Original Ergebnisseite.

Kulturstaat und Bürgergesellschaft. Preußen, Deutschland und Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften v. Neugebauer, Wolfgang/Holtz, Bärbel. Akademie Verlag, Berlin 2010. IV, 265 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

Kulturstaat und Bürgergesellschaft. Preußen, Deutschland und Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften v. Neugebauer, Wolfgang/Holtz, Bärbel. Akademie Verlag, Berlin 2010. IV, 265 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Preußen ist bekanntlich mit dem Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrates vom 25. 1. 1947 wegen seiner durch die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts bezeugten Gefährlichkeit unter Aufteilung seiner Gebiete auf zum Teil neue Länder als Staat aufgelöst worden und damit untergegangen. Gleichwohl verdient es auf Grund seiner vielfältigen modernisierenden Leistungen uneingeschränkt die Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaft. Das Akademievorhaben Preußen als Kulturstaat untersucht die Entwicklung kultureller Tätigkeitsfelder im Prozess der Staatsbildung im 19. und 20. Jahrhundert.

 

In diesem Rahmen fand in den Räumen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften  am Gendarmenmarkt in Berlin vom 3. bis zum 5. April 2008 eine internationale Tagung statt, deren Referenten zunächst die Etablierung staatlicher Organe für die kulturellen Tätigkeitsfelder untersuchen und in diesem Zusammenhang auf eventuelle Vorbilder achten sollten. Einbezogen wurden dabei neben Preußen Österreich-Ungarn, Bayern, Sachsen, Russland, Frankreich, Italien, Großbrittanien (!) und Japan. Davon gelangten die Ausführungen über Großbritannien und Sachsen nicht zur Aufsatzform und wurden vorgesehene Beiträge über die Vereinigten Saaten von Amerika und die auswärtige Kulturpolitik während der Zeit der Weimarer Republik vorab abgesagt, so dass im Druck insgesamt 12 Referate in den drei Sektionen Ausgangslage und Begriff (Wolfgang Neugebauer, Rüdiger vom Bruch), zentralstaatliche Kultusverwaltungen (Bärbel Holtz Preußen, Andreas Gottsmann Donaumonarchie, Hans-Michael Körner Bayern, Andrej Andreev Russland, Etienne François Frankreich, Anna Gianna Manca Italien) und Einzelthemen, Querschnitte und Transfer (Christina Rathgeber Kirchenpolitik, Erik Grimmer-Solem Hochschulpolitik im Spannungsfeld des internationalen Kulturwettbewerbs am Beispiel Japans, Reinhold Zilch Finanzierung, Hartwin Spenkuch Bürgersinn und Staatshoheit - Stiftungen und Schenkungen) veröffentlicht werden konnten.

 

Insgesamt zeigen die eindrucksvollen Studien, dass Kultur, Bildung und Wissenschaft sowohl vom modernen Staat wie auch von der bürgerlichen Gesellschaft unterstützt wurden. Ein eindeutiges Gefälle von Westen nach Osten ließ sich dabei entgegen möglichen Erwartungen nicht feststellen, vielmehr ergab sich sowohl für Frankreich wie für Russland ein hohes Kulturstaatspotential mit Staatsdominanz, während Preußen auch starke gesellschaftliche Impulse für kulturstaatliche Entwicklungen aufweisen konnte. Die sieben Gemeinsamkeiten wie Unterschiede ergebenden Punkte verdienen auf der Grundlage der bereits gefundenen Erkenntnisse ebenso die zusätzliche Vertiefung wie die Kunst- und Museumspolitik, die Wissenschaftspolitik und die Politik gegenüber den Kirchen, damit die Stellung Preußens innerhalb Deutschlands und Europas noch sachgerechter und detaillierter beurteilt werden kann als bisher.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler