Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der oesterreichischen Monarchie. Hof- und Staatsdruckerey, Wien 1811. Neudruck hg. v. Brauneder, Wilhelm. 2011. 792 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
KöblerAllgemeinesBürgerlichesGesetzbuch20111224 Nr. 14129 ZIER 1 (2011) 53. IT
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der oesterreichischen Monarchie. Hof- und Staatsdruckerey, Wien 1811. Neudruck hg. v. Brauneder, Wilhelm. 2011. 792 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Streben der Menschen nach besseren Lebensbedingungen führte bereits vor mehr als 10000 Jahren zur Sesshaftigkeit und vielleicht schon vor 5000 Jahren zu vorstaatlichen Organisationsformen im Zweistromland, in Ägypten und danach auch in Griechenland und um Rom. Nach dem weitgehenden Verlust dieser zivilisatorischen Möglichkeiten in der Völkerwanderung griffen wohl die Landesherren des Spätmittelalters deren Vorteile wieder auf. Bis zum 18. Jahrhundert setzte sich in diesem langwierigen Vorgang das Interesse der Herrscher an einem einheitlichen Gesetzbuch zumindest für den Kern ihrer rechtlich unterschiedlich gefassten Herrschaftsgebiete durch.
Nach der erfolglosen Anregung Leibnizs zu einem Codex Leopoldinus Leopolds I. (1640-1705) beauftragte Leopolds Nachfolger Joseph I. 1709 freilich ebenso erfolglos Kompilationskommissionen in Prag und Brünn, denen Maria Theresia nach der 1749 erfolgten Umwandlung der österreichischen Monarchie (mit Ausnahme der ungarischen Länder) von einer Länderunion in eine Einheit 1753 eine Kompilationskommission bzw. 1755 eine Revisionskommission zur Abfassung einer allgemeinen Gerichtsordnung und eines gleichen Landrechts in allen benachbarten österreichisch-deutschen Erbländern folgen ließ. Über den Codex Theresianus, den Entwurf Horten, das Allgemeines Bürgerliche Gesetzbuchs Josefs II., den Entwurf Martini, das Westgalizische Gesetzbuch und den Urentwurf unter Franz von Zeiller entstand danach das zwischen 1801 und 1810 in drei Lesungen beratene, am 7. Juli 1810 und 29. April 1811 vom Kaiser sanktionierte, als Anlage zu einem kaiserlichen Patent vom 1. Juni 1811 zum 1. Januar 1812 für die gesamten deutschen Erblande des österreichischen Kaisers in Kraft gesetzte Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, dessen seitdem entstandene Fassungen vollständig im Internet http://www.koeblergerhard.de/Fontes/ABGB1811.htm als Texte einsehbar sind. Am 1. 7. 2011 bzw. 1. 1. 2012 wurde dieses bedeutende, nach dem Herausgeber mit etwa 50 Prozent seiner ursprünglichen Bestimmungen noch in Geltung befindliche Werk 200 Jahre alt.
Diese Leistung wurde von den Nachfahren der Schöpfer bei dieser Gelegenheit ausführlich gewürdigt. An versteckter, alte Verbindungen aufführenden Stelle hat Wilhelm Brauneder auch einen Neudruck herausgegeben, auf den er bei der Geburtstagsfeier ebenso versteckt anspielte. Dem Nachdruck liegt eine Druckausgabe zu Grunde, die trotz ihrer Jahreszahl von 1811 aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt, aber zwei Fehler der Erstausgabe in § 163 (falsch sieben statt richtig sechs) und § 591 (falsch die Mitglieder eines geistlichen Ordens, Frauenspersonen und Jünglinge unter achtzehn Jahren, Sinnlose …, richtig Jünglinge unter achtzehn Jahren, Frauenspersonen, Sinnlose …) berichtigt. Möge dieser geschäftige, im entlegenen Winkel entstandene, auf den Seiten 761-791 mit einem hinführenden Kommentar des Herausgebers versehene vorläufige Behelf allen Interessierten bis zu einem kritischen, bibliophilen Nachdruck der Erstausgabe nützlich sein.
Innsbruck Gerhard Köbler