Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul-Joachim/Niederstätter, Alois, Heft 27 Die Urkunden und Briefe des österreichischen Staatsarchivs in Wien. Abt. Haus-, Hof- und Staatsarchiv - Allgemeine Urkundenreihe, Familienurkunden und Abschriftensammlungen (1470-1475), bearb.v. Dünnebeil, Sonja/Luger, Daniel.(= Kommission für die Neubearbeitung der Regesta Imperii der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Deutsche Kommiss |
Ganzen Eintrag anzeigen Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul-Joachim/Niederstätter, Alois, Heft 27 Die Urkunden und Briefe des österreichischen Staatsarchivs in Wien. Abt. Haus-, Hof- und Staatsarchiv - Allgemeine Urkundenreihe, Familienurkunden und Abschriftensammlungen (1470-1475), bearb. v. Dünnebeil, Sonja/Luger, Daniel.(= Kommission für die Neubearbeitung der Regesta Imperii der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Deutsche Kommission für die Bearbeitung der Regesta Imperii bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz). Böhlau, Wien 2012. 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem neuesten Heft der umfangreichen und wichtigen Reihe kehren die Regesten Kaiser Friedrichs III. wieder nach Wien zurück. Bereits die Hefte 12ff. hatten sich mit den Urkunden und Briefen des österreichischen Staatsarchivs in Wien, Abt. Haus-, Hof- und Staatsarchiv befasst. Dabei hatte an Band 18 des Jahres 2004 neben Paul Herold auch Sonja Dünnebeil mitgewirkt, die sich mit der Durchsicht des relevanten Archivbestands, der Aufnahme der gefundenen Schriftstücke im Archiv sowie mit der Regestierung und Kommentierung der überwiegend deutschsprachigen Urkunden des vorliegenden Heftes befasste, dann aber aus dem Projekt ausschied.
Das Heft schließt chronologisch unmittelbar an Heft 22 an. Nach der sachkundigen Einleitung Daniel Lugers liegt der Jahresdurchschnitt der Regesten mit 47 pro Jahr etwa auf dem Niveau des Vorheftes (48). Besonders auffällig ist allerdings der hohe Anstieg des Urkundenausstoßes auf 82 im Jahre 1470, den der Bearbeiter mit der Reise Friedrichs in den Süden seiner Erblande bis nach Triest und Laibach in Beziehung setzt.
Erfasst sind 284 Regesten. Davon beruhen 103 (37 Prozent) auf Originalen (83 auf Pergament) und 36 auf Abschriften, während 134 Nummern Deperdita vertreten. Möge dem gesamten Unternehmen weiterhin glücklicher Fortgang be |
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Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul-Joachim/Niederstätter, Alois, Heft 26 Die Urkunden und Briefe aus den Archiven und Bibliotheken der Tschechischen Republik, bearb. v. Holtz, Eberhard (= Kommission für die Neubearbeitung der Regesta Imperii der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Deutsche Kommission für die Bearbeitung der Regesta Imperii bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz in Verbind |
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Das Heft 1 der wichtigen und umfangreichen Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) erschien mit Urkunden und Briefen aus Stadtarchiven im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (mit Ausnahme von Augsburg und Regensburg), bearbeitet vom ersten Herausgeber, 1982. Seitdem sind 30 Jahre vergangen. Während dieser Zeit erschien zwar nicht in jedem Jahr ein neues Heft, doch nahezu.
Die letzten beiden Hefte traten 2010 an das Licht der Öffentlichkeit. Sie betrafen Königsberg, Danzig, Thorn, Riga und Reval (für die historischen Landschaften Preußen und Livland) einerseits und die Kurmainzer Bestände des Staatsarchivs Würzburg und der Archive und Bibliotheken in der Stadt Mainz andererseits. Das vorliegende Heft bietet als erstes die vollständige Gesamtüberlieferung von Urkunden dieses Herrschers aus den Archiven und Bibliotheken eines (gesamten) europäischen Staates (der Gegenwart). Auf seinem Gebiet befanden sich im 15. Jahrhundert vor allem da Königreich Böhmen, die Markgrafschaft Mähren, die schlesischen Herzogtümer Troppau und Teschen sowie das Egerland mit der Reichsstadt Eger. In die Geschichte ihrer einschlägigen Quellen führt die Einleitung des Bearbeiters, der sich bereits um die Hefte 10 (Thüringen), 16 (Sachsen-Anhalt), und 21 (Schlesien/Polen) sehr verdient gemacht hat, überzeugend ein.
Nach se |
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Regesten Kaiser Sigismunds (1410-1437) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Hruza, Karel (= Böhmer, J. F., Regesta Imperii = Österreichische Akademie der Wissenschaften - Regesta Imperii - und Deutsche Kommission für die Bearbeitung der Regesta Imperii bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz 11). Band 1 Die Urkunden und Briefe aus den Archiven und Bibliotheken Mährens und Tschechisch-Schlesiens, nach Altmann, Wilhelm neubearb. v. Elbel, Petr. Böhlau, Wien 2012. 303 S. Besproch |
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Der in Nürnberg am 15. Februar 1368 geborene und in Znaim in Mähren am 9. Dezember 1437 gestorbene Sigismund (von Luxemburg) war ein Sohn Kaiser Karls IV. und seiner vierten Ehefrau Elisabeth von Pommern und damit Halbbruder Wenzels von Luxemburg. Von 1378 bis zur Verpfändung 1388 und von 1411 bis zur Verlehnung an die Hohenzollern (1415) war er Kurfürst von Brandenburg und nach Heirat Marias von Ungarn von 1387 an König von Ungarn und Kroatien. Bei einer Wahl zum deutschen König am 20. September 1410 erhielt er die Stimmen Kurtriers, Kurpfalzs und Kurbrandenburgs, nach dem Tod seines mit vier Stimmen gewählten Vetters Jobst von Mähren (18. 1. 1411) wurde er am 21. Juli 1411 übereinstimmend zum König des deutschen Reiches gewählt.
Bereits 1900 konnte nach dem kurzen Geleitwort Karel Hruzas als Leiters der Arbeitsgruppe Regesta Imperii Wilhelm Altmann die Regesta Imperii 11 erstmals veröffentlichen. Sein Werk umfasste 12362 durch ein Orts- und Personenregister erschlossene Regesten. Da diese damals beachtliche Leistung in der Gegenwart den gestiegenen Ansprüchen nicht mehr genügt, wurde unter grundsätzlicher Einbeziehung eines bedeutenden ungarischen Regestenwerks seit 2004 mit einer Neubearbeitung begonnen. Aus praktischen Überlegungen erschien dabei wie bei Ludwig dem Bayern und bei Friedrich III. eine Veröffentlichung in nach Archiven und Bibliotheken geordneten Bänden am zweckmäßigsten, wobei an das Ende |
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Regulierung im Telekommunikationssektor. Chancen und Risiken im historischen Prozess, hg. v. Kurth, Matthias/Schmoeckel, Mathias in Zusammenarbeit mit Michalczyk, Roman. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Regulierung ist der menschliche Eingriff in einen natürlichen Zustand mit Hilfe gezielter Maßnahmen zur Erreichung erwünschter Ziele. Sie schränkt einen durch freiheitliches Tun und Unterlassen bestehenden Zustand ein. Ein einfaches, außerrechtliches Beispiel ist die Regulierung von Flussläufen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsflächen und zur Vereinfachung der Schifffahrt.
Im wirtschaftsrechtlichen Bereich hat sich die Menschheit seit dem 18. Jahrhundert zwar bewusst für den Liberalismus und damit die Freiheit der Märkte entschieden, im Bereich des Telekommunikationsmarkts aber im 19. Jahrhundert gleichwohl das Monopol zugelassen. Der vorliegende schmale Band befasst sich mit den Gründen dafür und mit den Gründen für die am Ende des 20. Jahrhunderts vorgenommene Deregulierung zu Gunsten des freien Wettbewerbs. Sie wurden am 27. Januar 2011 auf einer in Bonn abgehaltenen Tagung vorgetragen, deren Ergebnisse nunmehr der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Am Beginn steht dabei die Geschichte, für die Carl Christian von Weizsäcker einige Reminiszenzen zur Liberalisierung und Privatisierung der Telekommunikation zwischen 1975 und 1996 bietet, Mathias Schmoeckel die Rezeption des Regulierungsrechts am Beispiel des Telekommunikationsrechts schildert, Boris Gehlen die deutschen Telekommunikationsmärkte im 19. Jahrhundert hinsichtlich der Marktordnung, Investitionen und Preisbildung beschreibt und Johannes Rüberg die Gesetzgebung zwischen Innovation und Tradition vergleicht. Die weiteren Studien behandeln die Rolle des parlamentarischen Gesetzgebers, die Direktionskraft der Regulierungsziele, die Wettbewerbsförderung bei der Teilnehmeranschlussleitung und die Frage de |
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Reichskommissariat Ostland. Tatort und Erinnerungsobjekt. Eine Publikation des Instituts für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte und des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, hg. durch Lehmann, Sebastian gemeinsam mit Bohn, Robert/Danker, Uwe (= Zeitalter der Weltkriege 8). Schöningh, Paderborn 2011. 368 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Reichskommissariat ist in der ersten Hälfte bzw. im zweiten Viertel des 20. Jahrhunderts eine mehrdeutige Bezeichnung, die zum Ausdruck bringen soll, dass ein vom Deutschen Reich bestellter Kommissar oder eine bestellte Kommission im Auftrag des Reiches einen bestimmten Bereich außerordentlich vorläufig verwalten soll. Dementsprechend gab es vom 20. Juli 1932 bis 8. Mai 1933 die Reichskommissariate Papen I, Papen II, Schleicher und Wagner als eine von der Reichsregierung eingesetzte Staatsregierung in einem Lande des Deutschen Reiches. Fortführend hierzu und zugleich inhaltlich abweichend hiervon wurden während des zweiten Weltkriegs Reichskommissariate als Amtsbereiche eines Reichskommissars als zivile Besatzungsbehörde in zuvor einer Militärverwaltung der Wehrmacht unterstellten Gebieten für Kaukasien, Moskowien, Norwegen, Ostland und Ukraine gebildet.
Das Reichskommissariat Ostland entstand im Baltikum (Litauen, Lettland sowie Estland) und Teilen Weißrusslands im Juni 1941 unter späterer Leitung des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete des Reichsministers Alfred Rosenberg. Politisches Ziel des dem bisherigen Gauleiter Schleswig-Holsteins (Hinrich Lohse) übertragenen Reichskommissariats war die Vernichtung der Juden unter gleichzeitiger Germanisierung möglichst großer Teile der übrigen Bevölkerung. Vor allem durch besondere Einsatzgruppen wurde in Verwirklichung dieser Zielsetzung etwa eine Million Juden getötet, bis das seit 1943 zerfallende Reichskommissariat sich mit dem Kriegsverlauf 1945 auflöste.
Der von Sebastian Lehmann herausgegebene und überzeugend |
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Reinhardt, Volker, Machiavelli oder die Kunst der Macht. Eine Biographie. Beck, München 2012. 400 S., 15 Abb., 1 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reinhardt, Volker, Machiavelli oder die Kunst der Macht. Eine Biographie. Beck, München 2012. 400 S., 15 Abb., 1 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Rendsburg 1954 geborene, nach dem Studium von Geschichte und romanischer Philologie in Kiel, Freiburg im Breisgau und Rom 1981 in Freiburg im Breisgau promovierte und 1989 habilitierte und 1992 nach Freiburg im Üchtland berufene Verfasser ist in den letzten dreißig Jahren durch eine Reihe interessanter Monographien hervorgetreten. Sie betreffen in erster Linie Italien am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, greifen aber darüber sowohl zeitlich wie auch räumlich durchaus hinaus. Mit Scipione Borghese, den Medici, Alexander VI., Calvin, Michelangelo oder den Borgia stehen in erster Linie bedeutende Individuen oder Familien im Mittelpunkt, die mit einem breiteren Öffentlichkeitsinteresse rechnen können.
Sein neues Werk geht von fünf Künsten aus, in welche die Biographie gegliedert wird. Das sind im Einzelnen die Kunst, sich einen Namen zu machen (1469-1498), die freilich zunächst kaum greifbare Spuren in den zeitgenössischen Quellen hinterlässt, die Kunst der Diplomatie (1498-1510), die Kunst des Überlebens (1510-1513), die Kunst des Schreibens (1513-1520) und schließlich die Kunst der Provokation (1521-1527). Alle diese Künste führen den Helden aber letztlich nur in die nicht wirklich auflösbare Spannung zwischen Verfemung und Ruhm.
Der Verfasser nähert sich Machiavelli auf der Grundlage aller ihm verfügbaren Quellen, die freilich für den ersten Lebensabschnitt so spärlich sind, dass sich kaum begreifen lässt, wie der Spross einer bedeutenden Familie gewissermaßen über Nacht an eine wichtige Stelle der Florentiner Macht gelangt. Scharfsinnig erkennt er viele menschliche Züge jeder Politik und legt sie nach seinem Sturz ohne Verbrämung in seinem berühmten Traktat De principatibus (bzw. il principe) dar, nachdem er sie bei Ausübung der Macht erfahren und nutzbar zu machen |
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Reinke, Stephan, Kurie - Kammer - Kollektoren. Die Magister Albertus de Parma und Sinitius als päpstliche Kuriale und Nuntien im 13. Jahrhundert (= Regesta Imperii - Beihefte Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 30). Böhlau, Wien 2011. XI, 475 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Norbert Kamp angeregte, sein Material verwertende, nach seinem Tode von Ernst Schubert betreute und 2002 von der philosophischen Fakultät der Universität Göttingen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie betrifft die Arbeitsweise der päpstlichen Kurie, die als solche seit langem Gegenstand der wissenschaftlichen Betrachtung ist. Zu ihr versucht der Verfasser einen biographischen Zugang, der nach seiner überzeugenden Einschätzung für seine Untersuchungszeit hauptsächlich darin bestehen muss, die grundlegenden Daten für die ausgewählten Personen zusammenzustellen, weshalb sich zunächst eine Zweiteilung der Untersuchung nahezu von selbst anbietet.
Für den in Parma zu einem unbekannten Zeitpunkt geborenen Magister Albertus de Parma ermittelt er dementsprechend die Herkunft, die Verwandten und die möglichen Verwandten, beschreibt dann den seit 1245 in der Kanzlei und von 1261 bis 1272/1273 in päpstlichen Diensten tätigen Skriptor und wendet sich danach dem Peterskanoniker Albertus de Parma zu, von dem er ein letztes Lebenszeichen vom 9. März 1289 findet. Sinitius ordnet er mit ansprechenden Überlegungen auf Grund der mutmaßlichen und bewiesenen Verwandten in die Gegend um Atri in der Diözese Penne ein, wo er ebenfalls wahrscheinlich in den 1220er Jahren geboren sein dürfte. Den zunächst bezeugten Skriptor Sinitius setzt er mit ansprechenden Überlegungen mit dem Kammerkleriker Sinitius gleich, der in Rom an 24. Oktober 1278 verstarb.
Auf dieser Grundlage unternimmt der Verfasser im dritten Teil seines sorgfältigen Werkes eine systematische Darstellung zu den nuntii in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wobei er mit überzeugender B |
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Reisen, Andreas, Der Passexpedient. Geschichte der Reisepässe und Ausweisdokumente - vom Mittelalter bis zum Personalausweis im Scheckkartenformat. Nomos, Baden-Baden 2012. 239 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reisen, Andreas, Der Passexpedient. Geschichte der Reisepässe und Ausweisdokumente - vom Mittelalter bis zum Personalausweis im Scheckkartenformat. Nomos, Baden-Baden 2012. 239 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1963 geborene Verfasser studierte von 1987 bis 1993 an der Technischen Hochschule in Aachen theoretische Elementarteilchenphysik und trat danach in den öffentlichen Verwaltungsdienst ein. Bis 1999 wirkte er als Referent im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, danach im Bundesministerium des Inneren, wobei er ab 2002 die Leitung der E-Government Initiative der Bundesregierung hatte und seit 2005 das Referat Pass- und Ausweiswesen, Identifizierungssysteme führt. Mit seinen Mitarbeitern führte er im Jahre 2005 den elektronischen Reisepass und im Jahre 2010 den neuen Personalausweis im Scheckkartenformat in Deutschland ein.
Dass ein Techniker und Verwaltungsfachmann sich auch für die Vergangenheit interessiert, ist außerordentlich begrüßenswert. Auch wenn das Werk nicht den Anspruch eines historischen Lehrbuches erhebt, kann es doch die Entwicklung der Dokumente für Reisen und Identität sachkundig vermitteln. In diesem Sinne spannt es den Bogen über 220 Jahre rechtlicher wie technischer Entwicklung, die freilich noch nicht abgeschlossen sein wird.
Gegliedert ist es nach einer Einleitung über die Abgrenzung zum Mittelalter und zum Beginn der Neuzeit und die berechtigten Erwartungen des Lesers in vier zeitliche Abschnitte. Sie betreffen die Zeit von der französiche(n) (!) Revolution bis zur Gründung des Deutschen Reiches, das Deutsche Reich und die Nachkriegszeit, die Zeit (etwa) der beiden getrennten deutschen Staaten und das Pass- und Ausweisrecht von 1987 bis heute. 192 Abbildungen veranschaulichen das informative und interessante Werk, Anmerkungen und Quellenhinweise ermöglichen die Vertiefung, drei klare Verzeichnisse schließen es persönlich, örtlich und sachlich auf.
Innsbruck |
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Reith, Reinhold, Umweltgeschichte der frühen Neuzeit (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 89). Oldenbourg, München 2011. X, 196 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reith, Reinhold, Umweltgeschichte der frühen Neuzeit (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 89). Oldenbourg, München 2011. X, 196 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als Arbeitsinstrument für jedermann, der mit der historischen Disziplin Berührung hat, will sich die „Enzyklopädie deutscher Geschichte“ verstanden wissen. Geschichte, Wirtschaft, Staat, Religion, Kultur, Lebenswelten und Mentalitäten sollen, in einem umfassenden Verständnis von Geschichte bei zugleich strengster Begrenzung des Umfanges, jeweils dargestellt, anhand der Forschungssituation erörtert und in Auswahl bibliographisch erfasst werden. Obwohl jeder Band für sich eine abgeschlossene Einheit bildet, sollen die insgesamt 100 geplanten Bände (eine Auflistung am Ende des Buches verzeichnet im Fettdruck die bereits erschienenen, im Normaldruck die noch ausstehenden Bände) durch übergreifende Fragestellungen untereinander in einer engen Beziehung stehen.
Reinhold Reith, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Salzburg, zeichnet in Band 89 der Reihe auf knapp 200 Seiten die Umweltgeschichte des mitteleuropäischen Raumes in der frühen Neuzeit nach. Im ersten von drei im Umfang gleichwertigen Großkapiteln wird ein enzyklopädischer Überblick über das Thema angeboten, der eine Begriffsklärung sowie eine Einteilung der Materie in natürliche Umwelten (Klima, Klima und Landwirtschaft, Klimaextreme und Naturkatastrophen, Seuchen und Bevölkerung) und anthropogene Umwelten (Kulturlandschaften, Fließgewässer und Seen, Kulturpflanzen, Fauna, Wald, Bergbau und Hüttenwesen, Gewerbe, Stadt) vornimmt. Abschnitt zwei widmet sich den wichtigsten Grundproblemen und Tendenzen der Umweltforschung: dem Klima mit der „Kleinen Eiszeit“, der Deutung und Bewältigung von Naturkatastrophen, den Seuchen, dem Wald, der Energie, dem Lebens- und Wirtschaftsraum Stadt, der Frage der Nachhaltigkeit und der naturalen Ressourcen sowie einigen aktuellen Perspektiven aus diesem F |
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Rettler, Wilhelm, Der strafrechtliche Schutz des sozialistischen Eigentums in der DDR (= Juristische Zeitgeschichte 3, 40). De Gruyter, Berlin 2010. XVII, 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rettler, Wilhelm, Der strafrechtliche Schutz des sozialistischen Eigentums in der DDR (= Juristische Zeitgeschichte 3, 40). De Gruyter, Berlin 2010. XVII, 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Thomas Vormbaum betreute, vom Verfasser trotz längerer Krankheit erfreulicherweise fertiggestellte, im Wintersemester 2009/2010 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Fernuniversität Hagen angenommene Dissertation des Bearbeiters. Sie betrifft ein interessantes Thema, das sie erstmals umfassend angeht. Sie gliedert sich in insgesamt drei Teile.
Zunächst ermittelt der Verfasser Grundlagen und erörtert in diesem Zusammenhang die Problemstellung, die Bedeutung des sozialistischen Eigentums in Ideologie und Praxis, den Forschungsstand, den Gang der Darstellung und seine Quellen. Dabei bietet er ansprechende Einsichten zum Strafjustizsystem der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Bezug auf Gerichtsverfassung, Strafprozessrecht, Ideologie, Rechtssetzungsgrundsätze und Rechtsanwendungsgrundsätze. Danach durchleuchtet er detailliert die Entwicklung zwischen 1945 und 1990 und stellt dabei überzeugend das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums vom 2. Oktober 1952, das Strafrechtsergänzungsgesetz und das Strafgesetzbuch in den Mittelpunkt.
Bei den Einzelfragen untersucht er vor allem Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Untreue einschließlich der schweren Fälle, der Sachbeschädigung und der Strafzumessungsfragen. Im Ergebnis stellt er ansprechend fest, dass die gesellschaftlichen Bedingungen in der sowjetischen Besatzungszone und in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu keiner Zeit ein Sonderstrafrecht zum Schutz des sozialistischen Eigentums erforderten, sondern dass dafür ideologische Gründe maßgeblich waren. Dies hatte allmählich eine zunehmende Liberalisierung und Entpolitisierung zur Folge, ohne dass der Verfasser viel findet, was am Ende der De |
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Richardson, Megan/Thomas, Julian, Fashioning Intellectual Property. Exhibition, Advertising and the Press, 1788-1918 (= Cambridge Intellectual Property and Information Law). Cambridge University Press, Cambridge 2012. 190 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Richardson, Megan/Thomas, Julian, Fashioning Intellectual Property. Exhibition, Advertising and the Press, 1788-1918 (= Cambridge Intellectual Property and Information Law). Cambridge University Press, Cambridge 2012. 190 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Menschen ist gekennzeichnet durch wachsenden Wohlstand. Aus dem von Augenblick lebenden Tier sind nacheinander Jäger und Sammler, Viehzüchter und Ackerbauern, Händler und Gewerbetreibende, Unternehmer und Arbeiter geworden, die teils große Vermögen und teils zumindest ein genügendes Auskommen erreicht haben. Die hervorragendsten Einkünfte haben aber zuletzt, wie Microsoft, Apple, Nokia, Facebook, Twitter und andere schlagend erweisen, die Erfinder und ihre Verwerter erzielt.
Möglich geworden ist dies dadurch, dass im Gegensatz zu Altertum und Mittelalter die Neuzeit vor allem über den Schutz des Buchdrucks die Idee als wirtschaftlichen Wert erkannt und verrechtlicht haben. Seitdem hat, vor allem außerhalb Deutschlands, die Vorstellung des wie der körperliche Gegenstand durch die Strafvorschrift des Diebstahls als unkörperlicher Gegenstand durch Urheberrechtsstrafnormen gesicherten geistigen Eigentums Bedeutung erlangt. Ihr widmet sich das glänzende, schmale Werk der beiden in Melbourne tätigen Verfasser.
Sie gliedern ihre einfallsreiche Studie klar und übersichtlich in insgesamt drei Teile. Nacheinander behandeln sie die Presse (the journalism age), die Ausstellungen (the exhibition effect) und die Urheberschaft (the author-brand continuum). Insgesamt halten sie es ansprechend für möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass den vielen neuen technischen Möglichkeiten auch wesentliche neue Entwicklungen auf dem Bereich des intellectual property folgen können oder werden.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Richters, Patrick, Dienstleistungsfreiheit als Schranke des internationalen Privatversicherungsrechts. Zur Primärrechtskonformität der Rom I-, Rom II- und Brüssel I-VO in Versicherungssachen (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 40. Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2012, Jena 2012. 308 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Richters, Patrick, Dienstleistungsfreiheit als Schranke des internationalen Privatversicherungsrechts. Zur Primärrechtskonformität der Rom I-, Rom II- und Brüssel I-VO in Versicherungssachen (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 40. Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2012, Jena 2012. 308 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Ansgar Staudinger betreute, im Wintersemester 2011/2012 von der Fakultät für Rechtswissenschaft Bielefeld angenommene Dissertation des Verfassers. Sie behandelt eine einzelne dogmatische Frage der jüngsten Privatrechtsentwicklung. Sie gliedert sich in Einleitung und Schlussbetrachtung und drei Sachkapitel.
Darin wendet sich der Verfasser als erstes der Dienstleistungsfreiheit zu. Von hier aus geht er zum internationalen Versicherungsvertragsrecht über, das er in den Mittelpunkt stellt. Dem schließt er noch das internationale Versicherungsprozessrecht an.
Seine Fragestellung geht davon aus, dass die binnenmarktweit vorhandenen Unterschiede des Vertragsrechts grenzüberschreitende Vertragsschlüsse erheblich erschweren können. Da die Grundfreiheiten nicht nur den mitgliedstaatlichen, sondern auch den europäischen Gesetzgeber verpflichten, begrenzen sie nach den ansprechenden Erkenntnissen des Verfassers den Inhalt supranationaler Gerichtsstands- und Kollisionsnormen aus der Brüssel I-VO und der Rom I-VO. Dies ist auch auf Sachverhalte mit Bezug zu Island, Norwegen und Liechtenstein zu übertragen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Rickard, John Nelson, Advance and Destroy. Patton as Commander in the Bulge. University Press of Kentucky, Lexington 2011. 490 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rickard, John Nelson, Advance and Destroy. Patton as Commander in the Bulge. University Press of Kentucky, Lexington 2011. 490 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Deutsche Reich konnte entgegen den Imaginationen Adolf Hitlers den zweiten Weltkrieg wohl nie gewinnen. Es hat ihn zusammen mit seinen Verbündeten tatsächlich auch in vielen einzelnen Schritten verloren. Eine der wichtigen, in diesem Zusammenhang geführten Schlachten war die Ardennenschlacht, die in den Vereinigten Staaten von Amerika als Battle of the Bulge bezeichnet wird.
Diese Ardennenoffensive, die auch unter Unternehmen Wacht am Rhein firmiert, war der letzte Versuch des Deutschen Reiches, die Truppen der westlichen Alliierten zu besiegen und nach Möglichkeit zu vernichten. Dabei gingen am 16. Dezember 1944 drei deutsche Armeen mit etwa 250000 Soldaten im Nordosten und Osten Belgiens gegen amerikanische Streitkräfte vor, um den wichtigen Nachschubhafen Antwerpen einzunehmen. Trotz anfänglicher Erfolge wurde die Offensive binnen sechs Wochen zunichte gemacht.
Der als Hauptmann der Armee Kanadas tätige Verfasser konzentriert sich in seinem beachtlichen Werk vor allem auf General George Patton. Dabei werden Pattons Handlungen für jeden einzelnen Tag detailliert festgehalten und untersucht und wird vor allem seine Entscheidungsgeschwindigkeit hervorgehoben. Anschaulich und komplex schildert der Verfasser, wie dem risikofreudigen Patton, der im Übrigen nach einem Verkehrsunfall bei Mannheim im Dezember 1945 mit 60 Jahren starb, der wichtige Sieg über die bereits deutlich angeschlagenen Truppen des Deutschen Reiches gelang.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Riedel, Manfred, Bürgerliche Gesellschaft - Eine Kategorie der klassischen Politik und des modernen Naturrechts, hg. v. Seubert, Harald unter Mitarbeit v. Sprang, Friedemann. Steiner, Stuttgart 2011. 380 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Riedel, Manfred, Bürgerliche Gesellschaft - Eine Kategorie der klassischen Politik und des modernen Naturrechts, hg. v. Seubert, Harald unter Mitarbeit v. Sprang, Friedemann. Steiner, Stuttgart 2011. 380 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Etzoldshain in der Provinz Sachsen am 10. Mai 1936 geborene Manfred Riedel studierte von 1954 bis 1957 Philosophie, Geschichte, Germanistik, Psychologie und Soziologie an der Universität Leipzig und nach seiner Flucht an der Universität Heidelberg. 1960 promovierte er bei Karl Löwith mit einer Untersuchung über Theorie und Praxis im Denken Hegels, 1968 habilitierte er sich mit dem vorliegenden Werk.
Es gliedert sich in sechs Teile. Sie setzen ein mit der Rekonstruktion des klassisch-politischen Begriffs aus der praktischen Philosophie des Aristoteles, gehen dann zur Begriffsrezeption in der Hochscholastik über und verfolgen ihren Gegenstand über civitas und societas im Naturrecht des 17. Jahrhunderts, Leibniz und Wolff sowie Kant und Fichte. Am Ende stehen Begriff und Theorie der modernen bürgerlichen Gesellschaft bei Georg Friedrich Hegel.
Die Herausgeber legen Manfred Riedels wegweisendes Standardwerk aus dem Nachlass vor. In ihrem ansprechenden Nachwort führen sie behutsam in seine Bedeutung ein. Möge das mit Bibliographie und Personenregister von Achenwall bis Zöller versehene, auch eine sachkundige Hinführung zu den Traditionen europäischer Philosophie und Ethik bietende Buch dem 1970 nach Erlangen und 1992 nach Halle-Wittenberg berufenen, 2009 in Erlangen verstorbenen Verfasser viele aufmerksame Leser finden.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Riemer, Robert, Frankfurt und Hamburg vor dem Reichskammergericht. Zwei Handels- und Handwerkszentren im Vergleich (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 60). Böhlau, Köln 2012. IX, 431 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Riemer, Robert, Frankfurt und Hamburg vor dem Reichskammergericht. Zwei Handels- und Handwerkszentren im Vergleich (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 60). Böhlau, Köln 2012. IX, 431 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die Druckfassung der aus einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt zu Hamburg und Frankfurt am Reichskammergericht hervorgegangenen, von Michael North betreuten und im Frühjahr 2006 an der Universität Greifswald eingereichten Dissertation des Verfassers. Für sie hatte sich umgehend eine sachkundige Rezensentin gefunden. Da sie sich aus nachvollziehbarem Grund leider zum Rücktritt von ihrer Zusage verpflichtet sah, muss der Verfasser mit wenigen Zeilen auf das Werk hinweisen.
Gegliedert ist es nach einer hilfreichen Einleitung in Forschungsziele und Gliederung, Forschungsstand und Quellen in vier Teile. In ihnen behandelt der Verfasser zunächst die beiden Städte vor dem Reichskammergericht unter Klassifizierung ihrer Rechtsstreitigkeiten vor dem Reichskammergericht nach Vorschlägen Filippo Ranieris und verfolgt dann jeweils Instanzenzug und Appellationsprivilegien, Inanspruchnahme, Prozessgegenstände, Prozessdauer, (sozial differenziert bzw. geographisch verortet) Prozessparteien und einzelne Prozessgegenstände, wobei er in Kriminalität, staatlich-hoheitliche Rechte, Jurisdiktion, Familienverband sowie Grund- und Bodenwirtschaft (und für Frankfurt zusätzlich Grundherrschaft und Lehnswesen) teilt und dann in leicht abgewandelter Reihenfolge einen Vergleich durchführt. Im Anschluss hieran erörtert er ganz detailliert Handelsprozesse und Handwerksprozesse an Hand jeweils eines einzelnen Rechtsstreits (Hamburg J37, Frankfurt A21, Hamburg H80, Frankfurt M55).
Im Ergebnis stellt er fest, dass sich die Rechtsstellung beider Städte zwar grundsätzlich unterschied, dass aber in den insgesamt einbezogenen etwa 3000 Entscheidungen (von rund 71000 üb |
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Riley, Patrick, The philosophers’ philosophy of law from the seventeenth century to our days (= A treatise of legal philosophy and general jurisprudence 10). Dordrecht, Springer 2009. XV, 331 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Patrick Riley wurde In Kalifornien 1941 geboren. Er wurde 1964 zum M. Phil. an der London School of Economics und 1967 zum M. A. sowie 1968 zum Ph. D. in Harvard graduiert. Danach lehrte er ab 1968 in Harvard, ab 1972 in Madison/Wisconsin und seit 2007 wieder in Harvard sowie zusätzlich in Oxford, Cambridge, Berlin, Aix-en-Provence, Florenz und Bologna und veröffentlichte zahlreiche bekannte Werke über Leibniz, Hobbes, Locke, Rousseau, Kant und Hegel sowie kritische Editionen Malebranches, Fénelons und Bossuets.
Im kurzen Vorwort seiner jetzt vorgelegten Bilanz seiner Untersuchungen der Rechtswissenschaft zwischen Grotius und Habermas weist er selbst darauf hin, dass er die Rechtsphilosophie als Spross der umfassenderen Moralphilosophie und diese wiederum als Ergebnis der (ersten) Philosophie und damit der Metaphysik, Epistemologie und Theologie versteht. Besondere Bedeutung misst er bei dieser Ermittlung Leibniz und Malebranche bei. Auf dieser Grundlage bietet er eine in sich geschlossene, bemerkenswerte Darstellung der Rechtsphilosophie der (früheren) Neuzeit.
Gegliedert ist sie in insgesamt 17 Kapitel. Sie beginnen mit Niccolò Machiavelli und führen über Grotius, Hobbes, Locke, Pufendorf, Leibniz, Malebranche, Montesquieu, Vico, Hume, Smith, Voltaire, Rousseau, Kant, Hegel, Marx, Mill und Nietzsche bis zum Neukantianismus Rawls’ und Habermas`’. Damit bleibt der Verfasser seinen bisherigen Schwerpunkten treu und bezieht auch erwartungsgemäß deutsches Schrifttum, wie etwa an den Angaben der Bibliographie zu Habermas oder Hegel unschwer zu erkennen ist, nur in einer Auswahl ein, macht sich aber dessenungeachtet um die Förderung der Geschichte der Rechtsphilosophie im weltweiten Rahmen der englischen Sp |
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Rödel, Lisa Marie E., Das Kündigungsrecht des Vermieters. Eine rechtshistorische Untersuchung der Mietvertragspraxis für Wohnraum in Hamburg in der Zeit von 1934 bis 1970 (= Rechtsgeschichtliche Studien 50). Kovač, Hamburg 2011. 211 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die regionale Praxis des Mietrechts ist noch immer ein Stiefkind der rechtshistorischen Forschung. Es ist deshalb zu begrüßen, dass sich Lisa Marie Rödel dieser Thematik für Hamburg angenommen hat. Im Mittelpunkt stehen der 1934 zustande gekommene Deutsche Einheits-Mietvertrag (DEMV) und davon teilweise abweichend der Hamburger Formularmietvertrag, aufgestellt vom Landesverband Hamburgischer Grundeigentümer-Vereine insbesondere für die Zeit ab 1950. Rödel bringt zunächst einen kurzen Überblick über die Mieterschutzgesetzgebung, die 1939 in den sog. totalen Mieterschutz mündete, der bis 1950 bestehen blieb. Dem DEMV unterlagen hinsichtlich der Kündigung nur die vom Mieterschutzgesetz ausgenommenen Mietverträge. Rödel untersucht dies anhand der Kündigung nach § 6 Abs. 2 DEMV in Abgrenzung zu § 554 BGB a. E. Ausführlich behandelt werden auch der Kündigungsgrund wegen vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache (S. 50ff.). Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Hamburger Hausgemeinschaftsordnung (S. 69ff. zu den missbilligten Klauseln). Der Abschnitt über die Vorkriegszeit wird abgeschlossen mit dem Beispiel einer Vertragsgestaltung von 1937 (S. 75ff., 144ff.). Der nächste Abschnitt befasst sich mit den Formularmietverträgen zwischen 1953 und 1970. Hinsichtlich der Kündigung wird für vom Mieterschutz freigestellte Mietverhältnisse auf das Bürgerliche Gesetzbuch verwiesen. S. 90ff. geht es um die stufenweise Aufhebung des Mieterschutzgesetzes. Die Vertragsklauseln betreffen weiterhin vor allem die Hausgemeinschaftsordnung (S. 98ff. drei Beispiele aus der Judikatur). Das Werk wird abgeschlossen mit der Wiedergabe von 18 Hamburger Mietvertragsformularen (S. 1 |
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Rohde, Reinhard/Wegener, Tim, Celle im Nationalsozialismus. Ein zeitgeschichtlicher Stadtführer (= Kleine Schriften zur Celler Stadtgeschichte 13). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 152 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rohde, Reinhard/Wegener, Tim, Celle im Nationalsozialismus. Ein zeitgeschichtlicher Stadtführer (= Kleine Schriften zur Celler Stadtgeschichte 13). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 152 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die 985 als Kellu erstmals erwähnte Siedlung im Urstromtal der Aller zählt in der Gegenwart etwa 70000 Einwohner. Vor rund 300 Jahren soll sie als Folge des erblichen Aufgehens des Fürstentums Lüneburg im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg die Wahl zwischen Universität und Zuchthaus (mit Oberappellationsgericht und Landgestüt) gehabt haben und sich für das letztere entscheiden haben. Damit gewann Göttingen die Grundlage seines kulturellen Aufstiegs, doch wurden die in Göttingen studierenden Juristen seit Einführung der Staatsprüfungen meist in Celle geprüft, so dass die Stadt auch ohne Universität für das Recht seines Umlandes bleibende Bedeutung erlangte.
Die beiden 1956 bzw. 1975 geborenen, in Hannover in politischen Wissenschaften und Germanistik bzw. Geschichte und deutscher Literaturwissenschaft ausgebildeten Autoren befassen sich seit längerer Zeit mit der Geschichte Celles im Nationalsozialismus. Jeweils am 9. November und am 8. April 1945 bieten sie im Gedenken an Pogrom und Massaker eine zeitgeschichtliche Stadtführung an. Da Gesprochenes rasch im Winde verweht, haben sie den Inhalt um Bilder bereichert zum Druck gebracht.
Berührt werden durch diesen urheberrechtlich der Stadt Celle zugeordneten Führer die NSDAP und ihre Gliederungen (mit dem Zentrum im Braunen Haus in der Kanzleistraße 11), Justiz und Polizei (mit Oberlandesgericht am Schloßplatz2/3 und Zuchthaus in Trift 14), Anpassung, Gleichschaltung und Gefolgschaft, Kultur, die jüdische Bevölkerung (mit Synagoge im Kreise 23/24), Widerstand und Opposition, Krieg, Zwangsarbeit und Mord (mit Massaker vom 8. April 1945) sowie Gedanken zur Erinnerungskultur. Allgemeine Fragen werden dabei in der Erinnerung örtlich konkretisiert |
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Rohe, Mathias, Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart (= Historische Bibliothek der Gerda-Henkel-Stiftung). 3. Aufl. Beck, München 2011. XX, 612 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Stuttgart 1959 geborene Verfasser studierte nach dem Abitur (1978), Aufenthalten im Orient und dem Zivildienst ab 1981 Rechtswissenschaft und Islamwissenschaft an den Universitäten Tübingen und Damaskus. 1993 wurde er mit einer Dissertation über die Geltungsgründe des Deliktsstatus in Tübingen promoviert, 1996/1997 mit einer Schrift über Netzverträge bzw. Rechtsprobleme komplexer Vertragsverbindungen habilitiert. Danach wurde er für bürgerliches Recht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an die Universität Erlangen-Nürnberg berufen.
Bereits 2001 behandelte er den (im Jahr 2009 das Hedschra-Jahr 1430 eröffnenden) Islam und die rechtlichen Perspektiven von Alltagskonflikten und Lösungen. Auf dieser Grundlage hat er 2009 das vorliegende, von der Volkswagenstiftung, der Fritz-Thyssen-Stiftung und der Gerda Henkel Stiftung maßgeblich geförderte, dem Andenken seines Vaters gewidmete, umgehend von Reinhard Zimmermann als eines der Bücher des Jahres hervorgehobene Werk in erster Auflage im Umfang von 606 Seiten veröffentlicht. Angesichts der neueren Vergangenheit und der vielleicht bevorstehenden Zukunft bearbeitet es ein beachtliches Forschungsfeld, mit dem sich etwa auch J. Schacht (1982), H. Motzki (1991, 2002), N. Coulson (1995), H. Ebert (2000ff.), R. Lohlker (2005 Bibliographie) oder zuletzt A. Neumann (2012) befassten.
Hauptanliegen des Verfassers ist es nach dem Vorwort, die wesentlichen inneren Zusammenhänge des rund 1400 Jahre alten islamischen Rechtes (insbesondere Rechtsquellen und Anwendungsmethoden) transparent zu machen und die von ihm erfassten charakteristischen Rechtsbereiche in ihren (diesseitigen) Konturen und Entwicklungen in notwendiger Generalisierung aufzuzeigen. Zu diesem Zweck gliedert der Verfasser |
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Rosenmayr, Leopold, Im Krieg auf dem Balkan. Erinnerungen eines Soldaten an den zweiten Weltkrieg. Böhlau, Wien 2012. 310 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 in Europa und bis zum 2. September 1945 in Ostasien tobende zweite Weltkrieg verursachte schätzungsweise den Tod von mehr als 55 Millionen Menschen, darunter 6 Millionen Juden und 5,3 Millionen Soldaten des Deutschen Reiches. Während jene nur geringe Lebenschancen gegenüber einer bewussten Vernichtungsstrategie hatten, kehrten von den mehr als 15 Millionen deutschen Soldaten immerhin zwei Drittel am Ende mehr oder weniger physisch oder psychisch versehrt wieder in ihre an manchen Stellen ziemlich verwüstete Heimat zurück. Während die meisten von ihnen ihre Erinnerungen schließlich bei ihrem Tode mit in ihr Grab nahmen, entschieden sich einige aus unterschiedlichen Gründen für eine allgemein zugängliche Veröffentlichung.
Einer der letzten, der dieses Wagnis noch nach 65 Jahren mit eigener Hand auf sich nehmen konnte, ist der in Wien am 3. Februar 1925 geborene, mit 18 Jahren auf Grund einsichtiger Überlegungen zum Dolmetscher der Wehrmacht des Deutschen Reiches ausgebildete und in den beiden letzten Kriegsjahren in Griechenland tätige Verfasser. Nach dem heil überstandenem Krieg und der Kriegsgefangenschaft studierte er Philosophie, promovierte 1949, gründete nach Auslandsaufenthalten in Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika 1954 eine sozialwissenschaftliche Forschungsstelle an der Universität Wien, habilitierte sich 1955 und wurde 1961 Professor für Soziologie und Sozialphilosophie an seiner Heimatuniversität. Sein wissenschaftliches Leben führte ihn in vielen Schriften sachlich von der Jugendsoziologie zum alten Menschen mit später Freiheit und örtlich zu vielen empirischen Erkenntnissen während langer Forschungsaufenthalte vor allem in Afrika.
Nach autobiographischen Notizen über den harten, unsicheren Anfang u |
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Rosenstrauch, Hazel, Karl Huß. Der empfindsame Henker. Eine böhmische Miniatur. Matthes & Seitz, Berlin 2012. 175 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Verfasserin wurde als Tochter jüdisch-kommunistischer Emigranten 1945 in London geboren. Sie wuchs seit 1946 in der alten Heimat in Wien auf. Nach dem Studium von Germanistik, Philosophie und Soziologie an der Freien Universität in Berlin und der empirischen Kulturwissenschaft in Tübingen und ihrer Dissertation über den Verleger Philipp Erasmus Reich war sie vor allem in Berlin und Wien in unterschiedlichen Bereichen tätig und behandelte in vielfältigen Publikationen vor allem die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, das jüdisch-deutsche Verhältnis und die Veränderungen am Ende des ancien régime.
Der in Brüx am 3. Januar 1761 als Sohn des dortigen Scharfrichters geborene Karl Huß (Huss) wurde zunächst Schüler des Gymnasiums der Piaristen in seiner Heimatstadt. Wegen des Berufs seines Vaters musste er bald die Schule verlassen, führte 1776 mit 15 Jahren seine erste Hinrichtung durch und wurde wenig später Nachfolger seines Onkels als Scharfrichter in Eger. Nach 1787 wurde die Todesstrafe nicht mehr mittels Schwertes oder Galgen vollstreckt, so dass Huß früh brotlos wurde.
Wegen seiner vielseitigen anderweitigen, vor allem sammelnden und auch literarischen Interessen wurde er jedoch bald eine bekannte Figur, die sogar Verbindung zu Johann Wolfgang von Goethe fand und nach 1827 zum Kustos der Sammlungen des Fürsten Klemens Wenzel Nepomuk Lothar von Metternich-Winneburg zu Beilstein (1773-1859) in Königswart aufstieg. Die Verfasserin verknüpft in ihrem überzeugenden Essay das Leben beider Männer. In gewisser Weise erlebten sie einen kaum erwarteten Aufstieg, der bei dem empfindsamen Henker am 19. Dezember 1836 in einsamer Zufriedenheit auf einem Schloss in Böhmen endete, während Metternich am Schluss des von ihm maßgeblich gestalteten Vormärz zwar von |
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Rothacher, Albrecht, Die Kommissare. Vom Aufstieg und Fall der Brüsseler Karrieren. Eine Sammelbiographie der deutschen und österreichischen Kommissare. Nomos, Baden-Baden 2012. 254 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der 1955 geborene Verfasser studierte Sozialwissenschaften in Berlin, Konstanz, New Haven, London, Florenz und Tokio und kennt daher die Welt von vielen Seiten. Nach seiner akademischen Ausbildung fand er den Weg zur Europäischen Kommission, für die er27 Jahre tätig war. Der vorliegende Band verdankt nach der Einleitung seine Entstehung den Unwägbarkeiten der Personalpolitik der Europäischen Kommission, die ihm im Dezember 2010 per e-mail nicht ganz unerwartet die von ihm als stillose Prozedur eingestufte Kunde überbrachte, er werde ab 1. Januar 2011 dem neuen Gemeinsamen Auswärtigen Dienst zugeteilt, womit die Dienstzeit bei der Europäischen Kommission zu Ende sei.
Dadurch sah er sich in die unverhoffte Freiheit versetzt, über seine frühere Führungsetage sine ira et studio zu recherchieren und zu schreiben, wofür er ausschließlich öffentlich zugänglich(e) Quellen und persönliche Erinnerungen nutzte, ohne Geheimnisse auszuplaudern. Die meisten der beschriebenen Persönlichkeiten hat er selbst erlebt, selbst wenn die Kontakte notgedrungen oberflächlich und distanziert blieben, weil er nie in einem ihrer Kabinette arbeitete. Erfasst sind nach drei einführenden Kapiteln über die Karrieren (der Kommissare Glück und Ende), Ernennungen, Amtszeiten und Aufgaben sowie Arbeitsweisen, Bewertungen und Lebensstile Walter Hallstein, Hans von der Groeben, Fritz Hellwig, Ralf Dahrendorf, Guido Brunner, Karl Heinz Narjes, Alois Pfeiffer, Peter Schmidhuber, Martin Bangemann, Monika Wulf-Mathies, Michaele Schreyer, Günther Verheugen, Günther Oettinger, Franz Fischler, Benita Ferrero-Waldner und Johannes Hahn.
Das zusammenfassende Urteil geht entschieden dahin, dass - in Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten - Deutschland und Österr |
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Rothländer, Christiane, Die Anfänge der Wiener SS. Böhlau, Wien 2012. 653 S., Abb., Tab. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rothländer, Christiane, Die Anfänge der Wiener SS. Böhlau, Wien 2012. 653 S., Abb., Tab. Besprochen von Werner Augustinovic.
Im öffentlichen Bewusstsein verknüpft sich mit der nationalsozialistischen Parteigliederung der Schutzstaffel (SS) gemeinhin die Vorstellung einer elitären, an biologistischen Normen erlesenen Kampftruppe, die bereit war, die NS-Ideologie unter Geringschätzung des eigenen Lebens durch radikale Ausmerzung zum Feind erklärter Bevölkerungsgruppen schonungslos in die Tat umzusetzen. Einen Weg, die Plausibilität dieses von der Selbststilisierung des „Schwarzen Ordens“ ebenso wie vom Jahrhundertverbrechen des Holocaust geprägten, statischen Bildes zu hinterfragen, stellt die Erforschung der Anfänge dar, die selbst für die SS im „Altreich“ erst rudimentär vorliegt und nun durch Publikationen wie die gerade erschienene Untersuchung von Sebastian Hein („Elite für Volk und Führer? Die Allgemeine SS und ihre Mitglieder 1925-1945“, München 2012) langsam erhellt wird. Noch mehr trifft dies für die Frühgeschichte der SS in Österreich zu, eine Forschungslücke, in die nun Christiane Rothländer, Historikerin und Lektorin am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien, mit der vorliegenden, umfangreichen Studie zur Wiener SS zwischen 1930 und 1938 stößt.
Fehlenden, die Organisationsstrukturen betreffenden Unterlagen ist es geschuldet, dass, wie die Forscherin ausführt, „eine Rekonstruktion der Geschichte der Wiener SS-Standarte nur über die Untersuchung der biografischen Netzwerke möglich“ sei (S. 18), zusammengeführt aus Ausbürgerungsakten, Berichten der Bundes-Polizeidirektion und der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, den Dienstalterslisten der SS, Zeitungsberichten, den Personalakten des Berlin Document Centers (BDC) im Bundesarchiv Berlin und den Gauakten im Österreichischen Staatsarchiv sowie im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Gestützt auf dieses stark personenzentrierte Material geli |
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Rudnick, Carola S., Die andere Hälfte der Erinnerung. Die DDR in der deutschen Geschichtspolitik nach 1989. Transcript, Bielefeld 2011. 766 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rudnick, Carola S., Die andere Hälfte der Erinnerung. Die DDR in der deutschen Geschichtspolitik nach 1989. Transcript, Bielefeld 2011. 766 S.
Die Arbeit ist die von Klaus Wernecke betreute, an der Leuphana Universität Lüneburg entstandene Dissertation der zur Dr. phil. promovierten Verfasserin. Sie geht von dem Eindruck aus, dass es in Fragen der Geschichte der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und ihrer Erinnerung zwischen 1989 und 2009 immer schon Einigkeit und keine Legitimationsprobleme gegeben habe. Dies bezweifelt die Verfasserin und sucht deshalb nach Erinnerungskonstruktionen und historischen Meistererzählungen, die das kulturelle Gedächtnis in Bezug auf die sowjetische Besatzungszone, die Deutsche Demokratische Republik und den Herbst 1989 prägten.
Dabei gliedert sie ihre umfangreiche Untersuchung in insgesamt vier Teile. Sie betreffen die Diskurse in der bundespolitischen Aufarbeitung der SBZ/DDR-Vergangenheit in den Zeitabschnitten von 1990-1992, 1992-1998 und 2000-2008, die Umwandlung ehemaliger Haftanstalten in Gedenkstätten (Bautzen, Berlin-Hohenschönhausen), den Streit um das Erbe der Stasi (Runde Ecke, Haus I) und Konflikte um Gedenkstätten zur deutschen Teilung (Berliner Mauer und Marienborn). Am Ende zieht sie aus ihrer Sicht ein zusammenfassendes Resümee.
Danach ist die friedliche Revolution von 1989/1990 zunächst von der Führung der Deutschen Demokratischen Republik und danach vom Westen gesteuert. Dem entspricht ein Monopol für Geschichtsdeutung, das in einer pluralistischen Demokratie nicht eindeutig zu sichern ist. Dadurch liefert die seit 2009 als Leiterin des Pädagogischen Zentrums der Gedenkstätte Bergen-Belsen tätige Verfasserin einen materialreichen Beitrag zur Diskussion über eine interessante Frage der jüngsten deutschen Geschichte.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Rulitz, Florian Thomas, Die Tragödie von Bleiburg und Viktring. Partisanengewalt in Kärnten am Beispiel der antikommunistischen Flüchtlinge im Mai 1945. Hermagoras-Verlag, Klagenfurt 2011. 420 S. z. T. Diss. phil. Klagenfurt 2010. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rulitz, Florian Thomas, Die Tragödie von Bleiburg und Viktring. Partisanengewalt in Kärnten am Beispiel der antikommunistischen Flüchtlinge im Mai 1945. Hermagoras-Verlag, Klagenfurt 2011. 420 S. z. T. Diss. phil. Klagenfurt 2010. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist nicht nur sich selbst unabdingbar, sondern kann auch an den beliebigsten Stellen zu seinem größten Feind werden. Er verfügt zu diesem Zweck nicht nur über ausgezeichnete Fähigkeiten sondern in deren Umsetzung auch über gefährliche Mittel. Insbesondere die Entwicklung der Technik hat ihn in der jüngeren Vergangenheit in die Lage versetzt, aggressiver und verderblicher zu handeln, als dies wohl jemals möglich war.
Der Verfasser beschreibt auf der Grundlage seiner geschichtswissenschaftlichen Klagenfurter Disseration einen einzelnen bestimmten Vorgang am Ende des zweiten Weltkriegs und widmet sein Buch ganz besonders den Opfern, die nach wie vor irgendwo in Südkärnten, Slowenien, Kroatien oder anderswo liegen. Gegliedert ist die vier Vorworten folgende Darstellung in sechs Sachkapitel. Nach einer kurzen Einleitung über zentrale Fragestellungen, Literatur-, Quellen- und Forschungslage sowie Schwerpunkte und Abgrenzungen beginnt der Autor mit der Vorgeschichte im von 1941 bis 1945 besetzten Jugoslawien einschließlich der antikommunistischen Wehrformationen und Staatsbildungen in Kroatien und Slowenien, schildert danach die Hauptfuchtwege über den Loiblpass nach Klagenfurt-Viktring und über das Mießtal nach Bleiburg, die Anhaltelager und die britischen Repatriierungen sowie die Tötungs- und Massengrabstätten und fragt schließlich, ob die Massenverbrechen Rache oder Revolutionsgewalt waren. Im Nachhinein erweisen sie sich ihm jedenfalls als eine große menschliche Tragödie.
Nach seinen sorgfältigen Untersuchungen fand der Hauptkampf zwischen kommunistischen und antikommunistischen Verbänden am 10. Mai 1945 statt. Entgegen eigener bisheriger Darstellung liefert |
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Rumpf, Joachim Robert, Der Fall Wollheim gegen die I. G. Farbenindustrie AG in Liquidation. Die erste Musterklage eines ehemaligen Zwangsarbeiters in der Bundesrepublik Deutschland - Prozess, Politik und Presse. Lang, Frankfurt am Main 2010. 564 S., zahlr. Tab. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rumpf, Joachim Robert, Der Fall Wollheim gegen die I. G. Farbenindustrie AG in Liquidation. Die erste Musterklage eines ehemaligen Zwangsarbeiters in der Bundesrepublik Deutschland - Prozess, Politik und Presse. Lang, Frankfurt am Main 2010. 564 S., zahlr. Tab. und Graf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Christian Wolf angeregte und betreute, in Hannover 2008 angenommene Dissertation des 1975 geborenen, in Konstanz, Genf und München ausgebildeten, seit 2002 als Rechtsanwalt tätigen Verfassers. Sie beschäftigt sich ausführlich mit einem prozessrechtsgeschichtlich bedeutsamen Verfahren. Dieses verfolgt der Verfasser in zahlreichen Einzelschritten chronologisch, aber ohne übergeordnete Gliederungspunkte.
In der Einleitung weist der Verfasser daraufhin, dass bereits 1947 (der ehemalige Sklavenarbeiter) J. W. T. Klage gegen die Rheinische Hoch- und Tiefbau AG in Mannheim auf Zahlung nicht gezahlten Lohnes erhoben hatte, aber ebenso wie eine spätere Klägerin vor der Arbeitsgerichtsbarkeit wegen Unzuständigkeit erfolglos geblieben war. Am 3. November 1951 erhob (der ehemalige Sklavenarbeiter) Norbert Wollheim, der nach seiner Deportation aus Berlin im Jahre 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz von der SS an die I. G. Farben „vermietet“ und beim Bau des chemischen Großwerks in Monowitz zur Arbeit auf der Baustelle gezwungen worden war, vor der Zivilgerichtsbarkeit Klage. Sie endete nach vielen Jahren mit einem Vergleich, der für einen Teil der Betroffenen zu einer Entschädigung in Höhe von insgesamt 30 Millionen DM führte.
Auf Grund zahlreicher ungedruckter Quellen geht der Verfasser dem Ablauf des Verfahrens sehr detailliert nach. Im Ergebnis gelangt er zu der Erkenntnis, dass der Ausgleich von in totalitären Staaten begangenem Unrecht durch die Ziviljustiz in der Regel zum Scheitern verurteilt ist. Zusammengefasst verdient seine Untersuchung trotz kleinerer formaler Schwächen auch über den unmittelbaren e |
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Rundfunkverbrecher“ vor dem Sondergericht Halle. Strafverfahren von 1939 bis 1945. Gedenkstätte Roter Ochse Halle (Saale)/Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt, bearb. v. Viebig, Michael u. a., Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt u. a., Halle (Saale) 2010. 80 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen „Rundfunkverbrecher“ vor dem Sondergericht Halle. Strafverfahren von 1939 bis 1945. Gedenkstätte Roter Ochse Halle (Saale)/Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt, bearb. v. Viebig, Michael u. a., Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt u. a., Halle (Saale) 2010. 80 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Kaum etwas anderes liebt der Mensch mehr als die Macht über andere Menschen. Deswegen übt er nicht nur an vielen Stellen körperliche oder seelische Gewalt gegenüber anderen aus, sondern schreibt ihnen auch sehr häufig vor, welches Verhalten sie ausführen dürfen und welches nicht. Hierzu zählt auch die deutsche Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen unmittelbar am Beginn des zweiten Weltkriegs.
In ihr gab nach dem kurzen Vorwort des schmalen Heftes, das der Herausgeber in Ermangelung eines von einem sachkundigen Rezensenten vergelich erbetenen Rezensionsexemplars der Herausgeber nach Ausleihe in wenigen Sätzen selbst anzeigen muss, der Staat vor, welche Informationen seinen Bürgern durch Rundfunk zur Verfügung gestellt werden sollten und gestaltete die eigenen Nachrichten nach seinen politischen Zielvorstellungen. Gefährlich konnte den Machthabern der Empfang fremder Nachrichten werden. Deswegen wurde das Abhören fremder Sender (etwa in Toulouse, Straßburg, London oder Moskau) ebenso unter Strafe gestellt wie die Weiterverbreitung der dadurch erlangten Kenntnisse.
Eine Gruppe weniger junger Leute interessierte sich vor wenigen Jahren besonders für die seinerzeitigen Vorgänge und wertete deswegen 113 Strafverfahren am Sondergericht Halle aus. In ihrer Studie betrachten die Studierenden und Schüler das Sondergericht, die Verordnung, die Verfahren, die Motivationen der Täter und Denunzianten, den Verbleib der Rundfunkgeräte sowie die Pressearbeit und schildern zehn Einzelfälle von Grubenarbeitern, Weinhändlern, Landwirten, Angestellten, Hebammen, Kunstmäzenen, Schauspielern und Lehrern detailliert. Im Ergebnis beschreibt die |
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Rupp, Rainer/Rehbaum, Karl/Eichner, Klaus, Militärspionage. Die DDR-Aufklärung in NATO und Bundeswehr (= Geschichte der HVA 6). edition ost, Berlin 2011. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rupp, Rainer/Rehbaum, Karl/Eichner, Klaus, Militärspionage. Die DDR-Aufklärung in NATO und Bundeswehr (= Geschichte der HVA 6). edition ost, Berlin 2011. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem vorliegenden Werk wollen ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter und Kundschafter die Reihe der fundierten Darstellungen über spezielle Arbeitsrichtungen der Aufklärung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik fortsetzen. Sie sehen das Arbeitsgebiet Militäraufklärung als eines der entscheidenden Kampffelder ihres politischen und geheimdienstlichen Ringens um die Erhaltung und Sicherung des Friedens. Deswegen erschien es vordringlich, dem Gegner in die Karten zu blicken.
Zufrieden konnten die Beteiligten dabei feststellen, dass die NATO für sie ein offenes Buch war. Quellen bestanden an allen entscheidenden Orten. Ein Spitzenmann im NATO-Hauptquartier war nach den eigenen Bekundungen Rainer Rupp (Topas), der mit seinen Genossen exklusiv analysieren will, was die Militäraufklärung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik tatsächlich für den Frieden leistete.
Der Bericht behandelt nach Vorbemerkungen Werner Großmanns den schweren Anfang, die Remilitarisierung Westdeutschlands, die Rolle der Bundeswehr, die NATO im Katen Krieg und die Abrüstungs- und Rüstungsbegrenzungsverhandlungen. Der siebente Abschnitt zeigt Rainer Rupp mittendrin in der NATO, deren neues strategisches Konzept des Jahres 2010 im Epilog nachgereicht wird. Da alles mehrere Seiten haben kann, wird es der Meinungsvielfalt nicht wirklich schaden, wenn jede Sicht gebührend zu Wort kommt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Sachße, Christoph/Tennstedt, Florian, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland. Band 4 Fürsorge und Wohlfahrtspflege in der Nachkriegszeit 1945-1953. Kohlhammer, Stuttgart 2012. 234 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sachße, Christoph/Tennstedt, Florian, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland. Band 4 Fürsorge und Wohlfahrtspflege in der Nachkriegszeit 1945-1953. Kohlhammer, Stuttgart 2012. 234 S. Besprochen von Werner Schubert.
Nach einer Pause von 20 Jahren liegt ein weiterer Band zur Geschichte der Armenfürsorge vor (zuletzt Bd. 3: „Der Wohlfahrtsstaat im Nationalsozialismus“), der die Zeit vom Beginn der Besatzungszeit bis zum Abschluss des Wiederaufbaus der Fürsorge und der Wohlfahrtspflege im Jahre 1953 behandelt, eine Materie, auf die das Werk „Sozialpolitik in Deutschland nach 1945“ (Bände 2 und 3) weniger umfassend und teilweise nur am Rande eingeht. Nach einem Überblick über die Ausgangslage („Deutschland in Trümmern“), die gekennzeichnet war durch massive Notstände (Wohnungsnot, Mangel an Lebensmitteln, gesundheitliche Schäden) und neue Gruppen von Bedürftigen (Heimatvertriebene, Währungsgeschädigte, Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone), behandeln Sachße und Tennstedt zunächst die Fundamente des „Wiederaufschwungs“ (Weststaat und Wirtschaftsaufschwung). Die Darstellung bezieht sich primär, aber keineswegs ausschließlich auf die Entwicklung in der amerikanischen Zone und insbesondere auf das neugegründete Land Hessen. Lokale Probleme werden anhand der Entwicklung in den stark zerstörten Städten Kassel und Frankfurt am Main erörtert. Für die neuen Gruppen der Bedürftigen, die zunächst der allgemeinen Fürsorge unterfielen, wurden eigene Sicherungssysteme geschaffen (u.a. Soforthilfe, Lastenausgleich), so dass die kommunale Fürsorge bald ihr früheres „Normalmaß“ erlangte (S. 180). Die Institution der deutschen Sozialversicherung wurde vollständig wiederhergestellt und das Modell einer Einheitsversicherung (hierzu bereits die Pläne der Deutschen Arbeitsfront zu einem Versorgungswerk des Deutschen Volkes; vgl. W. Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. X, 2000, S. 513ff.) zurückgewiesen.
Im Abschnitt über die Reform der |
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Samel, Eric, Historische Entwicklung des Ermittlungsverfahrens als Vorverfahren innerhalb des Strafprozesses. Studien zur Entstehung und Weiterentwicklung des Ermittlungsverfahrens im Strafprozess (= Rechtsgeschichtliche Studien 53). Kovač, Hamburg 2012. 195 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Samel, Eric, Historische Entwicklung des Ermittlungsverfahrens als Vorverfahren innerhalb des Strafprozesses. Studien zur Entstehung und Weiterentwicklung des Ermittlungsverfahrens im Strafprozess (= Rechtsgeschichtliche Studien 53). Kovač, Hamburg 2012. 195 S. Besprochen von Werner Schubert.
Mit seinem Werk unternimmt Samel den Versuch, die Erkenntnisse über das strafrechtliche Ermittlungs- bzw. Vorverfahren miteinander zu verknüpfen und insoweit eine Gesamtdarstellung für das deutsche Strafverfahren vorzulegen. Im ersten Kapitel geht es außer um die Verfahrensprinzipien um die modernen Ermittlungsmethoden (DNA-Analyse) und um das Ermittlungsverfahren „im Lichte Europas“ (S. 31-51; Europäische Menschenrechtskonvention, gemeinsame Ermittlungsgruppen, Institut des Europäischen Staatsanwalts und Europäischer Haftbefehl). Im Anschluss daran behandelt Samel das strafrechtliche Ermittlungsverfahren vor und nach dem 11. Jahrhundert (germanisch-fränkischer Rechtsgang, kanonischer Prozess, Inquisitionsprozess, preußische Kriminalordnung von 1805; S. 47ff., 86ff., 109f.). Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens im Zeitalter der Aufklärung (S. 111ff.) kommt das französische Strafverfahrensrecht unter Napoleon zur Sprache (S. 115ff.). Das Prinzip „nullum crimen nulla poena sine lege“ war nicht erst im Code pénal von 1811 verwirklicht worden (vgl. S. 116). Die Bedeutung der französischen Staatsanwaltschaft (ministère public, nicht ministre public) hätte noch detaillierter herausgearbeitet werden sollen (S. 116ff.). Nicht erstmals durch den Code d’instruction criminelle, sondern bereits erheblich früher erfolgte die Einführung des juge de paix (vgl. S. 121).
Nach der Darstellung der Bedeutung des Rheinisch-Französischen Rechts für die Gesamtentwicklung in Deutschland folgt ein Abschnitt über den reformierten Strafprozess unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in Preußen, das 1846 die Staatsanwaltschaft als Ermittlungsorgan für Berlin |
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Samuel Pufendorf in der Welt des 17. Jahrhunderts. Untersuchungen zur Biographie Pufendorfs und zu seinem Wirken als Politiker und Theologe, hg. v. Döring, Detlef (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt m Main Band 269). Klostermann, Frankfurt am Main 2012. X, 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Dorfchemnitz bei Sayda am 8. Januar 1632 als Sohn einer Pfarrers geborene Samuel Pufendorf wird nach der Schule in Grimma (1650) und einem mehrseitigen Studium in Leipzig und Jena (1658 Magister) sowie einer Tätigkeit als Hauslehrer in Kopenhagen auf Grund der Veröffentlichung über Grundlagen einer allgemeinen Rechtslehre 1661 mit 29 Jahren der erste Professor des Naturrechts und Völkerrechts, wenn auch noch nicht an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät des Heiligen römischen Reiches, so doch an der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg. 1667 veröffentlicht er unter dem erfundenen Namen Severinus de Monzambano (nördlich Mantuas) das kritische Werk De statu imperii Germanici über den Zustand des deutschen Reiches. Dieses und andere Werke heben ihn so sehr hervor, dass er noch 2012 fast 100000 Nennungen im Internet aufweisen kann.
Detlef Döring wurde nach dem 1971 begonnenen Studium der Theologie in Leipzig 1980 zum Doktor der Theologie und während einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Leipzig zum Dr. phil. promoviert. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik wechselte er nach der Habilitation des Jahres 1990 in das Forschungszentrum Europäische Aufklärung in Berlin/Potsdam, wurde 1995 Archivar der sächsischen Akademie der Wissenschaften, 2000 Leiter der Arbeitsstelle Edition des Briefwechsels von Johann Christoph Gottsched und 2004 außerplanmäßiger Professor am hist |
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Sartorius, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze, Textausgabe, begründet v. Sartorius, Carl. Stand 15. Mai 2012 (100. Ergänzungslieferung). Beck, München 2012. Getrennte Seitenzählung. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Friedrich Carl Sartorius wurde in Bayreuth am 29. Januar 1865 als Sohn eines Gymnasialprofessors geboren und nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Erlangen, München und Berlin 1887 mit 22 Jahren in Erlangen mit einer Dissertation über die religiöse Erziehung der Kinder promoviert. Als 1891 über die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit auf dem Gebiete des Kirchenrechts habilitierter Bonner Privatdozent wurde er 1895 als außerordentlicher Professor nach Marburg und 1901 als ordentlicher Professor nach Greifswald und schließlich 1908 nach Tübingen berufen. Dort wurde er nicht nur wie bereits in Greifswald Rektor, sondern auch Staatsgerichtshofsmitglied Württembergs.
Sein Name ist vor allem untrennbar verbunden mit der wichtigsten deutschen Sammlung der Verfassungs- und Verwaltungsgesetze. Sie erschien als Sammlung von Reichsgesetzen staats- und verwaltungsrechtlichen Inhalts erstmals 1903. Ihr großer Erfolg dürfte auch damit zusammenhängen, dass Sartorius ein Neffe Ernst Rohmers, des Stiefvaters Oscar Becks war, weil auch in der Wirtschaft familiäre Beziehungen sich in besonderer Betreuung auswirken können.
Nach knapp 100 Jahren liegt das Werk mit einer 100. Ergänzungslieferung auf dem jüngsten Stand der Gesetzgebung vor und ist fortschrittlich mit einer ausklappbaren Stütze versehen. Zusätzlich ist es auch in gebundener Form erhältlich. Man wird wie bei der parallelen, seit 1931 voröffentlichten Textsammlung Heinrich Schönfelders gespannt sein dürfen, in welcher Form sich das vorzügliche, Generationen deutscher Juristen nahezu täglich und überall zuverlässig, wenn auch gewichtig begleitende Werk auf dem einträglichen Markt juristischer Editionen im Lichte der besonderen Förderung durch den Verlag behaupten kön |
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Savary, Jacques, Le Parfait Négociant,1675, Edition critique et commentaires hg. v. Richard, Édouard (= Travaux du Grand Siècle 38). Droz, Genf 2011. 1173 (!), 1171-2422 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Jacques Savary wurde in Doué-la-Fontaine am 22. September 1622 in einer adeligen Kaufmannsfamilie geboren und starb in Paris am 7. Oktober 1690. Nach dem Studium des Rechtes bei einem Pariser Prokurator erwarb er in Geschäften mit Kurzwaren in Paris ein Vermögen, wechselte aber1658 in die königliche Verwaltung, wo ihn sein Freund Nicolas Fouquet an die Spitze der königlichen Domänenverwaltung Ludwigs XIV. stellte. Nach intensiver Mitwirkung bei dem Erlass der ordonnance du commerce des Jahres 1673 verfasste er auf Grund seiner reichen Erfahrung sein außerordentlich wirksames Werk über den erfolgreichen Kaufmann und Händler (oder allgemeine Anleitung betreffend den Handel Frankreichs und fremder Länder), das bereits 1679 eine erweiterte zweite Auflage und bis 1713 sieben Auflagen erfuhr.
Dieses grundlegende Werk verdiente seit langem eine neue kritische Edition. Ihr hat sich der Herausgeber mit großem Engagement und guten Gründen gewidmet. Damit steht jedermann ein leicht zugänglicher Text zur Verfügung, der nur noch durch Digitalisierung einfacher verfügbar und benutzbar gemacht werden kann.
Gegliedert ist das umfangreiche, Gesellschaften, Konkurs, Kaufleute, Maße und Gewichte, Marktwesen, Arbeitsrecht und viele andere Gegenstände in neuartiger ungewohnter Breite einschließende, mit der Notwendigkeit und Nützlichkeit des Handels einsetzende Werk in zwei Teile. Der erste Teil umfasst vier Bücher mit 5, 11, 13 und 10 Kapiteln, der zweite Teil fünf Bücher mit 8, 10, 7, 5 und 10 Kapiteln sowie 18 Kapiteln über den Wechsel. Zahlreiche Anhänge runden zusammen mit einem umfangreichen Index (von abondance bis Zélandais) die auch für die Rechtsgeschichte interessante Edition des handelsrechtlichen Standardwerks vorzüglich ab.
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Schäfers, Beatrice, Freispruch in Nürnberg. Der Weg zum freisprechenden Urteil des Internationalen Militärtribunals von Nürnberg im Fall Hans Fritzsche (= Strafrecht und Rechtsphilosophie in Geschichte und Gegenwart 8). Lang, Frankfurt am Main. 2012. 215 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Wolfgang Schild betreute, von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld 2011 angenommene Dissertation der am Lehrstuhl des Betreuers beschäftigten Verfasserin. Ihre Zielsetzung ist die exemplarische Untersuchung eines der drei Freisprüche des internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg. Damit hatte nach Ansicht der Verfasserin am 1. 10. 1946 niemand gerechnet.
Gegliedert ist die schlanke, detaillierte, weitgehend auf gedruckten oder digitalisierten Quellen beruhende Untersuchung in insgesamt drei Teile. Nach dem Weg auf die Anklagebank beschreibt die Verfasserin sehr genau den Ablauf des Verfahrens und hebt dabei die Anklagepunkte der Verschwörung und der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit besonders hervor. Anschließend geht sie auf den Fall des in Bochum am 27. September 1900 geborenen, als Journalist seit September 1932 in einer Agentur der Reichsregierung unter Franz von Papen und danach im nationalsozialistischen Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda tätigen, am 1. Mai 1933 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei eingetretenen und im gleichen Jahr zum Leiter des Nachrichtenwesens in der Presseabteilung des Ministeriums unter Joseph Goebbels aufgestiegenen Fritzsche besonders ein.
Im Ergebnis stellt die Verfasserin fest, dass die Anklage gegen Fritzsche nicht auf sachlichen oder rechtlichen Erwägungen beruhte, sondern Folge eines diplomatischen Zugeständnisses an die sowjetischen Anklagevertreter war. Während der objektive Tatbestand der Anklage sich mit einigen Schwierigkeiten erweisen ließ, konnten für die subjektive Tatseite Beweise so w |
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Schaffer-Wöhrer, Peter, Das Recht am eigenen Leben - eine Rechtsgeschichte von Freitod und Sterbehilfe. Tectum-Verlag, Marburg 2010. 202 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die in Linz angenommene Dissertation des Verfassers. Sie behandelt Fragen, die wohl von Anfang an den Menschen auf seinem Gang durch die Welt begleitet haben. Allerdings grenzt sie zu Recht den weiten Rahmen auf ein handhabbares Maß ein.
Von daher behandelt der Verfasser zunächst in seiner Einleitung vor allem die Begriffsdefinitionen Freitod, Suizid, direkte aktive Sterbehilfe, indirekte aktive Sterbehilfe, passive Sterbehilfe, Beihilfe zum Freitod, Euthanasie und Eugenik. Danach untersucht er die Entwicklung der Strafbarkeit der Mitwirkung am Selbstmord in Österreich (beginnend mit der Antike), die Entwicklung der Strafbarkeit der Mitwirkung am Selbstmord in Deutschland (vom 18. Jahrhundert an) und die Entwicklung der Strafbarkeit der Mitwirkung am Selbstmord in der Schweiz vom Mittelalter an. In einem fünften Teil widmet er sich den verfassungsrechtlichen Vorgaben und im sechsten Teil versucht er einen kurzen Ausblick auf die Niederlande, Belgien, die Vereinigten Staaten von Amerika und Australien.
Im Ergebnis vertritt er den Standpunkt, dass niemand Menschen das grundlegende Recht nehmen kann, ihr Leben zu beenden. Dessenungeachtet sind die damit verbundenen Fragestellungen nach wie vor nicht wirklich entschieden. Die damit nur mögliche Zwischenbilanz, die für Zeitschriftenbeiträge auf die Angabe der Seitenzahlen verzichtet, hat in jedem Fall ihren eigenen Wert.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Schafranek, Hans, Söldner für den „Anschluss“. Die österreichische Legion 1933-1938. Czernin Verlag, Wien 2011. 496 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Einen nützlichen Beitrag zur Erforschung der noch kaum bekannten Organisationsgeschichte der frühen nationalsozialistischen Bewegung und ihres militärischen Arms und zugleich Konkurrenten, der Sturmabteilung (SA), in Österreich liefert die Studie Hans Schafraneks, die sich auf einer breiten Quellenbasis mit Werdegang und Struktur der legendenumwobenen Österreichischen Legion befasst, jener zwischen 1933 und 1938 existierenden „Söldnertruppe, die aus zeitweilig fast 10.000 nach Bayern geflüchteten österreichischen NS-Aktivisten bestand (infolge hoher Fluktuation erreichte die Gesamtzahl über 15.000)“ und die „besonders 1933/34 dazu bei(trug), das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich massiv zu verschlechtern, ja sogar die Gefahr einer militärischen Intervention Italiens heraufzubeschwören“; darüber hinaus spiegelten sich in dieser Truppe die „Auseinandersetzungen zwischen österreichischer SA und SS“ ebenso wie die Spannungen „rivalisierender Parteiinstanzen und staatlicher Behörden“ des Dritten Reichs (S. 22).
Der Verfasser, promovierter Historiker und Mitarbeiter am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, ist unter anderem bereits mit einer Arbeit zum thematisch eng verwandten Komplex des nationalsozialistischen Juliputsches 1934 (2006) publizistisch hervorgetreten und hat für den vorliegenden Band eine beeindruckende Zahl an Archivalien gesichtet, unter denen sich vor allem die nunmehr im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde verwahrten Personalakten aus dem ehemaligen Berlin Document Center (BDC) und die Personalakten von SA-Angehörigen des Gaupersonalamtes Wien im Österreichischen Staatsarchiv/Archiv der Republik als für den Gegenstand besonders ertragreich erwiesen haben. Eine auf dieser Materialbasis von Schafranek erstellte und für die vorliegende |
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Schaukästen der Wissenschaft. Die Sammlungen an der Universität Wien, hg. v. Feigl, Claudia. Böhlau, Wien 2012. 212 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wie manche Tiere, so hat auch der Mensch früh erkannt, dass Sammeln von Sachen zu günstigeren Lebensbedingungen verhelfen kann. Dem Sammeln von Nahrungsmitteln folgte dabei auf einer höheren Entwicklungsstufe auch das Sammeln vieler nur mittelbar die Lage verbessernder Gegenstände, wie es sich vor allem Begüterte leisten konnten. Den dabei führenden Adeligen und Gebildeten folgte schließlich die sie beerbende, meist über umfangreiche Steuermittel zur Finanzierung verfügende Allgemeinheit als Rechtsträger nach.
Dieser Schatz kann der Allgemeinheit freilich nur nutzbar gemacht werden, wenn er sorgfältig gepflegt und den möglichen Interessenten publik gemacht wird. Zu diesem Zweck ist an der Universitätsbibliothek Wien das Projekt Die Sammlungen an der Universität Wien eingerichtet. Seit 2006 ist dafür die in Wien in Germanistik, Philosophie und Kulturmanagement ausgebildete, danach im österreichischen Literaturarchiv, an der österreichischen Nationalbibliothek und an dem österreichischen Theatermuseum wirkende Herausgeberin tätig.
Der von ihr organisierte Sammelband umfasst insgesamt mehr als 50 kurze Einzelbeiträge. Sie betreffen nach allgemeineren Überlegungen über das Sammeln von Wissen, das Innovationsfeld Sammlungen und die gegenständliche Universität deren Einzelbestände von der Ägyptologie bis zu zoologischen Wandtafeln. Auch wenn die Rechtswissenschaft nicht erkennbar hervortritt, verschafft der durch ein Verzeichnis der Autoren, ein Personenregister und einen Nachweis der Abbildungen abgerundete, einnehmend ausgestattete Band doch jedem Interessierten viele neue Einsichten in die verschiedensten (Wiener) Wissenschaften und ihre dem Auge zugänglichen Sammelobjekte.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Scheffzek, Sebastian, Der Einfluss der Mühlenbruch’schen Zessionslehre auf ausgewählte Gerichte im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichtliche Studien 47). Kovač, Hamburg 2011. 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Scheffzek, Sebastian, Der Einfluss der Mühlenbruch’schen Zessionslehre auf ausgewählte Gerichte im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichtliche Studien 47). Kovač, Hamburg 2011. 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die 2011 von dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation des Verfassers. Sie betrifft die aus dem römischen Recht als cessio ausgeschlossne Abtretung eines Rechtes von einem bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger. Ihre Zielsetzung wird im römischen Recht erst spät mit Hilfe der Einrichtung des Prozessmandats und der Novation in Form einer Stipulation zwischen Schuldner und Neugläubiger verwirklicht, so dass ihre deutsche Geschichte durchaus von dogmatischen Interesse ist.
Der Verfasser gliedert seine Studie vor allem in drei Sachkapitel. Nach Einleitung und Beschreibung seiner Quellen für das Oberappellationsgericht Lübeck, das Oberappellationsgericht Darmstadt und den Revisions- und Kassationshof Darmstadt sowie das badische Oberhofgericht betrachtet er an Hand der vorliegenden Literatur die Entwicklung des Zessionsrechts vom klassischen römischen Recht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Danach stellt er die Lehre Christian Mühlenbruchs (1817) und die zeitgenössischen Gegenpositionen dar und verfolgt an Hand der Quellen detailliert den Einfluss Mühlenbruchs auf die Rechtsprechung der von ihm ausgewählten Gerichte.
Im Ergebnis ermittelt er ansprechend einen unterschiedlichen Einfluss. Die gemeinrechtliche Rechtsprechung der Gerichte in Lübeck und Darmstadt war vom Unübertragbarkeitsdogma Mühlenbruchs geprägt, die vom Badischen Landrecht geprägte Rechtsprechung in Baden dagegen nicht. Gleichwohl kann der Verfasser sachgerechte, den Interessen des Wirtschaftsverkehrs entsprechende Lösungen auch im Norden erkennen, die freilich in dem Augenblick überflüssig wurden, als sich die von Windscheid und Bähr geprägte Vorstellung von der Abtretung al |
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Schicksalsjahre Österreichs. Die Erinnerungen und Tagebücher Josef Redlichs 1869-1936. Band 1 Erinnerungen und Tagebücher 1869-1914, Band 2 Tagebücher 1915-1936, Band 3 Biographische Daten und Register, hg. v. Fellner, Fritz/Corradini, Doris A. (= Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs Band 105). Verlag Österreich, Wien 2011. XI, 695, 684, 233 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Josef Redlich wurde in Göding (Hodonin) in Mähren am 18. Juni 1869 in einer mit Zuckerfabriken und Großgrundeigentum großbürgerlich gewordenen assimilierten jüdischen Familie geboren, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Wien (Leipzig und Tübingen) 1891 promoviert und 1901 (Englische Lokalverwaltung) für Staatsrecht und Verwaltungsrecht habilitiert. 1906 wurde er titulierter außerordentlicher Professor der Universität Wien, 1909 ordentlicher Professor für Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht an der Technischen Hochschule Wien, lehrte dann aber von 1926 bis 1935 Rechtsvergleichung an der Harvard University in Cambridge/Massachusetts in den Vereinigten Staaten von Amerika. Daneben wirkte er erfolgreich als Politiker und war vom 27. 10. 1918 bis zum 11. 11. 1918 Finanzminister im Kabinett Lammasch und vom 20. Juni 1931 bis zum 5. Oktober 1932 Finanzminister in der Bundesregierung Karl Buresch, doch zerbrach für ihn bereits mit dem Jahr 1918 ein Weltbild, für das er bis zu seinem Tod in Wien am 11. November 1936 keinen Ersatz mehr fand.
Möglicherweise deswegen ließ Josef Redlich zu Beginn der 1930er Jahre durch seine Sekretärin die politisch relevanten Auszüge aus seinen Tagebüchern der Jahre von 1908 bis 1919 in ein maschinenschriftliches Manuskript umschreiben, das Redlichs zweite Ehefrau 1937/1938 vergeblich einer Veröffentlichung im Druck zuzuführen versuchte. Erst 1953 konnte Fritz Fellner unter dem Titel Schicksalsjahre Österreichs 1908-1919 die politischen Tagebücher Redlichs nach manchen Irrfahrten edieren. In Zusammenar |
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Schieder, Paul, Französische Zwangsarbeiter im „Reichseinsatz“ auf dem Gebiet der Republik Österreich. Hintergründe und Lebenswelten. Böhlau, Wien 2011. 218 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schieder, Paul, Französische Zwangsarbeiter im „Reichseinsatz“ auf dem Gebiet der Republik Österreich. Hintergründe und Lebenswelten. Böhlau, Wien 2011. 218 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Dass ein Mensch für einen anderen Menschen einen Wert haben kann, war dem Menschen als einem sozialen Wesen wohl von den ersten Anfängen an bewusst. Die wirtschaftliche Bedeutung des in Arbeit verwirklichten Wertes hatte er bereits überall dort erfasst, wo Mensche andere Menschen als Sklaven hielten. In anfangs nicht möglichem Maß erfolgte diese verwendende Ausbeutung vor allem im 20. Jahrhundert.
Die wissenschaftliche Forschung hat sich mit solchen Fragen bereits vielfach befasst. Das Ausmaß des Gegenstandes ist aber so groß, dass eine vollständige Behandlung kaum jemals möglich sein wird, zumal auch hier Wettbewerb und Modetrend von Bedeutung sind. Die bisher noch bestehende Wissenslücke über französische Zwangsarbeiter in dem sich 1938 dem Deutschen Reich anschließenden Österreich schließt der 1976 geborene Verfasser, der bereits bei der 2005 erfolgten Edition des Tagebuchs des im Schneeberglager in Ternitz benutzten Zwangsarbeiters Francis Jeanno mitgewirkt hat.
In der vorliegenden selbständigen Untersuchung beschreibt der Verfasser allgemein die Tätigkeit der französischen Zwangsarbeiter, von denen ab 1942 fast 720000 einbezogen wurden, in Österreich vor allem an Hand privater Aufzeichnungen Überlebender. Er gliedert seine weiterführende, mit einem Vorwort Oliver Rathkolbs versehene Untersuchung nach Einleitung, Forschungsverlauf, Begriffsabgrenzungen und Hintergrund (vor allem des Arbeitskräftemangels im Deutschen Reich) in die Zwangsarbeit der rund 70000 zwischen 1942 und 1944 vor allem in Industrie und Handwerk in Österreich verbrachten Männer und Frauen einerseits (Rekrutierung, Ankunft und Zuweisung, Arbeitsbedingungen in vielen Einzelheiten, Organisation und Befreiung sowie Repatriierung) und acht detaillierte Einzelschicksal |
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Schierig, Tilman, Herrschaft und Gerichtsverfassung im frühneuzeitlichen Schweden. „Wonach Du Dich zu richten hast“ (= Rechtsgeschichtliche Studien 38). Kovač, Hamburg 2010. XXXVII, 289 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schierig, Tilman, Herrschaft und Gerichtsverfassung im frühneuzeitlichen Schweden. „Wonach Du Dich zu richten hast“ (= Rechtsgeschichtliche Studien 38). Kovač, Hamburg 2010. XXXVII, 289 S. Besprochen von Steffen Schlinker.
Die Freiburger rechtshistorische Dissertation Tilman Schierigs thematisiert die Veränderungen in der Gerichtsverfassung und im Herrschaftsgefüge in Schweden in der Zeit zwischen 1523 und 1615. Die Arbeit beginnt mit einem informativen Überblick zur Quellen- und Forschungslage (S. 5-12) und wendet sich sodann in ihrem ersten Teil einer Darstellung der spätmittelalterlichen schwedischen Gerichtsverfassung zu, wie sie sich in Magnus Erikssons Landslag von 1350 und dem Landrecht Kristoffers von 1442 - wohl weitgehend realitätsnah - abbildet (S. 15-65). Im zweiten Teil untersucht der Verfasser die Veränderungen in der Gerichtsverfassung seit dem Regierungsantritt König Gustav I. Vasa im Jahr 1523 (S. 67-154). Leitend ist dafür die Fragestellung, ob eine aktive Rolle der Krone bei der Zentralisierung der Gerichtsbarkeit und der Intensivierung der Zentralgewalt zu beobachten ist. Ein dritter Teil erörtert die wenig erfolgreichen Reformversuche unter der Söhnen Gustav I. (S. 155-195) und schließlich im vierten Teil die Neuordnung des Gerichtsverfassung durch König Gustav II. Adolf, die zur Einrichtung des schwedischen Hofrats (Svea Hovrätt) als Obergericht und dem Erlass der Prozessordnungen von 1614 und 1615 führt (S. 196-221). Eine prägnante Zusammenfassung formuliert abschließend die wesentlichen Linien (S. 223-226). Im Anhang befindet sich dankenswerterweise eine eigene Übersetzung der prozessrechtlichen Bestimmungen aus dem Magnus Eriksson Landslag sowie der Prozessordnungen von 1614/1615 (S. 244-289).
Zutreffend sieht der Verfasser in der Gerichtsbarkeit das wesentliche Element mittelalterlicher Herrschaft und in der Kontrolle der Gerichtsbarkeit einen wichtigen Baustein für die Entstehung des neuzeitlichen Sta |
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Schilling, Ruth, Stadtrepublik und Selbstbehauptung. Venedig, Bremen, Hamburg und Lübeck im 16. und 17. Jahrhundert (= Städteforschung, Reihe A Darstellungen 84). Böhlau, Köln 2012. IX, 445 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schilling, Ruth, Stadtrepublik und Selbstbehauptung. Venedig, Bremen, Hamburg und Lübeck im 16.und 17. Jahrhundert (= Städteforschung, Reihe A Darstellungen 84). Böhlau, Köln 2012. IX, 445 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von der Humboldt-Universität Berlin 2007 angenommene, von Heinz Schilling durch die europäische Ausrichtung seiner im Literaturverzeichnis ausführlich dokumentierten Forschungen im intellektuellen Rahmen geprägte, von Heinz Schilling und Wilfried Nippel begutachtete Dissertation der vom evangelischen Studienzentrum Villigst e. V. und dem deutschen Studienzentrum Venedig e. V. großzügig unterstützten, während der Schriftfassung am Sonderforschungsbereich 640 (Repräsentationen sozialer Ordnung im Wandel) beschäftigten, danach als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Medizin (Charité) tätigen, dem von Heinz Schilling bis zu seiner Emeritierung 2010 bekleideten Lehrstuhl für Geschichte der frühen Neuzeit der Humboldt-Universität als assoziiertes Mitglied angehörigen Verfasserin. Sie betrifft den interessanten Vergleich zwischen vier Stadtrepubliken. Von ihnen liegen Bremen, Hamburg und Lübeck verhältnismäßig dicht beieinander und auch eng verflochten nebeneinander, während Venedig nicht durch engere Beziehungen verbunden ist.
Die Untersuchung gliedert sich in sechs Kapitel, von denen das erste Wandel und Kontinuität politischer Ordnungsvorstellungen in Stadtrepubliken in der ersten Hälfte der frühen Neuzeit betrifft und hauptsächlich den Untersuchungsgegenstand, den zugehörigen Forschungsstand, die Quellenauswahl und die Methodik beschreibt. Danach untersucht die Verfasserin die Inszenierung der Herrschaftslegitimität (Wahlen, Amtssetzungen, Begräbnisfeierlichkeiten, rituelle Selbstdarstellung) und die politische und religiöse Selbstdarstellung (Stadt und Kirche etwa bei Fronleichnamsprozessionen oder Bestattungen). Von hier aus geht die Verfasserin zu den Gruppen in |
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Schimrosczyk, Christoph, Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten gegen Gewalt in der Ehe. Ein rechtshistorischer Überblick von 1900 bis zum Inkrafttreten des FamFG (= Europäische Hochschulschriften II, 5277). Lang, Frankfurt am Main 2012. 307 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schimrosczyk, Christoph, Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten gegen Gewalt in der Ehe. Ein rechtshistorischer Überblick von 1900 bis zum Inkrafttreten des FamFG (= Europäische Hochschulschriften II, 5277). Lang, Frankfurt am Main 2012. 307 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Barbara Veit betreute, im Sommersemester 2011 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Göttingen angenommene, in der Druckfassung Rechtsprechung und Literatur bis Oktober 2009 berücksichtigende Dissertation des in Wernigerode 1978 geborenen, von 1997 bis 2002 Rechtswissenschaften studierenden, seit 2009 in der Justiz Hessens tätigen Verfassers. Sie betrifft einen in der jüngeren Vergangenheit in die Diskussion geratenen, nicht unbedeutenden Gegenstand. Er gehört in den weiten Bereich der von Menschen gegen Menschen verwandten Gewalt, der nur in sehr langsamer Entwicklung mehr und mehr verrechtlicht wurde.
Gegliedert ist die Untersuchung außer in Einleitung und thesenartige Schlussbetrachtung in vier Sachkapitel. Der Verfasser beginnt dabei mit einer kurzen Betrachtung des Verbreitungsgrads von Gewalt in der Ehe einschließlich der Formen, Folgen und des Verlaufs und gelangt dabei zu den Einsichten, dass es sich um ein weit verbreitetes gesellschaftliches Phänomen handelt, von dem Ehefrauen und Ehemänner betroffen sind und das von leichten Ohrfeigen über die Anwendung von Waffengewalt bis zur psychischen Gewalt reicht. Danach behandelt er als Instrumente des allgemeinen Zivilrechts Ansprüche auf Schadensersatz und (!) Schmerzensgeld und Unterlassungsansprüche.
Von dort aus geht er zu Instrumenten des Familien- und Erbrechts über und untersucht Scheidung, Recht zum Getrenntleben, Zuweisung der Ehewohnung, Beschränkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt, Beschränkung/Wegfall des nachehelichen Unterhalts, Verweigerung des Zugewinnausgleichs, Beschränkung/Wegfall des Versorgungsausgleichs , Entziehung des Ehegattenpflichtteils, |
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Schlosser, Hans, Die „Leopoldina“. Toskanisches Strafgesetzbuch vom 30. November 1786. De Gruyter, Berlin 2010. X, 156 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlosser, Hans, Die „Leopoldina“. Toskanisches Strafgesetzbuch vom 30. November 1786. De Gruyter, Berlin 2010. X, 156 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Bearbeiter hat den Herausgeber freundlicherweise auf dieses wichtige Werk aufmerksam gemacht. Umgehend haben sich dafür auch zwei sachkundige Rezensionsinteressenten gefunden. Da dem Verlag aber eine Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich war, muss der Herausgeber auf Grund Ausleihe selbst mit wenigen Zeilen auf die Veröffentlichung hinweisen.
Nach dem kurzen Vorwort des Bearbeiters ist sein Buch die Antwort auf eine desolate und unerträgliche Forschungslage, die hauptsächlich darin besteht, dass die deutsche historische Strafrechtswissenschaft die Riforma della legislazione criminale di Toscana des Großherzogs Peter Leopold vom 30. November 1786 einschließlich ihrer ersten und bislang letzten deutschsprachigen Übersetzungen des Jahres 1787 praktisch nicht zur Kenntnis genommen hat. Dies wird der Bedeutung dieses wichtigen Schrittes auf dem Weg zu einem rationalen, individualisierten, humanen und säkularen Kriminalrecht in Europa nicht gerecht. Deswegen unternimmt der Bearbeiter dankenswerte eine entscheidende Abhilfe.
Sachkundig, engagiert und detailliert beschreibt er darum die untypische Entstehung des Gesetzes, dessen Profil (Aufbau, Systematik, reformierter Inquisitionsprozess, Polizeistrafrecht, Strafzwecke und Strafmittel) sowie das materielle Strafrecht mit seinen Religionsdelikten, Majestätsdelikten, Sexualdelikten und Verbrechen gegen das Leben und die körperliche Integrität. Danach bietet er in der Edition den italienischen Originaltext mit seinen 119 Artikeln und anschließend eine moderne deutsche Übersetzung. Literaturhinweise und ein Register. Möge entsprechend der Zielsetzung das schlanke Werk zu einer neuen Beschäftigung mit der frühen aufgeklärten Kriminalpolitik in Europa führen.
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Schlosser, Hans, Neuere europäische Rechtsgeschichte. Privat- und Strafrecht vom Mittelalter bis zur Moderne. Beck, München 2012. XXVI, 398 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlosser, Hans, Neuere europäische Rechtsgeschichte. Privat- und Strafrecht vom Mittelalter bis zur Moderne. Beck, München 2012. XXVI, 398 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Im Jahre 2005 sind Hans Schlossers „Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte. Rechtsentwicklungen im europäischen Kontext“ in 10., völlig neu bearbeiteter und erweiterter Auflage erschienen (vgl. dazu G. Wesener, ZRG Germ. Abt. 124, 2007, S. 372). Die vorliegende „Neuere Europäische Rechtsgeschichte“ geht weit darüber hinaus, insbesondere durch die Einbeziehung der Geschichte des europäischen Strafrechts. Neuere Privat- und Strafrechtsgeschichte haben nun eine gemeinsame Darstellung gefunden.
Im strafrechtlichen Bereich werden behandelt: das gelehrte Kriminalrecht (S. 92ff.), insbesondere die Traktatliteratur sowie die Constitutio Criminalis Carolina von 1532 (S. 96ff.), ferner die naturrechtliche Strafrechtsauffassung (S. 164ff.), der Bayerische Kriminalkodex von 1751 (S. 196f.), das Bayerische Strafgesetzbuch von 1813, das materielle Strafrecht des ALR (S. 211f.) und das Allgemeine Criminalrecht für die Preußischen Staaten von 1805 (S. 212f.), der französische Code pénal von 1791 sowie von 1795 (S. 220f.), ferner der Code pénal von 1810 (S. 275f.), schließlich die österreichische Strafrechtsgesetzgebung, die Constitutio Criminalis Theresiana von 1768, die Josephina von 1787 und die Franciscana von 1803 (S. 236ff.). (Zur Geschichte des österreichischen Strafrechts vgl. H. Hoegel, Geschichte des österreichischen Strafrechts, I, 1904, II, 1905; M. Horrow, Grundriß des Österreichischen Strafrechts, I. Allgemeiner Teil, 1. Hälfte, Wien 1947, S. 13ff.; G. Kocher, Franz von Zeiller und die österreichische Strafgesetzgebung, in: J. F. Desput/G. Kocher (Hrsg.), Franz von Zeiller. Symposium der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz und der Steiermärkischen Landesbibliothek am 30. 11. 2001 aus Anlass der 250. Wiederkehr |
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Schmidt, Christine, Rechtsnatur und Verpflichtungsdichte der europäischen Grundrechte (= Europäisches und unternationales Recht 80). Herbert Utz Verlag, München 2012. 534 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmidt, Christine, Rechtsnatur und Verpflichtungsdichte der europäischen Grundrechte (= Europäisches und unternationales Recht 80). Herbert Utz Verlag, München 2012. 534 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Trotz der Magna Charta libertatum Johann Ohnelands für die englischen Barone vom 15. Juni 1215, der Erklärung von Dordrecht vom 15./16. Juli 1572, der Petition of Rights von 1628, des Habeas-Corpus-Act von 1679 und der Declaration of Rights von 1689 wird erst 1770 von droits fundamentaux im Sinne grundlegender Rechte des Einzelnen gegenüber dem Herrscher und seinem Staat gesprochen. Seitdem sind Grundrechte aber in die meisten der seit 1776 geschaffenen formellen Verfassungen der Staaten weltweit aufgenommen. Trotz des erkennbaren Widerstands Großbritanniens gegen eine gesetzesförmliche Festlegung hat die Diskussion über eine Verfassung für den Staatenverbund Europäische Union im Rahmen der neuesten eruropäischen Verfassungsgeschichte seit einiger Zeit auch diesen Punkt erfasst.
Die vorliegende Untersuchung ist die von Rudolf Streinz betreute, im Jahre 2008 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth angenommene, für die Veröffentlichung überarbeitete und auf den Stand von Mai 2012 gebrachte Dissertation der inzwischen bei der Stadt Bamberg tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Fazit in vier Sachabschnitte. Sie beginnen mit der deutschen Rechtslage, ziehen zum Vergleich die Mitgliedstaaten Frankreich, Spanien, Großbritannien, Finnland, Schweden, Österreich, Italien, die Niederlande, Polen, Ungarn und die Schweiz (!) heran, behandeln danach die Ausgangspunkte bzw. Grundlagen im Europarecht und wenden sich schließlich vertieft den Regelungen in der Grundrechtecharta im Einzelnen zu.
Hierbei unterscheidet die Verfasserin ansprechend fünf Gruppen. Dementsprechend erörtert sie subjektiv öffentliche Rechte (Menschenwürde, Leben und Unversehrtheit, Freiheitsrecht, G |
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Schmidt, Karin, Zur Frage der Zwangsarbeit im Strafvollzug der DDR. Die „Pflicht zur Arbeit“ im Arbeiter- und Bauernstaat (= Sklaverei - Knechtschaft - Zwangsarbeit 7). Olms, Hildesheim 2011. XII, 529 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die nicht zuletzt durch ihren dokumentarischen Anhang durchaus umfangreiche Untersuchung ist die von Franz Dorn betreute, im Rahmen des Graduiertenkollegs Sklaverei - Knechtschaft und Frondienst - Zwangsarbeit. Unfreie Arbeits- und Lebensformen von der Antike bis zum 20. Jahrhundert entstandene, auch bisher nicht bearbeitete Quellen einbeziehende, durch Register ansprechend erschlossene, im Sommersemester 2012 vom Fachbereich Rechtswissenschaft unter dem Titel Die Pflicht zur Arbeit im Strafvollzug der DDR angenommene Dissertation der in Dresden 1978 geborenen Verfasserin. Sie hat unmittelbar nach Erscheinen das Interesse eines sachkundigen Rezensenten geweckt. Mangels eines verfügbaren Rezensionsexemplars muss der Herausgeber mit einigen Zeilen auf sie hinweisen.
Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Forschungsstand, Zielstellung, Struktur, Arbeit mit Quellen und Literatur sowie Erfahrungen in zwölf Abschnitte. Sie betreffen die Zeit nach 1945 bis zum Anfang der 50er Jahre, die Arbeit im Sozialismus im Allgemeinen, Zwangsarbeit, die sozialistische Strafgesetzgebung, staatliche Organe und Abläufe in der Strafrechtspflege, die Strafrechtspflege der DDR im Spiegel des Rechtsstaats, den Strafvollzug in der DDR, den Arbeitseinsatz im Strafvollzug der DDR, den Alltag und den Arbeitseinsatz in den ausgewählten Vollzugsanstalten Lager X, Bützow-Dreibergen, Frauenstrafvollzugsanstalt Hoheneck, Bitterfeld, die Gefangenenarbeit als Wirtschaftsfaktor, die Zwangsarbeit im Strafvollzug der DDR sowie eine zusammenfassende Schlussbetrachtung. Als einst inhaftierte Zeitzeugen sind dabei wohl zwölf Männer und eine Frau sowie zusätzlich Bedienstete befragt.
Im Ergebnis stellt die Verfasserin fest, dass A |
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Schmidt, Sarah-Lena, Der Frankfurter Wachensturm von 1833 und der Deutsche Bund. Deutungen in verfassungsrechtlichem Kontext. Kovač, Hamburg 2011. 310 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmidt, Sarah-Lena, Der Frankfurter Wachensturm von 1833 und der Deutsche Bund. Deutungen in verfassungsrechtlichem Kontext. Kovač, Hamburg 2011. 310 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
„Um halb zehn Uhr abends zeigten sich Haufen Bewaffneter an der Haupt- und Constablerwache und drangen plötzlich, indem sie zugleich die ausstehenden Posten niederschossen, gleichzeitig ein, so dass es dem Militär unmöglich war, sich zu entwickeln und aufzustellen“, mit diesen Worten beginnt der Bericht des Gesandten der freien Stadt Frankfurt am Main über den 3. April 1833, der in der Deutschen Bundesversammlung einen Tag später vorgelesen wurde. Damit wird eines der Aufsehen erregenden Ereignisse im Deutschen Bund beschrieben, in dem wie im Wartburgfest, im Hambacher Fest, dem Protest der Göttinger Sieben und den revolutionären Geschehnissen des Jahres 1848 liberale Ideen zum Ausdruck gebracht wurden, welche die herrschenden Kräfte während der übrigen Zeit unter Kontrolle hielten. Mit diesem Frankfurter Wachensturm befasst sich die von Bernd Kannowski betreute, im Sommersemester 2011 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Freiburg im Breisgau angenommene Dissertation, deren Umschlag die Vorgänge durch einen Farbholzschnitt François Georgins (1833) aus dem Historischen Museum Frankfurt veranschaulicht.
Gegliedert ist die zahlreiche Zeitungsberichte und andere Quellen auswertende Arbeit nach einer Einleitung über Verfassung, Verfassungsgeschichte und Verfassungsgeschichtsschreibung in acht Abschnitte. Sie folgen ansprechend im Wesentlichen chronologisch aufeinander. Dementsprechend werden nach der Schilderung des Wachensturms und seiner Wirkungen die Zeitgenossen, die Wissenschaft im Deutschen Bund, die Geschichtsschreibung von 1871 bis 1914, der Weimarer Republik (samt Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft), der frühen Bundesrepublik, der mittleren Bundesrepublik und der marxistisch-leninistischen Perspektive der ehemaligen D |
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Schmidt-Degenhard, Tobias, Vermessen und Vernichten. Der NS-„Zigeunerforscher“ Robert Ritter (= Contubernium. Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte 76). Steiner, Stuttgart 2012. 246 S., 8 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
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Im Gegensatz zu seinem Arztkollegen Josef Mengele ist Robert Ritter (1901-1951), der gleich Mengele sowohl einen medizinischen als auch einen philosophischen Doktortitel erworben hatte, heute weitgehend vergessen. Obwohl es bereits einige (wenig rezipierte) Arbeiten über Ritter gibt, ist Schmidt-Degenhard der erste, der in seiner Tübinger medizingeschichtlichen Dissertation eine umfassende Lebens- und Werkbeschreibung vorlegt. Als Quellen dienten insbesondere Ritters Publikationen, diverse Studenten-, Promotions- und Habilitationsakten mehrerer Universitäten sowie das zeitgenössische eugenische bzw. tsiganologische Schrifttum.
Ritter entwickelte von Jugend an vielfältige, disziplinenübergreifende Interessen, die seine Kernfächer Medizin, Psychiatrie, Psychologie und Pädagogik ergänzten. Verstörend sind die Belege, dass der spätere „Zigeunerforscher“ zu Beginn seiner Karriere von durchaus idealistischen und humanistischen Motiven geleitet war und sich insbesondere als Jugendarzt profilierte. Ausgerechnet während einer Tätigkeit als Assistenzarzt in der Schweiz 1931/1932 geriet sein Idealismus ins Wanken, da er die Therapieresistenz eines Teils seiner Patienten einsehen musste. Wenige Monate nach der Machtergreifung Hitlers wechselte Ritter im Sommer 1933 an die Universitätsnervenklinik Tübingen, wo er sich Fragen der Eugenik und der Vererbungslehre zuwandte – Themen, die damals Hochkonjunktur hatten.
1937 habilitierte sich Ritter in Tübingen mit seinem Buch „Ein Menschenschlag“. Darin vertrat er die These, die von ihm am Beispiel einer württembergischen Region untersuchten, rezenten kriminellen sowie vagabundierenden Unterschichten entstammten aus den immer gleichen Familien, die si |
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Schmidt-Recla, Adrian, Kalte oder warme Hand? Verfügungen von Todes wegen in mittelalterlichen Referenzrechtsquellen (= Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 29). Böhlau, Köln 2011. 733 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Verfasser ist, soweit ersichtlich, wissenschaftlich erstmals durch seine Dissertation über Theorien zur Schuldfähigkeit (Psychowissenschaftliche Konzepte zur Beurteilung strafrechtlicher Schuldfähigkeit im 19. und 20. Jahrhundert) hervorgetreten, die eine Anleitung zur juristischen Verwertbarkeit bieten will. Seitdem hat er, anfangs vor allem mit Bernd-Rüdiger Kern, Eva Schumann und Frank Theisen, eine ganze Reihe rechtsgeschichtlicher Beiträge vorgelegt. Sie haben ihn bereits 2006 zu Parallelentwicklungen zwischen der römischrechtlichen mancipatio familiae und der fränkischen Affatomie geführt.
Aus dieser Zeit stammt auch seine Habilitationsschrift, die der Juristenfakultät in Leipzig im Sommersemester 2006 vorgelegen hat, in der sie Bernd-Rüdiger Kern und Gero Dolezalek begutachteten. In überarbeiteter Fassung ist sie 2011 in den bekannten Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte erschienen. Schon von ihrem Gewicht her verdient sie die damit indizierte Bedeutung.
In seinem kurzen Vorwort beschreibt sie der Verfasser als eine juristisch-exegetische Betrachtung historischer Rechtsquellen, die sich auf wenige, konkret umrissene Rechtsinstitute beziehen. Nach seiner Ansicht verlangt diese Charakterisierung heute nach einer Erklärung, weil Dogmengeschichte als Forschungsziel in der modernen deutschen Rechtsgeschichte überwiegend kritisch gesehen werde. Diese Einstellung erscheint dem Verfasser als so offenkundig, dass er auf Belege verzichtet.
Aus diesem Gunde schickt er die Bemerkung voraus, dass weder konstruktivistische Hybris noch Germanophilie noch Unreflektiertheit ihn leiteten. Als schlicht ausgebildeter Jurist sei er weit davon entfernt, Kontextualisierungen so abgewogen leisten zu k |