfangreichen unveröffentlichten Quellenmaterials verwirklicht.
Gegliedert ist die Untersuchung in insgesamt acht Abschnitte. Sie folgen in klassischer Ordnung zeitlich aufeinander. Über Kindheit und Jugend (1870-1893), Ehe und Krankheit, Frauenbewegung und Wissenschaft (1893-1900), Ehe, Frauenbewegung und Wissenschaft (1900-1907), Arbeit und Leben (1907-1914), Leben im Krieg und demokratischer Neuanfang (1914-1920), Max Webers Nachlass, Frauenbewegung, Aufbruch in ein neues Leben (1920-1933), Leben im Nationalsozialismus (1933-1945) verläuft das vielfältige Geschehen bis zu Nachkriegszeit und demokratischem Neuanfang (1945-1954), wobei der Tod Max Webers in München am 14. 7. 1920 wohl den gewichtigsten Einschnitt bildet.
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Meyer zu Ermgassen, Heinrich, Der Buchschmuck des Codex Eberhardi (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 58 = Der Codex Eberhardi Vierter Band - Der Buchschmuck). Elwert, Marburg 2009. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die am 12. März 744 von Sturmi als Schüler des Bonifatius im Buchenwald gegründete, 765 reichsunmittelbare Abtei Fulda gewann im Laufe der Jahre viele Güter zwischen Friesland und Rom. Die zu den jeweiligen Liegenschaften gehörigen Urkunden sammelte bereits Hrabanus Maurus (Mainz um 780-Winkel im Rheingau 4. 2. 856), der nach mehr als zwanzigjähriger Leitung der Klosterschule am 15. 6. 822 Abt wurde und dieses Amt bis 842 behielt. Aus dieser Tätigkeit erwuchsen insgesamt acht Bände, von denen sieben später wieder verloren gingen.
In der Mitte des 12. Jahrhunderts geriet die Reichsabtei in einen schwierigen wirtschaftlichen Zustand. Abt Markwart I. versuchte diese Lage während seiner Amtszeit (1150-1165) zu bessern. Zu diesem Zweck beauftragte er den wahrscheinlich einer thüringischen Ministerialenfamilie entstammenden Mönch Eberhard mit der Einrichtung eines Kopialbuchs zwecks Sicherung der Güter.
Mit dem von Eberhard verfassten Codex, der sowohl eine der größten Fälschungsaktionen des Mittelalters in einer Werkstatt wie auch die bei weitem umfassendste Überlieferungsform der älteren Fuldaer Urkunden bildet, befasst sich Heinrich Meyer zu Ermgassen seit 1979. In den Jahren 1995 und 1996 veröffentlichte er zur Förderung von mittelalterlicher Landesgeschichte und allgemeiner Geschichte in quellenkritischer Kennerschaft auf hohem Niveau eine Edition in zwei Bänden, denen er 2007 als dritten Band einen Index anfügte. Dem schließt sich nach dem kurzen Vorwort Andreas Hedwigs noch die äußerlich schönste und ansprechendste Frucht der langjährigen Bemühungen des Herausgebers an, die sich mit den kompositorischen und gestalterischen Elementen des Codex befasst.
Nach Ansicht des Verfa |
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Meyer, Ahlrich, Das Wissen um Auschwitz. Täter und Opfer der „Endlösung“ in Westeuropa. Schöningh, Paderborn 2010. 238 S. Besprochen von Martin Moll. |
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In den letzten Jahren haben Peter Longerich, Bernward Dörner sowie das Autorenduo Frank Bajohr und Dieter Pohl unabhängig voneinander zum Teil voluminöse Studien zu der Frage vorgelegt, was die deutsche Bevölkerung während des Zweiten Weltkrieges von der Deportation und anschließenden Ermordung der europäischen Juden mitbekam, was sie davon wusste, wissen hätten müssen oder wenigstens wissen konnte. In den Details durchaus uneins, kamen diese Autoren zu dem Resultat, dass eine Fülle von Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, nicht zuletzt kaum verklausulierte Vernichtungsankündigungen berufener Vertreter des NS-Regimes selbst, große Teile der deutschen Bevölkerung in die Lage versetzt hatten, sich aus diversen Mosaiksteinen ein nicht in allen Details, aber in den Grundzügen zutreffendes Bild der Vorgänge zu machen. Strittig bleibt, ob bzw. in welchem Umfang diese prinzipiell verfügbaren Informationen wahrgenommen wurden oder nicht.
Der 1941 geborene Ahlrich Meyer, bis 2000 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Oldenburg und durch mehrere Studien sowohl zur Partisanenbekämpfung als auch zum Holocaust in Westeuropa ausgewiesen, überträgt die für das Deutsche Reich erschöpfend behandelte Fragestellung auf das von deutschen Truppen seit Mai/Juni 1940 besetzte Westeuropa, konkret auf die Niederlande, Belgien und Frankreich. Meyer geht es nicht darum, den Kenntnisstand der dortigen Bevölkerungen insgesamt zu untersuchen, denn er teilt zu Recht die Skepsis, ob es für eine derart große Zahl von Menschen überhaupt so etwas wie einen homogenen Wissensstand geben konnte. Stattdessen nimmt Meyer unter dem Signet „Täter und Opfer“ zwei zahlenmäßig überschaubare Gruppen in den Blick: Bei den Tätern dürfte es sich um einige Tausend Personen gehandelt haben, bei den Opfern siche |