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Blackstone and his Commentaries. Biography, Law, History, ed. by Prest, Wilfrid. Hart Publishing, Oxford 2009. XIII, 254 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus.

Blackstone and his Commentaries. Biography, Law, History, ed. by Prest, Wilfrid. Hart Publishing, Oxford 2009. XIII, 254 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus.

 

Der von dem neuesten Blackstone-Biographen Wilfrid Prest herausgegebene Sammelband zu Leben und Werk des englischen „Kommentators“ und Vaters der Wissenschaft vom englischen Recht geht zurück auf ein im Dezember 2007 an der Heimatuniversität des Herausgebers, Adelaide in Südaustralien, abgehaltenes Blackstone-Symposion. Die bleibende Bedeutung Blackstones (1723-1780) für den angelsächsischen Rechtskreis hat Prest gleich im Vorwort präzise umrissen: „Blackstone continues to be regularly cited in courts on both sides of the Atlantic, and elsewhere throughout the common law world. His Commentaries provide constitutional, cultural, intellectual and legal historians with a remarkably comprehensive account of the roles of law, lawyers and the courts in the imperial superpower that was England on the cusp of the industrial revolution” (S. V). Das Anliegen der Beiträger und des Herausgebers ist es, möglichst viele Aspekte des Themas abzudecken; so teilt sich der Band in drei Teile: Während sich der erste mit der Biographie Blackstones beschäftigt, widmet sich der zweite dem Rechtsdenken des „Kommentators”, und der dritte schließlich, „Influence” betitelt, befasst sich mit der weltweiten Rezeptionsgeschichte der „Commentaries on the Laws of England”.

 

Prest fasst in seinem einleitenden Beitrag noch einmal die wesentlichen Resultate seiner neuen Lebensdarstellung zusammen und betont vor allem den biographischen Kontext des nur scheinbar ausschließlich einer wissenschaftlich-gelehrten Sphäre angehörenden Hauptwerks. Carol Matthews behandelt in aufschlussreicher Weise die Funktion der Architektur in Blackstones Leben und Werk; sie kann erstaunliche Parallelen zwischen dem architektonischen Denken der Zeit und der inneren Konstruktion, des gedanklichen Aufbaus der „Commentaries“ aufzeigen. Zwei weitere Beiträge Norma Aubertin-Porters und Ian Doolittles behandeln Blackstones Beziehungen zum All Souls College in Oxford sowie des Verhältnis des Kommentators zu William Prynne.

 

Vier Beiträge sind ausschließlich dem Werk und dem Rechtsdenken Blackstones gewidmet: John H. Langbein zeigt in seiner Studie „Blackstone on Judging“ die Bedeutung des Werkes für die „judicial independence“ (S. 74) im angelsächsichen Recht auf und belegt damit gleichzeitig dessen Einfluss auf den nordamerikanischen Rechtsbereich: die „Commentaries“ wurden nach ihrem Erscheinen (1765-1769) „a beguilingly accessible source for understanding what appeared to be the state oft he common law at the point of American separation“ (S. 77). Der ebenfalls wichtige Beitrag John V. Orths „Blackstone’s Rules on the Construction of Statutes“ vergegenwärtigt die Bedeutung seines Werkes für die Weiterbildung des Gesetzesrechts im angelsächsischen Rechtsbereich. Hierzu trugen nicht zuletzt die stilistischen Qualitäten der „Commentaries“ bei, denn: „For the first time in five hundred years the law found its eloquent voice“ (S. 90). Weitere Beiträge dieses Abschnitts widmen sich u. a. dem Eherecht bei Blackstone (Mary Sokol) sowie der Rezeptionsgeschichte der „Commentaries“ im kolonialen Kontext Australiens (Thalia Anthony).

 

Der dritte Teil des Bandes setzt die Rezeptionsgeschichte weiter fort: Neben Amerika, das hier noch einmal von Michael Hoeflich in den Blick genommen wird, rekonstruiert John Emerson kenntnisreich die französische Beschäftigung mit Blackstone, die noch vor der Revolution von 1789 eingesetzt hat. Horst Dippel schließlich umreißt relativ knapp – unter Aufnahme der Forschungsresultate des Rezensenten – die ebenfalls schon in den 1760er Jahren an der Universität Göttingen beginnende deutsche Rezeptionsgeschichte von Blackstones wissenschaftlichem Werk, die er bis in die zweite Nachkriegszeit verfolgt. Das Interesse einiger NS-Juristen an den vermeintlich „germanischen“ Grundlagen des englischen Rechts, das auch zu einer neuen Beschäftigung mit Blackstone aus eben diesem bedenklichen Blickwinkel führte, erörtert er nicht. – Insgesamt ein nützlicher, sehr informativer und gut zu lesender Band, der Wilfrid Prests 2008 erschienene Biographie Sir William Blackstones trefflich ergänzt.

 

Passau                                                                                         Hans-Christof Kraus