Rotthege, Konrad M., Die Entstehung des Arzneimittelgesetzes vom 16. Mai 1961 unter besonderer Berücksichtigung der historischen Entwicklung arzneimittelrechtlicher Bestimmungen und des Verkehrs mit Arzneimitteln. Lang, Frankfurt am Main 2011. XX, 342 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 129 (2012) 83. IT |
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Die Arbeit ist die von Werner Schubert angeregte und betreute, im Wintersemester 2010/2011 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des in München, London und Hamburg ausgebildeten Verfassers. Sie behandelt mit Hilfe auch archivalischer Unterlagen einen Ausschnitt aus der jüngeren Rechtsquellengeschichte. Dadurch erweitert sie das allgemeine Wissen an einem interessanten einzelnen Punkt.
Sie gliedert sich chronologisch in fünf Teile und setzt dabei mit ersten arzneimittelrechtlichen Bestimmungen und ihrer Entwicklung seit dem 12. Jahrhundert ein. Wirklich größere Bedeutung erlangt das Arzneumittel aber erst mit der modernen medizinischen und chemischen Wissenschaft und der technischen Möglichkeit der industriellen Herstellung. Dementsprechend werden als erste umfassendere Rechtsquellen die preußische Medizinalordnung von 1725, das Allgemeine Landrecht von 1794 und die (revidierte) Apothekerordnung Preußens von 1801 besonders behandelt.
Allerdings gelingt ein eigenes Arzneimittelgesetz trotz des erkennbaren Regelungsbedarfs bekanntlich weder zwischen 1918 und 1933 noch zwischen 1933 und 1945. Das danach einsetzende Ringen um eine gesetzliche Regelung schildert der Verfasser sehr detailliert. Er bewertet das Ergebnis überzeugend als nicht vollständig gelungen und deshalb rasch der Korrektur durch das Arzneimittelgesetz von 1976 bedürftig und gibt einige Quellen im Anhang seiner von kleineren formalen Mängeln nicht freien Arbeit wieder.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Rottleuthner, Hubert, Karrieren und Kontinuitäten deutscher Justizjuristen vor und nach 1945 (= Justizforschung und Rechtssoziologie 9).. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010. 395 S., CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der 1944 geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft, Philosophie und Soziologie in Frankfurt am Main 1972 zum Dr. phil. promovierte, seit 1975 als Professor für Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie am Fachbereich Rechtswissenschaft der Freine Universität Berlin tätige Verfasser ist seit langem durch Arbeiten zur empirischen Rechtssoziologie, zur juristischen Zeitgeschichte, zur Rechtstheorie und Rechtsphilosophie bedeutsam hervorgetreten. Der vorliegende Band befasst sich mit zwei unterschiedlichen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Großprojekten. Sie sind im Buch wie in der beigegebenen CD-ROM handlich vereint.
Das erste Projekt erscheint als Titel. Es verzeichnet aus zeitgenössischen Dokumentationen mehr als 34000 Menschen, die zwischen 1933 und 1964 in der deutschen Justiz tätig waren. Nicht alle von ihnen waren furchtbare Juristen, doch waren sie mit oder neben solchen tätig. Nach 1945 sind einge von ihnen auf der Strecke geblieben, doch setzten viele ihre Karriere bis in hohe Ränge fort, wobei eine strafrechtliche Verfolgung trotz ausländischer Hinweise kaum statt fand.
Das zweite Projekt erfasst an Hand der Personalakten mehr als 580 Justizjuristen, die vor und nach 1945 in Hamburg wirkten. Insgesamt sind die behandelten Gesamtvorgänge in vielen Punkten bereits bejannt, doch weist der Verfasser völlig zu Recht darauf hin, dass seine Dokumentation eine bisher nicht erreichte Geschlossenheit und Durchdringung erreicht. In einzelnen Bereichen gelingt über diese bereits sehr beeindruckende Leistung hinaus noch eine überzeugende Vertiefung (z. B. Kammergericht, Volksgerichtshof, Rechtsbeugung), so dass das Werk in seiner vielfältigen, durch zahlreiche Tabellen und Graph |
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Rousso, Henry, Frankreich und die „dunklen Jahre“. Das Regime von Vichy in Geschichte und Gegenwart. Aus dem Französischen von Brüll, Christoph (= Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts, Vorträge und Kolloquien 8). Wallstein, Göttingen 2010. 190 S. Besprochen von Martin Moll. |
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Das hier vorzustellende, sorgfältig ins Deutsche übersetzte Bändchen stellt keinen Text aus einem Guss dar, sondern vereinigt mehrere – teils ganz neue, teils schon etwas ältere – Beiträge des 1954 geborenen Pariser Historikers Henry Rousso. Die Herkunft ist nicht immer angegeben; der erste von vier Beiträgen stellt die schriftliche Fassung eines Vortrags dar, den Rousso 2009 als Gastprofessor am Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts gehalten hat. Die übrigen sind in einem französischen Kontext entstanden, doch sind die teilweise recht detailliert referierten Zusammenhänge der dortigen Diskussion auch für den deutschsprachigen Leser verständlich beschrieben; auf jeden Fall erhält man faszinierende Einblicke in die in mancherlei Hinsicht doch ziemlich eigenwillige historische Debattenkultur Frankreichs.
Das von Marschall Philippe Pétain (der trotz zahlreicher Nennungen seltsamerweise im Personenverzeichnis nicht aufscheint) geführte Regime von Vichy (benannt nach dem südfranzösischen Badeort, der als Regierungssitz diente) steht als Chiffre für die während der deutschen Besatzung Frankreichs 1940-1944 betriebene französische Staatskollaboration, der – wie sich herausgestellt hat – gar nicht so wenige Franzosen eine Chance zu geben bereit waren. Lange weitgehend verdrängt, setzte sich erst in den 1980er Jahren die Erkenntnis durch, dass die Grande Nation keineswegs nur aus Widerstandskämpfern gegen die Okkupanten bestand. In den letzten drei Jahrzehnten fand eine Reihe spektakulärer Prozesse gegen hochrangige französische Kollaborateure statt, die den Wechsel der Perspektive, insbesondere die Anerkenntnis einer gewissen Mitschuld Frankreichs am Holocaus |
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Röwekamp, Marion, Die ersten deutschen Juristinnen. Eine Geschichte ihrer Professionalisierung und Emanzipation (1900-1945) (= Rechtsgeschichte und Geschlechterforschung 11). Böhlau, Köln 2011. 880 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Mit dem Werk Röwekamps liegt erstmals eine umfassende Geschichte der deutschen und österreichischen Juristinnen über deren rechtswissenschaftliches Studium, über die Zulassung zu den juristischen Berufen sowie über ihre Berufstätigkeit und Tätigkeitsfelder vor. Die Untersuchungen ordnet Röwekamp mehreren historischen Methoden zu, u. a. der Sozial-, Mentalitäts- sowie der Rechts- und Ideengeschichte (S. 20). Die Arbeit beruht auf 2224 Datensätzen von Studentinnen und Juristinnen bis 1945 (S. 21). Zu der Längsschnittuntersuchung von Studentinnen an 17 Universitäten hat Röwekamp u. a. die Immatrikulationsverzeichnisse und die Promotionsakten (einschließlich der Bewertungen durch die Professoren) herangezogen. Einen wichtigen Quellenbereich machen die Oral-History-Interviews, die unveröffentlichten Autobiographien von zumeist jüdischen Juristinnen in US-Archiven sowie Aufzeichnungen und Tagebücher von Juristinnen aus Privatbesitz aus. Hinzu kommen noch die, soweit feststellbar, erstmals in voller Breite ausgewerteten archivalischen Überlieferungen insbesondere zu dem Gesetz vom 25. 4. 1922 über die Heranziehung von Frauen zum Schöffen- und Geschworenenamt sowie zum Gesetz vom 11.7.1922 über die Zulassung von Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege.
Im ersten Teil geht es um die Zulassung zum rechtswissenschaftlichen Studium und die ersten Jurastudentinnen (familiärer Hintergrund, Studienmotivation, Statistiken [Daten über die soziale Herkunft, das Alter und die Vorbildung], Wahl der Universitäten und Studienalltag) und die rechtswissenschaftlichen Promotionen (S. 25-179). Die Zulassung von Frauen zu den juristischen Fakultäten erfolgte zwischen 1900 und 1908 (1900 Baden, 1903 Bayern, 1904 Württembe |
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Rupnow, Dirk, Judenforschung im Dritten Reich. Wissenschaft zwischen Politik, Propaganda und Ideologie (= Historische Grundlagen der Moderne 14). Nomos, Baden-Baden 2011. 494 S. Besprochen von Martin Moll. |
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Nach Jahrzehnten weitgehenden Desinteresses an der sogenannten NS-Judenforschung, die nach 1945 zunächst schon deshalb kaum Aufmerksamkeit fand, weil sie nicht (mehr) als Wissenschaft galt, sind 2011 zeitgleich zwei Bände auf den Markt gekommen, die sich beide genau mit diesem Thema befassen. Horst Jungingers „Die Verwissenschaftlichung der ‚Judenfrage’ im Nationalsozialismus“ (vgl. meine Besprechung in dieser Zeitschrift) konzentriert sich jedoch so stark auf die protestantische Theologie, insbesondere an der Universität Tübingen, dass der wesentlich breiter angelegte Zugang Dirk Rupnows unbedingt vorzuziehen ist.
Deutlicher als Junginger verweist Rupnow, der mit dieser Arbeit 2009 an der Universität Wien habilitiert wurde, auf die Sinnlosigkeit des verständlichen Unterfangens, die Judenforschung des „Dritten Reiches“ als Pseudowissenschaft von Scharlatanen zu ignorieren. Rupnow interpretiert sie vielmehr als eine für die Verhältnisse der 1930er und 40er Jahre durchaus moderne Meta-Disziplin mit der Historie als Leitwissenschaft und breit gestreuten Kooperationen bis hin zu den Naturwissenschaften (Biologie usw.). Sie usurpierte die zuvor nahezu ausschließlich von Juden selbst betriebenen jüdischen Studien; deren Vertreter wurden gewaltsam von Subjekten des Forschens zu deren Objekten gemacht, die von jenen geleisteten Vorarbeiten jedoch schamlos ausgebeutet. Die NS-Judenforschung verstand sich zwar als wissenschaftlich und objektiv, machte aber weder aus ihren antisemitischen Prämissen noch ihrer extremen Nähe zu Politik und Propaganda jenes Staates, dem sie ihr Entstehen verdankte, das geringste Hehl.
Rupnow befasst sich zuerst mit Fragen der Begrifflichkeit (jüdische Studien, Judaistik, Judenforschung usw.), geht dann |
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Ryback, Timothy W., Hitler’s Private Library. The books that shaped his life. Alfred A. Knopf Publisher, New York 2008. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Welche Bücher das Leben Adolf Hitlers geprägt haben, ist eine vermutlich viele Menschen bewegende Frage, hat er doch die Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts in vielen Verderben und Vernichtung bringenden Zügen beeinflusst oder gestaltet. Dementsprechend ist Timothy Rybacks Werk auf das Interesse verschiedener Gelehrter gestoßen. Leider hat der Verleger keine Möglichkeit gesehen, ein Rezensionsexemplar zur Verfügung zu stellen, so dass der Herausgeber hilfsweise mit einigen Zeilen auf das Buch hinweisen muss.
Der an der Harvard University, am Salzburg Seminar (1990) und zuletzt an der Académie Diplomatique Internationale in Paris tätige Verfasser beginnt seine Studie mit dem Hinweis, dass Hitler nach eigenen Angaben mindestens ein Buch pro Nacht las oder anlas, und kommt im Laufe seiner Betrachtungen zu dem Ergebnis, dass Hitler ein unsystematisch vorgehender Sammler war, der seine einst etwa 16000 Bände umfassende Buchsammlung niemals in die Hände eines ausgebildeten Bibliothekars gab. Am Ende seines Lebens hatte er Bestände in Berlin, München und auf dem Obersalzberg, von denen allerdings kein vollständiger Katalog vorhanden ist, aber mehr als 1200 Stücke in der Library of Congress der Vereinigten Staaten von Amerika aufbewahrt sind.
In neun Kapiteln schreitet der Verfasser vom Jahre 1915 bis zum Jahre 1945 voran. Auf diesem Wege begegnen beispielsweise Goethe, Shakespeare, Osborn, Adolf Meyer, Peer Gynt, Anton Drexler, Ernst Jünger, Fichte, Hans F. K. Günther, Moeller van den Bruck (nicht Moeller von den Bruck), Alois Hudal, Alfred Rosenberg, Geheime Wissenschaften des 17. Jahrhunderts, Max Riedel, Hugo Rochs, Heigls’ (nicht Hiegl’s) Taschenbuch der Tanks und Historien vom alten Fritz in anschaulicher Hervorhebung neben vielem Anderen. Zwar gelingen dem Verfasser dam |
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Sauer, Barbara/Reiter-Zatloukal, Ilse, Advokaten 1938 - Das Schicksal der in den Jahren 1938 bis 1945 verfolgten österreichischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, hg. v. Verein zur Erforschung der anwaltlichen Berufsgeschichte der zwischen 1938 und 1945 diskreditierten Mitglieder der österreichischen Rechtsanwaltskammern. Manz, Wien 2010. 386 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Mit dem vorliegenden Werk werden in Kurzbiographien alle verfolgten österreichischen Rechtsanwälte erfasst, die in der NS-Zeit aufgrund ihrer jüdischen Herkunft (1830 Rechtsanwälte) oder aus politischen und sonstigen Gründen (89 Rechtsanwälte) ihre Zulassung zur Advokatur verloren. Das Werk geht zurück auf einen Beschluss des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages im Jahre 2008, in dem auch der im Buchtitel genannte Verein begründet wurde. Erarbeitet wurde das Werk von Ilse Reiter-Zatloukal (Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien) und der Historikerin Barbara Sauer (S. 14). Im ersten Einleitungsteil beschreibt Reiter-Zatloukal die österreichische Rechtsanwaltschaft von 1918 bis 1938 (S. 1-31). Nach einem Abschnitt über den Antisemitismus seit dem Fin de siècle behandelt sie die schlechte wirtschaftliche Lage der Anwaltschaft in der Ersten Republik und unter dem Austrofaschismus, deren Organisation und Berufsausübung sowie die „Anwälte in öffentlichrechtlichen Funktionen“. Seit 1851 bestanden in Österreich Rechtsanwaltskammern; seit 1869 war die freie Advokatur gewährleistet, die in Preußen erst 1879 mit der Reichsrechtsanwaltsordnung eingeführt wurde. Erste Eingriffe in die Standesautonomie fanden bereits 1935 statt (S. 25). Mit dem „Anschluss“ Österreich an das Deutsche Reich wurde die deutsche Gesetzgebung zur Rechtsanwaltschaft inhaltlich sukzessive eingeführt (Texte S. 28 im Beitrag von Sauer).
Seit einer Verordnung vom 31. 3. 1938 konnte der Reichsjustizminister jüdischen Rechtsanwälten und Verteidigern in Strafsache |
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Schaller, Karlheinz, Fabrikarbeit in der NS-Zeit. Arbeiter und Zwangsarbeiter in Chemnitz 1933-1945. Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 175 S., 51 sw. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schaller, Karlheinz, Fabrikarbeit in der NS-Zeit. Arbeiter und Zwangsarbeiter in Chemnitz 1933-1945. Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 175 S., 51 sw. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Werk ist der vierte Band des Geschichtsprojekts der Chemnitzer Verwaltungsstelle der IG Metall. Verfasst ist es von dem langjährigen Bearbeiter der Geschichte der Chemnitzer Arbeiterschaft, der sich 2001 mit der Geschichte der Chemnitzer Arbeiterschaft vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg, 2003 mit der Zeit vom ersten Weltkrieg bis zur Inflation und 2007 unter dem Stichwort Sechstagerennen mit dem Alltag Chemnitzer Fabrikarbeiter in der Weimarer Republik befasst hat. Damit ist auf der Grundlage vielfältiger, dichter Quellen des sächsischen Staatsarchivs Chemnitz, des Stadtarchivs Chemnitz und des Chemnitzer Industriemuseums eine beeindruckende Geschichte der Arbeit in Chemnitz von der Industrialisierung bis zum Ende des zweiten Weltkriegs vorgelegt.
Der Verfasser beginnt nach einem kurzen Geleitwort mit Hakenkreuzen über Chemnitz und schließt daran die nationalsozialistische Arbeitsordnung samt der Betriebsgemeinschaft in der Praxis, die Risse wie Kitt aufweist, an. Von hier aus geht er zur Arbeitsordnung im zweiten Weltkrieg über und schildert den Wandel der Belegschaftsstruktur im Wege des Ersatzes von Stammbelegschaften durch Zwangsarbeiter. Am Ende wendet er sich dem von Denunziation, Verrat und Solidarität sowie Verfall der Arbeitsdisziplin gekennzeichneten Fabrikalltag im Krieg zu.
Im Ergebnis ermittelt er eine absolute Verfügungsgewalt über die Arbeitskräfte anstrebende Arbeitsordnung, mit welcher der Verfasser eine skrupellose, in vielem verbrecherische Maschinerie verbindet. Trotz aller Bemühungen unterlief der Arbeitsalltag dieses System aber an vielen Stellen, so dass erhebliche Widersprüche zu den Zwängen der industriellen Produktion entstanden. Möge diese interessante, durch Abbildungen und ein |
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Scharnhop, Christopher, Das Lüneburger Notariat im 19. Jahrhundert. Eine Untersuchung zum öffentlichen Notariat unter besonderer Berücksichtigung der Notariatsinstrumente. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2011. XXI, 375 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Scharnhop, Christopher, Das Lüneburger Notariat im 19. Jahrhundert. Eine Untersuchung zum öffentlichen Notariat unter besonderer Berücksichtigung der Notariatsinstrumente. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2011. XXI, 375 S. Besprochen von Werner Schubert.
Regionalgeschichtliche Untersuchungen über das Notariat insbesondere für das 19. Jahrhundert gehören noch immer zu den Desiderata der rechtshistorischen Forschung. Es ist deshalb zu begrüßen, dass Scharnhop sich in seiner Hamburger Dissertation dieser Thematik für das Lüneburger Notariat angenommen hat. Hierbei konnte er auf eine breite, wenn auch wegen der Kriegsverluste reduzierte Quellengrundlage zurückgreifen. Insgesamt sind 258 Jahrgänge von Notariatsinstrumenten von 18 (der insgesamt 44) Lüneburger Notare aus dem Untersuchungszeitraum überliefert. Insbesondere sind die Urkundenoriginale aus der französischrechtlichen Zeit fast vollständig erhalten geblieben.
Im ersten Teil seines Werks stellt Scharnhop die für das Notariat im 19. Jahrhundert allgemeinen historischen und rechtlichen Entwicklungen dar (S. 21-91). Öffentliche Notare lassen sich für Lüneburg ab 1352 nachweisen (S. 23). Seit 1705 bildete Lüneburg einen Teil des Großherzogtums Hannover und war somit dem Oberappellationsgericht Celle unterworfen. Die Oberappellationsgerichtsordnung von 1713 verlangte von den durch die Hofpfalzgrafen kreierten Notaren außer einer Prüfung die Immatrikulation am Celler Obergericht. Das Notariat war in der Regel mit der Advokatur verbunden (1803: 8 Notare in Lüneburg). 1810 wurde das Notariatsrecht des Königreichs Westphalen, 1811 das französische Notariatsrecht (Ventôse-Gesetz von 1803) eingeführt, was zur Etablierung des Nurnotariats und zu einer erheblichen Verringerung der Zahl der Notare führte (Nachweise S. 324ff.). 1814/15 wurde der alte Rechtszustand mit Weitergeltung der Reichsnotarordnung von 1512 wiederhergestellt. Eine Verordnung von 1822 untersagte die Kreierung von Nota |
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Schätz, Harald, Die Aufnahmeprivilegien für Waldenser und Hugenotten im Herzogtum Württemberg. Eine rechtsgeschichtliche Studie zum deutschen Refuge (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 177). Kohlhammer, Stuttgart 2010. XXVIII, 448 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die durch Bilder der 1721 erbauten Kirche von Pinache und des Wappens der Waldenser geschmückte, durch verschiedene Abbildungen veranschaulichte Arbeit ist die von Michael Stolleis und Barbara Dölemeyer betreute, in Frankfurt am Main im Frühjahr 2007 angenommene und am 7. Mai 2007 verteidigte rechtswissenschaftliche Dissertation des Verfassers. Auf der Grundlage der einschlägigen Literatur behandelt sie in detaillierter Analyse und zeitlicher Reihenfolge insgesamt die Quellen der Privilegien-Projekte von 1685 und 1687/1688 (Waldenser) und der Privilegien von 1698, 1699 und 1700. Betroffen sind nach der knappen Einleitung etwa 3000 Menschen, die in das Herzogtum Württemberg zuwanderten (zum durch den Verfasser gebotenen Vergleich Brandenburg-Preußen 18000-20000, Hessen-Kassel 3800-4000, Südhessen 3500-4000, Franken 3500-4000, Kurpfalz vorübergehend etwa 3400, Braunschweig 2500, Hansestädte 1500, Baden-Durlach 500, Kursachsen 250, von den 160000-170000 französischen Reformierten [ungefähr ein Fünftel ihrer Gesamtheit], die im Zuge der Glaubensverfolgung ins Exil gingen, kamen zwischen 1680 und 1730 etwa 40000 in die deutschen Territorien).
Zu Beginn erläutert der Verfasser das im Titel verwendete Refuge als die Gesamtheit der Asylländer französisch-reformierter Konfessionsimmigranten. Danach schildert er Erkenntnisinteressen, Forschungsstand und Methode. Dabei erläutert er überzeugend die bisher noch bestehende, von ihm dann geschlossene Forschungslücke.
Augsangspunkt für seine Problematik ist der Widerruf des Edikts von Nantes Heinrichs IV. von Frankreich vom 13, April 1598 durch Ludwig XIV. a |
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Scheibelreiter, Georg, Die Babenberger. Reichsfürsten und Landesherren. Böhlau, Wien 2010. 416 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Obwohl das Geschlecht der Babenberger die Grundlagen der Herrschaft Österreich schuf, bevor in ihrer Nachfolge die Dynastie der Habsburger das Land über mehr als sechs Jahrhunderte beherrschen und sich damit auch in der Erinnerungskultur eine überragende Exklusivstellung sichern sollte, existiert wohl zu einzelnen herausragenden Persönlichkeiten eine umfangreichere Literatur, um Gesamtdarstellungen ist es hingegen weniger gut bestellt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang nur auf die mehrfach aufgelegte, aber bereits 35 Jahre alte Monographie Karl Lechners („Die Babenberger. Markgrafen und Herzöge in Österreich 976-1246“) aus dem Jahr 1976. Es ist daher hoch an der Zeit und kann nur begrüßt werden, dass sich mit Georg Scheibelreiter, Professor für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien und Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, ein Experte des Themas wiederum angenommen hat und dieses auf dem Stand der Forschung und auf einem hohen sprachlichen Niveau zur Darstellung bringt.
Der Verfasser sieht seine Aufgabe dabei nicht darin, seine Leser „mit Wissen um mittelalterliche Fürsten und mittelalterliche Ereignisse gleichsam zu durchtränken, um sie zuletzt verunsichert zurückzulassen“; stattdessen bemühe er sich, „den in modernen Kategorien denkenden und in modernen Wertvorstellungen befangenen, weitgehend säkularisierten Menschen von heute […] eine andere, fremde, aber ebenso fragwürdige Welt“ vor Augen zu führen, „in der sich der Mensch bewähren musste, ohne die vielen Hilfsmittel unserer Tage, aber mit der Kraft und Ausdauer gebenden Überzeugung von der persönlichen Durchsetzungsfähigkeit, dem Wissen um den Rückhalt in Sippe und Verwandtschaft, dem Glauben an die sinnvolle Ordnung des Sichtbaren als eigentümlicher Grundlage der |
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Scheifele, Angelika, Zivilprozessrecht in Baden 1803-1864 (Elektronische Ressource. Entwicklung des Zivilprozessrechts und der Stellung des Zivilrichters im Verfahren - Darstellung und Erklärungsansätze. Diss. jur. Konstanz 2008. urn:nbn:de:bsz:352-opus-73317). Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Scheifele, Angelika, Zivilprozessrecht in Baden 1803-1864 (Elektronische Ressource. Entwicklung des Zivilprozessrechts und der Stellung des Zivilrichters im Verfahren - Darstellung und Erklärungsansätze. Diss. jur. Konstanz 2008. urn:nbn:de:bsz:352-opus-73317). Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hans-Wolfgang Strätz betreute, am 10. Juli 2008 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie betrifft einen wichtigen Ausschnitt aus der partikularen deutschen Zivilprozessrechtsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Für sie hatte sich früh ein ausgezeichneter Sachkenner interessiert, der aber nach Kenntnis der Veröffentlichungsart die weitere Kenntnisnahme unterließ, so dass der Herausgeber auf Grund eines ausgeliehenen Ausdrucks mit einigen Worten auf die Studie hinweisen darf.
Die Verfasserin gliedert ihre anerkennenswerte Arbeit in vier Teile und ein Literaturverzeichnis. Nach Schilderung des Forschungsstands beschreibt sie knapp und klar den historischen Kontext von Staat, Verwaltung, Gerichtsorganisation und Zivilprozess. Im Hauptteil untersucht sie sorgfältig die Entwicklung der Prozessgesetze (1752, 1803, 1831, 1851, 1864) in Bezug auf Zuständigkeit, Gerichtsverfassung, Prozessgrundsätze, Verfahrensgestaltung, Beweisverfahren, Beweismittel, Beweisregeln, Beweiswürdigung, Urteil und Rechtsmittel.
Im Ergebnis stellt sie einleuchtend fest, dass sich das Prozessrecht im 19. Jahrhundert in allgemeinen Merkmalen und einzelnen Details vom gemeinrechtlichen zum modernen Prozess entwickelte. Hinsichtlich der Erklärung entscheidet sie sich gegen eine politische Deutung und für eine systemtheoretische Deutung. Dabei nimmt sie abschließend an, dass in einer Zeit gesellschaftsstrukturellen Umbruchs die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten der Gesetzgeber auf den Prozess und das Rechtssystem im Einzelnen geringer waren als die Wechselwirkungen des gesetzten Rechtes |
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Scheller, Benjamin, Memoria an der Zeitenwende. Die Stiftungen Jakob Fuggers des Reichen vor und während der Reformation (ca. 1505-1555) (= Veröffentlichungen der schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 4, 28 = Studien zur Fuggergeschichte 37 = Stiftungsgeschichten 3). Akademie, Berlin 2004. 350 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Scheller, Benjamin, Memoria an der Zeitenwende. Die Stiftungen Jakob Fuggers des Reichen vor und während der Reformation (ca. 1505-1555) (= Veröffentlichungen der schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 4, 28 = Studien zur Fuggergeschichte 37 = Stiftungsgeschichten 3). Akademie, Berlin 2004. 350 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Jakob Fugger von der Lilie wurde in Augsburg am 6. März 1459 als Sohn des gleichnamigen Kaufmanns Jakob Fugger des Älteren geboren, wurde ab 1473 in Venedig ausgebildet, war zugleich Kleriker und bestimmte seit 1487 die Geschäftspolitik des Handelshauses Fugger. Zwischen 1495 und 1525 war er der bedeutendste Kaufmann Europas.
Berühmt wurde er dauerhaft vor allem durch seine Stiftungen. Sie betrafen vor allem die Grabkapelle bei St. Anna, die Prädikatur bei St. Moritz und die Armensiedlung Fuggerei in der östlichen Vorstadt. Sie sind der sorgfältig untersuchte Gegenstand der Arbeit des Verfassers, die er nach einer Einleitung in drei chronologisch geordnete Teile gliedert.
Dabei beginnt er mit den Stiftungen Jakob Fuggers bis 1521, schließt deren Schicksal in der unruhigen und schwierigen Reformationszeit bis 1547/1548 an und beendet seine Darstellung mit der Zeit zwischen 1548 und 1555. Sein vorrangiges Ziel, neben einer Gesamtdarstellung unter dem Gesichtspunkt der Stiftungswirklichkeit zu zeigen, dass die Verflechtung von Sozialgeschichte und Kulturgeschichte, Mikrogeschichte und Makrogeschichte neue Erkenntnisse ermöglicht, hat er ansprechend erreicht. Alle drei Stiftungen bestehen heute noch, wenngleich nur die Stiftung der Fuggerei niemals unterbrochen wurde, so dass nach der abschließenden Ansicht des Verfassers weitere Geschichten von Abbruch, Wiederbeginn und Wandel des menschlichen Wunsches nach Gedenken und Gegenwart unter den Lebenden über den Tod (Jakob Fuggers in Augsburg am 30. Dezember 1525) hinaus bis in die Jetztzeit geschrieben werden könnten.
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Schieder, Wolfgang, Der italienische Faschismus 1919-1945. Beck, München 2010. 127 S. Besprochen von Christoph Schmetterer. |
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Wolfgang Schieder beginnt seine Geschichte des italienischen Faschismus mit einer Analyse von dessen Entstehungsbedingungen. Hier nennt er drei Faktoren: den italienischen Nationalismus, die Besonderheiten des italienischen Parteiensystems unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg (Liberale, Sozialisten und Katholiken konnten jeweils nicht alleine regieren, waren aber auch nicht koalitionsbereit) und die Umstellungsschwierigkeiten von der Kriegs- auf die Friedenswirtschaft.
Für die Zeit von 1919 bis 1922 behandelt Schieder den Faschismus als politische Bewegung. Er beschreibt zwei Wurzeln des Faschismus, nämlich einerseits die fasci in den Städten und andererseits den ländlichen Agrarfaschismus. Erst durch die Kombination beider Elemente konnte der Faschismus zur Massenbewegung werden. Benito Mussolini wurde spätestens auf dem Parteitag von 1922 der eindeutige Anführer (duce) der Faschisten. Er setzte, um an die Regierung zu gelangen, eine bewusste Doppelstrategie ein, indem er einerseits immer seine persönliche Verfassungstreue betonte, andererseits aber stets die Drohung eines Putsches durch die gewaltbereiten Faschisten aufrecht erhielt. Mit dieser Doppelstrategie gelang ihm auch die tatsächliche Übernahme der Regierung, indem er sich selbst als möglichen Ministerpräsidenten für eine Koalitionsregierung darstellte, gleichzeitig aber mit dem Marsch auf Rom drohte. Tatsächlich war die erste Regierung Mussolini eine breite Koalitionsregierung, in der nur fünf (wenn auch zentrale) von fünfzehn Ressorts von Faschisten besetzt waren.
Für die Jahre von 1922 bis 1929 beschreibt Schieder die schrittweise Entwicklung einer faschistischen Diktatur. Noch 1922 konnte Mussolini ein (zunächst befristetes) Ermächtigungsgesetz und ein neues Wahlrecht durchsetzen, wobei letzteres die Partei mit der relativen Mehrheit überpro |
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Schild, Wolfgang, Folter, Pranger, Scheiterhaufen. Rechtsprechung im Mittelalter. Bassermann, München 2010. 192 S., zahlr. Abb. Besprochen von Reinhard Schartl. |
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Der Verfasser, Ordinarius für Strafrecht und Rechtsgeschichte in Bielefeld, hatte bereits mit dem in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts in zwei Auflagen erschienenen Werk „Alte Gerichtsbarkeit“ die Strafrechtspraxis des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit in Text und Bildern dargestellt. Nunmehr legt er eine neu geschriebene und konzipierte dritte Auflage vor, wobei er im Vorwort darauf hinweist, dass der geänderte Titel vom Vrlag vorgegeben worden sei. Dies bemerkt er nicht ohne kritischen Unterton, da mit den Schlagworten „Folter, Pranger und Scheiterhaufen“ zwar das Interesse des Lesers geweckt, der Inhalt des Buches jedoch nicht annähernd ausgeschöpft wird. Gleiches trifft auch für den Untertitel zu, der den behandelnden Zeitraum insofern verkürzt, als die Darstellung bis ins 17. Jahrhundert hineinreicht. Gleichfalls im Vorwort legt der Verfasser Wert auf die Feststellung, dass unsere Vorfahren jener Jahrhunderte nicht, wozu die zeitgenössischen Abbildungen verführen könnten, kindlich naiv aufzufassen seien, sondern denkende und handelnde, jedoch in ein anderes Weltbild eingebundene Subjekte waren. Das in fünf Kapitel gegliederte Buch, das sich nicht nur an den juristisch gebildeten Leser wendet, erläutert im ersten Kapitel das christlich-religiöse Rechtsverständnis. Hier weist der Verfasser auf die Gottbezogenheit des Rechts hin, die bereits in der bekannten Sachsenspiegelstelle „Gott ist selber recht(lich)“ ihren Ausdruck gefunden hat. Schild stellt aber ebenso klar, dass sich die Menschen nicht allein und primär auf die Bibel stützen konnten, weil die dortigen Vorschriften zu allgemein formuliert, oft in ihrem Inhalt umstritten waren und einer genaueren Bestimmung der irdischen Gesetzgeber bedurften. In der Praxis seien deshalb die menschlichen Gesetze in den Vo |
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Schmitt, Carl, „Solange das Imperium da ist“. Carl Schmitt im Gespräch mit Klaus Figge und Dieter Groh 1971, hg., kommentiert und eingel. v. Hertweck, Frank/Kisoudis, Dimitrios in Zusammenarbeit mit Giesler, Gerd. Mit einem Nachwort v. Groh, Dieter. Duncker & Humblot, Berlin 2010. 198 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
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Klaus Figge (1934, Redakteur beim Südwestfunk) und Dieter Groh (1932, Historiker) wurden 1971 von dem Staatsrechtslehrer Carl Schmitt zu einem ausführlichen Interview über seine Sicht der NS-Zeit empfangen. Schmitt war einer der sehr wenigen Rechtsprofessoren, denen in der Bundesrepublik die Rückkehr auf einen Lehrstuhl nach 1945 wegen ihres Engagements im Dienste des NS-Regimes nicht gelungen war. Figge und Groh lebten für das Interview mehrere Tage in Schmitts Haus in Plettenberg mit Schmitt zusammen. Aus dem umfangreichen Mitschnitt der Gespräche entstand eine etwa einstündige Sendung im Südwestfunk, die am 6. Februar 1972 ausgestrahlt wurde. Der Deutschlandfunk sendete sie am 16. Oktober 1972. Gedruckt wurde der Text bei Piet Tommissen, in: „Over en in zake Carl Schmitt“, Brüssel 1975.
Jetzt haben die Herausgeber Hertweck und Kisoudis (1981) die im häuslichen Rahmen von Schmitts „San Casciano“ bei Kerzenlicht, gemeinsamen Mahlzeiten und Moselwein geführten Gespräche nach den Tonbändern des SWR-Archivs originalgetreu in voller Länge publiziert. Sie gehen davon aus, dass es sich bei den Gesprächen um „ein auto-biographischen Dokument ersten Ranges“ handele. Es sei, so meinen sie, „in der Sicherheit des Schweigens“[1] geführt worden, „um ins unsichere Medium des Hörfunks eingespeist zu werden“ (S. 10). Schmitt wollte also nicht verschwiegen bleiben, er suchte, verbannt in die Isolation des Sauerlandes, die (schmerzlich entbehrte?) Öffentlichkeit. Der damals Dreiundachtzigjährige ergriff die Gelegenheit, noch einmal seine Sicht auf seinen Werdegang, seine Sicht der Rechtsentwicklung in der Weimarer und der NS-Zeit |
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Schmitz, Christian, Die Vorschläge und Entwürfe zur Realisierung des preußischen Verfassungsversprechens 1806–1819. Eine rechtliche Bilanz zum Frühkonstitutionalismus der Stein-Hardenberg’schen Reformzeit (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts, Bd. 3). V&R unipress, Göttingen 2010. 461 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus. |
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Der von Heinrich von Treitschke vor eineinhalb Jahrhunderten so bezeichnete „erste preußische Verfassungskampf“, die heftige Auseinandersetzung um das zuerst verkündete, später aber nicht mehr eingehaltene Verfassungsversprechen König Friedrich Wilhelms III., zählt zu den wichtigsten Themen der preußischen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Aus der politischen Entwicklung des Vormärz und vor allem aus der Vorgeschichte der Revolution von 1848/49 ist dieser brisante politische Konflikt kaum fortzudenken. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass bereits seit langem wichtige und z. T. auch materialreiche Arbeiten hierüber vorliegen; angefangen bei Adolf Stern und Paul Haake über Hans Haußherr und Ernst Walter Zeeden bis hin zu Ernst Rudolf Huber, Reinhart Koselleck und Herbert Obenaus. Tatsächlich hat sich Schmitz vorgenommen, in seiner rechtshistorischen (von Jörg-Detlef Kühne betreuten) Dissertation noch einmal im besten Sinne ad fontes zu gehen und besonders diejenigen Materialien in den heute wieder uneingeschränkt zugänglichen Beständen des früheren preußischen Staatsarchivs noch einmal genauer in den Blick zu nehmen, die bisher nur partiell oder auch gar nicht ausgewertet oder die in ihrer Bedeutung verkannt worden sind. So ist eine im besten Sinne mikrohistorisch vorgehende rechts- und verfassungsgeschichtliche Spezialstudie entstanden, in der nicht die einzelnen historischen Akteure im Mittelpunkt stehen, sondern, wie der Verfasser selbst im Vorwort sagt, „sämtliche Vorschläge und Entwürfe eine preußische Verfassung betreffend anhand einheitlicher Untersuchungspunkte“ (S. 9) eingehend und im Detail rekon |
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Schmitzberger, Johanna Gertrude, Das nationalsozialistische Nebenstrafrecht 1933 bis 1945 (= Rechtshistorische Reihe 376). Lang, Frankfurt am Main 2009. XVII, 404 S. Besprochen von Thomas Vormbaum. |
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Mit ihrer von Arno Buschmann betreuten Dissertation bewegt die Verfasserin sich im Überschneidungsbereich zweier Themenfelder: der Entwicklung des Nebenstrafrechts und der nationalsozialistischen Gesetzgebung. Die Arbeit schließt an Werke an, mit denen in den vergangenen Jahren große Teile beider Felder bereits aufgehellt worden sind. So hat Robert Weber 1999 die Entwicklung des Nebenstrafrechts von 1871 bis 1914 dargestellt[1]. Das 1991 erschienene Werk Stefan Werners über „Wirtschaftsordnung und Wirtschaftsstrafrecht im Nationalsozialismus“ [2] geht sachlich und zeitlich weit über seine Themenstellung hinaus und behandelt auch zahlreiche Tatbestände des Nebenstrafrechts und Ordnungswidrigkeitenrechts vor 1933. Zur Gesetzgebung des Nationalsozialismus insgesamt liegt seit 2000 eine Dokumentation von Arno Buschmann vor[3], und Gerhard Werle hat bereits 1989 eine voluminöse Studie über Justiz-Strafrecht und polizeiliche Verbrechensbekämpfung im Dritten Reich vorgelegt, in deren Rahmen er alle wesentlichen Strafgesetze, die in der Zeit von 1933 bis 1945 ergangen sind, dargestellt und analysiert hat[4]. Es fehlte aber noch eine Darstellung, die sich ausschließlich und erschöpfend mit der Nebenstrafgesetzgebung des Nationalsozialismus befasste. Diese legt nun die Verfasserin vor.
Angesichts der erwähnten Vorläufer sind Überschneidungen, vor allem mit dem Werk Werles, unvermeidlich. Dennoch ist es verdienstlich, dass eine erschöpfende Darstellung dieses Bereichs für die Zeit der NS-Herrschaft nunmehr vorliegt, denn jede nähere Betrachtung zeigt, dass die über das 20. Jahrhundert hinweg sich vollziehende numerische und inhaltliche Expansion des Strafrechts nicht nur im Bereich der Kodifikation(en), sondern stärker noch im Nebenstrafrechts stat |
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Schmoeckel, Mathias, Rechtsgeschichte der Wirtschaft. Seit dem 19. Jahrhundert. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XVII, 486 S. Besprochen von Siegbert Lammel. |
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Anlass für diese Darstellung war nach dem Vorwort das Studienprogramm für die Schwerpunktausbildung im Bereich Rechtswissenschaft an der Universität Bonn. Darin ist vorgesehen, dass für die Schwerpunktbereiche (2) Unternehmen, Kapitalmarkt und Steuern, (3) Wirtschaft und Wettbewerb sowie (4) Arbeit und soziale Sicherung jeweils die geschichtlichen Grundlagen des Europäischen Privatrechts unter spezieller Berücksichtigung des Schwerpunktthemas dargeboten werden sollen. Mangels entsprechender umfassender (Lehr-)Bücher entschloss sich Schmoeckel , sein Vorlesungsmanuskript auszuarbeiten und zu veröffentlichen. Thematisch sollten alle wirtschaftlich relevanten Rechtsmaterien erfasst werden, alles, was die Freiheit der Wirtschaftenden auf dem Markt betrifft (so im Vorwort). Als These sollte die prägende Kraft des Kaiserreichs zugrunde liegen, in dieser Zeit sei eine spezifisch deutsche Wirtschaftsordnung entstanden, eine dominierende Mitwirkung des Staates (so Vorwort S. VI). Dementsprechend werden - nach einführenden Teilen bis zur Entstehung des freien Marktes und dem Markt als Wirtschaftsprinzip – als Materien behandelt die Entwicklung des Handelsrechts, gewerblicher Rechtsschutz, Gesellschaftsrecht, Sozial- und Verwaltungsrecht, Kartellrecht, Steuerrecht, Arbeitsvertragsrecht, Tarifvertragsrecht, Recht der betrieblichen Mitbestimmung und schließlich das mit einem Fragezeichen versehenen Weltwirtschaftsrecht; abgeschlossen wird das ganze mit einem Resümee über die politischen Konzepte zur Rechtsordnung der Wirtschaft.
Nun kann man sicher sehr unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob „Wirtschaft“ erst mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert begonnen hat. Dazu bedarf es aber einer Klärung des Ausgangspunktes, ob Wirtschaft oder Wirtschaftsrecht genommen wird. Auch die Au |
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Schmuhl, Elisabeth, Richard Loening (1848-1913) - Ein Strafrechtsgelehrter der „historischen Schule“ - Leben und Werk (= Jenaer Schriften zum Recht 44). Boorberg, Stuttgart 2011. XIII, 189 S. Besprochen von Ralf Lunau. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmuhl, Elisabeth, Richard Loening (1848-1913) - Ein Strafrechtsgelehrter der „historischen Schule“ - Leben und Werk (= Jenaer Schriften zum Recht 44). Boorberg, Stuttgart 2011. XIII, 189 S. Besprochen von Ralf Lunau.
Das „goldene Zeitalter der Sicherheit“ nannte Stefan Zweig jene Epoche vor dem Ersten Weltkrieg, die Biographien wie die Richard Loenings ermöglichte: Bildungsbürger zwischen selbstverständlicher Teilnahme am Feldzug 1870/1871 und Gedichtdeklamationen auf Wanderungen in der Natur, Jude zwischen Emanzipation – wenn auch um den Preis von Assimilation und Konversion – und Antisemitismus im Alltag, Jurist zwischen Paulskirchenverfassung, Historischer Schule und Ernennung zum Geheimen Rat. Die Autorin widmet ihre Arbeit dem Leben dieses Mannes, das schon wegen des Geburts- und Sterbejahres wie eine idealtypische Periodisierung wirkt und aufschlussreiche Fakten zur Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland von der gescheiterten Revolution 1848 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs verspricht. Darüber hinaus erinnert sie an einen Gelehrten, der zuweilen aus dem Blick gerät wegen der Aufmerksamkeit, die seinem Vater geschenkt wird, dem bedeutenden Verleger des deutschen Vormärz und Gründer des Verlages Rütten & Loening, sowie seinem Sohn Hellmuth Loening, dem Präsidenten des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts, des ersten deutschen Oberverwaltungsgerichts, das nach dem Untergang des Nationalsozialismus seine Tätigkeit aufnahm. Die Autorin stellt diese und andere familiäre Verbindungen in ihrer Arbeit ausdrücklich her und gestattet einen exemplarischen Einblick in eine liberale Denktradition, die sich selbst weniger an programmatische Leitlinien bindet, denn als eine Art innere Aristokratie in die Pflicht nimmt. Insofern trägt die Arbeit zu recht den Untertitel Leben und Werk.
Das erste Kapitel der Arbeit widmet sich unter der Überschrift „Vita und Universität Jena“ neben der familiären Herkunft und dem B |
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Schneider, Silke, Verbotener Umgang. Ausländer und Deutsche im Nationalsozialismus. Diskurse um Sexualität, Moral, Wissen und Strafe (= Historische Grundlagen der Moderne 2). Nomos, Baden-Baden 2010. 308 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schneider, Silke, Verbotener Umgang. Ausländer und Deutsche im Nationalsozialismus. Diskurse um Sexualität, Moral, Wissen und Strafe (= Historische Grundlagen der Moderne 2). Nomos, Baden-Baden 2010. 308 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Peter Steinbach betreute und am Arbeitsbereich Historische Grundlagen der Politik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft den institutionellen Rahmen und das forschungspolitische Umfeld findende, im Juli 2008 vom Fachbereich Politik und Sozialwissenschaft der Freien Universität Berlin angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie ist durch einen Ausschnitt aus Frau und Mutter. Lebensquell des Volkes, hg. v. Hagemeyer (1943) veranschaulicht. Sie nimmt einen zwar bekannten, aber bisher wenig beachteten Gegenstand in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und gliedert sich in insgesamt sieben Sachabschnitte.
Zunächst leitet die Verfasserin in die Umgangsdelikte ein und beschreibt Fragestellung, Vorgehen und Aufbau ihrer Arbeit. Vertieft nimmt sie unter der Frage Diskurse in der Diktatur zur Methode Stellung. Danach untersucht sie die völkisch-nationale Literatur (Ferdinand Hoffmann, Ratgeber und Broschüren), juristische Schriften, „kodifizierte“ Umgangsverbote in Gesetzen, Verordnungen, Befehlen und vor Gericht sowie schließlich die Berichte des Sicherheitsdienstes.
Im Ergebnis bejaht sie den diskursanalytischen Zugriff nach dem Vorbild Michel Foucaults. Durch ihre Untersuchung macht sie zugleich den Einfluss historisch sich ändernder Wissensordnungen auf Politik und Bevölkerungsverhalten im Nationalsozialismus sichtbar. Als Ursachen der menschenrechtswidrigen, nur bedingt erfolgreichen Kriminalisierung bestimmten Umgangs ermittelt sie ansprechend die rassenpolitische bzw. rassenhygienische Ausrichtung der nationalsozialistischen Politik, die Verknüpfung privatrechtlicher mit strafrechtlichen Folgen und schließlich die verschärfenden Bedingungen des Krieges, so dass sie |
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Schönfelder, Heinrich, Deutsche Gesetze. Gebundene Ausgabe I/2011. Beck, München 2011. 4256 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Heinrich Schönfelder stammt nicht nur von einem schönen Feld, sondern hat auch sein eigenes Feld schön bestellt. Obwohl der in Nossen in Sachsen am 16. Juli 1902 als Sohn eines Wäschefabrikanten geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Tübingen und Leipzig mit einer Dissertation über die italienische Wahlrechtsreform des Jahres 1923 promovierte Burschenschaftler in seiner fünfzehnjährigen Berufslaufbahn nur zum Amtsgerichtsrat und Kriegsgerichtsrat aufstieg, hatte er die außerordentlich erfolgreichen Ideen einer praktikablen Sammlung deutscher Gesetze und einer Reihe, mit der jeder Student selbst sein Wissen prüfen können sollte. Beides hat über lange Zeit Deutschlands Juristen sichtlich geprägt, für die der sehr rote Schönfelder gewissermaßen zum leuchtenden Kennzeichen wurde.
Seine ersten deutschen Reichsgesetze führen ein Vorwort aus dem Jahre 1931 und sind 1932 erstmals erschienen. In den Jahren, in denen Geld knapp und Zeit vorhanden war, wurden sie auf Grund der relativen Beständigkeit des Rechts ab der vierten Auflage des Jahres 1935 in eine kostensparende aber pflegeintensive Loseblattausgabe umgewandelt, deren Auflagenzahl in die Hunderttausende reichen dürfte. 80 Jahre nach dem ersten Vorwort kehrt der Verlag ohne Angabe von Gründen wieder zur ursprünglichen Form zurück, neben der die Loseblattausgabe „weiterhin lieferbar“ ist.
Die gebundene Ausgabe entspricht in Inhalt und Systematik dem hergebrachten Stand. Ob und wie weit sie bei reichlich Geld und wenig Zeit die Loseblattausgabe ersetzen oder verdrängen wird, muss sich noch wohl auch für den Verlag erst noch erweisen. Trotz aller Vorzüge der Digitalisierung sei dem in Canossa/Provinz Massa Carrara am 3. Juli 1944 kurz vor Vollendung des zweiundvierzigsten Lebensjahrs bei einem Partisanenangriff um sein Leben gekommenen Heinrich Schönfelder gewünscht |
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Schorn-Schütte, Luise, Konfessionskriege und europäische Expansion. Europa 1500-1648 (= beck’sche reihe). Beck, München 2010. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Im Rahmen der vom Verlag C. H. Beck organisierten Geschichte Europas in zehn Bänden ist der vierte Band von Luise Schorn-Schütte bearbeitet. Die in Osnabrück 1949 geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft in Göttingen, Marburg an der Lahn und Münster 1981 mit ihrer Dissertation über Karl Lamprecht - Kulturgeschichtsschreibung zwischen Wissenschaft und Politik promovierte, danach als Hochschulassistentin in Osnabrück und Gießen tätige, 1992 mit der Schrift über evangelische Geistlichkeit der Frühneuzeit - deren Anteil an der Entfaltung frühmoderner Staatlichkeit und Gesellschaft, dargestellt am Beispiel des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, der Landgrafschaft Hessen-Kassel und der Stadt Braunschweig habilitierte, 1993 nach Potsdam und 1998 für neuere allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der frühen Neuzeit nach Frankfurt am Main berufene Verfasserin ist dafür bestens ausgewiesen. Dass ihr Werk nicht die gesamte frühe Neuzeit umfasst, ist durch die Verlagsplanung vorgegeben.
Gegliedert ist das Taschenbuch in insgesamt sieben Teile. Nach dem Zeit, Raum, Wirtschaft, Recht und Religion behandelnden Prolog zu Europa um 1500 behandelt die Verfasserin sachkundig und klar die Verfassung und soziale Ordnung mit dem König an der Spitze, das Verhältnis von Religion und Politik mit der Frage, ob die Reformation als Umbruch verstanden werden kann, die europäischen Konfessionskonflikte seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Dreißigjährigen Krieg, Lebensphasen wie Kindheit, Jugend, Ehe und Alter, Lebensformen wie Bildung, Regionalität und Konfession und schließlich weit ausgreifend die Anfänge europäischer Kolonialbildungen mit einem Schwergewicht auf Nordamerika. Der Epilog zieht danach eine zweite Bila |
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Schraten, Jürgen, Die kollektive Erinnerung von Staatsverbrechen - eine qualitative Diskursanalyse über die parlamentarische Bewertung der SED-Diktatur. Nomos, Baden-Baden 2007. 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schraten, Jürgen, Die kollektive Erinnerung von Staatsverbrechen - eine qualitative Diskursanalyse über die parlamentarische Bewertung der SED-Diktatur. Nomos, Baden-Baden 2007. 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von dem 1946 geborenen Soziologen Helmut Dubiel betreute Gießener Dissertation des Verfassers. Sie will sechzehn Jahre nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zum Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Antwort auf die Frage geben, auf welcher Grundlage zwei über Jahrzehnte gegensätzlich geprägte und in expliziter Abgrenzung zueinander entwickelte Gesellschaften in einem demokratischen Staatswesen kollektive Handlungen legitimieren können. Dabei fragt der Verfasser danach, wie parlamentarisches Handeln, das vor der Bevölkerung der gesamtdeutschen Bundesrepublik als gerechtfertigt gelten kann, unter diesen oberflächlich konfliktträchtig erscheinenden Voraussetzungen möglich ist.
Der Verfasser gliedert seine schlanke Untersuchung nach einer Einleitung über die deutsche Einheit als Problemstellung demokratischer Legitimation in drei Teile, von denen die Diskursanalyse der debatten (!) der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ und „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozess der deutschen Einheit“ am Beginn steht und in 7 Unterpunkte geteilt das Schwergewicht bildet. Dem schließt sich die Betrachtung der Logik der Argumentationen in den Debatten der Enquete-Kommission an. Am Ende behandelt der Verfasser die vollständige Delegitimierung der sozialistischen DDR-Vergangenheit im Zuge der Etablierung eines antitotalitären Konsenses.
Insgesamt kann der Verfasser auf der Grundlage eines etwa 20 Titel umfassenden Literaturverzeichnisses nach seiner Ansicht zeigen, dass die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit eine mögliche Quelle für die Herausbildung konsensualer normativer Hintergrundannahmen dar |
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Schreiber, Horst, Im Namen der Ordnung. Heimerziehung in Tirol, mit Beiträgen von Arora, Steffen/Plangger, Sascha/Seifert, Oliver/Schlosser, Hannes/Schönwiese, Volker (= transblick 6). StudienVerlag, Innsbruck 2010. 405 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schreiber, Horst, Im Namen der Ordnung. Heimerziehung in Tirol, mit Beiträgen von Arora, Steffen/Plangger, Sascha/Seifert, Oliver/Schlosser, Hannes/Schönwiese, Volker (= transblick 6). StudienVerlag, Innsbruck 2010. 405 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Erde ist voll von Vulkanen, in denen es beständig brodelt, aus denen die gefährliche Glut aber selten und dann überraschend zum Ausbruch kommt. Seit vielen Jahrhunderten gibt es zahllose Rechtsbrüche in der sich selbst mit dem Mantel der Nächstenliebe umhüllenden christlichen Kirche wie in zahlreichen anderen menschlichen Einrichtungen auch und doch bedurfte es eines einzelnen Bischofs gewissermaßen als Katalysator, bis die Hülle für einmal ein wenig stärker aufgerissen wurde und sexueller Missbrauch in Kirche und Heimen in Deutschland zumindest so lange Gegenstand öffentlicher Diskussion werden konnte, bis die Erregung erkaltete und das öffentliche Interesse sich wieder anderen neuen Themen zuwandte. Eine gewisse Auswirkung hatte diese unerwartete und vielfach unerwünschte Eruption auch in Österreich, wo plötzlich zumindest vereinzelt eine Erörterung über Heimerziehung möglich wurde.
Ergriffen wurde diese Chance von einer um den Zeithistoriker Horst Schreiber in Innsbruck versammelten Autorengruppe, der es gelang, Politiker für sich und ihr Anliegen zu gewinnen. Auf den Hinweis, dass in den geschlossenen Erziehungsheimen in Tirol eine systematische und strukturelle Missachtung der Menschenrechte in den Formen von Schlagen, Demütigen und Missbrauchen vor sich ging, richtete der zuständige Landesrat eine Steuerungsgruppe und eine Opferstelle des Landes ein, an die sich ehemalige Heimkinder wenden konnten. Wohl nur als kleine Spitze eines Eisbergs meldeten sich daraufhin 79 Betroffene mit ihren zwischen 1950 und 1985 gemachten beschämenden Erfahrungen, die sie im Namen der Ordnung hinnehmen mussten, ohne sich in irgendeiner menschenwürdigen Art und Weise dagegen wehren zu können.
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Schrenck-Notzing, Albert Freiherr von, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (= Schriften zum bürgerlichen Recht 391). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 132 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schrenck-Notzing, Albert Freiherr von, Unerlaubte Bedingungen in letztwilligen Verfügungen (= Schriften zum bürgerlichen Recht 391). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 132 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.
„Grundrechtskitsch“. Das Wort fällt auf S. 47 und es bleibt haften. Es liefert den Bezugsrahmen der leichten und doch mitten ins Herz des Erbrechts zielenden Studie Albert Freiherr v. Schrenck-Notzings, die als Passauer Dissertationsschrift angefertigt wurde. Dabei ist der Verfasser so klug gewesen, das Wort sich nicht ausdrücklich anzueignen, sondern es bei Josef Isensee zu entlehnen und durch das Zitat zu sprechen. Aber genau darum geht es ihm im Kern: Die Lehre von den unzulässigen Potestativbedingungen in einseitig errichteten Verfügungen von Todes wegen in Abgrenzung zur derzeit herrschenden Ansicht vom Prokrustesbett der Drittwirkung der Grundrechte zu befreien und anhand dem Privatrecht entnommener Prinzipien und Wertungen zu einer Lösung bei der Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB auf diese Bedingungen zu gelangen. Auslöser der Untersuchung dürfte der unter preußischen Prinzen vor deutschen Gerichten geführte „Hohenzollern-Streit“ gewesen sein. Schon dadurch erhält die Studie ein rechtshistorisches Kolorit. Natürlich spannt der Verfasser den Bogen weiter und bezieht weitere klassische Streitlagen der Potestativbedingungen in die Betrachtung ein.
Der Autor beginnt seine Untersuchung, die ihren dogmatischen Schwerpunkt im ersten Teil („Schranken der Testiermacht“) hat, mit der Frage, ob Potestativbedingungen gegen § 2065 BGB verstießen und wendet sich dann der Frage nach dem Verstoß gegen § 134 und § 138 BGB zu. Bei der Prüfung des § 138 BGB bildet ein historischer Rückblick auf die von Friedrich Carl von Savigny, Georg Friedrich Puchta und Bernhard Windscheid vertretenen Positionen zur Streitfrage den ersten Schwerpunkt. v. Schrenck-Notzing hält sich hier nicht lange mit Vorreden und Einleitungen auf, sondern bezieht sich |
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Schulz, Gerhard, Mitteldeutsches Tagebuch. Aufzeichnungen aus den Anfangsjahren der SED-Diktatur 1945-1950, hg. v. Wengst, Udo (= Biographische Quellen zur Zeitgeschichte 25). Oldenbourg, München 2009. 269 S. Besprochen von Gerhard Köbler.. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schulz, Gerhard, Mitteldeutsches Tagebuch. Aufzeichnungen aus den Anfangsjahren der SED-Diktatur 1945-1950, hg. v. Wengst, Udo (= Biographische Quellen zur Zeitgeschichte 25). Oldenbourg, München 2009. 269 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der letzten Nacht ist der erste Schnee gefallen, so beginnt in Mahlis zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz am 15. November 1945 das Tagebuch des am 24. August 1924 in Sommerfeld in der schlesischen Niederlausitz als Sohn des Leiters der dortigen Stadtwerke geborenen Gerhard Schulz, den der Gedanke an „unser gutes Haus, die warmen Stuben und die Geborgenheit daheim wehmütig stimmt und manches Mal Tränen in die Augen treten lässt“. Drei Tage später führt er aus: „Je öfter ich in unsere heutigen Zeitungen schaue, desto verlogener und falscher erscheinen mir die kommunistischen Parolen und Phrasen vom Nationalbewusstsein, Zusammengehörigkeitsgefühl des deutschen Volkes, von der Betonung des Eigentumsprinzips und der Ablehnung des bolschewistischen Kollektivgedankens. Die Kommunisten tarnen sich“.
Am 28. April 1950 hält er fest: „Wenn ich jemals gemeint habe, Bürokratie zu kennen, so bin ich in der letzten Woche eines Besseren belehrt worden“. Aber er ist jetzt Berliner Einwohner, genießt Asylrecht und ist Student der Freien Universität, freilich noch unter Vorbehalt. Hier wird er im Oktober 1952 mit der von Hans Herzfeld betreuten Dissertation über die deutsche Sozialdemokratie und die Entwicklung der auswärtigen Beziehungen vor 1914 promoviert und nach Wechseln an die Deutsche Hochschule für Politik und in die historische Abteilung des Instituts für politische Wissenschaft der Freien Universität (1955) im November 1960 über Verfassungspolitik und Reichsreform in der Weimarer Republik der Jahre 1919 bis 1930 unter der Betreuung durch Hans Herzfeld habilitiert.
In der kurzen Einleitung schildert sein Schüler Udo Wengst den weiteren Werdegang des von 1961/1962 bis zu seinem Tode im April 2 |
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Schulze, Hans K., Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. Band 4 Das Königtum (= Urban Taschenbuch 464). Kohlhammer, Stuttgart 2011. 230 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schulze, Hans K., Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. Band 4 Das Königtum (= Urban Taschenbuch 464). Kohlhammer, Stuttgart 2011. 230 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der bekannte Marburger Mediävist befasst sich seit langem mit den Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. Deren erster Band betrifft Stammesverband, Gefolgschaft, Lehnswesen und Grundherrschaft und erschien 2004 in aktualisierter vierter Auflage. Der zweite Band behandelte Familie, Sippe und Geschlecht, Haus und Hof, Dorf und Mark, Burg, Pfalz und Königshof sowie die Stadt (3. verbesserte Auflage 2000).
1998 schritt der Verfasser zu Kaiser und Reich weiter. Der vierte, bereits 2004 angekündigte Band, mit dem die Reihe abgeschlossen werden soll, befasst sich mit wichtigen Aspekten der mittelalterlichen Königsherrschaft in systematischer Form. Er beruht nach Angabe des Verfassers auf einer Reihe von in Marburg in den letzten Semestern gehaltenen Vorlesungen und will die Möglichkeit bieten, verfassungsgeschichtliche und rechtsgeschichtliche Sachverhalte kennen zu lernen und sich mit geschichtswissenschaftlichen Fachbegriffen vertraut zu machen.
Das Taschenbuch beginnt mit Ursprung und Begriff des Königtums und erörtert danach die frühmittelalterlichen Grundlagen der Königsherrschaft, Thronfolge und Königswahl mit den Sonderfällen Regentschaft, Reichsverweserschaft und Reichsvikariat, den Königshof als Zentrum der (modern formulierten) Reichsregierung, das Reisekönigtum als (modern formulierter) Regierungsform, den (modern formulierten) Aktionsraum des fränkischen und deutschen Königtums, den Königsschatz und das Königsgut oder Reichsgut. Obwohl an sich jedes Kapitel in sich abgeschlossen ist und deshalb auch ohne Kenntnis der anderen Kapitel benutzt werden kann, empfiehlt der Verfasser doch zur Ergänzung des vierten Bandes die Benutzung des dritten Bandes. Wer insgesamt alle Bände der erfolgreichen Reihe sorgfältig zur Kenntnis nimmt, wird reich |
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Schulze, Renate, Justus Henning Böhmer und die Dissertationen seiner Schüler. Bausteine des Jus Ecclesiasticum Protestantium (= Jus Ecclesiaticum 90). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 213 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schulze, Renate, Justus Henning Böhmer und die Dissertationen seiner Schüler. Bausteine des Jus Ecclesiasticum Protestantium (= Jus Ecclesiaticum 90). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 213 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Die vorliegende Studie, eine von Michael Stolleis betreute Frankfurter rechtsgeschichtliche Dissertation, ist einem Rechtsgelehrten gewidmet, der von Vielen als der Vater des evangelischen Kirchenrechts angesehen wird und der zu den wenigen Vertretern der von Savigny verachteten gemeinrechtlichen Jurisprudenz des 18. Jahrhunderts zählt, die vor seinen kritischen Augen Gnade fanden. Im Zentrum der Arbeit der Verfasserin steht Böhmers Rolle bei der Ausbildung des protestantischen Kirchenrechts und hier vor allem die Untersuchung seines kirchenrechtlichen Hauptwerkes „Jus Ecclesiasticum Protestantium“ und dessen Verhältnis zu den zahlreichen kirchenrechtlichen Dissertationen, die unter dem Vorsitz von Böhmer entstanden sind. Im Sinne der modernen Disputationsforschung will sie zu klären versuchen, wie sich Themen und Thesen der Dissertationen zum Inhalt der fünf Bände des „Ius Ecclesiasticum Protestantium“ verhalten und welche Funktion diese im Hinblick auf Entstehung und Inhalt des Werkes einnahmen. Zugleich möchte sie herausfinden, ob und in welchem Umfang sich in diesen kirchenrechtliche Streitfragen und Ordnungsprobleme der Zeit spiegeln und welche Lösungsvorschläge formuliert wurden. Schließlich möchte sie einen Beitrag zur Antwort auf die bekannte Frage liefern, ob und inwieweit das „Ius Ecclesiasticum Protestantium“ eine Übertragung der Methode des Usus modernus Pandectarum auf das protestantische Kirchenrecht darstellt oder nicht.
Die Verfasserin beginnt ihre Darstellung mit einer Schilderung der Anfänge der juristischen Fakultät der Universität Halle im 18. Jahrhundert und der Stellung des protestantischen Kirchenrechts im Rahmen des vor allem von Thomasius’ Vorstellungen und Zielen beeinflussten akademische |
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Schulze, Ursula, Studien zur Erforschung der deutschsprachigen Urkunden des 13. Jahrhunderts. Erich Schmidt, Berlin 2011. 248 S. Besprochen von Hans Hattenhauer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schulze, Ursula, Studien zur Erforschung der deutschsprachigen Urkunden des 13. Jahrhunderts. Erich Schmidt, Berlin 2011. 248 S. Besprochen von Hans Hattenhauer.
Nachdem im Jahre 2004 das 1907 von Friedrich Wilhelm (1882-1939) begonnene große Werk des „Corpus der altdeutschen Originalurkunden bis zum Jahr 1300“ zum Abschluss gebracht werden und auch ins Internet gestellt konnte, liegt seit 2010 nun auch das darauf gegründete und zuletzt von Ursula Schulze betreute, dreibändige „Wörterbuch der Mittelhochdeutschen Urkundensprache“ (WMU) vollständig vor. Die hier vorgelegte Sammlung der von der Ursula Schultze zu diesem Vorhaben verfassten Aufsätze ist gewissermaßen ein Nachwort zu den beiden Großprojekten. Es war ein Glücksfall, dass das Corpus der altdeutschen Originalurkunden allen Widerständen zum Trotz zustande hat gebracht werden können. Wer davon und von den Bedingungen und Schwierigkeiten der Forschungsförderung zur Zeit der Ordinarienuniversität etwas erfahren will, lese Friedrich Wilhelms Vorrede zu Band I (1932) und Richard Newalds Nachruf auf Friedrich Wilhelm in der Vorrede zu Band II (1943) des Corpus. Ohne Wilhelms um der Edition willen erlittenen akademischen Kränkungen und seine Opfer an Vermögen und Gesundheit gäbe es das Corpus heute nicht. Die meisten der darin vereinigten Urkunden behandeln Gegenstände der Rechtspraxis, insbesondere die Beurkundung von Rechtsgeschäften und Setzung von Rechtsnormen. Dem entspricht das reiche Rechtsvokabular des Wörterbuchs. So können beide auch von den Rechtshistorikern für die Erforschung der mittelalterlichen Rechtsgeschichte als reiche Quellen genutzt werden, wenn unsere Zunft sie denn wahrnimmt. Hier lässt sich die Geographie des Aufkommens und der Ausbreitung der deutschen Rechtssprache mit Händen greifen, findet sich reiches Material zum lateinisch-deutschen Übersetzungsproblem, lassen sich deutschsprachige Neuschöpfungen entdecken und anderes mehr. Das Wörterbuch ist eine hilfreiche |
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Schumacher, Meinolf, Einführung in die deutsche Literatur des Mittelalters. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010. 144 S., 8 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Dortmund 1954 geborene Verfasser wurde nach dem Studium von Germanistik, Philosophie, Ethnologie und Erziehungswissenschaften in Münster 1994 mit einer vom Cusanuswerk geförderten Untersuchung über Sündenschmutz und Herzensreinheit - Studien zur Metaphorik der Sünde in lateinischer und deutscher Literatur des Mittelalters promoviert. Im Jahre 2000 wurde er in Wuppertal mit einer in der Deutschen Nationalbibliothek anscheinend noch nicht verzeichneten Schrift habilitiert. Seit 2007 ist er als Universitätsprofessor für germanistische Mediävistik in Bielefeld tätig.
Seine Einführung gliedert er in fünf Teile, wobei er zunächst die Epoche Mittelalter an Hand von Lateinkultur, Kirchenkultur, Adelskultur und Handschriftenkultur mit einem klaren Einschnitt um 1500 bestimmt und in seinem Forschungsbericht zwischen der Rezeption mittelalterlicher Literatur vom Humanismus bis zur Postmoderne und dem Gegenstand Altgermanistik, germanistische Mediävistik und ältere deutsche Literaturwissenschaft trennt. Bei den Kontexten erörtert er Stimme, Gedächtnis, Schrift, Tafeln, Buchformen, Beschreibstoffe, Bild, Edition und Übersetzung sowie Gott und die Welt. Bei den Aspekten der Literatur behandelt er Rhetorik, Autor, Vers, Epik, Lyrik, Theatralität und pragmatische Schriftlichkeit.
Einem kleinen Ausblick, nach dem die mittelalterliche Literatur ganz aus dem Deutschunterricht zu verschwinden droht, folgen Bibliographie, Abkürzungen und Register. Insgesamt bietet der schmale, vor allem für Grundkurse in Bachelorstudiengängen gedachte Band einen realistischen Überblick über den gegenwärtigen Stand des Faches. Man kann ihm nur wünschen, dass er die angesprochenen Leser tatsächlich findet.
Innsbruck Gerha |
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Schürmann, Maria Cornelia, Iurisprudentia Symbolica. Rechtssymbolische Untersuchungen im 18. und 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichtliche Studien 41). Kovač, Hamburg 2011. VIII, 301 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Peter Oestmann betreute, im Projekt Symbole im Gerichtsverfahren des Sonderforschungsbereichs 496 verwirklichte Dissertation der einst bei Andreas Thier als studentische Hilfskraft wirkenden Verfasserin. In der kurzen Einleitung beschreibt sie Forschungsstand, Forschungsziel, Quellenlage und Vorgehensweise. Auf der Grundlage einleuchtender Spurensuche (u. a. unter symbol, symbolic, ritus, ritual, rechtssymbol und rechtsritual) in etwa 120000 Dissertationen behandelt sie im Kreise von insgesamt 22 einschlägigen Titeln zwischen 1673 und 1757, darunter 19 juristische Dissertationen aus Altdorf, Frankfurt an der Oder, Jena, Gießen, Kiel, Marburg, Rostock, Straßburg und Wittenberg, drei Werke zur iurisprudentia symbolica, die Rechtsaltertumsforschung Jacob Grimms und der Nachfahren August Ludwig Reyscher und Ferdinand Wolf und vergleicht beides miteinander.
Als Vertreter der iurisprudentia symbolica erscheinen vor allem Johann Tobias Hoffmann (1693-1742? Jena, Dissertation), Johann Wilhelm Hoffmann (1710-1739 Frankfurt an der Oder, Dissertation) und Everhard Otto (1685-1756, De iurisprudentia symbolica exercitationum trias, Utrecht 1730 364 Seiten, überwiegend sehr alte, insbesondere antike Quellen), wobei die Verfasserin diese Werke als eigenständige, insgesamt 14 Werke umfassende Richtung in der gelehrten Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts (zwischen 1673 und 1777) neben dem usus modernus einordnet. Wichtigstes Zeugnis der ebenfalls nur auf das vergangene Recht, nicht dagegen auf das Verständnis des geltenden Rechtes bezogenen Rechtsaltertumsforschung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Jacob Grimms (1785-1863) erstmals 1828 erschienene Deutsche Rechtsaltertümer. An Hand der sorgfältig |
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Schütterle, Juliane, Kumpel, Kader und Genossen. Arbeiten und Leben im Uranbergbau der DDR. Die Wismut-AG (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2010. 297 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Lutz Niethammer betreute, im Dezember 2007 von der philosophischen Fakultät der Universität Jena angenommene, von der Wismut GmbH in Chemnitz und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur finanziell geförderte Dissertation der Verfasserin. Sie betrifft ein von Geheimdienstoffizieren Josef Stalins im Erzgebirge gegründetes Unternehmen, das ab 1947 mit mehr als 40000 Beschäftigten mehr als 40 Jahre Uranerz für Atomwaffen der Sowjetunion gefördert hatte. Als Folge der deutschen Einheit wurde es unter persönlichen Abfindungen von 20000 bis 20000 Mark in ein bundeseigenes Unternehmen umgewandelt, das mit einem Zehntel der bisherigen Belegschaft Abwicklung, Sanierung und Stilllegung des Uranerzbergbaus betrieb.
Gegenstand der Untersuchung ist der Mikrokosmos Wismut mit den Facetten Organisations- und Arbeitergeschichte, Geschichte der Arbeiter im Staatssozialismus und Sozialgeschichte eines besonderen Betriebs. Dementsprechend gliedert sich die Untersuchung außer in Einleitung (Fragen, Forschungsstand, Quellen) und Resümee in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Entwicklung des Uranerzbergbaus in der SBZ/DDR, die Arbeitsbeziehungen im Uranerzbergbau, die Sozialpolitik, die gesellschaftliche Einordnung und den Betriebsalltag.
Insgesamt kann die Verfasserin überzeugend zeigen, wie das Zehntausenden Arbeit und Tausenden Tod bringende, als drittgrößter Uranhersteller der Welt 230000 Tonnen reinen Urans gewinnende Unternehmen sich (aus einer Art Straflager) zu einem Staat im Staate und zu einem der am besten ausgestatteten Industriezweige entwickelte. Da die Bediensteten zahlreiche Vorteile genossen, stiftete die Zugehörigkeit zu Wismut Identität und Loyalität zu Staat und Partei, s |
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Schützenmeister, Axel, Franz Beyerle - Leben und Werk (= Leipziger juristische Studien, Rechtshistorische Abteilung 4). Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2008. 262 S., zusätzlich CD mit 166 S. Besprochen von Clausdieter Schott. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schützenmeister, Axel, Franz Beyerle - Leben und Werk (= Leipziger juristische Studien, Rechtshistorische Abteilung 4). Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2008. 262 S., zusätzlich CD mit 166 S. Besprochen von Clausdieter Schott.
Franz Beyerle (1885-1977) gehört zweifellos zu jenen Rechtshistorikern, denen auch seitens der nachfolgenden Generationen noch besondere Beachtung zuteil wird. Das mag zunächst einen äußeren Grund insofern haben, als an dem einen oder andern seiner zahlreichen akademischen Wirkungsorte das Interesse an der jüngeren Fakultätsgeschichte geweckt und wach gehalten wurde. Dies gilt vor allem für Frankfurt am Main, wo zunächst Bernhard Diestelkamp in mehreren Publikationen Beyerles Tätigkeit und Rolle in einem vorerst noch liberalen, später schwierigen Umfeld eingehend darstellte (aufgelistet im Literaturverzeichnis S. 211f.). Mit der gesamten Biographie Beyerles befasste sich sodann die Frankfurter Dissertation von Florian G. Dürselen („Franz Beyerle. Leben, Ära und Werk eines Rechtshistorikers, Frankfurt 2005, besprochen von Adolf Laufs in ZRG GA 123, 2006, S. 774f.). Wiederum Vita und Werk Beyerles sind nunmehr Gegenstand der vorliegenden Dissertation aus Leipzig, wo Beyerle in den Jahren 1934-1938 maßgeblich neben dem obligaten Bürgerlichen Recht und dem Handelsrecht die deutsche Rechtsgeschichte vertrat. Offensichtlich sind die Arbeiten von Dürselen und Schützenmeister streckenweise parallel entstanden und man darf dem späteren Bearbeiter anerkennend attestieren, dass er sich durch die überholende Publikation nicht hat abschrecken lassen, sondern in durchaus eigenständiger Weise sein Thema bewältigt hat.
Das Interesse an Beyerles Leben und Werk hat aber auch einen inneren Grund, gehörte er doch unstreitig zu den führenden Rechtshistorikern des 20. Jahrhunderts. Nicht zuletzt lädt jedoch sein eigenwilliges, aufgeschlossenes und vielseitiges Profil geradezu dazu ein, sich mit seiner Person und seiner Arbei |
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Schwanke, Bettina, Die verfassungsrechtliche Entwicklung des staatlichen Erziehungsrechts und der allgemeinen Schulpflicht im Spannungsfeld zur Glaubensfreiheit in der Schule (= Geist und Wissen 7). Verlag Ludwig, Kiel 2010. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwanke, Bettina, Die verfassungsrechtliche Entwicklung des staatlichen Erziehungsrechts und der allgemeinen Schulpflicht im Spannungsfeld zur Glaubensfreiheit in der Schule (= Geist und Wissen 7). Verlag Ludwig, Kiel 2010. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die unter das Motto „Der Wissende weiß, dass er glauben muss“ gestellte Arbeit ist die von der Universität Düsseldorf 2009 angenommene juristische Dissertation der nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bochum und einem Aufbaustudium Geschichte in Duisburg promovierten, als Rechtsanwältin und im Schulministerium Nordrhein-Westfalens sowie im Nebenamt an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung im Fach Staats- und Verfassungsrecht tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich nach dem Inhaltsverzeichnis in vier oder fünf Kapitel. Dabei stellt die Einleitung die Problemlage vor, in welcher der Buchtitel nach der Glaubensfreiheit noch um das elterliche Erziehungsrecht erweitert erscheint.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der normativen Ausgangslage und greift im Rahmen der rechtshistorischen und rechtsphilosophischen Entwicklung des staatlichen Erziehungsauftrags und der staatlichen allgemeinen Schulpflicht bis zu Platon und Aristoteles zurück. Danach werden etwa Erasmus, Zasius, Luther, Locke, Grotius, Pufendorf, Fichte, Wolff, Kant, von Humboldt, Hegel, von Stein, Marx, Ruge oder Radbruch erfasst. Dieser durchaus verdienstvolle Überblick endet im 21. Jahrhundert bei dem neuen Landesschulgesetz.
Auf dieser Grundlage wendet sich die Verfasserin ausführlich ihrer Sachthematik verfassungsrechtlicher Grundsätze des staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags in Abgrenzung zur Glaubensfreiheit und zum elterlichen Bildungsrecht zu und geht dabei besonders auf die Artikel 1, 3, 4, 6 un7 des Grundgesetzes ein. Im dritten Kapitel untersucht sie religiöse Symbole (Kruzifix und Kreuz, religiöse Bekleidung). Am Ende folgen unter V. ein Ausblick und (15) Thes |
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Schwarz, Erika, Juden im Zeugenstand - die Spur des Hans Globke im Gedächtnis der Überlebenden der Schoa (= Schriftenreihe des Centrum Judaicum 8). Hentrich& Hentrich, Berlin 2009. 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwarz, Erika, Juden im Zeugenstand - die Spur des Hans Globke im Gedächtnis der Überlebenden der Schoa (= Schriftenreihe des Centrum Judaicum 8). Hentrich& Hentrich, Berlin 2009. 260 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Berlin-Ost, der ehemaligen Hauptstadt der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik begann in Abwesenheit des steckbrieflich gesuchten Angeklagten am 8. Juli 1963 ein Strafverfahren gegen Hans Josef Maria Globke (1898-1973), den ehemaligen Ministerialrat des Innenministeriums des Deutschen Reiches und Preußens und Mitverfasser eines Kommentars zum Reichsbürgergesetz, Blutschutzgesetz und Ehegesundheitsgesetz (Stuckart/Globke), späteren Ministerialdirigenten im Bundeskanzleramt Konrad Adenauers und ab 1953 Staatssekretär, wegen Menschlichkeitsverbrechen, Kriegsverbrechen und Mitwirkung an der Vernichtung ganzer Völkergruppen und Millionen von Menschen. Zur Vorbereitung war die Idee entstanden, Zeitzeugen nach ihren persönlichen Erfahrungen aus der Zeit ihrer Verfolgungen, Vertreibungen und des Massenmordens mit dem Ziel zu befragen, prozessverwertbare Angaben zu erhalten, mit denen sich das dokumentarische Material der Anklage gegen Globke ergänzen und erhärten ließ. Dementsprechend führten vom 2. Mai 1963 bis zum 7. Juli 1963 73 Staatsanwälte und 48 Angehörige der Volkspolizei in 13 Bezirken der Deutschen Demokratischen Republik an Hand einer Anleitung Befragungen von 336 Frauen und 300 Männern als Zeugen durch (Berlin 253, Dresden 28, Erfurt 70, Frankfurt an der Oder 23, Gera 2, Halle 2, Karl-Marx-Stadt 18, Leipzig 96, Magdeburg 75, Potsdam 54, Rostock 2, Schwerin 12, Suhl 1, Cottbus 0, Neubrandenburg 0).
Von den 2004 noch lebenden damaligen Zeugen konnte sich kein einziger noch an seine Vernehmung im Jahre 1963 erinnern. Deswegen dient eine vom Bundesministerium des Innern finanziell unterstützte Veröffentlichung der damaligen Vernehmungsprotokolle der Dokumentation. Sie beschränkt sich auf Auszüge aus 128 |
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Schwelling, Birgit, Heimkehr - Erinnerung - Integration. Der Verband der Heimkehrer, die ehemaligen Kriegsgefangenen und die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Schöningh, Paderborn 2010. 326 S., 12 S. Bildteil mit 18 Abb.. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwelling, Birgit, Heimkehr - Erinnerung - Integration. Der Verband der Heimkehrer, die ehemaligen Kriegsgefangenen und die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Schöningh, Paderborn 2010. 326 S., 12 S. Bildteil mit 18 Abb.. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Buch ist die leicht überarbeitete und gekürzte Fassung der von Gesine Schwan betreuten, im Wintersemester 2007/2008 von der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder angenommene Habilitationsschrift der nach dem Studium der politischen Wissenschaften und der qualitativen Methoden in den Sozialwissenschaften an der Freien Universität Berlin im Jahre 2000 auf Grund einer Dissertation über Wege in die Demokratie - eine Studie zum Wandel und zur Kontinuität von Mentalitäten nach dem Übergang vom Nationalsozialismus zur Bundesrepublik promovierten, seitdem in Frankfurt an der Oder und seit Oktober 2009 als Leiterin der Forschungsgruppe Geschichte - Gedächtnis der Universität Konstanz tätigen Verfasserin. Sie ist für den Übergang von den nationalsozialistisch bestimmten Jahren zur Bundesrepublik bestens ausgewiesen. Mit ihrer Arbeit über den Verband der Heimkehrer behandelt sie ein bisher vernachlässigtes Forschungsfeld.
Gegliedert ist das Werk hauptsächlich in 6 Sachkapitel. Nach der Einleitung über Forschungskontext, Gegenstand, theoretische Perspektive der politischen Erinnerung , Quellen und Gliederung erörtert die Verfasserin das Verhältnis des Verbandes zu den Kriegsgefangenen, die Erinnerungen als Grundlage kollektiver Identität (Wir im Verhältnis zu den anderen), das Verhältnis des Verbands zur wissenschaftlichen Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte, die politische Bildung und die Sozialpolitik. Am Ende steht die Frage der Bewahrung des Erbes nach dem natürlichen Auslaufen durch Versterben der Mitglieder, vor dem die Verfasserin gerade noch rechtzeitig auf die vorhandenen Quellen zugreifen konnte.
Insgesamt kann die Verfass |
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Schwennicke, Detlev, Europäische Stammtafeln Neue Folge, Band 27 Zwischen Maas und Rhein 3. Klostermann, Frankfurt am Main 2010. 240 S., 160 Taf. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Natürliche Verwandtschaft ist dem Menschen vorgegeben. Zwischen Verwandten bestehen in erster Linie wegen engen und langen Zusammenlebens vielfältige, überwiegend wohl positive zwischenmenschliche Beziehungen. Von erheblicher Bedeutung sind dabei die aus dem Familienrecht und dem Verwandtenerbrecht sich ergebenden Folgen.
Aus diesem Grunde sind die Verwandtschaften von Anfang auch von hohem geschichtlichem Interesse. Dies hat neben vielem Anderem auch zu einem Nachschlagewerk zur Genealogie geführt, das Wilhelm Karl Prinz von Isenburg (1903-1966) 1935/1936 unter Beschränkung auf die regierenden Familien Europas in zwei Bänden für die deutschen Staaten und die außerdeutschen Staaten unter dem Titel Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten veröffentlichte. Sein Erfolg bewirkte die Fortführung durch Frank Baron Freytag von Loringhoven (1910-1977), der 1955 und 1957 unter Erweiterung auf den Hochadel aus Deutschland und Österreich-Ungarn einen dritten und vierten Band der Europäischen Stammtafeln. Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten erstellte.
In seinem Nachlass fand sich ausreichend Material für einen von Detlev Schwennicke, geboren 1930 (nach GenWiki Pfarrer in Ruhestand), vorgelegten fünften Band. Der neue Bearbeiter begründete 1981 eine neue Folge, deren erster Band 1980, der Band 16 1995, die Bände 17ff. unter gekürztem Titel in den Folgejahren teilweise in Fortführung des Gesamtwerks, teilweise in Neuausgaben erschienen. Band 27 bietet insgesamt 160 Tafeln von La Maison d’Amanze en Maconnais bis zu den Grafen von Wittgenstein und den Grafen von Battenberg, wofür dem Bearbeiter trotz aller Unsicherheiten einzelner (übernommener) Forschungsergebnisse insgesamt sehr zu danken ist.
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Schwießelmann, Christian, Die Christlich-Demokratische Union in Mecklenburg und Vorpommern. Von der Gründung bis zur Auflösung des Landesverbandes (1945-1952) (= Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte 58). Droste, Düsseldorf 2010. 512 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Über die Geschichte der CDU/Landes- und Provinzialverbände der SBZ/DDR gibt es bisher im Wesentlichen nur „ideologisch verfärbte Studien“ aus der DDR-Zeit (S. 20f.). Mit der Darstellung Schwießelmanns liegt nunmehr eine historisch-politikwissenschaftlich orientierte Geschichte der CDU in Mecklenburg und Vorpommern von 1945 bis 1952 vor. Im Vordergrund stehen drei Untersuchungsschwerpunkte: Kontinuitäten/Brüche in der Entwicklung der Partei und ihrer Folgen auf regionaler Ebene, das Spannungsverhältnis zwischen Widerstand und Anpassung sowie die Rolle von Personen, ihrem Handeln und die Wechselwirkungen mit den Parteistrukturen (S. 12). In diesem Zusammenhang wäre es nützlich gewesen, wenn Schwießelmann die wichtigsten Persönlichkeiten der Landes-CDU noch einmal zusammenfassend in Kurzbiographien zusammengestellt hätte. Schwießelmann geht von drei Entwicklungsphasen des CDU-Landesverbandes aus: Der Gründungsphase 1945/46, der Wachstums- und Konsolidierungsphase 1946-1949 und der Anpassungsphase 1949-1952. Die CDU war bis 1949 die zweitstärkste politische Kraft in Mecklenburg und Vorpommern (rd. 30.000 Mitglieder; 1946 34,1% des Stimmenanteils bei den Landtagswahlen gegenüber 49,5% der SED; 31 CDU-Abgeordnete von 90 Abgeordneten). Der Unionsgedanke beruhte bei Gründung der Partei auf vier politisch-gesellschaftlichen Strömungen, nämlich dem Liberalismus, dem Konservativismus, der sozialen bzw. gewerkschaftlichen Tradition und dem Föderalismus (S. 65ff.). Im Einzelnen behandelt Schwießelmann die Gründung der CDU und den Aufbau des Landesverbandes, die Kommunal- und Landtagswahlen 1946, die bereits nicht unerheblich behindert wurden und die CDU im Landtag und in der Regierung. |
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Science politique et droit public dans les facultés de droit européennes (XIIIe-XVIIIe siècles), hg. v. Krynen, Jacques/Stolleis, Michael (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 229). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. X, 630 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
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Die vorliegende Publikation veröffentlicht die Beiträge, die in September 2006 anlässlich einer gemeinsamen Tagung des Frankfurter Max Planck Instituts für europäische Rechtsgeschichte und des Centre toulousain d’Histoire du Droit et des Idées politiques vorgelegt worden waren. Die mehr als dreißig Aufsätze stammen aus der Feder von französischen, deutschen, italienischen, spanischen, niederländischen und englischen Rechtshistorikern, so dass der mehrsprachige Band sich bereits in Inhalt und Anlage als exemplarisches gesamteuroeuropäisches Projekt präsentiert. Zu ihm liegt schon die sehr positive Rezension von B. Basdevant-Gaudemet, in: Revue historique de droit français et étranger Bd. 86 (2008), S. 275-277 vor. In seiner Struktur folgt der Band in etwa einer chronologischen Ordnung die von der Zeit der Glossatoren bis zum 18. Jahrhundert reicht. Inhaltlich behandeln allen Beiträge die gemeinsame Fragestellung, die auch der erwähnten Tagung von 2006 zugrunde lag (siehe J. Krynen, Introduction, S. 1-5 sowie J. Verger, Conclusions, S. 625-629). Es geht im Kern um die Frage, in welcher Weise und in welchem Umfang Fragen und Themen der Staatsverfassung und des politischen Systems Gegenstand des Rechtsunterrichts an den europäischen Rechtsfakultäten vom 14. bis zum 18. Jahrhundert waren. Mit anderen Worten wollen alle Autoren hier den universitären Erscheinungsformen der langsamen europäischen Ausdifferenzierung einer autonomen Wissenschaft des öffentlichen Rechts nachgehen. Die römischen Rechtsquellen, Grundlage des damaligen Rechtsunterrichts, sind bekanntlich nach Gegenstand und Begriffsbildung meistens um privatrechtliche Themen zentriert. Dasselbe gilt für die Quellen des kanon |
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Sebald, Andrea Elisabeth, Der Kriminalbiologe Franz Exner (1881-1947). Gratwanderung eines Wissenschaftlers durch die Zeit des Nationalsozialismus (= Rechtshistorische Reihe 380). Lang, Frankfurt am Main 2008. 423 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
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Fuchs, Walter, Franz Exner (1881-1947) und das Gemeinschaftsfremdengesetz. Zum Barbarisierungspotenzial moderner Kriminalwissenschaft (= Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik 44).LIT, Berlin 2009. IV, 119 S.
Kruwinnus, Thorsten, Das enge und das weite Verständnis der Kriminalsoziologie bei Franz Exner. Eine vergleichend-werkimmanente Vorstudie (Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik, Bd. 45). LIT Verlag, Münster 2009. 124 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz
In zunehmendem Maße werden Persönlichkeit und Werk von Strafrechtswissenschaftlern des 20. Jahrhunderts vorgestellt und analysiert, die in verschiedenen Epochen und Staatssystemen gelehrt und geforscht haben. In diesen Untersuchungen spielt namentlich die Frage eine bedeutsame Rolle, wie Gelehrte, die sich unter rechtsstaatlichem Vorzeichen – etwa im Geiste und Sinne der Weimarer Zeit – mit dem Strafrecht beschäftigt haben, sich mit Wissenschaft und Praxis der NS-Diktatur auseinandergesetzt haben. Die einschlägigen Studien über Eduard Kohlrausch, Edmund Mezger und Eberhard Schmidt sind gleichsam repräsentativ für diesen Zweig der zeitgeschichtlichen Forschung. Nunmehr ist auch der Strafrechtler und Kriminologe Franz Exner (1881-1947) in den Fokus dieser Forschungsrichtung geraten. Mehrere neuere Studien befassen sich mit seinem Leben und Werk im Ganzen oder sind gewichtigen Teilaspekten seiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet.
Umfassenden Charakter beansprucht die Darstellung Andrea Elisabeth Sebald, die aus einer Münchner Dissertation (2007) hervorgegangen ist. Sie schildert Leben und Werk Exners vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund verschiedener Epochen, die vom wilhelminischen Zeitalter über den ersten Weltkrieg, die Ära de |
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Seckel, Falk, Zur Geschichte des Gewässerschutzrechts in Sachsen (= Dresdner Schriften zum öffentlichen Recht 9). Lang, Frankfurt am Main 2010. XV, 297 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Seckel, Falk, Zur Geschichte des Gewässerschutzrechts in Sachsen (= Dresdner Schriften zum öffentlichen Recht 9). Lang, Frankfurt am Main 2010. XV, 297 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Joachim Lege betreute, im Sommersemester 2009 von der juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden angenommene, Literatur, Gesetzgebung und Rechtsprechung bis Juli 2008 berücksichtigende Dissertation des 1977 in Dresden geborenen Verfassers. Sie beschäftigt sich unter Einbeziehung eines Hinweises auf den Codex Hammurapi mit dem Gewässerschutzrecht in Sachsen von der Landnahme der slawischen Stämme gegen Ende des 6. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Sie gliedert sich nach allgemeinen Vorüberlegungen in die vier zeitlich geordneten Abschnitte vorindustrielle Epoche, Epoche der Industrialisierung, Deutsche Demokratische Republik und Zeitraum seit 1990 sowie eine kurze Schlussbetrachtung und fügt drei Anlagen von 1800, 1811 und 1905/1909 an.
Für die ältere Zeit geht sie von der vorliegenden Literatur aus und gibt sie ansprechend wieder. Für die Epoche der Industrialisierung behandelt sie auf der Grundlage wichtiger wasserrechtlicher Regelungen insbesondere die sächsischen Wassergesetzentwürfe von 1845 und 1905 und das Wassergesetz vom 12. März 1909 sehr gründlich und weiterführend. Für die Deutsche Demokratische Republik stellt sie den durchaus bedeutsamen Regelungen in der Verfassung vom 6. April 1968, dem Landeskulturgesetz vom 14. Mai 1970 und den Wassergesetzen vom 17. April 1963 und 2. Juli 1982 deren Wirkungslosigkeit in der Rechtswirklichkeit gegenüber, in der nur noch 20 Prozent der Wasserläufe für die Trinkwasseraufbereitung mit normalen Aufbereitungstechnologien nutzbar waren, weil die Ökologie hinter der Ökonomie zurücktreten musste.
Insgesamt erweist der Verfasser ein Spannungsverhältnis zwischen gemeinschaftlichen Nutzungsformen, dem Eigentümer- und Anliegergebrauch und hoheitlichen Verfügungsansprü |
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SED-Kader - Die mittlere Ebene. Biographisches Lexikon der Sekretäre der Landes- und Bezirksleitungen, der Ministerpräsidenten und der Vorsitzenden der Räte der Bezirke 1946-1989, hg. v. Niemann, Mario/Herbst, Andreas (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2010. 592 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen SED-Kader - Die mittlere Ebene. Biographisches Lexikon der Sekretäre der Landes- und Bezirksleitungen, der Ministerpräsidenten und der Vorsitzenden der Räte der Bezirke 1946-1989, hg. v. Niemann, Mario/Herbst, Andreas (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2010. 592 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Welt hinter dem Eisernen Vorgang war dem Westen in ihren Einzelheiten zwischen 1945/1946 bzw. 1949 und 1989 grundsätzlich unbekannt. Die mittlere Ebene der SED-Kader war ihm dementsprechend weitgehend fremd. Von daher eröffnet ein Lexikon mit insgesamt 543 Kurzbiographien dieses Bereichs in jedem Fall wichtige neue Erkenntnismöglichkeiten.
In der zugehörigen Einleitung schildert Mario Niemann, Privatdozent am historischen Institut der Universität Rostock, Relevanz, Aufbau und Nutzen des Lexikons im Umfeld der bereits vorliegenden Werke, von denen das 1997 von Andreas Herbst (Mitarbeiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin) und anderen herausgegebene Werk Die SED - Ein Handbuch den bisher besten Zugriff bietet. Wegen seiner Schwächen und wegen des seitdem eingetretenen Zeitablaufs lagen Verbesserung und Aktualisierung nahe. Deswegen strebten die Herausgeber trotz der nicht mehr vollständigen Quellen eine möglichst umfassende zeitgemäße Übersicht an, die sich zeitlich vom Jahrgang 1879 (Otto Buchwitz) bis zum Jahrgang 1954 (Norbert Kertscher und Roland Claus) erstreckt, 37 Frauen (6,8 Prozent) einbezieht und 162 von 223 angesprochenen Funktionären zur Selbstauskunft bewegt.
Dem biographischen, mit durchschnittlich je einer Seite pro Funktionär von Adolphs bis Zylla reichenden Teil sind eine strukturelle Darstellung, Grundsätze der Kaderpolitik und ein Überblick über die personelle Zusammensetzung der Sekretariate vorangestellt. Im Ergebnis zeigen die Bearbeiter, dass die mit erheblichem materiellen und personellen Aufwand verbundene sozialistische Kaderpolitik der SED die mit ihr ve |
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Segesser, Daniel-Marc, Recht statt Rache oder Rache durch Recht? Die Ahdnung von Kriegsverbrechen in der internationalen wissenschaftlichen Debatte 1872-1945 (= Krieg in der Geschichte 38). Schöningh, Paderborn 2010. 472 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Segesser, Daniel Marc, Recht statt Rache oder Rache durch Recht? Die Ahndung von Kriegsverbrechen in der internationalen wissenschaftlichen Debatte 1872-1945 (= Krieg in der Geschichte 38). Schöningh, Paderborn 2010. 472 S. Besprochen von Werner Augustinovic
Die Einbandillustration der hier zu besprechenden Arbeit ist mit Bedacht gewählt: Während der Hintergrund mit der Urteilsverkündung am 30. September 1946 die entscheidende Szene des Internationalen Militärgerichtsverfahrens gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg festhält, findet sich, hervorgehoben am vorderen Einbanddeckel, auch ein Brustbild Johann Caspar Bluntschlis (1808-1881), des namhaften Schweizer Völkerrechtlers und Mitbegründers des Institut de Droit International in Gent. Der Rahmen von den ersten ernst zu nehmenden Bemühungen der rechtlichen Ahndung von Kriegsverbrechen bis hin zur De-facto-Realisierung dieser Zielsetzung im Weg eines rechtsstaatlichen Verfahrens im Nürnberger Prozess ist damit deutlich angezeigt, obwohl der Verfasser seine Betrachtungen erst im vorläufigen Endpunkt dieser langen Entwicklung, der Etablierung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in Den Haag, dessen Statut, 1998 verabschiedet, mit 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist, ausklingen lässt.
Daniel Marc Segesser, Eidgenosse wie Bluntschli, jedoch kein Rechtsgelehrter, sondern Historiker, was ihn laut Verlag in die Lage versetze, „den notwendigen Bezug der Debatte zu ihren politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen her(zustellen), ein Vorzug, der sein Buch vor bisherigen Studien aus der Feder von Juristen auszeichnet“, hat sich 2006 mit dieser Arbeit an der Universität Bern habilitiert, wo er am Historischen Institut als Privatdozent lehrt. Seine Untersuchung stützt er in erster Linie auf die Auswertung eines breiten Samples von gezählten 85 Fachperiodika europäischer und US-amerikanischer Provenienz.
Seit der Antike stand das Konzept des bellum iustum |
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Segev, Tom, Simon Wiesenthal. Die Biographie, aus dem Hebräischen übersetzt v. Lemke, Markus. W. J. Siedler, München 2010. 574 S., Abb. Besprochen von Hannes Ludyga. |
Ganzen Eintrag anzeigen Segev, Tom, Simon Wiesenthal. Die Biographie, aus dem Hebräischen übersetzt v. Lemke, Markus. W. J. Siedler, München 2010. 574 S., Abb. Besprochen von Hannes Ludyga.
Simon Wiesenthal (1908-2005), der sich in Österreich bisweilen ziemlich einsam fühlte,[1] gilt in der freien westlichen Welt als einer der großen Gerechten und zählt zu den geachtetsten Menschen des 20./21. Jahrhunderts. Geboren wurde er in Buczacz, einer Kleinstadt der Donaumonarchie. Der Großteil seiner galizisch-jüdischen Familie wurde im Holocaust ermordet und sein Überleben wurde ihm zum Auftrag. Er wollte an die Ermordeten erinnern, die Täter vor Gericht bringen und forderte ohne Hass zu schüren Recht, nicht Rache. Wiesenthal, der 1945 durch die US-Armee aus dem Konzentrationslager Mauthausen befreit wurde und – auch wenn er Zionist und großer Anhänger des Juristen sowie frühen Zionisten Vladimir Jabotynskij (1880-1940)[2] war - in der Folge in Österreich lebte, entging 1982 knapp einem Bombenanschlag von Neonazis und wurde nach seinem Tod 2005 in Israel bestattet. Sein Portrait ziert in Israel heute eine Briefmarke. Wiesenthal blieb nach 1945 in Österreich, da er dieses Land vom Antisemitismus befreien wollte und aufgrund seiner Herkunft aus Galizien Wien als seine spirituelle Heimat empfand. Dass er Österreich als seine Heimat betrachtete, haben ihm zahlreiche Österreicher bis heute nicht vergeben. Zuspruch und Ermunterung erhielt er aber immer wieder außerhalb Österreichs. So schrieb Elisabeth Taylor voller Verehrung an ihn: „Ich liebe Dich und wir alle brauchen dich.“ Anerkennend schrieb auch die britische Journalistin Hella Pick: „Wiesenthal ist ein Vorbild, und - ja - er ist ein Held des Lebens: nicht nur ein jüdischer Held, sondern ein Held unserer Zeit.“
Der 1945 in Jerusalem geborene prominente israelische Historiker Tom Segev, dessen Eltern 1935 aus Deutschland fliehen mussten und dessen Vater 1948 im israelischen Unabhängigkeitskrieg starb, schrieb ein |
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Seibel, Wolfgang, Macht und Moral. Die „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich, 1940-1944. kup konstanz university press/Wilhelm Fink Verlag, Paderborn/München 2010. 384 S., 5 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Seibel, Wolfgang, Macht und Moral. Die „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich, 1940-1944. kup konstanz university press/Wilhelm Fink Verlag, Paderborn/München 2010. 384 S., 5 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Während in den Niederlanden insgesamt 73 Prozent der jüdischen Menschen (102.000 von 140.000) von den Deportationsmaßnahmen der deutschen Besatzer erfasst wurden, lag die Rate im nahen Frankreich bei vergleichsweise geringen 23 Prozent (75.000 von 320.000 im Herbst 1940 Registrierten), womit dieses Land mit rund 240.000 Überlebenden „eine der niedrigsten Opferzahlen unter der jüdischen Bevölkerung unter deutscher Besatzung zu verzeichnen“ hatte (S. 17). Der vorliegende Band widmet sich der Ergründung der Ursachen dieses ungewöhnlichen französischen Sonderwegs.
Seine profunde Fachkenntnis auf dem Gebiet der Verwaltungsgeschichte Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs konnte Wolfgang Seibel nicht nur als Leiter des Forschungsprojekts „Holocaust und Polykratie in Westeuropa, 1940-1944“, aus dem auch die hier zu besprechende Studie unzweifelhaft schöpft, unter Beweis stellen; unter anderem wies der Konstanzer Ordinarius für Politik- und Verwaltungswissenschaft in seiner akribischen Besprechung von Götz Alys hochgelobtem Bestseller „Hitlers Volksstaat“ diesem zahlreiche peinliche, nicht nur terminologische Fehler im Hinblick auf die Einschätzung der französischen Verhältnisse nach.
Die Geschichte der Judenverfolgung im besetzten und unbesetzten (= „Vichy“) Frankreich kann, vor allem durch die Arbeiten von Serge Klarsfeld (1983/1985), Ahlrich Meyer (2000/2005/2010), Martin Jungius (2008) und zuletzt Michael Mayer (2010) als gut erforscht gelten. Deshalb will der Verfasser auch „keine weitere ‚Geschichte des Holocaust in Frankreich‘ vorlegen“, obschon der Untertitel eine solche Interpretation nahelegt; es gehe ihm „um die Rekonstruktion weniger Schlüsselentscheidungen, die das Schicksal der in Frankreich 1940-194 |
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Seils, Ernst-Albert, Weltmachtstreben und Kampf für den Frieden. Der deutsche Reichstag im Ersten Weltkrieg. Lang, Frankfurt am Main 2011. 764 S., zahlr. Abb. Besprochen von Martin Moll. |
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Nicht nur wegen des näher rückenden 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges haben einschlägige Forschungen Konjunktur; ursächlich hierfür ist ebenso, dass sich insbesondere jüngere Historiker von älteren politik- und militärgeschichtlichen Fragestellungen gelöst und alltags- bzw. kulturgeschichtlichen Themen zugewandt haben. Die voluminöse Studie des bereits 1967 promovierten Ernst-Albert Seils steht nicht allein quer zu diesen aktuellen Trends, sie ist darüber hinaus von Methoden und Konzepten moderner Geschichtsforschung seltsam unberührt.
Titel und Untertitel geben den Inhalt nur teilweise korrekt wieder. Zum einen wird keine Geschichte des deutschen Reichstags während des Krieges geboten, denn dieses Gremium hatte, anders als Seils nahelegt, nicht allein die Friedensfrage und die Bewilligung von Kriegskrediten zu behandeln. Aufgegriffen wird also bestenfalls ein schmaler, wenngleich wichtiger Ausschnitt der Agenda des deutschen Parlaments. Zum zweiten dreht sich mindestens ein Drittel des Buches um Themen, die man selbst bei weitherziger Auslegung mit dem Titel nicht in Verbindung bringen kann. Seils setzt immer wieder zu einer histoire totale dieses Krieges an: Die Ursachen des Kriegsausbruchs (über die man allein ein vielbändiges Werk schreiben könnte), die Kämpfe an der Westfront, Lebensmittelversorgung, Lohn- und Preisentwicklung, Streiks und schließlich der Machtwechsel 1918 sowie die ersten Monate (!) danach werden in epischer Breite geschildert, ohne dass damit für das eigentliche Thema viel gewonnen wäre.
Anstatt sich für solche Randbereiche auf die vorhandene Literatur zu stützen und deren Resultate, soweit nötig, gerafft wiederzugeben, erfindet Seils das Rad ein weiteres Mal: Neben der – zumeist älteren, nur se |
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Selbstregulierung im 19. Jahrhundert. Zwischen Autonomie und staatlichen Steuerungsansprüchen, hg. v. Collin, Peter/Bender, Gerd/Ruppert, Steffen/Seckelmann, Margrit/Stolleis, Michael (= Moderne Regulierungsregime 1 = Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 259). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. IX, 340 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Regulierte Selbstregulierung, so beschreiben die Herausgeber in Einschränkung gegenüber dem Titel, ist für öffentliche Zwecke in Anspruch genommene Selbstorganisation, wie sie in der Gegenwart vielfach begegnet. Sie ist gekennzeichnet durch die Verbindung zwischen Freiheit und Zwang. Ziel ist die Wahrung möglichst vieler Vorteile zu möglichst geringen Kosten.
Die Ermittlung der historischen Dimensionen regulierter Selbstregulierung, der rechtlichen Ausformungen sowie der ökonomischen, kulturellen und sozialpolitischen Kontexte hat sich im Rahmen des Frankfurter Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ vor einigen Jahren eine am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte gebildete Arbeitsgruppe als Gegenstand gewählt. Sie will wesentliche Impulse aus der Einbeziehung anderer Wissenschaftler in der Form von Tagungen gewinnen und hat aus diesem Grunde vom 9. bis zum 11, Juli 2009 in Bad Homburg eine erste entsprechende Veranstaltung ausgerichtet, die ihr Hauptaugenmerk auf die Entstehung gesellschaftlicher Selbstorganisation in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts richtete. Die dort gehaltenen 14 Referate werden durch den zugehörigen Sammelband der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.
Den Beginn bilden dabei Untersuchungen über Schlüsselbegriffe wie Selbstregulierung (Peter Collin), Gemeinsinn (Manfred Hettling) oder Privatautonomie (Sibylle Hofer). Rechtsvergleichend werden danach als europäische Perspektiven Frankreich (Klaus-Gert Lutterbeck), Großbritannien (Andreas Fahrmeir) und Italien (Thorsten Keiser) betrachtet. Als Referenzgebiete des Rechts werden |
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Senn, Marcel, Rechtsgeschichte - ein kulturhistorischer Grundriss, mit Bildern, Karten, Schemen, Register, Biographien und Chronologie, 4. Aufl. Schulthess, Zürich 2007. XXIII S., 3 Taf., 481 S., zahlr. Abb. Besprochen von Besprochen von Wilhelm Brauneder. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Senn, Marcel, Rechtsgeschichte - ein kulturhistorischer Grundriss, mit Bildern, Karten, Schemen, Register, Biographien und Chronologie, 4. Aufl. Schulthess, Zürich 2007. XXIII S., 3 Taf., 481 S., zahlr. Abb. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Nicht nur Rechtsgeschichte als solche, sondern diese als einen kulturhistorischen Grundriß will das Buch bieten. Das mag Besonderheiten in der Anlage und in der Durchführung erklären. Der Rahmen reicht jedenfalls von „Rom“ (S. 23ff.) bis zum „Europa nach dem Zweiten Weltkrieg“ (S. 433ff.). Im Namensregister finden wir nicht nur Jesus Christus, sondern auch (vornamenlos) Jelzin, Moses und Mussolini. Vermutet man nach den ersten vier Kapiteln zusammenhängende Beschreibungen vor allem von Verfassungs- und Privatrechtsgeschichte in einzelnen Epochen wie etwa zu „Rom“ „Monarchischer Stadtstaat, Republik und Kaiserreich“ sowie „die justinianische Kompilation“ (1. Kapitel) oder später Stammes- und Landrecht, insbesondere den Sachsenspiegel sowie die Grundherrschaft (4. Kapitel), wandelt sich das Bild sodann erheblich. Im anschließenden Kapitel „Stadt und Wirtschaftsrecht“ rücken andere Schwerpunkte ins Bild wie etwa die „Stadt als Wirtschaftsraum“, nur wenig hören wir von Stadtrechtsfamilien (S. 146f.) und hier gar nichts von der größten, der Magdeburger. „Kölner Kauffrauen“ (S. 160) erscheinen hingegen wichtig. Nun springt die Gliederung zu Sachthemen: Es folgen „Universität und Rechtstheorie“. Hier sind auch mos italicus und mos gallicus untergebracht. Vermutet man unter „Problemorientierte Falllösung“ (S. 188f) etwas über die Bedeutung gerade des ersteren für die Praxis zu hören, sieht man sich enttäuscht: Allein der Merksatz von Gribaldus Mopha wird, ohne diesen im ansonsten namengesättigten Buch zu erwähnen, erläutert. Nichts also über die Ausbildung des Geteilten Eigentums, nichts über die Statutenlehre, wenngleich diese unterschwellig anderswo, ohne ihre Herkunft zu bezeichnen, strapaziert wird (S. 309) |
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Siegerist, Wiebke, Die Neujustierung des Kooperationsverhältnisses zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den mitgliedstaatlichen Gerichten - unter besonderer Berücksichtigung einer gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftung für Judikativunrecht (= Europäische Hochschulschriften 2, 5074). Lang, Frankfurt am Main 2010. 187 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Kay Hailbronner betreute, im Wintersemester 2009/2010 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie betrifft die bedeutsame Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu europarechtswidrigen Entscheidungen nationaler (Höchst-)Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Besonderen geht es dabei um das Verhalten eines (obersten) Verwaltungsgerichtshofs, den erstens der Gerichtshof am 11. 3. 1998 unter Übermittelung des Urteils C-15/1996 um Mitteilung gebeten hatte, ob er es im Hinblick auf dieses Urteil noch für notwendig erachte, sein Vorabentscheidungsersuchen - gegebenenfalls in der vorläufigen Form aufrecht zu erhalten, der zweitens am 25. 3. 1998 seinerseits den Parteien mitteilte, dass er vorläufig davon ausgehe, dass durch das genannte Urteil die im Vorabentscheidungsverfahren anhängig gemachte Rechtsfrage tatsächlich zu Gunsten des Beschwerdeführers gelöst worden ist, und der drittens gleichwohl unter dem 24. 6. 1998, ohne zuvor auf die Möglichkeit der Änderung seiner Rechtsauffassung hinzuweisen, erstens den Beschluss fasste, das genannte Vorabentscheidungsersuchen vom 22. 10. 1997 nicht aufrecht zu erhalten, und zweites die Beschwerde - im Gegensatz zu seiner vorläufigen Ansicht - als unbegründet abwies.
In ausführlicher, selbständiger und gut formulierter Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und einer vorangehenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte legt die Verfasserin dar, dass der Europäische Gerichtshof bei seiner |