Akten des Reichskammergerichts im Hauptstaatsarchiv Hannover. Hochstift Hildesheim und benachbarte Territorien 1495-1806, bearb. und eingel. v. Kauertz, Claudia, nach Vorarbeiten von Szabó, Anikó/Wieczorek, Klemens (†), unter Mitarbeit und mit Indizes von Mahmens, Sven, Teil 1 A–G, Teil 2 H–O, Teil 3 P–Z, Teil 4 Indizes. Hahn, Hannover 2009 (= Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung. Das Niedersächsische Landesarchiv und seine Bestände Band 1 = Inventar des Reichskammergerichts 30). Hahnsc |
Ganzen Eintrag anzeigen Akten des Reichskammergerichts im Hauptstaatsarchiv Hannover. Hochstift Hildesheim und benachbarte Territorien 1495-1806, bearb. und eingel. v. Kauertz, Claudia, nach Vorarbeiten von Szabó, Anikó/Wieczorek, Klemens (†), unter Mitarbeit und mit Indizes von Mahmens, Sven, Teil 1 A–G, Teil 2 H–O, Teil 3 P–Z, Teil 4 Indizes. Hahn, Hannover 2009 (= Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung. Das Niedersächsische Landesarchiv und seine Bestände Band 1 = Inventar des Reichskammergerichts 30). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2009. 1-769, 775-1860, 1865-2938, 2943-3429 S., graph. Darstell. Besprochen von Peter Oestmann.
Mit einem vierbändigen monumentalen Wurf eröffnet das Hauptstaatsarchiv Hannover eine neue Schriftenreihe mit gedruckten Repertoriumsbänden. Der Auftakt hätte kaum besser gelingen können. Die reichskammergerichtlichen Inventarbände sind Teil des inzwischen weitgehend abgeschlossenen Verzeichnungsprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das seit den 1970er Jahren auf Veranlassung Bernhard Diestelkamps und anderer die im 19. Jahrhundert zerrissenen Aktenbestände in einheitlich gegliederten modernen Repertorien erschlossen hat.
Hannover hatte dabei doppelte Mühe, denn bereits von ca. 1960 bis 1972 hatte Erich Weise ein maschinenschriftliches Findbuch erarbeitet und dabei die Überlieferung nach den drei damals bestehenden Regierungsbezirken Hannover, Hildesheim und Lüneburg in drei Unterabteilungen gegliedert. Im Hinblick auf die DFG-Grundsätze mussten alle Akten nunmehr nochmals verzeichnet werden, eine Arbeit, welche die Archivmitarbeiter von 1980-1982 und 2001-2004 leisteten. Da der Großteil der Hannoveraner Akten aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Hildesheim stammt, sind die Hildesheimer Verzeichnungen jetzt vor den beiden anderen Teilbeständen im Druck erschienen. Es handelt sich um 2164 Prozesse, die sich auf die ehemaligen südniedersächsischen Territorien verteilen.
Das Repertorium beginnt mit einer außergew |
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Albrecht, Henning, Antiliberalismus und Antisemitismus. Hermann Wagener und die preußischen Sozialkonservativen 1855-1873 (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 12). Schöningh, Paderborn 2010. 596 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Neben den preußischen „Altkonservativen“ bildeten die Sozialkonservativen, die keine eigene Partei hervorgebracht haben, einen Flügel dieser Partei im Umfeld Hermann Wageners (1815-1889), der als der einflussreichste Ideengeber und Organisator der Sozialkonservativen angesehen werden kann. Wagener war aus dem preußischen Justizdienst 1848 wegen seiner konservativen Haltung vom damaligen Justizminister Bornemann zur Disposition gestellt worden (S. 56). Er war erster Chefredakteur der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung) von 1848-1854, 1861-1873 der Berliner Revue sowie maßgebender Mitarbeiter an weiteren konservativen Zeitschriften und gehörte dem Preußischen Abgeordnetenhaus von 1853-1858 und von 1861-1870 sowie dem Reichstag von 1867-1873 an. Von 1866-1873 war er im preußischen Staatsministerium als Vortragender Rat Ratgeber Bismarcks in innen- und sozialpolitischen Fragen. Albrecht untersucht in seiner umfassenden Darstellung erstmals die vornehmlich von Wagener ausgehenden Konzepte der preußischen Sozialkonservativen und zeigt auf, dass letztere bereits mit allen Elementen eines „modernen“ Antisemitismus operierten, die nach bisherigen Forschungen erst der Zeit nach dem „Gründerkrach“ von 1873 zugeschrieben werden. Zwischen 1860 und 1872 bedienten sich die Sozialkonservativen um Wagener der Judenfeindschaft als Mittel der politischen Agitation, die ausgelöst wurde durch die liberale „Neue Ära“ von 1858. Die Sozialkonservativen wandten sich gegen den Liberalismus, der mit dem Judentum identifiziert wurde (S. 282). Gefordert wurde u. a. die „Errichtung einer christlich-solidarischen, nationalen, korporativ gegliederten Interessengemeinschaft in sozialkonservativem Sinne, die den ausbeutend-unso |
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Alisch, Michael, Heinrich Himmler - Wege zu Hitler. Das Beispiel Heinrich Himmler. Lang, Frankfurt am Main 2010. 171 S., 1 Abb., 2 Graf. Besprochen von Martin Moll. |
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Keine Frage: Person und Persönlichkeit des Reichsführers-SS Heinrich Himmler (1900-1945) werden Wissenschaft und Öffentlichkeit noch lange beschäftigen, verkörpert er doch wie kein zweiter das Paradoxon, dass ein wohlbehütetes, humanistisch erzogenes Kind einer gutsituierten, monarchistischen, katholischen Bürgerfamilie zum Nationalsozialismus finden und zu einem der maßgeblichen Exekutoren des Holocaust werden konnte. Untersuchungen über Himmlers nicht direkt unglückliche, aber doch irgendwie schief gelaufene Kindheit und Jugend setzten schon bald nach seinem Selbstmord ein und dauern bis heute fort, ohne dass ein Ende in Sicht wäre.
In diese Forschungslandschaft reiht sich die 2008 vorgelegte und nunmehr gedruckte Hamburger Magisterarbeit Michael Alischs ein. Der 1953 geborene Verfasser arbeitet als Urkundenexperte bei der Hamburger Kriminalpolizei und absolvierte seit 2000 berufsbegleitend ein Studium der Psychologie und der Geschichte, so dass die in der Arbeit zum Tragen kommende Verbindung beider Disziplinen folgerichtig erscheint. Den Anforderungen an eine Magisterarbeit entsprechend, hat Alisch überwiegend die vorliegende Literatur einschließlich edierter Quellen ausgewertet; bei Archivbesuchen sind Himmlers frühes Tagebuch sowie einige ergänzende, wenngleich eher triviale Dokumente (Materialempfangsschein, Urlaubsschein usw.) herangezogen worden.
Anlage und Durchführung der Arbeit geben zu keiner substanziellen Kritik Anlass, weshalb man lediglich ins Feld führen muss, was man als des Autors Pech bezeichnen könnte: 2008, als Alisch seine Arbeit einreichte, erschien gleichzeitig Peter Longerichs monumentale Studie: Heinrich Himmler. Biographie (München 2008), das Ergebnis vieljähriger Recherchen, basierend auf allen zugänglichen Quellen, die Resultate au |
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Angenendt, Arnold, Die Gegenwart von Heiligen und Reliquien, eingel. und hg. v. Lutterbach, Hubertus. Aschendorff, Münster 2010. 260 S. Besprochen von Jasmin Deborah vom Brocke. |
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Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um eine Sammlung von acht Aufsätzen des Münsteraner Kirchenhistorikers Arnold Angenendt zum Thema „Heilige und Reliquien“, die in der Zeit nach dem Erscheinen seiner gleichnamigen Monographie (1. Aufl. 1994) entstanden sind. Kompiliert und eingeleitet wurde der Band, der sich als eine Festgabe zum 75. Geburtstag Arnold Angenendts versteht, durch Hubertus Lutterbach.
In seiner Einleitung stellt Hubertus Lutterbach die anhaltende Aktualität der Beschäftigung mit Heiligen und Reliquien heraus, so etwa durch das Sachbuch „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling, das dessen Reise auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela beschreibt. Weiter gibt er das positive wissenschaftliche Echo auf die bereits erwähnte Monographie Angenendts wieder und stellt die Heiligen und Reliquien dann den Plastinaten aus Gunther von Hagens Ausstellung „Körperwelten“ gegenüber, wobei er zu der Erkenntnis kommt, dass die geringste Überschneidung von Reliquien und Plastinaten diejenige ist, dass beides Körper von Verstorbenen sind. Reliquien bestechen durch ihre Natürlichkeit, während den Plastinaten eine umfangreiche und aufwendige Behandlung zukommt. Der Herausgeber stellt aber zu Recht fest, dass es keine Kontinuität zwischen Reliquien und Plastinaten gibt (S. 15/16). Abschließend nennt er zwei tagesaktuelle Beispiele, welche die Bedeutung von Reliquien in unserer heutigen Zeit noch einmal hervorheben: nämlich die Verehrung des verstorbenen, aber noch nicht heilig gesprochenen Papstes Johannes Paul II. (S. 19-22) und die Auffindung der Reliquien des Apostel Paulus Ende Juni 2009 (S. 22-25).
Der Schwerpunkt dieser Aufsatzsammlung liegt auf der Religionsgeschichte, für die Rechtsgeschichte ergeben sich nur wenige Ansatzpunkte. So se |
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Anreiter, Peter/Chapman, Christian/Rampl, Gerhard, Die Gemeindenamen Tirols. Herkunft und Bedeutung. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 650 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Namen sind ein Spiegelbild der Geschichte, erklären die Verfasser am Ende ihrer trotz aller sachlichen Schwierigkeiten gut verständlichen Einführung. Deswegen eröffnen die Namen den Blick auf die Vergangenheit eines Gebietes. Bei der großen Gesamtzahl aller Namen, die sich in Tirol finden lassen, können die 279 Gemeinden, auf die der Titel das Werk beschränkt, nur einen Ausschnitt bieten, doch ist er mit den Verfassern als repräsentativer Querschnitt anzusehen.
Gegliedert ist das Werk nach den neun Bezirken Tirols. Sie sind wie die Namen selbst alphabetisch geordnet (Imst, Innsbruck, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Reutte, Schwaz). Der Nutzer muss also den übergeordneten Bezirk eines Namens kennen oder den am Ende befindlichen Namenindex benutzen, der von Abfaltern bis Zwerchbach rund 1000 Namen enthält.
Die 279 Artikel gliedern sich streng in vier Abschnitte. Diese betreffen das Referenzobjekt, die bodenständige Aussprache, die ältesten Belege und die Belegwürdigung und Etymologie. Unter den ältesten Belegen wird eine möglichst aussagekräftige und lückenlose Belegkette vom die unsicherere Vermutung durch den eindeutigen Nachweis ablösenden Erstbeleg bis mindestens in das 15. Jahrhundert wiedergegeben, die vor allem auf Peter Anreiters Frühnennungen der Nord- und Osttiroler Gemeindenamen beruht.
Von besonderem Gewicht ist jeweils der Abschnitt Belegwürdigung und Etymologie, der auf der sorgfältigen Berücksichtigung aller Gegebenheiten beruht, die vorangehende Literatur umsichtig verwertet und zahlreiche bessere Erklärungen versucht. Dabei wird, wie im Vorwort einsichtig dargelegt, im Wesentlichen zwischen sehr seltenen vorindogermanischen Namen (Alpen, Tauern), wenigen Namen der seit der zweiten Hälfte des zweiten vorchristlich |
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Auf dem Weg zu einer europäischen Sammelklage?, hg. v. Casper, Matthias/Janssen, André/Pohlmann, Petra/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. XIII, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Bereits im Laufe des Mittelalters drangen Gedanken des in Rom von vielen Rechtskundigen ausgeformten Rechtes an einzelnen Stellen in den germanistischen Sprachraum ein. Im Laufe der Jahrhunderte erwuchs daraus eine weitreichende Rezeption antiken römischen Rechts in zeitgenössischer Anwendung. Vor allem seit dem 20. Jahrhundert wird das weitgehend ausgeschöpfte römische Rechtsideenreservoir zunehmend durch den Blick auf die unbekümmert praktisch-ökonomisch handelnden Vereinigten Staaten von Amerika ersetzt.
Dort wurde eine auch in die Federal Rules of Civil Procedure, Title 28 United States Code Appendix Rule 23 aufgenommene besondere class action entwickelt. Bei ihr klagt eine große Zahl von Klägern gegen einen Beklagten. Das Besondere bei dieser Sammelklage ist, dass für viele Kläger (z. B. Geschädigte) bedeutsame Tatsachenfragen und Rechtsfragen nicht in vielen einzelnen Rechtsstreitigkeiten einzeln geprüft und entschieden werden müssen, sondern dass sie an einer Stelle mit einheitlicher Wirkung für alle Beteiligten geklärt werden können, die dann nicht mehr ihre einzelne Betroffenheit sondern nur noch ihre Zugehörigkeit zu gleichen Gruppe beweisen müssen.
Wegen der wachsenden Bedeutung dieser etwa durch Klagen von nationalsozialistischen Zwangsarbeitern weltweit als durchaus erfolgreich bekannt gewordenen Einrichtung lud das Centrum für europäisches Privatrecht in Münster zum 15. und 16. Januar 2009 zu einem First Round Table der Challenges in European Private Law ein. Diese durch ein im November 2008 veröffentlichtes Grünbuch der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren noch beflügelte Veranstaltung führte Theoretiker und Praktiker aus (sechs) verschieden |
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Auf dem Weg zur politischen Partizipation? Landstände und Herrschaft im deutschen Südwesten, hg. v. Lorenz, Sönke/Rückert, Peter (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 182). Kohlhammer, Stuttgart 2010. IX, 179 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zur Erinnerung an die in der Grafschaft Württemberg 1457 erstmals dokumentierten Landtage fand am 8. und 9. November 2007 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und im Haus des Landtags Baden-Württemberg eine wissenschaftliche, vom Landesarchiv, vom Landtag, vom Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine sowie dem Institut für geschichtliche Landeskunde und historische Hilfswissenschaft der Universität Tübingen organisierte, in den weiteren Rahmen der Ausstellung Landschaft, Land und Leute, politische Partizipation in Württemberg 1457 bis 2007 gehörende Tagung statt. Die dortigen Vorträge sollten die sozialen und territorialen Strukturen vergleichend vorstellen und die Problematik der politischen Partizipation herausarbeiten. In der Drucklegung sind sie bearbeitet und ergänzt sowie dem Gedächtnis Joachim Fischers (1936-2009) gewidmet.
Die insgesamt neun Beiträge werden eingeleitet von Sönke Lorenz, der die Entwicklung vom herrschaftlichen Rat zu den Landständen in Württemberg vom 13. bis zum 16. Jahrhundert schildert. Auf dieser allgemeineren Grundlage untersucht Johannes Dillinger besonders die politischen Mitspracherechte der Landbevölkerung in Württemberg, Baden-Baden und Schwäbisch-Österreich vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, während Christoph Volkmar Landesherrschaft und territoriale Funktionseliten in Württemberg und Sachen um 1500 vergleicht und Oliver Auge die Bedeutung der geistlichen Landstände im Südwesten und Nordosten des Reiches bis zur Reformation behandelt. Damit schließt der wichtige vergleichende Blick nach außen.
Unter dem Buchtitel stellt |
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Auffenberg, Ulrich, Friedrich Esaias von Pufendorfs Entwurf eines hannoverschen Gesetzbuches mit Edition. Diss. jur. Frankfurt am Main. 2007. V, 193 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
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Auf dem Gebiet der Gesetzgebung sind die welfischen Territorien, abgesehen vom Zivilprozessrecht im 19. Jahrhundert, nicht besonders hervorgetreten. In Helmut Coings Handbuch zum Europäischen Privatrecht findet jedoch neben den großen bayerischen, preußischen und österreichischen Gesetzbüchern des 18. und frühen 19. Jahrhunderts immer wieder der Entwurf eines hannoverschen Landrechts Erwähnung. Bereits 1970 hat Wilhelm Ebel ein Manuskript der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen unter dem Titel „Friedrich Esajas Pufendorfs Entwurf eines hannoverschen Landrechts (vom Jahre 1772)“ publiziert. Ulrich Auffenberg äußert allerdings nunmehr berechtigte Zweifel, ob die undatierte Göttinger Handschrift tatsächlich der Entwurf für den Codex Georgianus ist, den der Vizepräsident des Oberappellationsgerichts Celle, Friedrich Esaias von Pufendorf, für König Georg III. als Kurfürst von Hannover erarbeitet hat.
Auffenberg beginnt nach einer kurzen Einleitung mit der Lebensgeschichte Pufendorfs und zieht dazu dessen Autobiographie heran (S. 2-7). Dabei kann er auf einige Ungereimtheiten der bisherigen Forschung hinweisen. Im Mittelpunkt von Auffenbergs Arbeit steht allerdings die Edition eines handschriftlichen Entwurfs zu einem hannoverschen Gesetzbuch im Familien- und Gutsarchiv der Familie von Lenthe unweit von Hannover (S. 17-158). Dieser Gesetzentwurf aus dem Obergut Lenthe, den Auffenberg sorgfältig transkribiert hat, kann anhand weiterer dort vorhandener, mit Datumsangaben versehener Briefe auf das Jahr 1769 datiert werden. Die Briefe gehören zu einer umfangreichen Korrespondenz zwischen Friedrich Esaias von Pufendorf und Albrecht Friedrich von Lenthe aus der Zeit vom November 1768 bis zum Juni 1769 (Edition S. 161-172). Bilder Pufe |
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Ausschüsse für Luftrecht, Luftschutzrecht, Kraftfahrzeugrecht und Rundfunkrecht, hg. und mit einer Einleitung versehen v. Schubert, Werner (= Akademie für deutsches Recht 1933-1945. Protokolle der Ausschüsse 18). Lang, Frankfurt am Main 2009. XXXIX, 664 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ausschüsse für Luftrecht, Luftschutzrecht, Kraftfahrzeugrecht und Rundfunkrecht, hg. und mit einer Einleitung versehen v. Schubert, Werner (= Akademie für deutsches Recht 1933-1945. Protokolle der Ausschüsse 18). Lang, Frankfurt am Main 2009. XXXIX, 664 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der achtzehnte Band der von Werner Schubert in ununterbrochener Reihenfolge herausgegebenen Protokolle der Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht vereinigt die Protokolle bzw. Arbeiten der verkehrsrechtlichen Ausschüsse (Ausschuss für Luftrecht, Ausschuss für Kraftfahrzeugrecht) und fügt dem die Protokolle des personell mit dem Luftrechtsausschuss eng verbundenen Ausschusses für Luftschutzrecht und die Protokolle des Ausschusses für Rundfunkrecht hinzu. Die ursprünglich geplante Einrichtung eines allgemeinen Verkehrsrechtsausschusses und eines Ausschusses für Eisenbahnrecht kam nicht zustande. In der Einleitung bereichtet der Herausgeber sorgfältig über Quellen und Umfang der Edition, die Arbeiten des Ausschusses für Luftrecht, die Arbeiten des Ausschusses für Luftschutzrecht, die Arbeiten des Ausschusses für Kraftfahrzeugrecht und die Arbeiten des Ausschusses für Rundfunkrecht.
Als Ausschussmitglieder kann er etwa für den Luftrechtsausschuss anführen Albrecht, Bernhard, Bülow, Darsow, Hermann Dersch, Döring (Doering), Eickhoff, Fokken, Goltz, Haeften, Günther Haupt, John, Keith, Kettlitz, Wilhelm Kisch, Krieger, Fritz Lindenmaier, Loerzer, Lossau, Hermann von Mangoldt, Müller, Oppikofer, Pietzker, Rebsamen, Reemsberg, Reymann, Riese, Runge, Rütow, Schleicher, Schuster, Thees, Troitzsch, Adalbert von Unruh, Wegerdt, Wehde, Gustav Wilke und Wimmer. Soweit möglich, stellt er die wichtigsten einschlägigen Daten zusammen. Dadurch gewinnen die edierten Quellen auch persönlich erheblich an Kontur.
Für den Luftrechtsausschuss kann er vom 14. 11. 1934 bis 2. 11. 1940 14 Positionen mit jeweils meist mehreren Unterlagen vorlegen, für den Luftschu |
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Balogh, Elemér, Die ungarische Strafrechtskodifikation im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen 12). LIT, Münster 2010. VI, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Balogh, Elemér, Die ungarische Strafrechtskodifikation im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen 12). LIT, Münster 2010. VI, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Elemér Balogh, der in Freiburg im Breisgau 1992 mit einer Untersuchung über die Verdachtsstrafe als Erscheinungsform der Schuldvermutung promoviert wurde, beschäftigt sich seit dieser Zeit mit der neuzeitlichen ungarischen Strafrechtsgeschichte auf der Grundlage der Notwendigkeit der Kenntnis der zeitgenössischen deutschen Rechtskultur. Seinem Gegenstand hat er seitdem mehrere Aufsätze gewidmet. Sie haben in ihm die Erkenntnis reifen lassen, dass ein Resümee seiner Forschungsergebnisse auch in die Hand der deutschen Leser gehört, wofür Thomas Vormbaum verdienstvollerweise die Bahn geebnet hat.
Die schlanke Untersuchung gliedert sich insgesamt in drei Teile. Zunächst erweist der Verfasser die drei von ihm erfassten Strafgesetzentwürfe als Ergebnisse der Kodifikationstätigkeit deputationum regnicolarum (1790-1843). Danach schildert er die traditionelle Dogmatik des materiellen Strafrechts, der er schließlich die dogmatische Entwicklung zur Zeit des Vormärz gegenüberstellt. Im Anhang gibt er dann den Codex de delictis eorumque poenis von 1795, den Codex de delictis eorumque poenis von 1830 und (den Gesetzesvorschlag) Von den Verbrechen und Strafen für das Königreich Ungarn von 1843 wieder, die für jedermann an Hand nicht in Gesetzeskraft erwachsener Projekte den vor allem über die österreichische peinliche Landtgerichtsordnung (Ferdinandea) von 1656 mit dem deutschen Sprachraum verbundenen Weg zeigen, auf dem die strafrechtliche Grundlage der modernen bürgerlichen Gesellschaft in Ungarn geschaffen wurde.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Baltisch-europäische Rechtsgeschichte und Lexikographie, hg. v. Kronauer, Ulrich/Taterka, Thomas (= Akademiekonferenzen 3). Winter, Heidelberg 2009. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baltisch-europäische Rechtsgeschichte und Lexikographie, hg. v. Kronauer, Ulrich/Taterka, Thomas (= Akademiekonferenzen 3). Winter, Heidelberg 2009. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Balten sind eine kleine, aber selbständige und für die deutsche Geschichte bedeutsame Völkergruppe am östlichen Rand der mittleren Ostsee. Ihre Entwicklung verlief durchaus wechselhaft, brachte ihnen aber mit dem Ende der Sowjetunion wieder die Freiheit. Deswegen war nicht nur der Beitritt zur Europäischen Union möglich, sondern konnten an der im April 2002 vom Deutschen Rechtswörterbuch in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften veranstateten Tagung über baltische (Rechts-)Kultur und Deutsches Rechtswörterbuch erstmals fünf Gäste aus Lettland und zwei Gäste aus Estland teilnehmen.
Der danach veröffentlichte, leider ein Register entbehrende Sammelband enthält insgesamt 14 Beiträge von der Verbreitung des Sachsenspiegels und des Magdeburger Rechts in den baltischen Ländern (Heiner Lück) bis zu Peeter Järvelaids biographischem Essay über Friedrich Georg von Bunge und Leo Lesment. Unterschieden werden dabei nach einer kurzen Einleitung der Herausgeber historische Dimensionen, Sprache und Recht im Baltikum und biographische Zugänge. Bei den historischen Dimensionen fragt etwa Tiina Kala, wofür man einen Rechtskodex (des lübischen Rechts im mittelalterlichen Reval) braucht, während Ralph Tuchtenhagen die schwedischen Rechtseinflüsse und Kaspars Klaviņs den Rechtszustand der Eingeborenen im lettischen Distrikt Altlivlands hinsichtlich Mythos und Realität untersuchen.
Bei Sprache und Recht geht es etwa um die Diachronie der Rechtswörter in den Rigaer mittelniederdeutschen Urkunden (Dzintra Lele-Rozentale), um das Deutsche Rechtswörterbuch als Hilfsmittel für die Erschließung hansischer Urkunden Rigas (Kristine Pavlovska), um Reflexe des Mittelniederdeutschen in den altrussischen Vertragsdokumenten aus Nowgorod (Igor Koškin), um die R |
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Bauer, Christoph W., Der Buchdrucker der Medici. Haymon, Innsbruck 2010. 149 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bauer, Christoph W., Der Buchdrucker der Medici. Haymon, Innsbruck 2010. 149 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Deubach am Schmutterzufluss Dullbach bei Augsburg wird 1610 Michael Wagner geboren, dem der Verfasser durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte bis zur Gegenwart folgt. Schon als Lateinschüler in Augsburg sammelt er als Laufbursche erste Erfahrungen mit dem Buchhandel. Dem schließt sich eine Lehre als Buchdrucker an.
Im März 1639 bietet sich ihm in Innsbruck die Möglichkeit der Verheiratung mit der Buchdruckerswitwe Maria Gäch. Am 11. Oktober 1639 erhält er von Claudia von Medici die Erlaubnis zur Ausübung der „Puechtruckherey“. Danachwill er als Drucker der Medici nichts unversucht lassen, seiner Landesfürstin zur Ehre zu gereichen.
In bunten Bildern schildert der 1968 in Kärnten geborene Verfasser anschließend die Geschichte der Wagner’schen Buchhandlung und Hofdruckerei in Innsbruck. Geschickt verbindet er Unterhaltung mit archivalischen Grundlagen. Seinen Streifzug durch 300 Jahre interessante Unternehmensgeschichte veranschaulichen am Ende sieben Abbildungen vom Freibrief des Jahres 1639 bis zum Inventar von 1701.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Bauer, Johann Paul, Wörterbuch der heutigen Rechts- und Politiksprache - Deutsch - Latein = Lexicon terminorum iuridicorum et politicorum nostrae aetatis - Theotisco - Latinum, hg. v. Herberger, Maximilian/Riemer, Peter/Weth, Stephan. Alma mater Verlag, Saarbrücken 2008. XX, 596 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bauer, Johann Paul, Wörterbuch der heutigen Rechts- und Politiksprache - Deutsch - Latein = Lexicon terminorum iuridicorum et politicorum nostrae aetatis - Theotisco - Latinum, hg. v. Herberger, Maximilian/Riemer, Peter/Weth, Stephan. Alma mater Verlag, Saarbrücken 2008. XX, 596 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das römische Recht ist eine wesentliche Wurzel aller Rechte der heutigen Welt. Da es als Gedankengebilde in die lateinische Sprache gefasst ist, lässt es sich nur auf der Grundlage des Lateinischen wirklich verstehen und hat seinerseits seinem formalen Medium zu zahlreichen Weiterwirkungen in anderen Sprachen verholfen. Noch in der Gegenwart lässt sich das geltende Recht mit Lateinkenntnissen besser verstehen als ohne sie.
Dass darüber hinaus die moderne rechtliche Gedankenwelt aber einer Rückübertragung in das Lateinische bedürfen könnte, ist außerhalb der lateinischen Kirche wohl eine eher seltene Überlegung. Die Römer kannten ja beispielsweise keine Arbeiterbewegung, keine Arbeiterfrage, keine Arbeiterhochschule, keine Arbeitslosigkeit oder keinen Arbeitsvertrag. Gleichwohl hat der Verfasser ein deutsch-lateinisches Wörterbuch der heutigen Rechts- und Politiksprache geschaffen, das diese Lücke schließt, ohne dass dies von vornherein zu erwarten gewesen wäre.
Ausgebildet ist der in Nürnberg am 9. Juni 1933 geborene, nach dem Besuch der Oberrealschule und des neusprachlichen Gymnasiums mit einem Staatsstipendium Bayerns für besonders Begabte ausgezeichnete Verfasser nämlich zunächst als Diplomkaufmann und erst danach als Jurist. Das Studium der Rechtswissenschaft in München und Erlangen hat er 1958 mit der Note gut abgeschlossen, die Referendarzeit 1963 als Bester seines Termins mit der Note sehr gut. Daneben begann er bereits während der Referendarzeit als Assistent bei Ludwig Schnorr von Carolsfeld, der in Erlangen zu dieser Zeit neben vielem anderem auch das römische Recht vortrug.
Die von Ludwig Schnor |
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Baumgart, Peter, Brandenburg-Preußen unter dem Ancien régime. Ausgewählte Abhandlungen, hg. v. Kroll, Frank-Lothar (= Historische Forschungen 92). Duncker & Humblot, Berlin 2009. VIII, 595 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baumgart, Peter, Brandenburg-Preußen unter dem Ancien régime. Ausgewählte Abhandlungen, hg. v. Kroll, Frank-Lothar (= Historische Forschungen 92). Duncker & Humblot, Berlin 2009. VIII, 595 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahre 2006 veröffentlichte der 1931 in Berlin-Charlottenburg geborene, im Studium der Geschichte an der Freien Universität Berlin von Carl Hinrichs (1900-1962) und Gerhard Oestreich (1910-1978) geprägte, 1956 mit einer Arbeit über Zinzendorf promovierte, 1967 nach Würzburg berufene Peter Baumgart auf Grund jahrzehntelanger Studien gesammelte Beiträge unter dem Titel Universitäten im konfessionellen Zeitalter (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 149, Aschendorff, Münster 2006, X, 519 S., besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 125 [2008]). Nur wenige Jahre später werden ausgewählte Abhandlungen zu Brandenburg-Preußen unter dem Ancien régime vorgelegt. Sie widmen sich in erster Linie der Entwicklung des Territorialstaats Kurbrandenburg zur preußischen Monarchie des 18. Jahrhunderts und verbinden geistesgeschichtliche Analysen mit verwaltungshistorischen, sozialhistorischen, diplomatiegeschichtlichen, dynastiegeschichtlichen, militärgeschichtlichen und regionalgeschichtlichen Aspekten und Perspektiven.
Gegliedert hat der verdienstvolle Herausgeber die insgesamt 30 zwischen 1958 und 2002 verfassten Beiträge in sechs Themenbereiche. Sie betreffen den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen sich das brandenburgisch-preußische Staatswesen bis zum 18. Jahrhundert konstituierte, die Dynastie und Dynasten im 17. und 18. Jahrhundert (vor allem der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm I., Friedrich der Große), Strukturprobleme des preußischen Staatswesen (Stände, Kongressdiplomatie, Binnenstrukturen, Königskrönung, Auswärtiges Amt, Verwaltung, Armee, Adel und einzelne Persönlichkeiten wie Heinrich Rüdiger von Ilgen und Karl Abraham Freiherr von Zedlitz), Schlesien im System der preußischen Politik, die jüdische Minde |
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Baur, Sebastian, Vor vier Höllenrichtern … Die Lizentiats- und Doktorpromotionen an der juristischen Fakultät der Universität Heideldberg. Lang, Frankfurt am Main 2009. 464 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baur, Sebastian, Vor vier Höllenrichtern … Die Lizentiats- und Doktorpromotionen an der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg. Lang, Frankfurt am Main 2009. 464 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer sich über Heidelberger Promotionen unterrichten will, wird in Schlagwortregistern kaum hinter Höllenrichtern Promotionsgutachter vermuten. Dennoch hat sich Sebastian Baur für den Titel seiner von Klaus-Peter Schroeder angeregten und betreuten, im Juli 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommenen Dissertation für die Verwendung dieses Aufmerksamkeit erweckenden Wortes entschieden. Seine eigenen Gutachter beurteilt er freilich als stets engagiert, freundlich, rundum angenehm, sorgfältig und rasch entscheidend, also eher als Himmel auf Erden.
Seine ausführliche Untersuchung gliedert er naheliegenderweise chronologisch. Deswegen setzt er bei den Anfängen akademischer Graduierung in Europa mit den Schulen neues Typs ein und behandelt auf der Suche nach einem Vorbild für das 1385 privilegierte Heidelberg Paris und Bologna. Binnen kurzer Zeit erwuchs aus deren Praxis die Vorstellung der Lizenz, allerorten lehren zu dürfen.
Der erste Heidelberger Abschnitt betrifft die Zeit von den Anfängen bis 1558, der zweite die Zeit bis zum pfälzischen Erbfolgekrieg von 1688 bis 1697, dem das achtzehnte, das neunzehnte und das 20. Jahrhundert folgen. Im Einzelnen werden jeweils die Voraussetzungen der Graduierung, deren Ablauf und Kosten, der Zusammenhang zwischen Grad und Lehramt, der Einfluss von Seuchen und Kriegen, die Missstände und die Frequenzen behandelt. Dabei gelingen dem Verfasser zahlreiche neue Einzelerkenntnisse.
Von allgemeinerer Bedeutung scheinen dabei die augenfälligen Missstände des 18. Jahrhunderts zu sein, in dem die Professoren kurfürstlichen Forderungen nach der Promotion unter Verzicht auf Prüfungsleistungen keinen Widerstand entgegensetzten. Seit 1805 war zwar die Dissertatio |
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Bavendamm, Dirk, Der junge Hitler. Korrekturen einer Biographie 1889-1914. Ares, Graz 2010. 592 S. 24 S. Bildteil. Besprochen von Martin Moll. |
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Was kann man, so möchte man zu Beginn der Lektüre dieses dickleibigen Bandes fragen, über Hitlers vielfach erforschte Kindheit und Jugend noch Neues herausfinden? Sind nicht die wenigen für diese frühen Jahre von Hitlers Geburt 1889 bis zu seinem Eintritt in die bayerische Armee als Kriegsfreiwilliger 1914 überlieferten Dokumente hundertfach gesichtet und interpretiert worden? Und haben nicht alle bisherigen Biographen mit dem Mangel an Quellen zu hadern gehabt? Bei Bavendamm ist es nicht anders, allen vollmundigen Ankündigungen zum Trotz.
Wie der Titel des hier zu besprechenden Bandes ausweist, geht es dem Verfasser um eine Revision der gesamten bisherigen Forschung zu Hitlers Kindheit und Jugend. Dies könnte entweder durch die Vorlage neu entdeckter Quellen oder durch eine plausible Neu-Interpretation schon bekannten Materials geschehen. Keiner dieser beiden theoretisch denkbaren Ansätze wird eingelöst. Denn trotz aller verbalen Akrobatik kommt auch Bavendamm nicht um das Faktum herum, dass die verlässlichen Quellen zu Hitlers Jugendjahren vor seiner Kriegsteilnahme rar gesät sind. Wie der einleitende quellenkritische Abschnitt darlegt, handelt es sich heute ebenso wie vor 50 oder 60 Jahren um eine Handvoll – obendrein problematischer – Primärquellen, darunter die in den 1950er Jahren zu Papier gebrachten Erinnerungen von Hitlers Jugendfreund August Kubizek und Hitlers Schilderungen in seiner 1924/25 verfassten, vermeintlichen Bekenntnisschrift „Mein Kampf“. Das alles war schon bisher bekannt; relevante neue Quellen hat Bavendamm nicht aufgetan, wenngleich ihm ein entsprechendes Bemühen nicht abgesprochen sein soll.
Teil I „Geburt eines Traumes“ beschäftigt sich auf knapp 200 Seiten mit Hitlers Familie, Kindheit und Jugend vornehmlich vor dessen Übersiedlung nach Wien 1907. Ohne re |
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Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 15 Nr. 6207-6705 (Buchstabe L) (= Bayerische Archivinventare 50/15), bearb. v. Hörner, Manfred. Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns, München 2008. X, 862 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
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Nachdem die Reihe der Reichskammergerichtsinventare für die Bestände des Bayerischen Hauptstaatsarchivs schon verschiedentlich in dieser Zeitschrift besprochen worden ist (zuletzt ZRG GA 127 [2009]), kann die Vorstellung des vorliegenden Bandes knapp ausfallen. Die nach den „Frankfurter Verzeichnungsgrundsätzen“ gewohnt ausführlich beschriebenen etwa 500 Akten des Buchstabens L (Kläger) bieten erneut rechtshistorisch hoch interessante Inhalte. Dass die Streitgegenstände angesichts der Ausführlichkeit der Beschreibungen nicht immer schnell zu fassen sind, ist nur für den schnellen Leser von Nachteil. Man muss nur den detaillierten Sachindex dazu zu Rate ziehen, um zu erfahren, worüber in dieser Zeit am Kammergericht gestritten wurde. Es ging etwa um die Verhängung der Reichsacht, um die Berechtigung der Appellation, um Bürgschafts- und Darlehensverpflichtungen, um Druckprivilegien, um das Schicksal von Heiratsgut und die Rechtswirkungen von Eheverträgen, natürlich um Erb- und Testamentsstreitigkeiten der unterschiedlichsten Art, um unberechtigte Gefangennahmen, um die Vereinbarung von Jahresgülten und Renten, sehr häufig um Injurien, die Ausübung von Jagd- und Wildbannrechten, um Mängel beim Kaufgeschäft, um Auseinandersetzung um Lehnsberechtigungen, um die Reichweite obrigkeitlicher Anordnungen, die Pfändung von Wirtschaftsgütern, den Bruch von Privilegien und rechtlichen Vereinbarungen, die Verteilung und Berechnung von Prozesskosten und die Bewertung von Zeugenaussagen. Bei der Gestaltung des Sachindexes fällt auf, dass die einzelnen Begriffe, die an die in den Aktenbeschreibungen verwendeten Wörter anknüpfen - und nicht unbedingt die Streitgegenstände meinen -, in bis zu drei w |
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Becht, Hans-Peter, Badischer Parlamentarismus 1819 bis 1870. Ein deutsches Parlament zwischen Reform und Reformation (= Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus). Droste, Düsseldorf 2009. 933 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Becht, Hans-Peter, Badischer Parlamentarismus 1819 bis 1870. Ein deutsches Parlament zwischen Reform und Reformation (= Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus). Droste, Düsseldorf 2009. 933 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der badische Frühparlamentarismus hat bereits bei den Zeitgenossen ein überregionales Interesse gefunden und nimmt auch in der Historiographie eine wichtige Stellung ein. Das Werk Bechts bringt erstmals eine Gesamtdarstellung der inneren und äußeren Entwicklung der parlamentarischen Institutionen Badens auch über die nachrevolutionäre Zeit bis 1870. Der Aufbau des Werkes ist grundsätzlich den für das „Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus“ geltenden Standards verpflichtet. Auch wenn die bisher erschienenen Bände keine eigentlichen Kompendien sind, sondern auf eingehenden Grundlagenforschungen beruhen, so sollen sie doch „ein festes Informationsgerüst liefern, das insbesondere die Perspektive des Vergleichs“ eröffnet (S. 18). Im ersten Teil des Werkes geht es um die „normativen Grundlagen und ihre praktische Ausgestaltung“ des badischen Parlamentarismus im Untersuchungszeitraum (S. 20-300). Nach einem Überblick über die Ziele und Resultate der Verfassung von 1818 behandelt des Werk zunächst folgende Materien: Wahlrecht, Wahlen und Wahlkämpfe (S. 51ff.) sowie die Organisation der Zweiten Kammer, aus deren Gesamtheit durch Losentscheidung fünf Abteilungen ermittelt wurden, die wiederum die – in der Regel um Zusatzmitglieder erweiterten – Einzelkommissionen beschickten. Während über die Kommissionsverhandlungen keine Unterlagen überliefert sind, liegen die Protokolle über die Kammerverhandlungen einschließlich der Anlagen (Gesetzentwürfe, Kommissionsberichte, Petitionen, Adressen) für die Zeit bis 1849 in einer vollständigen Druckfassung vor. Ab 1850 wurden die Protokolle nur noch stark verkürzt gedruckt, so dass für weitere Details die handschriftlichen Protokolle heranzuziehen sind (S. 169f |
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Becker, Johann Nikolaus, Kritik der deutschen Reichsverfassung [Anonymer Verfasser], Erstes Bändchen Kritik der Regierungsform des deutschen Reichs, Zweites Bändchen Kritik der Kriegsverfassung des deutschen Reichs, Drittes Bändchen Kritik der staatswirtschaftlichen Verfasssung des deutschen Reichs (= Historia Scientiarum). Germanien 1796-1798, mit einer Einleitung hg. v. Burgdorf, Wolfgang. Olms/Weidmann, Hildesheim 2009. LXXIV, 845 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
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Lange Zeit war das in den Jahren 1796-1798 erstmals veröffentliche Werk nur als anonyme Kritik am Zustand der Reichsverfassung am Ende des alten Reiches bekannt, bevor es gelang, Johann Nikolaus Becker (1773-1809) als Verfasser zu ermitteln. Grundlage für diese Entdeckung waren Beckers eigene Aufzeichnungen „Fragmente aus dem Tagebuch eines reisenden Neufranken“, die er 1798 ebenfalls anonym erscheinen ließ und die zu den letzten Werken der sog. Wetzlarer Praktikantenliteratur zählen, in der angehende Juristen die Erlebnisse ihrer akademischen Studienreisen, namentlich ihrer Tätigkeit am Reichskammergericht, zu Papier brachten. Bekanntestes Beispiel dieser Literaturgattung ist Goethes „Werther“, in dem zwar in erster Linie von dessen stürmischer Liebe zu seiner Herzdame Lotte die Rede ist, in dem aber auch von den Erlebnissen am Reichskammgericht in Wetzlar berichtet wird und der deswegen von Becker zum Vorbild für seine eigenen Aufzeichnungen genommen wurde.
Bisher war Becker nur als Verfasser der „Aktenmäßigen Geschichte der Räuberbanden an beiden Ufern des Rheins“ bekannt, dessen erster Band er im Jahre 1804 veröffentlicht hatte. Die Darstellung beruhte auf eigener Kenntnis der Vorgänge, da Becker als französischer Friedensrichter im Département Mosel an den gerichtlichen Untersuchungen der von den Banden verübten Straftaten unmittelbar beteiligt war. Als deutscher Intellektueller zählte Becker, wie der Herausgeber in seiner Einleitung darlegt, zu den Sympathisanten |
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Becker, Maren, Max von Seydel und die Bundesstaatstheorie des Kaiserreichs (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 244). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. X, 319 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Michael Stolleis geförderte und unterstützte, im Wintersemester 2007/2008 dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main vorliegende Dissertation der ihre ersten Begegnungen mit der Rechtsgeschichte Gerhard Dilcher als studentische Hilfskraft an seinem Lehrstuhl verdankenden Verfasserin. Sie stellt in ihrem kurzen, unter das Motto nihil est ab omni parte beatum gestellten Vorwort selbst die Frage: Wen interessiert das eigentlich? und antwortet sich selbst: kaum jemanden. Gleichwohl hat sie sich eine Gedankenwelt eröffnet, die sie interessant fand, weil sie sich dafür interessierte.
Max (von) Seydel, den Michael Stolleis’ Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland in zwei Bänden erfasst, wurde am 7. September 1846 in Germersheim als Sohn eines Festungsbaudirektors geboren. Zur Militärlaufbahn wegen Veranlagung zur Schwerhörigkeit untauglich, studierte er Rechtswissenschaft in München, Würzburg (Felix Dahn) und München, promovierte in Würzburg 1869 mit summa cum laude über die gemeinrechtliche Lehre vom macedonianischen Senatsbeschluss, trat in den Staatsdienst Bayerns, wurde 1873 Professor an der Kriegsakademie, 1880 Regierungsrat und 1881 ordentlicher Professor an der Universität München. Verhältnismäßig früh verstarb er in München nach Schlaganfällen in den Jahren 1894 und 1898 gelähmt am 23. April 1901 im Alter 54 Jahren.
Die Verfasserin gliedert ihre Untersuchung nach Einleitung und Biographie in zwei Teile. Der erste Teil betrifft Grundlegung und erste Konsolidierung in den Jahren 1872/1873, in denen Seydels Werk über den Bundesstaatsbegriff und der Kommentar zur Verfassungsurkunde für das deutsche Reich veröffentlicht wurden, die Theorie der Staatenbünde, das Deutsc |
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Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Adolf Laufs. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Adolf Laufs.
Die von den Quellen nur unzulänglich dokumentierte Entwicklung des exklusiven Königswahlrechts der sieben Kurfürsten im alten Reich, ein „Fundamentalrätsel der deutschen Verfassungsgeschichte“ (Hugo Stehkämper), hat Historiker seit langem herausgefordert, ohne dass Thesen und Erklärungsversuche zu einem Abschluss gelangt wären. Die schmale und diffizile Quellenlage erlaubt wohl auch nicht mehr als die angestrengte Suche nach größeren Plausibilitäten, nach einem noch besseren historischen Deuten und Verstehen. Die Erklärungsmodelle hat Franz-Reiner Erkens (ZRG GA 122, 2005, 327-351, 335) scharfsinnig zusammengefasst und einander plakativ gegenübergestellt: „Es steht Monokausalität gegen Multikausalität, Dauerhaftigkeit gegen Wandel, Satzung gegen Genese.“
Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. und des Reiches von 1356 markiert mit ihren verhältnismäßig eindeutigen und umfassenden Regeln den Abschluss der Ausbildung des Kurkollegs, während das Landrecht des Sachsenspiegel aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts die Verhältnisse noch im Fluss zeigt. Der Sachsenspiegel spricht vom Wahlrecht der Deutschen (III, 52 § 1). Im Kurfürstenparagraphen (III, 57 § 2) ist von der Reihenfolge der Kurrufe die Rede, und den Kurrufern wird untersagt, den rechtsdeklaratorischen Akt ohne Rücksicht auf den Willen der übrigen, von der Kur noch gar nicht ausgeschlossenen Fürsten vorzunehmen. Die „Kurfürsten“ sollten also nur einen Vorrang bei der Kur und nicht bei der Wahl besitzen. Den Vorrang der Laienfürsten begründet das Rechtsbuch mit den Erzämtern. Aber die „Erzämtertheorie“ lässt, wie die kritische Literatur zeigt, ebenso Fragen offen wie die von Armin Wolf beharrlich verfochtene erbrechtliche Theorie über die genealogische |
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Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Christoph Paulus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Christof Paulus.
Als einen schmerzenden „Pfahl im Fleisch“ der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte bezeichnete Wolfgang Giese 1984 das Fehlen einer allgemein anerkannten Theorie zur Entstehung des Kurfürstentums, also zur Ausbildung des Kollegiums von ursprünglich sieben Königswählern im Reich. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Interpretationsansätzen, die mehr oder weniger auf Ablehnung gestoßen sind. Umso größere Aufmerksamkeit kann eine Arbeit beanspruchen, die es sich zum Ziel gemacht hat, eine neue Antwort auf dieses alte ungelöste rechtsgeschichtliche Rätsel zu geben. Den Weg, den Alexander Begert hierbei beschreitet, ist gleichermaßen der Versuch der bisherigen Theorienversöhnung, wobei der Autor in seiner Darstellung unter der Prämisse der Polykausalität des zu erklärenden Phänomens eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden verbindet.
Der zeitliche Untersuchungsschwerpunkt liegt im 12., 13. und 14. Jahrhundert, doch greift der Autor in den Schlussabschnitten zum Teil weit aus, bis in die Zeit Napoleons hinein. Aus einem bereits im 12. Jahrhundert etablierten Wahlausschuss hätten sich bei einer paritätisch geistlich-weltlichen Zusammensetzung ursprünglich vier Hauptwähler herauskristallisiert, eine Zahl, die sich, um Spannungen während des staufisch-welfischen Thronstreits einzuebnen, auf sechs erhöht habe und ihre Etablierung wohl auf dem Würzburger Hoftag des Jahres 1209 fand. Über die Position des Ersatzwählers sei dann der böhmische König, bedingt durch die historische Macht Ottokars II., zum Elektorat gekommen, was zudem mit dem Erzschenkenamt verbunden worden sei.
Im Laufe des 13. Jahrhunderts habe sich das Wahlrecht nun zunehmend verfestigt, in der Regierungszeit Wilhelm von Hollands, wohl zu Bra |
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Behrends, Okko/Berger, Elisabeth/Brauneder Wilhelm u. a., Die Kodifikation und die Juristen - ein rechtshistorisches Seminar in Stockholm 2. bis 4. Mai 2003 (= Skrifter 2, Rättshistoriska studier 23). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 267 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Behrends, Okko/Berger, Elisabeth/Brauneder Wilhelm u. a., Die Kodifikation und die Juristen - ein rechtshistorisches Seminar in Stockholm 2. bis 4. Mai 2003 (= Skrifter 2, Rättshistoriska studier 23). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 267 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie Claes Peterson im kurzen Vorwort mitteilt, organisierte die Olin-Stiftung für rechtshistorische Forschung in Stockholm im Mai 2003 ein rechtshistorisches Seminar, dessen Zweck es war, in einem begrenzten Kreis von Rechtshistorikern aus Estland, Deutschland, Italien, Spanien, Österreich und Schweden zu untersuchen und zu besprechen, wie das Vorhandensein einer Kodifikation die Rechtsquellenlehre prägt. Es ging vor allem um die Frage, welche Bedeutung Rechtsquellen wie Praxis, Rechtswissenschaft und Gewohnheitsrecht in Rechtsbildung und Rechtsanwendung zukommt, wenn das Recht vollständig kodifiziert ist. Kontrollierend wurde die Frage behandelt, ob sich das Zusammenspiel der Rechtsquellen in Rechtsordnungen, die keine Kodifikation aufweisen, anders entwickelt hat.
In diesem Rahmen wurden insgesamt acht Referate gehalten. Von den Referenten behandelte Okko Behrends einführend die europäische Privatrechtskodifikation einschließlich der Gefährdung ihrer Systemmitte. Dabei ging er von der ausführlich dargelegten Kodifikation als Rechtsorganismus (corpus iuris) personaler Freiheit und deren geistigen Vorbedingungen aus und stellte ihr die Gefährdung der individuellen Person durch den wirtschaftlichen Funktionsträger in der letzten Kodifikationsschicht des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert gegenüber.
Elisabeth Berger verfolgte den Transfer des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs Österreich nach Liechtenstein. Wilhelm Brauneder fragte sich, ob Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch nicht von der ursprünglichen Mitte des Privatrechts an den Rand der Privatrechtsordnung gedrängt worden sei |
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Bei der Wieden, Helge, Ein norddeutscher Renaissancefürst. Ernst zu Holstein-Schaumburg 1569-1622 (= Kulturlandschaft Schaumburg 1), 2. Aufl. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 159 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das kleine Werk beruht auf einem Vortrag, den der seit seiner Göttinger philosophischen Dissertation über die wirtschaftliche Lage der Grafschaft Schaumburg bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges in diesem und anderen Bereichen tätige Bückeburger Historiker am 18. 9. 1990 im Rahmen der Veranstaltungen zum hundertjährigen Bestehen des schaumburg-lippischen Heimatvereins e. V. auf Anregung der Vorsitzenden in der alten Lateinschule in Bückeburg gehalten hat. Hieraus erwuchs eine 1994 vorgelegte erste Auflage. Unter Förderung durch die Schaumburger Landschaft wurde 2010 eine verbesserte zweite Auflage möglich.
Ernst zu Holstein-Schaumburg war der letzte bedeutende Angehörige der von Lothar von Süpplingenburg 1110 zu Grafen von Holstein und Stormarn ernannten Edlen von Schaumburg, deren Geschlecht 1640 im Mannesstamm ausstarb. Von den Gütern kam die Grafschaft Holstein durch Verkauf an Dänemark und gelangte die Grafschaft Schaumburg an Hessen-Kassel, Lippe (Schaumburg-Lippe) und Braunschweig-Lüneburg (Calenberg). Mit dieser Teilung verfiel auch die Erinnerung an die Grafen.
Unter reichem Bilderschmuck belebt sie der Verfasser in der Person eines Grafen wieder. Dabei betrachtet er nacheinander Jugend und zunächst nicht vorhersehbaren Regierungsantritt, die Neugestaltung der Festung Bückeburg, den Ausbau der Residenz Bückeburg, Musikpflege und Geschichtsschreibung, die großen Gesetzeswerke (Kirchenordnung von 1614, Polizeiordnung von 1615), die hohen Schulen in Stadthagen und Rinteln (Abbildung des ehemaligen Universitätsgebäudes von 1875), das lutherische Bekenntnis und die Duldung anderer Religionen in Altona, das Mausoleum in Stadthagen und den Einfluss der Rosenkreuzer, die Wirtschaftspolitik und Fina |
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Bernstein, Axel, Die Gebietsreform in Schleswig-Holstein. Die Neugliederung der Kreise in den 1960er und 1970er Jahren (= IZRG-Schriftenreihe 14). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 256 S., 6 Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die Flensburger politikwissenschaftliche Untersuchung Axel Bernsteins befasst sich mit der Kreisgebietsreform durch Gesetze vom 22. 4. und 23. 12.1969 sowie vom 3. 7. 1973. Im ersten größeren Kapitel stellt Bernstein die Reformaktivitäten in den zeitgenössischen Kontext (Planungseuphorie; Generationenwechsel; wohlfahrtsstaatliche Expansion; Effizienzsteigerung). Es folgt ein Abschnitt über die – auch historischen – Grundlagen der kommunalen Gliederung Schleswig-Holsteins (S. 41ff.) unter Einbeziehung der politischen Rahmenbedingungen und Konfliktlinien (S. 71ff.) und der Gemeindegebiets- und Ämterreform (S. 82ff.). Ausführlich unter Heranziehung auch der archivalischen Materialien behandelt Bernstein zunächst das Gesetz vom 22. 4. 1969, durch das vier Hamburger Umlandgemeinden zur Stadt Norderstedt zusammengeschlossen wurden, die dem Kreis Segeberg angegliedert wurde. Ferner wird schwerpunktartig beschrieben die Neugründung des Kreises Nordfriesland (Kreissitz: Husum), der die drei nördlichen Kreise der Ostküste zusammenfasste (S. 136ff., 157ff.). In einem Exkurs sind die parallelen Gebietsreformen in Süddänemark beschrieben. Im Schlussteil befasst sich Bernstein in einer „gerafften Betrachtung“ mit den Diskussionen über weitere Gebietsreformen nach 2001, die bisher noch keinen Abschluss gefunden haben. Das Werk, das insbesondere auf die Gesetzgebungsverfahren zur Kreisgebietsreform detailliert eingeht und die Wandlungsprozesse in der Geschichte der deutschen Selbstverwaltung verdeutlicht, ist insoweit auch für den Rechtshistoriker von Interesse. Insgesamt dürfte auch die Rechtsgeschichte dazu aufgerufen sein, sich verstärkt, und zwar auch rechtsvergleichend, mit der Rechtsgeschichte der schon über 60 Jah |
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Beutler, Johannes E., Die Reallast im Spannungsfeld veränderter Anwendungsbereiche und herkömmlicher Inhaltsbestimmung (= Arbeiten zum Sachenrecht 4). Lang, Frankfurt am Main 2009. 167 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
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Die Untersuchung wurde 2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln als Dissertation angenommen. Im Vorwort (S. 5) teilt der Autor mit, dass Jürgen F. Baur die Arbeit angeregt und begleitet und Hanns Prütting sie geprüft hat. Einem kurzen Lebenslauf kann entnommen werden, dass der 1930 geborene Verfasser mehrere Jahrzehnte lang im Bankwesen gearbeitet hat.
In einer knappen Einleitung (S. 13f.) formuliert der Autor die für die Untersuchung maßgebliche Fragestellung: „Wozu brauchen wir heute noch die Reallast?“ Der historische Hintergrund, der durch die Frage angedeutet wird, ist darin zu sehen, dass die Reallast aus einer Zeit stammt, in der Deutschland überwiegend landwirtschaftlich geprägt war. Die Bauern hatten ihren (weltlichen oder geistlichen) Grundherren wiederkehrende Leistungen zu erbringen, zum Beispiel einen festgelegten Anteil des Ertrages. Während des 19. Jahrhunderts wurden derartige Pflichten im Zuge der „Befreiung des Bodens“ zum Teil aufgehoben, zum Teil blieben sie als Reallasten und Dienstbarkeiten erhalten und wurden erst 1918/1919 beseitigt. Ein weiterer, wichtiger Anwendungsbereich war das bäuerliche Altenteilsrecht. Der frühere Eigentümer eines Hofes erhielt vom Übernehmer nicht nur ein dingliches Wohnrecht, sondern auch ein dinglich gesichertes Recht auf wiederkehrende Sach- und Dienstleistungen (vor allem Verköstigung, Pflege im Krankheitsfall). Die Industrialisierung führte dazu, dass die Landwirtschaft an Bedeutung verlor. Um die Frage zu beantworten, wozu „wir heute noch die Reallast“ brauchen, hat der Autor die über das Internet zugängliche Juris-Datei (Stichwort „Rechtsprechung – Reallast“) ausgewertet, um eine „typologische Ordnung“ der aktuell bedeutsamen Fäll |
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Bevers, Jürgen, Der Mann hinter Adenauer. Hans Globkes Aufstieg vom NS-Juristen zur Grauen Eminenz der Bonner Republik. Ch. Links Verlag, Berlin 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der nach Studium von Rechtswissenschaft in Köln und Medienwissenschaften, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Köln und Osnabrück seit 1976 als freier Journalist und Redakteur für Zeitungen und Zeitschriften sowie seit 1985 für Hörfunk und Fernsehen tätige Verfasser untersucht den bemerkenswerten Lebenslauf eines sowohl im Dritten Reich wie auch in der frühen Bundesrepublik Deutschland an führender Stelle tätigen Juristen. Trotz dieses interessanten Gegenstands ist kein Interessent als Rezensent für das auf einer Fernsehdokumentation des Jahres 2008 beruhende Werk hervorgetreten. Deswegen soll es wenigstens vom Herausgeber angezeigt werden.
Hans Maria Globke wurde in Düsseldorf am 10. September 1898 als Sohn eines Tuchhändlers geboren, besuchte nach dem Umzug der streng katholischen Familie nach Aachen das dortige Kaiser-Karls-Gymnasium, leistete von 1916 bis 1918 Kriegsdienst bei einer Artillerieeinheit an der Westfront und studierte anschließend in Bonn und Köln Rechts- und Staatswissenschaften. Er wurde Mitglied im Cartellverband der katholischen deutschen Verbindungen, dessen Wirken mit der Abkürzung cv für cuvall oder Zufall verknüpft wird, und 1922 in der Zentrumspartei, in der er auf örtlicher Ebene Angehöriger des Vorstands und des Parteiausschusses wurde. 1922 wurde er mit 24 Jahren in Gießen mit einer nur im Auszug gedruckten Untersuchung über die Immunität der Mitglieder des Reichstags und der Landtage mit der Note magna cum laude promoviert.
Nach dem Abschluss des juristischen Vorbereitungsdiensts wurde er in der Verwaltungslaufbahn des öffentlichen Dienstes Preußens 1925 Vertreter des Polizeipräsidenten von Aachen, 1926 Regierungsassessor. 1929 wechselte er als Regierungsrat in das Ministerium des Inneren Preußens. 19 |
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Bezler, Evelyn, Die Bedeutung des Stammkapitals für die GmbH. Eine rechtswissenschaftliche Untersuchung an Hand der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der GmbH, der dogmatischen Grundlagen und der praktischen Funktion des Stammkapitals (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 17). LIT, Münster 2009. 241, XXIII S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Während die Aktiengesellschaft erst seit dem Aktiengesetz von 1937 über ein Mindeststammkapital verfügen musste, schrieb das GmbHG von 1892 von vornherein ein Stammkapital von mindestens 20.000 M (zurzeit 25.000 Euro) vor. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen von 2008 besteht auch die Möglichkeit, sog. Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) mit einem geringeren Stammkapital als 25.000 Euro zu gründen. In einem ersten Teil, der drei Viertel des Werkes umfasst, werden die „Wurzeln der GmbH, ihre Entstehung und Entwicklung“ (S. 21ff.) vor allem im Hinblick auf das Erfordernis eines Stammkapitals, auf die Kapitaleinbringung und die Kapitalerhaltung behandelt. Insgesamt geht es um die historischen Grundlagen des GmbH-Rechts im Recht der Kolonialgesellschaften und der Aktiengesellschaften. Es folgt ein breiter Abschnitt über die Entstehung des GmbHG von 1892 und über das GmbHG im „Wandel der Zeit“. In diesem Zusammenhang geht Bezler auf die unter dem Nationalsozialismus geplante GmbHG-Reform, den Referentenentwurf von 1969, die GmbHG-Novelle von 1980 sowie auf die Änderungen von 2005 (Mindestkapitalgesetz) und von 2008 ein.
Im Anschluss an die chronologische Darstellung zeigt Bezler die „gesetzlichen Grundlagen“ und „den Normzweck des Stammkapitals und seiner Schutzvorschriften im Spiegel der historischen Grundlagen der GmbH“ auf (S. 148ff.). Teil 2 befasst sich mit der rechtsdogmatischen Begründung des Stammkapitals als Rechtfertigung des Haftungsprivilegs und der Bedeutung des Vermögens für die juristische Person ( |
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Bibel und Exegese in der Abtei Saint-Victor zu Paris. Form und Funktion eines Grundtextes im europäischen Rahmen, hg. v. Berndt, Rainer (= Corpus Victorinum, Instrumenta 3). Aschendorff, Münster 2009. 692 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bibel und Exegese in der Abtei Saint-Victor zu Paris. Form und Funktion eines Grundtextes im europäischen Rahmen, hg. v. Berndt, Rainer (= Corpus Victorinum, Instrumenta 3). Aschendorff, Münster 2009. 692 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Band legt die Ergebnisse einer vom 18. bis zum 21. April 2004 im Erbacher Hof, der Katholischen Akademie des Bistums Mainz, abgehaltenen Tagung vor. Eingeleitet wird er durch den Herausgeber, der den Ausgangspunkt, Gegenstand und Bedeutung, Forschungskontexte und inhaltliche Gliederung umreißt. Danach folgen insgesamt drei Teile.
Der erste Teil betrifft die Heilige Schrift und Schreiber im Kontext sowie als Felder der Schriftauslegung die Liturgie und die Kirchenväter. Dabei zeigt etwa Joachim Ehlers den Einzugsbereich und die Wirkung der Kanonikergemeinschaft Saint Victor in Europa im 12. Jahrhundert auf. Matthias M. Tischler dekonstruiert einen Mythos an Hand der ältesten Sammlungen glossierter Bibelhandschriften im 12. und 13. Jahrhundert.
Der zweite Teil behandelt die Schriftauslegung einzelner Viktoriner und die Hermeneutik der Schriftauslegung. Dabei untersucht beispielsweise Ursula Vones-Liebenstein die Rolle der Bibel im Leben von Regularkanonikerabteien durch einen Vergleich zwischen Saint-Ruf und Saint-Victor. Ursula Nilgen stellt die frühen illuminierten Lombardus-Kommentare zum Psalter und zu den Paulusbriefen vor.
Im dritten Teil geht es um Exegese am Scheideweg und Texte und Kontexte viktorinischer Exegese. Dabei schildert der Herausgeber die Grundstruktur christlicher Theologie bei den Viktorinern an Hand der Exegese des Alten Testaments. Christoph Egger legt die viktorinische Exegese in Süddeutschland im 12. und 13. Jahrhundert dar.
Insgesamt verbessern die 24 Beiträge die Kenntnisse über die Abtei Sankt Viktor in vielen Beziehungen. Dabei werden neue Einsichten in den räumlichen und zeitlichen Ausgangspunkt gewonnen, die Absichten der Autoren erhellt |
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Biedermann, Yvonne, Karl Braun (1807-1868). Leben und Werk - Jurist und liberaler Politiker sowie erster bürgerlicher ,Ministerpräsident’ des Königreichs Sachsen 1848 (= Rechtsgeschichtliche Studien 28). Kovač, Hamburg 2009. LIII, 275 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Biedermann, Yvonne, Karl Braun (1807-1868). Leben und Werk - Jurist und liberaler Politiker sowie erster bürgerlicher ,Ministerpräsident’ des Königreichs Sachsen 1848 (= Rechtsgeschichtliche Studien 28). Kovač, Hamburg 2009. LIII, 275 S. Besprochen von Werner Schubert.
Karl Braun – nicht zu verwechseln mit dem nassauisch-preußischen Juristen und Politiker Karl Braun (1822-1893) – ist über seine Heimat Sachsen hinaus bekannt geworden durch sein Eintreten für einen öffentlich-mündlichen Strafprozess mit Staatsanwaltschaft nach französischem Muster in den Jahren 1842-1845. In ihrer Leipziger Dissertation befasst sich Biedermann mit diesem in Plauen 1807 als Sohn eines Rechtsanwalts und Patrimonialgerichtsdirektors geborenen sächsischen Juristen. Nach dem Studium an der Universität Leipzig ließ sich Braun 1829 als Advokat in Plauen nieder; gleichzeitig war er von 1837 bis 1848 auch als Patrimonialrichter tätig. Schon Anfang der 1830er Jahre schloss sich Braun der liberalen Opposition in Sachsen an und war mit einigen Unterbrechungen von 1839 bis 1862 Mitglied der 2. Kammer des sächsischen Landtags, in der er zum Kreis der gemäßigt Liberalen (später der sog. Altliberalen) gehörte. Von März 1848 bis Februar 1849 war er Vorsitzender des sächsischen Gesamtministeriums und Justizminister. Im Landtag 1842/43 war er Berichterstatter über den von der 2. Kammer abgelehnten Regierungsentwurf zur Reform des Kriminalprozesses, der weitgehend am überkommenen Inquisitionsprozess festhielt. In seinem Deputationsbericht, der mit 67 gegen 8 Stimmen von der Kammer angenommen wurde, forderte er die Einführung der Staatsanwaltschaft und des mündlich-öffentlichen Anklageprozesses. Die 2. Kammer ermöglichte ihm 1844 eine Studienreise nach Frankreich, Belgien, den Niederlanden und dem Westen Deutschlands, um sich über den französischen bzw. französischrechtlich orientierten Strafprozess zu unterrichten. 1845 übergab er der Öffentlichkeit einen abgewogenen, nicht |
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Biefang, Andreas, Die andere Seite der Macht. Reichstag und Öffentlichkeit im „System Bismarck“ 1871-1890 (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 156 = Parlament und Öffentlichkeit 2). Droste, Düsseldorf 2009. 355 S., Abb. Besprochen von Martin Moll. |
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Zeit und Person Otto von Bismarcks (1815-1898) beschäftigen, ja faszinieren die historische Forschung mehr als ein Jahrhundert nach dem Tod des Protagonisten nach wie vor. Längst hat sich die Geschichtswissenschaft freilich von dem dichten Mythenkranz gelöst, der sich schon zu Bismarcks Lebzeiten um den „Eisernen Kanzler“ zu ranken begonnen hatte. Bei aller Anerkennung für das (vor allem außenpolitische) Lebenswerk des „Reichsgründers“ werden seit geraumer Zeit vermehrt die Defizite, Fehler und Versäumnisse seiner langen, erst 1890 beendeten Kanzlerschaft in den Blick genommen. Hebt sich Bismarcks Außenpolitik auch aus heutiger Sicht positiv von der seiner Nachfolger ab, so wird ihm auf innenpolitischem Feld bescheinigt, Deutschlands Weg in eine – gemessen an zeitgenössischen westeuropäischen Modellen – vollentwickelte Demokratie nachhaltig verzögert zu haben. Die seit den 1960er Jahren populäre, wenngleich nicht unumstrittene These von Deutschlands „Sonderweg“ in die Moderne ist ohne Bismarck nicht denkbar.
Zu den Kernelementen dieser Theorie gehört neben der über 1870/71 hinaus ungebrochenen Machtstellung der „alten“ Eliten aus ostelbischen Junkern, Hochbürokratie und Militärs insbesondere das Postulat eines in vieler Hinsicht unterentwickelten Parteiensystems und, als Folge daraus, eines insgesamt schwachen Parlaments, welches – so die Sonderweg-These – der monarchischen Exekutive bis 1918 nur höchst unzulänglich Paroli bieten konnte. Die behauptete Impotenz von Parteien und Reichstag muss umso mehr auffallen, als das Reichsparlament seit 1871 auf Grundlage des allgemeinen und gleichen Männerwahlrechts gewählt wurde und seine konstitutionellen Rec |
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Biermann, Marc, Das Staatseigentum an öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - Die Theorie des reinen Hoheitsrechts an den öffentlichen Sachen von Rudolph von Jhering und Friedrich Ludwig Keller im Zusammenhang mit dem Baseler Schanzenstreit von 1859/62 (= Rechtshistorische Reihe 394). Lang, Frankfurt am Main 2009. XXVI, 147 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 128 (2011) 56. |
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Besitz und Eigentum haben sich in der Geschichte des Menschen erst allmählich entwickelt. Auch die Trennung eines allgemeinen Bereichs von den Bereichen der vielen einzelnen Menschen ist nur langsam entstanden. Deswegen kann es nicht eigentlich überraschen, dass noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Rechtsnatur des Eigentums an öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch Gegenstand rechtswissenschaftlicher Erörterung sein konnte, mit der sich der Verfasser in seiner von Martin Lipp betreuten, im Wintersemester 2007/2008 von der „rechtswissenschaftlichen Fakultät“ der Universität Gießen angenommenen Dissertation auseinandersetzt.
Der Verfasser beginnt seine Einleitung mit der Darstellung der öffentlichen Sachen im geltenden Recht. Nach der Theorie des modifizierten Privatrechts unterstehen auch die öffentlichen Sachen der einheitlichen rechtlichen Eigentumsordnung, wie sie im Bürgerlichen Gesetzbuch von 1896/1900 festgesetzt wurde. Allerdings führt die Widmung zu einem öffentlichen Zweck zu bestimmten öffentlichrechtlichen Nutzungsbefugnissen des Berechtigten und damit zu einer Einschränkung (Überlagerung) der privatrechtlichen Eigentümerbefugnisse, wobei es sich bei dem der Allgemeinheit überlassenen Gemeingebrauch um ein beschränktes subjektiv-öffentliches Recht des Einzelnen auf Benutzung (Mitbenutzung) der öffentlichen Sache handelt.
Als Ansatz seiner Dissertation erklärt der Verfasser die Beschäftigung mit dem Begriff des Staatseigentums an den öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhund |
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Bismarck, Otto von, Gesammelte Werke, Neue Friedrichsruher Ausgabe, hg. v. Canis, Konrad/Gall, Lothar/Hildebrand, Klaus/Kolb, Eberhard. Abteilung III 1871-1898, Schriften Bd. 2 1874-1876, bearb. v. Bendick, Rainer, Bd. 3 1877-1878, bearb. v. Epkenhans, Michael/Lommatzsch, Erik, Bd. 4 1879-1881, bearb. v. Hopp, Andrea, Bd. 5 1882-1883, bearb. v. Lappenküper, Ulrich. Schöningh, Paderborn 2005, 2008, 2008, 2010. LXXX, 710, XC, 659, C, 827 S., CV, 678 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Im Jahr 1997 wurde mit Beschluss des Deutschen Bundestages die Otto-von-Bismarck-Stiftung zur Verwaltung des umfangreichen Nachlasses des langjährigen Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten ins Leben gerufen. Eine ihrer Aufgaben ist die historisch-kritische Edition seines umfangreichen Schrifttums, da ältere Sammlungen, wie die von Erich Marcks, Friedrich Meinecke und Hermann Oncken besorgte „Friedrichsruher Ausgabe“ (1924-1935), die „Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914“ (1922-1927) und die „Werke in Auswahl“ (1962-1983) Gustav Adolf Reins weder hinsichtlich der Vollständigkeit des versammelten Materials noch hinsichtlich der Editionskriterien modernen wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden.
Mit Lothar Gall konnte der wohl profilierteste Bismarck-Kenner unserer Tage - schon 1980 veröffentlichte er seine wegweisende Biographie des Kanzlers - für das Projekt gewonnen werden, dem mit Klaus Hildebrand, Eberhard Kolb und Konrad Canis nicht minder ausgewiesene Experten zur Seite stehen. Das Gesamtkonzept sieht zunächst die Veröffentlichung der Schriften und Briefe Bismarcks für die Zeit der Reichskanzlerschaft bis zu seinem Ableben (1871-1898) vor, voraussichtlich in insgesamt acht Bänden; im Anschluss daran ist eine Neubearbeitung der Schriften bis 1871 geplant, der noch die Herausgabe seiner Gespräche und Reden folgen soll.
Fünf Bände dieser „Neuen Friedrichsruher Ausgabe“ sind mittlerweile publiziert. Der wichtig |
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Bismarcks Mitarbeiter, hg. v. Gall, Lothar/Lappenküper, Ulrich (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 10). Schöningh, Paderborn 2009. XV, 205 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bismarcks Mitarbeiter, hg. v. Gall, Lothar/Lappenküper, Ulrich (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 10). Schöningh, Paderborn 2009. XV, 205 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
„War Bismarcks Politik Bismarcks Politik?“ Im Frühjahr 2007 hat sich eine Gruppe von Forschern im Rahmen der fünften Tagung der Otto-von-Bismarck-Stiftung dieser Frage angenommen, ein vor einhundert Jahren artikuliertes Desideratum Arthur von Brauers nach der biographischen Erforschung der maßgeblichen Zuarbeiter im Umfeld des Kanzlers aufgreifend. Ihre Ergebnisse sind nun in dem vorliegenden schmalen Sammelband nachzulesen, der knappe Skizzen des privaten und beruflichen Werdeganges mehrerer dieser Männer – denn ausschließlich um solche handelt es sich in einer Epoche, in der Frauen in derlei Positionen so gut wie nicht präsent waren – anbietet. Die Herausgeber, Lothar Gall und Ulrich Lappenküper, steuern selbst die Einführung und eine erhellende Betrachtung „Bismarck, Preußen und die nationale Einigung“ bei. Offenkundig ist, dass das Buch auch gleichsam als ein Nebenprodukt des großen Editionsprojekts „Neue Friedrichsruher Ausgabe“ zu sehen ist, denn ein nicht unerheblicher Teil jener die Schriften und Briefe Bismarcks in Auswahl versammelnden Werkausgabe ist Material, das nicht unter Bismarcks eigenem, sondern unter den Namen von ihm beauftragter und autorisierter Gehilfen firmiert.
In folgender Reihenfolge und im Durchschnitt auf jeweils weniger als zwanzig Druckseiten präsentieren zehn Autoren – manche unter ihnen Mitherausgeber oder Bearbeiter im Editionsprojekt, andere laut Autorenverzeichnis an verschiedenen deutschen Universitäten lehrend - biographische Abrisse der folgenden zehn Mitarbeiter Bismarcks: Hermann Wagener, „die ‚Nebensonne‘ in der Pflicht“ (Henning Albrecht); Heinrich Abeken (Wolfgang Frischbier); Rudolph Delbrück (Rudolf Morsey); Theodor Lohmann und die „Gesetzgebungskunst im politischen Prozess“ (Florian Tennstedt |
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Bjarne Larsson, Gabriela, Laga Fång för medeltidens kvinnor och män. Skriftbruk, jordmarknader och monetarisering i Finnveden och Jächtland 1300-1500 (= Rättshistoriskt Bibliotek 66). Rönnells Antikvariat AB, Stockholm 2010. 307 S. Besprochen von Dieter Strauch. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bjarne Larsson, Gabriela, Laga Fång för medeltidens kvinnor och män. Skriftbruk, jordmarknader och monetarisering i Finnveden och Jächtland 1300-1500 (= Rättshistoriskt Bibliotek 66). Rönnells Antikvariat AB, Stockholm 2010. 307 S. Besprochen von Dieter Strauch.
Der Titel des Buches lautet übersetzt: „Der rechtmäßige Erwerb mittelalterlicher Frauen und Männer. Schriftgebrauch, Grundstücksmarkt und Monetarisierung in Finnveden und Jämtland 1300–1500“. Die Verfasserin widmet sich einem Thema, das seit den 1970er Jahren die Geschichts- und Wirtschaftsgeschichtsforscher Europas bewegt hat: In welcher Weise konnte man Grundstücke rechtswirksam erwerben? Gab es einen Markt und zwischen welchen Parteien entwickelte er sich? Konnten Frauen Grundstücke kaufen und verkaufen? Wie wurde der Wert des Grundstücks bestimmt? Was war das Entgelt? Wurden die Verträge mündlich oder schriftlich geschlossen? Diesen Fragen geht die Verfasserin für zwei weit auseinanderliegende Landschaften nach, nämlich für das im schwedischen Småland gelegene Finnveden, wo vornehmlich Adelige Grundstücksgeschäfte tätigten, und für Jämtland, eine Landschaft, wo damals politisch der norwegische Unionskönig herrschte, die jedoch kirchlich zum Erzbistum Uppsala gehörte und in der die Landwirtschaft hauptsächlich von Bauern betrieben wurde. Erst im Brömsebrofrieden von 1645 kam Jämtland zu Schweden[1]. Die reiche Urkundenüberlieferung dieser Landschaft berichtet vor allem über Grundstücksgeschäfte von Zinsbauern (skattebonder).
Frau Bjarne Larsson gliedert ihr Buch in sieben Teile: Im ersten Teil berichtet sie über die europäischen Forschungen zum Grundstücksmarkt, nennt als Autoren Michael M. Postan, Aleksandr M. Chaynov, Ronald Hyam, Laurent Feller, Chris Wickham und andere. Leider verschweigt sie teils ihre Vornamen, teils fehlen die Titel ihrer Werke im Literaturverzeichnis. Für die Definition des Grundstücksmarktes schließt sie sich den Forschern an, die einen Markt nu |
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Blackstone and his Commentaries. Biography, Law, History, ed. by Prest, Wilfrid. Hart Publishing, Oxford 2009. XIII, 254 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus. |
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Der von dem neuesten Blackstone-Biographen Wilfrid Prest herausgegebene Sammelband zu Leben und Werk des englischen „Kommentators“ und Vaters der Wissenschaft vom englischen Recht geht zurück auf ein im Dezember 2007 an der Heimatuniversität des Herausgebers, Adelaide in Südaustralien, abgehaltenes Blackstone-Symposion. Die bleibende Bedeutung Blackstones (1723-1780) für den angelsächsischen Rechtskreis hat Prest gleich im Vorwort präzise umrissen: „Blackstone continues to be regularly cited in courts on both sides of the Atlantic, and elsewhere throughout the common law world. His Commentaries provide constitutional, cultural, intellectual and legal historians with a remarkably comprehensive account of the roles of law, lawyers and the courts in the imperial superpower that was England on the cusp of the industrial revolution” (S. V). Das Anliegen der Beiträger und des Herausgebers ist es, möglichst viele Aspekte des Themas abzudecken; so teilt sich der Band in drei Teile: Während sich der erste mit der Biographie Blackstones beschäftigt, widmet sich der zweite dem Rechtsdenken des „Kommentators”, und der dritte schließlich, „Influence” betitelt, befasst sich mit der weltweiten Rezeptionsgeschichte der „Commentaries on the Laws of England”.
Prest fasst in seinem einleitenden Beitrag noch einmal die wesentlichen Resultate seiner neuen Lebensdarstellung zusammen und betont vor allem den biographischen Kontext des nur scheinbar ausschließlich einer wissenschaftlich-gelehrten Sphäre angehörenden Hauptwerks. Carol Matthews behandelt in aufschlussreicher Weise die Funktion der Architektur in Blackstones Leben und Werk; sie kann erstaunliche Parallelen zwischen dem architektonischen Denken der Zeit und der inneren Konstruktion, des gedanklichen Aufbaus der „Commentaries“ aufzeigen. |
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Bleckmann, Bruno, Die Germanen. Von Ariovist bis zu den Wikingern Beck, München 2009. 359 S. 40 Abb., 28 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bleckmann, Bruno, Die Germanen. Von Ariovist bis zu den Wikingern Beck, München 2009. 359 S. 40 Abb., 28 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Heidelberg 1962 geborene, 1992 in Köln über die Reichskrise des 3. Jahrhunderts in der spätantiken und byzantinischen Geschichtsschreibung promovierte und 1996 über Athens Weg in die Niederlage habilitierte Verfasser ist seit 2003 Professor für alte Geschichte in Düsseldorf. Der von ihm geschaffene Überblick zur Geschichte der Germanen ist also aus der Perspektive eines Althistorikers geschrieben, dessen Forschungsschwerpunkte in der griechisch-römischen Geschichtsschreibung liegen. Vor dem Hintergrund der Varusschlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 nach Christus will er vor allem politikgeschichtliche und militärgeschichtliche Aspekte vermitteln.
Gegliedert ist die Darstellung hauptsächlich chronologisch. Deswegen beginnt der Verfasser mit dem Begriff der Germanen von der Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung bis zum modernen Rassismus und ordnet dabei abschließend die Germanen als Gegenstand der alten Geschichte ein. Die folgenden Abschnitte beleuchten die Germanen von den Anfängen bis zu Ariovist, die frühe römische Kaiserzeit einschließlich der Schlacht im Teutoburger Wald, die Markommannenkriege und die Reichskrise des dritten Jahrhunderts, die Grenzkämpfe des vierten Jahrhunderts, die germanischen Wanderheere und die germanischen Herrschaftsbildungen in Europa nach dem Ende des weströmischen Reiches von Theoderich dem Großen bis zu den Wikingern.
Am Ende fasst der Verfasser seine Ergebnisse übersichtlich zusammen. Danach wurden die Germanen nicht zuletzt deswegen besonders bedeutsam, weil außerhalb des römischen Reichs ein Kriegertum lebendig blieb, das während der Konflikte des Reiches als Katalysator im Auflösungs- und Verwandlungsprozess wirkte. Bibliographische Hinweise, eine Zeittafel, Bildnachweise und ein Register von Aachen bis Zumer runden die gut lesbare Besch |
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Böhmen und das deutsche Reich. Ideen- und Kulturtransfer im Vergleich (13.-16. Jahrhundert), hg. v. Schlotheuber, Eva/Seibert, Hubertus (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 116). Oldenbourg, München 2009. VIII, 362 S. 81 Abb. Besprochen von Christof Paulus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Böhmen und das deutsche Reich. Ideen- und Kulturtransfer im Vergleich (13.-16. Jahrhundert), hg. v. Schlotheuber, Eva/Seibert, Hubertus (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 116). Oldenbourg, München 2009. VIII, 362 S. 81 Abb. Besprochen von Christoph Paulus.
Im zweiten Buch seiner „Historia Austrialis“ überliefert Enea Silvio Piccolomini, späterer Papst Pius II., unter dem böhmischen Adel habe es viele gegeben, die es sich sehnlichst gewünscht hätten, fremde Gebräuche, in diesem Fall Italiens, kennen zu lernen. Der anzuzeigende, durch ein Personenregister erschlossene Tagungsband, der auf ein Münchner Symposion im September 2007 zurückgeht, spürt solchen kulturhistorischen Pfaden zwischen Böhmen und dem Reich nach und sucht in insgesamt 15 Beiträgen mit interdisziplinärem Ansatz, Vermitteltes und Vermittler aufzuzeigen.
So profiliert Jan Royt den Prager Bischof Johann IV. von Draschitz als Schlüsselgestalt für vor allen Dingen südfranzösische Kunsteinflüsse, während Magdaléna Hamsíková den Einfluss Lucas Cranachs des Älteren auf die böhmische Malerei besonders am Monogrammisten I. W., einem Schüler des 1553 in Weimar verstorbenen Meisters, festmacht. Ebenfalls im Themenblock „Architektur und Wandmalerei“ stehen die Aufsätze von František Záruba und Josef Záruba-Pfeffermann. Letzterer interpretiert die Chormalereien der Jakobuskirche zu Slavětín als bedeutendes heraldisches und kulturhistorisches Zeugnis. Ersterer gibt eine alphabetische Aufstellung der Burgenbauten König Wenzels IV., hauptsächlich in den 1380er Jahre errichtet.
Inhaltlich eng verbunden sind vier Aufsätze, welche unter dem Rubrum „Herrschaft und kultureller Austausch“ zusammengefasst sind. Seth Adam Hindin gibt eine ethnische Deutung architektonischer Unterschiede in der sakralen Baukunst, zumal der so genannten tschechischen Kapellen (Brünn, Iglau, Königgrätz, Prager Bethlehemskapelle). Im Gegensatz zu deutschen Bauten kennzeichne diese eine |
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Böhmer, Johann Friedrich, Regesta Imperii III. Salisches Haus 1024-1125. 3. Abt. Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)-1106, 2. Lief. 1065-1075, bearb. v. Struve, Tilman unter Mitarb. v. Lubich, Gerhard/Jäckel, Dirk. Böhlau, Köln 2010. VIII, 202 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Böhmer, Johann Friedrich, Regesta Imperii III. Salisches Haus 1024-1125. 3. Abt. Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)-1106, 2. Lief. 1065-1075, bearb. v. Struve, Tilman unter Mitarb. v. Lubich, Gerhard/Jäckel, Dirk. Böhlau, Köln 2010. VIII, 202 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Heinrich IV. (Goslar? 11. 11. 1050-Lüttich 7. 8. 1106) war nicht nur der mit fast fünfzig Jahren am längsten herrschende König des deutschen Mittelalters, sondern auch der umstrittenste. Wie seine Herrschaft, so ist auch die Edition seiner Urkunden und die Regestierung seines Wirkens von vielerlei Widrigkeiten begeleitet. Umso erfreulicher ist es, dass Tilman Struve ein Vierteljahrhundert nach der Veröffentlichung des ersten Bandes der Regesten nun auch den zweiten Band vorlegen konnte. Nach der knappen Einleitung entsprechen Anordnung und Aufbau der Regesten den in der Einleitung des ersten Bandes ausführlich angelegten und begründeten Grundsätzen, wodurch trotz langer Pause die Einheitlichkeit des Werkes gesichert ist.
Der Band wird eröffnet mit der Ernennung des Speyerer Domkanonikers Werner (II. von Achalm) aus der Verwandtschaft des Grafen des Neckar- und Hessengaus bzw. der Grafschaft Maden zum Nachfolger des verstorbenen Bischofs Hezilo von Straßburg in Worms am Ende des Monats März 1065 (Regest Nr. 363). Danach betrachtet der Bearbeiter das Leben des Königs während zehner anschließender Jahre. Abgeschlossen wird der Band mit der zu einem unbestimmten Zeitpunkt des Jahres 1075 erfolgten Entsendung des Bischofs Gregor von Vercelli und des Grafen Eberhard zu dem Normannenherzog Robert (Guiscard) von Apulien zwecks Unterstützung für den geplanten Italienzug (Regest Nr. 782).
In diesen Zeitraum fällt der Beginn des Investiturstreits mit Papst Gregor VII. Wohl auf den 28. September 1075 datiert der Bearbeiter fragend das Schlüsselereignis. Heinrich empfängt Vertreter aus Klerus und Volk von Mailand, die auf eine Entscheidun |
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Bohrer, Melanie, Der morsche Baum. Verkehrssicherheit und Fahrlässigkeit in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Rechtsprechung - Materialien und Studien = Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main Band 30). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XI, 311 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bohrer, Melanie, Der morsche Baum. Verkehrssicherheit und Fahrlässigkeit in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Rechtsprechung - Materialien und Studien = Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main Band 30). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XI, 311 S. Besprochen von Werner Schubert.
Im Mittelpunkt der von Ulrich Falk (Mannheim) betreuten Dissertation Melanie Bohrers steht die Entscheidung des VI. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 30. 10. 1902, in der das Reichsgericht sich erstmals ausführlich mit der Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht befasste (vgl. auch das Urteil vom 7. 10. 1901 in JW 1901, 768). Mit diesem Urteil war die Verkehrssicherheit als deliktischer Schutzbereich allgemein auch für den Fall anerkannt, dass kein spezielles Schutzgesetz verletzt war (§ 823 Abs. 2 BGB), wie auch der Leitsatz zu dieser Entscheidung im Nachschlagewerk des Reichsgerichts hervorhebt: „Es gibt kein Schutzgesetz, das den Eigentümer oder Besitzer eines andern gefahrdrohenden Baumes eine Vorsorge besonders zur Pflicht macht; deshalb ist die Anwendung des § 823 Abs. 2 ausgeschlossen. Nach dem Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, das in § 836 nur eine einzelne Anwendung dieses Grundsatzes enthält, ist der Eigentümer oder Besitzer einer Sache, z. B. eines Baumes, verpflichtet, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt darauf zu verwenden, dass nicht andere durch die mangelhafte Beschaffenheit des Baumes Schaden erleiden.“ (W. Schubert/H. P. Glöckner, Nachschlagewerk des RG. BGB, Bd. 7, 1, Goldbach 1999, S. 266). In einem ersten Teil geht Bohrer auf die Verkehrspflichthaftung im Jahre 2009 ein (S. 1-32), die „als eine wuchernde Rechtsfigur“ erscheine, die der beständigen Begrenzung durch die Gerichte bedürfe (S. 31). Im ersten Kapitel des Hauptteils gibt Bohrer zunächst einen Überblick über die Gründe der Entscheidung von 1902 und über die bisherige, selten detaillierte A |
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Bölling, Rainer, Kleine Geschichte des Abiturs. Schöningh, Paderborn 2010. 192 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bölling, Rainer, Kleine Geschichte des Abiturs. Schöningh, Paderborn 2010. 192 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1944 geborene Verfasser, der Heinz Rühmann in der beknnten Feuerzangenbowle des Jahres 1944 vom Umschlag lächeln lässt, lehrte von 1976 bis 2007 im höheren Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Er kennt also seinen Sachgegenstand aus nächster Nähe. Dankenswerterweise hat er sich in klarer, gut verständlicher Weise seiner Geschichte angenommen.
Er gliedert seine mit der Frage des Einserabiturienten Franz Josef Strauß an kritische Juristen „Haben Sie Abitur“ einsetzende Darstellung mit der Abiturprüfung von 1835, um danach das sich immer mehr öffnende Tor zur Universität zu schildern, das vielleicht eines Tages für jedermann selbverständlich sein wird. Danach untersucht er das Abitur vom ersten Abiturregelement in Preußen im Jahre 1788 über den Kampf der Realschulen um Gleichberechtigung mit den Gymnasien und zwischenstaatlichen Vereinbarungen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Überzeugend widmet er ein eigenes Kapitel dem dornigen Weg der Mädchen zum Abitur bis zum Ende der Geschlechtertrennung nach 1945.
Den chronologischen Faden nehmen die beiden folgenden Kapitel für die Zeit vom ersten zum zweiten Weltkrieg und für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder auf. Vertieft werden die Probleme des Zentralabiturs und der Schulzeitverkürzung auf 8 Jahre Gymnasium sowie des Abstiegs des Faches Latein vom zentralen Abiturfach zum auf Grundzüge zurücksinkenden Mittelstufenfach. In deutschen Abituraufsätzen spiegelt der Verfasser schließlich den auch Gymnasium und Abitur nicht unberührt lassenden Zeitgeist, dem sich kaum einer aus der stetig wachsenden Zahl derer, die Strauß’ berührende Frage bejahen darf, entziehen kann.
Insgesamt spricht nach dem zurückhaltenden Urteil des Verfassers einiges dafür, dass die Anforderungen im Abitur (nach der Oberstufenreform zumindest zeitweise) gesunken |
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Böse, Christian, Die Entstehung und Fortbildung des Reichserbhofgesetzes (= Rechtshistorische Reihe 378). Lang, Frankfurt am Main 2008. 534 S. Besprochen von Gerhard Otte. |
Ganzen Eintrag anzeigen Böse, Christian, Die Entstehung und Fortbildung des Reichserbhofgesetzes (= Rechtshistorische Reihe 378). Lang, Frankfurt am Main 2008. 534 S. Besprochen von Gerhard Otte.
Der Verfasser hat sich mit seiner von Jörn Eckert angeregten und nach dessen Tod von Werner Schubert betreuten Dissertation das Ziel gesetzt, die Entstehung und das weitere Schicksal des Reichserbhofgesetzes (REG) nachzuzeichnen. Das Thema ist nicht neu. Über die Tendenz der nationalsozialistischen Erbhofgesetzgebung haben zuletzt Kannewurf (Die Höfeordnung vom 24. April 1947, 2004, passim) und Buchenroth (Die Heimatzuflucht nach § 30 Absatz 3 Reichserbhofgesetz, 2004, S. 60ff.) geschrieben. Letzterer hat auch die zum Preußischen Bäuerlichen Erbhofrecht vom 15. 3. 1933 und zum Reichserbhofgesetz vom 29. 9. 1933 führenden Gesetzgebungsverfahren dargestellt (aaO. S. 67ff. und 99ff.). Grundsätzlich neue Einsichten waren daher nicht zu erwarten. Böse hat aber nicht nur das gesamte zeitgenössische Schrifttum zum Erbhofrecht, sondern vor allem auch unfangreiches Aktenmaterial aus dem Reichsjustizministerium und dem preußischen Justizministerium ausgewertet und dadurch das bisherige Bild vom Erbhofrecht mit einer Fülle von Einzelheiten anreichern und das Urteil über dieses Recht festigen können.
Böse behandelt in acht Kapiteln (1.) den Weg vom Anerbenrecht vor 1900 über das REG hin zu den dieses Gesetz vielfach ändernden Verordnungen der Jahre 1934-1944, (2.) das Verfahren der „Anerbenbehörden“ (gemeint ist, der Erbhofgerichte), (3.) den Begriff des Erbhofs, (4.) die Bauernfähigkeit, (5.) die Erbfolge, (6.) die Problematik der Ehegattenhöfe, (7.) die Veräußerungs- und Belastungsbeschränkungen und (8.) – knapp – das Ende des Erbhofrechts, das heißt dessen Aufhebung durch den Alliierten Kontrollrat und Ersetzung in der britischen Besatzungszone durch die Höfeordnung.
Im Anhang (S. 447-534) sind dankenswerter Weise die einschlägigen Rechtsnormen abgedruckt, nicht n |
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Boyer, John W., Karl Lueger (1844-1910). Christlichsoziale Politik als Beruf. aus dem Englischen v. Binder, Otmar (= Studien zu Politik und Verwaltung 93). Böhlau, Wien 2010. 595 S., 18 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Boyer, John W., Karl Lueger (1844-1910). Christlichsoziale Politik als Beruf. aus dem Englischen v. Binder, Otmar (= Studien zu Politik und Verwaltung 93). Böhlau, Wien 2010 595 S., 18 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Im März 2010 jährte sich zum hundertsten Mal der Todestag Karl Luegers. Als Mitbegründer der Christlichsozialen Partei und als langjähriger Bürgermeister der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien hat Lueger die innenpolitische Landschaft der späten Habsburger-Monarchie, über den Rahmen Wiens hinaus, nachhaltig geprägt. Ungeachtet seiner großen und unbestreitbaren Verdienste um die Modernisierung Wiens durch den Ausbau einer zeitgemäßen Infrastruktur ist Lueger heute in der breiten Öffentlichkeit ziemlich vergessen. Zudem ist die von der Österreichischen Volkspartei, der Nachfolgerin der Christlichsozialen, lange betonte Vorbildrolle Luegers durch dessen – freilich immer schon bekannten – Antisemitismus zunehmend problematisch geworden. So sind denn die Erinnerungen an Luegers 100. Todestag nicht frei von Dissonanzen: Die Wiener Universität für Angewandte Kunst veranstaltete etwa Anfang 2010 einen Ideenwettbewerb zur Umgestaltung des Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Rassismus und Antisemitismus.
Pünktlich zum Jubiläumsjahr liegt die Übersetzung eines umfangreichen Werkes vor, das zwar auf zwei älteren Arbeiten John W. Boyers beruht, aber auch viel neues Material einarbeitet. Boyer, ein ausgewiesener Experte für die letzten Jahrzehnte Österreich-Ungarns, legt entgegen dem Titel keine klassische Biographie Luegers vor. Eine solche kann das Buch nicht sein, denn die Abschnitte, welche das Wien vor Luegers Eintritt in die Politik bzw. nach dessen Tod behandeln, nehmen mindestens die Hälfte des Bandes ein. Dem eigentlichen Inhalt kommt der Untertitel schon näher: Es geht um die Christlichsoziale Partei in der erfolgreichsten Periode ihrer Geschichte, die Boyer um 1930 mit dem Tod Ignaz Seipels enden lässt. Einzuschränken i |
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Braun, Johann, Kunstprozesse, 2. Aufl. Beck, München 2009. IX, 281 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Viele oder zumindest manche Juristen haben mehrere Seelen in ihrer Brust. Manche verdienen das notwendige Brot mit der spröderen Jurisprudenz, verfolgen aber ihre inneren Neigungen zur Kunst in vielfältigster und erfolgreichster Weise. Bekanntestes Beispiel hierfür ist vielleicht Johann Wolfgang Goethe, dem Hans Fehr allgemeine Analysen über das Verhältnis von Recht und Kunst (Das Recht im Bilde 1923, Das Recht im deutschen Volkslied 1926, das Recht in der Dichtung 1933) zur Seite gestellt hat, für die ihn Schüler und Weggefährten mit einer Festgabe über Kunst und Recht ehrten.
Johann Braun legte bereits 1995 13 Kunstprozesse von Menzel bis Beuys vor, die das Verhältnis von Kunst und Recht im Bereich des Verfahrensrechts exemplarisch beleuchten. Diese Darstellung ist auf so großes Interesse der Allgemeinheit gestoßen, dass eine zweite Auflage erforderlich wurde. Sie unterscheidet sich von der Vorgängerin durch Verzicht auf den Bacchantenzug, den Thoma-Salat und das vom Sitzen Besessen, durch Aktualisierung der verbliebenen zehn Fälle und durch Ergänzung um Noldes ungeliebte Kinder, eine ausgefallene Nummer, ein Ding aus Ming, ein wunderschönes Instrument, chercher la femme, Merda d’artista, Metaphysik der Unterschrift und den frisierten Menschenfresser, die überwiegend bereits an anderer Stelle veröffentlicht worden waren und in ihrer Summe den durch den ursprünglichen Titel beschriebenen, aus Gründen der Kontinuität gleichwohl beibehaltenen Rahmen des Titels bereits überschreiten.
Das erfolgreiche, auf die bildende Kunst ausgerichtete, aber von einem ehemaligen Bratscher um einen versteckten Platz für eine Bratsche zwischen den sonstigen Stühlen der Kunst erweiterte Werk beginnt demnach mit einer missglückten Schenkung Fräulein Margarete Krigar-Menzels vom Februar 1908 an die Bayerische Staatsgemäldesammlung in München. Sie |
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Braun, Michael, Der Badische Landtag 1918-1933 (= Handbuch der Geschichte des deutschen Liberalismus). Droste, Düsseldorf 2009. 645 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Eine umfassende Darstellung der parlamentarischen Entwicklung eines deutschen Landtages während der Weimarer Zeit lag bisher mit einem Werk Horst Möllers nur für den preußischen Landtag vor. Es ist deshalb zu begrüßen, dass mit den Untersuchungen Michael Brauns der Blick auf die Parlamentsgeschichte eines weiteren Landes ausgeweitet worden ist. Braun behandelt zunächst den badischen Weg in die Republik und anschließend die Entstehung der noch vor der Reichsverfassung ergangenen, von der Badischen Nationalversammlung verabschiedeten Verfassungsurkunde vom 21. 3. 1919 (S. 87ff.; zum Verfasser des maßgebenden Entwurfs Andreas Hunkel, Eduard Dietz [1866-1940] – Richter, Rechtsanwalt und Verfassungsschöpfer, Frankfurt am Main 2009). Es folgt ein Abschnitt über die Gesetzgebung des Badischen Landtags (Vorhaben im Bereich des öffentlichen Rechts, des Bereichs „Wirtschaft“, der Schulgesetzgebung sowie der Haushalts- und Finanzgesetzgebung). Im folgenden Abschnitt geht es um „Wahlen und Gewählte“ (S. 367ff.; Landtagswahlrecht; Ergebnisse der Wahlen 1921, 1925 und 1928 sowie Zusammensetzung der Fraktionen). Im Abschnitt über die Regierungsbildungen stellt Braun heraus, dass fast zehn Jahre lang in Baden grundsätzlich die Weimarer Koalition (Zentrum, SPD, DDP, teilweise auch DVP) amtierte. Die stärkste Partei, das badische Zentrum, hatte sich als erster Landesverband auf den Boden des neuen Staates gestellt (S. 504). Das Zentrum und die Sozialdemokratie waren sich „über viele Jahre hinweg deutlich näher als irgendwo in Deutschland“ (S. 513). Erst mit der Reichstagswahl im Juni 1932 zeigte sich, dass die Koalition mit 43,9% der Stimmen keine Mehrheit in der Bevölkerung mehr hatte (S. 408). Die politischen Parteien und Akteure waren in hohem Maße konflikt- und konsensfähig (S. 466), was in |
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Brock, Thomas, Moorleichen - Zeugen vergangener Jahrtausende(= Archäologie in Deutschland Sonderheft 2009). Theiss, Stuttgart 2009. 143 S., 130 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit Jahrhunderten werden im Moor vor allem beim Stechen von Torf menschliche Körper und Körperteile gefunden, deren Weichteile durch Sauerstoffabschluss und Huminsäureeinwirkung recht gut erhalten geblieben sind. Dem Schutz des Moores entzogen, trockneten sie freilich vielfach rasch aus und verwesten. Insgesamt sind in der Gegenwart mehr als 1000 Körper vor allem aus Dänemark, Norddeutschland, den Niederlanden und den britischen Inseln bekannt, wobei sich diese Zahl infolge der maschinellen Torfgewinnung in jüngerer Zeit nicht mehr bedeutsam erhöht hat.
Rechtsgeschichtlich sind diese Moorleichen deswegen interessant, weil Tacitus in seiner Germania eine Wendung enthält, die sich auf sie beziehen kann. Danach werden Unzüchtige wohl von der Allgemeinheit im Moor versenkt wie Volksverräter aufgehängt werden. Dementsprechend könnten sich schriftlicher Bericht und tatsächlicher Fund in ihrer Aussagekraft gegenseitig stützen.
Der Verfasser hat vor- und frühgeschichtliche Archäologie und Journalistik in Hamburg studiert. Er kennt also seinen Sachgegenstand gut. Er weiß aber auch, dass selbst wissenschaftliche Erkenntnis interessengerecht präsentiert werden muss.
Deswegen geht er von zahlreichen Theorien und schaurigen Geschichten aus, die sich um die mysteriösenToten ranken. Die meisten sind nach dem Außentext einen grausamen Tod gestorben, wobei sie erhängt, enthauptet, erstochen oder erschlagen wurden. Bis heute ist die Frage, warum sie sterben mussten und warum man ihre Leichname im dunklen Schlamm versenkte, nicht eindeutig zu beantworten, wobei man nach Ansicht des Verfassers immer wieder falschen Fährten gefolgt ist und die Forscher sogar Ergebnisse frei erfunden haben.
Er selbst gliedert seine reich ausgestattete, eindrucksvol |
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Brunner, Hilmar, Polizeigesetzgebung im Herzogtum Bayern 1508-1598 (= Rechtsgeschichtliche Studien 29). Kovač, Hamburg 2010. 525 S. (Diss. jur. Regensburg 2009). Besprochen von Christof Paulus. |
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Am 20. September 1581 ermahnte Herzog Wilhelm V. von Bayern seine Beamten in einem Münchner Mandat zu mehr Gewissenhaftigkeit und Einsatz bei der Umsetzung herzoglicher Anordnungen. Um den Druck zu erhöhen, wurde das landesfürstliche Schreiben öffentlich verlesen und angeschlagen. Dies weist auf Durchsetzungsdefizite hin, die sich dem „Vorrücken des Staates“ entgegenstellten. Die vorliegende rechtsgeschichtliche Dissertation hat es sich zum Ziel gesetzt, weitgehend aus Münchner Beständen die Polizeimandate aufzulisten und auszuwerten. So hat Hilmar Brunner seiner Arbeit eine rund 175-seitige systematische Analyse des Quellenbestands vorausgeschickt, an die sich eine wertvolle, regestenartige Zusammenstellung der zwischen 1478 und 1598 erlassenen Landgebote (969 Nummern) anschließt. Dazwischen finden sich eine Zeittafel und ein kurzes Glossar. Ein Register fehlt.
Die Landgebote verortet Brunner als wichtiges rechtsgeschichtliches Scharnier zwischen den spätmittelalterlichen Landfrieden und dem Inquisitionsprozess der frühen Neuzeit, ohne indes diese These ausführlicher zu erörtern (S. 12). Die Mandate werden einerseits nach ihrer Auflagenhöhe – dabei hatte der Münchner Drucker Andreas Schobser ein Monopol –, andererseits nach ihren Adressaten – herzogliche Beamte, andere Obrigkeiten – differenziert. Eine Auswertung erfolgt hierbei unter anderem nach den erhaltenen Hofzahlamtsrechnungen. In kurzen Biogrammen werden die bayerischen Herzöge des Untersuchungszeitraums – Albrecht IV., Wilhelm IV., Ludwig X., Albrecht V., Wilhelm V. – vorgestellt, worauf sich eine inhaltliche Einordnung der Polizeimandate anschließt. Hierbei wäre es sinnvoll gewesen, die Wahl des zeitlichen Korridors einer näheren Erläuterung zu unterziehen.
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Brüser, Joachim, Herzog Karl Alexander von Württemberg und die Landschaft (1733 bis 1737). Katholische Konfession, Kaisertreue und Absolutismus (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 180). Kohlhammer, Stuttgart 2010. XLVIII, 272 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Anton Schindling betreute im Wintersemester 2007/2008 von der Fakultät für Philosophie und Geschichte der Universität Tübingen angenommene Dissertation des Verfassers. Ihr Ziel ist es, an Hand von gedruckten wie ungedruckten Quellen zu untersuchen, in welchen Bereichen Herzog Karl Alexander von Württemberg in seiner kurzen Herrschaftszeit sich von der landschaftlichen Mitbestimmung befreien und selbstbestimmt regieren konnte. Dazu gliedert der Verfasser sein überzeugendes Werk in fünf Teile.
In der Einleitung behandelt er zunächst das Land Württemberg und den Absolutismus und spürt dann dem Herzog in der historischen Forschung nach. Ausführlich schildert er den am 24. Januar 1684 als Spross der Seitenlinie Württemberg-Winnenden geborenen, 1695 für einige Monate dem Studium in Tübingen zugeführten, dann aber bereits mit elf Jahren zum Befehlshaber eines Subsidienregiments in venezianischen Diensten und am 4. August 1719 vom Kaiser zum Statthalter des 1718 gewonnenen Belgrad und Serbien erhobenen, in Wien am 21. Oktober 1721 zum katholischen Glauben wechselnden Fürsten, der beim Tode Herzog Eberhard Ludwigs am 31. Oktober 1733 im Alter von 49 Jahren (ursprünglich nicht aussichtsreicher) Thronfolger wurde. Ihm standen die Landstände gegenüber, in denen der Adel fehlte, aber die Bürger sehr weitreichende Mitbestimmungsrechte hatten.
Als Vorspiel für die in Stuttgart am 16. Dezember 1733 angetretene Herrschaft sieht der Verfasser einleuchtend die Tätigkeit als Gouverneur von Landau und als Statthalter in Belgrad. Die Konflikte des Herzogs mit der Landschaft behandelt er sehr so |
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Buchholz, Erich, Strafrecht im Osten - ein Abriss über die Geschichte des Strafrechts in der DDR (= Edition Zeitgeschichte 37). Homilius, Berlin 2008. 661 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Berlin am 8. Februar 1927 geborene Verfasser erlebte, wie seine unter dem Titel „Dem Unrecht wehren“ 2006 veröffentlichte Erzählung (Biographie) berichtet, den Hitlerfaschismus als Schüler und Gymnasiast (am Luisengymnasium), um die letzten Tage des zweiten Weltkriegs als Eisenbahnpionier zu überstehen, wodurch sein Leben als konsequent friedliebender Mensch geprägt wurde. Von 1948 bis 1952 absolvierte er das juristische Studium an der Humboldt-Universität in Berlin, wurde nach dem Abschluss 1952 wissenschaftlicher Assistent, wurde 1956 über Strafzumessung promoviert, 1957 Dozent, 1963 über Diebstahl habilitiert, 1965 Professor mit Lehrauftrag, später Ordinarius, 1966 Dekan der juristischen Fakultät und 1976 Direktor der Sektion Rechtswissenschaft. Dass er seinen Traumberuf Rechtsanwalt erst nach 1990 ergreifen konnte, lag nicht an seiner Entscheidung, maßgeblich am Aufbau der Deutschen Demokratischen Republik beteiligt zu sein, sondern daran, dass er nach dem Ende der Deutschen Demokratischen Republik 1991 als Professor entlassen wurde.
Seit 1952 veröffentlichte er zahlreiche Beiträge in der Neuen Justiz und in Staat und Recht. Zudem wirkte er verantwortlich bei Lehrbüchern mit. Zu seinem 80. Geburtstag wurde ihm eine von Horst Kellner herausgegebene Festschrift gewidmet und allein seit dieser Zeit liegen zehn umfangreiche Veröffentlichungen aus seiner Feder vor, zu denen neben dem vorliegenden Werk etwa 1949, Totalliquidierung in zwei Akten, Unter Feuer, Überwachungsstaat, Kriminalität - und kein Ende, BRD-Grundgesetz vs. DDR-Verfassung, und was war es nun wirklich? und Rechtsbetrachtungen von links zählen dürften.
Die Anregung, das vorliegende Buch zu schreiben, kam nach dem kurzen Vorwort des Verfassers von Kollegen. Da die Rec |
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Bühler, Theodor, Schweizerische Rechtsquellen und Schweizerische Verfassungsgeschichte nach einer Vorlesung von Ulrich Stutz (1868-1932). Nach einer Nachschrift von Dr. Adolf Im Hof. Dike/Nomos, Zürich/Baden-Baden 2010. LIII, 604 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Ulrich Stutz (Zürich 5. 5. 1868-Berlin 6. 7. 1938), der von 1894 bis kurz vor seinem einem Schlaganfall folgenden Tode 44 Jahre für die Zeitschrift für Rechtsgeschichte wirkte, davon 41 Jahre als geschäftsführendes Mitglied, war, womit der Herausgeber sein kurzes Vorwort beginnt, ein bedeutender Kanonist. Weniger bekannt ist er nach den Worten des Herausgebers als Schweizer Rechtshistoriker der germanistischen Richtung, obwohl sich Stutz selbst in erster Linie als Züricherischer und Schweizer Rechtshistoriker bekannte. Im Rückgriff auf diese Verortung veröffentlicht der Herausgeber dankenswerterweise Stutzs umfassendste Arbeit auf dem Gebiet der Schweizer Rechtsgeschichte auf der Grundlage einer Nachschrift des späteren Basler Regierungsrats Adolf Im Hof (18. 9. 1876-21. 11. 1952) zu einer nur einmal in Basel im Wintersemester 1895/1896 von dem damals 27jährigen außerordentlichen Professor gehaltenen Vorlesung.
Dabei fragt der Herausgeber selbst nach der wissenschaftlichen Sinnhaftigkeit der Edition einer Vorlesungsnachschrift. Er verneint sie überzeugend für den Fall, dass der Dozierende selbst über das gleiche Thema eine Monographie veröffentlicht hat. Er bejaht sie jedoch zutreffend für seinen Fall, in dem Stutz zwar 1920 einen Akademievortrag über die Schweiz in der deutschen Rechtsgeschichte gehalten hat, aber die Vorlesung bei weitem ausführlicher ist und zudem persönliche Meinungen und Auffassungen ausweist, die im Vortrag fehlen.
Zu Recht entscheidet sich der Herausgeber bei der Edition um größtmögliche Werktreue. Deshalb behält er Gliederung, Struktur, Gestaltung und Stil bei und gibt alle Abkürzungen, Schreibweisen und auch Schreibfehler wieder. Zugle |