Neumann, Andreas, Rechtsgeschichte, Rechtsfindung und Rechtsfortbildung im Islam. Enzyklopädien des islamischen Rechts unter besonderer Berücksichtigung Ägyptens und der Nasser-Enzyklopädie (= Interdisziplinäre Schriftenreihe zur Islamwissenschaft 6). Kovač, Hamburg 2012. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neumann, Andreas, Rechtsgeschichte, Rechtsfindung und Rechtsfortbildung im Islam. Enzyklopädien des islamischen Rechts unter besonderer Berücksichtigung Ägyptens und der Nasser-Enzyklopädie (= Interdisziplinäre Schriftenreihe zur Islamwissenschaft 6). Kovač, Hamburg 2012. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Tilman Nagel betreute Dissertation des Verfassers in seinem am 23. Juni 2010 in der philosophischen Fakultät der Universität Göttingen abgeschlossenen Promotionsverfahren. Ihr geht es um Kernfragen islamischer Religion. Grundlage dafür ist die zur Zeit der Vereinigten Arabischen Republik (1958-1961) in Kairo unter der Ägide des Obersten Rates für die islamischen Abgelegenheiten ins Leben gerufene Nasser-Enzyklopädie zur Schariawissenschaft, deren erster Probeband am 23. Juli 1961, dem neunten Jahrestag der Revolution der freien Offiziere (in Ägypten) von 1952 vorgelegt wurde und die 1972 eine Umbenennung in Enzyklopädie der Schariawissenschaft erfuhr.
Seit dem Anfang sind bis zur Drucklegung der Dissertation des Verfassers im Jahre 2012 31 Bände von durchschnittlich jeweils 350 zweispaltig formatierten Seiten und damit von insgesamt mehr als 10000 Seiten erschienen, ohne dass bereits alle Lemmata zum ersten Buchstaben des arabischen Alphabets vorlägen. Dem Verfasser geht es bei seiner Untersuchung in erster Linie um die Entstehungsgeschichte der Enzyklopädie und die Aussagen zur Geschichte der Scharia und dreier ihrer Prinzipien. Dagegen befasst er sich mit der gegenwärtigen Rechtswirklichkeit in Ägypten nicht.
Er geht in seiner vierteiligen Untersuchung von Gegenstand und Grundlagen (Scharia, Schariawissenschaft, Schariaschulen, Nasser-Enzyklopädie und innerislamische Ökumene sowie Methode der hermeneutischen Philologie) aus, betrachtet danach die Nasser-Enzyklopädie im arabischen Schrifttum und sucht abschließend nach dem Anwendungsbereich. Im Ergebnis sieht er nach ausführlicher anspreche |
|
Neunzehnhundertneunundachtzig (1989) und die Rolle der Gewalt, hg. v. Sabrow, Martin. Wallstein Verlag Göttingen 2012. 428 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neunzehnhundertneunundachtzig (1989) und die Rolle der Gewalt, hg. v. Sabrow, Martin. Wallstein Verlag Göttingen 2012. 428 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
1989 blieb wider alles Erwarten die Gewalt in der menschlichen Geschichte an einer hervorgehobenen Stelle aus, so dass sich die Möglichkeit einer weitgehend gewaltfreien Veränderung in der Form einer friedlichen Wende ergab. Gut zwanzig Jahre danach setzt sich der vorliegende Sammelband in rund einem Dutzend Einzelstudien mit wichtigen Aspekten des damaligen Geschehens auseinander. Herausgegeben ist das Werk von dem in Kiel 1954 geborenen, nach dem Studium von Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft in Kiel und Marburg 1993 in Freiburg im Breisgau mit einer Dissertation zu politischen Attentaten in der frühen Weimarer Republik promovierten, 2000 mit einer Schrift über die Geschichtswissenschaft der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1949 und 1969 habilitierten und über die Universität Potsdam 2009 an die Humboldt-Universität in Berlin zurückgekehrten Martin Sabrow.
Der Band beginnt mit der deutschen Entwicklung, für die Jürgen Bergien erklärt, dass die ältere Gewaltbereitschaft aus den früheren tatsächlichen Auseinandersetzungen mit dem Faschismus rühre, die von den jüngeren Funktionären nicht mehr selbst miterlebt worden seien. Hinzu kommt freilich nach Jens Giesecke, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung so weite Kreise gezogen habe, dass das Ministerium für Staatssicherheit nicht mehr nur Einzelnen und einzelnen Gruppen gegenüberstand. Beides führte dazu, dass bei den großen Demonstrationen im Oktober 1989 kein Funktionär den Schießbefehl auf die Menge mehr wagte.
Bei der außerdeutschen Entwicklung stellt Manfred Görtemaker naheliegenderweise im Rahmen der Sowjetunion Michael Gorbatschow in den Mittelpunkt, der sich in den ungeplanten Verlauf seiner menschenfreundlichen Reformpolitik fügte und ein militärisches Eingreifen aus Überzeugung ablehnte. |
|
Neunzehnhundertundneunundachtzig-zweitausendundneun (1989-2009) 20 Jahre UN-Kinderrechtskonvention - Erfahrungen und Perspektiven, hg. v. Schorlemer, Sabine von/Schulte-Herbrüggen, Elena (= Dresdner Schriften zur Recht und Politik der Vereinten Nationen 15). Lang, Frankfurt am Main 2010. XII, 228 S., 1 Abb., zahlr. Tab. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neunzehnhundertundneunundachtzig-zweitausendundneun (1989-2009) 20 Jahre UN-Kinderrechtskonvention - Erfahrungen und Perspektiven, hg. v. Schorlemer, Sabine von/Schulte-Herbrüggen, Elena (= Dresdner Schriften zur Recht und Politik der Vereinten Nationen 15). Lang, Frankfurt am Main 2010. XII, 228 S., 1 Abb., zahlr. Tab. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Während der längsten Zeit der menschlichen Geschichte waren Kinder eine der natürlichsten Gegebenheiten der Welt, die mit ihnen nach den in ihr angelegten Möglichkeiten verfuhr. In der inzwischen erreichten Zivilisation der führenden Staaten der Gegenwart sind sie zu Gunsten anderer Interessen seltener und damit auch kostbarer geworden. Deswegen hat sich national wie international die Bewertung ihrer Bedeutung wie auch Gefährdung erkennbar geändert.
Signifikant kommt dies in dem Übereinkommen über die Rechtes des Kindes (Convention on the Rights of the Child) der Vereinten Nationen zum Ausdruck. Die Konvention wurde am 20. November 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York angenommen und trat bereits am 2. September 1990, dreißig Tage nach der Ratifizierung durch das 20. Mitgliedsland in Kraft. Nachdem sich bei einem Weltkindergipfel in New York am 29. und 30. September 1990 Regierungsvertreter aus der ganzen Welt zu ihrer Anerkennung verpflichtet hatten, traten ihr (mit Ausnahme der gleichwohl unterzeichnenden Vereinigten Staaten von Amerika und Somalias) mehr Mitgliedsländer bei als jeder anderen Konvention der Vereinten Nationen, wenn auch teilweise mit Vorbehalten.
In Würdigung dieses besonderen Erfolges fand vom 5. bis zum 7. November 2009 in der sächsischen Landes-, Staats- und Universitätsbibliothek in Dresden ein Symposium über 20 Jahre UN-Kinderrechtskonvention (1989-2009) statt, dessen Ergebnisse die Herausgeberinnen wenig später in einem von ihnen mit einem Vorwort eingeleiteten Sammelband vorlegen konnten. Gegliedert ist er außer i |
|
Niedersächsisches Klosterbuch - Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, hg. v. Dolle, Josef unter Mitarbeit von Knochenhauer, Dennis (= Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56). Teil 1 Abbingwehr bis Gandersheim, Teil 2 Gartow bis Mariental, Teil 3 Marienthal bis Zeven, Teil 4 Literatur und Register. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2012. LXVII, 460, 461-1031, 1033-1 |
Ganzen Eintrag anzeigen Niedersächsisches Klosterbuch - Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, hg. v. Dolle, Josef unter Mitarbeit von Knochenhauer, Dennis (= Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56). Teil 1 Abbingwehr bis Gandersheim, Teil 2 Gartow bis Mariental, Teil 3 Marienthal bis Zeven, Teil 4 Literatur und Register. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2012. LXVII, 460, 461-1031, 1033-1600, 1601-2211 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Kloster ist die geschlossene, Ordensangehörigen als gemeinsame Wohnung, Gebetsstätte und Arbeitsraum dienende Anlage. Sie erscheint im Bereich des Christentums in Oberägypten im 4. Jh. erstmals (Pachomius), während im fränkischen Reich Marmoutier (Martin von Tours) und Luxeuil (Columban) wichtige Vorbilder für zahlreiche, schon früh vom König und Adel durch Privilegien und Gaben unterstützte Gründungen, für die sich im 8. Jh. die Ordnung des Benedikt von Nursia durchsetzt, sind. In der Neuzeit, in der in Europa um 1750 etwa 350000 Mönche und Nonnen in etwa 25000 Ordenshäusern von der Allgemeinheit getragen werden, werden unter dem Einfluss auch der Reformation und danach der Aufklärung zahlreiche Klöster säkularisiert.
Niedersachsen ist das durch die Verordnung Nr. 55 der britischen Militärregierung am 1. 11. 1946 vor allem aus dem Land Hannover Preußens, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe gebildete deutsche Bundesland. Streng genommen gibt es also in Niedersachsen keine Klöster zwischen den Anfängen der Christianisierung und 1810. Dessenungeachtet ist es eine vorzügliche wissenschaftliche Leistung des Herausgebers, alle monastischen Einrichtungen zwischen Karl dem Großen und der Aufhebung der geistlichen Territorien im Jahre 1803 im heutigen Niedersachsen und Bremen in einer großen, mehr als 360 Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser umfassenden Einheit zusammenzust |
|
Nonn, Ulrich, Mönche, Schreiber und Gelehrte. Bildung und Wissenschaft im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2012. 200 S., 60 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nonn, Ulrich, Mönche, Schreiber und Gelehrte. Bildung und Wissenschaft im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2012. 200 S., 60 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die bedeutsamste Erscheinung der Gesellschaft der Gegenwart ist wohl der rasche, weltweite Anstieg der Bildung, der nicht nur dazu führen wird, dass in Kürze jeder bildbare Mensch lesen und schreiben können wird, sondern dass vielleicht sogar jeder künftig einen universitären Abschluss vorlegen wird können und müssen. Die ersten Grundlagen für diesen menschlichen Aufstieg wurden wohl bereits im Altertum gelegt. Den allgemeinen Übergang von der einfachen Schule zur höheren Universität hat aber erst das Hochmittelalter vollzogen, so dass gerade Bildung und Wissenschaft im Mittelalter ein wichtiger Forschungsgegenstand sind.
Der in Ahrweiler 1942 geborene, in Geschichte und Germanistik an den Universitäten Bonn und Freiburg ausgebildete Verfasser wurde nach der 1967 abgelegten ersten Staatsprüfung für das Lehramt am Gymnasium und einer Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft in Bonn 1971 bei Eugen Ewig mit einer Dissertation über merowingische Testamente, die das Fortleben einer römischen intellektuellen Errungenschaft im frühmittelalterlichen Frankenreich behandeln promoviert. 1981 wurde er in Bonn mit einer Schrift über die politische Raumgliederung im früheren Mittelalter habilitiert und 1991 nach Koblenz-Landau berufen. Einen wichtigen Schwerpunkt seiner weitern Forschungen bildet die epochenüberschreitende Erschließung der Personennamen vom 3. bis 8. Jahrhundert als Indikatoren für sprachliche, ethnische, soziale und kulturelle Gruppenzugehörigkeit.
Das vorliegende, mit einem Ausschnitt aus einem Fresko „Gregorius mit einem Schreiber“ von 1290/1295 in Assissi geschmückte, für eine breitere Leserschaft gedachte Werk behandelt den Gang der Bildungsentwicklung ansprechend chronologisch. Es beginnt mit der Frage nach dem verfall der römisch |
|
Nörr, Knut Wolfgang, Romanisch-kanonisches Prozessrecht. Erkenntnisverfahren erster Instanz in civilibus. Springer, Heidelberg 2012. XVII, 241 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nörr, Knut Wolfgang, Romanisch-kanonisches Prozessrecht. Erkenntnisverfahren erster Instanz in civilibus. Springer, Heidelberg 2012. XVII, 241 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Knut Wolfgang Nörr hat sich wenige Jahre nach seiner Dissertation in München bei Johannes Heckel über Kirche und Konzil bei Nicolaus de Tudeschis (Panormitanus) mit 31 Jahren bei Wolfgang Kunkel und Siegfried Grundmann mit einer grundlegenden Schrift zur Stellung des Richters im gelehrten Prozess der Frühzeit (Iudex secundum allegata non secundum conscientiam iudicat) habilitiert. Trotz zahlreicher Interessen für andere gewichtige Sachgegenstände hat ihn diese Thematik lebenslang begleitet. Von daher war eine zusammenfassende Darstellung aus seiner Feder seit langem ein allgemeines Desiderat.
Unmittelbar nach dessen Einlösung hat das schlanke Buch dementsprechend großes Interesse mehrerer sachkundiger Rezensenten erweckt. Ihren Ausführungen vorzugreifen, steht dem Herausgeber naturgemäß nicht wirklich an. Vielleicht darf er aber doch aus eigenem Interesse vorweg auf den wichtigen Inhalt in wenigen Sätzen hinweisen.
Gegliedert ist die Arbeit außer in die kurze Einleitung, die wichtige Grundfragen kurz und klar bescheidet, die Quellen beschreibt sowie drei methodische Bemerkungen voranstellt, und ein knappes Schlusskapitel in sechs Sachkapitel. Dabei schildert der Verfasser als erstes die am Verfahren beteiligten Personen (Richter, Auditor, Assessor, Notarius, Hilfspersonen, Kläger, Beklagter, Streitgenossen, Drittbeteiligte und Prozessvertreter wie Procurator, andere Prozessvertreter und Advocatus. Zwar war es in diesem Zusammenhang regelmäßig Sache der Parteien, sich des Beistands eines Advokaten zu versichern, unter bestimmten Voraussetzungen hatte jedoch der Richter von Amts wegen für die Heranziehung eines Anwalts zu sorgen, wobei das Partikularrecht die justinianischen und kanonistischen Grundlagen sowohl bestätigen wie auch ausbauen konnte und |
|
North, Douglass C./Wallis, John Joseph/Weingast, Barry R., Gewalt und Gesellschaftsordnungen. Eine Neuordnung der Staats- und Wirtschaftsgeschichte, übers. v. Streissler, Monika (= Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 145). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XIII, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen North, Douglass C./Wallis, John Joseph/Weingast, Barry R., Gewalt und Gesellschaftsordnungen. Eine Neuordnung der Staats- und Wirtschaftsgeschichte, übers. v. Streissler, Monika (= Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 145). Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XIII, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Douglass C. North (1920) ist Professor in Arts and Sciences an der Washington University in St. Louis in Missouri, John Joseph Wallis (1952) Professor der Ökonomie an der University of Maryland und Barry R. Weingast (1952) Professor der Politikwissenschaft an der Stanford University in Kalifornien. Sie vertreten folglich einigermaßen unterschiedliche Ausgangspunkte. Dementsprechend kann ein Zusammenwirken an einer allgemeineren, wenig zeitgebundenen Fragestellung zu abgesicherteren Ergebnissen führen.
Gegenstand der im ersten Entwurf von John Joseph Wallis skizzierten Untersuchung ist die Stellung der Gewalt innerhalb einer Gesellschaft, von der allgemein zu erwarten ist, dass sie anfangs wenig beschränkt war, im Lauf der menschlichen Geschichte aber mehr und mehr durch rechtliche Regeln eingegrenzt wurde. Die Verfasser gehen von einer Unterscheidung in Privilegierung potenzieller Gewaltanwender einerseits und Begünstigung von Freiheit andererseits aus. Sie wollen beides erklären und den Übergang von einem Lösungsmodell zum anderen verständlicher machen.
Gegliedert ist die Darstellung in sieben Kapitel. Sie betreffen den Begriffsrahmen, den natürlichen Staat, in dem der Einsatz von Gewalt durch politische Einflussnahme auf die Wirtschaft mittels Privilegien samt den damit verbundenen Nachteilen verringert wird, den natürlichen Staat in der Praxis am Beispiel des englischen Bodenrechts, die Ordnungen mit Zugangsfreiheit auf dem Markt, die Übertrittsbedingungen für den Übergang von Ordnungen mit Zugangsbeschränkungen zu Ordnungen mit Zugangsfreiheit, den eigentlichen Übergang und ein abschließendes neues Forschungsprogramm f |
|
NS-Herrschaft in der Steiermark. Positionen und Diskurse, hg. v. Halbrainer, Heimo/Lamprecht, Gerald/Mindler, Ursula. Böhlau, Wien 2012. 541 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen NS-Herrschaft in der Steiermark. Positionen und Diskurse, hg. v. Halbrainer, Heimo/Lamprecht, Gerald/Mindler, Ursula. Böhlau, Wien 2012. 541 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Die wenigen auswärtigen Beiträger (allen voran Wolfgang Benz, „Papst“ der deutschen Antisemitismus-Forschung, und die beiden Wiener Zeithistoriker Wolfgang Neugebauer und Kurt Bauer) mögen es verzeihen, wenn hier von einem Grazer „Hausprojekt“ die Rede sein soll: Denn 22 der 25 Autorinnen und Autoren des zu besprechenden Sammelbandes wirken in Graz oder haben dort gewirkt, die meisten an verschiedenen Instituten der Karl-Franzens-Universität oder am Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung. 18 Verfasser gehören der engeren historischen Disziplin an und demonstrieren klar den Primat dieses Faches; darüber hinaus haben Vertreter der Rechts- und Kunstgeschichte, der Soziologie, der Theologie sowie der Kultur- und Literaturwissenschaft ihr Wissen eingebracht.
Obwohl – wie die drei Herausgeber eingangs bekennen – „eine systematische Erforschung der NS-Zeit in der Steiermark noch aussteht“, mag sich der vorliegende Band als „Zwischenergebnis“ auf dem Weg dorthin verstanden wissen und „einen Ist-Zustand der Forschung zur NS-Zeit in der Steiermark“ dokumentieren (S. 13f.). Und in der Tat hat das Buch einiges zu bieten, was über die mittlerweile in die Jahre gekommene Habilitationsschrift Stefan Karners („Die Steiermark im Dritten Reich 1938-1945“) aus 1985 hinausweist. Noch keinen konkreten Bezug zur Steiermark nimmt Wolfgang Benz in seinem Impulsartikel, der die allgemeine Entwicklung der Forschung zur NS-Zeit skizzenhaft darlegt und dem Problem der „Täterkinder“ besondere Aufmerksamkeit widmet. Sodann folgen, gegliedert in Vorgeschichte, NS-Herrschaft, Gesellschaft/Kultur/Wissenschaft, NS-Terror und „Nachzeit“, die eigentlichen Regionalstudien.
Vorauszuschicken ist, dass der geographische Raum, der hier in Betrachtung genommen wird, si |
|
Oberkofler, Gerhard, Ludwig Spiegel und Kleo Pleyer - Deutsche Misere in der Biografie zweier sudentendeutscher Intellektueller. StudienVerlag, Innsbruck 2012. 264 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oberkofler, Gerhard, Ludwig Spiegel und Kleo Pleyer - Deutsche Misere in der Biografie zweier sudentendeutscher Intellektueller. StudienVerlag, Innsbruck 2012. 264 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.
Ludwig Spiegel wurde in Reichenau an der Kněžna 1864 als Sohn eines Advokaten und Notars geboren, studierte ab 1882 an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag mit ausgezeichnetem Erfolg (Promotion 2. 7. 1887), wurde danach bei der Finanzprokuratur tätig und erwarb am 12. Dezember 1893 die Lehrbefugnis für österreichisches Staatsrecht. In 15 Abschnitten verfolgt der Verfasser akribisch an Hand zahlreicher einzelner Quellen das sehr erfolgreiche Wirken des bald berufenen Gelehrten, der sich etwa mit der Geschichte Böhmens, der Entstehung des tschechoslowakischen Staates, die Rechtsstellung der deutschen Universität Prag oder der Staatssprache der Tschechoslowakei entschieden und weiterführend auseinandersetzte und als einer der wichtigsten Führer der Sudetendeutschen zum Senator im Parlament in Prag aufstieg. Als er, bereits zum Rektor gewählt, in Marienbad am 14. August 1926 nach kurzer Krankheit starb, ließ sich sein leidenschaftliches Einstehen für Gerechtigkeit als oberste Richtlinie seines politischen Handelns besonders rühmen.
Franz Kleophas Pleyer wurde als neuntes Kind des Grobschmieds Josef Pleyer im westböhmischen Bezirk Kralowitz an der deutsch-tschechischen Sprachgrenze 1898 geboren, absolvierte Bürgerschule und zweiklassige Handelsschule, arbeitete ab 1914 bei der Westböhmischen Kaolin- und Schamottewerk AG, meldete sich im Juni 1916 freiwillig zum Kriegsdienst und zog sich nach Kriegsende und einer Anklage seitens der tschechischen Arbeiterschaft wegen gegenrevolutionärer Bestrebungen zum Studium alter Sprachen, sozialistischer Wissenschaften und völkischer Erneuerungsfragen in die Abgeschiedenheit seiner Waldheimat zurück. Im Wintersemester 1921/1922 schri |
|
Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen. Vyhnáni sudetských Němců. Dokumentation zu Ursachen, Planung und Realisierung einer „ethnischen Säuberung“ in der Mitte Europas. Band 2 Von der Errichtung des „Protektorats Böhmen und Mähren“ im März 1939 bis zum offiziellen Abschluss der Vertreibung Ende 1946, hg. v. Hoffmann, Roland J./Heißig, Kurt/Kittel, Manfred. Sudetendeutsches Archiv/Sudetendeutsches Institut e. V., München 2010. 891 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen. Vyhnáni sudetských Němců. Dokumentation zu Ursachen, Planung und Realisierung einer „ethnischen Säuberung“ in der Mitte Europas. Band 2 Von der Errichtung des „Protektorats Böhmen und Mähren“ im März 1939 bis zum offiziellen Abschluss der Vertreibung Ende 1946, hg. v. Hoffmann, Roland J./Heißig, Kurt/Kittel, Manfred. Sudetendeutsches Archiv/Sudetendeutsches Institut e. V., München 2010. 891 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Wort sudetendeutsch wird anscheinend erstmals 1903 von dem Politiker Franz Jesser (1869-1854) verwendet, Sudetenland ist seit 1912 die Bezeichnung für das Siedlungsgebiet der überwiegend deutschsprachigen Bewohner Deutsch-Mährens, Deutsch-Böhmens und Österreichisch-Schlesiens. Im Oktober 1918 rufen am Ende des ersten Weltkriegs die Bewohner der nördlichen Gebiete die deutsch-österreichische Provinz S. aus und treten im November 1918 der Republik Deutschösterreich bei, doch erklärt der Friedensvertrag von Saint Germain den Beitritt als unwirksam und gliedert das Gebiet der Tschechoslowakei ein. Am 29. 9. 1938 wird das Sudetenland im Münchener Abkommen von der Tschechoslowakei an das Deutsche Reich abgetreten (29000 Quadratkilometer, 3,4 Millionen Einwohner), kommt aber am Ende des zweiten Weltkriegs 1945 unter Vertreibung der Deutschen in viele Länder (z. B. 1026356 nach Bayern, 394411 nach Hessen, 357000 nach Sachsen-Anhalt, 322681 nach Baden-Württemberg, 142100 nach Österreich oder 40 nach Norwegen) an die Tschechoslowakei zurück.
Durch diese bekannten geschichtlichen Vorgänge ist es zu Leiden auf vielen Seiten gekommen, wobei in der Bilanz der Verlust letztlich die Sudetendeutschen getroffen hat. Von daher ist es nur zu verständlich, dass sie an einer Dokumentation sehr interessiert sind. Neben zahlreichen anderen Einzelwerken ist dazu 2000 ein erster Band als Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen. Vyhnáni sudetských Němců. Dokumentation |
|
Oestmann, Peter, Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich. Zuständigkeitsstreitigkeiten und Instanzenzüge. Böhlau, Köln 2012. 859 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oestmann, Peter, Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich. Zuständigkeitsstreitigkeiten und Instanzenzüge. Böhlau, Köln 2012. 859 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Peter Oestmann (*1967) ist, wie auch das umfangreiche, 80 Seiten umfassende Verzeichnis von Quellen (darunter weit mehr als 100 ungedruckte Quellen) und Literatur des gewichtigen vorliegenden Werkes ausweist, einer der besten Kenner der Gerichtsbarkeit des Heiligen römischen Reiches. Den ersten Grundstein hierfür legte er bereits 1997 mit seiner eindrucksvollen Untersuchung über Hexenprozesse am Reichskammergericht. Nur fünf Jahre später entfaltete er in seiner überzeugenden Habilitationsschrift die Rechtsvielfalt vor Gericht in der Form des Verhältnisses von Rechtsanwendung und Partikularrecht im Alten Reich.
In vielen weiteren einzelnen Studien hat er vertieft etwa zur Aktenversendung, zum Artikelprozess, zum Beweis, zur Einlassung, zur Extrajudizialappellation, zu den Gerichten, zur Gerichtsbarkeit, zu den Hofgerichten, zur Lübecker Rechtspraxis, zum sächsisch-magdeburgischen Recht, zu den Hansestädten, zur Rechtsverweigerung, zur Rechtsprechung, zum Richterleitbild oder zur Form im Recht Stellung bezogen. In zahlreichen weiterführenden Rezensionen hat er sich mit den Ansichten anderer Forscher anregend auseinandergesetzt. Stets war ihm dabei die Berücksichtigung der Rechtswirklichkeit an Hand einzelner Fälle, Verfahren und darüber überlieferter Akten ein besonderes Anliegen.
Dabei hat er zuletzt die am Beginn seines kurzen Vorworts geäußerte Ansicht gewonnen, dass gegen die vielbeschworene Krise der Monographie, auf die etwa bei der Vorstellung der Bücher des Jahres nachdrücklich hingewiesen wurde, nur eines hilft: Bücher schreiben. Dementsprechend gab er bei der Gründung eines Exzellenzclusters über Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne in Münster eine Selbstverpflichtung zur Einzelforschung und zum Buch ab. Im Ergebnis |
|
Osmialowski, Christoph, Bernhard Fuisting (1841-1908) und die Begründung der Steuererklärungspflicht. Diss. Bonn 2011. VIII, 187 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Osmialowski, Christoph, Bernhard Fuisting (1841-1908) und die Begründung der Steuererklärungspflicht. Diss. Bonn 2011. VIII, 187 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Kaum etwas anderes ist dem Menschen so hilfreich und angenehm wie das Geld anderer Menschen. Deswegen hat sich seit der Entstehung von Eigentum auch das Erbrecht durchgesetzt. Dem Erbrecht gleichwertig ist im öffentlichen Bereich das Steuerrecht, so dass es für den interessierten Staat und die ihn nutzenden Politiker und Amtsträger darauf ankommt, möglichst einfach und umfangreich über Steuern an Verfügungsgewalt über das Vermögen seiner Angehörigen zu kommen, ohne deren Leistungsfähigkeit gänzlich zu beseitigen.
Ein Mittel hierfür ist die Verpflichtung des Staatsangehörigen, zur Erklärung oder Angabe seiner Einkünfte gegenüber dem Staat als Grundlage der Berechnung der an ihn zu leistenden Steuer. Trotz ihrer hohen Bedeutung ist sie literarisch wenig behandelt. Umso erfreulicher ist es, dass sich der in Wiesbaden 1977 geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Mainz und Bonn und der praktischen Berufsausbildung seit 2008 als Rechtsanwalt zugelassene Verfasser sich in seiner von Mathias Schmoeckel betreuten Dissertation damit beschäftigt hat.
Gegliedert ist die Untersuchung in Einleitung, Hauptteil und Untersuchung. Im Mittelpunkt des Hauptteils steht die Person Bernhard Fuistings, dessen Leben der Verfasser aber nicht wirklich vertieft behandelt. Davon abgesehen gelangt er durch detaillierte Quellenvergleiche zu dem überzeugenden Ergebnis, dass Bernhard Fuisting durch eigene Gedanken sowohl die erstmalige gesetzliche Umsetzung der Steuererklärungspflicht durch das Einkommensteuergesetz 1891 wie auch ihre Weiterentwicklung durch das Einkommensteuergesetz des Jahres 1906 wesentlich beeinflusste und damit den Staat dem Ziel näher brachte, über die Steuererklärung an die Einkünfte seiner Bürger zu gelangen..
Innsbruck |
|
Österreich 1933-1938. Interdisziplinäre Annäherungen an das Dollfuß-/Schuschnigg-Regime, hg. v. Reiter-Zatloukal, Ilse/Rothländer, Christiane/Schölnberger, Pia. Böhlau, Wien 2012. 400 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Österreich 1933-1938. Interdisziplinäre Annäherungen an das Dollfuß-/Schuschnigg-Regime, hg. v. Reiter-Zatloukal, Ilse/Rothländer, Christiane/Schölnberger, Pia. Böhlau, Wien 2012. 400 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Herausgeberinnen beginnen ihre instruktive Einführung damit, dass heute in der österreichischen Wissenschaft und weitgehend auch in Politik und Bevölkerung Konsens über die Befürwortung des „Anschlusses“ im März 1938 an das Deutsche Reich und über die Mitverantwortung am nationalsozialistischen Terrorregime durch beträchtliche Teile der österreichischen Bevölkerung herrscht. Demgegenüber fehlt nach ihrer Ansicht ein entsprechender Konsens auf gesellschaftlicher und politischer Ebene hinsichtlich des Charakters des Dollfuß-/Schuschnigg-Regimes der Jahre 1933 bis 1938. Dies manifestiere sich beispielhaft daran, dass Engelbert Dollfuß einerseits als Arbeitermörder bezeichnet worden sei und andererseits als erstes Opfer des Nationalsozialismus.
Zur Schließung dieser bisherigen Lücke organisierten die Herausgeberinnen vom 24. bis 26. Januar 2011 am Wiener Juridicum ein Symposium mit der Zielsetzung interdisziplinärer Bestandsaufnahmen und Perspektiven. Hieraus ist mit einigen wenigen Modifikationen der vorliegende Sammelband hervorgegangen. Er erweist für die Verfasserinnen die Notwendigkeit einer disziplinenübergreifenden Bearbeitung dieser Jahre, wie sie in insgesamt 23 Referaten zumindest punktuell angestrebt wird.
Ihr Inhalt ist insgesamt sehr vielfältig und bietet zahlreiche neue Einzelerkenntnisse. Deren detaillierte Einzelwürdigung ist nach Möglichkeit dem besten Sachkenner vorzubehalten. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle nur allgemein auf den wichtigen Band hingewiesen und im Übrigen ohne inhaltlichen Vorgriff mit Spannung die kritische und weiterführende Stellungnahme abgewartet werden.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900-1945, hg. v. Hruza, Karel, Band 2. Böhlau, Wien 2012. 673 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900-1945, hg. v. Hruza, Karel, Band 2. Böhlau, Wien 2012. 673 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die österreichische Geschichtswissenschaft hat eine Reihe hervorragender Gelehrter aufzuweisen. Deswegen ist eine entsprechende Sammlung von Lebensläufen und Karrieren sehr verdienstlich. Begonnen hat sie mit 18 (so Einband) bzw. 19 (so Vorwort) vom Herausgeber zu einer äußerlichen Einheit in gelebter Vielfalt verbundenen Biographien im Jahre 2008.
Sie hat sich offensichtlich als interessant und erfolgreich erwiesen. Deswegen folgt entsprechend einem Vorschlag der wissenschaftlichen Kritik dem ersten nun ein zweiter Band. Er enthält unter Anwendung grundsätzlich gleicher Maßstäbe die Lebensbilder von Michael Tangl 1861-1921, Anton Chroust 1864-1945, Arthur Stein 1871-1950, Edmund Groag 1873-1945, Max Dvořak 1874-1921, Martin Wutte 1876-1948, Heinrich Ritter von Srbik 1878-1951 (eigentlich bereits für den ersten Band vorgesehen), Gustav Pirchan 1881-1945, Adolf Grohmann 1887-1977, Karl Maria Swoboda 1889-1977, Hugo Hantsch 1895-1972, Ernst Klebel 1896-1961, Karl Lechner 1897-1975, Franz Huter 1899-1997 und Konrad Josef Heilig 1907-1945.
Der 1961 geborene, am Institut für Mittelalterforschung der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien tätige Herausgeber berichtet in seinem Vorwort über die Entstehungsgeschichte mit den (noch bestehenden) bedauerlichen Lücken für Otto Brunner, Adolf Helbok, Oswald Redlich und Hermann Wopfner und führt danach allgemein in die Thematik ein, wobei er die Aufnahmekriterien nochmals betont (Geburt in Österreich bzw. der Habsburgermonarchie, 1918 oder danach Staatsbürgerschaft Österreichs, entscheidende Wirkungsphase zwischen 1900 und 1945 ohne späteres wesentliches Übertreffen, bleibende Spuren in der Wissenschaft oder anderen Bereichen). Danach folgen die Studien von (17 oder eher) 18 Biographen, wobei Erna Patzelt als einzige aus |
|
Otto, Elisabeth, Das Verwaltungsrecht in der SBZ/DDR bis zur Verwaltungsneugliederung im Jahr 1952 (= Rechtshistorische Reihe 433). Lang, Frankfurt am Main 2012. XII, 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Otto, Elisabeth, Das Verwaltungsrecht in der SBZ/DDR bis zur Verwaltungsneugliederung im Jahr 1952 (= Rechtshistorische Reihe 433). Lang, Frankfurt am Main 2012. XII, 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Gerhard Lingelbach betreute, im Juli 2011 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena angenommene Dissertation der in Berlin 1982 geborenen, nach der ersten juristischen Staatsprüfung 2006 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Jena tätigen Verfasserin. Sie behandelt ein interessantes, lange Zeit ziemlich unbekanntes und vernachlässigtes Thema. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Thüringen zwischen 1945 und 1952 hat sich allerdings 1996 bereits Thomas Heil befasst.
Gegliedert ist die Untersuchung nach einer kurzen Einleitung in insgesamt sieben Sachkapitel, die mit den Bemühungen um eine zoneneinheitliche Verwaltungsgerichtsbarkeit einsetzen. Danach konzentriert sich die Verfasserin auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Lande Thüringen, innerhalb deren sie den Wechsel zum Landesverwaltungsgericht und seinen Präsidenten Friedrich Bloch besonders intensiv verfolgt, während die anderen Länder der sowjetischen Besatzungszone knapper dargestellt werden. Über den Titel hinaus geht die Verfasserin auf die Verwaltungsneugliederung im Jahre 1952 ein und verfolgt danach auch noch den Verwaltungsrechtsschutz in der Folgezeit.
Mit der Verwaltungsrechtswissenschaft beschäftigt sie sich im siebten Abschnitt. Danach ermittelt sie ansprechend die ideologische Rechtfertigung und die politischen Motive für den Abbau des Verwaltungsrechts in ihrem Untersuchungsbereich. Im Ergebnis stellt sie eine vollständige Liquidierung des Verwaltungsrecht im Jahre 1958 fest, in dem auf der staats- und rechtswissenschaftlichen Konferenz in Potsdam-Babelsberg am 2. und 3. April die Verwaltungsrechtswissenschaft als bürgerliche Wissenschaftsdisziplin verurteilt wurde, von der die sozialistische Rec |
|
Ottow, Raimund, Ancient Constitution. Diskurse über Politik, Recht, Kirche und Gesellschaft in England vom Spätmittelalter bis zum Ende der Regierungszeit Elizabeth’ I. Nomos, Baden-Baden 2011. 713 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ottow, Raimund, Ancient Constitution. Diskurse über Politik, Recht, Kirche und Gesellschaft in England vom Spätmittelalter bis zum Ende der Regierungszeit Elizabeth’ I. Nomos, Baden-Baden 2011. 713 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1954 geborene Verfasser wurde 1996 nach dem Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre in Hamburg auf Grund seiner Dissertation über Markt - Republik - Tugend - Probleme gesellschaftlicher Modernisierung im britischen politischen Denken (1670-1790) promoviert und 1999 habilitiert. Er wirkte als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für politische Theorie und Ideengeschichte der Universität Hamburg und danach in Forschungsprojekten in Dresden, Berlin und Halle. Nach dem kurzen Vorwort gingen Anregungen für das vorliegende Werk auf die Teilnahme an dem Projekt über Verfassung als institutionelle Ordnung des Politischen an der Technischen Universität Dresden im dortigen Sonderforschungsbereich über Institutionalität und Geschichtlichkeit zurück, zu denen spätere Impulse aus Arbeiten im Rahmen des Programms Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit in Berlin kamen.
Das Werk des Verfassers stieß unmittelbar nach seinem Erscheinen auf das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Leider konnte der Verlag dafür kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. Deswegen muss der Herausgeber wenigstens in einigen Zeilen auf die Untersuchung hinweisen.
Der Verfasser betont selbst, dass er im Laufe seiner früheren Arbeiten zu der Einsicht gelangte, wie präsent dem Bewusstsein und wie wichtig den Diskursteilnehmern dieser Zeit die Geschichte ihres Landes, insbesondere die quellenmäßig besser bezeugte (Englands) seit der Eroberung durch die Normannen im 11. Jahrhundert war, so dass er sich zur verdienstvollen Aufarbeitung der Diskursgeschichte entschloss. Auf der Grundlage von Konstitution als traditionaler Diskurspraxis behandelt er sein großes Thema |
|
Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Amsterdam 1950 geborene Verfasser wurde nach dem Studium in Freiburg im Üchtland 1986 mit einer Dissertation über die Archetypik der Gotteslästerung als Beispiel für das Wirken archetypischer Vorstellungen im Rechtsdenken zum Dr. iur. utr. promoviert. Nach Forschungsaufenthalten als Stipendiat des schweizerischen Nationalfonds an der Universität Tübingen, am Max-Planck-Institut für Strafrecht in Freiburg im Breisgau und am Institute for Medieval Canon Law in Berkeley/Kalifornien wurde er 1992 Lehrbeauftragter für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Zürich, 1992 Professor associé und 1994 als Nachfolger Louis Carlens (* 1929) ordentlicher Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht in Freiburg im Üchtland. Er folgt Louis Carlen (auch) darin, dass er nach dessen Rechtsgeschichte der Schweiz (eine Einführung 1968, 2. Auflage 1978, dritte Auflage 1988) eine schweizerische Rechtsgeschichte - ein Grundriss vorgelegt hat.
Nach dem kurzen Vorwort ist das Buch aus dem Wunsch entstanden, Studierende und andere Interessierte mit der Rechtsentwicklung im Gebiete der heutigen Schweiz vertraut zu machen, weil die angehenden Juristinnen und Juristen nicht nur die Grundzüge der europäischen Rechtsentwicklung kennen lernen sollten, sondern auch an jene Rechtsordnung herangeführt werden müssen, die ihr Berufsleben prägen wird. In der deutschsprachigen Literatur gebe es zwar zahlreiche Lehrbücher zur allgemeinen und insbesondere deutschen Rechtsgeschichte, jedoch keines zur schweizerischen - mit Ausnahme der Rechtsgeschichte Louis Carlens (1968), die seinerzeit jedoch absichtlich summarisch gehalten wurde - was der Verfasser leicht damit erklärt, dass es eine schweizerische Rechtsgeschichte angesichts der verfassungsrechtlichen Entwicklung streng genommen erst ab 1798, vielleicht gar |
|
Pauka, Marc, Kultur, Fortschritt und Reziprozität. Die Begriffsgeschichte des zivilisierten Staates im Völkerrecht (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 16). Nomos, Baden-Baden 2012. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pauka, Marc, Kultur, Fortschritt und Reziprozität. Die Begriffsgeschichte des zivilisierten Staates im Völkerrecht (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 16). Nomos, Baden-Baden 2012. 268 S.
Die Arbeit ist die von Mathias Schmoeckel angeregte und betreute, im Wintersemester 2011/2012 von der Universität Bonn angenommene, einen Aquin, Thomas von, Hans Kehlsen zu 1959/1960 oder mehrfach einen Gottfried Wilhelm Leibnitz im Literaturverzeichnis aufführende Dissertation des Verfassers. Sie sollte ursprünglich die Zivilisation als völkerrechtliches Konzept „fokussieren“, mit dem die imperialistische Expansion Europas im 19. Jahrhundert legitimiert wurde. Dementsprechend sollte ihr Untersuchungszeitraum mit Henry Wheatons Elements of International Law von 1836 beginnen und spätestens mit dem zweiten Weltkrieg enden.
Tatsächlich führte die Beschäftigung mit dem Gegenstand den Verfasser bis in das 16. Jahrhundert zurück. Dementsprechend beginnt nach einer kurzen Einleitung über den Begriff des zivilisierten Staates und das Völkerrecht und seine Vorgangsweise im ersten Teil mit dem Begriff der Zivilisation im spanischen Zeitalter, für das er vor allem (den im Literaturverzeichnis auch über einen bloßen Verweis nicht erkennbaren) Thomas de Vio Cajetanus, Franciscus de Vitoria und Fernando Vazquez untersucht und dabei zur Überzeugung gelangt, dass der Begriff des zivilisierten Staates und damit die Vorstellung der Unterlegenheit etwa der Indianer gegenüber den Spaniern im Völkerrecht nicht (in der zweiten Scholastik) des spanischen Zeitalters entstanden ist. Auf dieser Grundlage schreitet er im zweiten Teil zu Francis Bacon (1561-1626) fort, der nach seiner Erkenntnis 1622 den allgemeinen Begriff des zivilisierten Staates in seinem Dialog über den heiligen Krieg in das Völkerrecht übertragen hat.
Für die Blüte des Begriffes zieht er danach in seinem dritten Teil Leibniz, Pufendorf, Textor, Cornelius van Bynkershoek, Christian Wol |
|
Pawliczek, Aleksandra, Akademischer Alltag zwischen Ausgrenzung und Erfolg. Jüdische Dozenten an der Berliner Universität 1871-1933 (= Pallas Athene 38). Steiner, Stuttgart 2011. 529 S. Besprochen von Werner Schubert. ZIER 2 (2012) 62. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pawliczek, Aleksandra, Akademischer Alltag zwischen Ausgrenzung und Erfolg. Jüdische Dozenten an der Berliner Universität 1871-1933 (= Pallas Athene 38). Steiner, Stuttgart 2011. 529 S. Besprochen von Werner Schubert.
Bisher wurde die Universitätsgeschichte sowie die Geschichte der deutsch-jüdischen Beziehungen meist unabhängig voneinander behandelt. Pawliczek will mit ihrem Werk die verschiedenen Forschungsgebiete für die Universität Berlin für die Zeit von 1871 bis 1933 „in einer Synthese zusammenführen, d. h. die Wissenschafts- und Universitätsgeschichte mit Ergebnissen der Forschung zu deutsch-jüdischen Beziehungen zu verknüpfen“ (S. 19). Hierbei werden sozialstatistische und qualitätsanalytische Methoden kombiniert. Bei der gruppenbezogenen Betrachtungsweise werden die jüdischen und „nicht-mehr-jüdischen Wissenschaftler in den Kontext der universitären Entwicklung im Untersuchungszeitraum gestellt.“ Nach einem einleitenden Abschnitt über die Juden in der deutschen Gesellschaft des Kaiserreichs und der Weimarer Republik (S. 9ff.) behandelt Pawliczek zunächst den rechtlichen und statistischen Rahmen hinsichtlich der Juden an der Berliner Universität (S. 29-96). In diesem Zusammenhang geht es u. a. um die Universitäts- und Fakultätsstatuten, die Hochschulreformen der Jahre 1919 sowie um die vorherrschenden Wissenschaftsbilder (Voraussetzungslosigkeit, Vorurteilsfreiheit, Objektivität). Es folgt ein Abschnitt über die Entwicklung des Lehrkörpers der Berliner Universität von 1871 bis 1933/1935 (S. 97-279). Nach einem Abschnitt über Karrieremuster und Chancenverteilung (Berufungspolitik und Habilitationsverfahren) geht Pawliczek auf die Fakultäten im Einzelnen ein. An der relativ kleinen juristischen Fakultät waren unter den 137 Dozenten während der Untersuchungszeit 37 „jüdische Dozenten“ (Ordinarien, Honorarprofessoren, Extraordinarien und Privatdozenten), die insgesamt 27 Prozent des Lehrkörpers ausmachten. Unter ihnen waren fast 60 Prozen |
|
Peters, Jan, Menschen und Möglichkeiten. Ein Historikerleben in der DDR und anderen Traumländern (= Pallas Athene 36). Steiner, Stuttgart 2011. 565 S., 125 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Peters, Jan, Menschen und Möglichkeiten. Ein Historikerleben in der DDR und anderen Traumländern (= Pallas Athene 36). Steiner, Stuttgart 2011. 565 S., 125 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Alle Menschen sind unverwechselbare Einzelwesen mit einer Vielzahl unterschiedlichster Gegebenheiten. Im Laufe ihres Lebens begegnen ihnen dementsprechend vielfältige Möglichkeiten. Gegen Ende kann und darf jeder die Menschheit um seine Erfahrungen in einer geschichtlichen Darstellung bereichern.
Jan Peters wurde in Berlin am 11. Juli 1932 geboren. Er lebte nach dem Titel ein Historikerleben in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und anderen Traumländern, wo er 1961 wissenschaftlich erstmals mit einer Untersuchung über die Landarmut in Schwedisch-Pommern hervor, in der er die soziale Entwicklung und politische Bedeutung der landarmen und landlosen ländlichen Produzenten in Vorpommern und Rügen zwischen 1630 und 1815 einer genauen Betrachtung unterzog. Ab 1970 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsgeschichte an der Akademie der Wissenschaften der Deutschen Demokratischen Republik, 1975 wurde er habilitiert und wirkte danach als Lehrbeauftragter in Greifswald, Berlin und Potsdam, wo er 1994 Professor für Sozialgeschichte der frühen Neuzeit wurde, aber 1997 altersbedingt in den Ruhestand trat.
Sein mit einem fiktiven Dialog zu dritt als Prolog beginnendes umfangreiches Werk gliedert sich insgesamt in 25 Abschnitte. Von den Vorfahren der Vorfahren verfolgt es das Leben des Autors über die Eltern, die Flucht vor der braunen Pest, die gefährliche Rettung in die Sowjetunion (1935-1938), das Zufluchts-, Rettungs- und Hoffnungsland Schweden (1938-1948), das Wiedersehen der Versprengten 1947, den Vater im Aufbauversuch (1946-1950), Oberschule und FDJ, Studienjahre nach der Entscheidung für Geschichte (1951-1956), Greifswald, der Journalistenzeit bei Radio Berlin (1962-1964), den Büromenschen an der Akadem |
|
Petersson Hjelm, Ann-Christine, Fängelset som Välfärdsbygge (= Rättshistorikst Bibliotek 68). Institutet för rättshistorisk Forskning, Stockholm 2011. 386 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Petersson Hjelm, Ann-Christine, Fängelset som Välfärdsbygge (= Rättshistorikst Bibliotek 68). Institutet för rättshistorisk Forskning, Stockholm 2011. 386 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die dem Betrachter strahlend in die Augen blickende Verfasserin war 1992 jur kand der Universität Uppsala. 2002 wurde sie dort promoviert. 2004 wechselte sie als Universitätslektorin der Rechtswissenschaft an die Universität Karlstad, 2009 als Universitätslektor für Sozial- und Verwaltungsrecht an die Universität Linköping.
Das vorliegende, ihren drei Kindern gewidmete, mit veranschaulichenden Diagrammen und einer englischen Zusammenfassung versehene Werk gliedert sich in drei Teile, von denen der erste den internationalen und rechtsgeschichtlichen Zusammenhang betrifft und sich mit den grundlegenden Strafrechtsprinzipien der letzten 200 Jahre, mit den Modellen der Freiheitsstrafe in ausländischen Rechtsordnungen und der Entwicklung der Freiheitsstrafe im Wohlfahrtsstaat befasst. Teil 2 enthält drei Einzelstudien zu Schweden zwischen 1930 und 1950. Teil 3 zieht hieraus Folgerungen für das Schweden der Gegenwart.
Insgesamt bietet die Verfasserin auch auf der Grundlage umfangreicher archivalischer Quellen eine überzeugende Analyse der Behandlungsangebote im schwedischen Gefängniswesen. Ziel ist insbesondere die Ermittlung eines eventuellen Widerspruchs zwischen theoretischer Zielsetzung von Reformbestrebungen und tatsächlichem Ergebnis. Am Ende stellt die Verfasserin fest, dass die gesetzgeberischen Reformziele nicht vollständig erreicht wurden, ermittelt die Gründe hierfür und sucht nach Möglichkeiten der Verbesserung, so dass ihre Erkenntnisse weit über das vielfach als Vorbild geltende Land Schweden hinaus für Strafrecht und Kriminologie allgemein von Bedeutung sein dürften.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Petry, David, Konfliktbewältigung als Medienereignis. Reichsstadt und Reichshofrat in der frühen Neuzeit (= Colloquia Augustana 29). Akademie Verlag, Berlin 2011. 249 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Petry, David, Konfliktbewältigung als Medienereignis. Reichsstadt und Reichshofrat in der frühen Neuzeit (= Colloquia Augustana 29). Akademie Verlag, Berlin 2011. 249 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die anscheinend ursprünglich unter dem Titel Reichsstädtische Reichshofratsprozesse als frühneuzeitliche Medienereignisse (= Colloquia Augustana 29). vom Verlag angekündigte Arbeit ist die von Johannes Burkhardt betreute, im Rahmen des Graduiertenkollegs Wissensfelder der Neuzeit - Entstehung und Aufbau der europäischen Informationskultur der Universität Augsburg von 2006 bis 2008 vom Verfasser als buchstäblich letztem Stipendiaten angefertigte Dissertation. Ihr ging eine bei Wolfgang Wüst in Erlangen-Nürnberg geschaffene Magisterarbeit voraus. Gegliedert ist sie in insgesamt fünf Sachkapitel.
Nach einer ansprechenden Einführung wendet der Verfasser sich zunächst dem Spannungsverhältnis zwischen Konflikten und Konfliktaustrag in den Reichsstädten an den Beispielen Augsburg und Nürnberg zu. Danach behandelt er die Bedeutung des Rechtes für den Konfliktaustrag unter besonderer Berücksichtigung des Reichshofrats. Dabei vertieft er die Bedeutung der personalen Beziehungen vor allem an Hand der Nürnberger Magistratsgesandten Heinrich Christoph Hochmann, Joachim Ernst Walther und Friedrich Senft.
Hinsichtlich des Wissens für den Konfliktaustrag stellt er im Rahmen der Reichspublizistik vornehmlich auf Johann Jacob Moser ab, weist aber überzeugend auch auf das Reichsarchiv und die Regionalarchive hin. Die Medienstrategien der kaiserlichen Gerichtsbarkeit untersucht er für Augsburg und Dinkelsbühl, die Medienstrategien der Prozessparteien an Hand von Zeremonien, Architekturen, Räumen, Öffentlichkeiten, Mündlichkeit, Schrift und Druck. Im Ergebnis kann er nachvollziehbar zeigen, dass in seinem besonderen Untersuchungszeitraum der Regierungszeit Karls VI. (1722-1740) ein Wandel zum verstärkten Gebrauch der Druckmedien erfolgte.
|
|
Pfannkuche, Gerhard, Patrimonium - feudum - territorium. Zur Fürstensukzession im Spannungsfeld von Familie, Reich und Ständen am Beispiel welfischer Herrschaft im sächsischen Raum bis zum Jahre 1688 (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 83). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 608 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pfannkuche, Gerhard, Patrimonium - feudum - territorium. Zur Fürstensukzession im Spannungsfeld von Familie, Reich und Ständen am Beispiel welfischer Herrschaft im sächsischen Raum bis zum Jahre 1688 (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 83). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 608 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die gewichtige, auch auf ungedruckte Quellen gestützte Untersuchung ist die von Wolfgang Sellert betreute, durch ein Stipendium der Ludwig-Windthorst-Stiftung geförderte Dissertation des lange als Assistent bei seinem Lehrer tätigen Verfassers. Er stieß bei der Beschäftigung mit dem Werk des Zentrumsabgeordneten Windthorst auf die Vermögensauseinandersetzung Preußens mit Georg V. nach der preußischen Annexion des Königreichs Hannover im Jahr 1866 und die Rechtsmassen des domaniums, der Kammergüter und ihrer Gefälle. Wegen der geringen Ergiebigkeit der Tätigkeit Windthorsts als Jurist, dessen Leistungen sich als weniger schöpferisch und mehr praktische umsetzend erwiesen, wandte sich der Verfasser den Hausverträgen und Hausgesetzen Braunschweig-Lüneburgs zu, deren Geschichte er bis in das Hochmittelalter zurückverfolgte.
Der Verfasser gliedert seine selbständige, weiterführende Untersuchung nach einer Einleitung zu Fürstentum und Sukzession, Aufgabenstellung sowie Gang und Quellen der Untersuchung in zwei Teile. Zunächst betrachtet er Herzog, Graf, Lehen und Allod sowie Mobilität und Disponibilität dieser Stellungen vor der Errichtung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg im Jahre 1235 und behandelt dabei Landesteilungen, Komitat, Allodium und Dukat in Sachsen einschließlich des Wandels im 12. und 13. Jahrhundert. Danach verfolgt er aus fieser Grundlage sehr gründlich die anschließenden Entwicklungen bis in das 17. Jahrhundert.
Als Grundproblem ermittelt er dabei die Spannung zwischen der Wahrung patrimonialer Integrität einerseits und der Befriedigung der Ansprüche mehrerer Erbberechtigter, wobei die Welfen seit |
|
Pfetsch, Frank R., Theoretiker der Politik - Von Platon bis Habermas. Nomos, Baden-Baden 2012. 638 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pfetsch, Frank R., Theoretiker der Politik - Von Platon bis Habermas. Nomos, Baden-Baden 2012. 638 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die geistige Geschichte der Menschen wird geprägt von den Gedanken ihrer führenden Köpfe. Deswegen gehört zur Geschichte jedes wissenschaftlichen Faches auch die Geschichte seiner wichtigsten Vertreter. An ihren Überlegungen lässt sich die Entwicklung vielfach beispielhaft veranschaulichen.
Für die Politik hat eine entsprechende Gelehrtengalerie bereits im Jahre 2003 der in Karlsruhe 1936 geborene, nach dem Studium der Volkswirtschaft und Politikwissenschaft in Heidelberg mit einer Dissertation über die Entwicklung zum faschistischen Führerstaat in der politischen Philosophie von Robert Michels promovierte, dort auch mit einer Schrift zur Entwicklung der Wissenschaftspolitik in Deutschland 1750-1914 habilitierte Verfasser veröffentlicht. Nach Tätigkeiten an Forschungsinstitutionen, im früheren Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung sowie als Berater der Vereinten Nationen in einigen Ländern Asiens wurde er 1976 in Heidelberg berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2003 Politikwissenschaft lehrte. Seine wichtigsten Arbeiten betreffen allgemeine und internationale Fragen.
Der vorliegende Band ist in insgesamt 15 Abschnitte gegliedert. Nach einer Einführung über die politische Theorie als Geschichte erfasst er das hellenistische Weltbild (Platon, Aristoteles), das Mittelalter (Augustinus, Thomas von Aquin, Marsilius von Padua), die italienische Renaissance (Machiavelli), den Absolutismus und den englischen Liberalismus (Hobbes, Locke), den Beginn des neuzeitlichen utopischen Denkens (Thomas Morus), den Liberalismus als Phänomen, den englischen Liberalismus (Smith, Ricardo, Mill, Bentham), die (zumindest teilweise vorangehende) Krise des ancien Regimes (Montesquieu, Rousseau, Tocqueville), den preußischen Liberalismus (Kant, Fichte, Humboldt), den deutschen Idealismus und den |
|
Pichler, Meinrad, Nationalsozialismus in Vorarlberg. Opfer, Täter, Gegner (= Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern 3). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pichler, Meinrad, Nationalsozialismus in Vorarlberg. Opfer, Täter, Gegner (= Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern 3). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das westlichste Bundesland Österreichs gelangte seit dem Spätmittelalter nur in Einzelstücken allmählich unter die Herrschaft der Habsburger und wurde dort meist gemeinsam mit Tirol von Innsbruck aus verwaltet. Nach Österreich-Ungarns Niederlage im ersten Weltkrieg neigte es der mit ihm durch die alemannische Herkunft seiner Bewohner verbundenen Schweiz zu, zu der ihm freilich eine unmittelbare Verbindung verwehrt blieb. Von hier aus ist die Geschichte des Nationalsozialismus in diesem Gebiet ebenfalls von besonderem Interesse.
Der in Hörbranz 1947 geborene Verfasser wurde nach seinem Studium der Geschichte und Germanistik 1972 Lehrer für Geschichte und Deutsch am Bundesrealgymnasium Dornbirn-Schoren. Von 1994 bis 2010 wirkte er als Direktor des Bundesgymnasium Bregenz Gallusstraße. Durch Arbeiten über den Widerstand in Vorarlberg am Beispiel des Johann August Malin, über misslungene Vorarlberger Anschlussversuche an die Schweiz und Schwaben in den Jahren zwischen 1918 und 1920, über die Arbeitswelt, Auswanderer, das bäuerliche Leben oder Befreiung und Wiederaufbau ist er vielfältig sachlich ausgewiesen.
Seine vor allem für jüngere Leser gedachte Darstellung gliedert sich in insgesamt 14 Abschnitte. Sie betreffen nach der Einführung über den Nationalsozialismus und die Vorgeschichte der Herrschaft des Nationalsozialismus in Österreich die nationalsozialistische Machtübernahme, den nationalsozialistischen Polizeistaat, die Kirche, die Aufbruchstimmung in den Kriegsalltag, die Themenbereiche Jugend und Schule, Judenfeindschaft, (kurz) Roma und Sinti, Euthanasie, den Alltag , die Hoffnung Schweiz, Zwangsarbeit und Widerstand bis zu Ende und Neustart. 42 bzw. 43 biographische Skizzen von Tätern, Opfern und Gegnern sowie 260 |
|
Piepenbring-Thomas, Carola, Recht in der Stadt Hannover. Dokumentierte Normdurchsetzung. Das Brücheregister des Stadtschreibers Joh. Halßbandt (1552-1566) (= Hannoversche Studien 12). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Piepenbring-Thomas, Carola, Recht in der Stadt Hannover. Dokumentierte Normdurchsetzung. Das Brücheregister des Stadtschreibers Joh. Halßbandt (1552-1566) (= Hannoversche Studien 12). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Brigide Schwarz, einer zu ihrem 65. Geburtstag mit einer Festschrift ausgezeichneten Erforscherin der spätmittelalterlichen römischen Kurie, betreuten, im Juli 2008 von der Universität Hannover unter dem Titel „Rechtspflege in der Stadt Hannover in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts“ angenommene, nach dem Graduiertenförderungsgesetz unterstützte Dissertation der ihre Magisterarbeit der hannoverschen Schreiberei in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts widmenden Verfasserin. Sie geht davon aus, dass die Stadt Hannover hinsichtlich ihres Rechts, ihrer Verfassung, ihrer Verwaltung und Gerichtsbarkeit, ihrer Beziehung zur Kirche und ihrer Wirtschaft im 16. Jahrhundert so gut wie nicht untersucht ist. Diesem Mangel will sie mit Hilfe des einzigen aus dem 16. Jahrhundert überlieferten Brücheregisters abhelfen.
Gegliedert ist die gelungene Untersuchung außer in Einleitung, Schluss, Literaturverzeichnis, Anhang und Register in vier Abschnitte. Zunächst stellt die Verfasserin die Quellen zur Gerichtsbarkeit der Stadt Hannover dar und untersucht das Rechtswesen in Hannover von der Rechtssetzung bis zur Tilgung des Strafgelds. Danach behandelt sie die Delikte (wie Stadtfriedensbruch, Verbalinjurien, Unzucht und Ehebruch, Schädigung öffentlicher Anlagen und fremden Eigentums, Glücksspiel, Wirtschaftsdelikte sowie Sonstiges) und Delinquenten (ganz überwiegend Männer) vor dem Niedergericht und geht danach besonders auf Totschlag und Körperverletzung vor dem Niedergericht und Mord vor dem Hochgericht an Hand eines Fallbeispiels ein.
Im Ergebnis stellt die Verfasserin fest, dass sich Hannover durch die Folgen der reformatorischen Auseinandersetzungen „ekl |
|
Plager, Anton, Schutzzwecke des Lauterkeitsrechts. Entfaltung und Entwicklung zwischen 1909 und 2004 (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 2, 5058). Lang, Frankfurt am Main 2010. 388 S., zahlr. Graf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Plager, Anton, Schutzzwecke des Lauterkeitsrechts. Entfaltung und Entwicklung zwischen 1909 und 2004 (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 2, 5058). Lang, Frankfurt am Main 2010. 388 S., zahlr. Graf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Ansgar Ohly betreute, im Wintersemester 2009/2010 von der juristischen Fakultät der Universität Bayreuth angenommene Dissertation des 1976 geborenen, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Regensburg seit 2004 als Rechtsanwalt tätigen Verfassers: Sie fragt nach der Aufgabe und dem Ziel des Lauterkeitsrechts. Die Antwort erstrebt sie mittels einer geschichtlichen Betrachtung.
Hierfür gliedert der Verfasser seine Untersuchung nach einer kurzen Einleitung in fünf Teile, die er mit allgemeinen Grundlagen (Schutzzweck, Unlauterkeit, Schutzzweck im Wettbewerbsrecht) beginnen lässt. An Hand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb von 1896 stellt er den Schutz der Interessen der Mitbewerber an die Spitze. Vor allem unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts (Markenschutzverband, Graf Zeppelin, Benrather Tankstelle, Diamantine) greift er auf die allmähliche Entfaltung der Allgemeininteressen aus und stellt sowohl die Stellungnahmen der Literatur wie die Widerspiegelung nationalsozialistischer Ideologie dar.
Nach 1945 gewinnt demgegenüber jenseits der Allgemeinheit das besondere Verbraucherinteresse an Bedeutung, aus dem seit etwa 1960 eine Verbraucherschutzbewegung entsteht. Sie erfährt durch die europäischen Gemeinschaften besondere Spannung und Dynamik. Am Ende seiner sorgfältigen Analyse sieht der Verfasser in der neuen Fassung des § 1 UWG eine gleichwertige und untrennbare Verknüpfung der Interessen der Verbraucher und der Wettbewerber, innerhalb deren den Verbrauchern eine entscheidende Rolle auch bei Konflikten unter Konkurrenten zukommt.
Innsbruck Gerhard Köble |
|
Plöckinger, Othmar, Geschichte eines Buches - Adolf Hitlers „Mein Kampf“ 1922-1945, 2. Aufl. Oldenbourg, München 2011. XI, 633 S., 19 Abb. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Plöckinger, Othmar, Geschichte eines Buches - Adolf Hitlers „Mein Kampf“ 1922-1945, 2. Aufl. Oldenbourg, München 2011. XI, 633 S., 19 Abb. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1965 geborene Verfasser ist Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte und Mathematik in Salzburg. 1999 legte er eine Untersuchung über Wirkung und Strategie der Reden Adolf Hitlers im Wahlkampf zu den Reichstagswahlen am 6. November 1932 vor. 2006 folgte dem eine zu neuen Einsichten führende Geschichte von Adolf Hitlers Beschreibung seines Kampfes, die im Wesentlichen unverändert nunmehr in zweiter Auflage vorgelegt wurde.
Gegliedert ist das vom Verlag nicht zur Verfügung gestellte, und deshalb trotz Interesses eines sachkundigen Rezensenten vom Herausgeber nur auf Grund Ausleihe in wenigen Zeilen vorgestellte Werk in insgesamt drei Abschnitte. Sie betreffen die Entstehungsgeschichte, die Publikationsgeschichte (Band 1 18. Juli 1925, Band 2 11. Dezember 1926) und die Rezeptionsgeschichte. Hinsichtlich der Entstehung ermittelt der Verfasser, dass Vorstufen des Werkes zwischen 1922 und März 1924 keine besondere Bedeutung hatten, auch neun möglichen Mitarbeitern und Helfern kein besonderes Gewicht beizumessen ist und sich Manuskripte der Endfassungen nicht erhalten haben, hinsichtlich des Absatzes ergibt sich für 1927 eine Stückzahl von 5607, für 1928 von 3015, für 1929 von 7664, für 1930 von 54086, für 1931 von 50808, für 1931 von 90351 und insgesamt bis zum Ende des Jahres 1932 von 227917.
Trotz eines Gesamtabsatzes von rund 10,9 Millionen Exemplaren bis 1945 lässt sich nicht sicher feststellen, dass das Werk auch tatsächlich in diesem Umfang gelesen worden ist. Gleichwohl widerlegt der Verfasser die Ansicht, dass Hitlers Mein Kampf zu den am meisten verkauften und zugleich am wenigsten gelesenen Büchern gehöre. Über diese ansprechenden Erkenntnisse hinaus wird erst der Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist im Jahre 2015 zeigen können, ob das |
|
Plogstedt, Sibylle, Knastmauke. Das Schicksal von politischen Häftlingen in der DDR nach der deutschen Wiedervereinigung. Psychosozial-Verlag, Gießen 2010. 472 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Plogstedt, Sibylle, Knastmauke. Das Schicksal von politischen Häftlingen in der DDR nach der deutschen Wiedervereinigung. Psychosozial-Verlag, Gießen 2010. 472 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Sibylle Plogstedt (Berlin *1945) war 1968 gerade für eine Seminararbeit ihres sozialwissenschaftlichen Studiums in Prag, als Truppen des Warschauer Paktes zur Bekämpfung liberaler Bewegungen einmarschierten. Sie suchte Kontakt zu linken Studenten in Prag und wurde deswegen im Dezember 1969 wegen Unterstützung einer Vorläuferorganisation der Charta 77 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt und nach eineinhalb Jahren ausgewiesen. In der Folge wurde sie 1976 Begründerin der Berliner Frauenzeitung Courage und 1986 Redakteurin des Vorwärts in Berlin und wirkt als freie Filmemacherin, Autorin und Soziologin.
Ihr vorliegendes Werk befasst sich mit der interessanten Frage, was aus den politischen Häftlingen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nach Herstellung der deutschen Einheit geworden ist. Aus etwa 200000 Menschen hat sie für ihre Studie 25 (?) ausgewählt. Für sie betrachtet sie die heutige Situation, die Experten und Expertinnen, die Protokolle geteilt nach Haftzeiten zwischen 1945 und 1949 (Roland Bude, Horst Hennig), zwischen 1950 und 1959 (Renate Beckheet, Wolfgang Stiehl, D. S.), zwischen 1960 und 1969 (Angelika Hartmann, Gerald Zschorsch, Hans Georg Peschel, Monika Lutter, Bernd Fischer, Elke Herden, Rolf Buro), zwischen 1970 und 1979 (Bernd Markowsky, Gabriele Stötzer, Marion und Peter Hanke, Marion H., Eleonore Pudenz, Viola Malé) und zwischen 1980 und 1989 (Chris Michael Shirjak, Thomas Reschke, Mathias Tordinic), die Auswirkungen auf die Angehörigen, die Traumafolgen in Zahlen und das weitere Schicksal nach der Herstellung der deutschen Einheit.
Auf der Grundlage einer umfangreicheren Befragung von 802 ehemaligen politischen Häftlingen kann sie zeigen, dass etwa die Hälfte der etwa 200000 politischen Häftlinge (meh |
|
Poeck, Dietrich W., Die Herren der Hanse. Delegierte unde Netzwerke (= Kieler Werkstücke, Reihe E Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 8). Lang, Frankfurt am Main 2010. 768 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Poeck, Dietrich W., Die Herren der Hanse. Delegierte und Netzwerke (= Kieler Werkstücke, Reihe E Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 8). Lang, Frankfurt am Main 2010. 768 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser Dietrich Poeck wird bibliographisch greifbar mit einer im Sonderforschungsbereich 7 Mittelalterforschung entstandenen, 1977 in Freiburg im Breisgau angenommenen Dissertation über das cluniazensische Priorat Longpont in der Ile-de-France, die 1986 veröffentlicht wurde. Ihr folgte 1987 eine publizierte Kurzfassung der im gleichen Jahr in Münster vorgelegten Habilitationsschrift über den cluniazensischen Klosterverband vom 10. bis zum 12. Jahrhundert. Danach wandte sich der Verfasser dem Hanseraum zu und edierte etwa das älteste Greifswalder Stadtbuch von 1291 bis 1332 (2000) und das Schweriner Stadtbuch von 1421 bis 1597/1622 (2004) und behandelte Rituale der Ratswahl in Europa vom 12. bis zum 18. Jahrhundert (2003).
Schon zehn Jahre zuvor beschäftigte er sich freilich mit prosopographischen Untersuchungen zu den Herren der Hanse, die mit einer konsequenten Aufnahme aller Teilnehmer an Hansetagen begann. Dieses Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft während dreier Jahre gefördert und nach dem kurzen Vorwort des Verfassers in der Hauptsache von seiner Ehefrau vorangetrieben. Erfreulicherweise konnte es nun in umfangreicher, ansprechender Form vorgelegt werden.
Im Mittelpunkt stehen nach einem anderen Blick und allgemeinen Überlegungen über die Herren der Hanse die Delegierten und Netzwerke der Hansetage von 1379 und 1418. 1379 geht es dabei in erster Linie um Jakob Plescow, Hartmann Pepersak, Johan Perceval, Simon Swerting, Segebodo Crispin, Hermann van Ossenbrugge und Johan Lange mit Bezügen zu Kreisen von 1 bis 26 Personen, 1418 um die sieben Delegierten des (Lübecker) Neuen Rates (Eler Stange, Hermann van Alen, Ludwig Krull, Hermann Vinke, Johan Growe, Borchard van Hildensem u |
|
Politische Gewalt und Machtausübung im 20. Jahrhundert. Zeitgeschichte, Zeitgeschehen und Kontroversen. Festschrift für Gerhard Botz, hg. v. Berger, Heinrich/Dejnega, Melanie/Fritz, Regina/Prenninger, Alexander. Böhlau, Wien 2011. 773 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Politische Gewalt und Machtausübung im 20. Jahrhundert. Zeitgeschichte, Zeitgeschehen und Kontroversen. Festschrift für Gerhard Botz, hg. v. Berger, Heinrich/Dejnega, Melanie/Fritz, Regina/Prenninger, Alexander. Böhlau, Wien 2011. 773 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gerhard Botz, geboren in Schärding am 14. März 1941, wurde nach dem Studium von Biologie, Geographie und Geschichte an der Universität Wien 1967 mit einer Dissertation über politische Gewalttaten promoviert. Nach einer Assistentenzeit an der 1975 zur Universität aufgestuften Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Linz wurde er 1979 für neuere Geschichte und Zeitgeschichte habilitiert und 1980 als ordentlicher Universitätsprofessor für österreichische Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte nach Salzburg berufen, wo er sich besonders für die quantitative historische Methode und die oral history einsetzte und 1982 das Ludwig-Boltzmann-Institut für historische Sozialwissenschaft gründete. 1987 wechselte er bis zu seiner Emeritierung als ordentlicher Universitätsprofessor für Zeitgeschichte nach Wien.
Im Herbst 2009 sprachen die Herausgeber am Rande einer Teambesprechung des Mauthausen Survivors Research Projects über den Plan einer Festschrift für ihren Projekt- und Institutsleiter, den sie in beeindruckendem Umfang termingerecht verwirklichen konnten. Das Ergebnis fand auch umgehend das Interesse eines Rezensenten. Da dem Verlag aber eine Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich war, muss der Herausgeber wenigstens in einigen Zeilen auf die fast fünfzig interessanten Studien der Weggefährten und Weggefährtinnen hinweisen.
Sie sind nach einleitenden Beiträgen über 1941, Querdenken, Linz, Zeitgeschichte und Geschichtsschreiber des 20. Jahrhunderts in sieben Abteilungen gegliedert. Diese betreffen Staatsgewalt und staatliche Gewalt, Nationalsozialismus als Bewegung und Regime, erfahrungsgeschichtliche Perspektiven auf |
|
Politische Morde in der Geschichte. Von der Antike bis zur Gegenwart, hg. v. Schild, Georg/Schindling, Anton. Schöningh, Paderborn 2012. 260 S., 12 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Politische Morde in der Geschichte. Von der Antike bis zur Gegenwart, hg. v. Schild, Georg/Schindling, Anton. Schöningh, Paderborn 2012. 260 S., 12 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
„Bewusst von einer weiten und unspezifischen Definition des Begriffes ‚politischer Mord‘“ wollen die Herausgeber des vorliegenden Sammelbandes, die Tübinger Geschichtsprofessoren Georg Schild und Anton Schindling, ausgehen, und sie plädieren dafür, „ihn zur Kennzeichnung von Konflikten innerhalb von Gesellschaften zu nutzen“ (S. 255). Untersuchungen unter gleicher Fragestellung - die man allerdings explizit vergeblich auszumachen sucht - sollten es erlauben, Vergleiche anzustellen und daraus Rückschlüsse auf politische und gesellschaftliche Bruchlinien und Werthaltungen vom Altertum bis zur Gegenwart zu ziehen.
Ein Blick auf die Verfasser der zwölf Einzelbeiträge lässt erkennen, dass der Band als interdisziplinäres Projekt der Universität Tübingen gelesen werden muss, handelt es sich doch bei den Autoren ausnahmslos um qualifiziertes Lehrpersonal dieser Alma Mater. Diese widmen sich einer recht heterogenen Materie; zur Abhandlung gelangen, in der genannten Reihenfolge, folgende Fälle: Iulius Caesar (Mischa Meier / Alte Geschichte), König Bernhard von Italien (Steffen Patzold / Mittelalterliche Geschichte), Jeanne d’Arc (Ellen Widder / Mittelalterliche Geschichte), König Heinrich IV. von Frankreich (Anton Schindling / Neuere Geschichte), Abraham Lincoln und John F. Kennedy (Georg Schild / Nordamerikanische Geschichte), Walther Rathenau (Anselm Doering-Manteuffel / Zeitgeschichte), die Moskauer Schauprozesse 1937/38 (Klaus Gestwa / Osteuropäische Geschichte und Landeskunde), Gustav Klucis (Barbara Lange / Kunstgeschichte), die Rote Armee Fraktion (Reinhold Weber / Politische Bildung und Zeitgeschichte), der 11. September 2001 (Peter Pawelka / Politikwissenschaft), der 20. Juli 1944 (Jürgen Kampmann / Kirchengeschichte und Kirchenordnung), der politi |
|
Politische Öffentlichkeit im Spätmittelalter, hg. v. Kintzinger, Martin/Schneidmüller, Bernd (= Vorträge und Forschungen 75). Thorbecke, Ostfildern 2011. 460 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Politische Öffentlichkeit im Spätmittelalter, hg. v. Kintzinger, Martin/Schneidmüller, Bernd (= Vorträge und Forschungen 75). Thorbecke, Ostfildern 2011. 460 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In ihrer kurzen Einführung des kompakten Werkes gehen die beiden Herausgeber von einem konkreten politischen Vorgang aus, der kurz vor ihrer auf der Reichenau im Oktober 2008 abgehaltenen Tagung stattfand und den Beigeschmack von Intransparenz und geheimen Machenschaften einer Führungsclique und damit dem Gegenteil von Öffentlichkeit hatte. Daran knüpfen sie lose für die mittelalterliche Vergangenheit drei Fragen zur Funktion des Politischen an. Sie betreffen die Teilhabe an Entscheidungen, die dafür geeigneten Verfahren und die Konstitutivität der Teilhabe der Betroffenen für die politischen Entscheidungen.
Auf dieser Grundlage befassen sich insgesamt zwölf Beiträge mit der mehr oder weniger zeitlosen Thematik. Sie beginnen mit der Musik in der öffentlichen Repräsentation und enden mit der Erneuerungskraft des Anachronismus. Dazwischen behandelt etwa Klaus Oschema die Öffentlichkeit des Politischen, Jörg Peltzer das Verhältnis von fürstlichem Rang, Amt und politischer Öffentlichkeit, Jörg Feuchter die Oratorik, Birgit Studt die Propaganda, Heike Johanna Mierau die Fama, Michael Jucker das Kriegswesen, Pierre Monnet die Stadt und Pavlina Richterová die Verbrennung von Johannes Hus als europäisches Ereignis am Vorabend der hussitischen Revolution.
Die stärkste Verbindung zum Recht stellt Christoph H. F. Meyer in seiner umfangreichen Studie über das Publicum als Instrument spätmittelalterlichen Justiz her. Am Ende fasst Nikolas Jaspert die vielfältigen Ergebnisse der Referate und Diskussionen zusammen und zeigt weiterführende Perspektiven auf. Ein Namenregister erschließt das anregende Werk von Aachen bis Zypern und weist damit zugleich weit über den engeren Sprachraum hinaus.
Innsbruck |
|
Portale zu Vergangenheit und Zukunft. Bibliotheken in Deutschland, im Auftrag von Bibliothek und Information e. V. (BID), hg. v. Seefeldt, Jürgen/Syré, Ludger, mit einem Vorwort v. Lux, Claudia, 4. Aufl. Olms, Hildesheim 2011. 128 S. mit zahlr. Abb. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Portale zu Vergangenheit und Zukunft. Bibliotheken in Deutschland, im Auftrag von Bibliothek und Information e. V. (BID), hg. v. Seefeldt, Jürgen/Syré, Ludger, mit einem Vorwort v. Lux, Claudia, 4. Aufl. Olms, Hildesheim 2011. 128 S. mit zahlr. Abb. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Sprachlich ist das deutsche Buch mit der Buche als einem frühen Schreibmittel bzw. lateinisch liber mit idg. *leub‑, *leubh‑, V., schälen, abbrechen, beschädigen bzw. idg. *leu‑ (2), V., schneiden, trennen, lösen und dadurch wohl der abgelösten Rinde oder dem abgetrennten Teil als entsprechendem Gegenstück verbunden. Es war von Anfang an ein Wissen beheimatender Schatz, der umso größer war, je mehr Bücher der Einzelne in seiner Bibliothek als ihrem Aufbewahrungsort hatte. Sowohl durch die ungeheuere Zunahme der Schreibenden wie auch die Entdeckung der Elektronik sind aber herkömmliches Buch und traditionelle Bibliothek in eine der Buche und ihrer Rinde als Beschreibstoff vergleichbare Gefährdung geraten.
Wegen dieser schwierigen Lage haben die beiden 1953 geborenen, literarisch wie praktisch mit dem Bibliothekswesen bestens vertrauten Herausgeber bereits im Jahr 2003 ein mit überwiegend in Gegenwart und Zukunft weisenden Abbildungen geschmücktes Werk vorgelegt, das im Inland wie im Ausland auf beachtliches Interesse gestoßen ist. Dementsprechend stehen ihm nicht nur verschiedene Übersetzungen in fremde Sprachen zur Seite, sondern konnte es bereits in vierter, von der gegenwärtigen Präsidentin von Bibliothek und Information eingeleiteten Auflage vorgelegt werden.
Es umfasst 10955 Bibliotheken (davon 834 wissenschaftliche Bibliotheken bzw. 10021 öffentliche Bibliotheken) mit 362 Millionen Einheiten bzw. Einheiten und behandelt nacheinander deren Geschichte vom Mittelalter bis zur deutschen Einheit, Bildung und Kultur, Bibliotheksvielfalt, Berufe und Verbände und Kooperationen im Bibliothekswesen. Es schließt mit einem Ausb |
|
Pragst, Robert, Auf Bewährung. Mein Jahr als Staatsanwalt (= dtv premium 24903). dtv, München 2011. 232 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pragst, Robert, Auf Bewährung. Mein Jahr als Staatsanwalt (= dtv premium 24903). dtv, München 2011. 232 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer Sport studiert und als Croupier, Bankkaufmann und Immobilienmakler arbeitet, lernt das Leben von vielen interessanten Seiten kennen. Auf Grund der dort gewonnenen Erkenntnisse kann er sich für das Studium der Rechtswissenschaften entscheiden und dadurch die bisher erlangten Einsichten vorteilhaft abrunden. Schließt er diese Ausbildung als Jahrgangszweitbester ab, ist zu erwarten, dass ihm eines Tages auch die Türen zum höheren Justizdienst offenstehen werden.
Wenn auch nicht mit allen diesen bunten Facetten, so doch mit dem allgemeinen Gesamtergebnis verwirklicht sich dieses Ergebnis laufend in Hunderten von Lebensläufen. Nicht immer werden die anschließenden Erlebnisse jedermann zur Verfügung gestellt, weil objektives Amt und subjektive Erfahrung grundsätzlich mit gutem Grund getrennt gehalten werden. Der Verfasser hat für sich diese Schranke aufgehoben und jedermann in literarischer Form über sein erstes juristisches Berufseinsteigerjahr unterrichtet.
In großen Lettern geht der Autor offen das Geschehen mit all seinen Schwierigkeiten und Möglichkeiten an Deutschlands größter Staatsanwaltschaft in Berlin-Moabit durch. Nichts hat ihn dorthin wirklich gelockt und am Ende ist er froh, nach der Probezeit bei der Staatsanwaltschaft Richter am Amtsgericht zu werden. Gleichwohl kann er auf eine vielfältige, ja sogar packende Wirklichkeit zahlreicher Einzelfälle zurückblicken, die neben dem allgemeinen Publikum eigentlich insbesondere auch Studierende der Rechtswissenschaft als vorzeitiger Blick hinter die sie zunächst noch abwehrenden Kulissen interessieren könnte und sollte.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita, Europäische Integrationsrechtsgeschichte. 3. Aufl. StudienVerlag, Innsbruck 2012. 281 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZIER 2 (2012) 281 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita, Europäische Integrationsrechtsgeschichte. 3. Aufl. StudienVerlag, Innsbruck 2012. 281 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gemeinsam mit Peter Pichler legte die Verfasserin nach Ausweis des Karlsruher Virtuellen Katalogs im Jahre 2004 die erste Auflage einer Europäischen Integrationsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Weges nach Brüssel im Umfang von 235 Seiten vor. Dem folgte 2007 eine von der Verfasserin allein verantwortete zweite Auflage im Umfang von 238 Seiten. Ihr schließt sich fünf Jahre später eine erweiterte dritte Auflage unter erweitertem Titel an, die allerdings von verschiedenen Bibliothekskatalogen noch unter dem bisherigen Titel fortgeführt wird.
Nach dem kurzen Vorwort der Verfasserin in der vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, der Stadt Wien/MA 7, dem Land Steiermark und dem Herbert Batliner-Europainstitut finanziell ermöglichten dritten Auflage ist der europäische Integrationsprozess nicht zum Stillstand gekommen, sondern ist der Europäischen Union durch Finanzkrise, Finanzstabilisierungsstrategien und die damit verbundenen Rettungsschirme ordentlich zugesetzt worden, so dass von der Finalität im Sinne des Auseinanderbrechens der Europäischen Union zumindest gedacht werden kann. Das stimmt nach den Worten der Verfasserin positiv und war Motivation, eine dritte Auflage zu verfassen. Da die Darstellung des europäischen Integrationsprozesses über die rein historische, politische Dimension hinausgeht, traf sie die – anscheinend noch nicht überall voll wahrgenommene – Entscheidung, das Buch Integrationsrechtsgeschichte zu betiteln.
Gegliedert ist es in neun Kapitel. Sie betreffen die Geschichte der „Vereinigten Staaten von Europa“ von Pierre Dubois (1250-1320) bis zu den europäischen Widerstandskämpfern nach Aristide Briand, den europäischen Integrationsproz |
|
Prodöhl, Ines, Die Politik des Wissens. Allgemeine deutsche Enzyklopädien zwischen 1928 und 1956. Akademie Verlag, Berlin 2010. VIII, 301 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Prodöhl, Ines, Die Politik des Wissens. Allgemeine deutsche Enzyklopädien zwischen 1928 und 1956. Akademie Verlag, Berlin 2010. VIII, 301 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Madeleine Herren betreute, von der Gebert-Rüf-Stiftung geförderte, unter dem Titel „Die Politik des Wissens. Allgemeine Enzyklopädien im >Dritten Reich<, in der Schweiz und in der SBZ/DDR“ von der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene, für den Druck leicht überarbeitete Dissertation der Verfasserin, die in Zürich im Forschungsprojekt Allgemeinwissen und Gesellschaft ihren Ausgang nahm. Sie befasst sich mit Enzyklopädie, Lexikon, Wörterbuch, Theatrum, Schatzkammer, Nachschlagewerk, Schlag nach oder Dictionnaire benannten Werken , die von sich selbst behaupten Informationsquellen des so genannten Allgemeinwissens zu sein. Sie gehen von der Vorstellung eines frei zugänglichen, allgemeinen Wissens aus, zu dessen Erwerb, abgesehen von der Lesefähigkeit, keine besonderen Qualifikationen benötigt werden.
Die Verfasserin gliedert ihre Untersuchung nach einer ausführlichen Einleitung in vier Kapitel. Dabei beschreibt sie zunächst allgemein die deutschsprachigen Lexika im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Erfolgsmodells Konversationslexikon, der Dynamik des Wissens und des Netzwerks Wissen. Für die nationalsozialistische Zeit geht sie vertieft auf Meyers Lexikon (1936-1942), für die Schweiz auf das Schweizer Lexikon in sieben Bänden (1935-1948) und für die sowjetische Besatzungszone und die Deutsche Demokratische Republik auf F. A. Brockhaus, das Bibliographische Institut und die Bol’šaja Sovetskaja Encikopedija der 1950er Jahre ein.
Im Ergebnis stellt sie auf der Grundlage, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die Wissensbestände von Enzyklopädien beeinflussen, ansprechend fest, dass allgemeine Enzyklopädien ein Medium sind, in dem sich eine Gesellschaft ihrer s |
|
Pütter, Johann Stephan, Geist des Westphälischen Friedens nach dem innern Gehalt und wahren Zusammenhange der darin verhandelten Gegenstände historisch und systematisch dargestellt. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1794, mit einer Einleitung hg. v. Buschmann, Arno. Olms-Weidmann, Hildesheim 2010. XLIV, 557 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pütter, Johann Stephan, Geist des Westphälischen Friedens nach dem innern Gehalt und wahren Zusammenhange der darin verhandelten Gegenstände historisch und systematisch dargestellt. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1794, mit einer Einleitung hg. v. Buschmann, Arno. Olms-Weidmann, Hildesheim 2010. XLIV, 557 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Johann Stephan Pütter (Iserlohn 23. 6. 1725-Göttingen 12. 8. 1807), Kaufmannssohn, wird nach dem Rechtsstudium in Marburg (1738, Wolff), Halle (Heineccius, Böhmer, Ludewig), Jena (Estor) und Marburg (mit 19 Jahren) 1744 Rechtslehrer in Marburg und 1746 (mit 21 Jahren) Professor in Göttingen. Dort wird er der bedeutendste Staatsrechtslehrer seiner Zeit. Daneben ist er der erste wirkliche Verfassungsgeschichtler, gibt den Anstoß zu Überlegungen zu juristischer Systematik, bereitet die moderne Rechtsvergleichung vor und legt mit der Lehre vom geistigen Eigentum den Grund für ein fortschrittliches Urheberrecht.
Arno Buschmann in Salzburg ist außer auf vielen anderen Sachgebieten auch für das juristische Schrifttum des späten 18. Jahrhunderts einer der besten Sachkenner. Das Editionsprogramm der Fritz Thyssen Stiftung zur Geschichte der Wissenschaften darf sich dementsprechend sehr darüber freuen, ihn für die Edition des wichtigen Pütterschen Werkes gewonnen zu haben. Dadurch kann die wohl bedeutendste Darstellung des westfälischen Friedens der älteren deutschen Staatsrechtslehre der Gegenwart wieder angemessen vermittelt werden.
Der über ein Rezensionsexemplar leider nicht handhabbare Edition nach einem Exemplar der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin (Ec I b 162) stellt der Herausgeber eine sachkundige Einleitung voran, die den westfälischen Frieden als Reichsgrundgesetz, seine Behandlung in der vorangehenden Reichspublizistik, (III) Johann Stephan Pütters Leben und Werk, (III!) Pütter im Urteil der Historiographie der Rechtswissenschaft sowie abschließend Pütters Werk |
|
Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten, Band 8 Regierungsakten des Kurfürstentums und Großherzogtums Baden 1803-1815, bearb. v. Schimke, Maria. Oldenbourg, München 2012. 920 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten, Band 8 Regierungsakten des Kurfürstentums und Großherzogtums Baden 1803-1815, bearb. v. Schimke, Maria. Oldenbourg, München 2012. 920 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der vorliegende Band behandelt nach Bayern (4, 1996) und Württemberg (7,1 und 7,2 2005) den dritten der größeren süddeutschen Staaten. Im Gegensatz zu Bayern und Württemberg konnte der Landesherr (Markgraf/Kurfürst/Großherzog Karl Friedrich) die Reformen nicht mehr leiten, so dass sie Jahann Nikolaus Brauer und Sigismund von Reitzenstein überlassen blieben Zu diesem besonderen Umstand kamen noch die stärkere Opposition der Standesherren, die dynastischen Probleme und die Nähe Frankreichs erschwerend hinzu.
Die Bearbeiterin schildert in ihrer kurzen Einleitung die Ziele der Dokumentation, die Aktenauswahl und die Aktenaufbereitung, beschreibt die Formalien und verzeichnet ihre ausgewählten, teils bereits gedruckten, teils noch ungedruckten Akten- und Dokumentenstücke. Gegliedert sind die 89 weit ausgreifenden Texte in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Voraussetzungen und Zusammenhänge der Reformen, den Aufbau des neuen Staates in Behörden und Beamten, die Zivil- und Strafgesetzgebung, die Einordnung des Adels in den Staat und Religion und Kirchen, wobei die Bearbeiterin den Dokumenten jeweils eine kurze einführend Darstellung vorausschickt.
Dementsprechend beginnt die Dokumentation mit dem zehnten Organisationsedikt über die allgemeinen sozialen Einrichtungen des Staates vom 20. April 1803 und endet mit einer Stellungnahme der Regierung der Provinz Markgrafschaft gegen die Kompetenzen des jüdischen Oberrats vom Juli 1809. Breiten Raum nimmt zu Recht die Einführung des Code Napoleon als badisches Landrecht ein. Quellenverzeichnis, Literaturverzeichnis, Sachregister und Personenregister runden den gewichtigen Band, mit dem die wertvolle 1982 vorgeschlagene, 1992 Berg (1) und Westphalen (2), 1995 Großherzogtum Fra |
|
Quick, Eva, Forum Contractus. Eine Untersuchung zur Gerichtsstandslehre im Usus Modernus (= Rechtsgeschichtliche Studien 43). Kovač, Hamburg 2011. 146 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Quick, Eva, Forum Contractus. Eine Untersuchung zur Gerichtsstandslehre im Usus Modernus (= Rechtsgeschichtliche Studien 43). Kovač, Hamburg 2011. 146 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die schlanke Arbeit ist die von Thomas Rüfner betreute, im Wintersemester 2010/2011 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie gliedert sich in insgesamt drei Teile. Dabei behandelt die Verfasserin in der verhältnismäßig umfangreichen Einleitung zunächst den Gegenstand der Untersuchung und danach das forum contractus im römischen Recht (Abschlussort, Erfüllungsort, Geschäftsführungsort) und im kanonischen Recht mit dem ansprechenden Ergebnis, dass sich in beiden Rechten bei intensiver Auslegung Hinweise auf ein forum contractus finden lassen, dass aber die Quellen keine eindeutigen Aussagen enthalten, sondern einen Gerichtsstand sowohl am Abschlussort wie auch am Erfüllungsort eines Vertrags begründen können.
Von hier aus zeigt sie mögliche Ergebnisse auf und nennt dann 15 Gelehrte dieser Zeit von Matthias Berlich bis Augustin von Leyser. Der zweite Teil widmet sich dem forum contractus und versucht zunächst eine Klärung des contractus-Begriffs. Im Ergebnis kann die Verfasserin der Äußerung Schröders, dass vor 1845 dem Abschlussort grundsätzlich eine allgemeine Kompetenzfunktion zugesprochen wurde, nicht uneingeschränkt zustimmen, weil die Quellenlage des römischen Rechtes dazu führe, dass das forum contractus erst allmählich zum Gerichtsstand des Erfüllungsorts werde, wobei etwa Carpzov oder Huber das forum contractus auf Grund des römischen Rechtes als einen Gerichtsstand des Abschlussorts behandelten.
Im Anschluss hieran versucht die Verfasserin eine Klärung des Verhältnisses zum forum domicilii und erörtert die Bedeutung des Aufenthalts des Beklagten. Im Ergebnis stellt sie zusammenfassend fest, dass gegenüber der vorangehenden Uneinigkeit, ob das forum contractus sich am Ab |
|
Rainer, J. Michael, Das römische Recht in Europa. Von Justinian zum BGB. Manz, Wien 2012. XVII, 403 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rainer, J. Michael, Das römische Recht in Europa. Von Justinian zum BGB. Manz, Wien 2012. XVII, 403 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Der Verfasser will mit seinem Buch Antwort geben (p. VI) auf die vielfach gestellte Frage nach Ziel und Zweck der Wissenschaft vom Römischen Recht und nach der Berechtigung des Unterrichts in diesem Fach. Das Buch soll angehenden Juristen „die universelle und kulturelle Funktion des Römischen Rechts als die Grundlage aller modernen Rechte Europas“ vermitteln (p. VIII). Wie bei Paul Koschaker, Franz Wieacker, Hans Schlosser und Peter G. Stein (Römisches Recht und Europa. Die Geschichte einer Rechtskultur, 1996) steht auch bei Rainer die äußere Rechtsgeschichte im Vordergrund. Rezeptions-, Kodifikations- und Wissenschaftsgeschichte im europäischen Kontext finden eine fundierte Darstellung; die kultur- und geistesgeschichtlichen Zusammenhänge werden aufgezeigt.
Ausgangspunkt bildet naturgemäß das justinianische Gesetzeswerk. Zutreffend spricht Rainer von Kompilation und nicht Kodifikation des Römischen Rechts. Höchst eingehend setzt er sich (S. 15ff.) mit der Entstehung der Digesten und der Arbeitsweise der Kompilatoren auseinander. Ausgehend von der Bluhmeschen Massentheorie (drei Unterkommissionen für das in drei Massen gegliederte klassische Schrifttum: „Sabinusmasse“, „Ediktsmasse“ und „Papiniansmasse“) prüft er die verfeinerten Thesen von Tony Honoré (Tribonian, London 1978) und David Pugsley (Justinians’s Digest and the Compilers, I-III, Exeter 1995-2007). Bluhme folgend vertritt Rainer im Gegensatz zu Honoré die Auffassung, dass die Gesamtkommission jeden einzelnen Titel einer Endredaktion unterzogen habe (S. 21f.). Erst nach erfolgter Endredaktion sämtlicher Titel sei die Zuweisung der 432 Titel zu den fünfzig Büchern erfolgt. Zu Recht bezeichnet Rainer (S. 23) Tribonian als den „Vater der Idee der Kompilation der Digesten“.
Einen Schwerpunkt bildet das Kapitel XII (S. 74-95) über d |
|
Rau, Jens Daniel, Der Fall Friedrich List. Immunität und Indemnität von Abgeordneten im süddeutschen Frühkonstitutionalismus (= Europäische Hochschulschriften 2, 5095). Lang, Frankfurt am Main 2010. XLVIII, 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler.t |
Ganzen Eintrag anzeigen Rau, Jens Daniel, Der Fall Friedrich List. Immunität und Indemnität von Abgeordneten im süddeutschen Frühkonstitutionalismus (= Europäische Hochschulschriften 2, 5095). Lang, Frankfurt am Main 2010. XLVIII, 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Christian Hattenhauer betreute, im Sommersemester von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des 1980 geborenen, in Heidelberg und Durham ausgebildeten Verfassers. Sie betrifft den in Reutlingen am 6. August 1789 als Sohn eines Gerbers geborenen, sich in Kufstein am 30. November aus Verzweiflung selbst tötenden Wirtschaftstheoretiker, Eisenbahnunternehmer und Diplomaten Friedrich List. Er gilt als Inhaber des ersten deutschen Lehrstuhls für Staatswissenschaft (Tübingen 1817, ohne höheren Schulabschluss oder Universitätsabschluss) als Begründer moderner Volkswirtschaftslehre und mit Rotteck und Welcker als bedeutender Streiter für den politischen Liberalismus.
Die Untersuchung konzentriert sich auf der Grundlage gedruckter und ungedruckter Quellen auf den Ausschluss Lists aus dem Landtag Württembergs als Folge einer (Reutlinger) Petition vom Januar 1821 mit scharfer, Aufsehen erregender Einführung. Hierfür schildert der Verfasser nach einer kurzen Einleitung zunächst allgemein den süddeutschen Frühkonstitutionalismus unter besonderer Berücksichtigung Bayerns, Badens, Württembergs und Hessen-Darmstadts sowie die Immunität und Indemnität von Abgeordneten in England, Frankreich, Bayern, Baden, Württemberg und Hessen-Darmstadt. Danach legt er die Entwicklung des Falles List sehr detailliert dar und behandelt anschlie0end seine Auswirkungen auf die Verfassung.
Dabei gelangt er insgesamt zu ansprechenden Ergebnissen, die List als bedauerliches Opfer einer für seine Vorstellungen noch nicht reifen Zeit zeigen. Der Anhang gibt eine Reihe bedeutsamer Dokumente wieder. Die in Fußnoten enthaltenen kurzen biographischen Angaben erfass |
|
Rebhan, Hanno, Österreich wird Verfassungsstaat. Entstehung und Entwicklung moderner Verfassungsstaatlichkeit (1848-1918). Tectum, Marburg 2012. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rebhan, Hanno, Österreich wird Verfassungsstaat. Entstehung und Entwicklung moderner Verfassungsstaatlichkeit (1848-1918). Tectum, Marburg 2012. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist nach dem kurzen Vorwort des Verfassers eine redigierte und überarbeitete Fassung seiner im Mai 2011 am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien eingereichten, von Johann Wimmer betreuten Diplomarbeit (Die frühmodernen österreichischen Verfassungsstaaten in der Habsburgermonarchie. Die Pillersdorfsche Verfassung 1848, die Staatsgrundgesetze 1867 und deren Verfassungswirklichkeiten als Grundlagen staatlicher Ordnung). Sie behandelt einen interessanten, wenn auch ziemlich verwickelten Gegenstand. Die Entwicklung moderner Verfassungsstaatlichkeit in Österreich verläuft eben alles andere als glänzend.
In seiner Einleitung legt der Verfasser besonderes Gewicht auf den modernen Staat, für den ihm die militärische Revolution grundlegend erscheint. Danach definiert er als zentrale Begriffe Verfassungsstaat, Österreich, Verfassungstheorie, Verfassungswirklichkeit und Staat. Als Basis für den modernen Verfassungsstaat stuft er die zentralen Funktionen einer rechtsstaatlichen Verfassung mit demokratischen Elementen ein.
Die eigentliche Sachbetrachtung erfolgt sehr detailliert nach den einzelnen Abschnitten in drei Teilen (erste verfassungsrechtliche Periode auf Grundlage der Pillersdorfschen Verfassung von 1848, zwischenverfassungsstaatliche Epoche, zweiter monarchischer österreichischer Verfassungsstaat). Dabei gelingen ihm zahlreiche interessante Darlegungen. Getrübt wird dieser Eindruck aber auch durch kaum verständliche Schwächen, von denen nur hervorgehoben werden soll, dass der Verfasser etwa mehrfach Joseph I. als Sohn Maria Theresias versteht, obwohl er auch Joseph II. kennt.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Recht ohne Grenzen. Festschrift für Athanassios Kaissis zum 65. Geburtstag., hg. v. Geimer, Reinhold/Schütze, Rolf A. Sellier, München 2012., XVIII, 1086 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Recht ohne Grenzen. Festschrift für Athanassios Kaissis zum 65. Geburtstag., hg. v. Geimer, Reinhold/Schütze, Rolf A. Sellier, München 2012., XVIII, 1086 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Athanassios Kaissis wurde in Langadas am 17. März 1947 als Sohn eines Richters geboren, hat in Thessaloniki Schule und Studium glänzend absolviert und ist an der dortigen juristischen Fakultät ordentlicher Professor geworden. Obwohl bereits bei dem höchsten Gericht Griechenlands als Rechtsanwalt zugelassen, studierte er ab 1972 in Heidelberg deutsches Recht und promovierte mit einer Dissertation über die Verwertung unzulässig erlangter Beweismittel im Zivilprozess. Trotz seiner 1978 erfolgten Rückkehr ist er seiner zweiten Heimat immer eng verbunden geblieben und hat diese Verbundenheit in seinem einzigartigen deutsch-griechischen Rechtswörterbuch zum Ausdruck gebracht.
Recht ohne Grenzen ist bisher noch keine vollständige Wirklichkeit geworden. Gleichwohl ist das Motto vorbildlich und verdient rückhaltlose Unterstützung, die dem Jubilar von vielen deutschen Freunden unter Berücksichtigung der mit Georg Ludwig von Maurer (nicht Maur) einsetzenden deutsch-griechischen Rechtsfreundschaft zu Teil wird. Auf diese Weise ist ein Blumenstrauß vieler Freunde entstanden, der weit mehr als 65 rechtswissenschaftliche Schmuckstücke en in sich vereint.
In alphabetischer Ordnung seiner Verfasser beginnt er mit der Konsolidierung des europäischen Zivilverfahrensrechts und endet mit der internationalen Zuständigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen im chinesischen Insolvenzrecht. Dazwischen sind alle örtlichen, zeitlichen und fachlichen Grenzen in internationaler Zusammennarbeit aufgehoben. Möge das mit einem Schriftenverzeichnis in Auswahl endende Werk dazu beitragen, Griechenland, das dem Abendland so viel Licht und Glanz gegeben hat, einen würdigen Platz in Europa und dem Recht zu sichern.
Innsbruck |
|
Rechts- und Verfassungsgeschichte, hg. v. Arbeitsgemeinschaft Rechtsgeschichte, 2. Aufl.. facultas.wuv, Wien 2012. 408 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechts- und Verfassungsgeschichte, hg. v. Arbeitsgemeinschaft Österreichische Rechtsgeschichte, 2. Aufl.. facultas.wuv, Wien 2012. 408 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit seiner Entstehung hat der Mensch seine Fähigkeiten dazu genützt, seine Lebensbedingungen zu sichern und zu bessern. Dieses Verhalten hat ihn zur Sprache, zum Recht, zur Schrift, zur Wissenschaft und zur juristischen Universitätsausbildung geführt. Jeder neue Forscher verändert und vermehrt dabei das weltweite Wissen durch seine Beiträge in individueller Weise.
Nach dem Vorwort des vorliegenden manuals war seine erste, 2011 erschienene Auflage „durch den an der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät schon seit langem bestandenen Wunsch nach einer gemeinsamen Lernunterlage in Überwindung traditioneller Schulen motiviert“. In diesem Sinne hatten sich die Dozentin und die drei Dozenten am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte - nach Emeritierung ihrer bekannten Lehrer - entschlossen, das Wagnis einer gemeinsamen Arbeit auf sich zu nehmen. Als Ergebnis entstand - bewusst unter der gemeinsamen „Firma“ einer Wiener Arbeitsgemeinschaft Rechtsgeschichte - eine Gemeinschaftsarbeit, die in Form und Inhalt naturgemäß ein Kompromiss war, getragen vom Anliegen, größtmögliche Einheitlichkeit für den Wiener Lehr- und Prüfungsbetrieb herzustellen.
Dieses vor allem im Interesse der Gleichbehandlung der Studierenden und der Vermeidung der allgemein möglichen Diskriminierung der Studierenden eines Lehrers durch einen anderen nicht selbst gewählten Prüfer sehr begrüßenswerte, von Gerald Kohl, Christian Neschwara, Thomas Olechowski und Ilse Reiter-Zatloukal verwirklichte Unternehmen ist nach dem Vorwort außerhalb Wiens positiv aufgenommen worden. Mit der Erweiterung des Herausgeberkreises um den Innsbrucker Kollegen Martin Schennach, der zum 1. Oktober 2012 die Nachfolge des 2010 emeritierten letzten ordentlichen Universitätsprofessors der Rechtsgeschichte ange |
|
Rechtsentwicklungen im vereinten Deutschland, hg. v. Weiß, Norman (= Potsdamer Studien zu Staat, Recht und Politik 3). Universitäts-Verlag Potsdam, Potsdam 2011. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtsentwicklungen im vereinten Deutschland, hg. v. Weiß, Norman (= Potsdamer Studien zu Staat, Recht und Politik 3). Universitäts-Verlag Potsdam, Potsdam 2011. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der schmale Band vereint nach seinem kurzen Vorwort die Beiträge, die auf der gemeinsam vom Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam und der juristischen Fakultät der Universität Potsdam veranstalteten Tagung „Rechtsentwicklungen im vereinten Deutschland“ am 20. November 2009 vorgetragen wurden. Auf Grund zahlreicher anderer Verpflichtungen war es dabei Joachim Vogel aus Tübingen nicht möglich, seinen Vortrag zum Thema Europäisierung des Strafrechts beizusteuern. Auf der anderen Seite hat der Herausgeber den Versuch unternommen, in einer zusätzlichen Studie einen für die Veröffentlichung abgefassten, die (?) drei Fachsäulen überspannenden Bogen zu schlagen.
Der Herausgeber ist nach Abschluss seiner in Mainz 1984 begonnenen juristischen Ausbildung seit 1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam. 1999 wurde er mit einer von Eckart Klein betreuten, in Mainz angenommenen Dissertation über objektive Willkür als einem Prüfungskriterium im Verfahren der Urteilsverfassungsbeschwerde promoviert, im Wintersemester 2007/2008 mit der von Eckart Klein begutachteten Schrift über eine Kompetenzlehre internationaler Organisationen habilitiert. Danach hat er Lehrstühle in Düsseldorf, Potsdam, Jena, Hannover, Münster, Göttingen und Konstanz vertreten.
Zu seinen vorläufigen Ergebnissen zählt vor allem der vielfältige Einfluss des Völkerrechts und Europarechts auf die unterschiedlichen Teile der deutschen Rechtsordnung in ihrer vielfältigen und in den 1980er Jahren nicht eindeutig prognostizierbaren Rechtsentwicklung. Im Einzelnen befassen sich anschließend Veith Mehde mit der zwischen Vereinheitlichung und Vielfalt stehenden Verwaltungsentwicklung im vereinten Deutschland, Heike Krieger mit dem Wech |
|
Rechtsgelehrte der Universität Jena aus vier Jahrhunderten, hg. v. Lingelbach, Gerhard. Verlag Bussert & Stadeler, Jena 2012. 375 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtsgelehrte der Universität Jena aus vier Jahrhunderten, hg. v. Lingelbach, Gerhard. Verlag Bussert & Stadeler, Jena 2012. 375 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Niederlage von Mühlberg vom 24. April 1547 bzw. der anschließenden Wittenberger Kapitulation vom 18. Mai 1547 fiel mit der Würde des Kurfürsten von Sachsen auch die Universität Wittenberg von der 1485 durch Teilung des Landes entstandenen ernestinischen Linie an die albertinische Linie. Herzog Johann Friedrich suchte umgehend nach einem Ersatz zwecks Ausbildung von Theologen im Sinne der Lehre Martin Luthers. Als Frucht dieser Bemühungen konnte bereits am 19. März 1548 in dem bis dahin wissenschaftlich unbedeutenden Jena eine hohe Schule eröffnet werden, an der wenig später Basilius Monner 1554 erster Professor der Rechtswissenschaft wurde.
Wenig später wurde die hohe Schule durch Privileg Kaiser Ferdinands I. Universität (1558), wurde mit Matthäus Wesenbeck der erste Jurist promoviert und wurde an der Universität ein Schöppenstuhl errichtet, zu dem 1566 ein gemeinschaftliches Hofgericht der ernestinischen Teilfürstentümer hinzukam, das 1816 durch Staatsvertrag der beteiligten Staaten in ein gemeinschaftliches Oberappellationsgericht umgewandelt wurde. Der vorliegende Sammelband versucht an Stelle einer umfassenden Geschichte dieser Rechtseinrichtungen eine repräsentative Darstellung an Hand ausgewählter Biographien. Dies ist ihm trotz erkennbarer Unterschiede im Detail insgesamt in beeindruckender Weise gelungen.
In chronologischer Reihenfolge werden Basilius Monner (um 1500-1566), Dominicus Arumäus (1579-1673), Johannes Limnäus (1592-1663), Matthäus Wesenbeck (1531-1586), Karl Friedrich Walch (1734-1799), Anton Friedrich Justus Thibaut (1772-1840), Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775-1833), Christian Wilhelm Schweitzer (1781-1856), Heinrich Luden (1810-1880), Burkard Wilhelm Leist (1819-1906), August Thon (1839-1912), Richard Loening (1848-1913), |
|
Rechtskultur. Zeitschrift für europäische Rechtsgeschichte. Band 1. Dietl, Regenstauf 2012. 120 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtskultur. Zeitschrift für europäische Rechtsgeschichte. Band 1. Dietl, Regenstauf 2012. 120 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem unaufhörlichen Wachstum der menschlichen Geschichte wächst auch die Rechtsgeschichte. Angesichts der allgemeinen Akademisierung und Ökonomisierung erweitern sich auch ihre medialen Möglichkeiten. Sie lassen eine früher unbekannte Vielzahl von Publikationsmöglichkeiten zu, die zu Recht gerade auch von jüngeren Wissenschaftlern konstruktiv genutzt werden.
In diesen modernisierenden Bereich lässt sich auch die Zeitschrift Rechtskultur einordnen, die in einem herausgebernamenlosen Prospekt dreisprachig auf sich aufmerksam macht. Sie ist europäisch, transdisziplinär und themenorientiert ausgerichtet. Dieser Zielsetzung dienen auch englische und französische Beiträge.
Ihr erster, eine Vorausschau bis 2017 auf Methodengeschichte, Strafrechtsgeschichte, Wirtschaftsrechtsgeschichte, Rechtsikonographie und Kolonialrechtsgeschichte bis 2012 eröffnender enthält 9 Beiträge. Sie betreffen im Rahmen der Justizgeschichte die gerichtliche Selbstverwaltung (Ulrike Müßig), die Freiherren von Regensberg (Matthias Kradolfer), die laborers in the courtroom (Bruno Debaenst), den Schutz feindstaatsangehöriger Zivilisten (Thomas Huber), Sondervoten in Norwegen (Jørn Øyrehagen Sunde), ein bayerisches Zuchthaus (Katharina Theobaldy/Fabian Meyer), die Beratungsorgane der spanischen Kolonialverwaltung (Sánchez de Andrés), einen Rapport de synthèse (Jan Dirk Harke) und eine Debatte über die Frage, wozu Juristen auszubilden sind (Marcel Senn). Möge durch das gesamte Werk und seine vielfältigen Teile das Interesse an der Rechtsgeschichte in Europa allseitig und nachhaltig gefördert werden.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Rechtsphilosophie im 20. Jahrhundert - 100 Jahre Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, hg. v. Brockmöller, Annette/Hilgendorf, Eric (= Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Beiheft 116). Nomos, Baden-Baden 2009. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtsphilosophie im 20. Jahrhundert - 100 Jahre Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, hg. v. Brockmöller, Annette/Hilgendorf, Eric (= Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Beiheft 116). Nomos, Baden-Baden 2009. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Rechtsphilosophie hat formell eine sehr lange Geschichte, weil - nach einem bekannten Bonmot - jeder mit Recht Befasste eine allgemeine theoretische oder philosophische Vorstellung von Recht hat, selbst wenn er es nicht weiß. Gleichwohl ist die deutsche Rechtsphilosophie nach dem kurzen Vorwort der beiden Herausgeber in keiner guten Verfassung, wie sich an der Zersplitterung der Diskussionslandschaft, mangelnder sprachlicher Disziplin, praxisfremder Scholastifizierung, fehlender gesellschaftlicher Resonanz und weitgehendem Desinteresse der juristischen Fachkollegen und des wissenschaftlichen Nachwuchses ablesen lässt. Dies soll nach der Intention der Herausgeber geändert werden.
Zu diesem Zweck besinnen sie sich auf den historischen Hintergrund der deutschen Rechtsphilosophie und wollen deren Auf und Ab in der Geschichte des 1907 von Josef Kohler gegründeten Archivs für Rechts- und Sozialphilosophie ermessen. Sie sehen in der Rückbesinnung eine Möglichkeit, an die herausragenden Leistungen der Vergangenheit anzuknüpfen. Zu diesem Zweck haben sie vom 25. bis 27. Oktober 2007 am Zentrum für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld eine Arbeitstagung über Rechtsphilosophie im Wandel der Gesellschaft abgehalten, deren Beiträge unter Erweiterung um eine Untersuchung zu Josef Kohler der Öffentlichkeit im vorliegenden, rasch auf das Interesse eines sachkundigen Rezensenten stoßenden, aber in Ermangelung eines Rezensionsexemplars vom Herausgeber in wenigen Worten anzuzeigenden Band verfügbar gemacht wurden.
Insgesamt umfasst das leider eines Sachregisters entbehrende Werk elf Beiträge. Sie betreffen nach 100 Jahren Rechtsphilosophie Rudolf Smend, Carl Schmitt, Josef Kohler, |
|
Rechtsvergleicher – Verkannt, vergessen, verdrängt, hg. v. Großfeld, Bernhard, redaktionelle Bearbeitung Niedostadek, Oliver (= Münsteraner Studien zur Rechtsvergleichung 62. Lit, Münster 2000. 263 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtsvergleicher – Verkannt, vergessen, verdrängt, hg. v. Großfeld, Bernhard, redaktionelle Bearbeitung Niedostadek, Oliver (= Münsteraner Studien zur Rechtsvergleichung 62. Lit, Münster 2000. 263 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer sich für die Rechtsvergleichung interessiert, kann im Internet rund 600 mehr oder weniger gut ausgewiesene deutschsprachige Rechtsvergleicher feststellen (http://www.koeblergerhard.de/Rechtsfaecher/Rechtsvergleichung-20121082-582.htm). Darüber hinaus kann er ermitteln, dass bereits vor einem Dutzend Jahren der ausgewiesene Rechtsvergleicher Bernhard Großfeld sich um die Anfänge der Rechtsvergleichung bemüht hat. Da das im Jahre 2000 erschienene Werk in der Zeitschrift für Rechtsgeschichte keine Rezension erfahren hat, kann der Herausgeber nachträglich auf den schlanken, eines Sachverzeichnisses entbehrenden Band hinweisen.
Hervorgegangen ist er aus einem Seminar. Dementsprechend sind nach einem kurzen Vorwort fünfzehn Referate aufgenommen. Sie betreffen Spuren deutschen Rechtes in den ehemaligen deutschen Südseekolonien, die Neuendettelsauer Mission in Papua-Neuguinea, Albert Hahl, Wilhelm Solf, Erich Schultz-Ewerth, gemischte Rechtsverhältnisse in deutschen Kolonien, Johann Jakob Bachofen, Adolf Bastian und die Geographie im Recht (Bernhard Großfeld/Marion Welp), Josef Kohler, Leonhard Adam, Pater Wilhelm Schmidt S. V. D., Richard Thurnwald, Leo Frobenius und die Rechtsvergleichung (Bernhard Großfeld/Christian Humpert), Josef Schmidlin und Eberhard Freiherr von Künßberg.
Die dementsprechenden Ansätze sind zwar neu und auch durchaus interessant. Die tatsächliche Vergleichung unterschiedlicher Rechte führt aber in Wirklichkeit geschichtlich sehr viel weiter zurück. Fruchtbare rechtswissenschaftliche Ansätze des späteren 19. Jahrhunderts finden sich vor allem bei Bachofen und Kohler, doch scheint die Rechtsvergleichung als Bezeichnung überhaupt erst 1914 oder kurz davor bezeugt.
I |