Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Amsterdam 1950 geborene Verfasser wurde nach dem Studium in Freiburg im Üchtland 1986 mit einer Dissertation über die Archetypik der Gotteslästerung als Beispiel für das Wirken archetypischer Vorstellungen im Rechtsdenken zum Dr. iur. utr. promoviert. Nach Forschungsaufenthalten als Stipendiat des schweizerischen Nationalfonds an der Universität Tübingen, am Max-Planck-Institut für Strafrecht in Freiburg im Breisgau und am Institute for Medieval Canon Law in Berkeley/Kalifornien wurde er 1992 Lehrbeauftragter für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Zürich, 1992 Professor associé und 1994 als Nachfolger Louis Carlens (* 1929) ordentlicher Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht in Freiburg im Üchtland. Er folgt Louis Carlen (auch) darin, dass er nach dessen Rechtsgeschichte der Schweiz (eine Einführung 1968, 2. Auflage 1978, dritte Auflage 1988) eine schweizerische Rechtsgeschichte - ein Grundriss vorgelegt hat.
Nach dem kurzen Vorwort ist das Buch aus dem Wunsch entstanden, Studierende und andere Interessierte mit der Rechtsentwicklung im Gebiete der heutigen Schweiz vertraut zu machen, weil die angehenden Juristinnen und Juristen nicht nur die Grundzüge der europäischen Rechtsentwicklung kennen lernen sollten, sondern auch an jene Rechtsordnung herangeführt werden müssen, die ihr Berufsleben prägen wird. In der deutschsprachigen Literatur gebe es zwar zahlreiche Lehrbücher zur allgemeinen und insbesondere deutschen Rechtsgeschichte, jedoch keines zur schweizerischen - mit Ausnahme der Rechtsgeschichte Louis Carlens (1968), die seinerzeit jedoch absichtlich summarisch gehalten wurde - was der Verfasser leicht damit erklärt, dass es eine schweizerische Rechtsgeschichte angesichts der verfassungsrechtlichen Entwicklung streng genommen erst ab 1798, vielleicht gar erst ab 1848 gibt, weil zuvor die Eidgenossenschaft aus einem Konglomerat von rund 50 Gebietskörperschaften mit unterschiedlichem verfassungsrechtlichem Status und eigener Rechtsordnung bestand.
Der Verfasser gliedert sein aus seiner Vorlesung heraus entstandenes grundlegendes Werk klar in die drei Teile über die römische und fränkische Zeit (Kelten und Römer, Germanen, Franken und ihr Recht), die alte(, mit dem Landfriedensbündnis von 1291 einsetzende Eidgenossenschaft und die allmählich zu größerer Rechtseinheit (Obligationenrecht 1883, Zivilgesetzbuch 1912, Strafgesetzbuch 1942, Zivilprozessrecht) findende(, sich aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus wirtschaftlichen Erwägungen von der Europäischen Union bisher distanzierende) Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stehen politische Entwicklung, Verfassung, Verwaltung, Rechtsbildung, Rechtspflege und Rechtswissenschaft (Bologna, Basel, Genf, Lausanne, Bern, Zürich, Freiburg im Üchtland) einschließlich neuer Themen der Rechtspolitik und der Gesetzgebung (Gleichstellung der Frau, Sozialgesetzgebung, technologische Entwicklung). Zahlreiche kleinere Abbildungen veranschaulichen die sachlichen Ausführungen, Randziffern, Sachregister und Personenregister erschließen das jedem Interessierten hilfreiche, mit einem Bild aus der Stadtbrunnenchronik des Karl Howald (1796-1869) geschmückte, kompakte Werk über das besondere Recht der Schweiz im Rahmen der sie umgebenden größeren Einheiten.
Innsbruck Gerhard Köbler