Institut für juristische Zeitgeschichte. Jahrbuch der juristischen Zeitgeschichte, hg. v. Vormbaum, Thomas, Band 9 (2007/2008). BMV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2008. XXIII, 418 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Die juristische Zeitgeschichte hat bereits eine eigene Geschichte erfahren. Sie ist in Parallele zur allgemeinen Zeitgeschichte entstanden. Weil Geschichte immer mehr wird und die an ihr Interessierten auch, bietet sich die Differenzierung als wohl unumkehrbarer Prozess an, so dass eine besondere juristische Zeitgeschichte als etabliert und inzwischen selbverständlich anzusehen ist.
Neben anderen hat sich um diese Entwicklung Thomas Vormbaum besonders verdient gemacht. In acht Abteilungen blüht und gedeiht inzwischen die von ihm institutionalisiert geführte juristische Zeitgeschichte. Fast 140 Veröffentlichungen (vieler verschiedener Autoren) weisen allein die letzten Seiten dieses Bandes nach.
Im Vorwort berichtet der Herausgeber über sein neuntes Jahrbuch der juristischen Zeitgeschichte. Dabei geht er davon aus, dass im Jahr 2008 die Welt die größte Finanzkrise seit 1929 erlebte. Danach fasst er den Inhalt der verschiedenen Beiträge kurz zusammen.
Insgesamt enthält der Band 6 allgemeine Beiträge über das Neutralitätsrecht in der späten Aufklärung (Paolo Bernardini), aufklärerische Tendenzen im ungarischen Strafrecht (Georg Steinberg), das österreichische Verteidigungsverbot von 1768 bis 1873 (Ettore Dezza), den Weg von der Arbeiterversicherung zum Sozialgesetzbuch (Thilo Ramm), die Kriegsopferfürsorge (Hannes Ludyga) und die Justizanstalt Leoben im Kontext der Gefängnisarchitektur (Heinz Müller-Dietz). Das Forum juristische Zeitgeschichte bietet Abhandlungen zu Italien (Domenico Pulitanò) und Brasilien (Juarez Tavares), während sich bei den Beiträgen zur modernen deutschen Strafgesetzgebung Hannes Ludyga den Reichstagsverhandlungen zur Republikschutzgesetzgebung von 1921/1922 widmet.
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Internationale Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift für Winfried Baumgart zum 65. Geburtstag, hg. v. Elz, Wolfgang/Neitzel, Sönke. Schöningh, Paderborn 2003. XIX, 533 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Winfried Baumgart, in Streckenbach/Schlesien am 29. 9. 1938 als Sohn eines Eisenbahnbeamten geboren, war nach dem Studium der Geschichte in Saarbrücken, Edinburgh und Genf und der Promotion (1966) und Habilitation (1970) seit 1973 Professor in Mainz. Besonders bekannt geworden ist er durch sein seit 1971 vielfach aufgelegtes Bücherverzeichnis zur deutschen Geschichte (15. Auflage 2003, 16. A. 2006). Bei Gelegenheit seiner Emeritierung haben Freunde, Schüler und Kollegen ihm eine Festschrift gewidmet.
Sie enthält außer einem Vorwort der Herausgeber 30 Beiträge, von denen einige entsprechend der Internationalität des Geehrten auch in Englisch gehalten sind. Sie reichen von Lord Stratford de Redcliffe bis zur Weltanschauung und Profitmaximierung in der Form der Gegenüberstellung von protestantischer Ethik und euro-asiatischer Unternehmensgesinnung. Mit Indien, Russland oder Mittelafrika sind die internationalen Fäden zweier Jahrhunderte weit gespannt.
Auch das Recht ist zumindest in der Form der Rechtsvergleichung im ansprechenden Band vertreten. Darüber hinaus kann die Rechtsgeschichte aus wohl allen geschichtlichen Darlegungen zumindest mittelbar reichen Gewinn erzielen. Angenehm abgerundet wird das schöne Geburtstagsgeschenk durch ein Schriftenverzeichnis des Jubilars und ein Verzeichnis der von ihm betreuten Habilitation Sönke Neitzels und neunundzwanziger Dissertationen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Ioriatti Ferrari, Elena, Codice civile europeo. Il dibattito, i modelli, le tendenze (= Dipartimento di scienze giuridiche Università di Trento 54). CEDAM, Padua 2006. XI, 340 S. Besprochen von Filippo Ranieri., ZRG GA 127 (2010) |
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Eine europäische Kodifikation des Vertragsrechts existiert bis heute noch nicht, und ob das ehrgeizige Projekt eines europäischen Vertragsgesetzbuchs in den nächsten Jahren überhaupt verwirklicht werden kann, scheint heute, wenigstens nach Ansicht des Rezensenten, eher fraglich zu sein. Wir haben allerdings bereits ein Buch zum Thema. Die Verfasserin, Mitarbeiterin der Rechtsfakultät der Universität Trient, will die Debatte, die Vorschläge und die Entwicklungstendenzen zu den derzeitigen Plänen einer europäischen Kodifikation des Zivilrechts aufzeigen. Das Werk gliedert sich in sechs Kapitel. Ein erstes Kapitel „Il dibattito sulla codificazione civile europea“ (S. 17-46) führt in die allgemeine Thematik ein, wobei die unterschiedlichen Standorte der Diskussion kurz aufgezeigt werden. Ein zweites Kapitel „Il codice civile europeo alla luce della codificazione nazionale“ (S. 47-116) ist der Geschichte des Problems gewidmet. Die Darstellung führt den Leser von der gemeinrechtlichen Tradition des Ius Commune über die Naturrechtszeit bis zu den modernen Kodifikationen des 20. Jahrhunderts. Deutlich wird hier, dass die Verfasserin nichts von den rechtshistorischen Versuchen hält, eine Angleichung der europäischen Privatrechtskultur am Vorbild der gemeinrechtlichen Tradition zu messen. Eine solche habe es, wenigstens nach Ansicht der Verfasserin, nur in Italien gegeben, aber keinesfalls gesamteuropäisch. Als Hauptquellen werden vornehmlich italienische Rechtshistoriker dazu zitiert. Ein drittes Kapitel „I formanti nella codificazione civile europea“ (S. 117-154) ist den institutionellen Diskussions- und Gesetzgebungsbeteiligten gewidmet. Ein viertes Kapitel „La competenza della comunità europea a codificare il diritto privato“ (S. 155-180) i |
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Irrlitz, Gerd, Rechtsordnung und Ethik der Solidarität. Der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Arthur Baumgarten (1884-1966). (= Deutsche Zeitschrift für Philosophie Sonderband 22). Akademie Verlag, Berlin 2008. 409 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Arthur Baumgarten, dem sich der Berliner Philosoph Gerd Irrlitz verdienstvollerweise erstmals monographisch annimmt, wurde in Königsberg am 31. März 1884 als Sohn des Anatomen, Pathologen und Bakteriologen Paul Baumgarten und seiner aus einer schottischen Familie stammenden Ehefrau geboren und wechselte mit dem Vater 1890 nach Tübingen. In Tübingen, Genf und Leipzig studierte er Rechtswissenschaft und Philosophie und legte 1907 die erste juristische Staatsprüfung ab. 1909 promovierte er bei Franz von Liszt in Berlin über die Lehre von der Idealkonkurrenz und der Gesetzeskonkurrenz.
Noch im gleichen Jahr wurde er auf Grund dieses Werkes als außerordentlicher Professor für Strafrecht nach Genf berufen. Elf Jahre später wechselte er nach Köln auf eine Professur für Strafrecht und Rechtsphilosophie, 1923 nach Basel und 1930 nach Frankfurt am Main. In Ablehnung des Nationalsozialismus gab er im Sommer 1933 seine Professur im Deutschen Reich auf und kehrte als Honorarprofessor nach Basel zurück.
Von hier aus unternahm er 1935 eine Studienreise in die Sowjetunion, die ihn fortan mit der Kommunistischen Partei in Verbindung brachte. 1944 beteiligte er sich an der Gründung der Partei der Arbeit in der Schweiz. 1946 übernahm er, der nicht nach Frankfurt am Main zurückberufen wurde, eine Gastprofessur in Leipzig, wurde 1948 als ordentlicher Professor an die Universität Berlin berufen und 1962 zum Präsidenten der deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft bestimmt und blieb trotz der erworbenen Schweizer Staatsbürgerschaft aus Überzeugung bis zu seinem Tod am 27. 11. 1966 in der Deutschen Demokratischen Republik.
Durchdrungen war der Rechtsphilosoph Baumgarten von der Vor |
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Jahnel, Markus J., Das Bodenrecht in „Neudeutschland über See“ - Erwerb, Vergabe und Nutzung von Land in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika1884-1919 (= Rechtshistorische Reihe 386). Lang, Frankfurt am Main 2009. 583 S., 27 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic., ZRG GA 127 (2010) |
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Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die Drucklegung einer im März 2006 inhaltlich abgeschlossenen und 2007 an der Universität Regensburg approbierten rechtswissenschaftlichen Dissertation, die einen umfassenden Einblick in das Grundstücksrecht der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, des heutigen Namibia, gibt.
Mit dem 100-Jahr-Jubiläum des Aufstandes der Herero von 1904/05 und seiner Unterdrückung durch die von ihrem umstrittenen Kommandeur, dem Generalleutnant Lothar von Trotha, befehligte Schutztruppe, die zwischen 60 und 80 Prozent der Volksgruppe auslöschen sollte, ein Vorgang, dem das Odium des Völkermordes anhaftet, sind die koloniale Vergangenheit Deutschlands und ihr Erbe wieder verstärkt in das Interesse der Öffentlichkeit geraten.
Markus J. Jahnel zeigt in seiner Doktorarbeit, in welcher Weise und in welchem Umfang gerade auch die Ausgestaltung des Bodenrechts für vergangene und aktuelle Konflikte verantwortlich zeichnet. Der Autor führt vier Grundpfeiler des deutschen Kolonialrechts an (S. 96ff.): Unterschiedliche Verhältnisse in den Kolonien erforderten die Schaffung eines Kolonialföderalismus, der die Schutzgebiete als Gebietskörperschaften einer eigenverantwortlichen Verwaltung zuführte. Die übergeordnete Kolonialregierung in Berlin hatte sowohl die Homogenität der Rechtsordnungen dieser Gebiete untereinander als auch jene mit dem deutsch-preußischen Recht zu gewährleisten. Der Bedarf an einer flexiblen, rasch korrigierbaren Rechtssetzung führte zur weitgehenden Ausformung des Kolonialrechts als Exekutivrecht, das sich – auf der Basis der sogenannten Schutzgebietsgesetze (SchGG) von 1886 und 1900 als „Kolonialverfassung“ – weitgehend |
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Jhering, Rudolf von, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, neu hg. v. Leitner, Max. Linde, Wien 2009. 383 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Scherz und Ernst sind im menschlichen Leben vielfach vorhanden, wenn auch ungleichmäßig verteilt. Auf dem Gebiet der Jurisprudenz überwiegt der Ernst, weil das Recht nur die Gewalt im Kampf der Individuen um ihre optimale persönliche Existenz ersetzt. Aus diesem Grund erweckt der seltene Scherz in der Rechtswissenschaft wie von selbst die Neugierde der lesenden Öffentlichkeit.
Dies war dem vitalen, genussfreudigen, anregbaren wie reizbaren Rudolf „Caspar“ Jhering, der das große Publikum nicht nur suchte, sondern als einer der wenigen Fachjuristen aller Zeiten durch echte Vorzüge seiner Schriften wie durch Einverständnis mit dem Zeitgeist auch fand, wohl bewusst, als er in Göttingen 1884 den Scherz dem Ernst in der Jurisprudenz in einer Veröffentlichung voranstellte. Eine Weihnachtsgabe für das juristische Publikum benötigte außer einem ansprechenden Inhalt auch einen anreizenden Titel. War er gefunden, konnte es nicht wirklich schaden, dass sich hinter ihm sechs aus Gießen anonym veröffentlichte vertrauliche Briefe über die heutige Jurisprudenz aus den Jahren 1860 bis 1866 in der preußischen bzw. deutschen Gerichtszeitung, 1880 in den österreichischen juristischen Blättern publizierte Plaudereien eines Romanisten, etwa 1884 erschaute Träume im juristischen Begriffshimmel und (Träume) wieder auf Erden. Wie soll es besser werden? verbargen.
Dementsprechend erfuhr die Sammlung vierer scherzhafter wie ernsthafter Überlegungen, von denen nach den Worten des Verfassers die drei ersten dem Scherz gewidmet sind, innerhalb von vierzig Jahren 13 Auflagen, obwohl der 1818 geborene Verfasser bereits 1892 im Alter von 73 Jahren gestorben war. Obgleich dabei der Scherz nach Ansicht Jherings im Wesentlichen nur dazu da war, den Ernst um so wirksamer zu machen, fand das Werk fast so viel Aufme |
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Johann, Ulrich, Die Steuergesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland von 1983 bis 1998. Die Zeit der christlich-liberalen Koalition (= Europäische Hochschulschriften 2, 4301). Lang, Frankfurt am Main 2006. XXVII, 289 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Die Arbeit ist die von Klaus Offergeld betreute, 2005 von der juristischen Fakultät der Universität Augsburg angenommene Dissertation des 1976 geborenen, in Bonn Rechtswissenschaft und in Osnabrück Steuerwissenschaft studierenden Verfassers. Sie geht davon aus, dass der Bundestagswahlkampf des Jahres 2005 auf eindrucksvolle Weise gezeigt hat, auf welchen Widerstand Bemühungen in Deutschland stoßen, das Steuerrecht umfassend zu reformieren, da eine Vision eines einfachen und verständlichen Steuerrechts durch die Etikettierung mit Schlagwörtern wie unsozial und ungerecht zu Fall gebracht werden kann, ehe sie überhaupt konkret in Gesetzesform gegossen ist. Deswegen erscheint es lohnend, die Reformbemühungen des deutschen Gesetzgebers zwischen 1983 und 1998 („Ära“ Kohl) zu untersuchen.
Zu diesem Zweck gliedert der Verfasser seine Untersuchung in 12 Teile. Sie sind überwiegend chronologisch nach den einzelnen Legislaturperioden geordnet. Der kurzen Einleitung folgt ein Überblick über den Zustand der Steuergesetzgebung zu Beginn der zehnten Legislaturperiode, an die sich die sorgfältige Darstellung der Steuergesetzgebung in der zehnten, elften, zwölften und dreizehnten Legislaturperiode anschließt.
In den Mittelpunkt stellt der Verfasser dabei jeweils den Gang der einzelnen Gesetzgebungsinitiativen durch das parlamentarische Verfahren. Dabei fragt er überzeugend nach den Vorstellungen der Initiatoren und den verschiedenen Einflüssen auf sie. Als Quellen verwendet er hauptsächlich die Bundestagsdrucksachen, Bundesratsdrucksachen und die stenographischen Bereichte über die zugehörigen mündlichen Beratungen.
Am Ende der durch jeweilige Rückblicke aufgeschlossenen Untersuch |
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Jurisprudence of the Baroque - A Census of 17th Century Italian Legal Imprints, compiled by Osler, Douglas J. (= Bibliographica iuridica, Band 4, 5, 6 = Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 235, 236, 237). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. LVII, 849, XXIX 833, XXIX, 737 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Wissen wächst immer weiter. Seit der Mensch die Schrift erfunden hat, kann er sein Wissen durch Lesen vermehren und durch Schreiben verbreiten. Mit dem Buchdruck sind Leichtigkeit, Schnelligkeit und Preiswertheit dieser Wissensvermittlung sprunghaft gestiegen.
Mit dem wachsenden Wissen ist aber zugleich auch seine Ordnung schwieriger geworden. Deswegen gibt es nicht nur seit den ersten Bibliotheken Verzeichnisse der dort befindlichen Bücher, sondern seit der Erfindung des Buchdrucks auch Buchhandelskataloge. Spätestens mit der Digitalisierung des Wissens wird auch die Sehnsucht nach dem vollständigen Überblick noch größer.
Im Bereich der deutschen Sprache fehlt bekanntlich schon ein vollständiger Katalog aller dort jemals erschienenen Schriften, so erwünscht er auch wäre. Spezialverzeichnisse können für Teilbereiche zwar diesen Mangel lindern, beseitigen lässt er sich aber trotz der komfortablen Verlinkung aller real getrennten Bibliotheken durch einen virtuellen Katalog nicht wirklich. Insofern bleibt selbst hier nur die Hoffnung auf eine ändernde Zukunft.
Für die deutsche Rechtswissenschaft hat es an Versuchen der Lückenschließung nicht gefehlt. Sie sind aber bisher stets der bloßen Menge und Vielfalt unterlegen. Deswegen ist auch ein Gesamtverzeichnis aller rechtswissenschaftlichen Schriften bislang nur ein Desiderat, an dessen Stelle sich die Wirklichkeit mit den unterschiedlichsten Hilfsmitteln notdürftig behelfen muss.
Umso mehr muss man es begrüßen, wenn im Mutterland der Rechtswissenschaft für einen Teilbereich ein umfangreiches Teilvorhaben gelingt. Nach vielen Jahren mühsamer Forschung kan |
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Juristen werdent herren ûf erden. Recht – Geschichte – Philologie. Kolloquium zum 60. Geburtstag von Friedrich Ebel, hg. v. Fijal, Andreas /Leuchte, Hans-Jörg/ Schiewer, Hans-Jochen. V & R unipress, Göttingen 2006. VIII, 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Juristen werdent herren ûf erden. Recht – Geschichte – Philologie. Kolloquium zum 60. Geburtstag von Friedrich Ebel, hg. v. Fijal, Andreas /Leuchte, Hans-Jörg/ Schiewer, Hans-Jochen. V & R unipress, Göttingen 2006. VIII, 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Göttingen 1944 als Sohn Wilhelm Ebels geborene, nach dem Studium von Theologie und Rechtswissenschaft in Tübingen, Heidelberg und Bonn bei Ferdinand Elsener in Tübingen über Legaldefinitionen promovierte, 1977 über Berichtung, transactio und Vergleich bei Knut Wolfgang Nörr für deutsche Rechtsgeschichte, bürgerliches Recht, neuere Privatrechtsgeschichte und Versicherungsrecht habilitierte und über Bielefeld 1981 nach Berlin berufene Friedrich Ebel ist an seinem letzten Wirkungsort bereits am 11. Dezember 2005 verstorben. Auch wenn ihm damit die Gnade eines langen Gelehrtenlebens versagt blieb, hat er doch eine damit vielfach verbundene Würdigung noch erleben dürfen. Zu seinem 60. Geburtstag fand vom 9.-10. Juli in der Berlin-brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ein Colloquium statt, das der transdisziplinären Vernetzung der Rechtsgeschichte mit den Philologien und den Geschichtswissenschaften gewidmet war.
Referenten waren fünf Rechtshistoriker, zwei Juristen, ein Historiker und fünf Germanisten. Nach dem Vorwort der Herausgeber wurde Ruth Schmidt-Wiegand vermisst, konnte aber leider aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen. Der Ertrag der Vorträge und Diskussionen überzeugte alle Beteiligten davon, dass es die Mühe lohnte, einen Tagesband zu planen und zu veröffentlichen, auch wenn der Geehrte sein Erscheinen nicht mehr erleben durfte und die gedruckte Fassung in beiderlei Richtung nicht dem Colloquium entspricht.
Insgesamt haben in den Band neun Beiträge Aufnahme gefunden. Sie gliedern sich in drei Abteilungen. Dabei vertritt das Recht die Studie des akademischen Lehrers über die Idee des Rechtsstaats als eines Beitrages zur Geschichte des Lib |
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Juristische Argumentation – Argumente der Juristen, hg. v. Cordes, Albrecht (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 49). Böhlau, Köln 2005. IX, S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Juristische Argumentation – Argumente der Juristen, hg. v. Cordes, Albrecht (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 49). Böhlau, Köln 2005. IX, S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung hält mit beeindruckender Verve zu Recht die Erinnerung an eines der bedeutendsten Gerichte des deutschen Sprachraums wach. Dafür ist in erster Linie die unablässige Präsenz vor Ort unabdingbar. Ebenso bedeutsam ist aber auch die Außenwirkung, die durch Vorträge und Kolloquien und deren Veröffentlichung getragen wird.
In diesem Sinne hat im Oktober 2004 ein wissenschaftliches Kolloquium über den Quellenwert frühneuzeitlicher Argumentation, wie sie ihren Niederschlag in Gerichtsurteilen und Gutachten fand, stattgefunden. Die dort gehaltenen Referate vereint der vorliegende verdienstvolle Band. Er umfasst insgesamt neun Studien.
Den Beginn macht Albrecht Cordes mit einem „allzu scharf gerittenen Pandectenhengst“, in dem er richterliches Selbstbewusstsein und juristische Argumente gegenüberstellt. Jürgen Weitzel untersucht demgegenüber Werte und Selbstwertung juristisch-forensischen Begründens heute. In die andere Richtung greift Ulrich Falk unter dem Titel „Un reproche que tous font à Balde“ auf die gemeinrechtliche Diskussion um die Selbstwidersprüche der Konsiliatoren über die Neuzeit und das Reichskammergericht aus.
Alain Wijfels steuert Argumentationsmuster in belgisch-niederländischen Konsiliensammlungen des 16. Jahrhunderts bei. Thomas Lau beschäftigt sich mit dem Rechtsanwalt und dem juristischen Argument. Stefan Ehrenpreis behandelt Religionsprozesse vor dem Reichshofrat zwischen 1555 und 1620.
Serge Dauchy und Véronique Demars-Sion entschlüsseln Argumentation et motivation dans les recueils d’arrêts des cours souveraines de France am Beispiel des Parlement de Flandre vom Ende des 17. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts. Ignacio Czeguhn vergleich |
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Kadgien, Michael, Das Habsburgergesetz (= Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht 60). Lang, Frankfurt am Main 2005. XVIII, 291 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kadgien, Michael, Das Habsburgergesetz (= Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht 60). Lang, Frankfurt am Main 2005. XVIII, 291 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Gilbert Gornig betreute, im Wintersemester 2004/2005 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Marburg angenommene Dissertation des Verfassers. Sie betrifft ein wichtiges, noch geltendes Verfassungsgesetz Österreichs. Für dieses schildert sie in acht Abschnitten die Entwicklung von der Entstehung bis zur Gegenwart.
In der kurzen Einleitung geht der Verfasser knapp auf die seit 1278/1282 mit Österreich verbundenen bzw. durch ein Vater-Söhne-Geschäft belehnten Habsburger und das ihre Herrschaft gesetzlich beendende Habsburgergesetz im Allgemeinen ein. Danach schildert er den Weg Österreichs von der Monarchie zur Republik einschließlich des Zerfalls der Monarchie und die erste Republik Österreichs auf der Grundlage der Gründung des Staates Deutsch-Österreich. Im Anschluss daran wendet er sich dem Habsburgergesetz vom 3. April 1919 zu.
Dafür zeigt er zunächst die Vorbilder in Ungarn, der Tschechoslowakei, dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, in Polen, im Deutschen Reich und Preußen, Bayern, Baden und Lippe. Danach spürt er die Beweggründe der Gesetzgebung auf, die von der unzureichenden Verzichtserklärung des Kaiser und der Restaurationsgefahr bis zur Sühne für einen mutwillig vom Zaun gebrochenen Krieg, der allgemeinen zeitlichen Veränderung („das Erzhaus hat sich ausgelebt und überlebt“) und dem Entgegenkommen gegenüber dem Ausland reichen. Im Anschluss hieran untersucht er ausführlich die (neun) einzelnen Bestimmungen des Gesetzes.
Dem folgt die Entwicklung des Habsburgergesetzes bis 1945, die aber mit der Reform des Bundesverfassungsgesetzes von 1929 endet. Dementsprechend untersucht er im vierten Teil Österreich während des Ständestaates und (während) der Besetzung (durch das Deutsche Reich). |
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Kapossy, Béla, Iselin contra Rousseau. Sociable Patriotism and the History of Mankind (= Schwabe Philosophica 9). Schwabe, Basel 2006. 348 S. Besprochen von Marcel Senn., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kapossy, Béla, Iselin contra Rousseau. Sociable Patriotism and the History of Mankind (= Schwabe Philosophica 9). Schwabe, Basel 2006. 348 S. Besprochen von Marcel Senn.
Diese in englischer Sprache bei Istvan Hont an der Universität of Cambridge verfasste PhD-These stellt eine ebenso interessante wie fundierte Untersuchung zur Funktion des Patriotismus auf der Grundlage von Aufklärung und Philanthropie dar. Ihr Gegenstand bilden Republikanismus und Ordre Social mit Schwerpunkt auf den helvetischen Verhältnissen des späten 18. Jahrhunderts.
Im Zentrum stehen dabei Werk und Person des Baseler Geschichtsphilosophen und Juristen Isaak Iselin (1728-1782), der mit seinen Werken Geschichte der Menschheit (1764) und Träume eines Menschenfreundes (1776) seine Zeitgenossen nachhaltig beeinflusst hat, obwohl die postrevolutionäre Historiographie seine Spuren verwischte. Iselins Werke entstanden unter anderem in Auseinandersetzung mit dem Discours (1755) und dem Contrat Social (1762) Jean-Jacques Rousseaus In diesem Kontext stellt sich daher zentral die Frage, weshalb das Werk des seinerzeit hochgeschätzten Iselin im Verhältnis zu demjenigen Rousseaus in Vergessenheit geraten konnte. Die Antwort darauf lässt auch eine Klärung von dessen historischer Bedeutung für die Zeitgenossen erwarten.
Kapossy, der an der Universität Lausanne Geschichte lehrt, geht zunächst von den allgemeinen Gesichtspunkten der aufgeklärten Naturrechtsdiskussion aus. Diese Diskussion spielt sich vor dem Hintergrund der damals weitgehend als normal angesehenen patriarchalisch strukturierten Gesellschaft ab, der auch Iselin verpflichtet war (85-101). Nach Ansicht des Autors vollzieht sich die damalige Diskussion aber weniger im Sinne eines idealistischen Politikdiskurses, wie dies meist so dargestellt wird, sondern faktisch als realpolitische Auseinandersetzung mit Bezug zur praktischen Ökonomie, die als das Fundament der zeitgenössischen Gesellschaft angesehen wu |
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Karl I. (IV.), der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie, hg. v. Gottsmann, Andreas (= Publikationen des Historischen Instituts beim österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlung 14). Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007. 305 S. Besprochen von Thomas Olechowski., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Karl I. (IV.), der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie, hg. v. Gottsmann, Andreas (= Publikationen des Historischen Instituts beim österreichischen Kulturforum in Rom, Abhandlung 14). Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007. 305 S. Besprochen von Thomas Olechowski.
„Die Seligsprechung Kaiser und König Karls bot dem Österreichischen Historischen Institut in Rom die Möglichkeit, abseits hagiographischen Lobes Ende November 2004 ein international besetztes Symposion mit Teilnehmern aus allen Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie abzuhalten, auf dem nicht so sehr die Person des Monarchen selbst, als vielmehr das politische und gesellschaftliche und kulturelle Umfeld, in dem er wirkte, im Mittelpunkt stand“, berichtet der Herausgeber in seiner Einleitung über das Zustandekommen des Tagungsbandes (9f.). Dieser hebt sich wohltuend von anderen leider auch zu diesem Anlass erschienenen Büchern ab und ist ein Musterbeispiel für eine geglückte internationale Zusammenarbeit europäischer Historikerinnen und Historiker. Der Lesbarkeit sicherlich dienlich ist es, dass die Beiträge nicht, wie aufgrund der Themen und der Provenienz der Autor/inn/en zu erwarten gewesen wäre, in sieben oder zehn, sondern lediglich in drei verschiedenen Sprachen (deutsch, italienisch und englisch) abgefasst sind; noch schöner wäre es gewesen, hätten alle Beiträge ein englischsprachiges Abstract erhalten. Aus der Fülle der behandelten Themen seien hier lediglich einige wenige willkürlich herausgegriffen.
So äußert Helmut Rumpler gleich zu Beginn des Bandes in seinem Aufsatz über „Kaiser Karl, die Friedensprojekte und das deutsch-österreichische Bündnis“ die These, dass den Mitgliedern des österreichisch-ungarischen Ministerrates schon 1914 bewusst war, dass der Krieg in jedem Fall das Ende der Monarchie bedeuten würde, auch wenn dies letztlich „unausgesprochen“ blieb (13) und daher vom Rezensenten - zumindest in dieser apodiktis |
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Kaufhold, Martin, Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter. Institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198-1400 im Vergleich (= Mittelalter-Forschungen 23). Thorbecke, Ostfildern 2008. 350 S. Besprochen von Alois Gerlich., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kaufhold, Martin, Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter. Institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198-1400 im Vergleich (= Mittelalter-Forschungen 23). Thorbecke, Ostfildern 2008. 350 S. Besprochen von Alois Gerlich.
Nach einem Überblick über die Jahre von 1198 bis 1215 als Zeit politischer Umbrüche, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels greift Martin Kaufhold die Magna Carta 1215 in der Ausgestaltung von 1225 und das IV. Laterankonzil 1215 als zwei das gesamte 13. Jahrhundert mit ihren 62 Artikeln und 71 Kanones bestimmenden Ordnungen auf. Gegenübergestellt werden die Entwicklungen in England mit dem dort bestimmenden Gegensatz zwischen Königtum und einer Opposition von Adel und voranschreitendem Bürgertum und den im Deutschland des 13. Jahrhunderts eignen Doppelwahlen durch Fürsten, die in parteiischen Erhebungen jeweils einen Landfremden kürten, ehe man endlich 1273 zur Wahl des ‚reichseingesessenen‘ Rudolf von Habsburg kam. Eine Grundtendenz in dessen Regierung, die Wiedergewinnung von seit den letzten Jahrzehnten verlorenem Reichsgut, wird zutreffend gesehen als ein Agens für den Fortbestand des Dualismus zwischen Gewähltem und Wählern.
Zur Beurteilung der Abläufe in England, Deutschland und an der Kurie seien Vergleichszahlen eingeschoben: In den von Kaufhold ausgewählten beiden Jahrhunderten kannte England „nur“ 7 Könige, Deutschland aber 12, von denen 6 Gegenkönige, 2 zeitweilig auftretende Herrschersöhne waren, so dass hier im Unterschied zu den englischen Adelsfraktionen in Deutschland das Bild bestimmt wurde von Fürsten und deren Anhang mit nicht seltenem Parteiwechsel. Ganz wirr sind die Zahlen an den Kurien in Rom, Avignon, Pisa und abermals in Rom, mit insgesamt 31 Päpsten, zum Teil Schismatikern oder Anspruchspäpsten. Es gab mithin sehr unterschiedliche Zahlen von Vakanzen und Herrschaftsantritten und in solchen Konstellationen die Notwendigkeit der Legitimationen. Da |
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Kaupisch, Julia, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in seiner historischen Entwicklung. Werdegang in den norddeutschen Ländern (= Schriften zum deutschen und europäischen öffentlichen Recht 18). Lang, Frankfurt am Main 2008. 333 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kaupisch, Julia, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in seiner historischen Entwicklung. Werdegang in den norddeutschen Ländern (= Schriften zum deutschen und europäischen öffentlichen Recht 18). Lang, Frankfurt am Main 2008. 333 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die 2007 in Marburg angenommene Dissertation der in Georgsmarienhütte 1969 geborenen, nach der ersten juristischen Staatsprüfung am Institut für öffentliches Recht in Marburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigen Verfasserin. Gegenstand der Untersuchung ist es, die Entwicklung der individuellen Komponente der Religionsfreiheit in den norddeutschen Ländern hauptsächlich an Hand schriftlicher Verbürgungen in Verfassungstexten und Verfassungsdebatten, aber auch einfachgesetzlicher Normen und tatsächlicher Handhabungen zu verfolgen. Schwerpunkt ist Preußen.
Nach der kurzen Einleitung geht die Verfasserin auf das Zeitalter der Aufklärung in Norddeutschland ein. Dabei beginnt sie mit den philosophischen Voraussetzungen der preußischen Toleranzpolitik und betrachtet die Entwicklung unter Friedrich II. unter Einbeziehung des Religionsedikts von 1788 und des preußischen Allgemeinen Landrechts. Für die Situation in den anderen norddeutschen Ländern dient hauptsächlich Hannover als kurzes Beispiel.
Entsprechend dem chronologischen Ablauf folgt der Übergang zum Konstitutionalismus in Norddeutschland (Art. XVI der Deutschen Bundesakte, preußische Verfassung von 1848 bzw. 1850, Hannover, Braunschweig, Kurfürstentum Hessen, Schleswig und Holstein, Hamburg, Bremen, Lübeck, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz). Danach betrachtet die Verfasserin die Zeit zwischen Reaktion und Reichsverfassung von 1871. Den Beschluss bildet die Zeit nach der Gründung des deutschen Reiches einschließlich des Toleranzantrags von 1900 mit seinen Auswirkungen auf die Weimarer Reichsverfassung, so dass insgesamt ein weiterführender Beitrag zur Entwicklung der indivi |
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Kempen, Bernhard/Dorf, Yvonne, Bodenreform 1945-1949. Eine verfassungsrechtliche Neubewertung (= Kölner Schriften zu Recht und Staat 20). Lang, Frankfurt am Main 2004. IX, 104 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kempen, Bernhard/Dorf, Yvonne, Bodenreform 1945-1949. Eine verfassungsrechtliche Neubewertung (= Kölner Schriften zu Recht und Staat 20). Lang, Frankfurt am Main 2004. IX, 104 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit der Mensch die Möglichkeit wahrgenommen hat, Gegenstände sich mehr oder weniger ausschließlich zuzuordnen und andere Menschen von der Herrschaft über sie auszuschließen, gibt es Reichtum und Vermögen. Die verschiedensten Umstände haben dabei jeweils Ungleichheiten der Verteilung bewirkt. Während die Begünstigten dies meist als Erfolg betrachten und verteidigen, sehen die Benachteiligten das Ergebnis vielfach als ungerecht und der Veränderung bedürftig an.
In diesem Rahmen befasst sich das schmale Werk mit der Bodenreform in der sowjetisch besetzten Zone des Deutschen Reiches in den Jahren zwischen 1945 und 1949. Auch viele Jahre nach der deutschen Einheit des Jahres 1990 lässt das dafür geschaffene Regelwerk die Opfer der damaligen Maßnahmen nicht ruhen. Deswegen haben sie einen rechtswissenschaftlichen Gutachtenauftrag erteilt, der die rechtlichen Folgen ermittelt, welche die von der Politikwissenschaftlerin Constanze Paffrath in der in Duisburg-Essen 2003 mit der Note summa cum laude bewerteten Dissertation Macht und Eigentum. Die Enteignungen 1945-1949 im Prozess der deutschen Wiedervereinigung (2004) aufgestellte These - dass es die von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland behauptete Zwangslage, dass Bedingung der deutschen Einheit ein Rückgabeverbot enteigneten Bodens gewesen sei, tatsächlich nicht gegeben, sondern die Regierung selbst das Rückgabeverbot gewollt habe - nach sich zieht.
Dem eingangs erwähnten Gutachtenauftrag folgt eine Darstellung der Bodenreformurteile des Bundesverfassungsgerichts Deutschlands vom 23. April 1991 und vom 18. 4. 1996, in denen das Gericht die Verfassungsmäßigkeit der das Eigentum betreffenden Regelungen des Einigungsvertrages bestätigte. Daran schließen die Verfasser |
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Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst. Die Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 48). Hiersemann, Stuttgart 2002. X, 572 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst. Die Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 48). Hiersemann, Stuttgart 2002. X, 572 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Neithard Bulst betreute, von der deutschen Forschungsgemeinschaft durch ein dreijähriges Stipendium geförderte, im Wintersemester 2001/2002 von der Fakultät für Geschichtswissenschaften und Philosophie der Universität Bielefeld angenommene Dissertation des Verfassers. Angesichts zahlreicher herausragender Vorarbeiten fühlt der Verfasser sich mit Bernhard von Chartres wie ein Zwerg auf den Schultern von Riesen. Deswegen bemüht er sich nicht um mehr und weitere Einsicht aus gewohnter Blickrichtung, sondern um neue Einsichten unter veränderter Perspektive.
Leitende Fragestellung ist ihm dabei auf der Grundlage der Habilitationsschrift Karl Bosls über die Reichsministerialität der Salier und Staufer von 1950/1951, welcher soziale Standort sich den Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. zuweisen lässt und welchen Wandlungen dieser unterlag. Weiter sucht er nach den Voraussetzungen, Methoden und Motivationen des Handelns zwischen regionaler Besitzstellung und raumübergreifendem Reichsdienst. Schließlich möchte er erkunden, welche Funktionen und Aktionsfelder die Ministerialen im Umfeld staufischen Herrschaftshandelns ausfüllten und welche Folgen dies für die Gestaltung der Reichspolitik hatte.
Die dreiteilige Untersuchung beginnt auf der Grundlage der Diplomata der staufischen Herrscher, der Urkunden geistlicher wie weltlicher Herrschaftsträger einzelner Landschaften, historiographischer Texte, vieler Bilder, Münzen, Siegel, Bauten und literarischer Zeugnisse mit der Ministerialität zwischen Formierung und Konsolidierung. Danach sucht der Verfasser im umfangreichsten zweiten Teil nach dem Verhältnis von regionalen Handlungsspielräumen und imperialem Dienst an den Beispielen d |
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Klein, Peter, Die „Gettoverwaltung Litzmannstadt“ 1940-1944. Eine Dienststelle im Spannungsfeld von Kommunalbürokratie und staatlicher Verfolgungspolitik. Verlag Hamburger Edition, Hamburg 2009. 683 S. Besprochen von Werner Schubert., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Klein, Peter, Die „Gettoverwaltung Litzmannstadt“ 1940-1944. Eine Dienststelle im Spannungsfeld von Kommunalbürokratie und staatlicher Verfolgungspolitik. Verlag Hamburger Edition, Hamburg 2009. 683 S. Besprochen von Werner Schubert.
Unter der reichhaltigen Literatur über das Getto Litzmannstadt (Lodz) (hierzu zuletzt umfassend Gordon J. Horwitz, Gettostadt: Łódź and the making of a Nazi city, Cambridge/ Mass.; London 2008) nimmt das Werk Peter Kleins insofern eine Sonderstellung ein, als dieses erstmals primär von der Gettoverwaltung vor Ort durch den Bremer Großkaufmann Hans Biebow ausgeht. Klein beschreibt zunächst die Einrichtung der Gettogründung, die Ende 1940 abgeschlossen war, nachdem sich eine Evakuierung der Juden vornehmlich in das Generalgouvernement zerschlagen hatte. Die Gettoverwaltung unterstand im unmittelbaren Reichsauftrag der Ernährungs- und Wirtschaftsstelle Getto der Stadt Lodz (später „Gettoverwaltung Litzmannstadt“). Biebow war zuständig für die Sicherung und Finanzierung der Ernährung von 160.000 Personen, deren Durchführung der (Schein-)Autonomie der Judenältesten oblag. An deren Spitze stand Chaim Romkowski, der eine umfangreiche Verwaltung aufbaute, die auch eine eigene Polizei und Justiz mit einem „Getto-Rechtssystem“ umfasste (hierzu, leider nur sehr knapp, Andrea Löw, Juden im Getto Litzmannstadt. Lebensbedingungen, Selbstwahrnehmung, Verhalten, Göttingen 2006, S. 112ff.). Die Ältesten der Juden sahen es als ihre Aufgabe an, die Ernährung der Eingesperrten durch Arbeitsleistung zu sichern und die Subsistenz der beraubten Juden zu professionalisieren. Die deutsche Gettoverwaltung war, auch wenn sie eigene Interessen verfolgte, ein Instrument der Judenverfolgung und Judenvernichtung, deren Mitwirkung in der Anfangszeit der Verwaltung Romkowskis auferlegt wurde. Besonderes Gewicht legt Klein auf die polykratische Organisationsstruktur, die bestimmt wurde durch den Reichsstatthalter, die SS-Führung, die |
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Kloepfer, Michael, Dichtung und Recht. Duncker & Humblot. Berlin 2008. 59 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Der Jurist bedarf, so der Verfasser im Vorwort, angesichts der spezifischen Anforderungen seines Berufs der Ergänzung durch das Interesse für Kunst oder gar durch künstlerische Betätigung. Die Kunst kann ihm Dimensionen jenseits seiner beruflichen Fixierung erschließen. Im Idealfall kann er sogar aus der Kunst Anregungen und Deutungen für seinen Beruf gewinnen.
Mit dieser Zielsetzung befasst sich der Verfasser als erstes in der Festschrift für Peter Raue mit Rainer Maria Rilkes Panther, dessen Blick vom Vorübergehen der Stäbe so müd geworden, das er nichts mehr hält. Danach wendet er sich in der Neuen Juristischen Wochenschrift dem Verfassungsdenken in Schillers Don Karlos zu, in dessen Bemühen um den Reichtum des menschlichen Lebens durch Freiheit er das bis heute gültige Schlüsselanliegen unseres Verfassungsdenkens bestmöglich beschrieben sieht. Schließlich erkennt der Verfasser in der Festschrift für Detlef Merten auch in Wilhelm Tells Anwendung von Gewalt in höchster Gefahr ein bleibendes Zeugnis politischer Kultur und rechtlicher Wertefundierung in der deutschen Dichtung.
Dementsprechend gelangt der Verfasser insgesamt zu der Erkenntnis, dass Kunst und Recht einander brauchen. Möge es ihm gelingen, möglichst viele Leser durch sein Bändchen dazu zu bewegen, in einen Gedichtband, in ein Drama oder vielleicht auch in ein Theater hineinzuschauen. Ein weiter Blick kann einem Urteil nie schaden.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Klose, Fabian, Menschenrechte im Schatten kolonialer Gewalt. Die Dekolonisierungskriege in Kenia und Algerien 1945-1962 (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London 66). Oldenbourg, München 2009. X, 346 S. Besprochen von Hans-Michael Empell., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Klose, Fabian, Menschenrechte im Schatten kolonialer Gewalt. Die Dekolonisierungskriege in Kenia und Algerien 1945-1962 (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London 66). Oldenbourg, München 2009. X, 346 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Die Untersuchung wurde im April 2007 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München als Dissertation eingereicht; betreut wurde die Arbeit von Martin H. Geyer. In der Einleitung (S. 1 ff.) stellt der Autor das Thema vor: den von Großbritannien in Kenia geführten Krieg gegen die Widerstandsbewegung der Mau-Mau (1952-1956) und den Algerienkrieg Frankreichs (1954-1962). Von zentraler Bedeutung ist für ihn die Frage, „wie Großbritannien und Frankreich als demokratische Rechtsstaaten in Europa einerseits den internationalen Menschenrechtsdiskurs wesentlich mitbestimmten und andererseits in ihren Überseegebieten zu Maßnahmen entgrenzter Gewalt greifen konnten.“ (S. 6) Im Anschluss an die Einführung in das Thema werden der Forschungsstand dargestellt, die ausgewerteten Quellen behandelt und der Aufbau der Untersuchung erläutert.
Der Verfasser geht zunächst, wie es in der Überschrift des ersten Abschnitts heißt, auf die „neue Weltordnung (1941-1948)“ ein (S. 19ff.). Als Antwort auf das nationalsozialistische Regime und den von ihm ausgelösten Zweiten Weltkrieg setzte sich danach in den westlichen Staaten die Idee universeller Menschenrechte durch. Das erklärte Kriegsziel der Alliierten bestand darin, die Grundlagen einer neuen Weltordnung zu schaffen, in der die Menschenrechte respektiert werden. Ausdruck fand dieses Ziel in der von den USA und Großbritannien beschlossenen Atlantik-Charta (12. 8. 1941), wonach die „Freiheit von Furcht und Not“ zu den Prinzipien der neuen Weltordnung gehören sollte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Menschenrechte zum ersten Mal völkerrechtlich umfassend anerkannt - in der UN-Charta (26. 6. 1945), der Konvention über die Verhütung un |
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Köbler, Gerhard, Jusnews 2009. Juristische Nachrichten des Jahres 2009 aus Deutschland und der Welt. http://www.koeblergerhard.de/index2009/index2009.html. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Seit 2000 sammeln jusnews täglich aus der Medienflut die am weitesten in das Bewusstsein der Allgemeinheit vorgedrungenen rechtlichen Ereignisse in jeweils einem Satz. Durch Aufbewahrung werden diese einfachen tagesaktuellen Nachrichten zu einem auf das als wesentlich Angesehene beschränkten Abbild des gegenwärtigen rechtlichen Geschehens, in dem jedermann mit Hilfe der modernen Elektronik unter jeweils jährlich rund 4000 festgehaltenen Ereignissen überall jederzeit beliebig suchen kann. Die Datei setzt diese für jegliche Unterstützung offene Sammlung für das Jahr 2009 beginnend mit der Übernahme der Präsidentschaft der Europäischen Union durch Tschechien fort und nimmt dabei etwa auch die Steinigung eines Mannes wegen Ehebruchs in Somalia auf.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Köbler, Gerhard, Zielwörterbuch europäischer Rechtsgeschichte, 5. Aufl. (1750. Fassung) (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 67). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag GmbH, Postfach 110109, D 35346 Gießen 2009. 1135 S. marhelwagner@web.de. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Das 1997 erstmals erschienene, zwischen dem systematischen Lehrbuch und dem vollständigeren Handwörterbuch stehende einbändige Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte wird nun in fünfter Auflage vorgelegt. Dabei konnte die erfolgreiche Zielsetzung unverändert bleiben. Der Umfang ist von seinerzeit 657 Seiten auf inzwischen 1135 Seiten angewachsen.
Aufgenommen werden alle aus deutscher Sicht für die europäische Rechtsgeschichte bedeutsamen Gegebenheiten. Am Beginn steht in der Regel eine kurze und einfache Inhaltserklärung. Am Ende werden Literaturhinweise geboten, welche die eigene Vertiefung ermöglichen.
Das im jeweils aktuellen Stand auch im Internet einsehbare Werk ist offen für jegliche weiterführende Anregung, Ergänzung, Vertiefung und Verbesserung. Die fünfte Auflage bietet neben neu aufgenommenen Artikeln zahlreiche aktualisierende Literaturhinweise. Außerdem fügt sie ein Schriftenverzeichnis des Verfassers ein, das auch über den Stand der im Projekt Fontes enthaltenen Digitalisate der wichtigsten europäischen Rechtsquellen zum 20. April 2009 unterrichtet.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Köhler, Ingo, Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich. Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung (= Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 14). Beck, München 2005. 602 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Die Arbeit ist die überarbeitete Fassung der von Dieter Ziegler betreuten, von Stiftungen großzügig geförderten, im November 2003 von der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum angenommenen Dissertation des danach als wissenschaftlicher Angestellter im Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Göttingen tätigen Verfassers. Sie geht davon aus, dass die Bankengruppe Privatbankiers mit einer gemeinsamen Bilanzsumme von rund 53 Milliarden DM 1998 nur noch ein halbes Prozent des Geschäftsvolumens aller deutschen Banken auf sich vereinigen konnte. Demgegenüber sei es unbestritten, dass die Privatbanken einen grundlegenden Beitrag bei der Entwicklung Deutschlands zu einem modernen Industriestaat geleistet haben, so dass es sich frage, ob ihr Niedergang gesetzmäßig erfolgt sei oder andere Ursachen habe.
Hierfür klärt der Verfasser als erstes die Begriffe Privatbank und Privatbankier. Die strenge juristische Abgrenzung erweist sich ihm dabei als unzulänglich. Vielmehr fasst er in der Rechtsform von Einzelunternehmen und Personengesellschaften betriebene Bankgeschäfte mit ursprünglich als Privatbanken gegründeten, die eigenständige persönliche Geschäftsführung beibehaltenden Kapitalgesellschaften zu einer Einheit zusammen.
Bei der Betrachtung des Forschungsstands und des Erkenntnisinteresses weist er überzeugend darauf hin, dass die Sammelklagen von Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung vor amerikanischen Gerichten, die öffentliche Diskussion um die Verstrickung deutscher und Schweizer Geschäftsbanken beim Handel mit NS-Raubgold und die Debatten um den elimatorischen Antisemitismus der Deutschen das Interesse an der Geschichte der deu |
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Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit, hg. v. Strohm, Christoph/de Wall, Heinrich (= Historische Forschungen 89). Duncker & Humblot, Berlin 2009. VIII, 443 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Nach allgemeiner Ansicht sind die Sollenssysteme Religion und Recht in ihren Anfängen nahe verwandt. Im Laufe der Geschichte haben sie sich freilich stärker voneinander verselbständigt. Gleichwohl ist die Frage berechtigt, ob und, wenn ja in welcher Weise konfessionelle Orientierungen in der frühneuzeitlichen Jurisprudenz einen Niederschlag gefunden haben.
Zur Beantwortung ist in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden vom 12. bis 14. Oktober 2006 ein von der Johannes-Althusius-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit einem an der Johannes a Lasco-Bibliothek angesiedelten und im Rahmen des Forschungsprogramms Kulturwirkungen des reformierten Protestantismus durchgeführten Forschungsprojekt über Recht und Jurisprudenz im Bereich des reformierten Protestantismus 1550-1620 ein internationales Symposium veranstaltet worden. Dabei bestand Einigkeit, dass die sich formierenden Konfessionen bei deren Entstehung des frühmodernen Staates eine wichtige Rolle gespielt und bei der Sozialdisziplinierung, mentalen Kontrolle und Verdichtung von Staatlichkeit mitgewirkt haben. Vor diesem Hintergrund sollte jedoch genauer gefragt werden, ob bei aller funktionalen Gleichheit nicht doch auch kennzeichnende Unterschiede der lutherischen, reformierten und tridentinisch-katholischen Konfession in ihrem Beitrag zur Gestaltung der Moderne festzustellen sind.
Insgesamt enthält der Band 17 Beiträge. Eröffnet werden sie von Christoph Strohm vom Wissenschaftlich-Theologischen Seminar der Universität Heidelberg als einem der Herausgeber. Er bietet vorweg Fragestellungen, methodische Probleme und (vier) Hypothesen hinsichtlich der konfessionellen Einflüsse auf das Werk reformierter Juristen.
Danach beschäftigt sich Isabelle Deflers mit Konfe |
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König Lustik!?- Jérôme Bonaparte und der Modellstaat Königreich Westphalen, red. v. Bartsch, Maike u. a., übers. v. Müller, Michael/Richter, Melanie (= Kataloge der Museumslandschaft Hessen-Kassel 39). Hirmer, München 2008. 567 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Werner Schubert., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen König Lustik!?- Jérôme Bonaparte und der Modellstaat Königreich Westphalen, red. v. Bartsch, Maike u. a., übers. v. Müller, Michael/Richter, Melanie (= Kataloge der Museumslandschaft Hessen-Kassel 39). Hirmer, München 2008. 567 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Werner Schubert.
Zum 200. Jahrestag der Gründung des Königreichs Westphalen fand vom 19. 3. bis 29. 6.2008 in Kassel eine aufwändige Ausstellung mit rund 600 Exponaten statt, die im vorliegenden Band weitgehend abgebildet und fachkundig beschrieben sind (S. 176-496). 22 Essays (S. 25-175) befassen sich in erster Linie mit der Kunst- und Gesellschaftspolitik des Königreichs Westphalen. Zehn Beiträge sind der Kunstpolitik Napoleons, dem Kunstraub in Kassel (Kehrseite und Konsequenz des napoleonischen Modernisierungsprojekts; S. 38ff.) sowie kulturpolitischen Themen gewidmet (Erfindung des style Empire; Porträtaufträge Jérômes; Herrschereinzug; Kasseler Bauwesen; Tafelkultur; Musik und Theater sowie Mode). Th. Lentz zeichnet ein sehr kritisches Bild der Gründe der napoleonischen Deutschlandpolitik (S. 25ff.). Dagegen vermittelt Berding in dem Beitrag: „Imperiale Herrschaft, politische Reform und gesellschaftlicher Wandel“ (S. 107ff.) ein im Ganzen sehr positives Bild der Gesellschaftspolitik des Königreichs, nicht ohne zum Schluss darauf hinzuweisen, dass, gemessen an den Zielen, die Napoleon mit der Gründung des Königreichs verfolgt habe, die Gründung der „moralischen Eroberung“ gescheitert sei (S. 112). Die von Berding angesprochene Bedeutung der westphälischen Reformen für die Rheinbundstaaten und auch für die Folgezeit bedürfte noch detaillierterer Untersuchungen. Siebeneicker arbeitet in seinem Beitrag über die westphälische Ständeversammlung die Unterschiede zwischen dem französischen Vorbild und dem westphälischen „Parlament“ heraus und geht auch auf die parlamentarische Sitzordnung ein (S. 113ff.). Die strafrechtlichen Probleme, die mit der Einführung der Wehrpflicht (Konskr |
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Kontinuitäten und Zäsuren. Rechtswissenschaft und Justiz im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit, hg. v. Schumann, Eva. Wallstein, Göttingen 2008. 376 S. Besprochen von Werner Schubert., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kontinuitäten und Zäsuren. Rechtswissenschaft und Justiz im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit, hg. v. Schumann, Eva. Wallstein, Göttingen 2008. 376 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der Band enthält die 13 Vorträge, die in der Göttinger Ringvorlesung über Rechtswissenschaft und Justiz im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit im Wintersemester 2006/2007 gehalten worden sind. Insgesamt befassen sich die Autoren mit der Fortdauer persönlicher Netzwerke und juristischer Konzeptionen und gehen darüber hinaus auch der Frage nach, wie die in der NS-Zeit schon amtierenden bzw. ausgebildeten Juristen nach 1945 mit dem Justizunrecht der NS-Zeit umgingen. Joachim Rückert zeigt die gesellschaftlichen und verfassungspolitischen Alternativkonzepte der Widerstandsbewegungen am Beispiel des Kreisauer Kreises auf (S. 11ff.), das wenig demokratisch und freiheitheitlich-liberal war. Es folgt die Abhandlung von Ralf Frassek: „Göttinger Hegel-Lektüre, Kieler Schule und nationalsozialistische Juristenausbildung“ (S. 45ff.). Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht die Zielsetzung der von Karl August Eckhardt betriebenen Studienreform von 1935 und das Lehrbuch von Larenz: „Vertrag und Unrecht“, das Frassek auch in der 2., nicht mehr ausgelieferten Auflage heranzieht. Auf umfassenden Archivrecherchen beruht der Beitrag Eva Schumanns über die Göttinger Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät von 1933-1955 (S. 65ff.). Wegen der Materialfülle behandelt Schumann primär die Fakultätsgeschichte und deren Personalpolitik; eine Beschäftigung mit dem Werk der Göttinger Hochschullehrer, deren äußerer Lebenslauf beschrieben und deren NS-Mitgliedschaften detailliert nachgewiesen werden, bleibt späteren Studien vorbehalten. 40% der ordentlichen Professoren der Göttinger Fakultät wurden aus rassischen oder politischen Gründen entlassen bei einem Gesamtdurchschnitt von 20% für die gesamte Universität. Keiner der 13 ordentlichen Professoren, welche die Fakultät 1933 |
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Koop, Volker, Himmlers letztes Aufgebot. Die NS-Organisation „Werwolf“. Böhlau, Köln 2008. 309 S. Besprochen von Martin Moll., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Koop, Volker, Himmlers letztes Aufgebot. Die NS-Organisation „Werwolf“. Böhlau, Köln 2008. 309 S. Besprochen von Martin Moll.
Der Nationalsozialismus war sowohl vor als auch nach seiner Machtübernahme in Deutschland Ende Januar 1933 eine zutiefst in archaischen Mythen verhaftete Weltanschauung, in der Ideen einer nationalen Wiedergeburt ebenso ihren Platz hatten wie phantastische (Wahn-)Vorstellungen von angeblichen jüdischen Rasseschändern und einer jüdisch-bolschewistisch-plutokratischen Weltschwörung. Weniger bekannt dürfte sein, dass das NS-Regime in seiner Endphase bzw. sogar nach seiner definitiven Beseitigung neue und nicht weniger langlebige Mythen in die Welt setzte, die zu einem erheblichen Teil selbst heute noch zirkulieren: Das Regime hätte gegen Kriegsende über Wunderwaffen verfügt, Hitler selbst und sein Adlatus Martin Bormann hätten das Ende in Berlin im April/Mai 1945 überlebt und sich mittels Flugzeugen und U-Booten nach Südamerika abgesetzt, es habe nach Kriegsende eine überaus effiziente Hilfsorganisation ehemaliger SS-Angehöriger namens „Odessa“ gegeben usw.
Derlei Legenden sind von der seriösen Forschung längst entweder ins Reich der Fabel verwiesen oder nachhaltig relativiert worden – die von der NS-Propaganda vielbeschworenen Wunderwaffen, etwa Raketen und Düsenjäger, gab es zwar tatsächlich, sie konnten jedoch wegen ihres viel zu späten und marginalen Einsatzes den Kriegsverlauf nicht beeinflussen oder gar zugunsten Nazi-Deutschlands verändern. All diesen Mythen gemeinsam ist das Element der Verzweiflung, des letzten Aufbäumens eines Regimes, das seinen Untergang vor Augen hatte, sich jedoch mit allen Mitteln, koste es was es wolle, dagegen auflehnte.
Es war diese vom nahenden Untergang bestimmte Atmosphäre, die im letzten Kriegsjahr in Deutschland – oder was noch davon übrig war – allerhand phantastische Ideen ins Kraut schießen ließ, wie man den Sieg der Alliierten verhindern könne. Paradoxerweise |
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Kopetz, Hedwig, Die österreichische Akademie der Wissenschaften. Aufgaben, Rechtsstellung, Organisation (= Studien zu Politk und Verwaltung 88). Böhlau, Köln 2006. 472 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kopetz, Hedwig, Die österreichische Akademie der Wissenschaften. Aufgaben, Rechtsstellung, Organisation (= Studien zu Politk und Verwaltung 88). Böhlau, Köln 2006. 472 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Wolfgang Mantl betreute Grazer Dissertation der in Graz 1976 geborenen, nach Studien in Graz, Wien und Paris seit 2001 als Assistentin am Institut für österreichisches, europäisches und vergleichendes öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Veerwaltungslehre tätigen Verfasserin. Sie geht davon aus, dass die jüngste Universitätsreform Österreichs den Universitäten verstärkte Autonomie, Vollrechtsfähigkeit und Globalbudgets gebracht habe, um ihre Profile in Forschung und Lehre zu schärfen, und Österreich von der öffentlichen Wahrnehmung noch weitgehend unbeachtet eine Institution habe, die diese modernen Reformziele bereits seit mehr als 150 Jahre verfolge. Die österreichische Akademie der Wissenschaften sei seit ihrer Gründung im Jahre 1847 nicht nur Gelehrtengesellschaft im klassischen Sinn, sondern führende Trägerorganisation innovativer Grundlagenforschung in Österreich (ursprünglich 48 wirkliche Mitglieder, in der Gegenwart theoretisch 90 wirkliche Mitglieder [2005 tatsächlich 165 wirkliche Mitglieder] in zwei Klassen).
Die nicht geschichtlich, sondern dogmatisch ausgerichtete Untersuchung gliedert sich klar und einleuchtend in fünf Teile. Davon schildert der einführende erste Teil (Von Forschergeist, Gelehrtentum und dem steten Blick aus dem Elfenbeintum) die soziokulturellen, institutionellen und forschungspolitischen Rahmenbedingungen, Gegenstand, Aufbau und Methode der Arbeit sowie die Akademien und den Akademiegedanken in Europa (Deutschland, Frankreich, England). Teil 2 betrifft die Aufgaben, Teil 3 die Rechtsstellung und Teil 4 die Organisation.
Das Resümee geht von Gottfried Wilhelm Leibniz’ Akademiekonzept aus, das mit Jürgen Mittelstrass für die Gegenwart fruchtbar gemacht wird. |
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Korn, Frank, Körperverletzungsdelikte - §§ 223ff., 340 StGB. Reformdiskussionen und Gesetzgebung von 1870 bis 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 12). Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, XVIII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Korn, Frank, Körperverletzungsdelikte - §§ 223ff., 340 StGB. Reformdiskussionen und Gesetzgebung von 1870 bis 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 12). Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, XVIII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Thomas Vormbaum betreute, im Sommersemester 2002 von der Fernuniversität Hagen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gehört in den größeren Rahmen der ansprechenden Materialien zu einem historischen Kommentar des Strafgesetzbuchs. Zeitlich geht sie der Dissertation Christian Grönings über Körperverletzungsdelikte 223ff., 340 StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung - Materialien zu einem historischen Kommentar 13) des Jahres 2004 voraus, legt für sie gewissermaßen den Grund und bildet mit ihr zusammen letztlich eine sachliche Einheit.
Gegliedert ist die Untersuchung in drei Teile. Zunächst legt der Verfasser für sich selbst Grundlagen, indem er Problemstellung, Forschungsstand, Methoden, Fragestellung und Darstellungsweise kurz beschreibt. Danach betrachtet er das Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten von 1851, für das ihm in der Gliederung zwischen vorsätzlicher Körperverletzung und Tatbeständen mit besonderen Anforderungen an die Person des Täters (Medizinalstrafrecht, Bauhandwerk) die fahrlässige Körperverletzung entgleitet, und die sonstigen Partikularrechte, für die er zwischen Körperverletzung (vorsätzliche Körperverletzung, fahrlässige Körperverletzung, Schmerzensgeld und Strafantrag), Vergiftung und Schlägerei sowie Körperverletzung im Amt trennt.
Der Schwerpunkt des Werkes liegt dann auf dem ausführlichen zweiten Teil, in dem der Verfasser die Entwicklung seit 1870 verfolgt. Ausgangspunkt ist das Reichsstrafgesetzbuch, dessen Entstehung der Verfasser sehr sorgfältig nachzeichnet. Es folgen Reformversuche u |
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Korzilius, Sven, „Asoziale“ und „Parasiten“ im Recht der SBZ/DDR. Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung (= Arbeiten zur Geschichte des Rechts in der DDR 4). Böhlau, Köln 2004. 744 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Korzilius, Sven, „Asoziale“ und „Parasiten“ im Recht der SBZ/DDR. Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung (= Arbeiten zur Geschichte des Rechts in der DDR 4). Böhlau, Köln 2004. 744 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die gewichtige Saarbrücker Dissertation des Verfassers. Sie befasst sich auf breiter Literaturgrundlage mit einer modernen, auch sozialgeschichtlichen Fragestellung, die ihre seinerzeitige Bedeutung in der Gegenwart freilich eingebüßt hat. Ihr Gegenstand sind die anführungsweise als Asoziale und Parasiten bezeichneten Menschen, die in einer sozialistischen Gesellschaft eigentlich aufgefangen sein oder werden sollten.
In der Einleitung beschreibt der Verfasser zunächst seinen Forschungsgegenstand als Praxis sozialer Kontrolle und Disziplinierung am Beispiel der von § 361 StGB alter, in der Deutschen Demokratischen Republik bis 1968 und in der Bundesrepublik Deutschland bis 1974 geltender Fassung kriminalisierten Personengruppen der Landstreicher, Bettler, Obdachlosen, Müßiggänger, Arbeitsscheuen und Prostituierten, an denen die Behandlung abweichenden Verhaltens in einer Gesellschaft bzw. durch einen Staat gut beobachtet werden könne. Hinsichtlich des Aufbaus entscheidet er sich naheliegenderweise für die zeitliche Abfolge. Danach legt er die in der Literatur bereits geleistete Arbeit und die noch bestehende Lücke umsichtig dar.
Den Beginn bildet die Sozialdisziplinierung als Mittel der Kriegsfolgenbeseitigung auf der Grundlage der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Dabei weist der Verfasser einerseits Kontinuität und andererseits auch Wandel nach. Die Reaktionen auf abweichendes Verhalten schwanken zwischen Fürsorge, Kontrolle und Bestrafung, wobei der Wiederaufbau der Fürsorge ebenso Abhilfe versucht wie Projekte zur Neuregelung der geschlossenen Unterbringung Asozialer auf Länderebene.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem |
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Krämer, Klaus, Die Bestrebungen für einen Zusammenschluss zwischen Österreich und Deutschland 1918 bis 1921 in österreichischen und deutschen Akten. Diss. phil.. Hannover 2003. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Krämer, Klaus, Die Bestrebungen für einen Zusammenschluss zwischen Österreich und Deutschland 1918 bis 1921 in österreichischen und deutschen Akten. Diss. phil. Hannover 2003. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Matthias Riedel betreute, 2003 von der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover angenommene philosophische Dissertation des Verfassers. Sie befasst sich auf der Grundlage ungedruckter und gedruckter Quellen und 23er Literaturtitel mit einer politisch für den deutschen Sprachraum gewichtigen Frage. Sie gliedert sich in insgesamt 11 Abschnitte, von denen die Abschnitte 4-7 den Schwerpunkt darstellen.
Die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich erklärte bekanntlich am 12. November 1918 durch Gesetzesbeschluss den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, was die Deutsche Nationalversammlung am 21. Februar 1919 einstimmig begrüßte. Die zwischen Februar und April 1919 in Berlin und Wien durchgeführten Anschlussverhandlungen beider Staaten wurden im Berliner Protokoll festgehalten und in der Unterkommission für Währungsangelegenheiten und der staatsfinanziellen Unterkommission vertieft. Die Friedensverträge von Versailles und Saint Germain verboten die Vereinigung nicht offiziell, machten sie jedoch von der Zustimmung des Völkerbunds abhängig.
Die daraufhin von der deutschösterreichischen Konstituierenden Nationalversammlung am 1. Oktober 1920 einstimmig beschlossene Volksabstimmung stieß auf den Widerstand der Entente-Mächte, die für den Fall der Durchführung mit der Einstellung der Hilfsaktion für Österreich drohten. Gleichwohl stimmten wenig später in Tirol 98,8 Prozent und in Salzburg 99,1 Prozent der Abstimmungsberechtigten für den Anschluss an das Deutsche Reich. Dabei ergab die detaillierte Untersuchung des Verfassers, dass die staatliche Vereinigung von allen Parteinen in beiden Staaten angestrebt wurde, so dass diese Zielsetzung als überp |
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Kramer, Susanne, Vom lästigen Publikum zum mündigen Darsteller. Die Entwicklung der Beteiligungsrechte im Recht der öffentlichen Vorhaben seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland, Frankreich und England (= Europäische Hochschulschriften 2, 4743). Lang, Frankfurt am Main 2008. 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Die Arbeit ist die von Michael Stolleis betreute, 2008 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation der von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten, rasch hintereinander als Rechtsanwältin, Staatsanwältin und Richterin tätigen Verfasserin. Ihr in der Einleitung geschilderter Untersuchungsgegenstand ist ansprechend. Hinsichtlich der Materiallage impliziert die Fragestellung nach der überzeugenden Einschätzung der Verfasserin einen Schwerpunkt auf der Gesetzgebungsgeschichte, die sie unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien analysiert, wobei auch archivalisches Material einbezogen wird.
Gegliedert ist die Arbeit in fünf sachliche Teile. Dabei beginnt die Verfasserin mit einer Bestandsaufnahme unter dem Titel Beteiligungsrechte im Rahmen immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und „environmental democracy“ im geltenden deutschen, französischen und englischen Anlagenzulassungsrecht. Als Wirkungen des Beteiligungsverfahrens ermittelt sie Präklusion, Entscheidungskonzentration und Privatrechtsgestaltung.
Der zweite Teil befasst sich mit frühen Verfahren mit Beteiligungsmöglichkeiten. Dabei fragt die Verfasserin einleuchtend nach der tatsächlichen Mitwirkungsmacht des Nachbarn als Vorläufer institutionalisierter Beteiligungsrechte. Besonderes Gewicht misst sie den Gewerbekonzessionen bei.
Der dritte Teil konzentriert sich auf Preußen. Hier verfolgt die Verfasserin die Beteiligungsrechte im gewerbepolizeilichen Genehmigungsverfahren vom Allgemeinen Landrecht (1794) über die allgemeine Gewerbegesetzgebung |
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Kramer-McInnis, Georg, Der „Gesetzgeber der Welt“. Jeremy Benthams Grundlegung des klassischen Utilitarismus unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechts- und Staatslehre. Dike Verlag, Zürich 2009. LXII, 368 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Die Arbeit ist die von Ernst Kramer väterlich sehr motivierte, während der lehrreichen Assistenzzeit am Lehrstuhl Lukas Gschwends in Sankt Gallen entstandene Dissertation des Verfassers. Sie bietet im Eingang ein kürzeres Verzeichnis der Literatur vor 1900 und ein längeres Verzeichnis der Literatur nach 1900, die zwar beide alphabetisch geordnet sind, aber jeweils den für die Ordnung verwendeten Familiennamen die für die Ordnung störenden Vornamen voranstellen. Bei dem verdienstvollen, wenn auch keineswegs vollständigen Werkverzeichnis Benthams, dessen chaotische Publikationsweise der Verfasser als legendär hervorhebt - weil nur die wenigsten der Werke von Bentham selbst vollendet oder zum Druck gebracht, viele gar nicht veröffentlicht, andere jahrzehntelang zurückbehalten, ergänzt und in veränderter Form herausgegeben wurden, darunter das Hauptwerk Introduction to the Principles of Morals and Legislation (1780-1789) oder On the Anti-Codification alias the Historical School of Jurisprudence (1830) -, unterscheidet der Verfasser 57 Nummern von A Comment on the Commentaries über A General View of a Complete Code of Laws (1786), Codification Proposal (1811-1817, veröffentlicht 1822), Constitutional Code (1822-1830), Of Laws in General (1782), Papers Relative to Codification and Public Instruction (1811-1817), Principles of the Civil Code (1786), Principles of International Law (1786-1789) und Principles of Penal Law (1775-1782) bis zu Truth versus Ashurst or Law as It Is, contrasted with what It Is Said to Be, wobei der unbestimmte Artikel anscheinend bei der Ordnung berücksichtigt ist, der bestimmte dagegen nicht.
In der Einleitung schildert der Verfasser zunächst die Forschungsdefizite im deut |
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Kremer, Carsten, Die Willensmacht des Staates. Die gemeindeutsche Staatsrechtslehre des Carl Friedrich von Gerber (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 238). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XI, 464 S. Besprochen von Walter Pauly., ZRG GA 127 (2010) |
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Nach den privatrechtsgeschichtlichen Untersuchungen Sibylle Hofers und Susanne Schmidt-Radefeldts sowie einer verfassungsgeschichtlichen zu seinem Wirken als sächsischer Kultusminister von Jördis Bürger ist seit der Jahrtausendwende nunmehr die vierte Monographie zu Carl Friedrich von Gerber erschienen. Die von Thomas Vesting betreute Frankfurter rechtswissenschaftliche Dissertation legt den Schwerpunkt auf Gerbers staatsrechtliches Werk, das unter Freilegung seiner willenstheoretischen Fundierung als System rekonstruiert wird. Habe in Gerbers Privatrechtssystem der Wille des Einzelnen und damit das System der subjektiven Rechte im Vordergrund gestanden, so dominierte im staatsrechtlichen System der Wille des Staates, wobei Staatsgewalt als Willensmacht erscheint, die von der Staatsrechtswissenschaft auf ihre Inhalte, Grenzen, Organe und Formen hin analysiert werde (S. 216ff.). Nicht ohne Grund hat sich denn auch Hans Kelsen in seiner Allgemeinen Staatslehre von 1925 in eine von Gerber über Paul Laband zu Georg Jellinek reichende Linie eingegliedert und Rudolf Smend in Gerber einen Vorläufer von Kelsen erblickt, wie Kremer zu berichten weiß (S. 3). Dass Gerber bei seiner Gründerleistung seinerseits auf die Leistungen anderer Autoren, wie namentlich den romanistischen Persönlichkeitsbegriff Georg Friedrich Puchtas (S. 234ff.) und das von Georg August Grotefend ins Staatsrecht transferierte Willensdogma (S. 224f., 238ff.) zurückgriff, wird ebenso herausgearbeitet wie die Strahlkraft von Gerbers Konzeption auf durchaus kritische zeitgenössische Autoren wie etwa Hermann Schulze (S. 227f., 243ff.). Eingebettet wird Gerber in den vielschichtigen Kontext der Wissenschaft vom gemeinen deutschen Staatsrecht, das |
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Kriegsende 1918. Ereignis, Wirkung, Nachwirkung, im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hg. v. Duppler, J./Groß, Gerhard P. (= Beiträge zur Militärgeschichte 53). Oldenbourg, München 1999. IX, 399 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Zum 1. 1. 1900 trat zwar im Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft und beendete viele Jahrhunderte gemeinen Rechts. Vermutlich viel unmittelbarer berührt hat den Einzelnen aber der zu einem ganz unfeierlichen Zeitpunkt begonnene erste Weltkrieg. Er trennt folglich auch stärker das 19. Jahrhundert vom 20. Jahrhundert als irgendein anderes Ereignis der Weltgeschichte.
Dementsprechend hat eine wissenschaftliche Untersuchung des Kriegsendes 1918 in Bezug auf Ereignis, Wirkung und Nachwirkung bedeutsames Gewicht. Der Herausgeber der Zeitschrift war auch sehr erfreut darüber, dass er für das Werk in Rainer Schröder rasch einen zeitgeschichtlichen, vielseitigen Sachkenner als Rezensenten fand. Nach vielen Jahren der Erinnerung muss er freilich einmal mehr der Erkenntnis Raum geben, dass der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach, und das Werk in wenigen Sätzen selbst anzeigen.
Ausgangspunkt ist die 40. internationale Tagung für Militärgeschichte bei Gelegenheit der 80jährigen Wiederkehr des Weltkriegsendes. Die dort vorgetragenen Erkenntnisse sind im vorliegenden Sammelband vereinigt. Dabei sind mit Blick auf das Kriegsgeschehen auch mentalitätsgeschichtliche und kunsthistorische Fragestellungen aufgegriffen.
In der Einleitung führt Jörg Duppler als Herausgeber in die Thematik ein, während Alexandre Adler sich mit dem europäischen Bürgerkrieg von 1815bis 1945 befasst und Bruno Thoß das Jahr 1918 in der neueren Weltkriegsforschung aufgreift. Danach werden die militärischen Operationen der Mittelmächte an der Westfront 1918 (Rüdiger Schütz, Dieter Storz, Wolfgang Etschmann) und die militärischen Operationen der Entente an der Westfront 1918 (Hew Strachan |
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Krise, Reformen - und Finanzen. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806, hg. v. Kloosterhuis, Jürgen/Neugebauer, Wolfgang (= Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Neue Folge Beiheft 9). Duncker & Humblot, Berlin 2008. 346 S. Besprochen von Stephan Schuster., ZRG GA 127 (2010) |
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Aus der Tagung der Preußischen Historischen Kommission und des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zu Berlin, die vom 6. bis zum 8. Oktober 2006 in den Räumen des Geheimen Staatsarchivs stattfand, ist eine lesenswerte Sammlung von Studien zur preußischen Finanzgeschichte erwachsen. Die zwölf Beiträge sind einerseits den Finanzen des Königreiches Preußen vor, während und nach der militärischen Katastrophe von 1806 gewidmet, andererseits zeigen sie Parallelen und Kontrapunkte in anderen deutschen Staaten auf. Gerade diese vergleichende Perspektive – der etwas zu enge (Unter-)Titel lässt dies zunächst nicht erwarten – macht einen besonderen Reiz des Sammelwerks aus. Der Leser erhält einen profunden Einblick in eine Thematik, deren Erforschung durch archivalische Kriegsverluste in besonderer Art und Weise erschwert ist (S. 11). Die Beschäftigung mit der Finanzgeschichte der so genannten „Sattelzeit“ offenbart, insbesondere in Bezug auf Preußen, dass die Geschichte alles andere als ausgeforscht ist. Der Band, der den ersten Teil einer Trilogie bildet, mit der die Preußische Historische Kommission und das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz an die Katastrophe Preußens von 1806 und die anschließende Wiederaufbau- und Modernisierungsphase erinnern, ist in fünf Abschnitte gegliedert: Den einleitenden Beiträgen der Herausgeber (S. 9ff.) folgt ein Kapitel über die „Ausgangsposition“ der Krise (S. 25ff.), das insbesondere dem finanzwissenschaftlichem Diskurs um 1800 und den finanziellen Dimensionen der preußischen Außenpolitik vor 1806 gewidmet ist. Im darauf folgenden Kapitel („Preußen um 1800“, S. 121ff.) gehen drei Autoren der Frage nach, we |
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Kuklík, Jan/Skřejpková, Petra, Kořeny a inspirace velkých kodifikací. Příspěvek k aplikaci „Principů“ E. F. Smidaka. (Wurzeln und Inspiration der großen Kodifikationen. Ein Beitrag zur Applikation der „Prinzipien“ E. F. Smidaks). Juristische Fakultät der Karlsuniversität in Prag, Prag 2008. 198 S. Besprochen von Inge Bily., ZRG GA 127 (2010) |
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Die vorliegende Arbeit Jan Kuklíks und Petra Skřejpkovás ist in erster Linie Hand- und Arbeitsbuch für Studenten, aber nicht nur. Der chronologisch gegliederte Band[1] gibt einen Einblick in die Rechtsgeschichte Tschechiens und Europas, nennt die wichtigsten Rechtstexte der behandelten Epochen und Gebiete und stellt exemplarisch jeweils auch Auszüge aus einer Reihe dieser Rechtstexte vor.
Unter der Überschrift „Dr. h.c. Emil Smidak und seine ,Prinzipien’“ ist den Kapiteln I-XXII ein Einleitungsteil (S. 7-13) von Karel Malý, dem Leiter des Projektes „Smidaks Prinzipien und das Recht“, vorangestellt. Das Schaffen wie auch die Person Emil Smidaks erfahren hier eine ausführliche Würdigung. Der am 13. August 1910 in Ostrava (Ostrau) geborene Tscheche E. F. Smidak, Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, ist der Gründer der Avenira Stiftung und war bis zu seinem Tode ihr Vorsitzender. Seine Lebenserfahrung und ganz besonders die davon nicht zu trennenden Erfahrungen aus seiner Arbeit in der Industrie wie auch als Manager veranlassten ihn, einige Prinzipien zu formulieren, die seiner Meinung nach neue Möglichkeiten für das Funktionieren der menschlichen Gesellschaft eröffnen. Zu diesen Prinzipien Smidaks gehören: das Prinzip von Aktion und Reaktion, das Prinzip von Macht und Verantwortung sowie das Prinzip von positiver Angst und der Wirkung des „Unbekannten“.
Kapitel I (S. 15-18) widmet sich dem - offensichtlich ganz weit gefassten - Begriff der Kodifikation. Dabei werden Beispiele unterschiedlicher Kodifikationen vorgestellt und auch die Wandlung von Kodifi |
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Kuller, Christiane, Finanzverwaltung und Judenverfolgung. Die Entziehung jüdischen Vermögens in Bayern während der NS-Zeit (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 160). Beck, München 2008. XXXVIII, 266 S. Besprochen von Werner Schubert., ZRG GA 127 (2010) |
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Im Rahmen des Forschungsprojekts: „Die Finanzverwaltung und die Verfolgung der Juden in Bayern“ (hierzu oben S. ) befasst sich Kuller mit der Erfassung, Entziehung und Verwaltung des Vermögens der jüdischen Verfolgten durch den Fiskus vornehmlich ab November 1941. Nach § 1 der 11. Verordnung vom 25. 11. 1941 zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I 1941, S. 722) konnte ein Jude, „der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, […] nicht deutscher Staatsangehöriger sein“. Das Vermögen des Juden, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach dieser Verordnung verlor, verfiel mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit dem Reich (§ 3 Abs. 1 S. 1 der VO). Damit war die Tätigkeit der Finanzbehörden erheblich vereinfacht worden, da nunmehr nicht mehr die Entziehung der Staatsangehörigkeit aufgrund von Gesetzen aus dem Jahre 1933 für jeden Einzelfall bei der Innenverwaltung beantragt werden musste. Im Rahmen der sog. „Aktion 3“ hatten die Finanzbehörden das Vermögen der emigrierten Juden und der Deportationsopfer – im Herbst 1941 fuhren die ersten Deportationszüge aus bayerischen Städten in den Osten (vgl. S. 140) – zu erfassen und zu verwerten. Zu diesem Zweck wurde beim Oberfinanzpräsidium eine eigene Dienststelle für Vermögensverwertung für zehn Arbeitsgebiete geschaffen (S. 49ff.). Mit der Abwicklung vermögensrechtlicher Aufgaben erfüllten, so Kuller, die staatlichen Finanzbehörden eine „wesentliche Funktion im Gefüge der Deportationen“: „Denn die Durchführung der wirtschaftlichen Enteignung bildete einen finalen Akt, ohne den die Auslöschung der bürgerlichen Existenz der Juden unvollständig geblieben wäre“ (S. 209). Damit waren Finanzbeamte zu Handlangern einer Politik geworden, „die |
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Kurland. Vom polnisch-litauischen Lehnsherzogtum zur russischen Provinz. Ausgewählte Dokumente zur Verfassungsgeschichte 1561-1795, hg. v. Oberländer, Erwin/Keller, Volker. Schöningh, Paderborn 2008. 331 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Das in den rigaischen Meerbusen ragende, im Norden von der Düna, im Süden von Schamaiten begrenzte Kurland war in den ersten bekannten Anfängen von baltischen Kuren bewohnt. 1267 gewann der Deutsche Orden das Land, das danach einen der fünf Teile der livländischen Konföderation bildete. 1561 nahm der letzte Landmeister des Schwertbrüderordens (Schwertritterordens) das Ordensgebiet südlich und westlich der Düna vom König von Polen als Herzogtum Kurland zu Lehen, wobei Polen freie Religionsausübung und deutsche Obrigkeit zugestand, und 1795 kam das Gebiet bei der Aufteilung Polens an Russland, 1918 an Lettland, 1939 an die Sowjetunion und 1991 nach Auflösung der Sowjetunion wieder an Lettland.
Dieses Herzogtum lag zwar außerhalb des Heiligen römischen Reiches. Es war aber gleichwohl überwiegen deutsch geprägt, weil Herzog, Adel und die Mehrheit der Bürger deutsch waren und sowohl der König von Polen wie auch der Zar Russlands die Privilegien des Adels sicherten. Die lettischen Bauern hatten demgegenüber trotz ihrer größeren Zahl keine politische Bedeutung.
Geprägt ist die Geschichte des Herzogtums von dem Ringen zwischen Herzog und Ritterschaft um die Herrschaft. Diese Auseinandersetzungen wurden zwar von Schweden, Polen und Russland beeinflusst, trotz ihrer Besonderheiten bisher in der Verfassungsgeschichte aber zu wenig beachtet. Diesem Mangel will die vorliegende, interessante Dokumentation abhelfen.
In ihr legen unter einer Stadtansicht Mitaus (1702/nach 1731) als der Hauptstadt des Herzogtums Kurland und Semigallien die beiden Herausgeber in einem kurzen Vorwort zunächst ihre Ziele und Grundsätze offen. Danach beschreibt Volker Keller das Herzogtum im 16. und 17. Jahrhundert. An |
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Kurtz, Diana-Catharina, Das Institut der Adoption im preußischen Allgemeinen Landrecht und im französischen Code civil zwischen Rezeption römisch-rechtlicher Prinzipien und verändertem Familienverständnis (= Rechtshistorische Reihe 332) Lang, Frankfurt am Main 2006. 233 S., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kurtz, Diana-Catharina, Das Institut der Adoption im preußischen Allgemeinen Landrecht und im französischen Code civil zwischen Rezeption römisch-rechtlicher Prinzipien und verändertem Familienverständnis (= Rechtshistorische Reihe 332) Lang, Frankfurt am Main 2006. 233 S.
Die Arbeit ist die von Rudolf Meyer-Pritzl betreute, während der Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl des Doktorvaters entstandene, von der juristischen Fakultät der Universität Kiel 2006 angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie widmet sich einem Institut, das nach Ansicht der Verfasserin im Laufe der Jahrhunderte immer wieder im Mittelpunkt des gesellschaftlichen und damit auch des rechtlichen Interesses stand. Kaum ein anderes Rechtsinstitut habe zudem seit der Antike eine solche Vielfalt in der Anwendung aufgewiesen wie die Adoption.
Im Titel weist die Verfasserin selbst auf die Schwerpunkte ihrer Bearbeitung hin. Allerdings erfolgt die Anordnung im Text rein chronologisch. Nach einer kurzen Einleitung betrifft der zweite Teil die Adoption im römischen Recht. Der erste dritte Teil behandelt Grundlinien der Entwicklung vom frühen Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert (59ff.), der zweite dritte, mit einem fünften Abschnitt einsetzende Teil (89ff.) die Regelung der Adoption im allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 und dem Code civil von 1804, wonach der mit einem kurzen Ausblick schließende vierte Teil das Ergebnis darstellt.
Die römischrechtliche Entwicklung beginnt mit der frühen römischen Gesellschaft und ihrer adrogatio und ihrem testamentum calatis comitiis. Es folgt die Adoption zur Zeit der Republik, wobei der Ablauf des Verfahrens in mancipatio und emancipatio, remancipatio und in iure cessio gegliedert wird und die Unterschiede zwischen adrogatio und datio in adoptionem dargelegt werden. In der Kaiserzeit werden politisch motivierte Adoptionen besonders wichtig.
Die Grundlinien der Entwicklung vom |
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Laband, Paul, Staatsrechtliche Vorlesungen. Vorlesungen zur Geschichte des Staatsdenkens, zu Staatstheorie und zum deutschen Staatsrecht des 19. Jahrhunderts, gehalten an der Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg 1872-1918, bearb. und hg. v. Schlüter, Bernd (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 67). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Laband, Paul, Staatsrechtliche Vorlesungen. Vorlesungen zur Geschichte des Staatsdenkens, zu Staatstheorie und zum deutschen Staatsrecht des 19. Jahrhunderts, gehalten an der Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg 1872-1918, bearb. und hg. v. Schlüter, Bernd (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 67). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Paul Laband wurde in Breslau am 24. Mai 1838 als Sohn eines jüdischen Arztes geboren. Während seines Studiums der Rechtswissenschaft an den Universitäten Breslau, Heidelberg und Berlin ließ er sich 1857 christlich taufen, was er jedoch lebenslang verschwieg. Nach der Promotion in Berlin (1858) und der Habilitation in Heidelberg (1861) wurde er 1864 außerordentlicher, 1866 (nach der Einleitung 1872) ordentlicher Professor in Königsberg, von wo aus er nach dem Übergang von Elsass-Lothringen von Frankreich an das Deutsche Reich (1871) 1872 (so auch die Einleitung) an die Universität Straßburg wechselte, an der er bis zu seinem (kinderlosen) Tode am 23. März 1918 verblieb.
Am Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn stand die Rechtsgeschichte, in der sich Laband mit dem Schwabenspiegel (1861), dem Magdeburg-Breslauer systematischen Schöffenrecht (1863), den vermögensrechtlichen Klagen nach den sächsischen Rechtsquellen des Mittelalters (1869) und Magdeburger Rechtsquellen (1869) befasste. Mit dem Budgetrecht nach den Bestimmungen der preußischen Verfassungsurkunde wandte er sich jedoch ab 1871 entschieden dem Staatsrecht der Gegenwart zu. Bald wurde er einer der bedeutendsten deutschen Staatsrechtler des 19. Jahrhunderts.
Es war dementsprechend nur folgerichtig, dass Laband auch Gegenstand rechtsgeschichtlicher Forschung wurde. Auf der Suche nach dem Nachlass Labands stieß Bernhard Schlink, wie er in seinem kurzen Geleitwort mitteilt, im Regional- und Departementalarchiv in Straßburg auf gedruckte Gutachten, die Laband als Mitglied des Staatsrats des Reichsla |
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Lacey, Helen, The Royal Pardon. Access to Mercy in Fourteenth-Century England. York Medieval Press, York 2009. VIII, 260 S. Besprochen von Susanne Jenks., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lacey, Helen, The Royal Pardon. Access to Mercy in Fourteenth-Century England. York Medieval Press, York 2009. VIII, 260 S.
Das Recht der Krone, Gnade walten zu lassen, gehört mit zu den wichtigsten Hoheitsrechten nicht nur eines mittelalterlichen Herrschers. Dennoch wurde diesem Aspekt, von der Studie Naomi D. Hurnards (The King’s Pardon for Homicide before AD 1307, Oxford 1969) einmal abgesehen, bislang relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Daher ist das hier zu besprechende Buch zu begrüßen, das sich mit den für Individuen, für Gruppen sowie für alle Untertanen ausgestellten königlichen Begnadigungsakten (pardons) unter Zuhilfenahme von normativen Texten, Parlamentsdebatten, Rechtstraktaten und literarischen Texten (wie Protestliteratur) beschäftigt.
Der erste Teil widmet sich den pardons, die sich nur auf eine bestimmte Person und den von dieser Person verübten Verbrechen und Vergehen bezogen, und die ohne Rücksprache mit dem König (de cursu, zum Beispiel bei Notwehr) oder - in ungewöhnlichen Fällen - nach Konsultation des Monarchen (de gratia) durch die Kanzlei in Form eines Patentbriefes (letter patent) ausgestellt wurden, und schildert die Rolle, die der Antragsteller, Befürworter (intercessors) und der König hierbei spielten. Circa 500 Petitionen, in denen um ein pardon gebeten wurde, sind für das 14. Jahrhundert erhalten (überliefert in London in The National Archives: Public Record Office, SC 8, alle zur Zeit noch kostenlos online einzusehen und herunterzuladen unter http://www.nationalarchives.gov.uk/documentsonline, unter „other records“ findet man die Ancient Petitions Henry III – James I). Da diese Bittschriften recht standardisiert waren, vermutet Lacey, dass sie von professionellen, in den Grafschaften tätigen Anwälten (county lawyers) verfasst wurden.
Die Rolle der Befürworter wurde in einem Statut aus dem Jahr 1353 näher definiert: Es wurde bestimmt, dass der Patentbrief den Grund für die Begnadigung u |
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Lampe, Kirsten, Human Rights in the Context of EU Foreign Policy and Enlargement (= Nomos Universitätsschriften Recht 488). Nomos, Baden-Baden 2007. 263 S. Besprochen von Dieter Kugelmann., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lampe, Kirsten, Human Rights in the Context of EU Foreign Policy and Enlargement (= Nomos Universitätsschriften Recht 488). Nomos, Baden-Baden 2007. 263 S. Besprochen von Dieter Kugelmann.
Menschenrechte als Wertegrundlagen sind ein elementarer Teil der Außenpolitik der Europäischen Union. Aufgrund der einschlägigen Rechtsnormen (Art. 6, 49 EU-Vertrag) spielen sie eine erhebliche Rolle beim Beitritt neuer Staaten zur Union. Die Arbeit Lampes versucht auf knappem Raum nicht nur die normativen Grundlagen der Menschenrechte in der EU auf 60 Seiten zu skizzieren, sondern ihre Rolle in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf 40 Seiten darzulegen, um sich dann dem besonderen Bereich des Minderheitenschutzes zuzuwenden. Ohne dass sich dies aus dem Titel ergibt, liegt hier der besondere Fokus der Arbeit. Die rechtlichen und politischen Grundlagen des Minderheitenschutzes werden geschildert (70 Seiten) und in der Folge auf die am 1. Mai 2004 beigetretenen Staaten Estland, Litauen, Slowakei und Slowenien projiziert (40 Seiten). Dieses umfassende Konzept ist gescheitert. Die allgemeinen Erläuterungen kommen oftmals über Andeutungen nicht hinaus, die Anwendungsteile haben überwiegend rein darstellenden Charakter. Der wissenschaftliche Ertrag bleibt gering. Zudem stellt Lampe dem Ganzen noch einen knapp zwanzigseitigen konzeptionellen Teil voran, der die politischen Konzeptionen zur Erklärung der Europäischen Union anreißt. Die Arbeit trägt insgesamt teils politikwissenschaftlichen, teils rechtlichen Charakter. Das wäre unschädlich und als interdisziplinärer Ansatz tragbar, wenn sie sich für einen Schwerpunkt entscheiden könnte, an dem die wissenschaftliche Vertiefung deutlich wird. Stattdessen gibt Lampe Überblicke. Ihre Fähigkeit, komplexe Sachfragen kurz und prägnant darzustellen, ist beeindruckend. An einzelnen Stellen sind Ansätze erkennbar, die einen Ausbau verdient gehabt hätten, etwa zum Minderheitenschutzsystem des Europarates. Der Ge |
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Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich, hg. v. Gehringer, Horst/Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. VII, 268 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich, hg. v. Gehringer, Horst/Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. VII, 268 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Der Sammelband vereinigt die Referate der Tagung „Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich“ vom 3./4. Juni 2005 in Mühldorf/Inn. Das Vorwort begründet die Einbeziehung Salzburgs mit dem Tagungsort, dem bis 1802 salzburgischen Mühldorf. Damit wurde aber in glücklicher Weise ein nahezu gemeinsamer Rechtsraum angesprochen wie dies etwa das Formularbuch eines Johann Neuhofer von 1550 charakterisiert mit seinem Titel „Formular allerlai gemainer Contractbrief vnd andrer Schrifften, im Stift Salzburg, Land zu Bayrn und Oesterreich gebreichig“. Gegenseitige Wahrnehmung in der Gesetzgebung insbesondere durch die wirtschaftliche Nachbarschaft bezeugt übrigens der Beitrag von Michael Nadler über die Tabakbesteuerung in Bayern und Salzburg. Auch Peter Landau behandelt einen punktuellen Regelungskomplex, nämlich die eheliche Gütergemeinschaft im Bamberger Landrecht von 1769 mit Ausblicken zur Gütergemeinschaft im Deutschen Privatrecht bis zum BGB. Die übrigen Beiträge beschäftigen sich mit allgemein-legistischen Fragen. Martin P. Schennach beleuchtet das Verhältnis von Gewohnheitsrecht, Einzelgesetzgebung und Landesordnungen in Tirol in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Christian Neschwara den landständischen Einfluss auf die im wesentlichen Projekt gebliebene Landesordnung für Österreich unter der Enns 1654 (von ihm auf 1650 datiert), Josef Pauser die niederösterreichischen Policeyordnungen 1542 und 1552, Wolfgang Wüst untersucht die Landes- und Polizeigebote im bayerischen Reichskreis und Manfred Peter Heimers im Wesentlichen die Polizeigesetzgebung der Kaiserlichen Administration Kurbayerns von 1704 bis 1714. Stefan Breit ergänzt die in den genannten Beiträgen vor |
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Langensteiner, Matthias, Für Land und Luthertum. Die Politik Herzog Christophs von Württemberg (1550-1568) (= Stuttgarter Historische Forschungen 7). Böhlau, Köln 2008. IX, 479 S. Besprochen von Dietmar Heil., ZRG GA 127 (2010) |
Ganzen Eintrag anzeigen Langensteiner, Matthias, Für Land und Luthertum. Die Politik Herzog Christophs von Württemberg (1550-1568) (= Stuttgarter Historische Forschungen 7). Böhlau, Köln 2008. IX, 479 S. Besprochen von Dietmar Heil.
Die Erforschung des Alten Reiches im Konfessionellen Zeitalter machte in den letzten dreißig Jahren beträchtliche Fortschritte. Über den Aspekt der Religion hinaus wurde dieser eigentümliche „Staat“ mit seinen Institutionen und Mechanismen untersucht. Eher vernachlässigt wurde indessen die ständische Reichspolitik als Gelenk zwischen Territorium und Reich. Moderne Monographien zu maßgeblichen Figuren wie Kurfürst August von Sachsen oder Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz sind immer noch ein Forschungsdesiderat. Matthias Langensteiner hat mit seiner Untersuchung über die Politik Herzog Christophs von Württemberg (1550-1568) in diesem Sinne eine wichtige Lücke geschlossen.
Methodische Grundlage der Arbeit ist der parallel von Rudolf Vierhaus und Albrecht Luttenberger entwickelte Ansatz von Handlungsspielraum und Handlungsraum als Erklärungsmuster für politisches Handeln. Der epistemologische Anspruch an dieses Interpretationskonzept lautet, „alle handlungsregulierenden Elemente (zu) berücksichtigen, die ideell, mental oder personal bestimmt sind“, gleichzeitig jedoch für die „Beschreibung struktureller Gegebenheiten“ offen zu sein (S. 7). Im Zentrum der Untersuchung steht deshalb die „Konstruktion und Konsistenz des Handlungsraums württembergischer Politik unter Herzog Christoph“ (S. 10). Angesichts der Komplexität politischer Handlungsräume ergibt sich in der wissenschaftlichen Praxis allerdings die Notwendigkeit der Beschränkung auf diejenigen Aspekte mit der größten Relevanz. Der Autor fokussiert seine Analysen unter dieser Prämisse völlig plausibel auf a) die Doppelorientierung Württembergs als Reichsstand und Mitglied einer Konfessionspartei, b) die Wechselwirkung von konfessioneller Festigung des eigenen T |
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Laufs, Adolf/Katzenmeier, Christian/Lipp, Volker, Arztrecht, 6. Auflage (= NJW Praxis 29). Beck, München 2009. XXIV, 531 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Während der erste Arzt der Welt völlig unbekannt ist, arbeitet in Deutschland in der Gegenwart jeder 266. Mensch als Arzt. Daran lässt sich leicht die große Bedeutung der Krankheit und Gesundheit, des Arztes und der Medizin in der modernen Gesellschaft samt ihrer außerordentlichen Entwicklung ermessen. Mit ihr haben sich auch zahlreiche Rechte und Pflichten des Arztes gebildet, die anscheinend 1938 erstmals in einem Buch mit dem Titel Arztrecht zusammengefasst wurden.
Bekannt hat dieses Wort aber eigentlich erst Adolf Laufs werden lassen. Er hat 1977 als dogmatisch interessierter, aber die Rechtsgeschichte erfreulicherweise nicht zu Gunsten von Gutachten aufgebender Rechtshistoriker das wohl erfolgreichste Werk dieses wichtigen Rechtsgebiets verfasst. Dessen fünfte Auflage ist nach dem Vorwort mit dem Autor in die Jahre gekommen, so dass er sich über die Mitwirkung jüngerer, tatkräftiger Kollegen freut, die das Buch auch über die sechste Auflage hinaus fortführen werden.
Vorangestellt ist dem Werk der hippokratische Eid. Auch in deutscher Übersetzung ist er ein historisches Dokument von besonderem Rang. Vielleicht schon Millionen oder zumindest noch Millionen von Ärzten weist er den sicheren Weg durch die nicht in jeder Hinsicht heile Welt.
Im Übrigen beschränkt sich das Buch naheliegenderweise auf die Dogmatik. Seine Bearbeiter behandeln Wesen und Inhalt des Arztrechts, ärztliches Berufsrecht, Ärztevertrag, ärztliche Hilfspflicht, Aufklärungspflicht und Einwilligung, Transplantation, Transfusion, Sektion, Intensivmedizin, Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch, Sexualmedizin, Fortpflanzungsmedizin, Genmedizin, Berufsgeheimnis, Dokumentation, Arztfehler, Haftpflicht, Passivlegitimation, Beweisrecht, Sachverständigentätigkeit, Heilversuch und medizinische Forschun |
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Laufs, Adolf/Mahrenholz, Ernst Gottfried/Mertens, Dieter/Rödel, Volker/Schröder, Jan/Willoweit, Dietmar, Das Eigentum an Kulturgütern aus badischem Hofbesitz, red. v. Butters, Johanna/Furtwängler, Martin (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 172). Kohlhammer, Stuttgart 2008. LXVIII, 343 S., 1 Taf., CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Während in Württemberg seit dem frühen 19. Jahrhundert die Trennung des Vermögens des Staates vom Vermögen des regierenden, 1918 abgelösten Königshauses in mehreren Schritten in umfassender Weise mit eindeutigen Ergebnissen durchgeführt wurde, unterblieben im benachbarten Großherzogtum Baden vergleichbare Maßnahmen. Der Text der Verfassung des Jahres 1818 löste unterschiedliche Auslegungen der Domänenfrage aus und auch der Auseinandersetzungsvertrag der Republik Baden mit dem Hause Baden im Jahr 1919 schuf keine Klarheit über das Eigentum an zahlreichen Beständen und Gegenständen der verschiedenen Sammlungen. Aus diesem Grunde ergaben sich viele Fragen, als im Jahre 2004 das Haus Baden an die das Land Baden mit Württemberg verschmolzen fortführende Landesregierung Baden-Württembergs mit dem Verlangen auf Klärung des Eigentumsrechts herantrat.
Angesichts der damit verbundenen Schwierigkeiten berief das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württembergs eine Expertenarbeitsgruppe Eigentumsfragen Baden. Sie wurde am 29. 11. 2006 beauftragt, eine umfassende Klärung der Eigentumslage bei den ursprünglich vom erwogenen Vergleich der Beteiligten umfassten Kulturgütern vorzunehmen. Ihr gehörten Juristen und Historiker an, die als hervorragende Sachkenner nach einem Jahr intensiver Forschungen am 18. 12. 2007 ihr Gutachten erstatteten, das die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg im Druck und ergänzend als inhaltsgleiche elektronische Datei(en) auf Compact Disc vorlegte.
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Le carte bolognesi del secolo XI, a cura di Feo, Giovanni. Note topografico-storiche sui documenti bolognesi del secolo XI, a cura di Fanti, Mario, 2 Bände, Appendice a cura di Modesti, Maddalena, Indici a cura di Siciliano, Luigi/Parmeggiani, Ricardo. (= Fonti per la storia dell’Italia medievale. Regesta chartarum 53, 1-3). Istituto storico italiano per il medio evo, Rom 2001, 2005. LXVIII, 1-444, 445-939, II, 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Nach bisherigem allgemeinem Wissen begann die heutige europäische Rechtswissenschaft auf der Grundlage des antiken römischen Rechts am Ende des 11. Jahrhunderts in Bologna. Ob die Universität dabei genau im Jahr 1057 oder 1088 aus dem Nichts entstand oder ob sie sich eher in einem gestreckten Vorgang ganz allmählich bis gegen 1150 zu einer dauerhaften Einrichtung entwickelte, wird sich vielleicht niemals wirklich klären lassen. Davon abgesehen ist die Stadt Bologna im elften Jahrhundert als Wiege einer neuen Rechtskultur in jedem Fall von besonderem Interesse.
Aus diesem Grunde verdient die Edition der Bologneser Urkunden des 11. Jahrhunderts durch Giovanni Feo einen besonderen, wenn auch bereits leicht verpäteten Hinweis. Vorangestellt ist ihr eine die Vorarbeiten Giorgio Cencettis gebührend ehrende Einführung. Dem folgen topographisch-historische Bemerkungen Mario Fantis, an welche die konkreten Bemerkungen zu (vielen von 472) einzelnen Dokumenten angeschlossen sind.
Die Ausgabe selbst setzt mit einer erheblich beschädigten Urkunde über eine Erbpacht vom 17. November 999 (paina enfiteosin) ein. In ihr gibt Adalbert, Sohn eines verstorbenen Gerard, zwei Stücke Bauland (terra laboratoria) bei S. Maria di Montecerere an Blanco und seine Frau Albiza. Der urkundende Notar ist unbekannt.
Von diesem Zeitpunkt an fließen die Dokumente ununterbrochen während des gesamten Jahrhunderts. Das 29. Dokument stammt vom 28. Februar oder März 1026, das 66. frühestens vom 10. Oktober 1 |
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Legalität, Legitimität und Moral. Können Gerechtigkeitspostulate Kriege rechtfertigen? hg. v. Bruha, Thomas/Heselhaus, Sebastian/Marauhn, Thilo (= Jus internationale et Europaeum 24). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. VIII, 263 S. Besprochen von Hans-Michael Empell., ZRG GA 127 (2010) |
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Die hier versammelten, elf Aufsätze sind, wie sich der vorangestellten „Danksagung“ entnehmen lässt, aus Diskussionen hervorgegangen, die „im Umfeld des 70. Geburtstags“ Heinhard Steigers (Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht), Justus-Liebig-Universität Gießen, von Schülern und Freunden unter Beteiligung des Jubilars geführt wurden. Im Zentrum der Beiträge steht die Frage, ob von Staaten ausgeübte, militärische Gewalt ohne Autorisierung durch die Vereinten Nationen moralisch gerechtfertigt werden kann. Mehrere Aufsätze sind explizit völkerrechtsgeschichtlichen Themen gewidmet, andere weisen zumindest historische Aspekte auf. Die Autoren sind überwiegend Völkerrechtler, aber auch zwei Politikwissenschaftler, ein Soziologe und ein Theologe sind beteiligt. Die mit den Beiträgen verbundene Absicht ist, den „interdisziplinären Dialog“ zu fördern.
In dem Aufsatz: „Gerechtigkeit als Grundlage einer internationalen Ordnung? Anmerkungen zu John Rawls“ (S. 1ff.) widmet sich Mark Arenhövel dem dritten, großen Werk des US-amerikanischen Philosophen John Rawls (1921-2002), das dieser nach „A Theory of Justice“ (1971) und „Political Liberalism“ (1993) veröffentlicht hat, „The Law of Peoples“ (1999), und gelangt zu dem Schluss, Rawls sei zwar einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, für das 21. Jahrhundert komme das „Recht der Völker“ aber zu spät – weil es einem Denken in der Kategorie von Nationalstaaten verhaftet bleibe und transnationale oder supranationale Konstellationen kaum in Erwägung ziehe. Gerhard Beestermöller geht in dem Beitrag: „Thomas von Aquin: Die Idee des ‚gerechten Krieges’ als Friedensethik?“ (S. 25ff.) der Frage nach, ob die Lehre vom gere |
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Leupolt, Söhnke, Die rechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts (= Juristische Schriftenreihe 222). Lit-Verlag, Münster 2003. 264 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010) |
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Die Arbeit ist die 2003 in Köln angenommene Dissertation des als Rechtsanwalt für Ausländerrecht, Hochschulrecht und Strafrecht tätigen Verfassers, der sich nach dem Untergang der Deutschen Demokratischen Republik die Frage stellt, wie Deutschland auf das staatliche Unrecht der Deutschen Demokratischen Republik reagieren kann und soll. Wegen der Bedeutung dieser Thematik konnte rasch ein sachkundiger Referent gewonnen werden. Da allerdings die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht gelang, muss der Herausgeber das Werk selbst in einigen Sätzen anzeigen.
Gegliedert ist die Arbeit nach einer kurzen, Untersuchungsgegenstand, Fragestellung, Radbruchsche Formel (ein Richter hat sich im Konflikt zwischen dem positiven [gesetzten] Recht und der Gerechtigkeit immer dann und nur dann gegen das Gesetz und für die materielle Gerechtigkeit zu entscheiden, wenn das fragliche Gesetz entweder als unerträglich ungerecht anzusehen ist oder die im Begriff des Rechts grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen aus Sicht des Interpreten bewusst verleugnet, 1946) und den Gang der Untersuchung vorstellenden Einleitung in drei Kapitel. Im ersten Kapitel sucht der Verfasser nach der Rechtswirklichkeit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Dabei betrachtet er das gesellschaftlich-politische System (Staat und Partei, Recht, Sozialismus) und Fallgruppen typischen Unrechts (Grenzregime, politische Justiz, Maßnahmen des Ministeriums für Staatsicherheit, Enteignung, Wirtschaftsunrecht, Staatsdoping und Wahlfälschung). Im zweiten Kapitel erörtert er die außerstrafrechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts in Hinsicht auf die Personalpolitik, die Institutionen und die Rehabilitierung, die Aufarbeitung durch Strafrecht unter Berücksichtigung der menschenrechtsfreundlichen Auslegung des B |