Denk, Ulrike, Alltag zwischen Studieren und Betteln. Die Kodrei Goldberg - ein studentisches Armenhaus an der Universität Wien in der frühen Neuzeit (= Schriften des Archivs der Universität Wien 16). V&R unipress, Göttingen 2013. 545 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das vorliegende stattliche Werk ist die von Kurt Mühlberger angeregte und betreute, 2011 fertiggestellte und von der Universität Wien angenommene, mit einem prosopographischen Anhang (52 Amtsträger zwischen 1469 und 1764, 111 namentlich bekannte Scholaren zwischen 1514 und 1727) sowie einem hilfreichen Register versehene Dissertation der am Archiv der Universität Wien tätigen Verfasserin in einer leicht überarbeiteten Form. Sie gliedert sich außer in eine Einleitung, in welcher der Forschungsstand zu den im Titel ausgelassenen (zur Zahlung sämtlicher Kosten nicht fähigen) pauperes und die Quellen zur Kodrei Goldberg geschildert werden, und eine Zusammenfassung in drei Kapitel. Sie betreffen die Universität im Mittelalter und in der frühen Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung Wiens, die Kodrei Goldberg und die Haltung der Obrigkeiten (Universität, Stadt und Landesfürst) gegenüber den zahlreichen pauperes.
Grundlage der Untersuchung ist das für die aus einer Stiftung der Barbara Kurz im Jahre 1469 entstandenen Kodrei (zu mhd. kote, Hütte) Goldberg sehr umfangreiche Quellenmaterial zum studentischen Leben, das vor allem aus dem 18. und 19. Jahrhundert im Universitätsarchiv Wien überliefert ist. Zu den Lebensumständen der nur selten namentlich bezeichneten Studenten finden sich dort zwar vergleichsweise nur wenige Stücke, doch gewähren sie der umsichtigen Verfasserin einen guten Einblick. Durch sorgfältige Auswertung gelingen ihr zahlreiche aufschlussreiche Einsichten.
So ergab sich etwa, dass die während des Aufenthalts an der Universität anfallenden Kosten ein Vielfaches des jährlichen Entgelts eines Handwerkergesellen betrugen. Dementsprechend waren die |
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Die Wiederkehr der Folter? Interdisziplinäre Studien über eine extreme Form der Gewalt, ihre mediale Darstellung und ihre Ächtung, hg. v. Altenhain, Karsten/Görling, Reinhold/Kruse, Johannes. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012. 379 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Nach dem Vorwort des vorliegenden kompakten Sammelbands, dem ein etwas schmälerer Sammelband über Folter vor Gericht zur Seite steht, scheint sich seit mehreren Jahren eine Erosion des gesellschaftlichen Konsenses über ein unbedingtes Folterverbot abzuzeichnen, indem in den visuellen Medien die Zahl der Folterdarstellungen steigt, Folter häufiger von positiv besetzten Figuren ausgeübt und sogar durch Effizienz legitimiert wird. Vor diesem Hintergrund wurde das von der Volkswagenstiftung im Rahmen der Förderlinie Schlüsselthemen der Geisteswissenschaften geförderte interdisziplinäre Forschungsprojekt die Wiederkehr der Folter? entwickelt. Der vorliegende Band stellt seine Zielsetzungen und bisherigen Erkenntnisse der Allgemeinheit zur Verfügung.
Er enthält außer einem einführenden Vorwort der Herausgeber insgesamt acht Beiträge. Sie setzen mit einer interdisziplinären Herleitung eines Folterbegriffs ein. Danach ist Folter eine staatlich oder parastaatlich veranlasste oder gebilligte Zufügung von seelischen und bzw. oder körperlichen Schmerzen und bzw. oder Leiden durch die eine Person (besser wäre wohl doch noch ein Mensch) in einer Bemächtigungslage ihrer Subjektivität beraubt wird oder beraubt werden soll.
Auf dieser Grundlage untersucht etwa Nicola Willenberg die deutsche juristische Diskussion des Folterverbots vom 19. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre oder Elke Mühlleitner die (Nicht-)Wahrnehmung der Folter und ihrer Folgeerkrankungen aus medizinisch-psychologischer Perspektive zwischen 1945 und 2010. Julia Bee und Heike Lesch thematisieren das Verhältnis zwischen Folter und Film, während Heike Schmitt die Rettungsfolter problematisiert, Maximiliane |
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Neurauter, Sebastian, Das Bauhaus und die Verwertungsrechte. Eine Untersuchung zur Praxis der Rechteverwertung am Bauhaus 1919-1933 (= Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 74). Mohr (Siebeck) Tübingen 2013. XXIV, 528 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In Weimar bestanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein 1902 von dem belgischen, auch durch japanische Ideen beeinflussten Architekten Henry van de Velde gegründetes kunstgewerbliches Seminar und ein seit 1907 tätiges kunstgewerbliches Institut. Durch Vereinigung der großherzoglich-sächsischen Kunstschule Weimar mit der 1907 von Henry van de Velde gegründeten großherzoglich-sächsischen Kunstgewerbeschule entstand 1919 unter Walter Gropius das Staatliche Bauhaus, das 1925 seinen Sitz nach Dessau verlegte. Es entwickelte sich binnen vierzehner Jahre zum einflussreichsten Ausgangspunkt moderner Architektur und gestaltender Kunst.
Mit den damit zusammenhängenden Rechtsfragen beschäftigt sich die gewichtige, von Thomas Hoeren betreute, von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderte, im Wintersemester 2011/2012 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommene Dissertation des 1983 geborenen, seit 2006 am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht tätigen Verfassers. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Vorüberlegungen sowie Ergebnisse im Wesentlichen chronologisch in vier Kapitel. Sie betreffen das Bauhaus Weimar (Gründungsphase 1919-1922 - beginnend mit dem auf den 1. 4. 1919 rückdatierten Dienstvertrag zwischen dem Hofmarschallamt und Walter Gropius über die Leitung der Hochschule für bildende Kunst - , Kunst und Technik 1922-1925), das Bauhaus Dessau (Ära Gropius 1925-1928, Ära Meyer (1928-1930), Ära Mies van der Rohe in Dessau 1930-1932, während der 1931 die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei die Gemeinderatswahlen in Dessau gewann), das Bauhaus Berlin(-Lankwitz) und die Entwicklungen nach der Bauhaus-Schließung |
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Blazek, Matthias, Seeräuberei, Mord und Sühne - Eine 700-jährige Geschichte der Todesstrafe in Hamburg 1292-1949. Ibidem, Stuttgart 2012. 149 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Celle 1966 geborene Verfasser wirkte nach dem Abitur in Hannover seit 1987 als Fernmelder bei der Bundeswehr Deutschlands, studierte seit 1999 an der Fachhochschule für allgemeine Verwaltung in Hildesheim und ist als Kommunalpolitiker anfangs der SPD, später der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen, Journalist und Heimatforscher tätig. Seit 1997 legte er eine Reihe heimatkundlicher Werke und Beiträge vor, die zum Teil in der Sonderbeilage Sachsenspiegel der Celleschen Zeitung erschienen. Der vorliegende schmale, mit verschiedenen Ablichtungen ausgestattete Band behandelt etwa die Constitutio Criminalis Carolina, die Fronerei, die Frone, die Richtstätten und zahlreiche Einzelfälle vom Mittelalter bis zu Fritz Honka einerseits und zur Großstadtpolizei andererseits, wodurch Interessierten vielfältige Einzelfakten zu Straftaten und Strafen in Hamburg und Umgebung zur Verfügung gestellt werden.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Klippel, Diethelm, Naturrecht und Rechtsphilosophie im 19. Jahrhundert. Eine Bibliographie. 1780 bis 1850. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. XXXII, 410 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Klippel, Diethelm, Naturrecht und Rechtsphilosophie im 19. Jahrhundert. Eine Bibliographie. Band 1 1780 bis 1850. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. XXXII, 410 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Naturrecht war als physei dikaion bekanntlich bereits der griechischen Philosophie vertraut, die es als zeitlos gültig dem vom Menschen geschaffenen Recht gegenüberstellte. Diese Vorstellung, dass von Natur aus rechtens ist, was überall und unabhängig von menschlicher Zustimmung gilt, übernahmen die Römer als von der naturalis ratio beherrschtes ius naturale, das vor allem in christianisierter Gestalt von der Kirche an das Mittelalter weitergegeben wurde. Prägende Kraft erlangte es freilich erst in der Neuzeit, in deren Rahmen es vor allem seit dem 17. Jahrhundert für Jahrhunderte epochenbildend wirkte, ehe es gegenüber dem vom Menschen gemachten Recht wieder zurücktreten musste.
Insofern ist das Naturrecht von kaum mehr fasslicher Dimension. Diethelm Klippel hat sich ihm bereits in seiner Dissertation bei Dieter Schwab in Gießen im Jahre 1975 hingebungsvoll gewidmet, welche die politische Freiheit und Freiheitsrechte im deutschen Naturrecht des 18. Jahrhunderts zum Gegenstand hatte. Seitdem beschäftigt ihn die gewichtige Frage, ob mit der historischen Rechtsschule Savignys, der plakativ die Rechtswissenschaft in (s)eine historische und eine unhistorische Rechtsschule trennte, das als unhistorisch bekämpfte Naturrecht in der deutschen Rechtswissenschaft untergegangen ist.
Dabei gelang ihm der Nachweis, dass noch nach 1780 in großem Umfang naturrechtliche Literatur veröffentlicht wurde und auch naturrechtliche Lehrveranstaltungen nicht aufgegeben wurden. In der vorliegenden Bibliographie werden in diesem Zusammenhang in einem sehr weiten Rahmen alle Veröffentlichungen erfasst, die zumindest teilweise einen naturrechtlich-rechtsphilosophischen Inhalt haben bzw. naturrechtlich-rechtsphilosophisch argumentieren. Das führt im Ergebnis unt |
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Nehlsen-von Stryk, Karin, Rechtsnorm und Rechtspraxis im Mittelalter und in früher Neuzeit. Ausgewählte Aufsätze, hg. v. Cordes, Albrecht/Kannowski, Bernd. Duncker & Humblot, Berlin 2012. 338 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Auf einem langen erfolgreichen Weg über viele Höhen können manche Wanderer stolz auf ihre eindrucksvollen Leistungen zurückblicken und sie zugleich dem Betrachter in dem wirklichen Lichte zeigen, in dem sie entstanden sind. Für Karin Nehlsen-von Stryk ergab sich bei Gelegenheit ihres 70. Geburtstags am 13. Mai 2012 die Möglichkeit, einen Teil ihrer nach der Promotion in Freiburg bei Karl Kroeschell im Jahre 1979 über Die boni homines des frühen Mittelalters und teilweise bereits vor der Habilitation in Augsburg bei Hans Schlosser im Jahre 1984 über Die venezianische Seeversicherung im 15. Jahrhundert entstandenen, an verschiedenen Orten veröffentlichten Studien zu einer umfassenderen Einheit an einer Stelle zusammenzufassen. Die überzeugende Auswahl traf sie selbst.
Die beiden Herausgeber dieses vielfältigen, interessanten Sammelbands stehen ihr aus unterschiedlichen Gründen persönlich sehr nahe. Mit Albrecht Cordes ist sie über die große wissenschaftliche Familie ihres Doktorvaters verbunden, dem sie nach vielen Jahren in Göttingen, München, Frankfurt, Venedig und Köln in Freiburg im Breisgau folgte, Bernd Kannowski ist ihr eigener Lehrstuhlnachfolger in dem ihr lebenslang lieb gewordenen Südwesten. Gemeinsam wurden die redaktionellen Aufgaben und die finanziellen Notwendigkeiten geklärt.
Insgesamt enthält das Werk 15 weiterführende Studien zu Handel und Prozess. Mit dem lebensnahen Handel wurde die Verfasserin vor allem durch ihre Tätigkeit als Direktorin des deutschen Studienzentrums in Venedig zwischen 1983 und 1986 verbunden, mit dem schwierigen und komplexen Prozess vermutlich seit ihren frühen Forschungen zu den boni homines. In beiden Bereichen gelangen der vorsichtig kritischen, ungeteilt |
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The Law of Obligations in Europe. A New Wave of Codifications, hg. v. Schulze, Reiner/Zoll, Fryderyk. Sellier, München 2013. XIII, 458 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die vermutlich auf den Ausgleich von Unrechtserfolgen zurückgehende obligatio ist seit dem altrömischen Recht die schuldrechtliche Verpflichtung zwischen zwei Beteiligten mit den Inhalten geben, tun oder einstehen. In den Zwölftafelgesetzes als Wort noch fehlend, in den Institutionen des Gaius nur ein Teilbereich des Rechtes der Sachen (z. B. de obligationibus ex contractu, re contractis, uerbis contractis, litteris contractis, consensu contractis), wird das Obligationenrecht in der frühen Neuzeit (Wort 1807, Schuldrecht 1550) zu einem eigenen Rechtsgebiet des Privatrechts, das aber in den naturrechtlichen Kodifikationen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert noch nicht ausgesondert ist. Seitdem hat es infolge der Urbanisierung der Gesellschaften und des Rückgangs der Selbstversorung der Menschen überragende sachliche Bedeutung erlangt.
Deshalb stellt sich in der Gegenwart auch die Frage seiner weiteren Entwicklung innerhalb der Europäischen Union mit besonderer Dringlichkeit. Mit ihr befasste sich in Münster im Oktober 2012 eine von Münster und Osnabrück aus organisierte Tagung unter dem Titel The European Law of Obligations at a Turning Point. Die dortigen vielfältigen Referate stellt der vorliegende Band - leider ohne Register - der Allgemeinheit zur Verfügung.
Nach einem Vorwort und einem Verzeichnis der 22 Teilnehmer aus Rumänien, Frankreich, Schottland, der Schweiz, Spanien, Deutschland, den Niederlanden, Ungarn, Russland, Polen, der Tschechischen Republik und Frankreich führt Reiner Schulze allgemein in den gegenwärtigen Wandel des Schuldrechts in Europa ein. Die anschließenden 19 Studien gliedern sich in drei Teile, die Tschechien, Polen, Ungarn, Russland bzw. Deutschland, Schottland, die Schweiz und die Niederlande bzw. Frankreich, Rumänien und Sp |
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Bähr, Matthias, Die Sprache der Zeugen. Argumentationsstrategien bäuerlicher Gemeinden vor dem Reichskammergericht (1693-1806). UVK, Konstanz 2012. 316 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Verfasser war on Juli 2008 während dreier Jahre Doktorand an der Graduiertenschule des Exzellenzclusters Religion und Politik der Universität Münster und wechselte anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu Barbara Stollberg-Rilinger, von wo aus er seit Oktober 2012 Research Fellow am Institute for British-Irish Studies in Dublin wurde. Die vorliegende Untersuchung ist seine Münsteraner philosophische, anscheinend von André Krischer angeregte und von Barbara Stollberg-Rilinger in Freiheit betreute Dissertation. Sie geht von der These aus, dass gerade Zeugenverhöre vor dem Reichskammergericht ein wichtiges Bindeglied waren zwischen den Ordnungsvorstellungen der ländlichen Gesellschaft und dem, was vor dem Reichskammergericht am Ende praktisch geboten war.
Gegliedert ist die Arbeit außer in die bei Ulm im Februar 1525 einsetzende Einleitung über Gegenstand, Fragen, Forschungsstand, Quellen und Aufbau sowie Ergebnisse in vier Kapitel. Dabei beginnt der Verfasser mit einer Quellenkritik zum Thema Zeugenverhöre des Reichskammergerichts und prozessualer Widerstand, in deren Rahmen er Zeugen, Juristen, Ort, Zeit, Protokoll, Eid und Zeugenführer betrachtet. Auf dieser Grundlage vertieft er seine Studien an Hand des verschollenen Szepters der Berkacher Bauern (1698-1702), des Stahlbergs und der armen Witwen (1724-1733) und des Streites um die Esthaler Allmende (1786-1796).
Dabei gelingen ihm an Hand seines ausgewählten Materials von rund 40 erstinstanzlichen Untertanenprozessen und mehreren hundert Verhörprotokollen eigenständige neue Einsichten, indem er beispielsweise zeigen kann, dass die Dörfer und Bauern in der ausgehenden Neuzeit den Herren durchaus selbstbewusst gegenübertreten konnten. Im einzelnen Rechtsstreit konnten sie zwecks |
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Franke, Ellen, Von Schelmen, Schlägern, Schimpf und Schande. Kriminalität in einer frühneuzeitlichen Kleinstadt - Strasburg in der Uckermark (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien Band 10). Böhlau, Köln 2012. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Franke, Ellen, Von Schelmen, Schlägern, Schimpf und Schande. Kriminalität in einer frühneuzeitlichen Kleinstadt - Strasburg in der Uckermark (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien Band 10). Böhlau, Köln 2012. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die vorliegende Arbeit wurde 2008 am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin zur Erlangung des Magistergrads unter dem wohl doch aussagekräftigeren Titel Kriminalität in einer frühneuzeitlichen Kleinstadt - Strasburg in der Uckermark eingereicht. Betreut wurde sie von Winfried Schich, an dessen Lehrstuhl die Verfasserin nach ihrem Vorwort eine auf Vertrauen, Anerkennung und Kooperation basierende Arbeitsatmosphäre vorfand. Auf der Grundlage eines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Potsdam (erste juristische Staatsprüfung 1997) und eines anschließenden Geschichtsstudiums an der Humboldt-Universität (Mag. phil 2008) ist die Verfasserin seit 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung KRGÖ des Instituts für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien tätig.
Sie gliedert ihre überzeugende, auf den interessierten Leser ausgerichtete, 92 Konflikte, 136 Urfehdebriefe und damit weitere 121 Streitfälle verwertende Untersuchung in insgesamt sechs Abschnitte. Nach einer kurzen Einleitung schildert sie die kriminalitätshistorischen Rahmenbedingungen und den kleinstädtischen Rahmen des etwa 1000 bis 1500 Bewohner zählenden Ortes Strasburg im ländlichen Nordwesten der Uckermark, um danach das formelle Sanktionsinteresse von der Tat zur Anzeige (Körper und Ehre, Eigentum, Moral, obrigkeitliche Rechte) und die formelle Sanktionspraxis von der Anzeige zum Urteil sorgfältig zu erörtern. Ausgehend davon, dass 1612 Drewes Henning 1612 volltrunken mit geladenem Gewehr am helllichten Tag durch Strasburg lief und im Verlauf eines Zweikampfs der Sohn des Stadtdieners eine Schnittverletzung erlitt, |
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Folter vor Gericht, hg. v. Altenhain, Karsten/Kruse, Johannes/Hagemaier, Ina/Hofmann, Mareike. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012. 176 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Folter vor Gericht, hg. v. Altenhain, Karsten/Kruse, Johannes/Hagemaier, Ina/Hofmann, Mareike. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012. 176 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Folter vor Gericht ist ein offener Buchtitel. Nach dem Vorwort der Herausgeber geht es im vorliegenden Werk aber nicht um Folter und Gericht schlechthin, sondern um ein ganz bestimmtes Problem. Steht die Folter vor Gericht, so bedeutet dies an dieser Stelle, dass ein Asylsuchender im Verlauf eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon berichtet, Folter in seinem Heimatland erlitten zu haben oder davon bedroht zu sein.
Dementsprechend fasst der schmale Sammelband nicht allgemein Erkenntnisse zur (Geschichte der) Folter zusammen, sondern hält die Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung fest, die im Rahmen des von der Volkswagenstiftung geförderten Forschungsprojekts „Die Wiederkehr der Folter? Interdisziplinäre Studien über eine extreme Form der Gewalt, ihre mediale Darstellung und ihre Ächtung“ von der juristischen Fakultät der Universität Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Gießen in Düsseldorf am 17. und 18. Juni 2011 ausgerichtet wurde. Insgesamt handelt es sich dabei um acht Beiträge.
Sie betreffen die Themenbereiche Folter und Folterfolgen, Asylverfahren, Begutachtung, Glaubhaftigkeitsbeurteilung und Kommunikation. Damit sollen vor allem die Möglichkeiten und Grenzen der an Asylverfahren Beteiligten ausgelotet und neue Denkansätze gegeben werden. Da Folter nicht ohne Folgen bleibt, geht es nicht in erster Linie darum, Folter normativ auszuschließen, sondern vor allem darum, einen menschlichen Umgang mit Opfern unmenschlichen Verhaltens in Asylverfahren zu finden, wofür die Referate der Autoren aus Frankfurt an der Oder, Düsseldorf, Gießen, Aachen, Marburg, Frankfurt am Main, Mannheim und Tübingen vielfältige Ansätze liefern.
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Bullinger, Ruth Elisabeth, Belastet oder entlastet? Dachauer Frauen im Entnazifizierungsverfahren (= Dachauer Diskurse 7). Utz, München 2012. 155 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bullinger, Ruth Elisabeth, Belastet oder entlastet? Dachauer Frauen im Entnazifizierungsverfahren (= Dachauer Diskurse 7). Utz, München 2012. 155 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit September 1919 überzeugte der berufslose Österreicher Adolf Hitler in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei mehr und mehr deutsche Wähler und Wählerinnen von der von ihm vertretenen Politik, so dass sie aus unterschiedlichen Gründen in so großer Zahl für ihn stimmten, dass der Reichspräsident des Deutschen Reiches am 30. Januar 1933 ihm das Amt des Reichskanzlers übertrug. Als er in der Aussichtlosigkeit des von ihm gewünschten zweiten Weltkriegs seinem Leben selbst ein Ende setzte, stellte sich die Frage, wie mit den Millionen der von ihm nationalsozialistisch geformten Männern und Frauen umzugehen sei. Einen Teilbereich dieser Entnazifizierung untersucht die 1978 geborene, schon als Studentin als freie Mitarbeiterin des Jugendgästehauses Dachau tätige, in Germanistik und Geschichte in München ausgebildete und danach als Studienrätin in Fürstenfeldbruck tätige Verfasserin.
Sie gliedert ihre aufschlussreiche, sorgfältige Studie in eine Einführung über Entnazifizierung als Experiment, Untersuchungsgegenstand, Fragestellung, Methode, Quellen und Aufbau und zwei Teile über Einblicke in die Entnazifizierung Dachaus und Dachauer Frauen vor der Spruchkammer. Dabei weist sie vor allem auch darauf hin, dass nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus zwar die Entnazifizierung überwiegend bejaht wurde, dass sich ihr aber zahlreiche unterschiedliche tatsächliche Hindernisse in den Weg stellten, so dass schließlich ein breites Interesse an einem baldmöglichsten Abschluss erwuchs. Zwar waren bis Mitte Juli 1945 allein in Bayern 70000 Nationalsozialisten verhaftet und interniert und wurden insgesamt 3,6 Millionen Fälle erfasst, doch wurden im Ergebnis nur 1667 Menschen als Hauptschuldige, 23060 als Belastete, 150425 als Minderbelastete , 1500874 |
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Meder, Stephan, Familienrecht. Von der Antike bis zur Gegenwart (= UTB 3901). Böhlau, Köln, 2013. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meder, Stephan, Familienrecht. Von der Antike bis zur Gegenwart (= UTB 3901). Böhlau, Köln, 2013. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Familie als der Kreis der durch Ehe, Verwandtschaft und Schwägerschaft verbundenen Menschen wird bereits im Altertum als von der Natur des Menschen gegeben eingestuft, so dass man sich durchaus fragen kann, ob der Mensch ohne Familie überhaupt die Gegenwart erreicht hätte. Gleichwohl ist das Lehnwort Familie erst 1409 in die deutsche Sprache übernommen worden und wird das Familienrecht erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts als ein eigenes Rechtsgebiet erfasst. Dessenungeachtet hat es seit dieser Zeit mehr und mehr allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Sie hat Stephan Meder, der sich seit langer Zeit mit Frau, Mann und Familie befasst, nunmehr dazu bewogen, eine eigene Geschichte des Familienrechts von den ersten erkennbaren Anfängen bis zur Gegenwart vorzulegen. Sie gliedert sich in insgesamt neun Kapitel, von denen das erste die Grundlagen schildert und den chronologischen Gang der Untersuchung offenlegt. Danach werden römisches Recht, Mittelalter und frühe Neuzeit und dann vor allem Aufklärung und Vernunftrecht, bürgerliche Familie und historische Rechtsschule, Reformforderungen nach 1848 einerseits in Frankreich, England und den Vereinigten Staaten von Amerika und andererseits in Deutschland sowie die Einflüsse des skandinavischen Rechts und Reformdiskussionen nach dem ersten Weltkrieg sorgfältig und verständlich erörtert.
Am Ende des überzeugenden Ganges durch die internationale Geschichte behandelt der Verfasser unter der Frage: Wo stehen wir heute? aktuelle Herausforderungen eines geschlechtergerechten Eherechts, Partnerschaftsrechts und Familienrechts. Wesentliche Gesichtspunkte sind dabei Individualisierung, Pluralisierung und Geschlechtergerechtigkeit aus der Lebensverlaufsperspektive. Solange freilich nur die Mutter das Kind kriegt, wird es wohl weiterhin offene und um |
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Kämpf, Tobias, Das Revaler Ratsurteilsbuch. Grundsätze und Regeln des Prozessverfahrens in der frühneuzeitlichen Hansestadt. Böhlau, Köln 2013. 253 S. Besprochen von Reinhard Schartl. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kämpf, Tobias, Das Revaler Ratsurteilsbuch. Grundsätze und Regeln des Prozessverfahrens in der frühneuzeitlichen Hansestadt, 2013, Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Berlin, 253 S., 2 Abb. Besprochen von Reinhard Schartl.
Die von Albrecht Cordes betreute Frankfurter Dissertation wertet die 1952 von Wilhelm Ebel vorgelegte Edition des Revaler Ratsurteilsbuchs aus, das für den Zeitraum von 1515 bis 1554 mehr als 1.100 Einträge aufweist. Kämpf beschreibt in seiner in vier Teile gegliederten Arbeit nach einer Einleitung im zweiten Teil die livländische Hansestadt Reval, die 1248 mit dem lübischen Recht bewidmet wurde und im 15. Jahrhundert zum Knotenpunkt des Ostseehandels aufstieg. Nachdem der Verfasser kurz die Oberstadt, in welcher der livländische Ordensmeister als Vertreter des Landesherrn und der Bischof residierten, gestreift hat, wendet er sich ausführlicher der Unterstadt zu. In ihrer Einwohnerschaft, seinerzeit rund 5.000 Menschen, bildeten die Kaufleute eine Oberschicht, der durchgehend Deutsche angehörten und deren offizielle Sprache das Niederdeutsche war. Die Revaler Gerichtsverfassung weist ein vom Vogt geleitetes Niedergericht und den Rat als oberstes Organ der Stadt auf, dem einer von insgesamt vier Bürgermeistern vorstand. Der Rechtszug in Reval ging vom Niedergericht als erster Instanz durch Schelte an den Rat als zweite Instanz, von wo, wie Kämpf nachweist, nur bei rechtzeitiger Schelte nach Lübeck appelliert werden konnte. Eingehend beschreibt die Arbeit sodann die Oberhoftätigkeit des Rates für die livländischen Städte Narva und Wesenberg. Im dritten und umfangreichsten Teil befasst sich die Untersuchung mit dem Rechtsgang vor dem Revaler Rat. Bei den Verfahrensbeteiligten findet der Autor nicht mehr den mittelalterlichen Vorsprecher (Vorspraken). Für Minderjährige und Witwen traten deren Vormünder auf. Hier stellt der Verfasser fest, dass sie im Urteilsbuch, teilweise neben dem Mündel, als Parteien bezeichnet und auch selbst zur |
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Notare und Notarssignete vom Mittelalter bis zum Jahr 1600 aus den Beständen der Staatlichen Archive Bayerns. Folgeband Funktionen und Beurkundungsorte, Quellennachweise. Indizes und Nachträge, erfasst und bearb. v. Kern, Elfriede/Weileder, Magdalena unter Mitwirkung v. Lupprian, Karl-Ernst/Wolf Susanne. Gesamtredaktion Wolf, Susanne (= Sonderveröffentlichungen der Staatlichen Archive Bayerns 8). Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München 2012. 615 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Notare und Notarssignete vom Mittelalter bis zum Jahr 1600 aus den Beständen der Staatlichen Archive Bayerns. Folgeband Funktionen und Beurkundungsort, Quellennachweise, Indizes und Nachträge, erfassung und bearb. v. Kern, Elfriede/Weileder, Magdalena unter Mitwirkung v. Lupprian, Karl-Ernst/Wolf, Susanne. Gesamtredaktion Wolf, Susanne (= Sonderveröffentlichungen der Staatlichen Archive Bayerns 8). Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München 2012. 615 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Wer einmal als Archivar oder Benutzer in staatlichen Archiven mit spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Akten und Urkunden zu tun hatte, dem ist bewusst, welch reichhaltige Nachweise an Notarszeichen in den Beständen zu finden sind. Zeugenprotokolle, Protestschreiben, Verträge, Beglaubigungen: Sie alle waren, wenn sie erhöhte Rechtskraft haben sollten, notariell unterzeichnet oder in einem Notariatsinstrument eingebunden. Nur sind diese Signete – anders als die dem Historiker vertrauteren Siegelabdrücke – nur selten inventarisiert und selbst von Archivaren häufig übersehen worden. Dabei geben sie mit ihren Emblemen und Sinnsprüchen in bisweilen künstlerischer Ausgestaltung viel über das Selbstverständnis eines recht selbstbewussten Notarstands wieder. Insofern ist das von der Bayerischen Archivverwaltung installierte Projekt einer Erfassung der Notarszeichen für die Zeit bis 1600 einzigartig, da damit ein Überblick über den Gesamtbestand im Münchener Hauptstaatsarchiv und anderen bayerischen Staatsarchiven für die wissenschaftliche Forschung zur Verfügung gestellt werden konnte. Auch für den Rechtshistoriker ist eine solche Zusammenstellung von großem Wert, da sie zur Identifizierung der Mitglieder eines im Heiligen Römischen Reich tätigen Standes beiträgt, der – ohne dem engeren Juristenstand anzugehören – doch erheblich zur Professionalisierung von Justiz und Verwaltung im Alten Reich beigetragen hat. Als kaiserliche oder päpstli |
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Mitterauer, Michael, Historische Verwandtschaftsforschung. Böhlau, Wien 2013. 248 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg |
Ganzen Eintrag anzeigen Mitterauer, Michael, Historische Verwandtschaftsforschung. Böhlau, Wien 2013. 248 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Der Wiener Wirtschafts- und Sozialhistoriker Michael Mitterauer kann als einer der besten Kenner zu Fragen der historischen Familien- und Verwandtschaftsforschung gelten. In seinen zahlreichen einschlägigen Untersuchungen hat er den Blick auf Differenzierungen, unterschiedliche Systeme und Denkformen gerichtet, dabei auch intensiv europäische und außereuropäische (wie z. B. chinesische und japanische) Formen vergleichend herangezogen. Die Kenntnis dieser uns meist fremden Modelle ist auch für den Rechts- und Verfassungshistoriker von außerordentlichem Nutzen, da sie den Blick für die geschichtliche Bedingtheit unserer bekannten Familien- und Verwandtschaftssysteme öffnet und damit die Grundlagen des deutschen Familienrechts und Erbrechts berührt.
Der vorliegende Band ist freilich keine eigenständige Monographie über die „Historische Verwandtschaftsforschung“, wie man aus dem Buchtitel entnehmen könnte. Vielmehr stellt der Autor hier sieben aus unterschiedlichen Zusammenhängen entstandene Aufsätze der Jahre 1988 bis 2011 zusammen, ergänzt durch einen neuen Beitrag über „‘Spanische Heiraten‘ – Dynastische Endogamie im Kontext konsanguiner Traditionen“, und umrahmt durch einen einleitenden Beitrag, der die gemeinsamen Gesichtspunkte und die Tendenzen der heutigen Forschung herausstellen will. Es werden also nur Einzelaspekte herausgegriffen, mit häufigen Überschneidungen und Wiederholungen, aber doch so, dass man als Leser einen guten Eindruck über die vielfältigen Formate historischer Verwandtschaftsbeziehungen bis zur Gegenwart bekommt. Und schon einleitend stellt der Autor rhetorisch die Frage, inwieweit sich aus der Vergangenheit Tendenzen des Wandels für Gegenwart und Zukunft erkennen lassen. Er spricht von einem Bedeutungsrückgang verwandtschaftlicher Netzwerke – und mahnt, um hier die Gründe zu erfahren, |
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Kuller, Christiane, Bürokratie und Verbrechen. Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland (= Das Reichsfinanzministerium im Nationalsozialismus Band 1). Oldenbourg, München 2013. 480 S. 20 Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuller, Christiane, Bürokratie und Verbrechen. Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland (= Das Reichsfinanzministerium im Nationalsozialismus Band 1). Oldenbourg, München 2013. 480 S. 20 Ill. Besprochen von Werner Schubert.
2009 beauftragte das Bundesministerium der Finanzen eine Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Reichsfinanzministeriums während des Nationalsozialismus, die untersuchen sollte, „welchen Beitrag das RFM etwa bei der Ausplünderung der Juden sowie der Finanzierung der Rüstung und des Krieges leistete, welche Handlungsspielräume es dabei gab und wie diese genutzt wurden“ (Christian Mentel mit Hans-Peter Ullmann in einem Interview). Das vorliegende Werk ist der Auftaktband zu der Reihe: „Das Reichsfinanzministerium im Nationalsozialismus“. Die Studie befasst sich „räumlich mit der Finanzverwaltung im Reichsgebiet und in den ‚angeschlossenen’ Gebieten, in denen reguläre Finanzbehörden errichtet wurden“, wobei der Entwicklung in Österreich eine besondere Bedeutung zukommt, weil dort die Behörden „nicht nur in kurzer Zeit tiefgreifend umgestaltet wurden, sondern auch mit den Folgen einer großen Welle ungesteuerter ‚Arisierungen’ in den ersten Monaten nach der nationalsozialistischen Machtübernahme konfrontiert waren“ (S. 22). Quellen der Darstellung sind die allerdings nicht vollständig überlieferten Akten des Reichsfinanzministeriums – es fehlt insbesondere die Überlieferung zur Enteignung der Deportierten –, Personalakten, Einzelakten sowie teilweise auch Wiedergutmachungsakten. Zunächst behandelt Kuller den organisatorischen Rahmen der Judenverfolgung in den Behörden der staatlichen Finanzverwaltung (S. 31-131), und zwar als erstes das Reichsfinanzministerium, das von 1932-1945 unter der Leitung des Juristen Schwerin v. Krosigk stand – Staatssekretär war der Nationalsozialist Fritz Reinhardt –, und anschließend die Oberfinanzdirektionen bzw. Oberfinanzpräsidie |
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Franck, Lorenz, Juristen und Sachverständige. Der Diskurs um die rechtliche Ausgestaltung des Verfahrens mit Sachverständigen während der Zeit des Deutschen Reiches. Nomos, Baden-Baden 2013. 312 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Franck, Lorenz, Juristen und Sachverständige. Der Diskurs um die rechtliche Ausgestaltung des Verfahrens mit Sachverständigen während der Zeit des Deutschen Reiches. Nomos, Baden-Baden 2013. 312 S. Besprochen von Werner Schubert.
Da das Sachverständigenwesen rechtshistorisch bislang kaum aufbereitet wurde, ist es zu begrüßen, dass Franck sich im Rahmen seiner Kölner Dissertation dieser Thematik angenommen hat. Im Einzelnen ging es darum, „anhand konkreter Streitfragen darzustellen, welchen Einflüssen das Sachverständigenverfahren seitens beider Lager“ (der Richter und der Sachverständigen) ausgesetzt war. Hierbei wurden berücksichtigt die „spezifisch-dogmatischen Regelungen und Meinungsstände innerhalb des Prozessrechts“ und, anhand zeitgenössischer Bewertungen, das „Stimmungsbild hinsichtlich des Zusammenwirkens von Juristen und Nichtjuristen“ (S. 22). In diesem Zusammenhang werden „stets wiederkehrende Problemkreise umrissen, die den Diskurs mitbestimmten“. In einem ersten Teil untersucht Franck Streitstände und Gesetzgebungsverfahren bis 1877. Als Problemkreise im Verhältnis von Juristen und Sachverständigen werden herausgearbeitet das Abhängigkeits-, Kommunikations-, Konkurrenz-, das Gewissheits- und das Arroganzproblem (S. 66ff.). Bereits am Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts waren in der Literatur der beiden Gruppen die wichtigsten Gesichtspunkte der Expertenbeteiligung an dem Prozessverfahren beschrieben worden. Es folgt ein Abschnitt über das Gesetzgebungsverfahren zu den Reichsjustizgesetzen von 1877 sowohl für die Civilprozessordnung als auch für die Strafprozessordnung. Die Gesetzgebungsgeschichte wird anhand folgender Kriterien behandelt: Systematik, Beteiligung am Verfahren, Gutachterpflicht, Ablehnung bestimmter Sachverständiger, Bindungswirkung und richterliche Instruktion sowie Sondernormen für einzelne Expertengruppen. Insgesamt ist für die Zeit bis 1877 die „konsequente Nichtwahrnehmung interdisziplinärer Gesprächsa |
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Plöckinger, Othmar, Unter Soldaten und Agitatoren. Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918-1920. Schöningh, Paderborn 2013. 377 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Plöckinger, Othmar, Unter Soldaten und Agitatoren. Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918 – 1920. Schöningh, Paderborn 2013. 377 S. 26 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
In seiner 2012 die Ergebnisse seiner langjährigen Forschungsarbeit noch einmal prägnant zusammenfassenden „Geschichte des Dritten Reiches“ hat der Historiker Klaus Hildebrand die eminente Bedeutung der Person Adolf Hitlers für das Verständnis der nationalsozialistischen Herrschaft einmal mehr herausgestrichen. Unter anderem führt er aus, dass es „der öffentlich bekundete und ständig wirkende Wille Hitlers, die ‚Judenfrage‘ möglichst total zu lösen,“ gewesen sei, der „entscheidend dafür war, dass […] in den Jahren des Zweiten Weltkrieges ganz unterschiedliche Gelegenheiten und Anlässe dazu benutzt werden konnten, die ‚jüdische Frage‘ in ständiger Steigerung ihrer Vernichtungsintensität zu ‚lösen‘“. In Anlehnung an Joachim C. Fest gelte, dass das, was „in Himmler und der SS zutage trat, nie etwas anderes (war) als der Vollzug dessen, was Hitler ausdrücklich gewollt oder was in der Konsequenz seines Willens lag“ (Hildebrand, S. 60f. u. S. 125). Der - wie neuere Forschungen fortlaufend bestätigen - nur unter Einbeziehung breiter Schichten der deutschen Bevölkerung mögliche und in die Tat gesetzte Holocaust stand am Ende dieser Entwicklung. Umso dringender stellt sich daher immer wieder die Frage, welche Umstände und Einflüsse zu welcher Zeit Hitlers radikalen Antisemitismus initiiert und befördert haben.
Spekulationen der älteren Literatur reichen dahingehend bis in die Jugendzeit des Diktators zurück und haben, darin seiner Selbstdarstellung in „Mein Kampf“ aufsitzend, vor allem dessen Wiener Jahre ins Visier genommen. Brigitte Hamann („Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators“, 2. Aufl. 1996) konnte Zweifel an dieser These ebenso überzeugend namhaft machen wie Thomas Weber („Hitlers erster Krieg. Der Gefreite Hitler im Weltkrieg – Mythos und Wahrheit“, |
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Weis, Stefanie, Leben und Werk des Juristen Karl Hermann Friedrich Julius Geiler (1878-1953). Ein Rechtswissenschaftler in Zeiten des Umbruchs. Kovač, Hamburg 2013. 387 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weis, Stefanie, Leben und Werk des Juristen Karl Hermann Friedrich Julius Geiler (1878-1953). Ein Rechtswissenschaftler in Zeiten des Umbruchs. Kovač, Hamburg 2013. 387 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die vorliegende Untersuchung ist die von Klaus-Peter Schroeder angeregte und betreute, im Wintersemester 2012/2013 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie steht in dem größeren Zusammenhang der Forschungen Klaus-Peter Schroeders über die Heidelberger juristische Fakultät im 19. und 20. Jahrhundert (2010). Nach dem Vorwort ist es vor allem seiner Geduld geschuldet, dass die Arbeit in der vorliegenden Form beendet werden konnte.
Gegliedert ist die auch auf umfangreiche ungedruckte Quellen gegründete Studie außer in eine Einleitung und einen Schluss in die beiden Teile Leben und Veröffentlichungen. Geiler wurde in Schönau im Schwarzwald am 10. August 1878 morgens um 3.45 Uhr als Sohn eines Amtsrichters und seiner Frau Anna Maria Amalia (Piristi) geboren und wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Freiburg im Breisgau, Berlin und Heidelberg 1904 Rechtsanwalt in Mannheim, wo er an der Gründung der Handelshochschule teilnahm. Von 1907 an konnte er dort lehren, von 1908 an am Kommentar zum Handelsgesetzbuch von Düringer und Hachenburg mitarbeiten sowie 1910 bei Heinsheimer promovieren, woraufhin er 1919 zum nebenamtlichen Professor in Mannheim ernannt wurde, nach der Habilitation in Heidelberg (24. 01. 1921) auf Grund bereits veröffentlichter Schriften zum nichtetatmäßigen außerordentlichen Honorarprofessor in Heidelberg, 1928 zum ordentlichen Honorarprofessor in Heidelberg.
1936 sah er sich zur Trennung von seinem langjährigen jüdischen Sozius Lindeck gezwungen und hatte eigene Schwierigkeiten bei der Zulassung als Rechtsanwalt wegen seiner jüdischen Ehefrau (und verlor 1939 seine Honorarprofessur und Lehrbefugnis), doch gelang am 25. Oktober 1937 die Grü |
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Lohse, Tillmann, Die Dauer der Stiftung. Eine diachron isch vergleichende Geschichte des weltlichen Kollegiatstifts St. Simon und Judas in Goslar (= Stiftungsgeschichte 7). Oldenbourg, München 2011. 576 S., 29 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lohse, Tillmann, Die Dauer der Stiftung. Eine diachronisch vergleichende Geschichte des weltlichen Kollegiatstifts St. Simon und Judas in Goslar (= Stiftungsgeschichte 7). Oldenbourg, München 2011. 576 S., 29 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem um 950 erstmals belegten deutschen Wort Stiftung wird seit langem die Widmung von Vermögen zu einem bestimmten Zweck durch Rechtsgeschäft bezeichnet, die bereits dem römischen Recht bekannt ist. Im 19. Jahrhundert wird die bis dahin meist nur als unselbständiger Anhang einer Kirche oder Gemeinde angesehene Stiftung etwa bei Georg August Heise in seinem Grundriss eines Systems des gemeinen Civilrechts im Jahre 1816 als juristische Person anerkannt. Seitdem kann eine Person durch rechtliche Verselbständigung von Vermögen eine neue, nicht zwangsläufig auf ein Leben eines Menschen beschränkte Person schaffen, für welche der unaufhörliche Zeitablauf gleichwohl vielfältige Probleme verursachen kann.
Die vorliegende gewichtige Studie ist die von Michael Borgolte betreute, im Wintersemester 2009/2010 von der philosophischen Fakultät I der Humboldt-Universität zu Berlin angenommene Dissertation des 1975 geborenen, nach dem Studium von Geschichte und Grundschulpädagogik in Potsdam und Berlin (HU) zehn Jahre am Lehrstuhl und danach an einem Projekt als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigten Verfassers. Sie ist zwar unmittelbar auf Interesse gestoßen, doch war die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich, weshalb der Herausgeber mit gewisser Verspätung auf die Arbeit in einigen Zeilen hinweisen muss. Gegliedert ist die Studie außer in eine Einleitung mit Problemaufriss, Fallbeispiel und Konzeptualisierung in die drei Teile Momentaufnahmen, Dauer im Vergleich und Editionen.
Die Momentaufnahmen betreffen die Jahre um 1047 (Gründung durch Kaiser Heinrich III.), um 1163, um 1469, um 1647, um 1804 (neue Stiftungszwecke) und um 1956 (Feierstunde für Kaiser Heinrich III.). Hinsic |
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Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs 2. Jahrgang Band 2/2012, hg. v. Olechowski, Thomas. Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2012. 237-406 (= 170) S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs 2. Jahrgang Band 2/2012, hg. v. Olechowski, Thomas. Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2012. 237-406 (= 170) S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vielfach ist die Geburt der schwierigste Vorgang eines neuen Lebens. Die Beiträge zur Rechtsgeschichte haben dieses Ereignis auf Grund der starken Geburtshilfe erfolgreich gemeistert. Ihr zweiter Jahrgang wirbt in seinem zweiten Band mit zahlreichen Themen von Absolutismus bis Zensur für sich um weitere Leser.
Insgesamt enthält er neun verschiedenartige interessante Beiträge vorwiegend zur jüngeren Rechtsgeschichte. In ihnen schildert beispielsweise Andrzej Dziadzio aus Krakau den Kampf der Zensur gegen die antisemitische Propaganda zur (vorletzten) Jahrhundertwende oder behandelt Tamara Eis das Problem, ob (Studium der) Rechte für Frauen eine Frage der Kultur ist. Nach den steirischen Erbhuldigungen (Susanne Gmoser) beschreibt Johannes Kalwoda Ernst Schönbauer zwischen Nationalsozialismus und Wiener Fakultätstradition, während der Hauptherausgeber den Weg Ignaz Seipels vom monarchischen Minister zum Berichterstatter über die republikanische Bundesverfassung verfolgt.
Ilse Reiter-Zatloukal widmet sich der Begnadigungspolitik der Regierung Schuschnigg, Lucian Röthlisberger den „Jakobinern in der Habsburgermonarchie. Der Chefredakteur Christoph Schmetterer untersucht den Kaiser (von) Österreich als alleinigen Gesetzgeber zwischen Absolutismus und Konstitutionalismus und Jan Wintr aus Prag greift im zweiten nicht aus Wien kommenden Beitrag die Anfänge des tschechoslowakischen Parlamentarismus zwischen 1918 und 1920 auf. Den Beschluss bildet der Tätigkeitsbericht der Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs für das Jahr 2011, in dem auch die Präsentation des ersten Heftes der Beiträge gebührend verzeichnet ist, so dass das vorliegende Heft insgesamt die neueste Entwicklung vieler Themen der Rechtsgeschichte Österrei |
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Europäisches Privatrecht in Vielfalt geeint. Richterliche Eingriffe in den Vertrag. Droit privé européen: l’unité dans la diversité. L’intervention du juge dans le contrat, hg. v. Jung, Peter. Sellier european law publishers, München 2013. XIII, 354 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Im Privatrecht stehen sich die Beteiligten grundsätzlich gleichberechtigt gegenüber, mögen auch wirtschaftlich noch so große Unterschiede bestehen. Anders als der Staat kann das Privatrechtssubjekt seinen Kontrahenten nicht mittels einer übergeordneten Staatsgewalt zu einem bestimmten Verhalten zwingen. Gleichwohl fragt sich an manchen Stellen, ob nicht die richterliche Gewalt des Staates dazu verwendet werden kann, im Verhältnis der Beteiligten zu einem besseren Ergebnis zu gelangen, als dies diesen selbst gelingt.
Mit diesem Gegenstand befasste sich eine internationale Tagung, die auf Landgut Castelen bei Basel vom 29. 9. bis 1. 10. 2011 in dem weiteren Rahmen des europäischen Forschungsprojekts Konvergenz der Rechte stattfand. Der vorliegende Band bindet 18 der dortigen 20 Referate zu einer vorteilhaften Einheit zusammen. Dadurch wird das 2008 angestoßene Forschungsvorhaben der Universitäten Heidelberg, Nancy, Potsdam und Basel einen weiteren wichtigen Schritt nach vorne gebracht.
Eröffnet wird der Sammelband mit einleitenden rechtsvergleichenden Anmerkungen des Herausgebers. Danach befassen sich jeweils mehrere Vorträge mit der Rolle der Gerichte im nationalen, transnationalen und supranationalen Vertragsrecht, mit der Gesetzesbindung und Vertragsbildung des Gerichts, mit der gerichtlichen Bestimmung des vertraglichen Pflichtenprogramms und der gerichtlichen Kontrolle des Vertragsinhalts. Abgeschlossen wird das erfreulicherweise mit einem Index ausgestattete, viele Anregungen enthaltende Werk mit einer resümierenden Schlussbemerkung Ernst A. Kramers und Tagungsberichten Thomas Raffs (deutsch) und Violaine Kochers (französisch).
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Stangel, Matthias, Die Neue Linke und die nationale Frage. Deutschlandpolitische Konzeptionen und Tendenzen in der außerparlamentarischen Opposition (APO). Nomos, Baden-Baden 2013. 638 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stangel, Matthias, Die Neue Linke und die nationale Frage. Deutschlandpolitische Konzeptionen und Tendenzen in der außerparlamentarischen Opposition (APO). Nomos, Baden-Baden 2013. 638 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Herkunft und Sprache sind vermutlich bereits früh ein verbindendes und zugleich abgrenzendes Merkmal von Menschen zu und in Gruppen. Hieraus hat sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts vom Gedankengut der studentischen Landsmannschaften und der Romantik aus ein politisches Denken in Nationen entwickelt. Es führte in Europa im 19. Jahrhundert zu nationalen, im Kulturellen beginnenden und danach politisierten Gegensätzen, die sich im ersten Weltkrieg und nach Entstehung des Nationalsozialismus im zweiten Weltkrieg entluden.
Mit einem Teilaspekt der Folgezeit befasst sich die von Joachim Scholtyseck betreute, von der philosophischen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommene Arbeit des 1978 geborenen, in politischer Wissenschaft, neuerer Geschichte und Staatsrecht in Bonn und Salamanca bis 2005 als Magister Artium ausgebildeten, stipendial durch die Universitätsgesellschaft Bonn geförderten, nach der Promotion als Projektleiter in der Unternehmensentwicklung tätigen Verfassers. Sie gliedert sich außer einer Einleitung über Thema, Forschungsstand, Fragestellung, Aufbau, Methodik und Quellenlage sowie einer Zusammenfassung in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Linke und die nationale Frage, die außerparlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland, den Sozialistischen Deutschen Studentenbund, die Bedeutung nationaler Elemente in den sozialistischen Konzeptionen Rudi Dutschkes und ausgesuchte Beispiele für die deutschlandpolitischen Parteinen in der Bundesrepublik Deutschland der 1970er Jahre.
Im Ergebnis ermittelt der Verfasser auf Grund umfangreicher Quellen in vielerlei Hinsicht ein differenziertes Bild eines insgesamt vielschichtigen Gegenstands. Die Kategorie der Nation ist aus e |
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Ossenbühl, Fritz/Cornils, Matthias, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. Beck 2013. XL, 822 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Aus bescheidenen Anfängen heraus hat sich der Staat im Laufe der Geschichte zum wohl wichtigsten Rechtssubjekt der Gegenwart entwickelt. Im Gegensatz zu den anderen Rechtssubjekten verfügt er über die Hoheitsgewalt, mit deren Hilfe er Recht setzen, anwenden und über die Rechtmäßigkeit allen Verhaltens entscheiden kann. Dabei will, kann, darf und muss er auch in die subjektiven Rechte anderer eingreifen, so dass sich seit langem die Frage stellt, ob und wie er aus seinem Handeln entstehende rechtswidrige Folgen unterlassen, beseitigen, ausgleichen oder ersetzen muss.
Als bekannteste Einrichtung wurde in diesem Zusammenhang im späten 18. und im 19. Jahrhundert eine Haftung jedes Beamten für eine Verletzung seiner Amtspflichten anerkannt, wobei jede den Dienstvertrag verletzende Handlung des Beamten dem Herrscher bzw. dem Staat nicht zugerechnet werden konnte und deshalb eine private Ersatzpflicht des Beamten auslösen musste. Obwohl seit 1831 vereinzelt eine Ersatzpflicht des Staates durch Gesetz geschaffen wurde, fehlte sie mangels Zuständigkeit des Reichsgesetzgebers für diesen Gegenstand im Bürgerlichen Gesetzbuch des Jahres 1900, das nur in § 839 BGB eine deliktische Ersatzpflicht des Beamten vorsah. Demgegenüber legten Bayern 1899, Preußen 1909 und § 1 des Reichsbeamtenhaftungsgesetzes vom 22. 5. 1910 eine zwar mittelbare, aber primäre Haftung des Staates fest, die durch Art. 131 der Reichsverfassung des Jahres 1919 und durch Art. 34 des Grundgesetzes von 1949 einheitlich vom Beamten auf den Staat übergeleitet wurde und wird.
Daran wurden später weitere Anspruchsgrundlagen angeschlossen, mit deren Hilfe der Einzelne schädlichem Verhalten des Staates begegnen kann. Anscheinend seit etwa 1970 hat sich daraus ein eigenes Teilgebiet Staatshaftungsrecht innerhalb des Staatsrechts oder Verfassungsrechts entwick |
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Rabban, David M., Law’s History, American Legal Thought and the Transatlantic Turn to History. Cambridge University Press, Cambridge 2013. XXI, 564 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit Beginn der Neuzeit eroberten die Europäer mit Hilfe von Schiffen und Gewehren gewaltsam große Teile der Erde und wanderten in beachtlicher Zahl vor allem nach Amerika und Australien aus. Zwar nahmen sie dorthin viele ihrer heimischen Errungenschaften mit, doch entwickelten sie diese in der neuen Umgebung durchaus selbständig weiter. Auf diese Weise ist es vor allem Nordamerika gelungen, auf der Grundlage des englischen Rechtssystems weltweit eine führende Rolle in der Welt des Rechtes einzunehmen, obwohl Europa nur ungern und begrenzt Kenntnis davon nimmt.
Dementsprechend beschränkt sind die europäischen Kenntnisse von der Geschichte des amerikanischen Rechtes. Dies ist deswegen besonders bedauerlich, weil nur in Kooperation und gegenseitiger Rezeption ein Optimum an Erkenntnis und Fortschritt erzielt werden kann. Aus diesem Grunde ist es besonders erfreulich, dass das vorliegende Werk auf dem Wege über die Cambridge University Press allgemeinere Verbreitung erlangen kann.
Sein 1949 geborener Verfasser ist seit 1983 an der Law Faculty der Universität of Texas tätig. Seinen Bachelor of Arts erwarb er an der Wesleyan University, seinen J. D. in Stanford. Vor seinem Wechsel nach Texas beriet er mehrere Jahre die American Association of University Professors, mit der er bis in die jüngste Vergangenheit in enger Verbindung blieb.
Sein bisher bekanntestes Werk ist die Untersuchung der Free Speech in its forgotten Years. Es erschien 1997 ebenfalls in Cambridge. Als bahnbrechende Studie über die Redefreiheit zwischen 1870 und 1920 verschaffte es ihm weite Anerkennung.
Auch das vorliegende Werk hat seinen Schwerpunkt im späteren 19. Jahrhundert. Ihm geht es um die Aufnahme sozialer Gedenken im Anschluss an den amerikanischen Bürge |
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Ambrosius, Gerold/Henrich-Franke, Christian, Integration von Infrastrukturen in Europa im historischen Vergleich. Band 1 Synopse (= Schriftenreihe des Instituts für europäische Regionalforschungen 17). Nomos, Baden-Baden 2013. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ambrosius, Gerold/Henrich-Franke, Christian, Integration von Infrastrukturen in Europa im historischen Vergleich. Band 1 Synopse (= Schriftenreihe des Instituts für europäische Regionalforschungen 17). Nomos, Baden-Baden 2013. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Infrastruktur ist ein anscheinend erstmals im Rahmen der Nordatlantischen Verteidigungsorganisation als Bezeichnung für die unterhalb der Erdoberfläche angebrachten Einrichtungen wie Kabel und andere Leitungen gebrauchtes Wort. Im vorliegenden schlanken Band sind Infrastrukturen gemäß der Einführung der als Wirtschaftswissenschaftler bzw. Politikwissenschaftler in Siegen tätigen Herausgeber in einem erweiterten Sinn die Netze und Dienste im Verkehrswesen, im Nachrichtenwesen und im Versorgungswesen. Es geht also um Eisenbahn, Binnenschifffahrt, Straßenverkehr, Luftfahrt, Post Telegrafie, Funk, Elektrizität und Pipelines oder um Schienen, Straßen, Wasserwege, Kabel, Rohre und Leitungen als Netze sowie Betrieb von Bahnen, Kraftfahrzeugen und Schiffen, Transport von Strom, Gas, Öl und Wasser sowie Beförderung von Telegrammen, Telefonaten und Briefen als Dienste.
Gegenstand des Werkes ist die vergleichende Betrachtung der internationalen Integration der Infrastrukturen in Europa an den staatlichen Grenzen vor dem Ersten Weltkrieg und nach dem Zweiten Weltkrieg. Gegliedert ist die Darstellung außer in eine Einführung und eine Beschreibung des gegenwärtigen Forschungsstands in Morphologie, Überblick, Empirie, Analyse und Theorie. Dabei wird im Wesentlichen der Zustand im 19. Jahrhundert mit dem Zustand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verglichen.
Aufgabe des Werkes ist vor allem die Zusammenfassung der Ergebnisse eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten mehrjährigen neuartigen Forschungsprojekts. Dabei wird im Gegensatz zu den Einzelstudien auf einem ziemlich abstrakten Niveau argumentiert. Insgesamt werden Typen von Infrastrukturintegrati |
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Schlosser, Horst Dieter, Sprache unterm Hakenkreuz. Eine andere Geschichte des Nationalsozialismus. Böhlau, Köln 2013. 423 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlosser, Horst Dieter, Sprache unterm Hakenkreuz. Eine andere Geschichte des Nationalsozialismus. Böhlau, Köln 2013. 423 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Verhältnis zur Hand ist das Gehirn das wohl wichtigere Organ des Menschen, weshalb der Verstand der Kraft vielfach überlegen ist. Dementsprechend agiert auch die politische Strömung auf die Länge erfolgreicher mit dem Wort als mit der Waffe. Von daher ist eine Aufarbeitung der Sprachverwendung unter dem nationalsozialistischen Kennzeichen des Hakenkreuzes ein bedeutendes Forschungsanliegen.
Ihm hat sich im vorliegenden Werk der in Düsseldorf 1937 geborene, nach dem Studium von Germanistik, Geschichte, Philosophie und Pädagogik an den Universitäten in Hamburg, Münster und Freiburg im Breisgau von 1965 an als wissenschaftlicher Assistent und akademischer Rat in Hamburg und Frankfurt am Main tätige Verfasser gestellt, der von 1972 bis 2002 als Professor für deutsche Philologie in Frankfurt am Main wirkte. Seine wissenschaftlichen Neigungen lagen zwar anscheinend ursprünglich bei mittelalterlichen Autoren wie Hermann von Sachsenheim, doch hat der bereits von 1976 bis 1978 als Vizepräsident der Universität Frankfurt wirkende Gelehrte über diesen Ausgangspunkt vielfach und weit ausgegriffen. Dabei hat er sich 2003 unter dem Titel Das Deutsche Reich ist eine Republik der Kommunikation und Sprache der Weimarer Zeit gewidmet und 2005 unter dem Titel Es wird zwei Deutschlands geben der Zeitgeschichte und Sprache in Nachkriegsdeutschland (1945-1949) sowie bereits früher der deutschen Sprache in der DDR zwischen Stalinismus und Demokratie (1999).
Da er zudem seit 1991 als Initiator der Suche nach dem Unwort des Jahres wirkte, lag es ziemlich nahe, sich umfassend auch mit der Sprache während der nationalsozialistischen Herrschaft zu beschäftigen. Dies geschieht nach einer erklärenden Einleitung zu den Fragen, warum und wozu eine Diktatur die Sprache braucht, in insgesamt 17 Absch |
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Eisfeld, Rainer, Ausgebürgert und doch angebräunt. Deutsche Politikwissenschaft 1920-1945. Mit einer Würdigung des Autors v. Buchstein, Hubertus, 2. Aufl. Nomos, Baden-Baden 2013. 322 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Eisfeld, Rainer, Ausgebürgert und doch angebräunt. Deutsche Politikwissenschaft 1920-1945. Mit einer Würdigung des Autors v. Buchstein, Hubertus, 2. Aufl. Nomos, Baden-Baden 2013. 322 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Politikwissenschaft hat bis zu den antiken griechischen Philosophen Platon und Aristoteles zurückreichende Wurzeln und ist doch zugleich insofern eine moderne Wissenschaft, als die traditionelle deutsche politische Wissenschaft policeywissenschaftlicher und kameralwissenschaftlicher Richtung im 19. Jahrhundert eine Unterbrechung erfuhr. Dazu kamen die gewichtigen politischen Veränderungen infolge der Niederlage des Deutschen Reiches im ersten Weltkrieg und nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler und seine Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei. Mit diesen jüngeren Vorgängen befasst sich das vorliegende, 1991 erstmals erschienene Werk eindringlich und kritisch.
Sein als einziger Sohn eines 1943 gefallenen Stadtinspektors in Berlin 1941 geborener Verfasser legte am Ende seines 1960 begonnenen Studiums der Volkswirtschaft 1966 in Saarbrücken die Diplomprüfung in Volkswirtschaftslehre ab. 1971 promovierte er in Frankfurt am Main in Politikwissenschaft bei Christian Graf von Krockow über Pluralismus zwischen Liberalismus und Sozialismus. Von 1974 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2006 war er Professor für Politikwissenschaft in Osnabrück.
Sein 1991 in erster Auflage vorgelegtes Werk griff entschieden und überzeugend die Ansicht an, dass die deutsche Politikwissenschaft seit ihren neueren Anfängen demokratietreu und die Deutsche Hochschule für Politik in Berlin eine Hochburg der Weimarer Demokratie war. Die Neuauflage wiederholt und bekräftigt diese Erkenntisse auf der Grundlage des gegenwärtigen Forschungsstands. Dadurch erhält fast die gesamte Geschichte der deutschen Politikwissenschaft des 20. Jahrhunderts ein zutreffenderes Gesicht und werden vielfache Kontinuitäten im Leben und Wirken bekannte |
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Galler, Christopher Manuel, Die Spinnhütte Celle im Nationalsozialismus. Arbeit und Rüstungswirtschaft in einem Musterbetrieb von 1934 bis 1945 (= Kleine Schriften zur Celler Stadtgeschichte 14). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 148 S. 57 sw. Abb. 1 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Galler, Christopher Manuel, Die Spinnhütte Celle im Nationalsozialismus. Arbeit und Rüstungswirtschaft in einem Musterbetrieb von 1934 bis 1945 (= Kleine Schriften zur Celler Stadtgeschichte 14). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 148 S. 57 sw. Abb. 1 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als Adolf Hitler am 30. 1. 1933 vom Reichspräsidenten des Deutschen Reiches zum Reichskanzler ernannt wurde, hatte er zwar ein Geflecht von Vorstellungen hinsichtlich der von ihm angestrebten Veränderungen in vielen Bereichen, er fand aber doch eine umfassende Wirklichkeit vor, die sich nicht mit einem einzigen Wort vollständig umgestalten ließ. Also musste er sich des vorhandenen Instrumentariums bedienen, um seine Ziele zu erreichen und damit seine Wähler zufrieden zu stellen. Zwar lassen sich alle dabei im Einzelnen eingeschlagenen Wege nicht mehr vollständig nachverfolgen, doch sind beispielhafte Einzelstudien möglich und aufschlussreich.
Der Verfasser hat dies in seiner von Karl-Heinz Schneider und Karl-Heinz Ziessow betreuten, im Mai 2012 am Historischen Seminar der Universität Hannover eingereichten Masterarbeit unternommen, die in leicht überarbeiteter Fassung im Druck veröffentlicht werden konnte. Sie gliedert sich nach einer Einleitung und einer Beschreibung von Forschungsstand und Quellenlage im Wesentlichen chronologisch. Ausgehend von den Anfängen des Seidenbaus in Celle verfolgt der Verfasser den Weg der Spinnhütte zum staatlichen Rüstungsbetrieb, untersucht den Einfluss des Nationalsozialismus auf das betriebliche Leben, schildert die Entwicklung in der Kriegsphase, behandelt die Entnazifizierung und gibt am Ende noch einen Ausblick auf die Zeit nach 1945.
Besondere Bedeutung erlangte die unter schwierigen Umständen (30. Mai 1928 Seidenwerk Spinnhütte e. GmhH als Genossenschaft in Hannover) gegründete Spinnhütte Celle dadurch, dass sie der wichtigste deutsche Hersteller für Fallschirmseide wurde. Die in sie g |
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Senn, Marcel, Rechtswissenschaft und Juristenausbildung. Fünf kritische Beiträge zu Grundlagenfragen der Wissenschaft des Rechts nach Einführung der Bologna-Reformen. Dike, Zürich 2013. VIII, 104 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Senn, Marcel, Rechtswissenschaft und Juristenausbildung. Fünf kritische Beiträge zu Grundlagenfragen der Wissenschaft des Rechts nach Einführung der Bologna-Reformen. Dike, Zürich 2013. VIII, 104 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Auch wenn man davon ausgeht, dass die römische Jurisprudenz mit der späteren Rechtswissenschaft nicht identisch sind, sondern jene nur den wesentlichen Stoff für diese hergestellt und aufbereitet hat, kann die Rechtswissenschaft doch auf viele Jahrhunderte ihrer Entwicklung voll Stolz zurückblicken. Zwar sind auch hier menschliche Irrtümer nicht ausgeblieben und haben manche Juristen Handlungen begangen oder gerechtfertigt, die sich in anderen Augen als Unrecht dargestellt haben. Insgesamt ist aber doch ein großer Erfahrungsschatz ermittelt worden, dessen Aufgabe wohlüberlegt sein will.
Marcel Senn hat sich in diesem Zusammenhang stets der allgemeinen Grundfragen mit besonderem Nachdruck angenommen. Dies hat ihn in den letzten Jahren dazu bewogen, sich zu modernen Entwicklungen der Juristenausbildung zu äußern. Da die gewonnenen Erkenntnisse von allgemeinerer Bedeutung sind, haben ihn Freunde aufgefordert, fünf thematisch zusammenhängende, in verschiedenen Sammelbänden und Zeitschriften veröffentlichte Studien als Monografie zu publizieren.
In ihr fragt er nun in den ersten beiden Kapiteln, ob das Recht die Dienstmagd der Ethik ist und ob es eine Rechtswissenschaft ohne reflexiven Habitus geben kann. Danach ordnet er die Wissenschaftsgeschichte als Mittlerin zwischen Öffentlichkeit und Recht ein und sieht diese Stellung durch die Bologna-Reform zu Recht als bedroht an. Überzeugend plädiert er deshalb für in langem Ringen gewonnene Werte wie Freiheit und Humanität und gegen deren nützlichkeitsorientierte Ersetzung durch bloßes Geld und nackte Macht.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Law, Science, Technology. Plenary lectures presented at the 25th World Congress of the International Association for Philosophy of Law and Social Philosophy, Frankfurt am Main, 2011, hg. v. Neumann, Ulfrid/Günther, Klaus/Schulz, Lorenz (= ARSP Beiheft 136). Nomos, Baden-Baden 2013. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Law, Science, Technology. Plenary lectures presented at the 25th World Congress of the International Association for Philosophy of Law and Social Philosophy, Frankfurt am Main, 2011, hg. v. Neumann, Ulfrid/Günther, Klaus/Schulz, Lorenz (= ARSP Beiheft 136). Nomos, Baden-Baden 2013. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Frankfurt am Main fand vom 15. bis 20. August 2011 der 25. Weltkongress der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie statt, die sich vom 21. bis 26. Juli 2013 in Belo Horizonte in Brasilien zur nächsten Folgetagung zusammenfindet. Er befasste sich mit wichtigen Einzelfragen aus dem Bereich von Recht, Wissenschaft und Technik sowie ihrem jeweiligen Zusammenspiel. Der vorliegende schmale Sammelband vereint beinahe alle Texte der Referate vor dem Plenum.
Insgesamt sind neun Studien von Autoren aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Japan, den Vereinigten Staaten von Amerika, Slowenien und Brasilien zusammengefasst, die nahezu ausschließlich englisch gehalten sind. Dabei behandelt etwa Robert Alexy die Existenz von Menschenrechten, während Samantah Besson deren Gleichheitsdimension nachspürt. Olivier Jouanjan hebt die große Bedeutung Savignys für Recht Sprache, Geschichte und Metaphysik besonders hervor, während sich Hiroshi Kamemoto mit der Bedeutung der Wirtschaft in R. H. Coases Werk auseinandersetzt.
Weitere Beiträge greifen die Wohlfahrtssteigerung, den wahren Grundgedanken des legal positivism oder das Verhältnis zwischen methodologischer Klarheit und gegenständlicher Reinheit des Rechtes an Hand der Diskussion zwischen Kelsen und Pitamic auf. Danach versucht Seana Valentine Shiffrin einen eigenen Zugang zur Redefreiheit und widmet sich Tercio Sampaio Ferraz Junior den Gefahren, die den subjektiven Rechten auf Grund der technischen Entwicklung drohen. Gedanken zur Internationalisierung der Vereinigung beschließen das gedankenreiche, leider nicht durch ein Register aufgeschlossene |
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Gemeinsames Europäisches Kaufrecht - Anwendungsbereich und kollisionsrechtliche Einbettung, hg. v. Gebauer, Martin (= GPR Grundlagen Schriften zum Gemeinschaftsprivatrecht). Sellier european law publishers, München 2013. X, 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gemeinsames Europäisches Kaufrecht - Anwendungsbereich und kollisionsrechtliche Einbettung, hg. v. Gebauer, Martin (= GPR Grundlagen Schriften zum Gemeinschaftsprivatrecht). Sellier european law publishers, München 2013. X, 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Kauf hat sich in mehr als 3000 Jahren zu dem wirtschaftlich wichtigsten Rechtsgeschäft der Menschen entwickelt, Europa ist in seinen wesentlichen Teilen zu einem gemeinsamen Markt umgeformt worden und täglich werden unzählige Kaufverträge über die nationalen Grenzen hinweg geschlossen. Dies hat zur naheliegenden Überlegung eines gemeinsamen europäischen Kaufrechts geführt. Wenn schon die behauptete nationale Identität einer allgemeinen rechtlichen Gleichheit entgegenstehen soll, soll wenigstens der Kauf in Europa möglichst bald nach einheitlichen Regeln (möglichst oft) geschlossen und erfüllt werden können.
In diesem Sinne veröffentlichte die Europäische Kommission am 11. Oktober 2011 einen Verordnungsvorschlag für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht, mit dem sie ein entsprechendes Rechtssetzungsverfahren eröffnete. In diesen fügte sie gewissermaßen im letzten Augenblick eine Reihe von Regeln über sein Verhältnis zum internationalen Privatrecht ein. Mit den dazu gehörigen Fragen befasste sich am 15. und 16. Juni 2012 eine in Tübingen abgehaltene Tagung, deren Beiträge der vorliegende Band ziemlich zeitnah der Allgemeinheit zur Verfügung stellt.
Einbezogen sind insgesamt neun Referate der Autoren Jürgen Basedow, Christoph Busch, Martin Gebauer, Beate Gsell, Matthias Lehmann, Stefan Leible, Boris Schinkels, Dennis Solomon, Friedrich Graf von Westphalen und Karl-Philipp Wojcik über Grundlagen und Anwendungsbereich, die Wahl des EU-Kaufrechts und ihre kollisionsrechtliche Verortung, die Maßstäbe der Lückenfüllung sowie Drittstaatensachverhalte und Perspektiven der praktischen Rezeption des EU-Kaufrechts. Dabei werden wichtige ungeklärte Fragen aufgeworfen und erör |
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Supplications from England and Wales in the Registers of the Apostolic Penitentiary 1410-1503. Band 1 1410-1464, hg. v. Clarke, Peter D./Zutshi, Patrick N. R. (= Canterbury and York Society 103). The Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2012. LXI, 244 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die christliche Kirche hat sich bereits früh als eine hierarchische Einrichtung verstanden. Ausgehend von einem Gott, wenn auch in dreifacher Gestalt, ist nach dem irdischen Tode ihres Stifters der Apostel Petrus administrativ eingetreten, dem nach dem Ableben eine im Wesentlichen ununterbrochene Reihe von Päpsten gefolgt ist. Sie haben das Christentum in alle Teile der Erde bringen lassen und die dadurch geschaffene Verbindung nach Möglichkeit in vielfältiger Hinsicht gewahrt.
Das hatte zur Folge, dass der Papst zentrale Anlaufstelle für alle kirchlichen Fragen auch aus weit entfernten Gebieten wurde und blieb. Im Zuge dieser Entwicklung ist mit der allmählichen Durchsetzung der Schriftlichkeit im Gefolge der Christianisierung umfangreiches Schriftgut entstanden, das teilweise handschriftlich noch in den Archiven lagert und der wissenschaftlichen Veröffentlichung bedarf. Einer dieser Bestände betrifft die Bittgesuche aus England und Wales an den Vatikan im Spätmittelalter.
Den ersten Band dieser wertvollen und interessanten Quellen stellen die beiden für mittelalterliche Geschichte in Southampton bzw. als Universitätsarchivar in Cambridge tätigen Herausgeber im vorliegenden Band der Allgemeinheit zur Verfügung. Er enthält nach einer hilfreichen Einführung in die päpstliche Bußpraxis und das zugehörige Schriftgut die für die Päpste Alexander V., Johannes XXIII, Eugen IV., Nikolaus V., Calixt III. und Pius II. vorhandenen Texte. Sie beginnen mit einem Dispens für den Priester Thomas Cullurdonse in Diseworth in der Diözese Lincoln vom 8. April 1410 und enden mit einem Bittschreiben für Thomas Cook in Chediston in der Diözese Norwich vom 23. März 14 |
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Communicating Sustainability. Perspektiven der Nachhaltigkeit in Politik , Wirtschaft und Gesellschaft, hg. v. Mantl, Josef/Ochs, Alexander/Pacheco, Marc R. Böhlau, Wien 2012. 248 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Eine der größten derzeit absehbaren Gefahren für das Erfolgsmodell Mensch ist der Mensch selbst. Dank seines Verstands ist es ihm gelungen, die Welt in vielen Hinsichten nach seinen Bedürfnissen zu gestalten und nach seinen Wünschen einzurichten. Preise dafür sind die Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft, die Erschöpfung von Öl, die Abschmelzung der Gletscher, das Ansteigen des Meeressspiegels, das Absinken des Grundwassers, die Versiegelung des Grundes und die Erwärmung der Erde sowie wohl manches andere mehr. Deswegen ist es erforderlich, dass der Mensch seinen Verstand auch auf diese Probleme stärker anwendet als bisher.
Die Sustainable Future Campain ist nach der Einleitung der Herausgeber des bedenkenswerten Bandes die Nachhaltigkeitsinitiative rund um die Hochschulliga für die Vereinten Nationen - Akademisches Forum für Außenpolitik. Das Akademische Forum für Außenpolitik ist die österreichische überparteiliche Organisation für junge Leute, Studierende, Absolventen und Absolventinnen mit Interesse an internationalen Fragen. Die Gründer verstehen sich als Gruppe dynamischer Leute, die durch das gemeinsame Ziel einer nachhaltigen Zukunft zusammengeschweißt sind und den Nachhaltigkeitsgedanken vor allem bei der Zukunftsgeneration fördern wollen.
Zu diesem Zweck vereint der Sammelband rund zwei Dutzend Referate zu Sustainable Future, Sustainable Politics, Sustainable Economy and Environment sowie Sustainable Education and Society. Nach der Beschreibung der Sustainable Future durch die drei Herausgeber stellt dabei etwa Johannes Hahn den Beitrag der EU-Regionalpolitik zur nachhaltigen Entwicklung vor, sieht Reinhold Mitterlehner Nachhaltigkeit als Chance für Österreichs Wirtschaft oder sucht Jared Butler phi |
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Hollerbach, Alexander, Anton Christ (1800-1880). Vormärz, Revolution und Nachmärz im Spiegel des Wirkens eines badischen Juristen (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe 26). Verlag der Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2013. 47 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Anton Christ wurde im damals straßburgischen Oberkirch am 16. Oktober 1800 geboren und trat nach dem mit der juristischen Staatsprüfung am 20. November 1826 abgeschlossenen Rechtsstudium in Heidelberg (1822-1826) am Ende des Jahres 1832 seinen Dienst als Universitätsamtmann an. 1837 wurde er Abgeordneter für die Ämter Kork und Rheinbischofsheim in der zweiten Kammer Badens und Regierungsrat im Innenministerium in Karlsruhe. Nach Teilnahme am Vorparlament und an der Frankfurter Nationalversammlung verlor er allerdings (aus politischen Gründen) sein inzwischen erreichtes Amt als Hofdirektor und wurde in den Ruhestand versetzt, in dem er als Publizist wirkte, ehe er von 1853 bis 1859 als Verwaltungsrat der Darmstädter Bank tätig wurde.
Alexander Hollerbach hat sich mit Anton Christ erstmals bereits im Juni 1967 befasst, als er im Rahmen einer akademischen Veranstaltung in Mannheim über Vormärz, Revolution und Nachmärz im Spiegel des Wirkens des badischen Juristen Anton Christ (1800-1880) berichtete. Der damalige Vortrag wurde seinerzeit allerdings an ganz entlegener Stelle präsentiert. Aus diesem Grund bot sich eine Aktualisierung an prominenter Stelle nahezu von selbst an.
Nach einem kurzen Vorwort des Herausgebers beschreibt und würdigt der Verfasser Christs Wirken und Denken in insgesamt sechs, um zahlreiche Anmerkungen und eine Bibliographie Christs bereicherten Kapiteln. Sie betreffen den Lebensgang bis zum Tode in Neuenheim am 7. Juli 1880, den Kampf um die nationale Rechtseinheit, die Kommentierung der badischen Gemeindeordnung, die Beziehungen zwischen Staat und Kirche sowie zwischen Staat und Wirtschaft und einen abschließenden Ausblick. In |
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Das Nieder-Ingelheimer Haderbuch 1468-1485, hg. v. Marzi, Werner im Auftrag der Stadt Ingelheim, bearb. v. Grathoff, Stefan (Transkription)/Schäfer, Regina (Übertragung) (= Die Ingelheimer Haderbücher. Spätmittelalterliche Gerichtsprotokolle Band 2). Rheinhessische Druckwerkstätte Alzey, Ingelheim am Rhein 2012. 87 S., fol. 3-285v. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Ingelheim am mittleren Rhein ist Sitz eines vielleicht aus einem früheren Reichsvogteigericht hervorgegangenen, seit 1366 bezeugten Oberhofs, dessen erhaltene Aufzeichnungen mehr als 3000 Urteile der Schöffen zwischen 1398 und 1464 überliefern. Durch ihre Edition seitens Adalbert Erlers sind diese Urteile allgemein zugänglich geworden und haben in gewisser Weise beispielhafte Anschaulichkeit für die mittelalterliche ländliche Rechtspflege erlangt. Neben ihnen haben freilich seit langem zusätzliche Haderbücher aus Ingelheim gestanden, die mangels wissenschaftlicher Ausgabe bis vor kurzem eines der letzten Geheimnisse der germanistischen Mediävistik bildeten.
Seit 2010 wird durch den Einsatz der Editoren und ihrer Unterstützer, darunter beispielhaft die moderne Stadt Ingelheim, nunmehr auch dieses an das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Einem vorbereitenden Einführungsband folgte 2011 der erste der (vorerst) auf fünf Bände berechneten nahezu monumentalen Edition. Nach einem weiteren Sammelband über Alltag, Herrschaft, Gesellschaft und Gericht steht seit Kurzem auch der zweite Band in Transkription und moderner Übertragung zur Verfügung.
Vorangestellt sind ein kurzes Geleitwort des Oberbürgermeisters, eine klare und knappe Einführung des Herausgebers, zwecks Veranschaulichung Abbildungen vierer Seiten der handschriftlichen Vorlage sowie ein Verzeichnis der Namen, Orte und Sachen von Abend bis Zwilling. Am 27. Januar 1468 hat dann (nach Ausweis von Blatt 3) Mathis Beinling das buch (Gerichtsbuch) öffnen lassen (in der Sache) gegen den kahlen Henne. Am Mittwoch dem 1 |
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Schaumburg im Mittelalter, hg. v. Brüdermann, Stefan (= Schaumburger Studien 70). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013. 463 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Auf das Jahr 1110 ist die Belehnung des nobili viro Adolfo de Scowenburg mit der Grafschaft Holstein datiert. Da sich dieser Zeitpunkt im Jahre 2010 zum neunhundertsten Male jährte, regte der Bückeburger Historiker Helge Bei der Wiede im Sommer 2006 eine wissenschaftliche Tagung über Schaumburg im Mittelalter an. Ihre Vorbereitung übernahm der Herausgeber des vorliegenden stattlichen Bandes für die historische Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg mit sichtbar großem Erfolg.
Insgesamt kann der Herausgeber 17 Beiträge zu einer gelungenen Einheit vereinen. Nach einer kurzen Einleitung bettet dabei Hansjörg Küster die Höhenburg bei Rinteln in die umgebende Landschaft als kleines Spiegelbild Europas ein und stellt Jens Berthold die Geschichte Schaumburgs von der Steinzeit bis zur Römerzeit, Tobias Gärtner von der Römerzeit bis in das späte Mittelalter dar. Während Hans-Wilhelm Heine die mittelalterlichen Burgen der alten Grafschaft nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung ermittelt, fragt Nathalie Kruppa nach Herkunft und Anfang der Grafen, die Jens E. Diesen anschließend nach Holstein begleitet.
Weitere Beiträge betrachten Kloster und Herrschaft, Pfarreiwesen, Kreuzzugsbewegung, den Olmützer Bischof Bruno von Schaumburg, Agrarstrukturen, Wirtschaftsgeschichte, Architektur und Kunst, Städte, die Reichskanzlei als Ziel Schaumburger Heiratspolitik oder die Edelherren zum Berge als Nachbarn, Freunde und Konkurrenten. Helge Bei der Wieden war es noch vergönnt, das von ihm angeregte, mit vielen Farbabbildungen geschmückte Werk um eine Studie über das Verhältnis von Landesherrn und Stände zu bereichern. Bibliographie und Register runden das gediegene Geburtstagsbuch vorteilhaft ab.
Innsbruck |
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Rudolph, Julia, Common Law and Enlightenment in England, 1689-1750. Boydell & Brewer, Melton/Suffolk 2013. XI, 324 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zur Verbesserung seiner Lage in der ihn mit allen ihren Möglichkeiten und Notwendigkeiten einschließenden Welt hat der Mensch wie jedes andere Lebewesen stets die ihm eigenen Fähigkeiten verwendet. Dies hat ihm im Laufe der Zivilisation viele Wege erschlossen, die er weder vorhersah noch von Anfang an beschreiten konnte. Einen der wichtigsten Zugänge bildete dabei die Aufklärung, die auf der Grundlage von Renaissance, Humanismus und Reformation in den ersten Anfängen im letzten Drittel des 17. Jahrhundert in Europa sichtbar wird.
Sie bedeutet im Kern einen auf Befreiung von nicht vernunftgemäß zu begründenden Ansichten gerichteten Erkenntnisvorgang durch selbständiges unvoreingenommenes Denken. Im Recht sind daraus vor allem die Anerkennung eines weltlichen Naturrechts und das Verlangen der Allgemeinheit nach Teilhabe an der Macht erwachsen, die zu Forderungen nach Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Grundrechten geführt haben. Dementsprechend wurden Folter und Leibesstrafen weitgehend abgelehnt und nach und nach an allen Orten beseitigt.
Die sich mit der Beziehung zwischen Aufklärung und Common Law in England auseinandersetzende Verfasserin ist erstmals durch eine eindringliche, von John Pocock betreute Untersuchung über James Tyrrell (1642-1718), einen Freund und Förderer John Lockes während dessen Arbeiten an Two Treatises on Government, und das politische Gedankengut der Whigs hervorgetreten. Ihren Bachelor of Arts erwarb sie an der Brown University und ihren Ph. D. an der Columbia University, den Zugang zur Rechtsgeschichte fand sie an der New York University School of Law. Nach Tätigkeiten an der Bucknell University und der University of Pennsylvania wechselte sie 2011 als Associate Professor of History an das History Department der North Carolina State University. |
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Dortmund und die Hanse. Fernhandel und Kulturtransfer, hg. v. Schilp, Thomas/Welzel, Barbara (= Dortmunder Mittelalter-Forschungen 15). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 196 S. 10 sw. Abb. 89 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das als Throtmanni zwischen 800 und 884 erstmals erwähnte Dortmund wird zwar als Siedlung am gurgelnden Wasser erklärt, doch liegt es einigermaßen entfernt von der brandenden See. Gleichwohl erlangt es auf Grund einer königlichen Pfalz des 10. Jahrhunderts über Privilegien der Staufer Konrads II., Friedrichs I. und Friedrichs II. die Stellung einer Reichsstadt und vermag sich dem von Bremen, Hamburg und Lübeck geführten Städtebund der Hanse anzuschließen. Auch wenn der Ort zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit nur etwa 4000 Einwohnern unter Landesherrschaft gerät, war die heute industriell geprägte Großstadt sich ihrer bedeutenden Geschichte doch meist sehr bewusst.
Wie die Herausgeber in ihrem kurzen Vorwort überzeugend betonen, bedarf historische Erinnerung jedoch ständiger Aktivierung. Dabei kann die Einbettung in übergeordnete Gegebenheiten eine wertvoll sichernde Stütze sein. Dementsprechend wurde ungeachtet aller umfassenden Umformung Dortmunds im Laufe seiner Geschichte auf der dem vorliegenden Sammelband vorausgehenden Tagung transdisziplinär über die Praxis des hansischen Handels im Spätmittelalter diskutiert, um fremde Impulse mit einheimischer Entwicklung zum gegenseitigen Vorteil zu verknüpfen.
Auf der Grundlage der als Zeugnisse von Austausch, Handel und Migration dienenden Baudenkmale bieten sieben Beiträge des schmalen, eleganten und reich bebilderten Bandes vielfältige Einblicke in ausgewählte Gegenstandsbereiche, die Rolf Hammel-Kiesow mit den ökonomischen Netzwerken und der „Proto-Globalisierung“ der Herren von der Hanse eröffnet. Im Anschluss hieran untersucht Rudolf Holbach den Warenhandel der hansischen Kaufleute, während Thomas Schilp Dortmund als Hansestadt in d |
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Die Brüder Grimm in Marburg, hg. v. Hedwig, Andreas (= Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 25). Hessisches Staatsarchiv Marburg, Marburg 2013. 313 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Brüder Jakob Grimm und Wilhelm Grimm wurden weder in Marburg geboren noch sind sie dort gestorben oder haben viele Lebenszeit dort verbracht und auch sonst kann der Herausgeber in seiner Einleitung Gründe dafür anführen, weshalb das vorliegende Werk auf den ersten Blick weder in das Programm des Staatarchivs Marburg noch in dessen Veröffentlichungsreihe passt. Gleichwohl sprachen dafür der Ausgangspunkt in Form einer im Foyer des Staatsarchivs anlässlich der 200. Wiederkehr der Erstausgabe der Grimmschen Märchen gezeigten Ausstellung und eine eng am Ausstellungsthema orientierte Tagung. Dazu kam, dass jede Befassung mit den Brüdern Grimm gewissermaßen von selbst über den engen Blickwinkel lokaler Geschichte in viele weite Welten hinausweist.
Dementsprechend sind die Brüder Grimm in Marburg doch ein geeigneter Inhalt für den nur scheinbar unpassenden Rahmen. Dieser Aufgabe stellen sich insgesamt acht Beiträge. Sie betreffen etwa den Geist Marburgs und seine Ausstrahlung auf das Arbeitsethos der Grimms bei den Kinder- und Hausmärchen, einen romantischen Spaziergang, die Suche nach der Grimmschen Wohnung in Marburg, Marburger Beiträge zu den Märchen, die Grimmsche Nachlasspolitik, die Rezepte der Henriette Dorothea Grimm oder die Bilder zu den Märchen sowie Land-Leben-Märchen.
Dem folgt der Katalog zur Ausstellung über die Brüder Grimm in Hessen mit dem bedeutenden Nachlass der Familie Grimm im Mittelpunkt. Nach einer kurzen Einführung werden Herkunft, Kindheit und Jugend, die Familie Grimm und vor allem das Studium in Marburg mit Hilfe vieler Dokumente geschildert bzw. dargestellt, an welche Beruf und Politik, die Abgeordnetentätigkeit Jakob Grimms in der Paulskirche in Frankfurt am Main, das Nachleben und das Werk angeschlossen wer |
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Deutsche Beratung bei Rechts- und Justizreformen im Ausland. 20 Jahre Deutsche Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit IRZ, hg. v. Hülshörster, Stefan/Mirow, Dirk. BWV, Berlin 2012. 466 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Deutsche Beratung bei Rechts- und Justizreformen im Ausland. 20 Jahre Deutsche Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit IRZ, hg. v. Hülshörster, Stefan/Mirow, Dirk. BWV, Berlin 2012. 466 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vielleicht sandte der Senat der Stadt Rom vor fast 2500 Jahren zehn Männer nach Athen, um dort eine Abschrift der Gesetze anzufertigen. Sie sollte dem Abbau der Empörung dienen, die sich aus der bestehenden Rechtsunkenntnis und Rechtsunsicherheit im Volk aufgestaut hatte. Das Ergebnis dieser Verwertung des griechischen Vorbilds war die Schaffung der Zwölf-Tafel-Gesetze als der vielleicht wichtigsten Rechtsquelle des gesamten weltlichen Rechtes der Erde überhaupt.
Seitdem ist die ambivalente Vermittlung von Recht von Volk zu Volk oder moderner von Staat zu Staat ein weit verbreiteter Vorgang geworden. Wie nahezu jedes menschliche Gut hat auch das Recht für die Gesellschaft und fast jeden ihr Angehörigen einen grundsätzlichen allgemeinen Wert, dessen Gewinnung im Zweifel zu den geringsten Kosten anzustreben ist. Dabei handelt der Geber nicht nur selbstlos, sondern auch eigennützig, weil die meisten Gaben sich früher oder später wieder für ihn selbst in irgendwelchen abgewandelten Formen lohnen.
In dieser Erkenntnis wurde die deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit geschaffen, die im Jahre 2012 auf 20 Jahre rechtsberatende Tätigkeit in einer immer größeren Zahl von Partnerstaaten zurückblicken konnte. Nach verschiedenen einführenden Grußworten und einem Rückblick und Ausblick Dirk Mirows versammelt die dabei erstellte Zwischenbilanz mehr als vierzig hauptsächlich punktuelle Referate führender Rechtspolitiker, Rechtspraktiker und Rechtstheoretiker um den Exportartikel oder das Exportgut deutsches Recht oder law - made in Germany, wobei es auch darum geht, was rechtliche Zusammenarbeit ist und wozu wir sie betreiben. Angesprochen werden viele wichtige Rechtsbereiche, einbezoge |
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Meineke, Birgit, Die Ortsnamen der Stadt Bielefeld (= Westfälisches Ortsnamenbuch 5). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2013. 323 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meineke, Birgit, Die Ortsnamen der Stadt Bielefeld (= Westfälisches Ortsnamenbuch 5). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2013. 323 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bielefeld - mit dem spielerisch gelegentlich das viele Geld verbunden wird - ist mit fast 330000 Einwohnern die größte Stadt der Region Ostwestfalen-Lippe und vor allem durch die Dr. August Oetker KG, die Stiftung Bethel, den Fußballverein Arminia Bielefeld und die noch ziemlich junge Universität überregional bekannt. Es kann aber auch auf eine lange geschichtliche Tradition zurückblicken, die bis zu den Anfängen der Schriftlichkeit in Sachsen zurückführt. Schon von daher ist es sehr erfreulich, dass der Bearbeiterin in verhältnismäßig kurzer Zeit der Abschluss eines dritten Bandes des bisher insgesamt fünf Bände umfassenden Westfälischen Ortsnamenbuchs gelungen ist.
Erfasst sind im Gebiet der kreisfreien Stadt etwa140 vor 1600 erstmals schriftlich bezeugte Siedlungsnamen, in welche die bis spätestens 1340 genannten Hofnamen einbezogen sind. Sie beginnen mit Altenhagen (1412) und enden mit (Meyer zu) Wulfringhausen. Bielefeld selbst erscheint zwischen 826 und 876 anlässlich einer Tradition eines mansus in Bylanuelde an Corvey/Korvei und wird auf eine alte Raumbezeichnung für das Gebiet im nördlichen Ausgang des Bielefelder Passes zurückgeführt, wobei mit der nasal-erweiterten Wurzel *bil- (welcher Sprache?) der Spalt im Höhenzug des Teutoburger Waldes bezeichnet worden sein kann.
Grundwörter des Bielefelder Ortsnamensbestands sind ard, au, baum, beke, berg, börde, brok, burg, busch, dorp, esch, feld, ger, hagen, heide, hem, hof, holt, horn, horst, hus (rund 30), lage, loh, sel, sele, wede und welle, Suffixe ithi, n, r, s und sn. Ein umfangreiches Literatur-, Quellen- und Kartenverzeichnis ist dem Nutzer ebenso hilfreich wie ein ausführliches Register. Karten veranschaulichen die Lage der behandelten Siedlungen und der bereits erfassten westfälischen Kreise |
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Wallmeier, Nadine, Sprachliche Muster in der mittelniederdeutschen Rechtssprache. Zum Sachsenspiegel und zu Stadtrechtsaufzeichnungen des 13. bis 16. Jahrhunderts (= Niederdeutsche Studien 55). Böhlau, Köln 2013. 306 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wallmeier, Nadine, Sprachliche Muster in der mittelniederdeutschen Rechtssprache. Zum Sachsenspiegel und zu Stadtrechtsaufzeichnungen des 13. bis 16. Jahrhunderts (= Niederdeutsche Studien 55). Böhlau, Köln 2013. 306 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der deutschen Sprache hat sich in der Neuzeit das Hochdeutsche gegenüber dem Niederdeutschen so weit durchgesetzt, dass das Niederdeutsche aus der Schriftsprache weitgehend verschwunden ist. Dies war trotz des Entwicklungsvorsprungs des südlichen Althochdeutschen vor dem nördlichen Altsächsischen und dem Altniederfränkischen im Mittelalter so nicht sicher abzusehen, da Eike von Repgow um 1221/1224 mit seinem Sachsenspiegel den ersten langen deutschen Prosatext verfasste und dieser Text sowohl im Mittelniederdeutschen wie auch infolge Übersetzung als Deutschenspiegel und Schwabenspiegel im Mittelhochdeutschen beachtliche Verbreitung erfuhr und danach auch andere Rechtstexte wie Stadtrechte und Urkunden im Süden wie im Norden aufgezeichnet wurden, wenn auch wohl stets mit einem gewissen Vorsprung des Südens. Im Norden konnte in der Folge das auf dieser Grundlage ausgebildete gemeine Sachenrecht sogar gegenüber dem eindringenden gelehrten Recht länger eine gewisse Selbständigkeit wahren.
Von dieser Ausgangslage her kann eine Untersuchung sprachlicher Muster in der mittelniederdeutschen Rechtssprache durchaus allgemeinere Aufmerksamkeit erwarten. Entstanden ist die Arbeit der Verfasserin als von Jan Wirren betreute, im Sommersemester 2009 von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld angenommene Dissertation. Gegliedert ist sie außer in eine Einleitung über Fragestellungen und Methoden (1.1, demgegenüber fehlt 1.2) sowie Ergebnisse und Ausblick in drei Kapitel über Recht, Rechtssprache und Rechtstexte (mit einem Exkurs über Volksrechte), Mittelniederdeutsch als Schreibsprache (S. 85-90) und Untersuchung des Textkorpus (Sachsenspiegel, Soester Stadtre |
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Dauer, Friederike, Die Bibliothek des Reichsgerichts (= Arbeitshefte der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks- und Dokumentationswesen 24). Neugebauer, Graz-Feldkirch 2013. 172 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen Dauer, Friederike, Die Bibliothek des Reichsgerichts (= Arbeitshefte der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks- und Dokumentationswesen 24). Neugebauer, Graz-Feldkirch 2013. 172 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Die Untersuchung ist aus einer Assessorarbeit hervorgegangen, die von der Verfasserin im Jahre 1991 an der damaligen Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen (Köln) im Rahmen der Laufbahnprüfung für den Höheren Bibliotheksdienst vorgelegt wurde. Die Autorin hat diese Arbeit um ein Kapitel über die „Reichsgerichtsbibliothek nach der Wiedervereinigung Deutschlands“ (S. 131ff.) erweitert. Wie sich aus der Untersuchung ergibt, ist die Verfasserin nicht nur Bibliothekarin, sondern auch Juristin.
Die Untersuchung ist in fünf Abschnitte gegliedert. Nach einer knappen Einleitung (S. 11ff.) wird zunächst die „Geschichte des Reichsgerichts vor dem Hintergrund der rechtlichen und politischen Situation in Deutschland“ geschildert (S. 15ff.). Darin geht die Verfasserin kurz auf die Vorläufer des Reichsgerichts ein, nämlich das Reichskammergericht, den Reichshofrat und auf das Bundesoberhandelsgericht bzw. Reichsoberhandelsgericht als die unmittelbaren Vorläufer des Reichsgerichts im 19. Jahrhundert. Sodann stellt sie die Eröffnung des Reichsgerichts am 1. 10. 1879 in Leipzig dar, die ersten Jahre des Gerichts und seine Entwicklung vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Zeit des NS-Regimes (1933-1945). Im Folgenden behandelt sie das Hauptthema der Untersuchung, also die Geschichte der Bibliothek, und zwar in drei Abschnitten: Der erste Abschnitt schildert die Gründung des Reichsgerichts und seiner Bibliothek (1879) und die Entwicklung bis 1945 (S. 33ff.). Dargestellt werden die räumlichen Verhältnisse, das Personal, vor allem die Bibliotheksdirektoren, ferner die Erwerbung und der Bestand, die Katalogisierung und die Regelungen zur Benutzung der Bibliothek. Besonders wichtig ist die Feststellung, dass der g |
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Krause, Arnulf, Der Kampf um Freiheit. Die napoleonischen Befreiungskriege in Deutschland. Theiss, Stuttgart 2013. 352 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Krause, Arnulf, Der Kampf um Freiheit. Die napoleonischen Befreiungskriege in Deutschland. Theiss, Stuttgart 2013. 352 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Welcher Mensch auch immer andere Menschen zu beeinflussen vermag, tritt als Einzelner aus der Masse besonders hervor. Dies ist dem Korsen Napoleon Bonaparte zu Beginn des 19. Jahrhunderts in außergewöhnlicher Weise gelungen. Deswegen haben er und der Kampf seiner vereinten Gegner um die an ihn verlorene Eigenständigkeit des Handelns und Denkens bereits viele Autoren zu anregenden Darstellungen bewegt.
In ihre Schar reiht sich mit dem vorliegenden, durch Bilder und Karten veranschaulichten Werk auch der in Zell im Wiesental 1955 geborene, an der Universität Bonn als germanistischer und skandinavistischer Mediävist tätige Verfasser ein. Damit schließt er an Untersuchungen über die Dichtung des Eyvindr Skáldaspillir, über die Geschichte der Germanen, die Welt der Kelten, die Welt der Wikinger oder die mythische Welt der Kelten, Germanen und Wikinger in Richtung auf die Gegenwart an. Einen Schritt dorthin hatte es bereits bedeutet, als der Verfasser im Jahre 2008 seinen Lesern erklärte, wie die Zeit der Kreuzzüge unsere moderne Gesellschaft prägte.
Das vorliegende Werk verfolgt den Gang der Ereignisse durch und gegen Napoleon in insgesamt zehn Kapiteln. Sie betreffen die Zeitenwende von der französischen Revolution des Jahres 1789 und der anschließenden Kanonade bei Valmy bis zur Schlacht von Austerlitz, Freiheit, Gleichheit und Besatzung in „Deutschland“, das (vorläufige) Ende der Gloria Preußens, die Selbsterfindung einer deutschen Nation in zwei Kapiteln, Österreichs Sieg und die deutsche Guerilla, „Deutschland“ im Krieg in zwei Kapiteln, Paris, Wien und Waterloo und schließlich nochmals die Frage nach einem Deutschland, das es damals jedenfalls in den Köpfen der entscheidenden Fürsten und ihrer Diener gar nicht geben sollte. Ingesamt bietet der Verfasser damit einem breiter |
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Aus dem Süden des Nordens. Studien zur niedersächsischen Landesgeschichte für Peter Aufgebauer zum 65. Geburtstag, hg. v. Reitemeier, Arnd/Ohainski, Uwe (= Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen 58). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013. 662 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Aus dem Süden des Nordens. Studien zur niedersächsischen Landesgeschichte für Peter Aufgebauer zum 65. Geburtstag, hg. v. Reitemeier, Arnd/Ohainski, Uwe (= Veröffentlichungen des Instituts für historische3 Landesforschung der Universität Göttingen 58). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2013. 662 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Peter Aufgebauer studierte seit 1971 Geschichte, Deutsch und historische Hilfswissenschaften in Göttingen und Freiburg im Breisgau und wurde nach dem ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien 1978 wissenschaftlicher Assistent bei Hans Patze am Lehrstuhl für niedersächsische Landesgeschichte. Nach der 1982 erfolgten Promotion über die Geschichte der Juden in der Stadt Hildesheim im Mittelalter und in der frühen Neuzeit und der Aufnahme in die historische Kommission für Niedersachsen und Bremen wurde er 1985 wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1987 akademischer Rat und 2003 akademischer Oberrat am Institut für historische Landesforschung. Der Habilitation für mittlere und neuere Geschichte im Jahre 2005 folgte vier Jahre später die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor der Universität Göttingen.
Sein langjähriges erfolgreiches Wirken im Süden des Nordes nahmen Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen, Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter zum Anlass, ihm bei Gelegenheit seines 65. Geburtstags eine ehrenvolle wissenschaftliche Gabe zu präsentieren. Sie enthält in loser alphabetischer Ordnung insgesamt 33 vielfältige Beiträge. Sie beginnen mit Überlegungen zu Joachim Justus Breithaupts Dransfelder Ahnenforschung und schließen mit Heinrich Büntings Verhältnis zur gregorianischen Kalenderreform.
In einem weiten Rahmen vieler unterschiedlicher Fächer wird dabei etwa eine Fehde vor den Mauern der Stadt Göttingen im Jahre 1458 behandelt oder die Lehnsauftragung der Eigengüter der Herren von Plesse an den Landgrafen von Hessen im Jahre 1447. Die Geschichte der bremen-verden’schen Urkundenb |
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Geschichte der Stadt Billerbeck, hg. v. Freitag, Werner. Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 704 S. 320 sw. Abb. 29 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wer ganz unvoreingenommen Billerbeck im Internet sucht, wird von Google vorweg unter Billerbeck auf Bettware, Betten, Decken und eine Freilichtbühne verwiesen. Wer sich näher für die Stadt Billerbeck interessiert, wird auf das Ordnungsamt, das Einwohnermeldeamt, Stellenangebote und das Bürgerbüro geführt. Dabei liegt seit 2012 eine stattliche Geschichte Billerbecks vor, die der Herausgeber im Auftrag des Instituts für vergleichende Städtegeschichte (vor allem) unter Mitarbeit Dörthe Gruttmanns und Constanze Siegers erstellt hat.
In seinem kurzen Vorwort legt der Herausgeber als wissenschaftlicher Vorstand des Instituts für vergleichende Städtegeschichte und Inhaber der Professur für westfälische und vergleichende Landesgeschichte zunächst die vorangehenden Überlegungen zum Titel des gewichtigen Werkes vor, wofür anfangs die Beschreibung Billerbeck. Bischof und Kleinstadt von 807/1302 bis 1960/1970 zur Debatte stand, die aber den Ort vielleicht kleiner als gewünscht und verdient erscheinen hätte lassen und danach aufgegeben wurde. Auf glänzendem Papier folgen dann auf den Seiten 21ff., 111ff. und 263ff. von Peter Ilisch, Constanze Sieger und Dörthe Gruttmann drei übergreifende Darstellungen über die erstmals in der von Altfried verfassten Lebensbeschreibung des heiligen Ludger (als dessen Sterbeort) genannte bischöfliche Siedlung (nzw. den späteren Wigbold) Billurbeki zwischen Darfeld und Rorup im nachmaligen Kreis Coesfeld (1843/1845-1969), über die Ludgerusstadt im 19. Jahrhundert und über die Kleinstadt in der Moderne des 20. Jahrhunderts. Seine zahlreichen Abbildungen werden durch einen angefügten Farbteil von 31 Seiten noch vervollkommnet.
Der dadurch abgesonderte zweite Teil behandelt kürzer Orte und soziale Räume. Erfasst werden dabei die Bauerschaften |
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Die spätmittelalterlichen Stadtbücher Dresdens und Altendresdens, hg. v. Kübler, Thomas/Oberste, Jörg, Registerband, bearb. v. Klingner, Jens/Mund, Robert (= Die Stadtbücher Dresdens - 1404-1535 - und Altendresdens - 1412-1528 - Kritische Edition und Kommentar - Ausgabe in vier Bänden - Registerband). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2013. 294 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Mit Beginn des Hochmittelalters ist allmählich die Stadt im fränkisch-deutschen Reich entstanden und mit der Stadtentstehung hat in etwa auch die Schriftlichkeit an diesen Orten Einzug gehalten. Der einzelnen Urkunde ist dabei spätestens im Spätmittelalter das vielfältig bezeichnete Stadtbuch gefolgt. Seine hilfreiche wissenschaftliche Veröffentlichung wurde für Dresden und Altendresden im Jahre 2006 begonnen und in erfreulich kurzer Zeit zum Abschluss gebracht.
Dem modernen Nutzer besonders hilfreich ist ein derartiges Unternehmen, wenn es durch Register den Zugang erleichtert. Deswegen weisen die Herausgeber in dem kurzen Vorwort des vorliegenden Bandes zu Recht auf die besonderen Erschließungscharakters des Registerbands hin. Sie haben dabei durch die ihnen verbundenen Bearbeiter neben einem vollständigen geographisch-topographischen und einem Personenregister auch eine umfangreiche Auswahl an Sachbegriffen und Schlagworten verzeichnen lassen, die einen systematischen Vergleich über mehr als 100 Jahre Dresdener Überlieferung eröffnen.
Das geografische Register reicht von Aachen bis Zwickau, das rund 175 Seiten füllende Personenregister von Abend bis Zymmeler und das Sachregister von Abbitte bis Zwingergeld. Nach seinem Ausweis ist ein Vorsprech in Dresden nicht belegt und kommt auch der Sachsenspiegel etwa im Gegensatz zu Landrecht nicht vor. Ein kurzer Anhang über Abkürzungen, verwendete Quellen und Literatur sowie die inzwischen aufgespürten Errata schließen die eindrucksvolle, die Rechtsgeschichte Dresdens und Altendresdens wesentlich förde |
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Joos, Katrin, Gelehrsamkeit und Machtanspruch um 1700. Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften im Spannungsfeld dynastischer, städtischer und wissenschaftlicher Interessen (= Stuttgarter historische Forschungen 13). Böhlau 2012. 334 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das vorliegende Werk ist die von Joachim Bahlcke betreute, 2009 unter dem Titel Monarchie und Frühaufklärung an der Universität Stuttgart angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie widmet sich der interessanten Frage der Verbindung von Herrschaft und Wissenschaft an einem für diese Zeit unerwarteten Ort. Zwar waren bereits im 17. Jahrhundert in London und Paris wissenschaftliche Akademien begründet worden, doch war es nach den einleitenden Worten der Verfasserin nicht wirklich zu erwarten, dass in dem politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungsland Brandenburg-Preußen am 12. Juli 1700 eine Sozietät der Wissenschaften gegründet wurde.
Die Verfasserin gliedert ihre gediegene Untersuchung nach einer zum Untersuchungsgegenstand und zum methodischen Konzept hinführenden, Forschungsstand und Quellen darlegenden Einleitung in drei Teile. Dabei schildert sie zunächst die Rahmenbedingen in der Form des Aufstiegs Brandenburg-Preußens im 17. Jahrhundert, der Entwicklung Berlins bis zu dieser Zeit und der Symbiose von Staat und Wissenschaft in der europäischen Akademiebewegung, stellt dann die Interessen der Dynastie, der Stadt und der Gelehrten (darunter Johann Gebhard Rabener, Johann Jacob Chuno und vor allem Gottfried Wilhelm Leibniz) dar und verfolgt schließlich Anspruch und Wirklichkeit in den ersten Jahren der Akademie. Am Ende fasst sie ihre neuen Erkenntnisse zusammen und legt im Anhang ihre ungedruckten und gedruckten Quellen sowie die verwendete Literatur offen.
Im Ergebnis kann sie die Gründung der Sozietät ansprechend auf eine einzigartige günstige historische Situation zurückführen, doch muss sie auch darauf hinweisen, dass ein |
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Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574. Der Atlas des Gottfried Mascop, hg. v. Ohainski, Uwe/Reitemeier, Arnd (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 57) Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 240 S. 13 sw. Abb. 187 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574. Der Atlas des Gottfried Mascop, hg. v. Ohainski, Uwe/Reitemeier, Arnd (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 57) Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 240 S., 13 sw. Abb., 187 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer immer sich mit einer örtlichen Gegebenheit in der Geschichte befasst hat, wird vielfach ein Bedürfnis nach visueller Veranschaulichung der jeweiligen Gegebenheit gespürt haben, das sich nicht immer sofort in der gewünschten Art und Weise mit geringem Aufwand erfüllen ließ. Aus diesem Interesse heraus hat ja bereits der frühe Mensch Zeichnungen und Bilder erstellt, um die Umwelt sich und anderen graphisch vor Augen zu führen. Dies hat in der Folge schon im Altertum und dann wieder in der Neuzeit zu großen und bedeutenden Kartenwerken geführt.
Da auch Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg eine anschauliche Übersicht über sein der Geschlossenheit entbehrendes, flächenmäßig kleines Herzogtum vermisste, beauftragte er im Jahre 1572 den in Emmerich geborenen, in Köln ausgebildeten, in ehrgeiziger Absicht, jedoch letztlich ohne großen Erfolg eine Erfassung aller Territorien des Heiligen römischen Reiches anstrebenden, 1575 nach Mainz wechselnden Kartographen Gottfried Mascop mit der Erstellung einer „mappe“. Diese war 1574 hergestellt und zeigte mehr als 40 Ämter und Gerichte mit Siedlungen, Burgen, Gewässern, Wäldern, Mühlen, Steinbrüchen und Bergwerken. Trotz seiner Erstmaligkeit für Norddeutschland galt das Manuskript bis zu seiner Auffindung im Stadtarchiv Hildesheim im Jahre 2010 als verschollen oder überhaupt nicht angefertigt.
Die Herausgeber stellen Mascops Leistung im vorliegenden Werk in beeindruckender Ausstattung der Allgemeinheit zur Verfügung. Der einführende Erläuterungsteil behandelt in 13 instruktiven Beiträgen zahlreiche bedeutsame Einzelfragen, 28 Tafeln mit modernen Umzeichn |