Nieder, Gabriele, Ferdinand Christoph Harpprecht (1650-1714). Tübinger Rechtsprofessor und Württembergischer Rat für Mömpelgarder Angelegenheiten zur Zeit der französischen Reunionen (= Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen 111). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XI, 294 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nieder, Gabriele, Ferdinand Christoph Harpprecht (1650-1714). Tübinger Rechtsprofessor und Württembergischer Rat für Mömpelgarder Angelegenheiten zur Zeit der französischen Reunionen (= Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen 111). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XI, 294 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Für vorliegende Untersuchung setzte sich die Verfasserin das Ziel, das höchst erfolgreiche Juristenleben Ferdinand Christoph Harpprechts möglichst umfassend darzustellen. Ferdinand Christoph stammte aus einer überaus angesehenen Tübinger Juristenfamilie. Schon sein Urgroßvater Johann Harpprecht (1560-1639) wurde nach kurzer Tätigkeit am Reichskammergericht Professor der Institutionen in Tübingen. Dessen umfangreicher vierbändiger Institutionenkommentar, der auch das heimische Recht berücksichtigt, ist der Richtung des Usus modernus zuzurechnen. Sowohl Großvater Christoph (1596-1637) als auch Vater Johann Christoph (1625-1676) waren Hofgerichtsadvokaten in Tübingen.
Teil I der Arbeit (S. 5-151) ist dem Werdegang Ferdinand Christoph Harpprechts gewidmet. Im Abschnitt über seine Studienzeit 1664-1673 (S. 17ff.) wird auf die Entwicklung von juristischen Lehrveranstaltungen, Lehrstoff und Lehrmethode insbesondere an der Universität Tübingen eingegangen. An dieser Universität bestanden nach ihrer Gründung (1477), wie vielfach üblich, eine Institutionen-, eine Codex- und eine Pandektenprofessur sowie drei kanonistische Ordinariate (S. 25)[1]. Neben den lectiones publicae, den Pflichtvorlesungen der Ordinarien, spielten vor allem die Disputationen eine wichtige Rolle (S. 26). Gegen die exegetisch-dialektische Methode des Mos Italicus konnte sich die humanistische Reformbewegung in Tübingen nicht durchsetzen (S. 28f.). Erst die sogenannte ramistische Methode, eine Darstellung nach der Paratitla-Manier und dem Causae-Schema, konnte allmählich an den Universitäten, so auch in Tübingen, an Bedeutung gewinnen (S. 32f.)[2]. Als Beispiel für |
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Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen und völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen und völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Wer wissen will, wie es unseren Kollegen im Kaiserreich, im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik ums Herz war, dem sei diese, von Johannes Tuchel betreute politikwissenschaftliche Dissertation empfohlen.
Die Dissertation schildert zuerst Kohler (1849-1919) auf dem Höhepunkt seines Ruhms und sein pazifistisches Engagement, beschreibt sodann die Katastrophe des Weltkriegs und Kohlers heftige Pamphlete gegen die Feinde Deutschlands und endet mit Kohlers Unterstützung der Republik noch in seinem letzten Lebensjahr.
Kirsten Nies beschreibt einen gewaltigen Wissenschaftsorganisator und Universalgelehrten, einen selbständigen Denker innerhalb der Grenzen der Staats- und Gesellschaftsordnung des Kaiserreichs (Gleichstellung nichtehelicher Kinder, Emanzipation der Frau, Milderung der Abtreibungsstrafe, im Antisemitismusstreit gegen Treitschke, Verteidigung der Homosexuellen, Rede- und Wissenschaftsfreiheit, Pazifismus, Anerkennung der Rechtsordnungen anderer Kulturen, Kritik am deutschen Kolonialkrieg). Sie schließt eine Forschungslücke mit der Darstellung seiner Leistungen auf dem Gebiet des Völkerrechts, fndet aber seine Ideen weder neu noch besonders fundiert. Sein Anliegen war die Sicherung des Frieden durch Recht, Institutionen und eine umfassende Friedenspädagogik. Seine pazifistischen Äußerungen bilden den zweiten Forschungsstrang der Verfasserin.
1914 war er von einer Kriegsbegeisterung weit entfernt, wurde von der allgemeinen Kriegspsychose jedoch sofort erfasst. Seine pazifistischen Ideen sah er jetzt als Irrtum an. Er verteidigte den Verteidigungskrieg, in dem er Deutschland sah, verteidigte auch die Verletzung der Neutralität Be |
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Noll, Dorothea, ... ohne Hoffnung im Alter jemals nur einen Pfennig Rente zu erhalten. Die Geschichte der weiblichen Erwerbsbiographie in der gesetzlichen Rentenversicherung (= Lebensalter und Recht 4). Klostermann, Frankfurt 2010. IX, 330 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Noll, Dorothea, ... ohne Hoffnung im Alter jemals nur einen Pfennig Rente zu erhalten. Die Geschichte der weiblichen Erwerbsbiographie in der gesetzlichen Rentenversicherung (= Lebensalter und Recht 4). Klostermann, Frankfurt 2010. IX, 330 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Werk entstand als Dissertation im Rahmen der selbstständigen Nachwuchsgruppe „Lebensalter und Recht“ in Frankfurt im Frankfurter Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte. Ihre Forschungen sind darauf gerichtet, den Anteil des Rechts an der Einteilung des menschlichen Lebenslaufs durch Lebensabschnitte zu untersuchen. Die Strukturierung des Lebenslaufs, insbesondere die feste Altersgrenze von zunächst 70, später von 65 Jahren, geht im Wesentlichen auf die Sozialversicherungsgesetze von 1889 und 1911 zurück. Eine geschlechtsspezifische Betrachtung der Sozialversicherung im historischen Kontext ist bisher nur vereinzelt erfolgt. Die Arbeit Dorothea Nolls bringt erstmals eine umfassende Geschichte der staatlichen Sozialversicherung aus lebenssoziologischer Sicht hinsichtlich der weiblichen Erwerbsbiographie von 1889 bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Unter Einbeziehung der Ergebnisse der historischen Frauenforschung wird in erster Linie die Entstehung und Wirkungsgeschichte der Normen der gesetzlichen Rentenversicherung untersucht. Grundsätzlich werden dabei neben den parlamentarischen Materialien auch die dem Gesetzgebungsprozess „vorausgegangenen Vorarbeiten im zuständigen Ministerium und die Reformvorschläge und Stellungnahmen der Versicherungsträger“ und Verbände berücksichtigt (S. 10).
Der Gesetzgeber ging bis zur Rentenreform von 1957 für die Frauen von einem von der männlichen Erwerbsbiographie abweichenden 2-Phasen-Modell aus. Die außerhäusliche Erwerbstätigkeit der Frau beschränkte sich hauptsächlich auf die Lebensphase bis zur Heirat. Erst mit der für Frauen vorgezogenen Altersrente mit 60 Jahren trug der Gesetzgeber 1957/1968 der |
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Oberhofer, Andreas, Der andere Hofer. Der Mensch hinter dem Mythos (= Schlern-Schriften 347). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 424 S., 66 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Von Natur aus ist Tirol in der Sicht des heutigen Betrachters ein sehr schönes, aber trotz der Vorkommen von Salz und Silber bis zum Aufkommen des Massentourismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eigentlich sehr armes Land, dessen Bewohner ihre Häuser verkaufen und auf Stroh schlafen. Dementsprechend ist die Zahl der vielleicht weltbekannten Tiroler nicht besonders groß. Zu ihnen dürfte aber Andreas Hofer, der Wirt aus dem Passeiertal und Freiheitskämpfer gegen Napoleon und Bayern, zu zählen sein.
Anlässlich des 200jährigen Gedenkens an den Tiroler Aufstand gegen die Regierung Bayerns im Jahre 1809 wurde seiner vielfach gedacht. Der in Brixen in Südtirol geborene, nach dem Studium der Geschichte und deutschen Philologie an der Universität Innsbruck 2006 promovierte, an Andreas Hofer besonders interessierte, an der Universität Innsbruck als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätige Verfasser berichtet im Vorwort eindringlich über das vielfältige bisherige Schrifttum. Gleichwohl sieht er noch die Möglichkeit vertiefter Erkenntnis.
Auf diesem Wege hält er die „weltgeschichtliche“ Persönlichkeit Andreas Hofers zwar mit guten Gründen für an sich biographieuntauglich, verfolgt aber gleichwohl den Lebenslauf des Sandwirts an Hand von Handlungsräumen und Handlungsrollen. Über die gefürstete Grafschaft Tirol, das Gericht Passeier, die Vorfahren, Kindheit und Jugend, die Großjährigkeit und die Erwerbszeit zeichnet der Verfasser anschaulich und einnehmend in weiterführender Weise die Spuren nach, auf deren Grundlage der Bauer, Wirt und Händler Andreas Hofer in seinen letzten Lebensjahren in die gefährlichen Wirren der großen Politik gelangte, in denen er rasch erkennen musste, „es ist verspielt“. Über die Hinrichtung in Mantua hinaus verfolgt der V |
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Öffentlichrechtliche Ausschüsse (1934-1938 Kommunalrecht. Sparkassenwesen. Bau- und Zwecksparen. Beamtenrecht) Volkswirtschaftliche Arbeitsgemeinschaften (1939-1943 Volkswirtschaftslehre. Geld und Kredit. Sozialpolitik. Agrarpolitik. Reform des volkswirtschatlichen Studiums), hg. und mit einer Einleitung versehen v. Schubert, Werner (= Akademie für deutsches Recht 1933-1945. Protokolle der Ausschüsse 19). Lang, Frankfurt am Main 2011. LII, 715 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Seit 1986 veröffentlicht Werner Schubert ohne viel Aufhebens, aber mit außergewöhnlichem Fleiß und vorbildlicher Zielstrebigkeit neben vielem Anderen die Protokolle der Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht. Ihre Kenntnis ist für eine sachgerechte Einschätzung von Tätigkeit und Ergebnis der Einrichtung unabdingbar. Deswegen ist die neuere Rechtsgeschichte dem Herausgeber für dieses inzwischen fünfundzwanzigjährige herausragende Wirken zu besonderem Dank verpflichtet.
Den Beginn bildete 1986 das Aktienrecht. Von dort aus ist die Edition inzwischen zum öffentlichen Recht und zu den volkswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaften vorgedrungen. Beides spielte innerhalb der Akademie allerdings nur bis 1938 bzw. 1943 eine Rolle.
Der Herausgeber stellt in seiner vorzüglichen Einleitung seine Quellen und die behandelten Ausschüsse und Arbeitsgemeinschaften gewohnt sachlich und verständlich vor und weist dabei besonders auf die unterschiedliche und teilweise sehr schwierige Quellenlage hin. Im Anschluss an die Edition bietet er ein Register der Redner und Referenten, ein Sach- und Personenregister und einen Quellennachweis. Wer immer sich mit der Akademie für deutsches Recht und der Rechtsentwicklung zwischen 1933 und 1945 befasst, wird Werner Schubert auch für diesen wertvollen Baustein eines beeindruckenden, auf S. 716 leider bibliographisch nur unvollständig erfassten Gesamtwerks sehr dankbar sein.
Innsbruck |
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Ogorek, Regina, Aufklärung über Justiz. Halbband 1 Abhandlungen und Rezensionen, mit einer Einleitung von Simon, Dieter, Redaktion Barnert, Elena, Halbband 2 Richterkönig oder Subsumtionsautomat? Zur Justiztheorie im 19. Jahrhundert, 1986, 2. unveränd. Auflage (= Rechtsprechung 28). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XIV, 583, XVI, 423 S. Besprochen von Siegbert Lammel. |
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Die zusammenfassende (Wieder-)Veröffentlichung der sich mit dem Justizwesen in Geschichte und Gegenwart befassenden Aufsätze sowie der vergriffenen Habilitationsschrift Regina Ogoreks wird im Vorwort von ihrem Habilitationsvater und Mentor neben weiteren (überflüssigen) Lobeshymnen damit begründet (und nicht gerechtfertigt, denn einer solchen bedarf es angesichts der einerseits höchst interessanten, andererseits spannenden und stringenten Argumentationsweise nicht), dass bislang die „rechtshistorische Aufklärung über Justiz“ .... „ein notleidendes Vorhaben“ sei und deshalb besonders gefördert werden müsse. Justiz wird im ersten Band sowohl als Institution als auch als im Hinblick auf das Personal betrachtet. Die 22 Abhandlungen und 9 Rezensionen umspannen einen Zeitraum vom Ende des 18. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Dabei zieht sich wie ein roter Faden durch die institutionenbezüglichen Abhandlungen der Kampf um die Interpretationshoheit über die Gesetze und das Recht. Denn die Gesellschaft wird durch Gesetze geordnet; damit übt derjenige, der die Gesetze anwendet, interpretiert, Folgerungen aus ihnen zieht, Macht aus und diese Macht will der historische Souverän nicht oder zumindest nicht vollständig aus der Hand geben. Vor diesem Hintergrund werden sowohl die privilegia de non appellando (an das Reichskammergericht) für die größeren Territorialherren oder auch die Machtsprüche als Eingriff in die „schlechte Justiz“ verständlich; der Souverän kann sich damit als „Guter Hausvater“ gegenüber seinen Untertanen präsentieren. Erst mit dem aufkommenden Bürgertum wandelte |
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Old Shatterhand vor Gericht. Die 100 Prozesse des Schriftstellers Karl May, hg. v. Seul, Jürgen. Karl-May-Verlag, Bamberg-Radebeul 2009, 623 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludwig[Z1] [Z2] Thoma für Juristen, hg. v. Seul, Jürgen. Verlag Medien und Recht, München 2010. 330 S., 4 Zeichnungen.
Old Shatterhand vor Gericht. Die 100 Prozesse des Schriftstellers Karl May, hg. v. Seul, Jürgen. Karl-May-Verlag, Bamberg-Radebeul 2009, 623 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Es mag verwundern, diese beiden Titel in einer rechtshistorischen Fachzeitschrift besprochen zu sehen, vor allem den zweiten, zumal er vom Titel her und in seiner äußeren Erscheinung den klassischen grünen Karl-May-Bänden des gleichnamigen Verlages entspricht. Dennoch handelt es sich um kein Versehen. Beiden Titeln ist gemeinsam, dass sie wesentliches Material und höchst aufschlussreiche Schilderungen zur historischen Rechtstatsachenforschung liefern. Was Ludwig Thoma, den fast promovierten Juristen, betrifft, kommt dieser selbst zu Wort, über die May betreffenden Prozesse berichtet Seul, allerdings unter Aufnahme auch längerer Quellenpassagen. Zu bzw. von Thoma erhalten wir die vielfältigsten Einblicke in das Rechtsleben. Dies betrifft einmal das Jurastudium: Warum Thoma trotz einer Dissertation den Doktortitel nicht verliehen bekam (12f.); wie das Studium so im weitesten Sinne ablief und insbesondere „der gefürchtete Staatskonkurs“ (58ff., 68, ersteres auch in Versen: 213). Weiters lernen wir Beispielhaftes kennen über die Praxis am Landgericht und beim Bezirksamt (650ff.), die Eröffnung der Rechtsanwaltskanzlei in Dachau (99ff.). Formal blieb Thoma Rechtsanwalt bis zur Löschung seiner Zulassung aus der Liste des Landgerichts München II im Jahre 1919 (29). Als er 1899 Redakteur des „Simplicissimus“ geworden war, verkaufte er im gleichen Jahr seine Rechtsanwaltskanzlei (28). Vielschichtig und bunt schlägt sich die erlebte Juristerei in Anekdoten, Erzählungen, Gedichten nieder. In ihnen spiegelt sich manch Rechtshistorisches wider: die Rechtseinheit für „das große, neue Deutsche Reich“ (265), ihre Verwirklichung auch in „dem preußische |
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Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Materialien und Übersichten. 6. Aufl. facultas .wuv Universitätsverlag, Wien 2011. 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Materialien und Übersichten. 6. Aufl. facultas .wuv Universitätsverlag, Wien 2011. 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bei Markt und Macht nicht unerwartet ist die fünfte, 2009 vorgelegte Auflage dieses erfolgreichen rechtsgeschichtlichen Hilfsmittels binnen zwei Jahren verkauft worden. Für die sechste Auflage nahm der Verfasser nur kleinere Änderungen vor, indem er einige neue Quellenstellen und die Kategorie Präsidenten des Europäischen Rates hinzufügte, die Zeittafel und die Literaturangaben aktualisierte und erneut überall den Fehlerteufel jagte, wodurch der Umfang des Werkes insgesamt um 2 Seiten anstieg. Wer immer alle oder viele Daten der Zeittafel beherrscht, die Quellentexte liest und versteht sowie die Regententafeln durchblickt und an der richtigen Stelle richtig anwendet, wird dank der freundlichen Unterstützung durch den Autor .viele Fragen vieler Prüfer in rechtsgeschichtlichen Prüfungen sachkundig beantworten und damit einen beachtlichen Schritt in der Ausbildung zum Magister der Rechtswissenschaften in Wien und anderswo voranschreiten können
Innsbruck Gerhard Köbler
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Oliver, Clementine, Parliament and Political Pamphleteering in Fourteenth-Century England. The University of York (Boydell & Brewer/York Medieval Press), Woodbridge/Suffolk 2010. XI, 232 S., 2 Abb. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oliver, Clementine, Parliament and Political Pamphleteering in Fourteenth-Century England. The University of York (Boydell & Brewer/York Medieval Press), Woodbridge/Suffolk 2010. XI, 232 S., 2 Abb. Besprochen von Susanne Jenks.
Kurz nach dem 3. Juni 1388, dem Ende des sogenannten „Merciless Parliament“, begann Thomas Fovent, über dessen Person nur sehr wenig bekannt ist, ein Pamphlet in lateinischer Sprache zu verfassen. Diesem Werk wurde im späten 14. Jahrhundert die Überschrift Historia sive narratio de modo et forma mirabilis parliamenti apud Westmonasterium anno domini millesimo CCCLXXXVJ, regni vero regis Ricardi secundi post conquestum anno decimo gegeben. Es wurde in den Jahren 1641 und 1643 mehrfach gedruckt: 49 Exemplare der 1641 veröffentlichen Version existieren noch heute, während von der Historia dagegen nur (noch) zwei mittelalterliche Handschriften erhalten sind.
Oliver legt eine neue Interpretation des einzigen Fovent zugeschriebenen Werkes und der Motive des Verfassers vor, der allerdings nur als Autor vermutet wird. Während Fovent bislang als „Lancastrian partisan“ angesehen wurde, ist er für Oliver eine weitaus bedeutendere Figur, da seine Historia das Parlament als Reformkraft propagieren sollte und am ehesten in der Lage war, die unter Richard II blühende Korruption offenzulegen und zu unterbinden (S. 2, 14, 64/65). Fovent schrieb seine Historia, so Olivers These, für eine Londoner Leserschaft aus ‚bureaucrats, civil servants‘ und ‚government functionaries‘ (S. 16), „a readership more public than partisan“ (S. 73), die wie er brennend an den Geschehnissen im Parlament interessiert war (S. 25, 149), „hungry for vitriol“ (S. 73) und „eager for reform“ (S. 83) und ebenso an der „circulation and consumption of documentary culture“ interessiert wie er (S. 115).
Es soll an dieser Stelle auf eine Zusammenfassung der 8 Kapitel (Where Do Pamphlets Come From?; The Good Parliament and the First Political P |
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Opll, Ferdinand, Zwang und Willkür. Leben unter städtischer Herrschaft in der Lombardei der frühen Stauferzeit. Böhlau, Wien 2010. 276 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Opll, Ferdinand, Zwang und Willkür. Leben unter städtischer Herrschaft in der Lombardei der frühen Stauferzeit. Böhlau, Wien 2010. 276 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Ferdinand Opll, in Mödling 1950 geboren, nach dem Studium von Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte in Wien promoviert und 1985 habilitiert, war von 1989 bis 2010 Direktor des Stadt- und Landesarchivs Wien. Die Anfänge seiner persönlichen Hinwendung zum Hochmittelalter wurden maßgeblich von seinem akademischen Lehrer Heinrich Appelt (1910-1998) geleitet. In dankbarer Erinnerung widmet er seine vorliegende sorgfältige Studie seinem Lehrer.
Er versteht sie selbst in mancher Hinsicht als eine Summe aus vielen Jahren. DasThema ist die städtische Herrschaft über den Contado einerseits und das Leben der Leute des Contado unter dieser Herrschaft andererseits. Politisch stehen sich das Ausgreifen Pavias nach dem Süden und das Drängen Piacenzas nach dem Westen gegenüber, wobei den Mittelpunkt die Orte Mondonico, Monticelli, Olmo, Parpanese und S. Manzano bilden.
Die im Anhang wiedergegebenen Quellen bestehen aus einer Bestallungsurkunde des mit der Durchführung von Verhören und ihrer Protokollierung beauftragten Gremiums, elf Notariatsinstrumenten mit Notariatssigneten und drei formlos gehaltenen Niederschriften der Aussagen der einvernommenen Zeugen. Auf ihrer Grundlage zeichnet der Verfasser ein lebendiges Bild der tatsächlichen Lebensverhältnisse im städtischen Umland der Lombardei in frühstaufischer Zeit, das von Zwang und Willkür gekennzeichnet ist. Wie sich die Menschen mit ihrem damaligen beschwerlichen Leben abfanden, nötigt dem Verfasser dieser Geschichte von unten im Rahmen großer Zusammenhänge am Ende Respekt und Anerkennung ab, die der Leser gerne mit ihm teilt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter, hg. v. Ammerer, Gerhard/Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred Stefan. (= Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 1). .Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 366 S., Ill. Besprochen von Thomas Krause. |
Ganzen Eintrag anzeigen Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter, hg. v. Ammerer, Gerhard/Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred Stefan. (= Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 1). .Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 366 S., Ill. Besprochen von Thomas Krause.
Nach zwei jeweils ausschließlich der Geschichte des Gefängnisses gewidmeten Kolloquien in Köln (2002) und Bautzen (2005) fand im September 2007 im liechtensteinischen Kloster St. Elisabeth eine dritte einschlägige Tagung statt. Mit Hospitälern und Klöstern erweiterte sie die Perspektive auf andere „Orte der Verwahrung“ und wählte damit auch zeitlich einen weiter gesteckten Rahmen (S. 13). Die hier vorzustellende Publikation der Referate bildete gleichzeitig den Anlass für die Begründung einer neuen Schriftenreihe unter dem Titel „Geschlossene Häuser – Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung“, die in ansprechender Aufmachung im Leipziger Universitätsverlag erscheint. Laut Vorwort der Reihenherausgeber (S. 7ff.) ist sie betont breit und interdisziplinär angelegt und weder in zeitlicher noch in geografischer Hinsicht begrenzt. In Anbetracht der bekannten entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen Hospitälern und Zuchthäusern sowie der bereits vor längerer Zeit konstatierten Parallelen zwischen Kloster und (Straf)Anstaltsdisziplin, die Gerhard Ammerer (S. 13ff.) und Christina Vanja (S. 31ff.) in ihren beiden Einleitungsbeiträgen zum vorliegenden Sammelband noch einmal in Erinnerung rufen, ist ein solcher Ansatz nachvollziehbar. Er bedeutet allerdings, dass aus (straf)rechtshistorischer Sicht nur ein Teil der Aufsätze von Interesse ist, so dass im Folgenden lediglich die sieben unter der Überschrift „Zucht- und Arbeitshäuser/Gefängnisse“ zusammengefassten Beiträge (S. 61-188) näher in den Blick gen |
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Osterhammel, Jürgen, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, 4. Aufl. Beck, München 2009. 1568 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Osterhammel, Jürgen, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, 4. Aufl. Beck, München 2009. 1568 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Selten hat ein Werk auf Anhieb eine derart breite Zustimmung erfahren wie Jürgen Osterhammels Geschichte des 19. Jahrhunderts. Fachkollegen wie Kritiker haben dem quantitativ in enzyklopädische Dimensionen vorstoßenden, kaleidoskopisch anmutenden Jahrhundertpanorama des Konstanzer Ordinarius für neuere und neueste Geschichte auch in der Qualität höchsten Anspruch bescheinigt; so spricht Jürgen Kocka von einem „Meilenstein deutscher Geschichtsschreibung“, einem der „wichtigsten historischen Bücher der vergangenen Jahrzehnte“ und von einem „großen Wurf“.
Die Aufgabe, Weltgeschichte als eine globale Strukturgeschichte zu verfassen und zugleich die Epochencharakteristika hervorzuheben, führt ein solches Unterfangen an vielerlei Grenzen, wie die Komplexität der auszuwählenden Parameter, die Unüberschaubarkeit und Grenzenlosigkeit potentiellen Quellenmaterials, die Notwendigkeit der Wahl eines eigenen Standpunktes bei dessen gleichzeitiger Infragestellung. Was sich schon für den griechischen Universalhistoriographen Herodot im fünften Jahrhundert vor Christus als Herausforderung auftat, ist in unserer Zeit exponentiell anwachsenden Wissens trotz moderner technischer Hilfsmittel keineswegs leichter in den Griff zu bekommen.
Jürgen Osterhammel versucht es dennoch und teilt seine Arbeit in drei Großabschnitte, die er mit „Annäherungen“, „Panoramen“ und „Themen“ überschreibt. Die „Annäherungen“ (etwa 160 Seiten) befassen sich mit grundlegenden Kategorien, wie der „mediale(n) Verewigung“, also den jetzt noch greifbaren physischen Manifestationen des 19. Jahrhunderts, mit Raum und Zeit. In den „Panoramen“ (über 700 Seiten) werden folgende Großkomplexe analysiert: Sesshafte und Mobile; Lebensstandards (Risiken und Sicherheiten materieller Existenz); Städte (Europäische Muster und |
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Ostermann, Stephanie, Das Klärungsverfahren gemäß § 1598a BGB. Abstammungsrechtlicher Kontext und verfassungsrechtliche Vorgaben (= Schriften zum bürgerlichen Recht 395). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ostermann, Stephanie, Das Klärungsverfahren gemäß § 1598a BGB. Abstammungsrechtlicher Kontext und verfassungsrechtliche Vorgaben (= Schriften zum bürgerlichen Recht 395). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.
Stephanie Ostermann hat die erste Monographie zu einer eine Schallmauer – die Sperrwirkung von bestehenden Vaterschaften – durchbrechenden Norm (§ 1598a BGB, zum 1. April 2008 in Kraft getreten) vorgelegt. Dabei verfolgt die Autorin weder ein rechtshistorisches Ziel noch eine rechtshistorische Methode. Insofern rechtfertigt sich an dieser Stelle lediglich eine kurze Rezension und keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den das geltende bürgerliche Recht betreffenden Argumenten der Verfasserin. Das ist Aufgabe der Kommentar- und der monographischen Literatur zum geltenden Familienrecht. Für die deutsche Rechtsgeschichte wird die Arbeit aber insofern von Bedeutung sein, als sie von Rechtshistorikern (wenn es solche dann noch gibt) gelesen werden wird, wenn das deutsche oder das europäische Abstammungsrecht das im allgemeinen Persönlichkeitsrecht und damit in der allgemeinen Handlungsfreiheit „verankerte“ Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und Nachkommenschaft voll verwirklicht und sämtliche bislang aufrecht erhaltenen Bindungen abgelegt haben und neben der Anfechtung einer Vaterschaft durch sämtliche an der (natürlichen oder künstlichen) Erzeugung eines Menschen beteiligten Personen auch die Anfechtung der Mutterschaft und die daneben möglichen folgenlosen Kenntniserlangungsverfahren vorsehen wird.
§ 1598 a BGB, der den Anspruch auf eine rechtsfolgenlose Abstammungsuntersuchung festschreibt, ist ein Beispiel dafür, wie per se wertfreies Wissen tradierte Werte und Normen unterspült. Der Gesetzgeber folgte mit der Regelung einem Bedürfnis, das die Humangenetik dadurch erzeugt hat, dass sie seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts einfache, billige und massenweise verfügbare Tests zur zw |
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Ostwaldt, Lars, Aequitas und Justitia - Ihre Ikonographie in Antike und früher Neuzeit (= Signa iuris 3). Junkermann, Halle an der Saale 2009. 396 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ostwaldt, Lars, Aequitas und Justitia - Ihre Ikonographie in Antike und früher Neuzeit (= Signa iuris 3). Junkermann, Halle an der Saale 2009. 396 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Ikonographie hat bekanntlich viele offene und heimliche Freunde. In Weiterführung der verdienstvollen Arbeiten Karl von Amiras, Claudius Freiherr von Schwerins, Louis Carlens und vieler anderer haben sich zuletzt Gernot Kocher, Heiner Lück und Clausdieter Schott zu internationaler Zusammenarbeit in diesem Bereich zusammengefunden. In den von ihnen herausgegebenen Signa iuris ist als eigener dritter Band die von Reiner Schulze angeregte, im Sonderforschungsbereich 496 Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution begonnene, von Christian Hattenhauer betreute, von Hans Hattenhauer geförderte und im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des wohl 1973 geborenen, inzwischen als Richter tätigen Verfassers aufgenommen.
Sie gliedert sich in Einleitung (Fragestellung, Forschungsstand, Quellen, Methode), Hauptteil und Schlussbemerkung. Der Hauptteil behandelt aequitas und iustitia in der römischen Antike und iustitia und aequitas in der frühen Neuzeit. Mittelalter und Gegenwart bleiben trotz des Sachsenspiegels auf dem Innentitel im Wesentlichen ausgespart.
Im Ergebnis erklärt der Verfasser die Dominanz der iustitia in der Neuzeit damit, dass sie von den Herrschern und dem in Entstehung begriffenen Staat für Propagandazwecke vereinnahmt wurde. Von daher wurde Justitias Bilde im Bewusstsein der Bevölkerung verankert, wenngleich die Vorliebe für Allegorien, Personifikationen und Symbole längst spürbar nachgelassen hat. Insgesamt 134 Abbildungen vom Bundesverfassungsgericht der Gegenwart bis zum Titelblatt des Landrechts des kurfürrstlichen Pfalzfürstentums in Oberbayern von 1606 veranschaulichen die auf eine umfangreiche L |
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Ozawa, Nana, Louis Adolphe Bridel. Ein Schweizer Professor an der juristischen Fakultät der Tokyo Imperial University. Die geschichtliche Bedeutung der Yatoi zur späten Meiji-Zeit (= Rechtshistorische Reihe 382). Lang, Frankfurt am Main 2010. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ozawa, Nana, Louis Adolphe Bridel. Ein Schweizer Professor an der juristischen Fakultät der Tokyo Imperial University. Die geschichtliche Bedeutung der Yatoi zur späten Meiji-Zeit (= Rechtshistorische Reihe 382). Lang, Frankfurt am Main 2010. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die rund 100 Textseiten umfassende Arbeit ist die von Pio Caroni angeregte und betreute Untersuchung der 1977 in Tokio geborenen und ausgebildeten, 2004 in Bern tätigen Verfasserin. Sie behandelt die bisher vernachlässigte Geschichte der zweiten Generation der europäischen Rechtsberater Japans an der Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts. An Hand verschiedener ungedruckter Dokumente kann sie überzeugend nachweisen, dass auch der am 6. Juli 1852 in Paris als ältester Sohn des evangelischen Missionars Louis Philippe Benjamin Bridel und der aus Frankfurt am Main kommenden Louise Bridel, geborene Köster, zur Welt gekommene, in Lausanne, Tübingen und Paris ausgebildete Louis Bridel sich in einem dreizehnjährigen Aufenthalt in Japan um die rechtlichen Verbindungen zwischen Japan und Europa durchaus verdient gemacht hat und nur durch seinen frühen Tod daran gehindert wurde, auch auf weitere Länder Ostasiens in gleicher Weise auszustrahlen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pahud de Mortanges, René, Schweizerische Rechtsgeschichte. Ein Grundriss. Dike, Zürich 2007. XVI, 288 S. Abb. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Ein unprätentiöser Grundriss traditionellen Zuschnitts mit Schwerpunkt Staats- und Verfassungsentwicklung. Nach einem eher einleitenden Teil „Die römische und fränkische Zeit“ folgt eine Zweiteilung: „Die Alte Eidgenossenschaft“ sowie „Die Moderne“. Im Wesentlichen gliedern sich diese beiden Teile in Staats- und Verfassungsgeschichte, Rechtsquellengeschichte, Geschichte der Gerichtsbarkeit und die der Rechtswissenschaft. Insgesamt sehen wir uns informiert über die Entstehung der Eidgenossenschaft im Rahmen des Heiligen Römischen Reiches als „ein sukzessives, schon im 15. Jh. einsetzendes Auseinandertriften zwischen Reich und Eidgenossenschaft“ (S. 57) bis hin zur „Exemtionserklärung 1648“ sowie über die auch danach noch existierenden Beziehungen zur Reichsverfassung, an deren Stelle aber allmählich die Souveränität der (späteren) Kantone tritt (z. B. S. 59). Nach dieser gesamtschweizerischen Entwicklung folgt die Darstellung der „inneren Struktur der Orte“ in der Dreiteilung „Länderorte“, „Städteorte“ sowie „Orte mit monarchischer Verfassung“, unter diesen etwa die Fürstabtei St. Gallen. Zu den Länderorten hätte man sich ein detaillierteres Eingehen darauf erwartet, wie denn die Kompetenzen der Vögte „mit der Reichsfreiheit auf die Männer des Ortes über(gingen)“ (S. 62), was entfernt auch für die Städteorte gilt, wenngleich hier der Hinweis auf eine ähnliche Entwicklung „in anderen Gebieten Europas“ hilfreich ist (S. 68). Im „Aufbau der Landeshoheit“ erkennt der Verfasser in allen drei Orte-Kategorien gewisse Gemeinsamkeiten. Die Entwicklung in der „Moderne“ ist die des Verfassungsstaates, der mit der Helvetik einsetzt und bis zur Bundesverfassung 2000 reicht, aber auch die Entwicklung in den Kantonen mitbeschreibt.
In den Rechtsquellen-Abschnitten folgt auf die des Mittelalters, insbesonde |
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Pailer, Gaby, Hedwig Dohm. Werhahn-Verlag, Hannover 2011. 125 S. Besprochen von Stephan Meder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pailer, Gaby, Hedwig Dohm. Werhahn-Verlag, Hannover 2011. 125 S. Besprochen von Stephan Meder.
Hedwig Dohm (1831-1919) gehört zu den stärksten Wortführerinnen der ,ersten’ deutschen Frauenbewegung im Kaiserreich. Sie ist nicht nur durch ihr Eintreten für politische Rechte der Frau als Staatsbürgerin, sondern auch durch ihr facettenreiches literarisches Werk bekannt geworden, das szenische Dialoge, Komödien, Novellen und Romane umfasst. In der „Geschichte der Frauenbewegung“ schreibt Gertrud Bäumer (1873-1954), für die deutsche Frauenbewegung sei „keine geistreichere Feder geführt worden, als die von Hedwig Dohm“, doch liege die Bedeutung ihres Werks „mehr in der Augenblickswirkung einer glänzenden Persiflage, als in der Mitarbeit an der Theorie, aus der die Frauenbewegung sich selbst immer besser zu rechtfertigen lernte“.[1] Das Buch Gaby Pailers zeigt, dass diese Einschätzung, an der im Grunde auch die ,neue’ Frauenbewegung der 1970er Jahre noch festgehalten hat, einer Revision bedarf. Dies sei anhand der in der Entstehungsphase des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) um die Rechtsstellung der Frau geführten Debatten kurz erläutert.
Die Frage nach der Regelung des Geschlechterverhältnisses war in den beiden Jahrzehnten vor Inkrafttreten des BGB ein lebhaft diskutiertes Thema. Mit Blick auf den wachsenden Widerstand von Reformkräften und Frauenvereinen sahen sich die Verfasser des BGB gezwungen, die angestrebte Ungleichbehandlung der Geschlechter zu rechtfertigen. Heftig umstritten war insbesondere der sogenannte „Gehorsamsparagraph“ des § 1354 BGB, der erst in den 1950er Jahren durch das Gleichberechtigungsgesetz aufgehoben wurde. Nach dieser Vorschrift sollte „dem Manne die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zustehen“. § 1354 BGB diente als Grundlage für die Ungleichbehandlung der Frau in den verschiedenen Teilbereichen des Familienrechts - etwa im Recht der Ehewirkungen, de |
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Palmowski, Jan. Inventing a Socialist Nation. Heimat and the Politics of Everyday Life in the GDR, 1945-1990. Cambridge University Press. Cambridge 2009. 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Palmowski, Jan. Inventing a Socialist Nation. Heimat and the Politics of Everyday Life in the GDR, 1945-1990. Cambridge University Press. Cambridge 2009. 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser wurde nach dem Studium von Geschichte und Wirtschaft an der Universität York 1995 in Oxford promoviert. Er ist bereits durch Werke über moderne europäische Geschichte hervorgetreten. So hat er sich beispielsweise mit dem städtischen Liberalismus im zweiten Deutschen Reich am Beispiel Frankfurts am Main (1999) intensiv befasst. Als Leiter der School of Arts and Humanities am King’s College London ist er bestens geeignet, von außen ein Bild der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu entwerfen, für das er zahlreiche archivalische Quellen und persönliche Interviews verwendet..
Ausgangspunkt ist auch für ihn der schwer zu erklärende, sich mit unerwarteterGeschwindigkeit vollziehende Zusammenbruch des 1949 geschaffenenen und allgemein als recht stabil angesehenen sozialistischen deutschen Staates. Zur Erklrärung des überraschenden Geschehens behandelt der Verfasser die anregende Frage, wie die sozialistische deutsche Nation nach 1945 entstehen und bis 1990 bestehen konnte. Veranschaulicht wird dieser Vorgang in der Form eines blühenden Straußes in der Hand Erich Honeckers inmitten einer freundlichen Gruppe von Frauen und Männern vor der Staatsfahne.
Gegliedert ist die ansprechende Untersuchung in drei Teile, die mit der Schaffung der nationalen Identätität nach der Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen 1945 beginnen. Rasch gelangt der Verfasser aber zu Erich Honecker, der erfolgreich die Verwurzelung mit der örtlichen Herkunft ins Werk zu setzen versteht, so dass die Zerstörung der Umwelt überspielt werden kann. Am Ende zeichnet der Verfasser einleuchtend den Weg nach, der über Verschleierung von Gewalt und Doppeldeutigkeiten letztlich dazu führt, dass aus heimatverbundenen Staatsbürgern doch binnen weniger Mon |
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Paravicini, Werner, Die Wahrheit der Historiker. Oldenbourg, München 2010. VII, 94 S. Besprochen von Thomas Vogtherr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Paravicini, Werner, Die Wahrheit der Historiker. Oldenbourg, München 2010. VII, 94 S. Besprochen von Thomas Vogtherr.
Leopold von Rankes Gewissheit, geduldige Quellenanalyse und Quellenkritik könnten den Historiker befähigen, zu ermitteln, „wie es eigentlich gewesen“ sei, steht längst unter Generalverdacht. Zumeist lautet der Vorwurf auf Naivität und Gutgläubigkeit, nicht gerade strafwürdige Verbrechen, aber immerhin doch geeignet und auch dazu gedacht, den Ruf eines der bedeutendsten Historiker aller Zeiten und deutscher Sprache zu mindern und ihn und die auf seinen Spuren wandelnden Historiker späterer Zeiten („Neo-Rankeaner“) aus dem Kreis der methodisch und methodologisch ernstzunehmenden Wissenschaftler zu verstoßen. Kaum eines der geschichtstheoretischen Gedankengebäude der letzten beiden Generationen ließ Ranke unangetastet. A fortiori gilt das für diejenigen Theorien anderer wissenschaftlicher Disziplinen, derer sich die Historiker mehr und mehr bedienen, vor allem der Literaturwissenschaft, in deren Augen historische Quellen zu (literarischen) Texten werden, bei denen lediglich noch der Umfang des Fiktionalen zu bestimmen ist, nicht aber die Frage klärungsbedürftig erscheint, ob nicht wenigstens ihre Verfasser anderes als Fiktionales im Sinn gehabt haben könnten. An diesem Punkt setzt der vorliegende Essay ein, dessen Verfasser, der langjährige Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Paris, nun seinerseits nicht eben zurückhaltend mit den Gegnern Rankes ins Gericht geht. Entstanden ist eine Streitschrift, die den Vertretern des geschichtstheoretischen common sense den Spiegel vorhalten und ihre naiven und gutgläubigen Gefolgsleute vor den Folgen warnen will.
Paravicini geht keinem der erkenntnistheoretischen Kernprobleme aus dem Wege: „Es geht mir darum, die Grenze zwischen Tatsache und (Re-)Konstruktion, Richtigkeit und Wahrheit, Fakten und Fiktionen neu zu ziehen und den Grenzverlauf in vernünftiger Weise zu revi |
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Party Autonomy in International Property Law, hg. v. Westrik, Roel/Weide, Jeroen van der. Sellier, München 2011. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Party Autonomy in International Property Law, hg. v. Westrik, Roel/Weide, Jeroen van der. Sellier, München 2011. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Sammelband ist das Ergebnis einer in der Erasmus School of Law in Rotterdam, in dessen Hafen 2008 und 2009 mehr als 800 Millionen Tonnen Waren umgeschlagen wurden, vom 27.-28. Mai 2010 abgehaltenen Tagung mit Vertretern aus 22 Universitäten in Europa, Asien und Afrika. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob Beteiligten an einer internationalen Übertragung von Eigentum die Wahl des darauf anzuwendenden Rechts freistehen sollte. Dazu wurden insgesamt 12 Referate vorgetragen.
In einem ersten Abschnitt befassten sich vier Teilnehmer mit allgemeinen Problemen aus der Sicht des kontinentaleuropäischen Rechtes und des angloamerikanischen Common Law. Der zweite Abschnitt behandelte in zwei Referaten das internationale Privatrecht des Eigentums aus deutscher, französischer und belgischer Sicht, der dritte Abschnitt Entwicklungen und Erwartungen in Europa und in europäischen Rechtsprojekten. Am Ende widmeten sich vier Studien besonders dem Assignment im internationalen Privatrecht.
Hintergrund aller Überlegungen war die zunehmende Bedeutung des internationalen Handels vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten. Sie nährte Zweifel an der Überzeugungskraft der hergebrachten situs-Lösung. Vieles deutet dabei in der jüngsten Rechtsgeschichte auf die Notwendigkeit der Angleichung der unterschiedlichen internationalen Privatrechte in Richtung auf mehr Privatautonomie.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Patka, Marcus G., Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus. Treue und Verrat. Böhlau, Wien 2011. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Patka, Marcus G., Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus. Treue und Verrat. Böhlau, Wien 2011. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Wien 1966 geborene, als Germanist und Kulturhistoriker ausgebildete, seit 1998 als Kurator im Jüdischen Museum Wien tätige Verfasser ist seit 1997 durch eine Reihe von Werken hervorgetreten. Sie betreffen etwa Egon Erwin Kisch - Streitbare Stationen im Leben eines streitbaren Mannes, Zu nahe der Sonne - deutsche Schriftsteller im Exil in Mexiko, Die Welt des Karl Farkas, Displaced - Paul Celan, Mexiko 1938-1947, Feuilletons zu Theodor Herzl, Hans Gál, Egon Wellesz, Manès Sperber, jüdische Sportler in Wien oder Friedrich Torberg, vielfach in enger Beziehung zu Ausstellungen. Am Beginn seines Interesses am Thema des vorliegenden Buches stand die Erkenntnis, dass die österreichischen Freimaurer in der Zwischenkriegszeit mehrheitlich jüdischer Herkunft waren, während in Deutschland die Freimaurerei überwiegend deutsch-national geprägt war. Den eigentlichen Anlass gab der Fund der Aktien der SS-Razzia gegen die Großloge von Wien im März 1938 im Deutschen Bundesarchiv Berlin Lichterfelde mit Dokumenten über die Zusammenarbeit des vormaligen Hochgradmaurers Dr. Kurt Reichl mit der SS ab 1935.
Gegliedert ist das Werk in drei Teile, von denen der erste Teil die Zerschlagung der Großloge von Wien betrifft und Dr. Kurt Reichl ausführlich behandelt. Teil zwei befasst sich mit österreichischen Freimaurern im Exil (Prag, Paris, Zürich, Budapest, London, Sydney, Schanghai, Israel, Buenos Aires, New York und Los Angeles) und den dortigen unterschiedlichen Bedingungen. Teil drei schildert den schwierigen Neubeginn in Wien zwischen 1945 und 1955.
Überzeugend betont der Verfasser die proeuropäische Orientierung der österreichischen Freimaurer der Zwischenkriegszeit. Neben der Verfolgung und Vernichtung sowie der Möglichkeit der Anpassung für nichtjüdische Freimaurer kann er auch vereinzelt Wide |
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Patzold, Steffen, Episcopus. Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts (= Mittelalter-Forschungen 25). Ostfildern, Thorbecke 2009. 659 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Patzold, Steffen, Episcopus. Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts (= Mittelalter-Forschungen 25). Ostfildern, Thorbecke 2009. 659 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das umfangreiche, gegenüber der ursprünglichen Fassung bereits gekürzte, neben vielen gedruckten Quellen auch 18 Handschriften einbeziehende Werk beruht auf der im Wintersemester 2005/2006 an der Universität Hamburg eingereichten, von Hans-Werner Goetz betreuten Habilitationsschrift des inzwischen in Tübingen wirkenden Verfassers. Sie behandelt einen gewichtigen Gegenstand, der rasch das Interesse eines sachkundigen Rezensenten gefunden hat. Leider konnte der Verlag kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. so dass der Herausgeber mit einigen wenigen Zeilen auf das Buch hinweisen muss.
Gegliedert ist es in insgesamt 10 Abschnitte, von denen die Einleitung Forschungsstand, theoretischen Rahmen und Aufbau der Studie beschreibt, die Zusammenfassung die Ergebnisse und Folgerungen präsentiert, drei Anhänge Einzelfragen vertiefen und belegen und Verzeichnisse (etwa der etwa 80 erfassten Bistümer oder der fast 1000 einbezogenen Personen) das Buch aufschließen. Im ersten Sachkapitel zeigt der Verfasser die Wandlungen im Wissen über Bischöfe durch einen Vergleich der Jahre um 800 und um 900. Danach behandelt er den Umbruch der 820er Jahre, die Zeit zwischen der Reichskrise und dem Ende der Brüderkriege, das Wissen über Bischöfe im späteren 9. und frühen 10. Jahrhundert im Spiegel normativer Quellen, den Episkopat im Spiegel der Historiographie des späteren 9. Jahrhunderts und des frühen 10. Jahrhunderts sowie den Episkopat im Spiegel der Bischofsviten der späteren Karolingerzeit.
Insgesamt erkennt er auf dieser sorgfältig erarbeiteten Grundlage den verfassungsgeschichtlichen Bruch zwischen Zeit der Karolinger und der Zeit der Ottonen als weitaus weniger tief an, als er von der bisherigen Forschung angenommen wurde, während er |
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Pausch, Oskar, Vocabularia Francusia (CVP 2598) von 1409/10. Ein Glossar aus dem Umkreis König Wenzels IV. Mit einem sprachhistorischen Beitrag und Textkommentaren von Goebl, Hans (= Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, 812), Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2010. 128 S. Besprochen von Hiram Kümper. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pausch, Oskar, Vocabularia Francusia (CVP 2598) von 1409/10. Ein Glossar aus dem Umkreis König Wenzels IV. Mit einem sprachhistorischen Beitrag und Textkommentaren von Goebl, Hans (= Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, 812), Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2010. 128 S. Besprochen von Hiram Kümper.
Im dreißigsten und letzten Kapitel der Goldenen Bulle Karls IV. werden die Kurfürsten dazu angehalten, ihre Söhne vom siebten Lebensjahr an in den wichtigsten Fremdsprachen des Reiches und seiner Nachbarn zu unterrichten. Was für die Fürstensöhne galt, galt für den Kaisersohn – zumal angesichts der Personalunion von römisch-deutschem König und böhmischer Kur unter den Luxemburgern – nicht minder. Ein wichtiges Dokument solcher hochadeliger Fremdsprachenausbildung liegt nun in Edition vor: ein lateinisch-französisches Vokabular aus den Jahren um 1409/10. Bereits 2004 hat der Editor die dreisprachigen Habsburgervokabulare für Ladislaus Postumus und Maximilian I. herausgegeben und dabei auch auf den Wiener Cvp 2598 hingewiesen. Nun folgt mit einigen Jahren Verzögerung auch die Edition dieses spannenden kleinen Vokabulars, das offenbar aus dem Umfeld Wenzels IV. stammt. Wahrscheinlich war es für dessen Nichte Elisabeth von Görlitz bestimmt, die er schon 1398 in einer Eheabrede Karl von Orleans versprochen hatte. Die saubere diplomatische Edition wird begleitet von einer knappen Einleitung, die neben der kodikologischen Einordnung auch die Bezüge zum Wenzelshof plausibel macht, sowie einem „offenen“ sprachhistorischen Kommentar von Hans Goebl, der weniger darauf abzielt, endgültig zu erschließen, als viel mehr den Weg in den Text zu öffnen. Schließlich wird das Vokabular kurz in vergleichende Verbindung mit den späteren Habsburgervokabularen gebracht. Eine Farb- und mehrere Schwarzweißabbildungen im Anhang geben einen Eindruck der edierten Handschrift.
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Petersohn, Jürgen, Kaisertum und Rom. Romidee und Rompolitik von Heinrich V. bis Friedrich II. (= MGH Schriften 62). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2010. LVI, 424 S., 8 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Petersohn, Jürgen, Kaisertum und Rom. Romidee und Rompolitik von Heinrich V. bis Friedrich II. (= MGH Schriften 62). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2010. LVI, 424 S., 8 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem kurzen, klaren Vorwort des Verfassers kommen mit dem Buch jahrzehntelange Forschungen zum Abschluss. Das ihn seit seinem ersten Aufenthalt als Stipendiat der Studienstiftung im Wintersemester 1961/1962 fesselnde Rom ist seit 1971 einer seiner besonders wichtigen Forschungsgegenstände. Diesem widmete er sich in der Folge in vielen Aufsätzen, deren bloße Sammlung er aber als so unbefriedigend empfand, dass er sich Zeit für eine in sich geschlossene große Abhandlung nehmen wollte und erfolgreich nahm.
Gegenstand des daraus entstandenen Werkes sind die Wechselwirkungen von Romidee und Rompolitik des Kaisers und der Römer zwischen dem frühen zwölften und dem mittleren dreizehnten Jahrhundert oder auf Menschen bezogen zwischen Heinrich V. und Friedrich II. Im Mittelpunkt steht allerdings schwergewichtig Friedrich I. Barbarossa in seiner Auseinandersetzung mit Papst und oberitalienischen Kommunen. Insgesamt bildet der Verfasser hierfür nach Beschreibung des Vorhabens und seiner Dimensionen 20 Abschnitte.
Davon sind die ersten fünf dem letzten Salier, Lothar von Supplinburg und dem ersten Staufer gewidmet, unterbrochen von dem autonomen Romgedanken des Petrus Diaconus. Die letzten drei Abschnitte betreffen Heinrich VI. und Friedrich II. sowie zusammenfassend den Romdiskurs des 12. und 13. Jahrhunderts als das Gespräch über die ideelle Bedeutung Roms und seine politischen Folgen für den jeweiligen Gesprächspartner. Diesen Diskurs sieht der Verfasser trotz der unvollständigen Überlieferung ansprechend als zeitgenössisches Protokoll der Themen, Richtungen und Ergebnisse, die das Verhältnis von Kaisertum und Rom unter den wechselnden Voraussetzungen der betroffenen Zeit bestimmten.
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Petitions to the Crown from English Religious Houses, c. 1272-c. 1485, hg. v. Dodd, Gwilym/McHardy, Alison K.with the assistance of Liddy, Lisa (= Canterbury and York Society Vol. 100). The Canterbury and York Society/Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2010. L, 302 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Petitions to the Crown from English Religious Houses, c. 1272-c. 1485, hg. v. Dodd, Gwilym/McHardy, Alison K., with the assistance of Liddy, Lisa (= Canterbury and York Society Vol. 100). The Canterbury and York Society/Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2010. L, 302 S. Besprochen von Susanne Jenks.
Aus den mehr als 17000 Petitionen, die im englischen Nationalarchiv (The National Archives) als Ancient Petitions unter der Signatur SC 8 zusammengefasst sind, wurden für das vorliegenden Werk 214 von Klöstern eingereichte Bittschriften ausgewählt, die Einblicke in das Klosterleben und die Einbindung der Klöster in das öffentliche Leben im späten 13, bis 15. Jahrhundert geben und die gesamte Bannbreite der Bitten um Gunstbeweise und Beschwerden widerspiegeln, sowie besonders aussagekräftig oder interessant sind. Die Petitionen wurden in sechs Kategorien eingeteilt: Routineangelegenheiten (13 Petitionen), Übergriffe königlicher Bediensteter (20 Petitionen), Gunstersuchen (60 Petitionen), Bittschriften, in denen eine dritte Partei involviert war (67 Petitionen), Bittschriften von Ordenshäusern (15 Petitionen) sowie gegen Äbte und Prioren gerichtete Bittschriften (39 Petitionen).
Der Hauptteil besteht aus der Transkription der mittelenglischen, lateinischen und französischen Petitionen sowie kurzen englischen Zusammenfassung aller Bittschriften. Die Qualität der Transkriptionen ist erschreckend schlecht. Alle zehn nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Petitionen (Nrn. 46, 63, 70, 99, 103, 130, 142, 164, 170, 212), die anhand der auf Netz liegenden Bilder der Originale überprüft wurden, wiesen mehrere Fehler auf. Auslassungen (Nr. 103: Roy), kleinere und größere, nicht sinnentstellende Transkriptionsfehler sind ebenso zu finden wie unsinnige Wörter. Nehmen wir Petition Nr. 70 als Beispiel. Folgende Fehler sind anzumerken: Loministre (statt Leministre, 1. Zeile), fetz (statt feiz, 2. Zeile), e les avees ont (statt que les aveesont, 4. |
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Pfannkuchen, Karsten, Selbstmord und Sanktionen - eine rechtshistorische Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung ostpreußischer Bestimmungen. Logos-Verlag, Berlin 2008. XL, 203 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Pfannkuchen, Karsten, Selbstmord und Sanktionen - eine rechtshistorische Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung ostpreußischer Bestimmungen. Logos-Verlag, Berlin 2008. XL, 203 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die drucktechnisch rückständig gesetzte Arbeit ist die von Wolfgang Sellert in Göttingen betreute Dissertation des Verfassers. Sie betrifft einen seltener behandelten Gegenstand. Der Verfasser dankt besonders für die Unterstützung bei der Bearbeitung der lateinischen Quellen.
Gegliedert ist die Untersuchung in sechs Abschnitte, wobei der erste Abschnitt in die Begriffe Selbstmord und Selbstmörder einleitet. Danach beschäftigt sich der Autor mit dem Selbstmord in der antiken römischen Rechtsentwicklung und der Kriminalisierung des Selbstmords, wobei er besonders auf die germanisch-heidnische Zeit und den Einfluss der Kirche eingeht. Danach wendet er sich in ungefährer chronologischer Reihenfolge dem Verhältnis von Selbstmord und Einziehung des Vermögens, der Behandlung der Leichname nach Selbstmorden in Untersuchungshaft und der Behandlung der Leichname „gewöhnlicher“ Selbstmörder zu.
Im Mittelpunkt der Studie steht Ostpreußen im 18. Jahrhundert. Dabei stellt der Verfasser etwa fest, dass die Konfiskation nach Selbstmorden in Ostpreußen praktisch keine Rolle spielte. In der juristischen Literatur war nach seinen Erkenntnissen die Behandlung des von der Aufklärung eher verstandenen Selbstmords umstritten.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Pitzer, Frank, Interessen im Wettbewerb. Grundlagen und frühe Entwicklung der europäischen Wettbewerbspolitik 1955-1966 (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 195). Steiner, Stuttgart 2009. 482 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Pitzer, Frank, Interessen im Wettbewerb. Grundlagen und frühe Entwicklung der europäischen Wettbewerbspolitik 1955-1966 (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 195). Steiner, Stuttgart 2009. 482 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Carl-Christian von Weizsäcker angeregte, von Günther Schulz betreute, im Wintersemester 2006/2007 von der philosophischen Fakultät der Universität Bonn angenommene Dissertation des Verfassers. Ihr geht es um die Bedeutung der europäischen Wirtschaftspolitik im erfolgreichen Vorgang der vielseitigen europäischen Integration. Im Kern befasst sie sich mit dem Entstehen einer integrierenden europäischen Wettbewerbspolitik aus divergierenden Voraussetzungen.
Gegliedert ist das ansprechende Werk in insgesamt sieben Abschnitte. Nach einer Relevanz, Grenzen, Forschungsstand, Quellenlage und Vorgangsweise darstellenden Einleitung bietet der Verfasser zunächst einen grundlegenden theoretischen Teil. Auf seiner Grundlage zeichnet er den geschichtlichen Vorgang von den Traditionen und Entwicklungen bis zur Mitte der 1950er Jahre (in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Niederlande, Italien, Belgien und dem kleinen Luxemburg) über die Vertiefung der europäischen Integration mit dem Problem der ungleichen Präferenzen für eine Wettbewerbspolitik (1955-1957), die Anstrengungen der Generaldirektion IV für die Anwendung der Grundsätze (1958-1960) und die Fortsetzung der Präferenzannäherung mit anderen Mitteln (1960-1962) bis zur Umsetzung beschlossenen Rechts durch Gemeinschaftsinstitutionen (1962-1966) detailliert nach.
Dabei zeigt er überzeugend, dass die Grundlage das Ergebnis intensiver Verhandlungen der sechs Gründungsmitglieder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zwischen 1955 und 1966 ist. Besondere Bedeutung erlangte dabei die einigermaßen konstante deutsche Verhandlungsposition, die aber durch wesentliche Beiträge der anderen Mitgliedstaaten erg |
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Pokorny, Rudolf, Augiensia. Ein neuaufgefundenes Konvolut von Urkundenabschriften aus dem Handarchiv der Reichenauer Fälscher des 12. Jahrunderts (= MGH Studien und Texte 48). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2010. XII, 178 S. Besprochen von Thomas Vogtherr. |
Ganzen Eintrag anzeigen VogtherrPokornyaugiensia20101230 Nr. 13461 ZRG GA 129 (2012) 33
Pokorny, Rudolf, Augiensia. Ein neuaufgefundenes Konvolut von Urkundenabschriften aus dem Handarchiv der Reichenauer Fälscher des 12. Jahrhunderts (= MGH Studien und Texte 48). Hahnsche Buchhandlung. Hannover 2010. XII, 178 S. Besprochen von Thomas Vogtherr.
Neufunde von Texten früh- und hochmittelalterlicher Herrscherurkunden haben Seltenheitswert. Wenn man aber nicht nur einen solchen Text, sondern gleich mehr als ein halbes Dutzend von ihnen findet, ist das sensationell, auch dann, wenn es sich nicht um Originale, sondern „nur“ um Abschriften des ausgehenden 15. Jahrhunderts handelt. Von einem solchen Fall handelt das vorliegende Buch. – Für wichtige Teile der Rekonstruktion der heute teils verschollenen, teils zerstreuten Urkundenüberlieferung des Klosters Reichenau im Bodensee waren Historiker bisher auf frühneuzeitliche Übersetzungen der Texte in der Chronik des Gallus Öhem aus dem Jahre 1508 angewiesen. Bei Erschließungsarbeiten an der Bibliothek des Augsburgers Konrad Peutinger (1465-1547) fand sich nun – von den Bearbeitern des 2005 erschienenen Bibliothekskatalogs in der Tragweite übrigens nicht erkannt – in der Handschrift Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek 2o Cod. Aug. 395 f. 144r-180r ein Konvolut von insgesamt 33 Abschriften lateinischer Urkundentexte, möglicherweise aus Peutingers Materialsammlungen zu einem nie geschriebenen „Keiserbuch“ stammend. Es handelt sich um 16 Hausmeier-, Königs- und Kaiserurkunden, 9 Papsturkunden und Papstbriefe, 5 Abtsurkunden und 3 andere Stücke aus den Jahren zwischen (angeblich) 724 und 1237/1252. Davon sind 7 Stücke bisher gänzlich unbekannt gewesen, und 12 weitere Urkunden lagen nur in den erwähnten Übersetzungen Öhems vor. Die Stücke werden von Pokorny großenteils ediert und durchweg akribisch kommentiert. Auf eine außerordentlich nützlichen Liste zur früh- und hochmittelalterlichen Urkundenüberlieferung der |
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Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 2 Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, hg. und eingel. v. Schefold, Dian in Zusammenarbeit mit Müller, Christoph. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 891 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 2 Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, hg. und eingel. v. Schefold, Dian in Zusammenarbeit mit Müller, Christoph. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 891 S.
Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 4 Politik und Verfassung in der Weimarer Republik, hg. v. Lehnert, Detlef. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XI, 739 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Das Schicksal von Hugo Preuß ist es, zu seinen Lebzeiten eher am Rande seines Faches, des Staats-, Verfassungs- und Verwaltungsrechts, gestanden zu haben, doch in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik Deutschland aufgewertet worden zu sein. Zu dieser Ehre ist er vor allem als Schöpfer der Weimarer Reichsverfassung gekommen; doch war er unter den Juristen seiner Zeit auch noch einer der wenigen Demokraten, der zudem - auch dies selten - seine Profession sowohl wissenschaftlich wie praktisch als zur Politik hin offen betrieb. Diese Sonderstellung unter den deutschen Juristen war es denn auch gewesen, die den Rat der Volksbeauftragten veranlasste, den damaligen Professor für öffentliches Recht und Rektor der Berliner Handelshochschule damit zu beauftragen, den Entwurf einer Verfassung für das neue Deutschland zu erarbeiten. Er lag den Beratungen der Nationalversammlung zugrunde und wurde in dieser Zeit auch von Reichsinnenminister Preuß in den parlamentarischen Gremien vertreten. Kennzeichnend für die Situation war, dass die Sozialdemokraten über keinen eigenen Juristen für diese Aufgabe verfügten. Denn Hugo Preuß war wie viele deutsche Juden Linksliberaler und Mitbegründer der eigentlichen Verfassungspartei der Weimarer Republik, der Deutschen Demokratischen Partei (DDP).
Davon überzeugt, dass Hugo Preuß als Demokrat in schwieriger Zeit, als Jurist und historische Gestalt noch nicht ausreichend gewürdigt wird, hat sich die Hugo-Preuß-Gesellschaft daran begeben, seine Schriften g zugänglich zu machen. Sie wird dabei von einigen Förde |
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Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 4 Politik und Verfassung in der Weimarer Republik, hg. v. Lehnert, Detlef. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XI, 739 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 2 Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, hg. und eingel. v. Schefold, Dian in Zusammenarbeit mit Müller, Christoph. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 891 S.
Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 4 Politik und Verfassung in der Weimarer Republik, hg. v. Lehnert, Detlef. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XI, 739 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Das Schicksal von Hugo Preuß ist es, zu seinen Lebzeiten eher am Rande seines Faches, des Staats-, Verfassungs- und Verwaltungsrechts, gestanden zu haben, doch in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik Deutschland aufgewertet worden zu sein. Zu dieser Ehre ist er vor allem als Schöpfer der Weimarer Reichsverfassung gekommen; doch war er unter den Juristen seiner Zeit auch noch einer der wenigen Demokraten, der zudem - auch dies selten - seine Profession sowohl wissenschaftlich wie praktisch als zur Politik hin offen betrieb. Diese Sonderstellung unter den deutschen Juristen war es denn auch gewesen, die den Rat der Volksbeauftragten veranlasste, den damaligen Professor für öffentliches Recht und Rektor der Berliner Handelshochschule damit zu beauftragen, den Entwurf einer Verfassung für das neue Deutschland zu erarbeiten. Er lag den Beratungen der Nationalversammlung zugrunde und wurde in dieser Zeit auch von Reichsinnenminister Preuß in den parlamentarischen Gremien vertreten. Kennzeichnend für die Situation war, dass die Sozialdemokraten über keinen eigenen Juristen für diese Aufgabe verfügten. Denn Hugo Preuß war wie viele deutsche Juden Linksliberaler und Mitbegründer der eigentlichen Verfassungspartei der Weimarer Republik, der Deutschen Demokratischen Partei (DDP).
Davon überzeugt, dass Hugo Preuß als Demokrat in schwieriger Zeit, als Jurist und historische Gestalt noch nicht ausreichend gewürdigt wird, hat sich die Hugo-Preuß-Gesellschaft daran begeben, seine Schriften g zugänglich zu machen. Sie wird dabei von einigen Förde |
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Privilege and Property. Essays on the History of Copyright, edited by Deazley, Ronan/Kretschmer, Martin/Bently, Lionel. Open Book Publishers, Cambridge 2010. XII, 438 S., 11 Abb. Besprochen von Rainer Nomine. |
Ganzen Eintrag anzeigen Privilege and Property. Essays on the History of Copyright, edited by Deazley, Ronan/Kretschmer, Martin/Bently, Lionel. Open Book Publishers, Cambridge 2010. XII, 438 S., 11 Abb. Besprochen von Rainer Nomine.
Im März 2008 öffnete das digitale Archiv „Primary sources of Copyright (1450-1900)“ seine virtuellen Pforten (www.copyrighthistory.org). Die von dem UK Arts and Humanities Research Council (AHRC) gegründete Sammlung gewährt direkten Zugriff auf mittlerweile mehr als 550 bedeutende Zeugnisse der europäischen wie der nordamerikanischen Urheberrechtsgeschichte. Die von Lionel Bently (Bournemouth University) und Martin Kretschmer (University of Cambridge) verantwortete Datenbank soll insbesondere in den anglo-amerikanischen Raum hineinwirken, wo die urheberrechtliche Diskussion eher seltener rechtshistorischen Argumenten zugänglich ist. Der hier anzuzeigende, physisch und selbstverständlich auch „online“ erwerbbare Sammelband nun ist die Frucht einer international besetzten Eröffnungskonferenz des Archivs und will - so der Klappentext - eine „neue Geschichte“ des Urheber-/Nachdruckrechts konzipieren; die Beiträge decken denn auch einen sich von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert erstreckenden Zeitraum ab. Das Werk enthält einen Einleitungsaufsatz der Herausgeber, der nach der anregenden Erörterung der Grundfrage: Was macht (eigentlich) die Geschichte des geistigen Eigentums aus? („What is Copyright History?“) vorab erklärt, aus welchem Blickwinkel die fünfzehn folgenden Beiträge von Fachjuristen, Geschichts-, Kultur-, Medien- und Musikwissenschaftlern zur Erhellung des genannten Großthemas beitragen sollen. Neben der (auch rechtsvergleichenden) Darstellung von Grundlinien der Debatte um das geistige Eigentum (etwa in dem Beitrag: „Metaphors of Intellectual Property“ von William St. Clair, University of London) gibt dann die große Mehrzahl der Aufsätze eine - dem Untertitel des Bandes: „Essays on the History of Copyright“ eher entspre |
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Puttkamer, Joachim von, Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert (= Oldenbourg Grundrisse der Geschichte 38). Studienausgabe. Oldenbourg, München 2010. XII, 353 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Puttkamer, Joachim von, Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert (= Oldenbourg Grundrisse der Geschichte 38). Studienausgabe. Oldenbourg, München 2010. XII, 353 S. Besprochen von Gerhard Köbler
Der von dem 1964 geborenen, als Professor für osteuropäische Geschichte in Jena tätigen Verfasser vorgelegte große Überblick über einen wichtigen Bereich Europas ist nach seinem Erscheinen sogleich auf das Interesse eines sachkundigen Rezensenten gestoßen. Leider war aus unbekannten Gründen dem Verlag die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich. Deswegen muss der Herausgeber mit wenigen Zeilen auf den Band hinweisen.
Wie der Verfasser selbst in seinem kurzen Vorwort ausführt, ahnte er die damit verbundenen Schwierigkeiten nicht, als ihm um die Jahrtausendwende vom Verlag das geplante Vorhaben angetragen wurde. Mitten in Forschungen über ungarische Bildungspolitik des 19. Jahrhunderts schien es ihm aber doch ausgesprochen reizvoll, anschließend eine Synthese der jüngeren Geschichte Ostmitteleuropas zu schreiben, die nicht aus dem Nebeneinander herkömmlicher Nationalgeschichten, sondern aus der Zusammenschau gemeinsamer geschichtlicher Wurzeln und getrennter Entwicklungen bestehen sollte. Deswegen ließ er sich erfreulicherweise auf die schwierige Aufgabe ein, deren glückliche Lösung nun der Allgemeinheit vorliegt.
Gemäß den Vorgaben des Verlags beginnt der Band mit der Darstellung, in welcher der Verfasser nach einer Einführung über die Grundlagen chronologisch Adelsgesellschaft und ständischen Liberalismus, Verfassungsordnungen und Nationalgesellschaften bis 1918, die Zwischenkriegszeit, den Zusammenbruch, den Sozialismus und die Übergänge in die Demokratie behandelt. Als Grundprobleme und Forschungstendenzen ermittelt er die historische Region und das historiographische Konzept, die ungleichen Chancen der Industrialisierung, die Auflösung der Adelsgesellschaften, die ethnische Vielfalt mit den Möglichkeiten der Abschottu |
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Pyta, Wolfram, Hindenburg - Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler, 2. Aufl. München, Siedler 2009. 1117 S., Ill. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pyta, Wolfram, Hindenburg - Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler, 2. Aufl. München, Siedler 2009. 1117 S., Ill. Besprochen von Karsten Ruppert.
Das Leben Paul von Beneckendorffs und von Hindenburg begann 1847 in der preußischen Monarchie und endete 1934 im „Dritten Reich“. Es umfasst also vier Epochen deutscher Geschichte, von denen er drei mitgestaltet und eine entscheidend geprägt hat. Man kann also Bedeutendes erwarten, wenn einer der besten Kenner des Zeitraums versucht, dem Phänomen Hindenburg auf die Spur zu kommen, zumal er das auf breiter Literaturgrundlage tut und keine Mühen gescheut hat, selbst marginale Archivalien aufzutreiben. Dass dennoch wenig neue Fakten über die historische Figur und den Privatmann gefunden wurden, unterstreicht, wie gut dieses Leben schon erforscht ist. Das Originelle dieser Studie ist daher an anderem festzumachen. Zum einen an der Methode der Verschränkung von Politik- und Kulturgeschichte, die über Strecken doch einen bisher nicht gekannten Hindenburg zeigt; zum anderen an der recht stringent durchgehaltenen zentralen These: Hindenburg sei es unter außergewöhnlichen Umständen gelungen eine auf seine Person zugeschnittene Herrschaftsform zu etablieren, weil in seiner Person tief in der deutschen politischen Kultur verwurzelte Grundannahmen symbolisch fassbar geworden seien. Hindenburg wird also vor allem als „symbolischer Akteur“ verstanden, in den weite Kreise der deutschen Gesellschaft ihre politischen Erwartungen und Hoffnungen projiziert hätten.
Pyta schildert die militärische Karriere des Kadetten Paul bis zu dessen vorzeitigem Abschied als kommandierender General des 4. Armeekorps in Magdeburg 1911 nicht ohne Anerkennung. Die bis dahin einzige nennenswerte militärische Herausforderung sei die Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg in frühester Jugend gewesen. Danach ist er in der Friedensroutine des Militärbetriebs über zahlreiche Kommandos in verschiedenen Teilen des Reiches aufg |
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Quellen zur Alltagsgeschichte der Deutschen 1815-1870, hg. v. Brandt, Hartwig/Grothe, Ewald (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe B, 44). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005. XXII, 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Quellen zur Alltagsgeschichte der Deutschen zwischen 1815 und 1870 verdienen sicherlich auch das Interesse der Rechtsgeschichte, weil sich das Recht auch im Alltag abspielt. Voraussetzung für eine von Interessierten angeregte Rezension ist aber herkömmlicherweise ein Rezensionsexemplar. Wo es ausbleibt, kann der Herausgeber nur auf Grund eines ausgeliehenen Bibliotheksexemplars einen kurzen späten Hinweis erstellen.
Das hilfreiche Werk umfasst insgesamt 117 Texte. Bei einem Gesamtumfang von 234 Seiten bedeutet dies eine durchschnittliche Länge von etwa 2 Seiten pro Text. Erfasst sind dabei Signaturen der Zeit wie etwa das Prinzip der Gesellschaft (1850), Orte, Regionen, Stadt und Land, Wohnen, öffentliche Hygiene und Umwelt, Ernährung, Armut, Krankheit, Mann und Frau, Kinder, Geburt und Tod, die bürgerliche Familie, Landwirtschaft und Gewerbe, Bildung, Ausbildung, akademische Berufe, religiöse Mentalität und Kirche, Mobilität, Verkehr, Reisen, Migration, kulturelles Leben, Amusement, Theater, Musik, Verein, Fest, Hof, Orte und Riten der Politik, innerer Konflikt, Protest, Kriminalität und Strafe, äußerer Konflikt, Militär und Krieg.
Das Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen hierfür reicht von Alexis bis Zinn. Daneben werden etwa gleich viele Quellen und Darstellungen genannt. Juristen erscheinen in dem leider eines Registers entbehrenden, interessanten Werk etwa im Kolleg von Eduard Gans, als Zuschauer im Parlament oder im Rahmen einer Hinrichtung in Tübingen (1854), doch kann der Jurist durch die Texte auch für alle anderen Lebensbereiche neue aufschlussreiche Einblicke gewinnen.
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Quellen zur europäischen Spitalgeschichte in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Scheutz, Martin/Sommerlechner, Andrea/Weigl, Herwig/Weiß, Alfred Stefan (= Quelleneditionen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 5). Böhlau, Wien 2010. 684 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Nach der Einleitung der Herausgeber versteht sich der Band gewissermaßen als Fortsetzung, Ergänzung und Grundlegung zu dem 2008 erschienenen Werk Europäisches Spitalwesen. Institutionelle Fürsorge in Mittelalter und früher Neuzeit. Beide Bände werden durch eine lange Vorbereitungszeit und die allmähliche Abänderung ursprünglich ziemlich utopischer Zielvorstellungen geprägt. Während es in dem früheren Buch um die Machbarkeit einer vergleichenden europäischen Spitalgeschichte ging, betrifft der Folgeband die Machbarkeit einer Quellenkunde.
Zu diesem Zweck vereint das Werk insgesamt 18 Beiträge. Diese reichen von The Sources for English Hospitals 1100 to 1400 (Sethina Watson) bis zu Sources for the Hospitals in Medieval and Early Modern Hungary (Judit Majorossy/Katalin Szende). Erfasst werden außer England und Ungarn Norditalien, das Heilige römische Reich und seine Nebengebiete bis Polen und Livland, während andere Bereiche wie Süditalien, Spanien oder Frankreich leider ausgespart bleiben mussten.
Vorangestellt ist ein chronologisches Quellenverzeichnis, das mit einem Auszug aus dem Mirakelbuch der Abtei Saint-Hubert im heutigen Belgien über die Heilung eines Blinden im Spital in der Mitte des 9. Jahrhunderts einsetzt und mit einem Bericht über die Visitation des Hospitals Hofheim in Hessen vom 5. August 1797 endet. Es umfasst damit für ein Jahrtausend insgesamt 203 Quellen, so dass im Durchschnitt eine Quelle etwa fünf Jahre abdeckt. Angefügt ist ein Verzeichnis der Autorinnen und Autoren, während ein Register der sehr nützlichen, wenn auch noch unvollständigen Quellensammlung zur Spitalgeschichte fehlt.
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Quellen zur GmbH-Reform von 1958 bis zum GmbH-Änderungsgesetz von 1980, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 417). Lang, Frankfurt am Main 2011. XLI, 601 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat sich als (unter Aufnahme einzelner Züge der 1882 geregelten englischen limited company) durch Gesetz vom 20. 4. 1892 gewissermaßen in der Retorte des Gesetzgebers gebildete kleinere Schwester der älteren Aktiengesellschaft vorzüglich bewährt. Allerdings konnte es nicht ausbleiben, dass wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel zu immer neue Fragen hinsichtlich dieses gesellschaftsrechtlichen Modells führten. Deshalb ist es leicht verständlich, dass das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung angesichts des gesamtwirtschaftlichen Wettbewerbs vielfach geändert wurde.
Werner Schubert hat sich neben vielem Anderen auch diesem Problemkreis besonders gewidmet. Deshalb hat er erfreulicherweise die bisher weitgehend unveröffentlichten Materialien zur Reform des Rechts der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf der Grundlage von 50 im Bundesarchiv Koblenz verwahrten Aktenbänden veröffentlicht. Damit liegen jedem Interessierten die wesentlichen Dokumente dieses wichtigen Gesetzgebungsvorgangs des bundesrepublikanischen Rechts zur beliebigen wissenschaftlichen Verwendung vor.
In seiner klaren sachlichen Einführung zeigt der Herausgeber, wie die bereits in nationalsozialistischer Zeit geplante Reform 1958 durch den Bundesjustizminister Deutschlands in der Form der Einsetzung eines Sachverständigenausschusses fortgeführt wurde. Der hierauf gegründete Entwurf wurde freilich fast einhellig abgelehnt. Erst der um drei Viertel reduzierte Entwurf des Jahres 1977 mündete in einer erfolgreichen Gesetzesnovelle, deren Werdegang in dem mit Sachregister, Quellenregister und Quellennachweis ausgestatteten Band eindrucksvoll doku |
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Quellen zur Verfassungsgeschichte der Universität Greifswald. Band 1 Von der Universitätsgründung bis zum Westfälischen Frieden 1456-1648, hg. v. Alvermann, Dirk/Spieß, Karl-Heinz, bearb. v. Müsegades, Benjamin/Weitzel, Sabine-Maria (= Beiträge zur Geschichte der Universität Greifswald 10.1). Steiner, Stuttgart 2011. LXI, 554 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Universität Greifswald zählt zu den ältesten, heute noch bestehenden deutschen Universitäten, so dass an ihrer Geschichte besonderes Interesse besteht. Die dafür notwendigen Quellen liegen nicht in heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Ausgaben vor. Außerdem beruhen sie auf einem Editionskonzept, das Normen noch nicht mit der Praxis verbindet.
Aus diesem Grunde haben die Editoren ein anderes Modell entwickelt, das über die Statuten hinaus auf das gesamte Ordnungsgefüge der Universität ausgreift. Es berücksichtigt auch Visitationsrezesse, Edikte, Reskripte, Ordnungen und Gewohnheiten (consuetudines). Hieraus lässt sich nach der ansprechenden Ansicht der Herausgeber das Spannungsverhältnis zwischen Beharrung und Innovation am besten ermitteln.
Von der Edition erfasst sind insgesamt 59 Dokumente. Sie beginnen mit der päpstlichen Gestattung der Einrichtung einer Universität in Greifswald vom 29. Mai 1456 und enden mit dem Verbot schoristischer Praktiken unter den Studenten unter Androhung der Relegation durch Rektor und Konzil vom 14. Mai 1648. Eine gut lesbare Einleitung Dirk Alvermanns, ein Quelle- und Literaturverzeichnis, ein Personenregister und ein Sachregister schließen den hilfreichen, Statuten der Juristenfakultät von 1642 einschließenden Band vorteilhaft auf.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Quinkert, Babette, Propaganda und Terror in Weißrussland 1941-1944. Die deutsche „geistige“ Kriegführung gegen Zivilbevölkerung und Partisanen (= Krieg in der Geschichte 45). Schöningh, Paderborn 2009. 420 S., 20 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Quinkert, Babette, Propaganda und Terror in Weißrussland 1941-1944. Die deutsche „geistige“ Kriegführung gegen Zivilbevölkerung und Partisanen (= Krieg in der Geschichte 45). Schöningh, Paderborn 2009. 420 S., 20 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt hat sich Christian Gerlach in seiner monumentalen, „Kalkulierte Morde“ (1999) betitelten Studie des weißrussischen Raumes angenommen und die dortige Wirtschafts- und Vernichtungspolitik der deutschen Besatzungsbehörden in ihrer Interdependenz einer näheren Betrachtung unterzogen, wobei ihm der Nachweis ursächlicher Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen Interessen und gewaltsamen Eingriffen in die Bevölkerungsstruktur des Gebietes gelungen ist. Die überarbeitete Fassung der von Wolfgang Benz betreuten Dissertation Babette Quinkerts, eingereicht 2006 an der Technischen Universität Berlin, ergänzt nun zehn Jahre später die Arbeit Gerlachs um eine akribische Analyse der – wie sie zeigen kann – keineswegs nur als Begleitmusik dieser Maßnahmen fungierenden Propaganda.
Nach einleitenden Bemerkungen zur Fragestellung und zum Forschungsstand erschließt sich der Inhalt des Bandes in drei unterschiedlich großen Abschnitten. Zunächst widmet sich die Verfasserin auf 45 Druckseiten der Entwicklung der deutschen psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion seit dem Ersten Weltkrieg bis zum Angriff im Juni 1941. Der zweite, deutlich umfangreichere Abschnitt (insgesamt 70 Seiten) präsentiert den Propagandaapparat und die Entwicklung der Mittel und der Logistik der Propaganda im besetzten Weißrussland von 1941 bis 1944. Die Darstellung der Propagandapraxis und ihrer Modifikationen, ausgehend von einem anfänglichen Destabilisierungs- und Zersetzungskonzept über eine „Propaganda der Tat“ bis hin zur Kampagne der Mobilisierung eines „Neuen Europa“ gegen den Bolschewismus, bildet jedoch das zentrale inhaltliche Anliegen dieser Arbeit und damit zugleich den mit |
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Rabaa, Annika Lillemor Lara, Die Ehe als Rechtsinstitut im Badischen Landrecht von 1810 - unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Entwicklungen im 19. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 414). Lang, Frankfurt am Main 2011. 427 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Rabaa, Annika Lillemor Lara, Die Ehe als Rechtsinstitut im Badischen Landrecht von 1810 - unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Entwicklungen im 19. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 414). Lang, Frankfurt am Main 2011. 427 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von der Großmutter inspirierte, vom Vater in den Beginn gesetzte, ohne die Mutter nicht beendete, von Jan Schröder verständnisvoll begleitete und betreute, 2011 von der juristischen Fakultät der Universität Tübingen angenommene Dissertation der 1982 geborenen, in Passau und Tübingen studierenden, ihr heimatlich-badisches Weltbild durch Auslandsaufenthalte in Kanada, Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika erweiternden Verfasserin. Sie vertieft in ansprechender Weise das Wissen um das bedeutsame badische Landrecht von 1810. Dazu gliedert sie sich außer in Einführung und Schlussbetrachtung in insgesamt vier Kapitel.
Zunächst stellt die Verfasserin die Rechte und Pflichten der Eheleute auf Grund der Eheschließung und der Eheherrschaft des Mannes einschließlich der Rollenverteilung in Haushalt und Beruf innerhalb der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der gerichtlichen Durchsetzung dar. Dem folgen die Ehescheidung und die in ihren Auswirkungen weniger einschneidenden Trennungen von Tisch und Bett und zeitlichen Trennungen. Damit ist die Ehe erfasst, weil das Kindschaftsrecht ausgeschlossen ist.
Im Ergebnis ermittelt die Verfasserin die Ehe während des gesamten 19. Jahrhunderts als einzige respektable Lebensnorm für Frauen, wobei erste zögerliche Versuche der Frauenbewegung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sich eigentlich nur auf die wirtschaftliche Versorgung junger lediger Frauen vor der Ehe konzentrierten. Danach entwickelte sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts langsam ein Arbeitsmarkt für Frauen in den Städten. Scheidungsklagen blieben entsprechend der auch ein Rechtsquellenverzeichnis aufweisenden, sachgerec |
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Rader, Olaf B., Friedrich II. - Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biographie. Beck, München 2010. 592 S., 58 Abb., 4 Kart., 1 Stammtaf. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rader, Olaf B., Friedrich II. - Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biographie. Beck, München 2010. 592 S., 58 Abb., 4 Kart., 1 Stammtaf. Besprochen von Arno Buschmann.
Mit dem vorliegenden Buch des Berliner Historikers wird eine Biographie des großen Staufers vorgelegt, die sich würdig einreiht in die schier unübersehbare Zahl von Biographien, die allesamt von der Faszination zeugen, die Friedrichs Persönlichkeit auf die Zeitgenossen wie auf die Nachwelt ausgeübt hat. Jede dieser Biographien hat ihren eigenen Ansatz. Sieht man von den zeitgenössischen Lebensbeschreibungen ab, deren Duktus je nach politischer und religiöser Einstellung der Verfasser von grenzenloser Verehrung bis zur abgrundtiefen und hasserfüllten Verachtung reicht, dann finden sich auch in den späteren Biographien die unterschiedlichsten Darstellungsformen, die sich von nüchterner Berichterstattung über die mythische Überhöhung bis zu den quellennahen Schilderungen der jüngsten Zeit erstrecken und dies nicht nur in der deutschen Historiographie, sondern ebenso in der italienischen, der französischen wie auch der englischen Literatur.
Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, von welchem Ansatz der Verfasser des vorliegenden Buches ausgeht. Nach eigenem Bekunden geht es ihm nicht darum, die bisherigen zahlreichen Deutungen durch eine neue zu ersetzen, wobei er ohnehin Gefahr laufen würde, ältere Deutungen in moderner Form zu wiederholen. Als sein Ziel sieht er es an, auf der Grundlage der neuesten Erkenntnisse der historischen Memorik, die vor allem auf die Forschungen Johannes Frieds zurückgehen, die historische Figur von den vielfältigen Verschleierungen, die sie schon in den Lebensbeschreibungen der Zeitgenossen und erst recht denen der Nachwelt bis in die jüngste Vergangenheit je nach Standpunkt der Verfasser erfahren hat, zu befreien und auf ihren wirklichen historischen Kern zu reduzieren, mit anderen Worten, von allen nachträglichen Zuschreibungen u |
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Radkau, Joachim, Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte. Beck, München 2011. 782 S., 21 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Radkau, Joachim, Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte. Beck, München 2011. 782 S., 21 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
„Die Umweltbewegungen und Umweltpolitiken sind ein uferloses Thema, vollends unendlich dadurch, dass wir das Ende der Geschichte nicht kennen“ (S. 13). Den „Buchbindersynthesen der Sammelbände“ begegnet Joachim Radkau nun mit dem ehrgeizigen Versuch einer monographischen „Spurensuche im Öko-Dschungel“ (so der Titel seines ersten Kapitels), einem ambitionierten, in vielerlei Hinsicht problembehafteten Projekt.
Denn trotz der durch die nicht abreißen wollende, vom ölverseuchten Golf von Mexiko bis ins verstrahlte japanische Fukushima reichende Kette aktueller ökologischer Katastrophen bedingten medialen Präsenz der Materie und der verstärkten öffentlichen Wahrnehmung kritischer Stimmen führt die Sparte der Umweltgeschichte innerhalb der Öko-Bewegungen wie auch der historischen Wissenschaften bislang noch ein recht bescheidenes Dasein. Dem Verfasser des vorliegenden Bandes ist an diesem Manko mitnichten Schuld anzulasten, im Gegenteil: Bei Fritz Fischer in Hamburg promoviert, ging er unter anderem mit der Rolle der Deutschen Bank in der Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs kritisch ins Gericht und wurde mit einer Arbeit über Aufstieg und Krise der deutschen Atomwirtschaft habilitiert. Seit 1981 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld, befasst sich Joachim Radkau primär mit Problemen der Technik- und Umweltgeschichte, ein Unterfangen, das seinen bislang bedeutendsten Niederschlag in seiner im Jahr 2000 publizierten Weltgeschichte der Umwelt „Natur und Macht“ finden und ihm nolens volens den Ruf des Doyens dieser Forschungsrichtung einbringen sollte.
Das neue Buch bestätigt die Berechtigung dieser Einschätzung. Denn die zersplitterte, vielfach in kleinen Einheiten definierte Struktur des Untersuchungsgegenstandes macht es praktisch unmöglich, einer linearen Narration zu folgen; |
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Räisänen, Päivi, Ketzer im Dorf. Visitationsverfahren, Täuferbekämpfung und lokale Handlungsmuster im frühneuzeitlichen Württemberg (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 21). UVK, Konstanz 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Räisänen, Päivi, Ketzer im Dorf. Visitationsverfahren, Täuferbekämpfung und lokale Handlungsmuster im frühneuzeitlichen Württemberg (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 21). UVK, Konstanz 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die mit einem Bild von einer Gefangennahme von Täufern bei einer Versammlung in einem Wald der Herrschaft Grüningen im Mai 1526 geschmückte Arbeit ist die leicht überarbeitete Fassung der von Rebekka Habermas betreuten, zu Beginn des Jahres 2009 an der philosophischen Fakultät der Universität Göttingen eingereichten Dissertation der in Helsinki als Historikerin lebenden Verfasserin über ein nicht nur aus finnischer Sicht der Bearbeiterin zunächst etwas exotisch erscheinendes Thema. Sie eröffnet ihre Darstellung mit einer Bitte des Schorndorfer Spezialis Johann Hützelin vom 20. Juni 1616 an Herzog Friedrich von Württemberg um Rat darüber, was er mit der 50jährigen Barbara Halt aus Urbach tun solle, die seit längerer Zeit weder zum Gottesdienst noch zum Abendmahl gehe. Damit wollte er im Grunde auf ein allgemeineres Problem hinweisen.
Ihre diesbezügliche Untersuchung gliedert die Verfasserin nach einer den Forschungsgegenstand, die Forschungslage, die Quellen und die Vorgehensweise beschreibenden Einleitung in fünf Sachkapitel. Zunächst stellt sie Württemberg und das Amt Schorndorf sowie die seit 1522 von Ulrich Zwingli in Zürich ausgehenden Täufer in Württemberg und im Schorndorfer Raum dar. Danach behandelt sie nacheinander die obrigkeitlichen Täuferbilder (Täuferordnungen) und die Täuferbekämpfung in Württemberg, die Visitatoren als Normanwender und Akteure der Täuferbekämpfung, die Kräftefelder vor Ort (lokale Kirchendiener, weltliche Amtsträger) einschließlich der Teilnahmepflicht der Bevölkerung am kirchlichen Leben und die als Täufer Vorgeladenen an Hand ihrer vielfach archivalischen Quellen so detailliert wie möglich.
Ihr Untersuchungsziel war die Entwicklung von Ansätzen einer Kul |
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Räte und Beamte in der frühen Neuzeit - Lehren und Schriften = Conseilliers et agents du pouvoir aux temps modernes - doctrines et écrits = Councillors and officials in the Early Modern Period - theories and writings, verantwortlicher Herausgeber für den Themenschwerpunkt Weber, Wolfgang E. J. (= Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 19). Nomos, Baden-Baden 2007. XI, 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Räte und Beamte in der frühen Neuzeit - Lehren und Schriften = Conseilliers et agents du pouvoir aux temps modernes - doctrines et écrits = Councillors and officials in the Early Modern Period - theories and writings, verantwortlicher Herausgeber für den Themenschwerpunkt Weber, Wolfgang E. J. (= Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 19). Nomos, Baden-Baden 2007. XI, 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Am Übergang vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit gewannen Beamte und Räte im entstehenden modernen Staat erheblich an Gewicht. Dieser Vorgang ist in der geschichtlichen Literatur bereits vielfach behandelt. Eine systematische Erschließung und Auswertung des zeitgenössischen begleitenden Diskurses steht trotz des von Wolfgang Reinhard 1996 veröffentlichten Werkes über Power Elites and State Building und des von Michael Kaiser und Andreas Pecar 2003 herausgegebenen Sammelbandes über den zweiten Mann im Staat noch aus, so dass ein weiterer Versuch der Schließung einer Lücke sehr verdienstvoll ist.
Unter der Federführung Wolfgang E. J. Webers wird dies in insgesamt sieben Beiträgen versucht. In ihnen befasst sich beispielsweise Cornel Zwierlein mit der Transformation der Lehren von Rat, Ratgeben und Ratgebern in Italien. Andere Untersuchungen betreffen Althusius, Philippe de Béthunes /1632), Veit Ludwig von Seckendorff (1656), Trauertexte zwischen 1700 und 1750, Kant oder das späte Portugal.
Losgelöst vom Mittelpunkt der Thematik behandelt Erk Volkmar Heyen unter Einfügung von 15 Abbildungen Buch und Schreibtisch im Amtswalterporträt der frühen Neuzeit. Sieben Stellungnahmen im Forum bemühen sich zusätzlich um punktuelle Literaturübersichten. Insgesamt wird auf diese Weise eine Fülle von interessanten Einzelergebnissen in dem leider eines Registers entbehrenden Zeitschriftenband zusammengetragen, deren Einarbeitung in ein Gesamtbild sehr wünschenswert wäre.
Innsbruck |
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Raths, Daniel, Sachkultur im spätmittelalterlichen Trier. Die Rechnungsüberlieferung des St. Jakobshospitals (=Trierer historische Forschungen, Kleine Schriften 1). Kliomedia, Trier 2011. 299 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Raths, Daniel, Sachkultur im spätmittelalterlichen Trier. Die Rechnungsüberlieferung des St. Jakobshospitals (=Trierer historische Forschungen, Kleine Schriften 1). Kliomedia, Trier 2011. 299 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die im Rahmen der ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien vom Dezember 2005 bis zum Mai 2006 geschaffene, von Lukas Clemens betreute Untersuchung des Verfassers, die wegen ihrer besonderen Qualität im Druck veröffentlicht wurde. Sie gliedert sich in die fünf Teile Einleitung (Vorbemerkungen, Forschungsstand, Untersuchungsgegenstand), die Hospitalmeisterrechungen als Quelle, Sachkultur als Forschungsgegenstand, Sachkultur in den Hospitalmeisterrechnungen (Gebäude, mobiler Hausrat, Kleidung, Versorgung der Armen und Bedürftigen, Warenkauf außerhalb Triers) sowie Zusammenfassung und Schlussbemerkung. Insgesamt zeigt der umsichtig und sachkundig vorgehende Bearbeiter in gefälliger Weise, wie aus so nüchternen Quellen wie Hospitalrechnungen zwischen 1437 und 1481 in Ergänzung anderer Zeugnisse ein anschauliches Bild über die tatsächlichen Lebensverhältnisse in einer bedeutenden spätmittelalterlichen Stadt gewonnen, durch Abbildungen sichtbar gemacht und durch Register von Aachen bis Zwillich dem interessierten Leser erschlossen werden kann.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Rebitsch, Wolfgang, Tirol. Land in Waffen. Soldaten und bewaffnete Verbände 1918-1938 (= Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 15). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 232 S., 24 Bildtaf., 51 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Rebitsch, Wolfgang, Tirol. Land in Waffen. Soldaten und bewaffnete Verbände 1918-1938 (= Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 15). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 232 S., 24 Bildtaf., 51 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Arbeit liegt die 1976 von dem Neuzeithistoriker Hans Kramer betreute geschichtswissenschaftliche Dissertation des Verfassers über die Volkswehr und das Bundesheer in Tirol von 1918-1938 zu Grunde, die zu den Anfängen der Zeitgeschichte Tirols zählt. Seitdem hat der Verfasser seine Ergebnisse vor allem durch Einbeziehung weiterer Zeitzeugen ergänzt. Da die nachfolgenden Forschungen an den grundsätzlichen Ergebnissen aber kaum etwas geändert haben, ist die Untersuchung unter Einbeziehung der neuesten Literatur in überarbeiteter Form erneut veröffentlicht, um in einer Zeit wirtschaftlicher Verwerfung sicher oder wenigstens sicherer zu machen.
Nach dem Verfasser hat das Werk einen bewussten Schwerpunkt im Sinne einer Geschichte von unten, die Kellnerinnen, barmherzige Schwestern, Kaiserschützen und Berufssoldaten trotz mancher Unterschiedlichkeit einbezieht. Die Schilderung der Beweggründe und Empfindungen soll den Nachfahren zwar keine Lehre sein, aber doch zu mehr Verständnis verhelfen. Gegenstand der Betrachtung ist dabei der vom zerrissenen und verarmten Land Tirol in der Zwischenkriegszeit gewählte Weg der Militarisierung.
In ungefährer chronologischer Abfolge behandelt der Verfasser eindringlich die Tiroler Volkswehr (1918-1920), das Bundesheer in Tirol bis 1927, das Krisenjahr 1927, das Bundesheer in Tirol von 1927 bis 1934, die Tiroler Wehrverbände bis 1933 (Heimwehr, republikanischer Schutzbund, nationalsozialistische Verbände, Bund Oberland), das Bürgerkriegsjahr 1934, das Bundesheer in Tirol von 1934 bis 1938 und die Märztage 1938. Dabei fließt selbst die von Vater F. Rebitsch zufällig im Rathaushof in Innsbruck mitgehörte Antwort auf die Frage, ob im äußersten Fall auf die d |
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Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften aus Graz. Zwischen empirischer Analyse und normativer Handlungsanweisung - wissenschaftsgeschichtliche Befunde aus drei Jahrhunderten, hg. v. Acham, Karl (= Kunst und Wissenschaft aus Graz Band 3). Böhlau, Wien 2011. 691 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften aus Graz. Zwischen empirischer Analyse und normativer Handlungsanweisung - wissenschaftsgeschichtliche Befunde aus drei Jahrhunderten, hg. v. Acham, Karl (= Kunst und Wissenschaft aus Graz Band 3). Böhlau, Wien 2011. 691 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
In rascher Folge legte der seit Dezember 1974 als ordentlicher Professor und Leiter der Abteilung für soziologische Theorie, Ideengeschichte und Wissenschaftslehre und von 2005 bis zu seiner Emeritierung im September 2008 als Sprecher des Forschungsbereichs „Geschichte und Theorie der Soziologie“ am Institut für Soziologie der Universität Graz tätige Soziologe, Philosoph und Wissenschaftshistoriker Karl Acham das in Gewicht und Gestaltung beeindruckende Sammelwerk Kunst und Wissenschaft aus Graz als Herausgeber vor. Der 2007 erschienene erste Band betrifft Naturwissenschaften, Medizin und Technik aus Graz, der 2009 folgende zweite Band Kunst und Geisteswissenschaften. Mit Band 3 über Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften aus Graz kommt die durch Burg und Universität (Hauptgebäude und ReSoWi-Gebäude) bereits auf dem Umschlag symbolisierte große Leistung zum Abschluss.
Angeregt wurde das gesamte Werk durch das Wissenschaftsprojekt „Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas“. In seinem Rahmen wurden zahlreiche Vorträge über die in Graz seit dem 15. Jahrhundert erbrachten Leistungen in Kunst und Wissenschaft erstattet, die durch wichtige Diskussionsbeiträge bereichert wurden. Sie alle wurden nachträglich durch weitere Studien ergänzt und fanden grundsätzlich Aufnahme in die gesamte Dokumentation, die Leistungen von Menschen zur Sprache kommen lassen wollte, die irgendwie durch Geburt oder zeitweisen Aufenthalt mit der Stadt verbunden sind, ohne dass wirkliche Vollständigkeit erreicht werden konnte.
Gegliedert ist das Werk in insgesamt fünf Teile. Von ihnen sind drei allgemeinerer Art und dem Kern vorangestellt und nachgeo |
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Rechtswissenschaft als juristische Doktrin. Ein rechtshistorisches Seminar in Stockholm 29. bis 30. Mai 2009, vorgelegt v. Peterson, Claes (= Rättshistoriska Studier 25). Rönnells Antikvariat, Stockholm 2011. 346 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtswissenschaft als juristische Doktrin. Ein rechtshistorisches Seminar in Stockholm 29. bis 30. Mai 2009, vorgelegt v. Peterson, Claes (= Rättshistoriska Studier 25). Rönnells Antikvariat, Stockholm 2011. 346 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Mai 2009 veranstaltete das Institut für rechtsgeschichtliche Forschung in Stockholm ein rechtswissenschaftliches Seminar mit dem Thema Rechtswissenschaft als juristische Doktrin. Die Wahl dieses Themas wurde nach dem kurzen Vorwort Claes Petersons in hohem Grad von Jan Schröder angeregt, der in Recht als Wissenschaft (2001) eine wichtige Grundlage für eine moderne Betrachtung des akademischen Studiums des Rechts geschaffen hat. Am Seminar nahmen führende Gelehrte aus Deutschland, England, Finnland, Norwegen und Schweden Teil, so dass ein reicher Ideenaustausch durch Referate und Diskussionsbeiträge eröffnet werden konnte.
Claes Peterson konnte dieses Ergebnis erfreulicherweise nach kurzer Zeit in einem gediegenen Band mit graphisch bunt verfremdeten Umschlag der Allgemeinheit zur Verfügung stellten. Rönnells Antikvariat AB sandte ebenso freundlich von sich aus ein Rezensionsexemplar, das der Allgemeinheit zur gefälligen Inanspruchnahme dargeboten werden konnte. Leider hat beides nicht zur Gewinnung eines sachkundigen Rezensenten geführt, der sich der hochkarätigen Thematik gegenüber zu einer umfassenden Stellungnahme bereit gefunden hätte, so dass der Herausgeber mit wenigen Zeilen auf den wichtigen Band hinweisen muss.
Eröffnet wird das alphabetisch geordnete Werk mit einem Beitrag Martin Avenarius’ über das Studium russischer Stipendiaten bei Savigny, Bedingungen und Wahrnehmung rechtswissenschaftlichen Transfers und Savignys Anschauung des Vorgangs und ihre Gründung auf religiöse Überzeugungen. Danach stellt Hans-Peter Haferkamp Pandektisten am Katheder vor, untersucht Typen von Pandektenlehrbüchern, verbindet Lehrbuch und mündlichen Vortrag, Pandektenvorlesung und Pandekten |
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Reform an Haupt und Gliedern - Verfassungsreform in Deutschland und Europa. Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Hans-Jürgen Papier, hg. v. Durner, Wolfgang/Peine, Franz-Joseph. Beck, München 2009. XII, 106 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Reform an Haupt und Gliedern - Verfassungsreform in Deutschland und Europa. Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von Hans-Jürgen Papier, hg. v. Durner, Wolfgang/Peine, Franz-Joseph. Beck, München 2009. XII, 106 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Am 6. Juli 2008 vollendete Hans-Jürgen Papier als Präsident des Bundesverfassungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland sein 65. Lebensjahr. Zehn Tage später fand am 16. Juli 2008 in den Räumen der Siemens-Stiftung im Schloss Nymphenburg in München aus diesem Anlass in glanzvollem Rahmen ein Symposium statt. Die dortigen sechs Vorträge von Kollegen, Freunden und Schülern haben die Herausgeber der Öffentlichkeit in einem schmalen Band mit einem gewichtigen Titel zur Erinnerung vorgelegt.
Dabei schildert Franz-Joseph Peine als Schüler zunächst sehr persönlich den außerordentlich erfolgreichen Weg des Geburtstagskindes an die Spitze der deutschen Gerichtsbarkeit. Weiter historisch greift Wolfgang Durner in seinem sachlichen Eröffnungsvortrag zurück. Er verfolgt in Anknüpfung an einen 2003 gehaltenen, besonders breitenwirksamen Vortrag Papiers die Idee der Reform an Haupt und Gliedern als Verfassungsreform auf Bundesebene von 1495 an bis 2005, wobei es 1495 freilich um die Reform eines Reiches geht.
Der staatsrechtlichen Gegenwart wenden sich nach diesem historischen Auftakt dann die übrigen Referate zu. Peter-Michael Huber erörtert die bundesdeutsche Föderalismusreform I, Ferdinand Kirchhof die Föderalismusreform II und Detlef Merten den weiteren Reformbedarf, wobei freilich bisher von einer Reform an Haupt und Gliedern rechtstatsächlich nicht wirklich viel zu erkennen war. Auf die Europäischen Verträge und ihre Anwendung auf die europäische Gerichtsbarkeit greift schließlich als hervorragender Sachkenner Wassilios Skouris aus, der freilich auch weiß, dass die Umsetzung europäischer Reformen noch viel schwieriger ist als Reformen an Haupt und Gliedern im föderalistischen Deutschla |
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Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, Johann F., Regesta Imperii, Unterreihe). Heft 25: Die Urkunden und Briefe aus den Kurmainzer Beständen des Bayerischen Staatsarchivs Würzburg sowie den Archiven und Bibliotheken der Stadt Mainz, bearb. v. Heinicker, Petra. Böhlau, Wien 2010. 217 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
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Der vorliegende Regestenband unterscheidet sich von den bisherigen dieser Reihe insofern etwas, als er erstmals das bisher streng beachtete „Fondsprinzip“, wonach unabhängig von etwa vorhandenen Provenienzen die Fridericiana eines Archivs bzw. einer Bibliothek erfasst wurden, verlässt und – in begrenztem Umfang allerdings – auf das „Provenienzprinzip“ umsteigt. Soweit das Bayerische Staatsarchiv in Würzburg, Stadtarchiv und Diözesanarchiv in Mainz sowie die dortige Stadtbibliothek betroffen sind, werden aus diesen Lagerorten lediglich die kurfürstlichen Moguntina einbezogen, nicht jedoch die vielfältig dort lagernden und für Friedrich III. ebenfalls relevanten sonstigen Provenienzen. Man muss allerdings wissen, dass damit längst nicht alle Kurmainzer Provenienzen der Zeit Friedrichs III. erfasst sind; diese sind allerdings weitgehend in denjenigen Heften der Fridericiana-Reihe einbezogen, die inzwischen vorliegen.
Die Abweichung von den bisherigen Prinzipien der Quellenerfassung ist insofern gerechtfertigt, als die Fülle des noch zu erfassenden einschlägigen Quellenmaterials der in diesem Heft betroffenen Archive – allen voran das Würzburger Archiv – weitere Bände rechtfertigt. Für die dortigen nicht-kurmainzischen Bestände ist deshalb auch ein eigener Band vorgesehen. Das gleiche gilt für die heute in Wien konzentrierten Urkunden und Briefe des Erzkanzlerarchivs, die aus den bisherigen Wiener Bänden (Hefte 12, 13, 18 und 22) noch herausgelassen worden waren.
Im Übrigen folgt der v |
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Reinecke, Wilhelm/Luntowski, Gustav/Reinhardt, Uta, Die Straßennamen Lüneburgs, 5. Aufl. Edition Ruprecht, Göttingen 2007. 289 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das in der Gegenwart etwa 73000 Einwohner zählende Lüneburg an der Ilmenau wird als Hliuni (Zufluchtsort) erstmals in den fränkischen Reichsannalen zum Jahre 795 belegt. Mit Urkunde vom 13. August 956 gab Otto I. den Zoll zu Luniburc an das dort errichtete Kloster des heiligen Michael. Die danach sich entwickelnde, lange in Marktviertel, Wasserviertel, Sandviertel und Sülzviertel gegliederte, durch verschiedene Eingemeindungen erweiterte Stadt weist schätzungsweise 750 von Adolf-Reichwein-Straße bis Zur Ohe reichende Straßennamen auf.
Mit ihnen befasste sich bereits im frühen 18. Jahrhundert der Stadtsekretär Büttner († 1746). 1914 legte der Antiquar, Archivar und Bibliothekar des Museumsvereins für das Fürstentum Lüneburg bzw. der Stadt Lüneburg Wilhem Reinecke (1866-1952) eine erste Sammlung im Druck vor, die 1942 einschließlich der seinerzeitigen Veränderungen neu aufgelegt werden konnte. Die dritte Auflage besorgte 1966 zum hundertsten Geburtstag Reineckes unter Entnazifizierung Gustav Luntowski, die vierte und fünfte Auflage 2003 und 2007 erweiternd und mit Fotografien versehend Uta Reinhardt.
Auf diese Weise steht jedermann ein interessantes Hilfsmittel zum allmählichen Werden der Stadt zur Verfügung. Durch einen Anhang und ein Register wird es gut erschlossen. Vielleicht könnten auch Karten und ein chronologisch nach den Erstbelegen geordnetes Verzeichnis weitere Verständnishilfen bieten.
Innsbruck Gerhard Köbler
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