Robson, Robert, The Attorney in Eighteenth-Century England (= Cambridge Studies in English Legal History). Cambridge University Press, Cambridge 1959, Neudruck 2013. XII, 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Robson, Robert, The Attorney in Eighteenth-Century England (= Cambridge Studies in English Legal History). Cambridge University Press, Cambridge 1959, Neudruck 2013. XII, 182 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der attorney (oder attorney at law) ist ein im mittelalterlichen England entstandener Rechtsanwalt bzw. Anwalt, der in Großbritannien inzwischen aufgegeben wurde, sich aber in anderen Staaten bis zur Gegenwart erhalten hat. In mündlichen Verhandlungen an der bar traten nur barristers auf, deren Tätigkeit von anderen Berufsträgern vorbereitet worden war. Dies waren in den courts of Chancery die solicitors, in den common law courts dagegen die attorneys.
Die vorliegende Studie wurde vom Verfasser bereits 1958 am Trinity College vorgelegt. Angeregt wurde sie von J. H. Plumb. Sie schloss die bis dahin bestehende Lücke einer Sozialgeschichte der attorneys und solicitors im englischen 18. Jahrhundert.
Gegliedert ist sie in insgesamt 10 Kapitel, die mit den attorneys und solicitors vor 1700 beginnen. Auf Grund zahlreicher Quellen und einzelner Lebensläufe (Christopher Wallis, William Hodgson) verfolgt der Verfasser umsichtig und überzeugend den Weg des Berufsstands zu allgemeiner Anerkennung. Mit dem Neudruck ist die interessante Studie wieder allgemein für jedermann leicht zugänglich, der sich für das englische Rechtswesen der frühen Neuzeit interessiert, aus dem der solicitor des court of Chancery den attorney des common law court überdauert hat und in dem selbst die Trennung von barrister und solicitor in der jüngeren Vergangenheit gelockert wurde.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Rolker, Christof, Das Spiel der Namen. Familie, Verwandtschaft und Geschlecht im spätmittelalterlichen Konstanz (= Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 44). Thorbecke, Ostfildern 2014. 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rolker, Christof, Das Spiel der Namen. Familie, Verwandtschaft und Geschlecht im spätmittelalterlichen Konstanz (= Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 44). Thorbecke, Ostfildern 2014. 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Einen Namen hat jeder, so beginnt der Verfasser sein Vorwort, was vielleicht nicht für die Anfänge, aber doch für den von ihm behandelten Ort in der von ihm betrachteten Zeit zutrifft. Seine Beschäftigung mit den Namen und ihren vielfältigen Umgangsweisen geht auf eine Anregung Gariela Signoris im Jahre 2007 zurück. Die ersten Vorarbeiten des vorliegenden Werkes entstanden dann im Rahmen des von Gabriela Signori und ihm geleiteten Projekts Geschlecht, Namenwahl und Eheschließung – zur Konstruktion sozialer Identität in der spätmittelalterlichen Stadtgesellschaft.
Zu dieser Zeit hatte der Verfasser bereits ein dreijähriges Studium von Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Konstanz (1998-2001) und ein einjähriges Studium der Geschichte in Oxford abgeschlossen, war kurz als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Konstanz tätig und hatte nach einem dreijährigen Promotionsstudium in Cambridge im Dezember 2006 den Doctor of Philosophy auf Grund einer Dissertation über Canon law and the letters of Ivo of Chartres erworben. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter Gabriela Signoris entschloss er sich zum Ausbau seine geplanten neuen Buches zur Habilitationsschrit. Im Sommer des Jahres 2012 konnte er sie an der Universität Konstanz einreichen und damit die Lehrbefugnis erwerben.
Gegliedert ist die für den Druck nur geringfügig überarbeitete gewichtige gut lesbare und sachlich neuartigeUntersuchung in insgesamt zehn Sachkapitel. Sie betreffen im bedeutsamen Vergleich mit nördlichen und südlichen Vorgangsweisen Praktiken der Zugehörigeit, mittelalterliches Reden und Schweigen von Namen, die Rufnamen als europäisches Namensystem I, die besonderen Familienangelegenheiten im spätmittelalterlichen Konstanz, Ta |
|
Roos, Daniel, Julius Streicher und „Der Stürmer“ 1923-1945. Schöningh, Paderborn 2014. 535 S., 62 Abb., zugleich phil. Diss. Würzburg 2013. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Roos, Daniel, Julius Streicher und „Der Stürmer“ 1923-1945. Schöningh, Paderborn 2014. 535 S., 62 Abb., zugleich Phil. Diss. Würzburg 2013. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als das Ende des Dritten Reiches auch für dessen „Führer“ Adolf Hitler zur unausweichlichen Gewissheit wurde, wandte er sich demonstrativ vom deutschen Volk ab, da es sich als das schwächere erwiesen, den Untergang somit verdient und dem von der NS-Rassenideologie stets systematisch diffamierten, nun stärkeren Ostvolk die Zukunft zu überlassen habe. Eine ähnlich absurde Volte soll, glaubt man den Ausführungen des Gerichtspsychiaters Gilbert, auch der aus Schwaben stammende gelernte Volksschullehrer, einstige „Frankenführer“, Herausgeber des „Stürmer“ und langjährige „Judenhetzer Nummer1“, Julius Streicher (1885 – 1946), in seiner Nürnberger Gefängniszelle vollzogen haben, indem er - aus welchen Motiven auch immer - ausführte, „die dauernden Aufstände in Palästina hätten ihn [Streicher] davon überzeugt, daß die Juden reichlich Kampfgeist und Mut hätten, und er sei jetzt von Bewunderung für sie erfüllt; bei Gott! Er sei jetzt tatsächlich bereit, für sie in ihren eigenen Reihen zu kämpfen! […] Ich mache keinen Spaß. Ich gebe es Ihnen schriftlich“ (S. 414).
Parallelen im Werdegang Hitlers wie Streichers lässt - trotz des fundamental unterschiedlichen Grades in der faktischen historischen Bedeutung - die von Daniel Roos als „Doppelbiografie“ (S. 15) der Zeitschrift und ihres geistigen Vaters Streicher angelegte, mit einer besonderen inhaltlichen und formalen Sorgfalt erarbeitete Dissertation immer wieder erkennen, ohne dass der Verfasser jene besonders thematisiert. Beide etwa waren keine „geborenen Antisemiten“, sondern entstammten einem katholischen Milieu und entwickelten nachweisbar erst im Gefolge des Ersten Weltkriegs ihre prononcierte Judenfeindschaft. Schließlich profitierte Streicher, der die Grundlagen und Anlagen für die Wahrnehmung verantwortlicher Ä |
|
Roos, Daniel, Julius Streicher und „Der Stürmer“. Schöningh, Paderborn 2014. 535 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Roos, Daniel, Julius Streicher und „Der Stürmer“. Schöningh, Paderborn 2014. 535 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Julius Streicher wurde am 12. Februar 1885 als neuntes und letztes Kind des Volksschullehrers Friedrich Streicher und seiner Frau Anna in Fleinhausen westlich Augsburgs geboren, ohne dass er zunächst ein Lebenszeichen von sich gab, so dass rechts und links zwei Kerzen angezündet wurden und die Mutter und die Hebamme zusammen beteten, der liebe Gott möge ihn wieder zu sich nehmen. Als Julius Streicher im Nürnberger Gefängnis am frühen Morgen des 16. Oktobers 1946 mit 61 Jahren als Kriegsverbrecher zum Galgen geführt wurde, äußerte er mit verständlichen Pausen nacheinander die Sätze Heil Hitler, Jetzt geht es zu Gott, Purimfest 1946, die Bolschewisten werden euch einmal hängen, ich bin bei Gott, Herr Pater und Adele – meine liebe Frau. In der Zwischenzeit wurde aus dem kleinen, erst während der Nottaufe zu atmen beginnenden Buben und späteren Volksschullehrer einer der „schillerndsten und abstoßendsten Nationalsozialisten“.
Mit ihm befasst sich die von Wolfgang Altgeld betreute, über mehrere Jahre neben einer beruflichen Vollzeittätigkeit entstandene, im Wintersemester 2013/2014 an der Universität Würzburg angenommene Dissertation des Verfassers. Sie erweckte bereits bei der Ankündigung das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Da der Verlag aber kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber mit wenigen Worten auf das mit der Abbildung des Leichnams Streichers am Henkersstrick endende Werk hinweisen.
Gegliedert ist das als Doppelbiographie von Schöpfer und Werk angelegte Buch in sieben Kapitel über das Erscheinen des Stürmers im Jahre 1923, Lebenslinien zwischen 1885 und 1923 mit früher politischer Agitation ab 1918, die Kampfzeit bis 1932, den Stürmer zwischen 1933 und 1945, den Stürmer-Komplex und den sich in Gefangenschaft und vor dem Tribunal 1945 schließenden Kreis. |
|
Rösener, Werner, Das Max-Planck-Institut für Geschichte (1956-2006) - Fünfzig Jahre Geschichtsforschung. V&R, Göttingen 2014. 166 S., 15 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rösener, Werner, Das Max-Planck-Institut für Geschichte (1956-2006) - Fünfzig Jahre Geschichtsforschung. V&R, Göttingen 2014. 166 S., 15 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Geschichte besteht aus einem ständigem Werden und Enden, unklar sind nur wann, wo, wie und warum. Für die staatsnahe Forschung in Deutschland ist dabei der Berliner Theologe und Kirchenhistoriker Adolf von Harnack bedeutsam geworden, der 1909 mit Blick auf die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und Frankreich die Gründung von Forschungsinstituten als gesellschaftlich finanzierten Großbetrieben verlangte. In der Folge stand er von 1911 bis 1930 als Präsident der daraufhin errichteten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft vor, für die von Anfang an neben den im Vordergrund stehenden Naturwissenschaften auch die Geisteswissenschaften einbezogen sein sollten.
Dementsprechend wurde 1917 ein zunächst in der Staatsbibliothek Berlin unter den Linden untergebrachtes, stets klein bleibendes Kaiser-Wilhelm-Institut für Geschichte gegründet, mit dessen Leitung der Adolf von Harnack nahe Wissenschaftsorganisator und Urkundeneditor Fridolin Kehr als treibende Kraft betraut wurde, das aber nach Forschungen zur Germania Sacra, zur Geschichte Karls V. und zur Korrespondenz Wilhelms I. mit der schweren Beschädigung des Schlosses in Berlin durch Bomben der Alliierten und dem Tod Kehrs in Franken am 9. November 1944 endete. Die infolge der Bemühungen des früheren Gesellschaftspräsidenten Max-Planck (1930-1937) seit dem 24. Juli 1945 allmählich gebildete, am 8. Juli 1949 durch die drei westlichen Besatzungsmächte anerkannte Max-Planck-Gesellschaft führte die Aufgabenstellung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft fort und errichtete auf Betreiben Hermann Heimpels und Georg Schreibers in Göttingen zum 1. April 1956 unter der Leitung Hermann Heimpels das Max-Planck-Institut für Geschichte. Der Verfasser des vorliegenden Werkes war von 1974 bis 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter |
|
Rowley, Charles K./Wu, Bin, Britannia 1066-1884. From Medieval Absolutism to the Birth of Freedom under Constitutional Monarchy, Limited Suffrage, and the Rule of Law (Studies in Public Choice) . Springer, Heidelberg 2014. XI, 165 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rowley, Charles K./Wu, Bin, Britannia 1066-1884. From Medieval Absolutism to the Birth of Freedom under Constitutional Monarchy, Limited Suffrage, and the Rule of Law (= Studies in Public Choice) . Springer, Heidelberg 2014. XI, 165 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mittelalter und Neuzeit unterscheiden sich zwar nicht in allen Hinsichten, aber doch in manchen. Deswegen kann man dem mittelalterlichen Absolutismus die Geburt der Freiheit in der neuzeitlichen konstitutionellen Monarchie gegenüberstellen, obwohl die Entstehung des Absolutismus allgemein eher der Neuzeit zugerechnet wird und die mit der französischen Revolution des Jahres 1789 errungene grundsätzliche Freiheit auch ungewollte Bindungen in der Gegenwart keineswegs ausschließt. Jedenfalls verbinden die beiden Autoren in dem schlanken Werk Britannien zwischen 1066 und 1884 mit der im Titel zum Ausdruck gebrachten Entwicklung.
Charles K. Rowley war im Department of Economics der George Mason University in Fairfax in Virginia in den Vereinigten Staaten von Amerika tätig, Bin Wu im Department of Finance and Taxation an der Shandong University of Finance in Jinan in Shandong in China. Der in Southampton geborene, in Nottingham ausgebildete, nach Tätigkeiten in Nottingham, Canterbury, York und Newcastle on Tyne 1983 in die Vereinigten Staaten von Amerika wechselnde Rowley verstarb nach der Veröffentlichung von mehr als 40 Büchern und 200 kleineren Studien an einem Krebsleiden kurz vor Erscheinen der vorliegenden Studie. Die in Jinan in der Provinz Shandong in China 1980 geborene, in Nanjing und Shandong ausgebildete Bin Wu arbeitete in den Jahren 2010 und 2011 unter seiner Betreuung unter anderem an dem gemeinsam geplanten und betrachteten Untersuchungsgegenstand.
Gegliedert ist die hieraus hervorgegangene Studie in sieben Kapitel. Sie betreffen den Absolutismus in England zwischen 1066 und 1485, die Vollendung des Absolutismus unter der Dynastie der Tudor bis 16 |
|
Rügert, Walter, Konstanz zur Zeit des Konzils. Ein historischer Stadtrundgang. Südverlag, 2014. 96 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rügert, Walter, Konstanz zur Zeit des Konzils. Ein historischer Stadtrundgang. Südverlag, 2014. 96 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Konstanz am Bodensee geht vermutlich auf ein nach 300 n. Chr. eingerichtetes Militärlager der Römer zurück. Wohl zwischen 550 und 590 wird es Sitz eines Bischofs. Von 1414 bis 1418 gerät es in die allgemeinere Aufmerksamkeit, weil in der Stadt das 16. allgemeine Konzil der christlichen Kirche im Westen tagt.
Der Verfasser greift auf dieses bedeutende und auch dramatische Ereignis in einem naheliegenden Augenblick zurück. Ausgebildet an der Fachhochschule Kehl (öffentliche Verwaltung) und an der Universität Freiburg im Breisgau für neuere deutsche Literaturgeschichte, Politik und Philosophie, wurde er 1990 mit einer Dissertation über die Vermessung des Innenraumes (am Beispiel der Prosa Botho Strauss‘) promoviert. Als Pressereferent Freiburgs ist er schon von Berufs wegen mit Beziehungen zwischen Objekten und Publikum befasst und kann daher ansprechend den allgemeinen Blick örtlich und zeitlich weiten.
Gegliedert ist sein durch zahlreiche Abbildungen veranschaulichter unterhaltender wie bildender geschichtlicher Stadtführer nach einer kurzen Einleitung über die damalige Krise in der Kirche und die dadurch herausgehobene Stadt am See in 33 Stationen. Sie beginnen mit dem Münster als dem Mittelpunkt des Konzils und führen etwa über die Bischofspfalz, Sankt Johann, die untere Laube mit „öffentlichen Frauen“, den Bündrichshof, die Stephanskirche, Ulrich Richentals Haus zum goldenen Bracken, den Obermarkt, das Haus des als Ketzer verbrannten Jan Hus, das Rathaus und vieles andere bis zum als Gefängnis für Hus und Papst Johannes XXIII. verwendeten Schloss Gottlieben. Rückblickend fasst der Autor zusammen, was vom Konzil als historisches Vermächtnis blieb, wovon sich jeder Leser eine persönliche Anschauung verschaffen kann, wenn er dem vielfältigen historischen Stadtrundgang selbst folgt.
& |
|
Rüthers, Bernd, Die heimliche Revolution vom Rechtsstaat zum Richterstaat. Verfassung und Methoden. Ein Essay. Mohr (Siebeck), Tübingen 2014. IX, 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rüthers, Bernd, Die heimliche Revolution vom Rechtsstaat zum Richterstaat. Verfassung und Methoden. Ein Essay. Mohr (Siebeck), Tübingen 2014. IX, 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vermutlich tatsächlich oder jedenfalls rechtstheoretisch ist irgendwo irgendwann der erste Rechtssatz der Menschen auf der Erde entstanden, ohne dass bestimmte Einzelheiten dazu bekannt sind. Auf dieser Grundlage sind im Laufe der Zeit ständig weitere Rechtssätze hinzugekommen, wobei zumindest die Meinungsführer sich allmählich darüber einig wurden, auf welche Weise ein neuer Rechtssatz gebildet werden kann oder darf. Dies ist jedenfalls für das immer seltenere Gewohnheitsrecht aller und das von zuständigen, meist auf Zeit gewählten Organen der Allgemeinheit durch mehrheitlichen Beschluss gesetzte Recht einigermaßen unstreitig.
Fraglich ist demgegenüber, ob und wann Richter ein über den einzelnen, ihrer Entscheidungsgewalt zugeordneten Einzelfall hinaus Recht schaffen dürfen. Nach der an den Beginn seines kurzen Vorworts gesetzten Erkenntnis des auch als einer der besten Kenner der Rechtstheorie ausgewiesenen Verfassers hat sich die Bundesrepublik Deutschland vom demokratischen Rechtsstaat zum (undemokratischen) „Richterstaat“ gewandelt, indem große Bereiche aller Teilrechtsgebiete nicht mehr überwiegend durch Gesetze, sondern durch „Richterrecht“ geregelt sind, was freilich in anderen wichtigen Staaten der Welt als selbverständlich betrachtet wird. In diesen Bereich gilt die weithin unbestrittene Tatsache: Recht ist, was die zuständigen obersten Gerichtsinstanzen rechtskräftig für geltendes Recht erklären – bis zur nächsten Änderung dieser Rechtsprechung -, obwohl nach der geltenden Verfassung Recht ist oder sein soll, was die Parlamente als die zuständigen (obersten) Rechtssetzungsorgane wirksam als geltendes Recht festsetzen – bis zur nächsten Änderung dieser Festsetzung.
Der Verfasser gliedert seine diesbezüglichen kritischen wichtigen |
|
Rüthers, Bernd, Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus, 7. Auflage. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. XXIV, 521 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rüthers, Bernd, Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus, 7. Auflage. Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. XXII, 553 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Habilitationsschriften sind an deutschen Universitäten seit dem 19. Jahrhundert grundsätzlich die Nachweise wissenschaftlicher Spitzenleistungen der über Elternhaus, Schule, Abitur, Studium und Promotion allmählich aus der Gesamtbevölkerung ausgewählten Besten, die ihr besonderes Wissen und Können durch vertiefte Betrachtung eines Einzelgegenstands unter Beweis stellen. Wegen der dabei notwendigen Spezifizierung erwecken sie in der Regel nur das Interesse eines begrenzten Kreises von meist ebenfalls bereits habilitierten Sachkennern. Deswegen ist eine siebente Auflage einer Habilitationsschrift eine vorzügliche Auszeichnung durch die Öffentlichkeit, wie sie meines Wissens in der Rechtswissenschaft nur sehr wenigen Forschern wie etwa Friedrich Carl von Savigny oder Claus Roxin zu Teil geworden ist, zu deren Höhe nunmehr auch der in Dortmund 1930 als Sohn eines Werkmeisters geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Sozialwissenschaft an der Universität Münster 1958 bei Rolf Dietz auf Grund einer Dissertation über Streik und Verfassung promovierte, 1967 bei Hans Brox habilitierte, seit Oktober 1967 zunächst als Lehrstuhlvertreter in Berlin tätige, 1968 als Nachfolger Ernst E. Hirschs nach Berlin berufene und seit1971 in Konstanz unermüdlich wirkende Verfasser erfahren hat, dem überdurchschnittlich erfolgreiche Lehrbücher des Arbeitsrechts, des Allgemeinen Teils und der Rechtstheorie zu verdanken sind.
Die siebte Auflage der Habilitationsschrift enthält nach dem kurzen Vorwort den unveränderten Inhalt der ersten Auflage, wobei der Verfasser selbst die fortdauernde Nachfrage von Studierenden nach dem Buch und ihr lebhaftes Echo auf seine Lektüre auf die unverminderte Aktualität des Themas und den in den letzten Jahren entstandenen Disku |
|
Sachsen und der Nationalsozialismus, hg. v. Heydemann, Günther/Schulte, Jan Erik/Weil, Francesca (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts 53). V&R Academic, Göttingen 2014. 421 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sachsen und der Nationalsozialismus, hg. v. Heydemann, Günther/Schulte, Jan Erik/Weil, Francesca (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts 53). V&R Academic, Göttingen 2014. 421 S. Besprochen von Werner Schubert.
Obwohl zur Geschichte des Nationalsozialismus in Sachsen bereits zahlreiche und vielfältige Untersuchungen vorliegen (vgl. S. 12 Fn. 20), sind Detailstudien über diese Thematik weiterhin erwünscht, zumal Sachsen als eines der wichtigsten regionalen Zentren des Nationalsozialismus zu gelten hat. Die Aufsatzsammlung knüpft „an die differenzierten und differenzierenden neueren Forschungsansätze zur Erforschung der Gesellschaftsgeschichte des Nationalsozialismus an und untersucht, basierend auf den Strukturen politischer Herrschaft, die soziale Praxis von Akteuren, die auf der mittleren und unteren Ebene des Herrschaftssystems sowie im regionalen und lokalen Zusammenhang agierten“ (S. 16). Nach zwei einleitenden Abhandlungen über den Forschungsstand und die Forschungsperspektiven geht es im ersten Teil des Werks um „Herrschaft und Unterdrückung“ (S. 41ff.). Auch für den Rechtshistoriker von Interesse ist die Abhandlung von Arnim Nolzen über die „Sächsische NSDAP nach 1933. Sozialstrukturen und soziale Praktiken“ (S. 43ff.). Ihr ist zu entnehmen, dass am 1. 1. 1935 9,4% der NSDAP-Mitglieder aus Sachsen kamen (für den NS-Juristenbund waren es 10,2%). Im Abschnitt über „Teilhabe und Täterschaft“ (S. 129ff.) referiert Wolfgang Bialas am „Beispiel Arnold Gehlens“ über den „philosophischen Nationalsozialismus an der Leipziger Universität“ (S. 147ff.). Ihre Vertreter wollten die „nationalsozialistische Bewegung nutzen, um der Bestimmung der Deutschen als einer philosophischen Nation in weltgeschichtlicher Mission eine politische Bewegungs- und Existenzform zu geben“; in diesem Zusammenhang hätten sie „heilsgeschichtliche Phantasien einer philosophischen Politik oder philosophischen Religion“ entwickelt (S. 162). Von Interesse wäre es in die |
|
Sartore, Melissa, Outlawry, Governance and Law in Medieval England (= American University Studies, Series 9 History, Band 206). Lang, New York 2013. 274 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sartore, Melissa, Outlawry, Governance and Law in Medieval England (= American University Studies, Series 9 History, Band 206). Lang, New York 2013. 274 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verfasserin eröffnet ihre gelungene Studie mit einer bei Liebermann (Die Gesetze der Angelsachsen 1, 184) veröffentlichten Bestimmung König Edmunds (939-946), nach der niemand, der eines Christen Blut vergoss, zum König vorgelassen werden darf, ehe er nicht Buße getan hat. Damit führt sie zugleich in das erste ihrer acht Kapitel ein, in dem sie den outlaw, die outlawry und die Vielfältigkeit der Sprache und der praktischen Handhabung erörtert. Im Anschluss hieran greift sie in verschiedenen Richtungen weiter aus.
Dabei stellt sie zunächst outlawry, exile und banishment im angelsächsischen England den Gegebenheiten outlawry, exile und Haft im normannischen und anglonormannischen Recht gegenüber. Danach vertieft sie die Betrachtung im Hinblick auf die Rechtsreform unter Heinrich II. bis zu Heinrich III. und allgemeiner dem 13. Jahrhundert. Den Beschluss bildet die Rechtsetzung unter Edward I. gegen Ende des 13. Jahrhunderts.
Im Ergebnis kann die in Geschichte und europäischer Geschichte an der Western Illinois University ausgebildete, in Wisconsin-Madison promovierte und danach als Assistenzprofessor der Geschichte an der West Virginia University (Institute of Technology) tätige Verfasserin in ihrer anregenden Arbeit einen deutlichen Wandel der Folgen der Acht vom Exil zum Gefängnis erweisen. Damit verbunden zeigten sich neue Formen der Kontrolle als erforderlich. Sie bewirkten schließlich auch einen wichtigen Schub in der Entwicklung des englischen common law und damit in der umfassenderen Verrechtlichung des politischen und gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Savoy, Bénédicte, Kunstraub, Napoleons Konfiszierungen in Deutschland und die europäischen Folgen, mit einem Katalog der Kunstwerke aus deutschen Sammlungen im Musée Napoléon. Böhlau, Köln 2011. 500 S., 64 Taf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Savoy, Bénédicte, Kunstraub, Napoleons Konfiszierungen in Deutschland und die europäischen Folgen, mit einem Katalog der Kunstwerke aus deutschen Sammlungen im Musée Napoléon. Böhlau, Köln 2011. 500 S., 64 Taf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Napoleon Bonaparte war ein bedeutender Mensch, der sich aber letztlich so überschätzt und übernommen hat, dass zu großem Glanz auch großes Elend kam. Beflügelt von der ihm vorangehenden Revolution wollte er das gesamte Europa nach seinen Ideen gestalten. Dazu zählte auch die Sammlung möglichst vieler Kunstschätze aus Europa in Frankreich, die er auf der Höhe seiner Macht mit Gewalt und einem gewissen Erfolg versuchte.
Mit den damit zusammenhängenden Fragen befasste sich die danach als Professorin für Kunstgeschichte am Institut für Geschichte und Kunstgeschichte der Technischen Universität Berlin tätige Verfasserin in ihrer 2003 unter dem Titel Patrimoine annexé veröffentlichten beeindruckenden Dissertation. Da ihre damals neuartige Fragestellung auch die europäischen Folgen des napoleonischen Handelns bedachte und beschrieb, lag es nahe, das erfolgreiche Werk deutschen Lesern ebenfalls leicht zugänglich zu machen. Dem stimmte die Autorin zwar gerne zu, doch schloss sie eine sachliche Aktualisierung angesichts des inzwischen erschienenen umfangreichen Schrifttums zum Kunstraub in Europa aus und zog dementsprechend die einfache, von Tom Heithoff ausgeführte Übersetzung vor.
Das dadurch gelungene Werk, dem auch der von der Verfasserin kuratierte, 2010 erschienene Band Napoleon und Europa – Traum und Trauma – zu Seite zu stellen ist, enthält nach einer editorischen Notiz zur deutschen Ausgabe, dem Vorwort Pierre Rosenbergs zur Originalausgabe und einer kurzen Einleitung drei Teile, welche die Akteure, die Meinungen und die Objekte betreffen. Zahlreiche Abbildungen veranschaulichen die gewichtigen Ausführungen, die durch Anmerkungen abgesichert und durch Register aufgeschlossen werden. |
|
Schaal, Katharina, Zwischen geistlichem Auftrag und Politik. Der Deutsche Orden in Hessen 1207-1809 (= Schriften des Hessischen Staatsarchiv Marburg 27). Hessisches Staatsarchiv, Marburg 2014. 129 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schaal, Katharina, Zwischen geistlichem Auftrag und Politik. Der Deutsche Orden in Hessen 1207-1809 (= Schriften des Hessischen Staatsarchiv Marburg 27). Hessisches Staatsarchiv, Marburg 2014. 129 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Deutsche Orden ist die als jüngster der drei Ritterorden 1190/1198 gegründete, im Februar 1199 durch Papst Innozenz III. unter Verleihung der Johanniterregel für die karitativen Aufgaben und der Templerregel für die militärischen Tätigkeiten aus einer Lübeck-Bremer Spitalsbruderschaft zu einem geistlichen Orden mit Sitz in Montfort bei Akkon umgeformte Vereinigung. Sie geht im ersten Ansatzpunkt auf ein Marienhospital in Jerusalem in den Jahren 1118 bis 1127 zurück, dem in unklarem Zusammenhang 1190 ein Hospital vor Akkon folgt. Ab 1211 wirkte der Deutsche Orden auf Anforderung König Andreas‘ II. von Ungarn in Siebenbürgen.
Nach der mit August 2012 datierten kurzen Einleitung der Verfasserin des vorliegenden Werkes wurde anlässlich der in Marburg im Herbst 2010 ausgerichteten Tagung der internationalen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens eine Ausstellung konzipiert und im hessischen Staatsarchiv Marburg gezeigt. Sie gab einen Überblick über die Geschichte der Deutschordensballei Hessen von der ersten Schenkung (Kirche Reichenbach in Nordhessen) im Jahre 1207 bis zur Auflösung durch Napoleon am 24. April 1809. Sie bildet in einem losen Zusammenhang mit einer Ausstellung zu diesem Thema im Jahre 1983 und einer Ausstellung zu Konrad von Marburg im Elisabethjahr 2007 die Grundlage der vorliegenden Veröffentlichung der bereits 1994/1995 mit einer Göttinger Dissertation über das Deutschordenshaus Marburg in der Reformationszeit hervorgetretenen Verfasserin.
Die Ausstellung und damit auch die in dem Band vorgestellten Objekte zeigen (sozusagen!) den Lebenslauf eines Deutschordens-Mitglieds der Ballei Hessen in sieben Abschnitten. Behandelt werden nach einem kurzen Überblick für die Ge |
|
Schiffer, Hans-Wilhelm, Energiemarkt Deutschland. Jahrbuch 2015. 13. Aufl. TÜV Media, Köln. 336 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schiffer, Hans-Wilhelm, Energiemarkt Deutschland. Jahrbuch 2015. 13. Aufl. TÜV Media, Köln. 336 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Energie, die sich von der griechischen Präposition en „innen“ und von dem griechischen Hauptwort ergon „Werk bzw. Wirken“ ableitet, erscheint über das Griechische, Spätlateinische unde Französische im Deutschen als Wort anscheinend im 18. Jahrhundert. Sie wird in der Gegenwart vielfach als die Fähigkeit beschrieben, Arbeit zu verrichten. Da sie etwa für eine Erwärmung, eine Beschleunigung oder eine Abstrahlung und für Lebewesen für das Leben ingsgesamt notwendig ist, hat sie vom Beginn des Universums an bestanden.
In der Gegenwart ist sie für den Menschen vor allem als außermenschliche Energie zur Erleichterung des menschlichen Lebens erforderlich. Da der Mensch seit langem auf der Suche nach günstigeren Lebensbedingungen ist und seit der jüngeren Vergangenheit durch Unternehmer mittels Werbung bewusst auch dazu angeregt wird, wächst der menschliche Energiebedarf weltweit immer stärker, ohne dass Gewissheit darüber besteht, wie und mit welchen Folgen er sich befriedigen lässt. In dieser Lage ist ein Überblick über den modernen Energiemarkt und seine jüngere Entwicklung für jeden Interessierten hilfreich.
Der Verfasser bietet ihn mit dem vorliegenden Werk seit der ersten 1988 im Umfang von 236 und IX Seiten mit Illustrationen und graphischen Darstellungen erschienenen Auflage. Dabei erklärt er auch dem energiekundlichen Laien etwa, dass bei wechselnder Nachfrage nach elektrischem Strom das jeweils noch benötigte teuerste Kraftwerk für den Preis über den Strom entscheidend ist, auch wenn er aus kostengünstigeren Kraftwerken stammt. Die Neuauflage des vor allem über Angebot und Nachfrage für Mineralöl, Erdgas, Kohle und Strom verständlich unterrichtende Werk erweitert den Stoff hauptsächlich für den Bereich Klimaschutz und Emissionshandel und bietet damit in seiner Gesamtheit auch eine Darste |
|
Schlüsselereignisse der deutschen Bankengeschichte, hg. v. Lindenlaub, Dieter/Burhop, Carsten/Scholtyseck, Joachim. Steiner, Stuttgart 2013. 581 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlüsselereignisse der deutschen Bankengeschichte, hg. v. Lindenlaub, Dieter/Burhop, Carsten/Scholtyseck, Joachim. Steiner, Stuttgart 2013. 581 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der deutschen Sprache ist die Bank noch in der Gegenwart allgemein die breite Sitzgelegenheit aus Holz oder Stein, doch ist diese praktische Erfindung wirtschaftlich längst durch die Möglichkeit der Geldablage auf ihr und zahlreiche damit verbundene ökonomische Konsequenzen akzentuiert. Nach antiken Vorläufern in Ägypten, Griechenland und Rom haben sich in Italien seit dem 12. Jahrhundert berufsmäßige, jeweils auf einer konkreten Sitzgelegenheit als Ausgangspunkt tätige Geldwechsler entwickelt, die wegen ihrer örtlichen Herkunft vielfach als Lombarden bezeichnet und als Folge des kanonischen Zinsverbots bald von den Juden aus dem besonderen Darlehensgeschäft verdrängt werden. Die Tätigkeit ihrer weltweiten Nachfolger hat als Folge des zunehmenden menschlichen Interesses an Geld und Gewinn und ungesicherter Darlehensvergabe im Herbst 2008 sogar eine noch nicht vollständig ausgestandene weltweite Wirtschaftskrise verursacht.
Von daher verdient eine geschichtliche Betrachtung der Banken in jedem Fall allgemeinere Aufmerksamkeit. Angesichts der bereits vorliegenden umfangreichen wirtschaftsgeschichtlichen Literatur ist sie selbst auf einen einzelnen Staat beschränkt eine für den Einzelnen nur schwer noch zu leistende Aufgabe. Aus diesem Grunde ist eine Konzentration auf besonders wichtige Ereignisse und eine organisierte Kooperation zahlreicher Spezialisten eine begrüßenswerte Alternative, für welche die Herausgeber insgesamt 34 Sachkenner gewinnen konnten.
Nach einer kurzen Einführung über Schlüsselereignisse als konkrete Ereignisse, in denen bedeutsame allgemeine Strukturmerkmale sichtbar werden, beginnt dabei Mark Häberlein mit der Fugger’schen Anleihe von 1488, auf deren Grundlage Handelskapital, fürstliche Privilegien und der Aufstieg der |
|
Schmale, Wolfgang/Tinnefeld, Marie-Theres, Privatheit im digitalen Zeitalter. Böhlau, Wien 2014. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmale, Wolfgang/Tinnefeld, Marie-Theres, Privatheit im digitalen Zeitalter. Böhlau, Wien 2014. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Auch wenn Giselher Ruepke bereits 1976 ein Werk über den verfassungsrechtlichen Schutz der Privatheit und Walter Leisner 2012 2012 eine Untersuchung über staatsferne Privatheit in der Antike mit dem Mittepunkt Horaz vorgelegt haben, ist die Privatheit im Gegensatz zur älteren Öffentlichkeit wohl ein verhältnismäßig neuer Zugriff. Er geht sprachlich auf das 1496 erstmals belegte Adjektiv privat zurück. Seine Grundlage ist das bereits bei Plautus (um 250-184 v. Chr.) bezeugte lateinische Partizip privatus das der Gegenwart als abgesondert, auf ein einziges Individuum beschränkt erklärt wird.
Das vorliegende Werk versteht sich als Referenzwerk, das der historischen Entwicklung von Privatheit als solcher nachgehen will und nach dem kurzen Vorwort bis zur Urgeschichte der Menschheit im idealisierten Garten Eden zurückgreift. Die Autorin, Juristin und Datenschutzrechtlerin an der Technischen Hochschule in München, und der in Würzburg 1956 geborene, in München 1995 mit einer Schrift über Archäologie der Grund- und Menschenrechte in der frühen Neuzeit habilitierte Autor, Wiener Historiker, arbeiten seit langer Zeit in dem großen Themenfeld von Recht, Freiheit und Demokratie, so dass sie ein Ergebnis langer Befassung und Forschung im Rahmen einer gemeinsamen Lebensgeschichte vorlegen können. Es gliedert sich in sieben Kapitel, zu denen am Ende Anmerkungen angefügt sind.
Ausgangspunkt ist als Entwurf am Anfang der Menschheitsgeschichte der Garten als Ort der Privatheit. Von hier aus greifen die Autoren auf die Geschichte der (am Ende des 20. Jahrhunderts verfassungsgerichtlich anerkannten) informationellen Selbstbestimmung, den Datenschutz als Lotsen in der Informationsflut und als Forum für eine Kultur des Dialogs, die unsichtbare Jagd nach privaten Informationen mittels trojanischer Pferde, Öffen |
|
Schmidt-Gabain, Florian, Die Seelen der Gesetze. Eine Untersuchung über Zweckbestimmungen in den Gesetzen der Schweiz, Deutschlands und Frankreichs vom 18. Jahrhundert bis heute (= Grundlegendes Recht 21). Helbing Lichtenhahn/Nomos, Basel/Baden-Baden 2013. XL, 227 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmidt-Gabain, Florian, Die Seelen der Gesetze. Eine Untersuchung über Zweckbestimmungen in den Gesetzen der Schweiz, Deutschlands und Frankreichs vom 18. Jahrhundert bis heute (= Grundlegendes Recht 21). Helbing Lichtenhahn/Nomos, Basel/Baden-Baden 2013. XL, 227 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist ein mehr oder weniger rationales Wesen, das neben anderen Trieben auch von der Vernunft bestimmt sein kann. Dies hat ihn nicht nur dazu geführt, sein Leben auf der Suche nach günstigeren Verhältnissen vom Verstand leiten zu lassen, sondern auch Mitmenschen je nach den jeweiligen Gegebenheiten an seinen Einsichten Teil haben zu lassen. Dementsprechend hat er rechtliche Entscheidung vielfach mit rationalen Überlegungen verknüpft.
Mit einem hierzu gehörigen Ausschnitt aus der bisherigen Entwicklung befasst sich die vorliegende, vom Verfasser thematisch ausgesuchte und von Marie Theres Fögen kongenial während einer Studie über das Lied des Gesetzes betreute Dissertation des Verfassers, die am 25. Mai 2011 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich als Dissertation angenommen wurde. Sie gliedert sich außer in eine Einleitung über Seelen der Gesetze, materielle und formelle Aspekte einer Zielbestimmung oder Zweckbestimmung und den Gang der Untersuchung in zwei Teile, deren Erkenntnisse am Ende zusammengeführt werden. Während die chronologische Betrachtung über Frankreich, Deutschland, die Schweiz und die Europäische Union auf ein Gesamtbild der Entwicklung ausgerichtet ist, versucht die anschließende Interpretation von der französischen Revolution bis zu den Zweckartikeln der Zeitgeschichte eine überzeugende Erklärung.
Im Ergebnis sieht der Verfasser die vorrevolutionären Präambeln als Versuch der Erzíehung der Untertanten zur Gesetzestreue, die nach Aufkommen des befehlenden Gesetzes nachrevolutionär entbehrlich war. Gegenüber dieser politischen Einsicht musste der Verfasser bei einer rechtlichen An |
|
Schmitt, Sebastian, Die Herausbildung der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Deutschland (= Ius vivens 25). LIT, Berlin 2014. XIV, 350, XV-L S. Zugleich Diss. jur. Mainz 2013. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmitt, Sebastian, Die Herausbildung der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Deutschland (= Ius vivens 25). LIT, Berlin 2014. XIV, 350, XV-L S. Zugleich Diss. jur. Mainz 2013. Besprochen von Werner Schubert.
Mit dem vorliegenden Werk befasst sich Schmitt in seiner Mainzer Dissertation erstmals in umfassender Weise mit der Entwicklung der Regelungen zur freiwilligen Gerichtsbarkeit. Nach einem kurzen Überblick über die iurisdictio voluntaria im römischen Recht und bei den Glossatoren und Kommentatoren (S. 9ff.) geht es im ersten umfangreichen Abschnitt um die Entwicklungen in der frühen Neuzeit (ds. 17.-18. Jh.; S. 15-102). Unter der Überschrift „Fürsorgefunktion“ werden für das Vormundschaftsrecht die materiellrechtlichen Grundlagen und das Verfahren (S. 16 ff.), für das Adoptionsrecht die Regelungen des gemeinen Rechts bis zum Code civil und für das Nachlasswesen die erbrechtlichen Verfahren (S. 60ff.) behandelt. Im Abschnitt „Sicherungsfunktion“ befasst sich Schmitt mit der Erbscheinserteilung (S. 69ff.), der Registerführung (Grundbuch; sonstige Register, S. 74ff.) und mit der Beurkundung (S. 87ff.). Als „gemeinsamen Kern“ (S. 96ff.) arbeitet Schmitt u. a. heraus das „vermehrte Auftreten bewusster Setzung verbindlichen Rechts“ (S. 98), den Amtsermittlungsgrundsatz, die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens und den „weiten Bogen institutioneller Zuständigkeit der mit Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit betrauten Organen“ (S. 101f.).
Im Abschnitt „Landesgesetzliche Regelungen“ (S. 103-180) geht Schmitt zunächst ein auf die Entwicklung in Preußen (allgemeine Grundsätze der Allgemeinen Gerichtsordnung für das Verfahren in nicht streitigen Angelegenheiten, Notariatsrecht und Vormundschaftsrecht [hierzu auch W. Schubert, in: Wolff, Jörg, Das Preußische Allgemeine Landrecht. Politische, rechtliche und soziale Wechsel- und Fortwirkungen, Heidelberg 1995, S. 237ff.]). Für Bayern werden untersucht das Hypothekengesetz von 1822 und die Rege |
|
Schmoeckel, Mathias, Das Recht der Reformation. Die epistemologische Revolution der Wissenschaft und die Spaltung der Rechtsordnung in der Frühen Neuzeit. Mohr (Siebeck), Tübingen 2014. XVIII, 311 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmoeckel, Mathias, Das Recht der Reformation. Die epistemologische Revolution der Wissenschaft und die Spaltung der Rechtsordnung in der Frühen Neuzeit. Mohr (Siebeck), Tübingen 2014. XVIII, 311 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1963 geborene und nach seiner Münchener Habilitation 1999 nach Bonn berufene Verfasser bemerkte während der Arbeit an seiner Habilitationsschrift über Humanität und Staatsraison, „dass sich unter denen, die die Abschaffung der Folter verlangten, überdurchschnittliche viele Calvinisten befanden. Unfähig, dies als Zufall abzuschreiben“, konnte er diesen Befund zunächst nur beschreiben und erste Mutmaßungen anstellen. Zu Nachforschungen ermutigt, fragte er sich, ob es nicht nur calvinistische Juristen, sondern auch eine eigenständige calvinistische Anschauung des Rechtes gäbe, und fasste sein Ergebnis als epistemologische oder erkenntnistheoretische Revolution auf.
Seine hieraus erwachsene Darstellung gliedert sich nach einem kurzen Vorwort in insgesamt fünf Abschnitte, die zunächst die Fragestellung betreffen. Hier geht der Verfasser von der vorreformatorischen Autorität des Papstes aus und erkennt, dass sich aus dem päpstlichen Bann für Martin Luther die Notwendigkeit der reagierenden Reformation des Rechtes ergab. Hieraus folgte die epistemologische Revolution, die aber wegen ihres Umfangs thematisch begrenzt werden musste.
Unter den epistemologischen Neuerungen beginnt der Verfasser mit der alten Lehre des rechten Glaubens als Grundlage des Richtens und stellt ihr die Erkenntnis durch ratio und conscientia bei Luther und Melanchthon gegenüber. Danach verfolgt er detailliert die wissenschaftliche Erkenntnis bei Melanchthon unter besonderer Berücksichtigung der Methode. Im Anschluss hieran erörtert er die Entwicklung protestantischer Naturrechtslehren von Melanchthon über Calvin, Arminius, Gutke und Calov bis zu Pufendorf mit den Auswirkungen auf eine protestantische Rechtsquellenlehre und |
|
Schnaas, Dieter, Kleine Kulturgeschichte des Geldes, 2. Aufl. Fink, Paderborn 2012. 208 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schnaas, Dieter, Kleine Kulturgeschichte des Geldes, 2. Aufl. Fink, Paderborn 2012. 208 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als vielleicht bei den Lydern im 7. Jahrhundert Metallmünzen zu nicht genau bekannten Zwecken entwickelt wurden, die den Menschen bald den Austausch von Gütern erleichterten, war das sich daraus auf Grund der Einfallskraft des Menschen entwickelnde Ergebnis, dass das Geld (oder der Mensch mittels Geld) eines Tages die Welt regieren könnte, nicht vorhersehbar. Gleichwohl ist es inzwischen dazu gekommen, dass der Mensch ohne Geld kaum mehr leben kann, weil es ihm von nahezu allen Seiten etwa in der Form von Fernsehgebühren bei bloßem Führen eines Haushalts ständig mit staatlichem Zwang abverlangt wird. Von daher ist eine Geschichte des Geldes für jedermann von unmittelbarer Bedeutung, der sich mit Herkunft und Zukunft befassen will.
Der in Düsseldorf 1966 geborene, nach dem Abitur in Leichlingen an der Universität Köln in Geschichte, Germanistik und Philosophie ausgebildete, danach zunächst für die Rheinische Post als Redakteur arbeitende, 1999 zur Wirtschaftswoche wechselnde und dort seit 2004 als Autor und Chefreporter tätige Verfasser verfolgt das Geld kulturgeschichtlich in einer individuellen essayistischen Studie, die er 2010 in erster Auflage veröffentlichte, welche ihm nach seinen eigenen Worten einen bescheidenen Erfolg und drei beträchtliche Niederlagen einbrachte. Sie gliedert sich nach einem kurzen Vorwort klar in drei aufeinander aufgebaute Kapitel oder Abschnitte. Sie betreffen den Zauber des Geldes, die Natur des Geldes und den Preis des Geldes.
Dabei beginnt der Verfasser wortgewaltig und konstruktionsgewandt mit der magischen Metamorphose des anfänglichen universellen Symbols der Hingabe an Gott in eine Fiktion als Grundlage einer religös fundierten, staatskapitalistischen Pumpwirtschaft. Danach lehnt er bei der Befassung mit der Natur des Geldes Max Webers Vorstellung von der Bed |
|
Schreiter, Friedemann, Strafanstalt Waldheim. Geschichten, Personen und Prozesse aus drei Jahrhunderten. Ch. Links, Berlin 2014. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schreiter, Friedemann, Strafanstalt Waldheim. Geschichten, Personen und Prozesse aus drei Jahrhunderten. Ch. Links, Berlin 2014. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Erfindung der Strafe als Reaktion der Gesellschaft auf ein ihr nicht erwünschtes Verhalten war die Suche nach einem geeigneten Mittel in einem ersten Zugriff auch bereits entschieden. Da Anstalten Aufwendungen erfordern, die aus Erträgen finanziert werden müssen, galt der erste Zugriff wohl eher Leib und Leben als dem Entzug der Freiheit in einem Gebäude. Als August der Starke 1716 das Zucht-, Armen- und Waisenhaus in Waldheim nördlich Chemnitzs eröffnete, hatte sich dies längst geändert und er konnte bereits anordnen, dass für die Finanzierung seit dem 23. Juni 1710 von allen neu beschäftigten Staatsbediensteten ein Zwölftel der Besoldung des ersten Jahres einbehalten wurde, was auch für die Erhöhungsbeträge von Zulagen gelten sollte.
Mit der anschließenden Zeit befasst sich der von Friedemann Schreiter vorgelegte Band. Sein Autor wurde in Jahnsbach im Erzgebirge 1951 geboren, absolvierte nach dem 1970 in Dresden abgelegten Abitur eine Mechanikerlehre, einen Dienst bei der Marine sowie ein Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin, ehe er bei dem Rundfunk der früheren Deutschen Demokratischen Republik als Hörspieldramaturg und dann seit 1980 freiberuflich tätig wurde. Mehreren Romanen, Erzählungen, Hörspielen und Filmografien folgte der in einer Sonderausgabe für die Landeszentralen für politische Bildung ausstrahlende Dokumentarband des in Mecklenburg lebenden Verfassers.
Sein in 14 Abschnitte aufgeteilter Inhalt setzt mit dem Wandel der Einrichtung des Jahres 1716 zum reinen Zuchthaus im Jahre 1830 ein und legt etwa die Verschärfung des Strafvollzugs zwischen 1830 und 1849, den Mai 1849 und seine Folgen, Veränderungen zwischen 1850 und 1870, Erweiterungen zwischen 1871 und 1933, das Gefängnis im Nationalsozialismus (1933-1 |
|
Schroeder, Klaus, Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR 1949-1990, 2. Aufl. Böhlau, Wien 2013. XVII, 1134 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schroeder, Klaus, Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR 1949-1990, 3. Aufl. Böhlau, Wien 2013. XVII, 1134 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Noch im April 1989 ahnte die politische Führung der Bundesrepublik Deutschland nach eigenem späterem Bekunden nicht, dass der ziemlich zeitgleich mit der Bundesrepublik auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone gegründete zweite deutsche Staat die vierzigste Wiederkehr seiner Entstehung trotz äußerlichen Glanzes auf Grund seiner inneren Schwächen nur ganz kurze Zeit überleben würde. Wenig später endete er durch den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990. Seitdem war der von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beherrschte Staat Geschichte und damit zugleich im Wesentlichen auch nur noch Gegenstand der Geschichtsschreibung.
Der 1949 in Lübeck-Travemünde geborene, nach dem Studium von Biologie, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin 1982 mit einer Dissertation mit dem Titel Der Weg in die Stagnation – Eine empirische Studie zu Konjunkturentwicklung und Konjunkturpolitik in der Bundesrepublik von 1967 bis 1982 promovierte, danach im Präsidialamt der Universität als Referent tätige, 1987 als geschäftsführender Projektleiter in den Fachbereich politische Wissenschaft wechselnde und 1994 habilitierte Verfasser gründete bereits 1992 mit Manfred Wilke, Manfred Görtemaker, Bernd Rabehl und Siegward Lönnendonker einen eigenen Forschungsverbund SED-Staat, der sich vor allem mit Hilfe von Drittmitteln mit der Geschichte der Teilung Deutschlands und der Herstellung der deutschen Einheit befasst. 1998 konnte er auf dieser Grundlage die erste Auflage des vorliegenden Werkes im Umfang von 782 Seiten veröffentlichen, die nunmehr wiederum mit Unterstützung des Forschungsverbunds in erheblich erweitertem Umfang erscheint.
Diese erste, durch Bilder veranschaulichte Gesamtdarstellung fand in ihrer neuen Form umgehend |
|
Schultz, Helga, Europäischer Sozialismus – immer anders. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2014. XI, 554 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schultz, Helga, Europäischer Sozialismus – immer anders. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2014. XI, 554 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Sozialismus ist die im 19. Jahrhundert theoretisch ausgebildete Gesellschaftslehre, die sich statt am individuellen Wohl des Einzelnen am Gesamtwohl der Allgemeinheit ausrichtet. Ermöglicht und zugleich verursacht wurde diese Vorstellung wohl durch den die allgemeine Freiheit bewirkenden Liberalismus. Mit ihm wurden einerseits die früheren ständischen Bindungen und Sicherungen beseitigt und andererseits neue wirtschaftliche Unterscheidungen und Unsicherheiten begründet, denen sich das vorliegende Werk an Hand ausgewählter Vertreter beschreibend und ergründend zuwendet.
Seine in Schwerin 1941 geborene Verfasserin studierte in Rostock ab 1960 Geschichte, Germanistik und Pädagogik und wurde nach Staatsexamen und Diplom 1965 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität. Nach ihrer Dissertation über die Krise der feudalen Ratsverfassung in Rostock zwischen 1748 und 1788 (1969) und etwa gleichzeitig mit ihrer Habilitation (Dissertation B) über das Landhandwerk in der Epoche des Übergangs (vom Feudalismus) zum Kapitalismus wurde sie 1977 Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin für den Bereich Feudalismus und im Jahre 1986 zur Professorin ernannt. Nach Beendigung der Arbeit für die Akademie (1991) wurde sie 1993 für Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte an die Universität in Frankfurt an der Oder berufen, an der sie 2006 emeritiert wurde.
Gegliedert ist das auch für die Enkelgeneration gedachte, mit Porträtzeichnungen der eigenen Enkel ausgestattete Werk, das Geschichten von Gelehrten und Eiferern, Missionaren und Märtyrern, Rebellen und Tribunen sowie von Abtrünnigen und Unbeugsamen erzählen will, außer in eine Einleitung über Sozialisten und Konservative, Theorien und Ideologien, Sozialisten und Arbeiter sowie Bewegun |
|
Schwab, Brent, Arbeitnehmererfinderrecht, 3. Aufl. Nomos, Baden-Baden2014. S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urheberrecht, hg. v. Wandtke, Artur Axel. De Gruyter, Berlin 2014. S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Schwab, Brent, Arbeitnehmererfinderrecht, 3. Aufl. Nomos, Baden-Baden2014. S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Die Rechtsgeschichte wird in den urheberrechtlichen Werken meist eher etwas kursorisch bearbeitet. Umso erfreulicher ist es, wenn sie in solchen auftaucht, in denen man es nicht unbedingt erwartet. Brent Schwabs Kommentar zum Arbeitnehmererfinderrecht skizziert die Entwicklungsgeschichte: bis zum Jahre 1942 herrscht Vertragsfreiheit, alsdann finden sich angemessene Vergütungen auf dem Verordnungswege, seit 1957 gilt das ArbNErfG. Rcchtsvergleichend herrschte schon immer große Zersplitterung, mit und ohne Richterrecht, in Deutschland bleibt das Gesetzesrecht seit 1957 fast unverändert bis zur Reform von 2009 (S. 34-40). Für historische Rückgriffe auf frühere Jahrhunderte, in denen der Erfinderschutz sich frühzeitig entwickelte, sind Kommentare des geltenden Rechts ohnehin nicht der richtige Ort. Der abhängige Erfinder fand geringen Rechtsschutz. Das Beispiel des zur Wahrung der Erfindungsgeheimnisse eingesperrten Porzellanerfinders zeigt das aufs Anschaulichste..
Das von Artur Wandtke edierte und mitverfasste Lehrbuch in neuer Auflage widmet der Geschichte des Urheberrechts einen ausführlichen Abschnitt: Von den rudimentären Anfängen in der Antike über das Mittelalter bis zur Gegenwart. Die deutsche Urheberrechtsgesetzgebung seit dem Privilegienzeitalter wird ebenso einbezogen wie die Entwicklung der Dogmatik vor allem seit der rechtsphilosophischen Grundlegung durch Fichte, Schopenhauer und Hegel. Dabei wird auch den besonderen Linien des droit moral Rechnung getragen. Das geschieht jeweils unter Einbeziehung der ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen. Der Leser wird zugleich mit wesentlichen historischen Voraussetzungen vertraut gemacht.
Die rapide Entwicklung des nationalen und in |
|
Schwartz, Michael, Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 95). Oldenbourg, München 2013. X, 697 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwartz, Michael, Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 95). Oldenbourg, München 2013. X, 697 S. Besprochen von Werner Schubert.
Bisher lag keine Gesamtdarstellung der ethnischen „Säuberungen“ in den letzten zwei Jahrhunderten aus „globalgeschichtlicher Perspektive“ (S. 19) vor, so dass das Werk von Michael Schwartz über diese Thematik sehr zu begrüßen ist. In der Einleitung: „Ethnische ,Säuberungen‘ und unsere moderne Welt“ (S. 1-24) geht Schwartz zunächst dem Begriff der ethnischen „Säuberung“ nach, der von einer Expertenkommission der Vereinten Nationen 1992 definiert wurde als „vorsätzliche Politik, die von einer ethnischen und religiösen Gruppe verfolgt wird, um die Zivilbevölkerung einer anderen ethnischen oder religiösen Gruppe durch gewaltsame und terroristische Mittel aus bestimmten geografischen Gebieten zu entfernen“ (S. 1). Ethnische „Säuberung“ ist nicht „ohne weiteres mit Genozid gleichzusetzen“, der eine Vernichtungsabsicht (Vorsatz) voraussetzt (S. 2). Eine Grauzone zwischen Vertreibung und Völkermord liegt vor, wenn die Genozidopfer „nicht durch unmittelbar tödliche Gewalt, sondern an Hunger oder Krankheiten“ sterben (S. 2). Die Konzepte von „Nationen, Nationalismus, Nationalstaat, Gleichheit, Homogenität, wissenschaftlicher Planung zur Gesellschaftsveränderung“ ebenso wie das „Politikkonzept ethnischer ,Säuberung‘“ sind nach Schwartz Bestandteile des „Denkstils unserer Moderne“ (S. 6), die ein „Konzept rationaler Planung und Steuerung“ (S. 12f.) voraussetzt. In den beiden weiteren Abschnitten der Einleitung geht es um „Zeiten und Räume“ und um „frühe Lernorte und globale Wechselwirkungen“ (S. 16ff., 20ff.).
Die Hauptabschnitte II-VII sind nicht ausschließlich chronologisch angeordnet. Der Darstellung: „Dammbruch: ethnische ,Säuberungen‘ und Erster Weltkrieg“ (S |
|
Schwartz, Michael, Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 95). Oldenbourg, München 2013. X, 697 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwartz, Michael, Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 95). Oldenbourg, München 2013. X, 697 S. Besprochen von Werner Schubert.
Bisher lag keine Gesamtdarstellung der ethnischen „Säuberungen“ in den letzten zwei Jahrhunderten aus „globalgeschichtlicher Perspektive“ (S. 19) vor, so dass das Werk von Michael Schwartz über diese Thematik sehr zu begrüßen ist. In der Einleitung: „Ethnische ,Säuberungen‘ und unsere moderne Welt“ (S. 1-24) geht Schwartz zunächst dem Begriff der ethnischen „Säuberung“ nach, der von einer Expertenkommission der Vereinten Nationen 1992 definiert wurde als „vorsätzliche Politik, die von einer ethnischen und religiösen Gruppe verfolgt wird, um die Zivilbevölkerung einer anderen ethnischen oder religiösen Gruppe durch gewaltsame und terroristische Mittel aus bestimmten geografischen Gebieten zu entfernen“ (S. 1). Ethnische „Säuberung“ ist nicht „ohne weiteres mit Genozid gleichzusetzen“, der eine Vernichtungsabsicht (Vorsatz) voraussetzt (S. 2). Eine Grauzone zwischen Vertreibung und Völkermord liegt vor, wenn die Genozidopfer „nicht durch unmittelbar tödliche Gewalt, sondern an Hunger oder Krankheiten“ sterben (S. 2). Die Konzepte von „Nationen, Nationalismus, Nationalstaat, Gleichheit, Homogenität, wissenschaftlicher Planung zur Gesellschaftsveränderung“ ebenso wie das „Politikkonzept ethnischer ,Säuberung‘“ sind nach Schwartz Bestandteile des „Denkstils unserer Moderne“ (S. 6), die ein „Konzept rationaler Planung und Steuerung“ (S. 12f.) voraussetzt. In den beiden weiteren Abschnitten der Einleitung geht es um „Zeiten und Räume“ und um „frühe Lernorte und globale Wechselwirkungen“ (S. 16ff., 20ff.).
Die Hauptabschnitte II-VII sind nicht ausschließlich chronologisch angeordnet. Der Darstellung: „Dammbruch: ethnische ,Säuberungen‘ und Erster Weltkrieg“ (S |
|
Schwarz, Birgit, Auf Befehl des Führers. Hitler und der NS-Kunstraub. Theiss, Darmstadt 2014. 320 S Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwarz, Birgit, Auf Befehl des Führers. Hitler und der NS-Kunstraub. Theiss, Darmstadt 2014. 320 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Seit gut einem Jahrzehnt publiziert die Wiener Kunsthistorikerin Birgit Schwarz zu Adolf Hitlers Kunstsammlungen und zu dessen Linzer Museumsprojekt. Im Zuge ihrer Forschungen hat sie dabei manche aus der älteren Literatur herrührende Annahmen betreffend Hitlers Sachverstand auf künstlerischem Gebiet und seine Museumsplanungen, durch akribische Quellenarbeit korrigiert.
Der hier zur Besprechung anstehende Band unterstreicht Hitlers zentrale Rolle im Kontext der unter dem Begriff des NS-Kunstraubs erfassten, maßgeblich vom verfolgungsbedingten Entzug gespeisten Akkumulation und Aneignung von Kunstwerken und Kulturgütern aus öffentlichen wie privaten, sehr oft jüdischen inländischen und ausländischen Sammlungen zum Zweck der Beteilung und Ausstattung ausgewählter Museen im Reichsgebiet. Mit Hans Posse, dem Direktor der Gemäldegalerie Dresden, berief der Diktator einen ausgewiesenen Experten als Mann seines Vertrauens zum Leiter des sogenannten „Sonderauftrags Linz“; ihm als dem Hitler „unmittelbar untergeordnete(n) Sachbearbeiter für alle Kunstfragen“ (S. 259) oblag somit ab Juli 1939 bis zu seinem Tod im Dezember 1942 (dann folgte ihm Hermann Voss nach) die Beschaffung, die Auswahl, die wissenschaftliche Dokumentation und die Organisation der Lagerung dieser qualitativ oft höchstwertigen Objekte in eigens hierfür bestimmten Depots. Posses Einfluss als „Hitlers Dämon, der seinen Auftraggeber antrieb und den Kunstraub radikalisierte“, sei dabei „erkennbar über das Operative hinaus[gegangen]“ (S. 9).
Es erscheint nur folgerichtig, dass Hitler, der beispielweise mittels des Rechtsinstituts des außerordentlichen Einspruchs als des Reiches oberster Gerichtsherr jederzeit rechtskräftige Urteile in Strafsachen auszuhebeln vermochte, sich auch auf kulturpolitischem Gebiet als oberster Kunstmäzen |
|
Schwarzmeier, Leonie, Der NS-verfolgungsbedingte Entzug von Kunstwerken und deren Restitution (= Rechtsgeschichtliche Studien 67). Kovač, Hamburg, 2014. 518 S., zugleich Diss. jur. Regensburg 2012. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwarzmeier, Leonie, Der NS-verfolgungsbedingte Entzug von Kunstwerken und deren Restitution (= Rechtsgeschichtliche Studien 67). Kovač, Hamburg, 2014. 518 S., zugleich Diss. jur. Regensburg 2012. Besprochen von Werner Augustinovic.
Die systematische Eliminierung des als jüdisch definierten Bevölkerungselements im nationalsozialistischen Staat eröffnete den Machthabern in unterschiedlicher Art auch den Zugriff.auf beträchtliche Vermögenswerte der Verfolgten. Unfreiwillige Abtretungen, die unter den genannten Bedingungen vonstatten gingen, werden gemeinhin unter dem weit gefassten Begriff des NS-verfolgungsbedingten Entzuges zusammengefasst. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellt sich damit insbesondere die Frage, in welcher rechtlichen Form auf dem Hintergrund mittlerweile oft verworrener Besitz- und Eigentumsverhältnisse der moralischen Pflicht zur Befriedigung der Geschädigten genügt werden kann. Speziell die Frage der Rückstellung im öffentlichen Besitz befindlicher, sogenannter Raubkunst hat durch spektakuläre Fälle, wie den durch den Schiedsspruch vom 17. Januar 2006 entschiedenen Rechtsstreit zwischen der Republik Österreich und den Erben nach Adele und Ferdinand Bloch-Bauer um die Herausgabe von fünf Gemälden Gustav Klimts (allein das wertvollste, „Adele Bloch-Bauer I“, die „Goldene Adele“, sollte später um die geschätzte Summe von 135 Millionen Dollar versteigert werden), in den Medien und der breiten Öffentlichkeit für kontroverse Diskussionen gesorgt. Das Spektrum der Reaktionen reicht vom Beifall zur längst fälligen Wiedergutmachung einstigen Unrechts bis hin zur scharfen Kritik an der angeblich rechtswidrigen Verschleuderung öffentlichen Gutes. Anzumerken ist, dass „weder in Österreich noch in Deutschland spezielle Restitutionsregelungen (existieren), die Ansprüche auf Herausgabe gegenüber Privatpersonen begründen“ (S. 263f.).
Der Umstand, dass gerade für die entscheidenden rechtlichen Implikationen dieser Pro |
|
Shapo, Marshall S., An Injury Law Constitution. Oxford University Press. Oxford 2012. XXI, 284 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Shapo, Marshall S., An Injury Law Constitution. Oxford University Press. Oxford 2012. XXI, 284 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit der Mensch nicht mehr allein war, konnte er den zweiten Menschen verletzen. Diesem blieben dagegen unterschiedliche Verhaltensweisen möglich, zu denen vor der Entstehung des Rechtes das Recht nicht zählen konnte. Seit dessen Erfindung oder Anerkennung haben sich aber auch Rechtsfolgen der Verletzung gebildet.
Mit den damit zusammenhängenden Themen beschäftigt sich der 1936 geborene Verfasser seit langem. Nach seiner in das Internet gestellten Vita ist er literarisch anscheinend erstmals 1958 als copy editor and background writer der Miami News hervorgetreten. Danach hat er 1960 als instructor in history an der University of Miami, seit 1965 (zunächst als Assistant) Professor an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der University of Texas, von 1970 bis 1978 an der University of Virginia und seit 1978 an der Northwestern University in Chicago gewirkt.
Am Ende sechsundvierzigjähriger Forschungstätigkeit zieht er eine in elf Kapitel gegliederte Bilanz, die von einer Injury Law Constitution bis zu dem Verhältnis des Supreme Court zum Recht der Verletzungen reicht. Darin ermittelt er als grundlegende Elemente einer practical constitution of injury law of the United States overall principles wie die Menschenwürde, Interessen und Rechte, Verletzungen, Urteiler und Urteile. Im Ergebnis ist er davon überzeugt, dass die von ihm vorgeschlagene injury law constitution die Gerechtigkeit näher bringen kann, weswegen die Beschränkung auf die Vereinigten Staaten von Amerika auch wohl besser durch eine weltweite Geltung ersetzt werden sollte.
Innsbruck Gerhard Köbler.
|
|
Siegl, Gerhard, Bergbauern im Nationalsozialismus. Die Berglandwirtschaft zwischen Agrarideologie und Kriegswirtschaft (= Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 28). StudienVerlag, Innsbruck 2013. 339 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Siegl, Gerhard, Bergbauern im Nationalsozialismus. Die Berglandwirtschaft zwischen Agrarideologie und Kriegswirtschaft (= Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 28). StudienVerlag, Innsbruck 2013. 339 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei verstand sich dem Namen nach als eine Partei der Arbeiter und nicht eigentlich der Bauern. Auf der Suche nach Wählern waren aber auch die Bauern höchst willkommen, weil sie mit den bloßen Händen wirkten, obgleich sie eigentlich selbständige, wenn auch meist ziemlich kleine Unternehmen betrieben. Unter dem Schlagwort von Blut und Boden gelangten sie aber dennoch schließlich in den Mittelpunkt nationalsozialistischen Parteiinteresses.
Die besondere Stellung der Bergbauern untersucht in diesem Zusammenhang die von Franz Mathis langjährig betreute, im Jahre 2011 an der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Innsbruck angenommene geschichtswissenschaftliche Dissertation des in Innsbruck 1975 geborenen, seit 2008 als Universitätsassistent am Institut für Geschichtswissenschaften und europäische Ethnologie wirkenden Verfassers. Sie gliedert sich nach einer die Einbettung der nationalsozialistisch beherrschten Zeit in die Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts und das Verhältnis von Nationalsozialismus und österreichischer Geschichtsschreibung behandelnden Einleitung in sechs Kapitel. Dabei untersucht der Verfasser nach einem Überblick über den bisherigen Forschungsstand die strukturellen Bedingungen der Landwirtschaft nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Österreich im März 1938 mit der Schaffung einer besonderen Berglandabteilung, die Vereinnahmung der Landwirtschaft durch die Ideologie von Blut und Boden, die Sozialversicherung und die Einführung neuer Sozialleistungen, die landwirtschaftliche Entschuldung in Deutschland und Österreich sowie den Gemeinschaftsaufbau im Bergland.
Im Ergebnis stellt er in s |
|
Simms, Brendan, Kampf um Vorherrschaft. Eine deutsche Geschichte Europas 1453 bis heute. Aus dem Englischen von Schmidt, Klaus-Dieter. Deutsche Verlagsanstalt, München 2014. 896 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Simms, Brendan, Kampf um Vorherrschaft. Eine deutsche Geschichte Europas 1453 bis heute. Aus dem Engl. von Schmidt, Klaus-Dieter. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014. 896 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Den Franzosen mit dem Stiefel in den sprichwörtlichen Allerwertesten, das russische Monstrum in die knollige Nase tretend und zugleich mit dem aufgepflanzten Bajonett pikend, dabei unterstützt von einem sich des serbischen Schweins und der montenegrinischen Laus (neben der irischen Bulldogge bezeichnender Weise die einzigen in animalischer Analogie dargestellten Länder) erwehrenden Österreich-Ungarn: So sieht die satirische Landkarte Walter Triers, die der Verlag für die Gestaltung des Schutzeinbandes herangezogen hat, das Deutsche Reich zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Das Bild steht programmatisch jedoch keineswegs allein für diesen engen Zeitraum.
Denn Brendan Simms, Professor für die Geschichte der internationalen Beziehungen an der Universität Cambridge, holt zeitlich weit aus. Seine Betrachtung umfasst die gesamte neuzeitliche Entwicklung Europas seit dem Fall Konstantinopels 1453 und zieht sich herauf bis in die unmittelbare, im Zeichen der Ukraine-Krise stehende Gegenwart. Nach einer Darstellung der Lage Europas um 1450 folgt in acht Kapiteln sein Streifzug durch die (nicht nur) europäische Geschichte der Neuzeit, chronologisch gegliedert und vom Verfasser in einem für die jeweilige Epoche für typisch angesehenen, herrschaftspolitisch akzentuierten Begriff konzentriert; so folgen den „Reiche(n)“ 1453 – 1648 die „Sukzessionen“ 1649 – 1755, die „Revolutionen“ 1756 – 1813, die „Emanzipationen“ 1814 – 1866, die „Vereinigungen“ 1867 – 1916, die „Utopien“ 1917 – 1944, die „Teilungen“ 1945 – 1973 und die „Demokratien“ 1974 – 2011, bevor der gebürtige Ire in seiner Schlussbetrachtung versucht, aus seinen Thesen Fragen zur künftigen Entwicklung Europas abzuleiten. Der Band – dies sei vorweggenommen – besticht vor allem du |
|
Simon, Karla W., Civil Society in China. The Legal Framework from Ancient Times to the „New Reform Era“. Oxford University Press, Oxford 2013. XLIII, 502 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Simon, Karla W., Civil Society in China. The Legal Framework from Ancient Times to the „New Reform Era“. Oxford University Press, Oxford 2013. XLIII, 502 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Aus europäischer Sicht stammen die ältesten Rechtstexte aus dem Zweistromland und ist die Jurisprudenz in Rom auf der Grundlage der Zwölftafelgesetze der Jahre 451/450 entstanden. Demgegenüber gilt das Recht in China trotz früher Zeugnisse als rückständig. In seinem Mittelpunkt steht die Bestrafung durch die Obrigkeit und ihre Organe, nicht der Anspruch des einen gegen den anderen.
Aus diesem Grund erweckt ein umfangreiches Werk über die rechtlichen Rahmenbedingen in China von den alten Zeiten bis zur Gegenwart unmittelbares Interesse auch außerhalb Chinas. Die Verfasserin legt es in einem stattlichen Umfang vor und erfüllt sich dadurch gegen Ende ihrer akademischen Karriere lang gehegte Träume. Sie ist bereits durch anderweitige Veröffentlichungen als besonders sachkundig erwiesen.
Gegliedert ist die gewichtige Untersuchung nach einer Einführung in insgesamt 15 Abschnitte. Sie beginnen mit der Darstellung der Bedeutung des Rechtes im kaiserlichen China (211 v. Chr.-1911 n. Chr.), an die sich ein Überblick an die Dynastien seit 221 v. Chr. anschließt, dem grundlegende Ausführungen über charity and associational life in der kaiserlichen und nachkaiserlichen Zeit folgen, wobei ziemlich rasch die Revolution und die Gegenwart Deng Xiaopings erreicht werden. Im Ergebnis gelingen der Verfasserin zahlreiche weiterführende Einsichten in die Bedeutung von charity, philanthropy and social organisations für die Gesellschaft Chinas, die durch wichtige Anhänge abgestützt, durch eine Bibliographie literarisch abgesichert und durch einen Index von accountability bis „zu“ (clans) abgesichert werden, wobei dem interessierten Leser am Ende seiner Studien noch zusätzlicher Raum für eigene Bemerkungen bleibt.
Innsbruck |
|
Šindelářová, Lenka, Finale der Vernichtung. Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/45. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2013. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Šindelářová, Lenka, Finale der Vernichtung. Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/45. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2013. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Innerhalb der nach dem ersten Weltkrieg von Tschechen und Slowaken gegründeten Tschechoslowakei entstanden wegen Ausrichtung des neuen Staates auf die tschechisch geprägte Hauptstadt Prag bereits früh Spannungen zwischen den beiden beteiligten Völkern. Als das Deutsche Reich unter Adolf Hitler 1938 mit Hilfe des Münchener Abkommens große Teile des tschechoslowakischen Staatsgebiets an sich zog, riefen deshalb slowakische Politiker einen unabhängigen slowakischen Nationalstaat aus. In seinem Rahmen arbeiteten viele uneingeschränkt mit dem Deutschen Reich zusammen, bis als Folge der drohenden Niederlage des Deutschen Reiches gegen die Alliierten nach deren Landung in der Normandie und dem Vorstoß der sowjetischen Truppen gegen die Heeresgruppe Mitte Teile der slowakischen Armee am Ende des Monats August einen Aufstand versuchten.
Im Zuge seiner Niederschlagung besetzte das Deutsche Reich die Slowakei, wobei auch die neu aufgestellte Einsatzgruppe H einrückte. Mit ihrer bisher vernachlässigten Geschichte befasst sich unter Verwendung umfangreichen Materials aus mehr als 30 Archiven und Instituten die sorgfältige, von Klaus-Michael Mallmann betreute, vom Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa durch ein dreijähriges Stipendium geförderte, in Stuttgart 2012 angenommene geschichtswissenschaftliche Dissertation der in Prag in Geschichte, Philosophie sowie deutschen und österreichischen Studien ausgebildeten Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Thema, Fragestellung, Aufbau, Forschungsstand und Quellenlage in vier zeitlich-sachlich geordnete Abschnitte über die Vorgeschichte, die Tätigkeit der Einsatzgruppe H, das Personal der Einsatzgruppe H und die Strafverfolgung der Handelnden nach 1945 in der |
|
Sonnenschein, Manuela, Entnazifizierung nationalsozialistischen Arbeitsrechts. Die Rechtsprechungstätigkeit nordrhein-westfälischer Arbeitsgerichte 1945-1949 (= Rechtskultur Wissenschaft 15). Gietl, Regensburg 2014. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sonnenschein, Manuela, Entnazifizierung nationalsozialistischen Arbeitsrechts. Die Rechtsprechungstätigkeit nordrhein-westfälischer Arbeitsgerichte 1945-1949 (= Rechtskultur Wissenschaft 15). Gietl, Regensburg 2014. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Während der zwölfjährigen Herrschaft der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei im Deutschen Reich zwischen 1933 und 1945 sollte auch das Recht von nationalsozialistischen Vorstellungen durchdrungen werden. Davon konnte das Arbeitsrecht nicht wirklich ausgespart bleiben. Folglich musste am Ende der nationalsozialistischen Herrschaft überprüft werden, welche Teile des Arbeitsrechts infolge nationalsozialistischer Politik rechtswidrig verändert waren und unter demokratischen Verhältnissen gereinigt werden mussten.
Einen Teilaspekt dieser Problematik untersucht die vorliegende von Martin Löhnig unterstützte und betreute, im Sommersemester 2014 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Regensburg angenommene Dissertation der Verfasserin, der auf den S. 123ff. umfangreiche Dokumente als Angang beigefügt sind. Gegliedert ist sie außer in Einleitung und Schlussbetrachtung in acht Sachkapitel. Sie betreffen das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit, Tarifordnungen, die allgemeine Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst, die Tarifordnung A für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst, das Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mütter, die Verordnung über die Beschränkung des Arbeitsplatzwechsels, die Verordnung zur Abänderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete des Arbeitsrechts und eine zusammenfassende Darstellung der Schritte der Entnazifizierung, wobei die Verfasserin grundsätzlich dem Regelungsinhalt eine statistische Auswertung und einen Vergleich mit übriger Rechtsprechung folgen lässt.
Auf Grund der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte Duisburg und Essen sowie des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf kann die V |
|
Sörgel, David, Die Implementation der Grundlagenfächer in der Juristenausbildung nach 1945 (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 80). Mohr (Siebeck), Tübingen 2014. XIV, 322 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sörgel, David, Die Implementation der Grundlagenfächer in der Juristenausbildung nach 1945 (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 80). Mohr (Siebeck), Tübingen 2014. XIV, 322 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Ausbildung der ersten Juristen im 12. Jahrhundert beginnt wenig differenziert mit den vorgefundenen Rechtsquellen, die vorgelesen und dabei an einzelnen schwer verständlichen Stellen auslegend erklärt werden. Seitdem ist weltweit eine durchgehende Vertiefung und als deren Folge eine Differenzierung in zahlreiche Einzelfächer eingetreten. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Grundlagenfächer ausgebildet, die vor allem theoretisch von entscheidender Bedeutung sein können, deren Bedeutung für die praktische Tätigkeit des modernen Juristen aber von vielen Seiten zumindest nichtöffentlich durchaus bezweifelt wird.
In diesem Rahmen ist die im Bereich der rechtswissenschaftlichen Grundlagenfächer geschaffene, von Joachim Rückert angeregte und betreute, im Sommersemester 2012 mit dem Literaturstand des Jahres 2010 von der juristischen Fakultät seiner Heimatuniversität als Dissertation angenommene Untersuchung des 1978 geborenen, an der Universität Frankfurt am Main ausgebildeten und seit 2010 als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Fachbereich Wirtschaft & Recht der Fachhochschule Frankfurt am Main tätigen Verfassers besonders interessant. Sie gliedert sich nach einem kurzen Vorwort und einem Verzeichnis der verwendeten Diagramme und Tabellen in insgesamt fünf Kapitel. Sie betreffen Einleitung und Forschungsansatz (Begriff und Umfang der Grundlagenfächer, Form und Rahmen der Juristenausbildung, Forschungsstand, Quellenlage, Struktur der Juristenausbildung und Akteure in der Ausbildungsreform), die Implementation der Grundlagenfächer in die Ausbildungsgesetze und Prüfungsordnungen von 1934 bis 2002, die Implementation ab 1935 an den ausgewählten Universitäten Kiel, Tübingen, FU Berlin, Göttingen, Frankfur |
|
Spillane, Joseph F./Wolcott, David P., A History of Modern American Criminal Justice. Sage, Los Angeles 2012. XI, 343 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Spillane, Joseph F./Wolcott, David P., A History of Modern American Criminal Justice. Sage, Los Angeles 2012. XI, 343 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die bisherige Geschichte hat gezeigt, dass es den Menschen insgesamt nicht gelingt, ihr Leben ohne Verletzung von Mitmenschen auszuführen. Deswegen hat der Mensch seit Jahrtausenden nach möglichen Verhaltensweisen zur Vermeidung wie zur Verfolgung von Verletzungen gesucht. Für diese Suche ist auch nach Ansicht der beiden erfahrenen Verfasser das geschichtliche Wissen um Straftaten und Strafen von besonderer Bedeutung.
Aus diesem Grunde versuchen sie, für die Studierenden die Ausbildungsliteratur in der Strafrechtsgeschichte zu verbessern. Von ihnen ist der 1994 an der Carnegie Mellon University in Geschichte ausgebildete Joseph F. Spillane als Associate Professor of History and Criminology an der University of Florida tätig, der ebenfalls in Geschichte an der Carnegie Mellon University promovierte David B. Wolcott Assessment Director with Educational Testing Service in Princeton, N. J. Gemeinsam bemühen sie sich, das Interesse möglicher Leser vor allem dadurch zu erwecken und zu erhalten, dass sie nicht streng chronologisch vorgehen, sondern nach Sacheinheiten, die aber letztlich doch einer chronologischen Entwicklung entsprechen.
Gegliedert ist der mit kleinen Abbildungen und Graphiken versehene, auf dem Umschlag mit einer Seufzerbrücke zwischen einem Gericht und einem Gefängnis vor dem Hintergrund moderner Hochhäuser geschmückte Band in zehn Abschnitte, die nach einer Einführung mit der Zeit zwischen 1830 und 1920 (Challenge of Policing) beginnen und über Progressivismus (1890-1920 bzw. 1930), dunkle Tage im Süden, Professionalismus (1920-1960) Liberalismus (1930-1970) und die Politik von Law und Order (1960-2000) bis zur Gegenwart führen und mit einer Einbindung der amerikanischen Strafrechtsgeschichte in die weltweite Gesamtentwicklung (zwischen 1800 und 2000) enden. |
|
Sprache und Recht, Kolumnen aus der österreichischen Juristenzeitung, hg. v. der Redaktion der österreichischen Juristen-Zeitung österreichischen Juristenzeitung. Manz, Wien 2014. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sprache und Recht, Kolumnen aus der österreichischen Juristenzeitung, hg. v. der Redaktion der österreichischen Juristen-Zeitung österreichischen Juristenzeitung. Manz, Wien 2014. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Sprache und Recht sind zwei besondere Kennzeichen des Menschen, die er wohl erst im Laufe seiner Höherentwicklung errungen hat, die sich aber inzwischen weltweit durchgesetzt haben, selbst wenn sie im Einzelfall immer wieder auch verletzt werden. Nach dem bisherigen Wissensstand ist dabei die Sprache älter als das Recht und das Recht jedenfalls grundsätzlich auf die Sprache angewiesen. Menschliches Denken erfolgt in differenzierten Einzelgestaltungen, hinter denen noch immer im Wesentlichen unbekannte physikalische oder chemische Abläufe stehen, ohne die auch die Richtigkeit des Verhaltens nicht bestmöglich gesteuert werden kann.
Mit diesen Gegebenheiten in einem weitesten Sinn hat sich nach dem Vorwort der Herausgeber neben zahlreichen Vorgängern im Jahre 1985 auch Walter Barfuß dadurch befasst, dass er unter dem gleichen Titel eine Sammlung von Aufsätzen und Vorträgen des 1984 verunglückten Rechtsanwalts Fritz Schönherr edierte, der unermüdlich für ein einfaches, verständliches und richtiges Deutsch in advokatorischer Praxis, Rechtsprechung, Verwaltung und Gesetzgebung eingetreten war. Trotz der dadurch bewirkten Hebung des Sprachbewusstseins in Juristenkreisen ist freilich die grundsätzliche Problematik noch nicht beseitigt worden. Deswegen hat die österreichische Juristenzeitung seit Jahren eine gleichnamige Rubrik für entsprechende Beiträge eingerichtet und stellt der vorliegende, elegant gestaltete Band die seit Heft 19/2010 dort in unregelmäßiger Abfolge abgedruckten Glossen in chronologischer Reihung zusammen mit 22 demnächst erscheinenden Ausführungen der Allgemeinheit zwecks reflexiver Belehrung wie amüsanter Unterhaltung zur Verfügung.
Dies beginnt nach einer Einleitung über Deutsch-Jurist und |
|
Staatlichkeit in Rom?. Diskurse und Praxis (in) der römischen Republik, hg. v. Lundgreen, Christoph (= Staatsdiskurse 28). Steiner, Stuttgart 2014. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Staatlichkeit in Rom?. Diskurse und Praxis (in) der römischen Republik, hg. v. Lundgreen, Christoph (= Staatsdiskurse 28). Steiner, Stuttgart 2014. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Bezeichnung Staat (, die in der Gegenwart für die auf Dauer berechnete Zusammenfassung einer Anzahl von Menschen auf einem bestimmten Teil der Erdoberfläche unter Regelung aller für deren gemeinschaftliches Leben notwendigen Belange durch einen innerhalb der Gemeinschaft obersten Willensträger, falls sich die von diesem Willensträger aufgestellte Ordnung tatsächlich durchgesetzt hat, verwendet wird,) erscheint nach einem mittelniederdeutschen Wort des 14. Jahrhunderts für Lage, Stand, Stellung im 15. Jahrhundert als Lehnwort zu lateinisch status, Stand. Das letztlich von dem lateinischen Verb stare, stehen, abgeleitete Wort übernimmt eine Bedeutung Staat aus französisch état, wobei Staat für lat. res publica nicht vor der Mitte des 17. Jahrhunderts steht und der moderne Staatsbegriff erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts gebildet wird. Von daher lässt sich die in den Titel aufgenommene Frage bestens verstehen.
Der 1980 geborene Herausgeber des damit befassten Sammelbands wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft, Literaturwissenschaft und Geschichtswissenschaft in Berlin und London 2009 in Dresden und Paris mit einer Dissertation über Regelkonflikte in der römischen Republik promoviert, in der er für Konfliktfälle bei Wahlen, Vergabe von Provinzen oder Bewilligung von Triumphzügen von einem Zusammenwirken von festen Regeln und weichen Grundsätzen ausgeht. Dem folgte ein von ihm als wissenschaftlichem Assistenten am Lehrstzhl für alte Geschichte der Technischen Universität Dresden mitbetreuter Sammelband über Gemeinsinn und Gemeinwohl in der römischen Antike. Das vorliegende Werk umfasst nach einer kurzen Einleitung und einer Einführung in die Thematik insgesamt neun Beiträge, die in drei Abteilungen gegliedert sind.
Als Träger v |
|
Staats- und Verfassungskrise 1933, hg. v. Parlamentsdirektion, bearb. v. Blümel, B./Felber, Ulrike. Böhlau, Wien 2014. 230 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Staats- und Verfassungskrise 1933, hg. v. Parlamentsdirektion, bearb. v. Blümel, B./Felber, Ulrike. Böhlau, Wien 2014. 230 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Übergang von der zumindest äußerlich glänzenden Monarchie zur ärmlich erscheinenden Monarchie am Ende des ersten Weltkriegs traf auch die Österreicher einigermaßen überraschend. Aus diesem Grunde identifizierten sich große Gruppen der Staatsbürger nicht mit ihrer Staatsführung. Dies führte im Jahre 1933, in dem der gebürtige Österreicher Adolf Hitler im Deutschen Reich mit der Stellung als Reichskanzler beauftragt worden war, auch in Österreich zu einer politischen Krise.
Die derzeitige Parlamentsdirektion der an die frühere Krisenzeit 1945 anschließenden zweiten Republik hat dies achtzig Jahre danach zum Anlass für eine wissenschaftliche Aufarbeitung der damaligen Vorgänge in einem eigenen Symposium vorwiegend aus heimischer Sicht genommen. Der daraus erwachsene Sammelband stellt die in diesem Zusammenhang entstandenen Untersuchungen unter einem Vorwort Susanne Janistyn-Nováks der Allgemeinheit im Druck zur Verfügung. Gegliedert sind die Studien in zwei Gruppen über Demokratiekrise und Staatsentwürfe sowie über wirtschafts- und europapolitische Verortung und Ereignisse.
In diesem Rahmen führt Ilse Reiter-Zatloukal umsichtig in Demokratisierungskonzepte und Parlamentarismus bzw. Antiparlamentarismus in Österreich zwischen 1918 und 1933/1934 ein, während Helmut Wohnout die Schritte auf dem Weg zur Diktatur unter dem Einfluss der deutschen und italienischen Österreichpolitik schildert und Ewald Wiederin die Rechtsstaatskonzeption der Verfassung des Jahres 1934 erörtert. Clemens Jabloner verfolgt mit der Frage nach wenigstens formaler Kontinuität die gescheiterten Bemühungen nach dem 4. März 1933 und Anton Pelinka kommentiert das Spannungsverhältnis von Demokratiekrise und Staatsentwürfen. Zusammen mit der anschließenden Verortung der Ereignisse in Wirtschaft, Folge |
|
Staats- und Verfassungskrise 1933. Protokolle aus Nationalrat und Bundesrat, hg. v. Parlamentsdirektion, red. v. Blümel, Barbara/Felber, Ulrike/Krycha-Weilinger, Ute. Parlamentsdirektion, Wien 2014. 144 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Staats- und Verfassungskrise 1933. Protokolle aus Nationalrat und Bundesrat, hg. v. Parlamentsdirektion, red. v. Blümel, Barbara/Felber, Ulrike/Krycha-Weilinger, Ute. Parlamentsdirektion, Wien 2014. 144 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Kaum etwas kann für den Menschen spannender und vielfältiger sein als das Zusammenleben mit seinen Artgenossen, die auf Grund ihrer Verstandeskraft beständig neue Einfälle mit kaum vorhersehbarem Ergebnis hervorbringen können. Ein bekanntes politisches Beispiel hierfür bietet der 4. März 1933, an dem im Parlament Österreichs die drei Präsidenten aus taktischen Erwägungen zurücktraten. Kaltblütig nutzte der Bundeskanzler diese Krise, um den Nationalrat tatsächlich aus der Staatsorganisation auszuschalten und in der Folge den effektiv parlamentslosen Staat autoritär zu beherrschen.
Das politische Geschehen dieser Tage ist zum 80. Jahrestag dieser Ereignisse kürzlich im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums neu betrachtet und erörtert worden. Dem interessanten Tagungsband ist ein aufschlussreicher Band mit Dokumenten zur Seite gestellt worden Er enthält insgesamt je drei Protokolle von Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats sowie ein Protokoll des Hauptausschusses des Nationalrats.
Eröffnet wird die hilfreiche Zusammenstellung mit der 125. Sitzung des Nationalrats vom Samstag, 4. März 1933. Das Protokoll des Hauptausschusses betrifft den 7. März 1933 die übrigen Protokolle Sitzungen vom 17. März, 21. März 1933 und 4. April1933 sowie vom 30. April 1933. Auf S. 45 lässt sich nun handlich nachlesen, auf Grund welcher Geschehnisse mit welchen Worten Präsident Dr. Renner, Präsident Dr. Ramek und Präsident Dr. Straffner ihre Stellen nacheinander niederlegten und was sich in der Folge im Parlament daraus an Diskussionen ergab, wobei angehängte biographische Daten zu den jeweiligen Debattenrednern im Nationalrat und im Bundesrat mit Lichtbildern Josef Aigners, Karl Bureschs, Hubert Dewat |
|
Stachelbeck, Christian, Deutschlands Heer und Marine im ersten Weltkrieg (= Beiträge zur Militärgeschichte - Militärgeschichte kompakt Band 5). Oldenbourg, München 2013. 224 S., 18 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stachelbeck, Christian, Deutschlands Heer und Marine im ersten Weltkrieg (= Beiträge zur Militärgeschichte - Militärgeschichte kompakt Band 5). Oldenbourg, München 2013. 224 S., 18 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Für die Verlierer des ersten Weltkriegs bedeutete die Niederlage eine nationale Katastrophe im Ringen um einen Spitzenplatz in der Weltgeschichte. Von daher ist es naheliegend, dass eine Untersuchung über Deutschlands Heer und Marine im ersten Weltkrieg auch das Interesse ausgewiesener Sachkenner der Rechtsgeschichte erweckt. Da der Verlag einem interessierten Rezensenten leider kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber mit einigen Zeilen auf das informative Werk hinweisen.
Sein in Münster 1967 geborener Verfasser trat 1987 in die Bundeswehr ein und begann nach der erfolgreicher Ausbildung zum Offizier 1993 ein Studium der Geschichtswissenschaft, Erziehungswissenschaft und Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Nach dessen Abschluss und praktischen Tätigkeiten im Truppendienst wurde er 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Im Jahre 2009 wurde er mit einer Dissertation über militärische Effektivität im ersten Weltkrieg am Beispiel der 11. bayerischen Infanteriedivision an der Humboldt-Universität in Berlin promoviert.
Sein nahen Verwandten gewidmetes Werk gliedert sich insgesamt in fünf Abschnitte, die den Forschungsstand einschließlich der diffizilen Quellenlage, das militärische Denken in den drei zeitlichen Abschnitten des rasch gescheiterten Schlieffen-Moltke-Plans, der Ära Falkenberg und der Ära Hindenburg/Ludendorff sowie der besonderen Seekriegführung und Kolonialkriegführung, die Strukturen des „obersten Kriegsherren“, des Heeres, der Marine und der Reichstruppen in den Schutzgebieten und Kolonien, die Rüstung, sowie den Alltag mit Erfahrungen und Motivationen |
|
Stamm, Volker, Grundbesitz in einer spätmittelalterlichen Marktgemeinde. Land und Leute in Gries bei Bozen (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 222). Steiner, Stuttgart 2013. 135 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stamm, Volker, Grundbesitz in einer spätmittelalterlichen Marktgemeinde. Land und Leute in Gries bei Bozen (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 222). Steiner, Stuttgart 2012. 135 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nur wenige Schritte, so beginnt der Verfasser seine kurze Vorbemerkung, führen aus der geschäftigen, geschäftstüchtigen Altstadt Bozens heraus und hin zur Talfer, dann über die Talferbrücke, vorbei an dem anmaßenden Siegesdenkmal aus faschistischer Zeit, dessen lateinische Inschrift verkündet, dass hier die Grenze der Zivilisation verlaufe, durch die monumentale Freiheitsstraße bis zu der anderen Welt des dörflichen Ambiente des Grieser Platzes am Kloster Muri-Gries. Mit ihr vor allem befasst sich die im Übrigen nicht konkreter eingeordnete schlanke Untersuchung des Verfassers. Sie zeigt als kritisches Ergebnis sorgfältiger Quellenstudien, dass sich diese dörfliche Welt bereits früh wirtschaftlichen Veränderungen aufgeschlossen zu haben scheint.
Gegliedert ist das interessante Werk nach einer Einleitung über die Fragwürdigkeit der Grundherrschaft im ausgehenden Mittelalter in drei Teile, die mit der Marktgemeinde Gries, dem Urbarbesitz des Heilig-Geist-Spitals von Bozen (von 1420 mit mehr als 80 Bezugsrechten in Gries im Wertee von etwa 180 Mark), dem Urbarbesitz der Marienpfarrkirche Bozen und der Pfarrkirche Gries beginnen. Es folgen im zweiten Teil Grundeigentum und Rechte der Landesherrschaft Tirol, die Bistümer Brixen und Trient, die Klöster Neustift bei Brixen und Stams und bayerischer Kirchenbesitz (Freisings und Schäftlarns) im Bozner Raum. Den Beschluss bilden bürgerliche Urbare und ein Blick über die Urbare hinaus.
Im Ergebnis erkennt der Verfasser ansprechend eine Weiterentwicklung eines älteren Modells, die vom städtischen Erwerbsleben und von dessen Rationalität geprägt ist. Ihr geht es weniger um Herrschaft über andere und mehr um Möglichkeiten, Geld durch Anlage z |
|
Stauber, Reinhard, Der Wiener Kongress. Böhlau/UTB, Wien 2014. 285 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stauber, Reinhard, Der Wiener Kongress. Böhlau/UTB, Wien 2014. 285 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Trotz aller geschichtlichen Erfahrung finden sich immer wieder Menschen, die an die Möglichkeit der Herrschaft über den Rest ihrer Welt glauben. Zu ihnen zählte auch Napoleon Bonaparte, der seine Hegemonie über Europa für möglich hielt, aber an der Überspannung seiner Kräfte scheiterte. Danach hatten die endlichen Sieger die Chance zu einer Neugestaltung, die sie vor 200 Jahren ergriffen.
Die zweihundertste Wiederkehr dieses Ereignisses ist von unterschiedlichen Seiten publizistisch aufgegriffen worden. Der in Regensburg 1960 geborene, in Geschichte und Politikwissenschaft in München ausgebildete, als wissenschaftlicher Assistent am örtlichen Institut für neuere Geschichte 1990 mit einer Dissertation über Herzog Georg von Bayern-Landshut und seine Reichspolitik promovierte, 1998 mit einer Schrift über den Zentralstaat an seinen Grenzen (Administrative Integration, Herrschaftswechsel und politische Kultur im südlichen Alpenraum) habilitierte und 2003 für neuere und österreichische Geschichte an der Universität Klagenfurt berufene Verfasser verwendet dafür das handliche Taschenbuch. Er gliedert seine kompakte Darstellung nach einer Einleitung über Schlüsselbegriffe zur „Wiener Ordnung“ (Restauration, Legitimität, Recht, Gleichgewicht, Ordnung, Monarchie, Konstitution, Intervention) in sieben chronologisch-sachlich gereihte Kapitel.
Er beginnt mit Bündnissen, Verträgen und dem Kongress (1813/1814), schildert danach die schwierigen Anfänge und das drohende Scheitern und stellt anschließend die Verhandlungen und Ergebnisse vor allem hinsichtlich der Auswirkungen auf Warschau, Preußen, Hannover, die Niederlande und Luxemburg sowie Bayern und Österreich dar. Als europäische Schauplätze werden die Schweizer Eidgenossenschaft, die Staatenwelt Italiens und die skandinavischen Mächte genannt, während der Deutsche Bund als föderative |
|
Stegmaier, Wolfgang, Das Preußische Allgemeine Landrecht und seine staatsrechtlichen Normen. Über die Funktion der Rechtssätze des Allgemeinen Staatsrechts in AGB und ALR unter der Bedingung der uneingeschränkten Monarchie (= Schriften zur Rechtsgeschichte 165).. Duncker& Humblot, Berlin 2013. 266 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stegmaier, Wolfgang, Das Preußische Allgemeine Landrecht und seine staatsrechtlichen Normen. Über die Funktion der Rechtssätze des Allgemeinen Staatsrechts in AGB und ALR unter der Bedingung der uneingeschränkten Monarchie (= Schriften zur Rechtsgeschichte 165).. Duncker& Humblot, Berlin 2013. 266 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie der Verfasser in seinem abschließenden Ausblick unter Berufung auf Hans Hattenhauer festhält, ist das preußische Allgemeine Landrecht des Jahres 1794 wohl die größte Kodifikation der deutschen Gesetzgebungsgeschichte und zugleich eines der wichtigsten Denkmäler der preußischen Aufklärung. Er selbst hat nach seinem kurzen Vorwort in der Beschäftigung mit seinem Thema so viele Wahrheiten gelesen, dass der daraus gezogene Gewinn ihn gewiss für die ganze verbleibende Dauer seines Lebens bereichern wird. Dementsprechend verheißen der bedeutende Gegenstand und die intensive Auseinandersetzung reiche Frucht.
Das Ergebnis ist die von Gottfried Schiemann betreute, 2012 von der juristischen Fakultät der Universität Tübingen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich außer in eine Einleitung über das Allgemeine Landrecht im Lichte seiner Zeit und einen Ausblick in vier Teile. Sie betreffen den Codex im Gefüge seiner zeitgenössischen Prämissen, die auf drei Seiten behandelte Funktion der Rechtssätze im AGB und ALR, die Funktion der im AGB und ALR enthaltenen staatsrechtlichen Rechtssätze im allgemeinen und die Funktion einiger der im AGB und ALR enthaltenen staatsrechtlichen Rechtssätze im besonderen.
In diesem Rahmen untersucht der Verfasser vertieft die Bestimmung des Staatswecks und die Majestätsrechte in den §§ 77-79 Einleitung AGB und 1-16 II 13, § 18 II 17 AGB/ALR, die Stellung und Funktion der Gesetzkommission mit der Pflicht zur Publikation der Gesetze und dem Rückwirkungsverbot in den §§ 10-15, 18-25 Einl. AGB/§§ 7-11, 14-21 Einl. ALR und das Machtspruchwesen. Insgesamt will e |
|
Stollberg-Rilinger, Barbara, Rituale (= Historische Einführungen 16). Campus Verlag, Frankfurt am Main 2013. 294 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stollberg-Rilinger, Barbara, Rituale (= Historische Einführungen 16). Campus Verlag, Frankfurt am Main 2013. 294 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Die in Münster lehrende Historikerin, deren Studien zur symbolischen Kommunikation der Frühen Neuzeit ihr starke Beachtung verschafften, legt mit dem zu besprechenden Band ein Studienbuch vor, das einen ersten Überblick über die wichtigsten Theorien und Kontroversen der historischen Ritualforschung vermitteln will. Die Ritualforschung hat sich in der 'neuen Kulturgeschichte' als ein übergreifendes Forschungsgebiet entwickelt, das Handlungen, Symbolen und Ritualen eine Bedeutung zumessen will, die ihnen früher angeblich nicht ausreichend geschenkt worden ist. Der Verlag weist auf der Umschlagsbeschriftung auf die Allgegenwart der Rituale hin, denen eine 'elementare, sozial strukturbildende Funktion' zukomme und dazu geführt habe, dass immer mehr Phänomene durch die „ritualtheoretische Brille“ betrachtet worden seien. Demzufolge soll das Verständnis vergangener Zeiten erheblich verändert worden sein. Der „cultural turn“, in dessen Gefolge die Neubetrachtung Einzug halten soll, zeigt sich nicht zuletzt in der Bibliographie, die nur wenige Veröffentlichungen vor dem Jahre 1990 für zitierenswert befindet.
Nach der Beschreibung des Rituals im engeren Sinne als ‚eine menschliche Handlungsabfolge, die durch Standardisierung der äußeren Form, Wiederholung, Aufführungscharakter, Performativität und Symbolizität‘ gekennzeichnet sei, geht die Autorin auf theoretische Konzepte und die Ritualforschung in der Geschichtswissenschaft ein. Interesse verdient ihr Hinweis, dass gerade in der Geschichtswissenschaft seit den 1980er-Jahren die Bedeutung der Rituale durch die stärkere interdisziplinäre Orientierung gefördert worden sei. Belege dafür erkennt sie in der Arbeit verschiedener Sonderforschungsbereiche der DFG. In diesem Zusammenhang sieht sie die Arbeiten zu Herrschafts- und Einsetzungsritua |
|
Stolleis, Michael, History of Social Law in Germany. Springer, 2014. VIII, 258 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stolleis, Michael, History of Social Law in Germany. Springer, 2014. VIII, 258 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der wirtschaftlichen Differenzierung. Während anfangs die wirtschaftlichen Verhältnisse in erster Linie durch die natürliche Umgebung bestimmt worden sein dürften, ist es dem Menschen im Laufe der Zeit mit Hilfe seines Verstands gelungen, die natürliche Umgebung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Dies hat unter Anderem zur Arbeitsdifferenzierung und der damit verbundenen unterschiedlichen Vermögensstruktur geführt.
Die daraus entstehenden sozialen Spannungen ließen den Gedanken reifen, zur Sicherung der gewonnenen politischen Macht Vermögen zur wirtschaftlichen Sicherung möglicher Wähler einzusetzen. Im späten 19. Jahrhundert entstand in diesem Zusammenhang auf der Grundlage des Christentums die Idee der Milderung wirtschaftlicher Probleme durch soziale Sicherung der arbeitenden Bevölkerung. Mit diesen Fragen hat sich Michael Stolleis spätestens seit seiner Edition von Quellen zur Geschichte des Sozialrechts im Jahre 1976 befasst. Im Jahre 2003 hat er ungeachtet seiner umfassenden Belastung durch die Erarbeitung einer Gesamtgeschichte des öffentlichen Rechts von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart eine eigene Geschichte des Sozialrechts in Deutschland geschrieben.
Sie ist auf ein weit über Deutschland hinausreichendes allgemeineres Interesse gestoßen. Deswegen ist sie von Thomas Dunlap aus dem Deutschen in das Englische übersetzt worden, wobei die ersten sechs Kapitel (Introduction, Social Protection in the Middle Ages and in the Early Modern State, Social Policy in the Empire, The First World War, The Weimar Republic, The Nazi State) bereits 2013 in Origins of the German Welfare State veröffentlicht werden konnten. Das vorliegende Gesamtwerk ist um vier Kapitel über die Nachkriegszeit, die Wissenschaftsdisziplin Sozialrecht, die Europäisierung des Sozialrec |
|
Stolleis, Michael, Nahes Unrecht, fernes Recht. Zur juristischen Zeitgeschichte im 20. Jahrhundert (= Jena Center Vorträge und Kolloquien 16) Wallstein, Göttingen 2014. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stolleis, Michael, Nahes Unrecht, fernes Recht. Zur juristischen Zeitgeschichte im 20. Jahrhundert (= Jena Center Vorträge und Kolloquien 16) Wallstein, Göttingen 2014. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wir hätten nirgendwo auf dem Globus jemanden von seiner Kenntnis und Kompetenz gefunden, schreibt Norbert Frei im Nachwort und begründet damit den Bruch des Jena Centers mit der wohl in eigener Entscheidung angenommenen Regel, nur ausländische Gastprofessoren anzusprechen. Deswegen habe man Michael Stolleis aus Frankfurt am Main eingeladen, der dort seit 1974 über seine Emeritierung im Jahre 2006 hinaus fast vier Jahrzehnte öffentliches Recht und neuere Rechtsgeschichte lehrte und von 1992 bis 2009 als Direktor das Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte leitete, wo er nach wie vor bienenfleißig arbeite. Im Mittelpunkt der Gastprofessur am Jena Center stand danach die Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechtes der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, wobei den Auftakt der zugehörigen Seminartage an der Jenaer Doktorandenschule die Frage bildete, wie man juristische Zeitgeschichte überhaupt schreibt.
Gegliedert ist die daraus erwachsene neue Veröffentlichung in sechs Abschnitte. Sie betreffen das Verhältnis von Rechtsstaat und Unrechtsstaat im 20. Jahrhundert allgemein, richterliches Prüfungsrecht, Verwaltungsgerichtsbarkeit und Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen 1918/1919 und 1933, das Verständnis des unverstehbaren Holocaust zwischen 1933 und 1945, die Rechtsordnung und Justizpolitik in Deutschland zwischen 1945 und 1949, die weiße Rose und ihre Richter sowie das öffentliche Recht in der Rechtswissenschaft der Deutschen Demokratischen Republik als einem Staat mit einem fragwürdigen Staatsrecht und einer Verwaltung ohne Verwaltungsrecht. Im Kern geht es um die Ermittlung des Verhaltens rechtsstaatlicher Institutionen in kriminellen und als solche eingeordneten politischen S |
|
Stolleis, Michael, Öffentliches Recht in Deutschland. Eine Einführung in seine Geschichte 16.-21. Jahrhundert. Beck, München 2014. 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stolleis, Michael, Öffentliches Recht in Deutschland. Eine Einführung in seine Geschichte 16.-21. Jahrhundert. Beck, München 2014. 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das die Allgemeinheit im Gegensatz zum Einzelnen betreffende Recht ist im Laufe der Zeit aus bescheidenen Anfängen heraus zu unüberschaubarer Größe gewachsen. Allein ihre umfassende Durchmusterung auf einem abgegrenzten Raum erfordert ungewöhnlichen Mut, einen langen Atem, herausragende Kraft und optimale Rahmenbedingungen. Demgemäß ist, wer auf der Grundlage der ersten akademischen Erfahrungen sich einem derartigen ungewissen Unternehmen ungeachtet aller möglichen Widrigkeiten des Lebens verschreibt, uneingeschränkt zu bewundern, wenn er gegen Ende aller Bürden das ins Auge gefasste Ziel tatsächlich erreicht und damit alle Ansprüche vor allem gegen sich selbst erfolgreich einzulösen vermocht hat.
Da jeder Weg neue Erfahrungen mit sich bringen wird, kann auch der erreichte Abschluss einer 1988 im ersten Band der Öffentlichkeit vorgelegten Darstellung im Jahre 2012 weitere Einsichten bewirken und zusätzliche Räume eröffnen. Dementsprechend wendet Michael Stolleis sich nach seinen der Wissenschaft bereiteten überreichen Erkenntnisfrüchten nunmehr einer breiteren Schicht von Gesprächspartnern zu. Nach seinem kurzen Vorwort hat er das Taschenbuch geschrieben, um den Inhalt seiner großen Darstellung in vereinfachter Form zusammenzufassen und Studienanfängern Zugang zu der ihn vor allem interessierenden Sphäre des Rechtsdenkens zu eröffnen, die von Politik und Geschichte tief geprägt ist.
Gegliedert ist seine spannende, vorbildliche Darlegung in zwanzig Abschnitte, die nach wichtigen Hinweisen zu Gegenstand und Methode mit der Emanzipation vom römischen Recht und der Umstellung der Rechtsquellenlehre des Verfassungsrechts einsetzen. Nach dem Überblick über Elemente des entstehenden öffentlichen Rechts zum Beginn der von ihm abgegrenzten Untersuchungsperiode be |
|
Strafrecht im Präventionsstaat, hg. v. Brunhöber, Beatrice (= Staatsdiskurse Band 17). Steiner, Stuttgart 2014. 171 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Strafrecht im Präventionsstaat, hg. v. Brunhöber, Beatrice (= Staatsdiskurse Band 17). Steiner, Stuttgart 2014. 171 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als die zu einem unbekannten Zeitpunkt erstmals verhängte Strafe ausgesprochen wurde, war die Tat bereits geschehen und die Strafe eine Reaktion der Gesellschaft auf das Verhalten des Täters. Für alle günstiger wäre es demgegenüber wohl, wenn die Handlung gar nicht geschehen und das Opfer dementsprechend nicht verletzt wäre. Angesichts der großen Zahl der tatsächlich begangenen Straftaten kommt diesem Gesichtspunkt umso größere Bedeutung zu, je mehr Mittel dem Staat zur Verfügung stehen.
Mit einem Teilbereich dieser Problematik befasst sich der vorliegende Sammelband. Seine Herausgeberin ist literarisch zuerst durch ihre im Jahre 2009 abgeschlossene Berliner Dissertation über die Erfindung „demokratischer Repräsentation“ in den Federalist Papers und die Mitherausgeberschaft eines Tagungsbands über die Frage Wozu Recht? hervorgetreten. Sie wirkt als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Tajana Hörnles für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.
Sie geht in ihrer Einführung von den terroristischen Anschlägen der Roten Armee Fraktion und vom 11. September 2001 aus und stellt die Alternativen „ohne Sicherheit keine Freiheit“ oder „Umbau des Rechtsstaats zum Präventionsstaat“ fragend einander gegenüber. Sieben Einzelstudien vertiefen diese Fragestellung in den drei Abschnitten über Kritik an der „Präventionslogik“ staatlichen Handelns, über Kritik der Präventionskritik und über drei Ausprägungen präventiven Strafrechts im Bereich der Hacking-Tools, des Terrorismus und der grundsätzlichen Gefährlichkeit. Aus der Sicht unterschiedlicher Fächer werden dabei vor allem der bisherige Bestand und künftige Grenzen dieses bedeutsamen Gegenstands erörtert, ohne dass die vielfältigen, durchaus gegenläufigen Einze |
|
Strafrecht und juristische Zeitgeschichte. Symposium anlässlich des 70. Geburtstages von Thomas Vormbaum, hg. v. Asholt, Martin/Eisenhardt, Ulrich/Sachsen-Gessaphe, Karl-August Prinz von u. a. Nomos, Baden-Baden 2014. 162 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Strafrecht und Juristische Zeitgeschichte. Symposium anlässlich des 70. Geburtstages von Thomas Vormbaum, hg. v. Asholt, Martin/Eisenhardt, Ulrich/Prinz von Sachsen Gessaphe, Karl-August/Zwiehoff, Gabriele. Nomos, Baden-Baden 2014. 162 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Der Begriff der Juristischen Zeitgeschichte vereinigt, wie der ihm übergeordnete der allgemeinen Rechtsgeschichte, in sich programmatisch sowohl die rechtswissenschaftliche als auch die historische Disziplin. Die Beherrschung beider Felder und ihrer spezifischen Instrumentarien kennzeichnet somit das Idealprofil eines Forschers auf diesem Gebiet, dem der Jubilar, dem die vorliegende Sammelschrift gewidmet ist, geradezu in mustergültiger Weise gerecht wird: Mit seinen Promotionen zum Dr. jur. und Dr. phil. hat Thomas Vormbaum von Anfang an ein breites und stabiles Fundament für die grenzüberschreitende Ausrichtung seines facettenreichen Schaffens gelegt, das sein Hagener Kollege Ulrich Eisenhardt im Vorwort knapp zu umreißen sucht. Das Werk Thomas Vormbaums umfasst demnach neben mehreren privatrechtsgeschichtlichen Abhandlungen vor allem zahlreiche Studien zur Strafrechtsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der italienischen Strafrechtswissenschaft und zum modernen Straf- und Strafprozessrecht. Sein Interesse für den Niederschlag des Rechts in literarischen Texten und seine profunden Kenntnisse des Italienischen haben den zuletzt an der Fern-Universität Hagen wirkenden Gelehrten, wo 2007 unter seiner Ägide das „Journal der Juristischen Zeitgeschichte“ (JoJZG) aus der Taufe gehoben wurde, unter anderem nicht nur zur Übersetzung zahlreicher italienischer Schriften zum Strafrecht, sondern auch von Dante Alighieris „Commedia“ ins Deutsche bewogen. Zwei aus dem Kreis der aktuellen Herausgeber, Gabriele Zwiehoff und Martin Asholt, waren seine Habilitanden, die Anzahl seiner Dissertanten ist Legion und nimmt in der vorliegenden Schrift drei eng bedruckte Seiten in Ans |