Korn, Frank, Körperverletzungsdelikte - §§ 223ff., 340 StGB. Reformdiskussionen und Gesetzgebung von 1870 bis 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 12). Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, XVIII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010)
Korn, Frank, Körperverletzungsdelikte - §§ 223ff., 340 StGB. Reformdiskussionen und Gesetzgebung von 1870 bis 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 12). Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, XVIII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Thomas Vormbaum betreute, im Sommersemester 2002 von der Fernuniversität Hagen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gehört in den größeren Rahmen der ansprechenden Materialien zu einem historischen Kommentar des Strafgesetzbuchs. Zeitlich geht sie der Dissertation Christian Grönings über Körperverletzungsdelikte 223ff., 340 StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung - Materialien zu einem historischen Kommentar 13) des Jahres 2004 voraus, legt für sie gewissermaßen den Grund und bildet mit ihr zusammen letztlich eine sachliche Einheit.
Gegliedert ist die Untersuchung in drei Teile. Zunächst legt der Verfasser für sich selbst Grundlagen, indem er Problemstellung, Forschungsstand, Methoden, Fragestellung und Darstellungsweise kurz beschreibt. Danach betrachtet er das Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten von 1851, für das ihm in der Gliederung zwischen vorsätzlicher Körperverletzung und Tatbeständen mit besonderen Anforderungen an die Person des Täters (Medizinalstrafrecht, Bauhandwerk) die fahrlässige Körperverletzung entgleitet, und die sonstigen Partikularrechte, für die er zwischen Körperverletzung (vorsätzliche Körperverletzung, fahrlässige Körperverletzung, Schmerzensgeld und Strafantrag), Vergiftung und Schlägerei sowie Körperverletzung im Amt trennt.
Der Schwerpunkt des Werkes liegt dann auf dem ausführlichen zweiten Teil, in dem der Verfasser die Entwicklung seit 1870 verfolgt. Ausgangspunkt ist das Reichsstrafgesetzbuch, dessen Entstehung der Verfasser sehr sorgfältig nachzeichnet. Es folgen Reformversuche und Gesetzgebung bis zum Beginn der Strafrechtsreform, wobei der Verfasser die Gesetzesänderung von 1876 von der Petition in Bezug auf medizinische Geheimmittel und Vorschlägen der vergleichenden Darstellung trennt.
Unter dem Titel Beginn der Strafrechtsreform untersucht der Verfasser anschließend den Vorentwurf (1909), den Gegenentwurf (1911), den Entwurf von 1913 und in Durchbrechung der zeitlichen Reihenfolge die Gesetzesänderung von 1912. In der Weimarer Republik sind zunächst Entwürfe von 1919, 1922, 1925 und 1927 Gegenstand der Betrachtung und werden die Arbeiten des 21. Ausschusses dargelegt. Dem werden die deutschen und österreichischen Strafrechtskonferenzen und der Entwurf on 1930 angeschlossen, ehe sich der Verfasser noch dem 18. Ausschuss widmet.
Als Ergebnis kann er festhalten, dass der Vergleich der Fassungen des Strafgesetzbuchs von 1871 und 1933 nicht ahnen lässt, wie umstritten die Körperverletzungsdelikte während dieses Zeitabschnitts waren, weil die tatsächlich erfolgten Änderungen - gemessen an der umfangreichen Reformdiskussion - eher unbedeutend waren (1876 § 223a gefährliche Körperverletzung, 1912 mittels grausamer oder boshafter Behandlung verübte Körperverletzung an einem Schutzbefohlenen). Wären die Reformüberlegungen verwirklicht worden, hätten sie tendenziell zu einer Verschärfung des Strafrechts geführt, aber auch eine verbessernde Flexibilisierung mit sich gebracht. Dass die wenigsten der erarbeiteten Vorschriften in späteren Jahren tatsächlich umgesetzt wurden, sieht der Verfasser am Ende seiner gründlichen, im Anhang umfangreiche Synopsen enthaltenden Arbeit als Beleg dafür an, dass die von den Kommissionen und Ausschüssen erarbeiteten Vorschriften zwar theoretisch, nicht aber auch praktisch tauglich waren, weshalb die Probleme noch in der Gegenwart fortbestünden, ohne dass eine wirkliche Lösung in Sicht sei.
Innsbruck Gerhard Köbler