481 | Armesünder (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch als Ansatz nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt und wohl unter kirchlichem Einfluss vor 1737 gebildet sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) ist ursprünglich der in der Kirche bemitleidenswerte Sünder (lat. miser [M.] peccator), in der frühen Neuzeit der dem peinlichen Gericht überantwortete Täter, insbesondere wenn er bereits (zu dem Tode) verurteilt ist. | Künßberg, E. Frhr. v., Rechtliche Volkskunde, 1936; Radbruch, G., Elegantiae iuris criminalis, 1938, 2. A. 1950, 163 |
482 | armiert (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch vor 1510 aus dem Französischen und mittelbar dem Lateinischen des Altertums aufgenommen, Adj., Verb armieren 1510, Femininum Armierung 1621) bewehrt, bewaffnet | |
483 | Armut (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch um 750 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen ab 1296 belegt sowie über das erschließbare Germanische teilweise mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) ist das (verhältnismäßige) Fehlen durchschnittlicher bzw. zureichender Mittel des Menschen (beispielsweise haben 2017 800 Millionen Menschen keine genügende Ernährung, etwa 880 Millionen Menschen kein sauberes Trinkwasser, etwa 920 Millionen Menschen keine ausreichende Unterkunft, etwa 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen und etwa 775 Millionen Menschen keine Lesefähigkeit). | Gelobte Armut, hg. v. Heimann, H. u. a., 2012; Gründler, J., Armut und Wahnsinn, 2013; Schallmann, J., Arme und Armut in Göttingen 1860-1914, 2014; Wimmer, F., Die völkische Ordnung von Armut, 2014; Althammer, B., Vagabunden, 2017; Bettler und Vaganten in der Neuzeit (1500-1933), hg. v. Althammer, B. u. a., 2017 (257 Dokumente aus dem deutschen Raum); Beck, V., Eine Theorie der globalen Verantwortung – Was wir Menschen in extremer Armut schulden, 2016 (ohne überzeugenden Änderungsvorschlag) |
484 | Arnsburg | |
485 | Das Arnsburger Urbar, bearb. v. Eckhardt, W., 2017 | |
486 | Arnstein | Heinrich, G., Die Grafen von Arnstein, 1961 |
487 | Arnulfinger (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) ist der Angehörige der nach Bischof Arnulf von Metz (Lay-Saint-Christophe bei Nancy 13. 8. 582?-bei Remiremeont 18. 7. 640?) benannten Familie der Pippiniden oder später nach Karl (dem Großen, benannten Karolinger. Von den Arnulfingern sind (ab etwa 650) 34 Urkunden und ein Brief überliefert (davon elf Fälschungen oder starke Verfälschungen), zu denen 56 verlorene Urkunden hinzuzrechnen sind (90 Privaturkunden) (2011 23 echte Urkunden, ein Brief, 12 mittelalterliche Fälschungen, [vier moderne Fälschungen,] 56 verlorene Urkunden?). | Die Urkunden der Arnulfinger, hg. v. Heidrich, I., 2001, vgl. http://www.igh.histsem.uni-bonn.de; Die Urkunden der Arnulfinger, hg. v. Heidrich, I., 2011 |
488 | arra (lat. [F.]) Angeld, →arrha | |
489 | Arras | Kéry, L., Die Errichtung des Bistums Arras 1093/1094, 1994 |
490 | Arrest (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch als 1463 aus dem Niederländischen und mittelbar dem Französischen sowie dem Mittellateinischen aufgenommen bezeugt und – als Ansatz – in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in Bestandteilen über das Lateinische mit dem Indogermanischen verbindbar, M., Feststellung) ist die Verhaftung (eines Menschen) oder Beschlagnahme (einer Sache) und insbesondere das Eilverfahren des Zivilprozesses zu der Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergeht. In dem römischen Recht fehlt sachlich eine solche Einrichtung. Die Bezeichnung Arrest erscheint seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts in französischen Quellen und wenig später auch in lateinischen Texten (arrestare, arrestum... | Köbler, DRG 116, 202; Briegleb, H., Arrest und Kummer - Vermischte Abhandlungen I 1868, 1; Wach, A., Der italienische Arrestprozess, 1868, Neudruck 1973; Planck, J., Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, 1879; Rudorff, H., Zur Rechtsstellung der Gäste im mittelalterlichen städtischen Prozess, 1907; Planitz, H., Studien zur Geschichte des deutschen Arrestprozesses, ZRG GA 34 (1913), 49; Kisch, G., Der deutsche Arrestprozess, 1914; Planitz, H., Studien zur Geschichte des deutschen Arrestprozesses – Der Fremdenarrest, ZRG GA 39 (1918), 223, 40 (1919), 87; Planitz, H., Grundlagen des deutschen Arrestprozesses, 1922; Mahnke, H., Das Arrestverfahren in den Lübecker Ratsurteilen, Diss. jur. Kiel 1961; Kraß, G., Das Arrestverfahren in Frankfurt am Main, 1996; Rymaszewski, Z., Areszt rzecz... |
491 | Arrha (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen – als Ansatz – nicht belegt sowie aus dem Lateinischen und Griechischen des Altertums aufgenommen, F., lat. [F.] arra, arrabon) ist die nach semitischem Vorbild („altorientalischer Arrhalvertrag“) in dem hellenistischen Recht bekannte, in dem entwickelten römischen Recht entbehrliche Draufgabe (Angeld) bei einem Vertragsschluss. Wer abredeuntreu wird, verwirkt in dem spätantiken Recht als Geber die arrha an den Gegner und muss sie als Nehmer in doppelter Höhe zurückgeben. In dem Frühmittelalter (Codex Euricianus 297, Lex Baiwariorum 16, 10, Lex Visigothorum 3, 1, 3-4 [für Verlobung]) soll mit der Hingabe einer Teilleistung ein Vertrag geschlossen worden sein, der vielleicht anfangs nur den Empfän... | Kaser § 41; Hübner 535ff.; Köbler, DRG 64, 91, 127; Köbler, LAW; Stobbe, O., Zur Geschichte des deutschen Vertragsrechts, 1855; Gierke, O., Schuld und Haftung, 1910; Calogirou, G., Die Arrha im Vermögensrecht, 1911, Neudruck 2013; Gastreich, F., Die Draufgabe, 1933; Siems, H., Handel und Wucher im Spiegel frühmittelalterlicher Rechtsquellen, 1992 |
492 | Arrhalvertrag (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie teilweise aus dem Lateinischen und Griechischen des Altertums aufgenommen und teilweise über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) ist der aus dem Orient in das spätrömische Recht eindringende, unter notwendiger Verwendung einer →arrha (Hingabe unter Anrechnung auf die Gesamtleistung oder ohne Anrechnung) entstehende, von dem Formalvertrag und von dem Realvertrag zu trennende →Vertrag. | Köbler, DRG 91, 126, 164 |
493 | Arrogation (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie aus dem Lateinischen des Altertums aufgenommen und in den Bestandteilen mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) Annahme | Seelentag, A., Ius pontificium cum iure civili coniunctum - Das Recht der Arrogation in klassischer Zeit, 2014 |
494 | Ars (F.) dictandi (lat.) (Wortfolge in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen mit dem Indogermanischen verbindbar, Kunst des Diktierens) ist die seit dem 12. Jahrhundert auftretende Bezeichnung für die Lehre von dem Abfassen von Briefen und Urkunden, die auf Grund der antiken Rhetorik und Grammatik in dem Gefolge der Kirchenreform an dem Anfang des 12. Jahrhunderts in Oberitalien ausgebildet wird ([lat.] Praecepta [N.Pl.] dictamina 1111?). | Kroeschell, DRG 1; Rockinger, L., Über Briefsteller und Formelbücher, 1861; Schmale, F., Die Bologneser Schule der ars dictandi, DA 13 (1967); Schaller, D., Baldwin von Viktring, DA 35 (1979); Hartmann, F., Ars dictaminis, 2013 |
495 | Ars (F.) notaria (lat.) (Wortfolge in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das Lateinische des Altertums mit dem Indogermanischen verbindbar, Notarkunst) ist die auf Grund antiker Vorläufer an dem Beginn des 13. Jahrhunderts (ars notaria 1221) in Oberitalien (Bologna) verselbständigte Lehre von der Beurkundung von Rechtshandlungen ([lat.] Formularium [N.] tabellionum 1200/1205, Rainerius Perusinus 1226-1233, Rolandus Passagerii [Summa Rolandina, 1255ff.]). | Kroeschell, DRG 2; Anselmi, A., Le scuole di notariato in Italia, 1926 |
496 | Artes (F.Pl.) liberales (lat., Sg. ars liberalis, Wortfolge in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das Lateinische des Altertums mit dem Indogermanischen verbindbar, freie Künste) sind die in der römischen Antike auf der Grundlage der griechischen Philosophie von Bürgern gepflegten Wissensfächer (Grammatik, Rhetorik, Dialektik als so genanntes Trivium [Dreiweg], Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik als sogenanntes Quadrivium [Vierweg]), die in dem Mittelalter ab dem 12. Jahrhundert den Gegenstand der artistischen Fakultät der Universität bilden (schätzungsweise 200000 Studierende in Deutschland in dem Mittelalter ohne späteren Übertritt in eine der drei höheren Fakultäten, 50-70 Prozent ohne Gra... | Kroeschell, DRG 1; Meyer, G., Die sieben freien Künste im Mittelalter, 1886; Glorieux, P., La faculté des arts et ses maîtres aux XIIIe siècle, 1971; Curtius, E., Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 9. A. 1978; Lindgren, U., Die artes liberales in Antike und Mittelalter, 1992; Englisch, B., Die artes liberales im frühen Mittelalter, 1994; Artisten und Philosophen, hg. v. Schwinges, R., 1999; Haage, B./Wegner, W., Deutsche Fachliteratur der artes in Mittelalter und früher Neuzeit, 2007; Hilder, G., Der scholastische Wortschatz bei Jean de Meun – Die artes liberales, 2018 |
497 | Articuli (M.Pl.) reprobati (Wortfolge in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das Lateinische des Altertums mit dem Indogermanischen verbindbar, lat., Sg. articulus reprobatus, zurückgewiesener Artikel) sind die von Papst Gregor XI. an dem 8. 4. 1374 auf Betreiben des Augustinermönchs Johannes →Klenkok ([erweitertes] Dekadikon, Magdeburg 1369) ohne wesentliche Auswirkung für zurückgewiesen, weil nichtig erklärten (13 bzw.) 14 Artikel des →Sachsenspiegels, die kirchliches Verfassungsrecht (Landrecht I 3 § 3, III 57 § 1, III 63 § 2), Verfahrensrecht (Landrecht I 18 §§ 2, 3, I 39, I 63 § 3, I 64, II 12 § 10) und Privatrecht (Landrecht I 6 § 2, I 37, I 52 §§ 1, 2) betreffen. | Köbler, DRG 117; Homeyer, C., Johannes Klenkok wider den Sachsenspiegel, Abh. d. Ak. d. Wiss. Berlin, phil.-hist. Kl. 1855, 1856, 377; Böhlau, H., Zur Chronologie der Angriffe Klenkoks, ZRG GA 4 (1883), 118; Brünneck, W. v., Zur Geschichte der articuli reprobati im Ermlande, ZRG GA 31 (1910), 426; Kirche und Staat, hg. v. Eichmann, E., Bd. 2 1914, Neudruck 1968, 159ff.; Kullmann, J., Klenkok und die „articuli reprobati“ des Sachsenspiegels, Diss. jur. Frankfurt am Main 1959; Oppitz, K., Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters, Bd. 1 1990, 28; Der Sachsenspiegel als Buch, hg. v. Schmidt-Wiegand, R. u. a., 1991; Ocker, C., Johannes Klenkok, 1993; Kümper, H., Sachsenrecht, 2009 |
498 | articulus (lat. [M.]) Artikel, Gliedchen, Abschnitt | |
499 | Artikel (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch um 1275 als aus dem Lateinischen des Altertums aufgenommen bezeugt und ab 1333 in älteren deutschen Rechtsquellen belegt sowie über das Lateinische des Altertums teilweise mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) Gliedchen, Abschnitt | Pelz, S., Die preußischen und reichsdeutschen Kriegsartikel, Diss. jur. Hamburg 1979; Seebass, G., Bundesordnung und Verfassungsentwurf, 1988; Augustin, H., Verschmelzung von Präposition und Artikel, 2018 |
500 | Artikelbrief (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1520 bezeugt und ab 1520 in älteren deutschen Rechtsquellen achtmal belegt sowie in den Bestandteilen über das Lateinische des Altertums mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) ist der in Abschnitte gegliederte Brief (beispielsweise Dienstvertrag für Söldner, Kriegsartikel, Zunftbrief, Forderungen der Bauern 1525). | |