Kuch, Kurt, Land der Diebe. Ecowin Verlag, Salzburg 2011. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuch, Kurt, Land der Diebe. Ecowin Verlag, Salzburg 2011. 238 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Oberwart 1972 geborene Verfasser ist seit 1996 für das österreichische Nachrichtenmagazin tätig, wirkt seit 2005 als Chefreporter und leitet seit 2009 das Ressort Innenpolitik. Er zählt zu den erfolgreichsten Enthüllungsjuristen. Im Jahre 2000 wirkte er an einem Werk über Jörg Haider mit, das Schatten über Europa sah, und 2003 war er mit dem Zimmermädchen Anna bei Hitlers.
Sein Land der Diebe meint sein Österreich. In fast 50 kurzen Kapiteln beschreibt er es von einem vernichtenden Bereich und seinen Folgen bis zu der Aufklärung darüber, wie Parteienfinanzierung wirklich funktioniert. Als erfasste Akteure in der Frage, warum Korruption in Österreich nur halbherzig bekämpft wird, erscheinen dabei etwa Jörg Haider, Dieter Böhmdorfer, Walter Meischberger, Karl-Heinz Grasser, Ernst Strasser oder Wolfgang Kulterer.
Am Ende sieht er Österreich in einem Zustand, welcher der früheren Lage Italiens entspricht. Deshalb vertritt er die Ansicht, dass in Deutschland Zustände wie in Österreich undenkbar wären und umgekehrt ein Vorgehen von Strafverfolgungsbehören in Sachen Parteienfinanzierung in Österreich nach dem Muster Deutschlands unvorstellbar ist. Dass in Österreich neun Prozent der Befragten für 2009 angaben, Schmiergeld bezahlt zu haben, womit das Land nach dem Verfasser auf gleicher Welle liegt wir Bulgarien, erklärt der sich durch Berichte über Verhandlungsgegenstände des Parlaments vor Strafverfolgung schützende Verfasser mit dem enormen Geldbedarf der Parteien, der es verständlich macht, dass das Parteienfinanzierungsgesetz faktisch keine Sanktionen aufweist und durch den auffälligen Schutz von Gebern wie Nehmern vieles in einer bedauerlichen Grauzone ermöglicht.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Kuriki, Hisao, Beiträge zur Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Gedanke des Volkes in der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Seibundo, Tokio 2009. IV, 348 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Seit vielen Jahrzehnten befasst sich der bekannte japanische Verfassungshistoriker mit dem deutschen Staatsrecht. Von Anfang an hat er sich dabei zum Ziel gesetzt, die Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft zu schreiben. Mit diesem Plan begann er noch vor Michael Stolleis’ grundlegender Geschichte des öffentlichen Rechts, deren erster Band vom Verfasser 1988 vorgelegt und danach um gleichwertige Folgebände bereichert werden konnte.
Angesichts deutlich ungünstigerer Voraussetzungen kann es kaum erstaunen, dass der Verfasser sein Vorhaben nicht so verwirklichen konnte, wie er dies gehofft hatte. Zu seinem großen Bedauern konnte er sich bisher nur mit Teilaspekten der Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft und mit der Staatsrechtswissenschaft einiger Zeitperioden befassen. Zu Recht ist er trotzdem ein wenig stolz darauf, dass er mit seinen Forschungen zu einer Zeit begann, in der das Interesse deutscher Wissenschaftler an diesem Gegenstand nicht „so stark und die Arbeiten der deutschen Wissenschaftler darüber nicht so viel gewesen sind“.
Als zweitbesten Weg sah er in dieser Sachlage trotz unveränderter Gesamtzielsetzung die Edition seiner bereits veröffentlichen deutschsprachigen Aufsätze über die Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft an, was ihm durch de Unterstützung der Universität Meijo (Nagoya) auch ermöglicht wurde. Dementsprechend legt er nun seine interessanten Studien mit den Titeln Die Rolle des Allgemeinen Staatsrechts in Deutschland von der Mitte des 18. zu der Mitte des 19. Jahrhunderts (mit einem umfangreichen Anhang über die seinerzeitigen Vorlesungen an deutschen Universitäten), (bisher unveröffentlicht) Der Gedanke des Volkes im deutschen Naturrecht des 18. Jahrhunderts, Die |
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Ladwig-Winters, Simone, Ernst Fraenkel. Ein politisches Leben. Campus, Frankfurt am Main 2009. 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die in Berlin 1955 geborene, nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Pädagogik an der Freien Universität als Sozialplanerin und Mieterberaterin in der Stadterneuerung in Schöneberg und Kreuzberg tätige Verfasserin hat bereits durch verschiedene Veröffentlichungen etwa über die Familie Wertheim und das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin auf sich aufmerksam gemacht. Als promovierte Politologin arbeitet sie als freie Autorin und Wissenschaftlerin in Berlin. Ihr Werk über Ernst Fraenkel erweckte bei seinem Erscheinen so großes Interesse, dass der Verlag von der Vergabe eines Rezensionsexemplars Abstand nehmen musste, so dass der Herausgeber nach Ausleihe in wenigen Zeilen darauf hinweisen muss.
Die Verfasserin sieht den aus wohlhabender jüdischer Familie stammenden Ernst Fraenkel sowohl als Theoretiker der modernen Demokratie wie auch als einen Begründer der Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Sein Leben verlief in mehrfachem Wechsel zwischen Sozialismus und Demokratie, zwischen Judentum, Deutschem Reich und Vereinigten Staaten sowie zwischen Rechtswissenschaft und Politikwissenschaft. Ziel des Werkes ist es zu zeigen, wie sich Ernst Fraenkel neuen Anforderungen stellte, welche innere Haltung er gewann, wie er Erfahrungen verortete und wie dies auf ihn wirkte.
Gegliedert ist die Untersuchung nach der Einleitung in sieben zeitliche Abschnitte. Sie betreffen die Jahre 1898-1919, 1919-1932, 1933-1938, 1938-1945, 1946-1950, 1951-1961 und 1961-1975. In diesen bewegten und bewegenden Stationen erkennt die Verfasserin überzeugend Ernst Fraenkel als einen charismatischen Menschen, der jegliche Form des Dogmatismus ablehnte und das demokratische Denken in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich mitprägte.
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Lang, Hans-Joachim, Als Christ nenne ich Sie einen Lügner. Theodor Rollers Aufbegehren gegen Hitler. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Zuffenhausen als Sohn eines bei Weltkriegsende geschiedenen Juristen und Zeitungsredakteurs geborene und am 30. Oktober 2008 (13 Tage nach der Lektüre des über ihn geschriebenen Buchmanuskripts) gestorbene Theodor Roller gehörte seit 1930 der Hitlerjugend an, lehnte nach seinem Austritt als Mitglied des christlichen Vereins junger Männer aber 1937 den Fahneneid auf Adolf Hitler aus christlicher Überzeugung ab. Deswegen wurde gegen ihn ein Militärgerichtsverfahren eröffnet, in dessen Verlauf er wegen des Verdachts auf Schizophrenie in die Psychiatrie in München eingewiesen wurde. Nach vier Monaten wurde er entlassen.
In einem von zwei an Adolf Hitler gerichteten Briefen schrieb er am 11. Februar 1939: Als Christ nenne ich Sie einen Lügner und als Deutscher den größten Volksschädling, der je die deutsche Erde betrat. Im Rahmen eines der Verhaftung vom 18. 3. 1939 am Arbeitsplatz als Buchhalter folgenden Strafverfahrens wurde er von einem Sondergericht in Stuttgart trotz eines gegenteiligen psychiatrischen Gutachtens in die Heil- und Pflegeanstalt Weißenau eingewiesen, wodurch er den Krieg überlebte. Diese Geschehnisse eines individuellen, wenn auch erfolglosen Widerstands zeichnet der in Speyer 1951 geborene, journalistisch tätige, in der Germanistik promovierte Verfasser in seinem handlichen, auf mündlichen Schilderungen und archivalischen Recherchen beruhenden Werk gut lesbar aufklärend nach.
Eigentlich sollte jeder jeden erwiesenen Lügner stets als das benennen dürfen, was er tatsächlich ist, weil in der Wahrheit die Freiheit begründet ist. Allerdings stößt dieses Prinzip an vielen Stellen auf menschlichen Widerstand, weil es der grundlegenden Erkenntnis zuwiderläuft, dass die Welt getäuscht werden will, weshalb es sehr viele Lügner gibt. Immerhi |
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Lässer, Gregor, Martinis Rechtsphilosophie und das österreichische Privatrecht. Von Martinis „Lehrbegriff des Naturrechts“ (1762) zum ABGB (1811/12) (= Recht und Kultur 5). LIT, Wien 2008. 189 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
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In den letzten Jahren hat sich die Forschung in starkem Maße dem Leben und Werk des österreichischen Naturrechtlers Karl Anton von Martini zugewandt. Im Jahre 1996 erschien eine fundierte Monographie von Michael Hebeis[1] über Martini; 1998 fand ein „Martini-Colloquium“ in Innsbruck statt[2], im Oktober 2000 das „2. Europäische Martini-Kolloquium“ in Trient[3].
Die vorliegende Untersuchung Gregor Lässers behandelt vornehmlich Martinis Rechtsphilosophie und deren Bedeutung für die österreichische Privatrechtskodifikation[4]. Grundlage der Untersuchung bilden primär die beiden naturrechtlichen Hauptwerke Martinis, die „Positiones de lege naturali“ (1762) (deutsche Übersetzung „Lehrbegriff des Naturrechts“, Wien 1787, 1797 und 1799) und die „De lege naturali exercitationes sex“ (1766), ferner der „Entwurf Martini“ (1796) und das „Westgalizische Gesetzbuch“ von 1797.
Im I. Abschnitt (S. 11ff.), welcher der Person Martinis gewidmet ist, wird auf die einflussreiche Lehrtätigkeit desselben an der Wiener Juristenfakultät sowie an der Theresianischen und an der Savoyischen Ritterakademie hingewiesen. Zu Martinis zahlreichen bedeutenden Schülern zählen Franz von Zeiller[5], Johann Bernhard Horten[6], Joseph Hyazinth von Froidevo[7], Franz Georg von Kees[8] sowie Josef von Sonnenfels[9] (S.15).
Im II. Abschnitt (S. 36ff.) wird Martinis Naturrechtsbegriff erörtert (S. 41ff.). Dieser entspricht der älteren Naturrechtslehre. Martini steht unter dem Einfluss von Pufendorf, Thomasius, Heineccius und vor allem von Christian Wolff (S. 47). Die Erkenntnisquelle für die natürlichen Gesetze sieht er allein in der menschlichen Vernunft und deren Erfahrung (S. 47). Martini bevorzugt die mathematische Lehrmethod |
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Laudage, Johannes, Friedrich Barbarossa (1152-1190). Eine Biographie, hg. v. Hageneier, Lars/Schrör, Matthias. Pustet, Regensburg 2009. 383 S., Abb. Besprochen von Gudrun Pischke. |
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Diese Biografie Friedrich Barbarossas, die – anders als nach den Herrscherjahren im Titel zu vermuten, aber erforderlich – mit der Zeit vor der Wahl des Staufers zum König beginnt, ist aus dem Nachlass des im Januar 2008 verunglückten Verfassers von zweien seiner Schüler herausgegeben worden. Sie weisen in ihrem Vorwort auf ihren Verzicht auf einen „klassischen Anmerkungsapparat“ hin und auf die nicht mehr zu schließende Lücke in den 1170er Jahren. Darunter fällt die Vorgeschichte des Friedens von Venedig, so dass in das daran Anschließende ziemlich unvermittelt hineinzuspringen ist. Zeittafel, Quellen- und Literaturverzeichnis, Register (Personen und Orte), Bildnachweis und eine Stammtafel der Staufer fehlen nicht. Zwei Karten (mit unvollständiger Legende und zum Teil fehlenden Benennungen) – „Europa im 12. Jahrhundert“ (Umschlaginnenseite vorn) und „Das Heilige Land 11.-13. Jh.“ (S. 325) – zeigen den Raum, in dem Friedrich Barbarossa agierte.
Die Einleitung „Friedrich Barbarossa – ein Porträt und sein Hintergrund“ beginnt mit der Beschreibung und Charakterisierung Friedrich Barbarossas durch den Zeitgenossen Acerbus Morena, die Johannes Laudage als eine Mischung aus verlässlichen Details und rituellen Gebaren ausmacht (S. 9). Danach präsentiert er in acht unterschiedlich umfangreichen Kapiteln Leben und Herrschaft des zu König und Kaiser aufgestiegenen schwäbischen Herzogs und versucht im Epilog eine knappgehaltene Bilanz der beinahe vierzigjährigen Herrschaft Friedrichs I. Barbarossa zu ziehen. 20 teils farbige Abbildungen (S. 193-208) unterstreichen das Bild, das Laudage von diesem König und Kaiser entwirft. Er will, wie im Epilog angeführt, den Menschen Friedrich Barbarossa im Schnittpunkt der Entwicklungslinien sehen, dessen Lebensverlauf sowohl mit |
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Leendertz, Ariane, Ordnung schaffen. Deutsche Raumplanung im 20. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts 7). Wallstein, Göttingen 2009. 459 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die 1976 geborene Verfasserin wurde nach dem Studium der neueren Geschichte und romanischen Philologie in Tübingen und Florenz und dreijähriger Tätigkeit am Seminar für Zeitgeschichte in Tübingen 2006 mit der vorliegenden, von Anselm Doering-Manteuffel betreuten Arbeit promoviert. Über das Institut für Geschichte der Universität Erlangen-Nürnberg wechselte sie 2008 an das Amerika-Institut der Universität München. Der von ihr behandelte Gegenstand verdient auch die Aufmerksamkeit des Rechtshistorikers, weil es in der jüngeren Vergangenheit zur staatlichen Aufgabe geworden ist, ein bestimmtes Verwaltungsgebiet als geographischen Raum nach seinen naturräumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten zu ordnen und gezielt zu nutzen.
Der Verfasserin geht es freilich zu Recht nicht um konkrete Planungen und Pläne in Einzelprojekten, sondern darum, Raumplanung als Idee in der modernen Industriegesellschaft zu erfassen. Dazu gliedert sie ihre überzeugende Studie in vier chronologisch geordnete Abschnitte. Sie betreffen die Formierung zwischen 1880 und 1935 als Folge des Krisen verursachenden Wachstums, in die Etablierung zwischen 1935 und 1945 während der nationalsozialistischen Herrschaft, in die Neuorientierung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und in den Aufstieg im sozialen Rechtsstaat ab etwa 1960, in dem sie allerdings bereits um 1980 das Ende der Illusionen erkennt.
Untrennbar verknüpft sieht die Verfasserin die Geschichte der Raumplanung in Deutschland mit Konrad Meyer, dem ersten Obmann der Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung, der 1948 zwar wegen seiner Mitgliedschaft in der SS verurteilt, aber in den Anklagepunkten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen freigesprochen und 1956 in Hannover wieder |
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Leppin, Hartmut, Das Erbe der Antike. Beck, München 2010. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Für Verlage liegt es nahe, neben vielen, in die Tiefe gehenden Einzelwerken auch ihre gesamte Spannbreite in Überblicksdarstellungen auszuleuchten, bei denen Umfang und Preis vernünftigerweise auf den möglichen Absatz und den bereits vorhandenen Markt ausgerichtet werden. Dies hat den Beck-Verlag zu einer auf zehn Bände ausgelegten Taschenbuchreihe C. H. Beck Geschichte Europas geführt, die mit der Antike beginnt und mit der Demokratie und Globalisierung und damit Europa seit 1989 endet. Drei Bände sind 2010 erschienen, bisher vier im laufenden Jahr 2011.
Den zeitlichen Beginn bildet als Grundlage die Antike in ihrem den Nachfolgern überlassenen Erbe. Verfasst ist das Werk von dem in Helmstedt 1963 geborenen, nach dem Studium von Geschichte, Latein, Griechisch und Erziehungswissenschaften in Marburg, Heidelberg und Pavia 1990 in Marburg mit Untersuchungen zur sozialen Stellung von Bühnenkünstlern im Westen des römischen Reiches zur Zeit der Republik und des Prinzipats promovierten, an der Freien Universität in Berlin 1995 mit einer Arbeit über die griechischen Kirchenhistoriker des fünften nachchristlichen Jahrhunderts habilitierten, 2001 nach Frankfurt am Main berufenen Althistoriker Hartmut Leppin. Er gliedert seine Darstellung außer in Vorwort, Prolog und Epilog in drei die wesentlichen Kerne ansprechende Kapitel über Freiheit, Reich und wahren Glauben.
Die Freiheit verbindet er dabei vor allem mit den Aristokraten des archaischen Griechenland und der Kooperation der Bürger im klassischen Griechenland der Demokratie. Das Reich lässt er zwar mit dem alten Orient, Alexander dem Großen und dem Hellenismus einsetzen, wechselt von dort aus aber doch zur politisch erfolgreicheren römischen Republik und der pax Romana über. Der wahre Glaube setzt mit dem Judentum ein, bildet jedoch in der Form des vor allem römischen, Ostrom mit Just |
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Lessing, Hans-Ulrich, Wilhelm Dilthey. Eine Einführung (= UTB 3486). Böhlau, Köln 2011. 199 S. Besprochen von Martin Moll. |
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Als der Rezensent 1980 sein Geschichtestudium begann, gehörte die Beschäftigung mit der (Geschichts-)Philosophie Wilhelm Diltheys (1833-1911) zum Curriculum der einschlägigen Einführungslehrveranstaltungen. Mittlerweile hat sich der theoretische Teil des Studiums anderen, angeblich moderneren Schwerpunkten zugewandt, zu denen Dilthey nicht mehr zählt. Dies ist bedauerlich, stammen von diesem Philosophen doch klassische Texte zum System der Geisteswissenschaften, deren Arbeitsfeldern, Methoden und Hermeneutik.
Hans-Ulrich Lessing, der an der Dilthey-Forschungsstelle in Bochum arbeitet, ist bestens ausgewiesen, dem Vergessen Diltheys gegenzusteuern. Sein kleines Büchlein, das dem boomenden Genre knapper und knappster Einführungen zuzurechnen ist, orientiert sich ausweislich des Klappentextes ganz an den Bedürfnissen von Studierenden des Faches Philosophie, sollte darüber hinaus jedoch auch Historiker ansprechen. Eine klassische Biographie strebt Lessing nicht an, doch liefert das erste Kapitel immerhin „Basisdaten zu Leben und Werk“; beschlossen wird der Band mit einer detaillierten Übersicht zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte, welche die zahlreichen Werkausgaben vorstellt. Der Hauptteil des Buches befasst sich hingegen mit Diltheys Philosophie und deren diversen großen Themenfeldern.
Bekannt ist Dilthey heute vor allem noch wegen seiner Versuche einer philosophischen Grundlegung der Geisteswissenschaften, niedergelegt in seiner „Einleitung in die Geisteswissenschaften“ von 1883 (Kapitel 2). Hier wie auch in seiner Hermeneutik (Kapitel 5) grenzte Dilthey seinen Gegenstand von den damals aufblühenden Naturwissenschaften ab, indem er deren jeweils verschiedene Zugänge zu ihren Forschungsobjekten beschrieb und für die Geisteswissenschaften eine primär auf dem „Verstehen“ des Forschers beruhende Methodik |
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Leukel, Sandra, Strafanstalt und Geschlecht. Geschichte des Frauenstrafvollzugs im 19. Jahrhundert (Baden und Preußen) (= Geschlossene Häuser - Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 2). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 349 S. Besprochen von Thomas Krause. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leukel, Sandra, Strafanstalt und Geschlecht. Geschichte des Frauenstrafvollzugs im 19. Jahrhundert (Baden und Preußen) (= Geschlossene Häuser - Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung 2). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2010. 349 S. Besprochen von Thomas Krause.
Auf Grund seiner geringen quantitativen Bedeutung (lediglich etwa fünf Prozent der Inhaftierten in Deutschland sind weiblichen Geschlechts) führt der Frauenstrafvollzug innerhalb der deutschen Strafvollzugswissenschaft traditionell ein Schattendasein. Dies gilt erst recht für seine Geschichte, die in einschlägigen neueren Studien meist nur in den einleitenden Kapiteln auf wenigen Seiten abgehandelt wird. Namentlich über die Anfänge und die Entwicklung im 19. Jahrhundert erfährt man indessen auch dort so gut wie gar nichts, da dieser Zeitraum bisher kaum näher untersucht wurde. Insoweit besteht daher eine echte Forschungslücke, zu deren Füllung Sandra Leukel mit ihrer Arbeit, einer überarbeiteten und gekürzten Fassung ihrer im Wintersemester 2004/2005 angenommenen Bielefelder geschichtswissenschaftlichen Dissertation, einen Beitrag leisten möchte. Da der Strafvollzug nicht nur vor der Reichsgründung, sondern auch nach 1871 Ländersache war (und noch immer ist), wählt sie dabei zu Recht einen territorialen Zugang. Das daraus resultierende Erfordernis einer thematischen Beschränkung ihrer Arbeit auf einzelne deutsche Staaten muss man akzeptieren, da eine flächendeckende Untersuchung der Materie für ganz Deutschland im Rahmen einer Dissertation nicht zu leisten wäre. Die von der Verfasserin gewählte Konzentration auf Baden und Preußen, „die Vorzeige- und Vorreiterländer für Reformen“ des Strafvollzuges, „in denen erstmals das Einzelhaftsystem in panoptischen Zweckbauten umgesetzt wurde“ (S. 26), erscheint dabei plausibel und sachgerecht.
In der Einleitung ihrer Studie (S. 15ff.) gibt Sandra Leukel zunächst einen ausführlich |
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L’estatut del 2006. El dret i els drets de Catalunya a la cruïlla del segle XXI. Barcelona, abril-maig de 2007. Edició coordinada per Serrano Daura, Josep. Societat Catalana d’ estudis jurídics. Barcelona 2008. 142 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
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Das Buch veröffentlicht die Akten eines Colloquiums über das Autonomie-Statut der Region Katalonien vom 18. Juni 2006. Die Beiträge betreffen großenteils Themen der gegenwärtigen spanischen Verfassungspolitik. Für die Leser dieser Zeitschrift sei allerdings die Untersuchung Ferran Badosa Colls (S. 117-129) zu den historischen und staatsrechtlichen Grundlagen des katalanischen Zivilrechts hervorgehoben. Erwähnt sei hier insbesondere, dass Art. 5 des Autonomie-Statuts sich ausdrücklich auf die rechtshistorischen Quellen Kataloniens beruft (s. dazu insb. S. 118ff.).
Saarbrücken Filippo Ranieri
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Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts, hg. v. Brandes, Detlef/Sundhausen, Holm/Troebst, Stefan i. V. m. Kaiserová, Kristina/Ruchniewicz, Krysztof. Böhlau, Wien 2010. 801 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Wenn bei einer geschätzten gegenwärtigen Gesamtbevölkerung Europas von derzeit 500 Millionen während des 20. Jahrhunderts rund 80 Millionen Menschen vertrieben, deportiert oder ausgesiedelt worden sein sollen, so liegt mit diesen Vorgängen insgesamt ein bedeutendes geschichtliches Ereignis vor. Es kann daher kaum überraschen, dass sich umgehend ein sachverständiger Interessent für die lexikalische, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Deutschlands, den Beauftragten der Bundesregierung Deutschlands für Kultur und Medien sowie das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Österreichs geförderte Erfassung der einschlägigen Ereignisse fand. Da der Verlag leider kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber das Werk wenigstens in wenigen Zeilen anzeigen.
Ziel des erstmals von Holm Sundhausen im Dezember 2001 auf einem Kongress in Darmstadt vorgeschlagenen, Hans Lemberg gewidmeten Werkes ist nach seinem Vorwort, das gewaltige Vertreibungsgeschehen anhand des bestehenden Forschungsstands abzubilden und zugleich Schneisen zu Analyse, Kategorisierung und Periodisierung zu schlagen. Dazu sind insgesamt 308 Lemmata gebildet, die in vier Gruppen unterteilt sind. Diese betreffen Ethnien in ihren Heimatländern und Aufnahmeländern, Pläne, Konferenzen, Beschlüsse und besondere Maßnahmen, Akteure und zentrale Begriffe sowie Ausblicke auf Erinnerungskultur und Geschichtspolitik, wobei als große zeitlich-räumliche Komplexe Südosteuropa von 1912 bis 1923, die Sowjetunion von 1930 bis 1945, die vom nationalsozialistischen Deutschland beherrschten Gebiete von 1933 bis 1945, Ostmitteleuropa ab 1945 und Jugoslawien ab 1990.
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Lieberwirth, Rolf, Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945, 2. Aufl. (= Hallesche Schriften zum Recht 25), Universitäts-Verlag Halle-Wittenberg 2010. 147 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lieberwirth, Rolf, Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945, 2. Aufl. (= Hallesche Schriften zum Recht 25), Universitäts-Verlag Halle-Wittenberg 2010. 147 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Nach einem Verlagswechsel liegt die 2008 in erster Auflage erschienene Arbeit des Nestors der hallischen Juristen über „seine“ Fakultät in zweiter Auflage vor. Selten ist es, dass ein sachkundiger Teilnehmer von Anfang an die Entwicklungen und Brüche einer Fakultät über 65 Jahre betrachten und beschreiben kann. Von den Hoffnungen auf eine schnelle Neueröffnung während der 6-wöchigen amerikanischen Besatzungszeit über die drei Hochschulreformen der folgenden Machthaber (1945: Reform durch die marxistisch-leninistische „Partei neuen Typs“, 1951: Zentralisierung unter dem Motto „Stürmt die Festung Wissenschaft“, 1968: Reform zur Gewährleistung des „notwendigen Bildungsvorlaufes durch Heranbildung qualifizierter Hochschulabsolventen …“) zeigt der Autor die tiefgreifende Veränderung einer Fakultät mit langer Tradition zu einer Ausbildungsstätte, die ihre gesamte Ausbildung an einem Parteiauftrag ausrichtete. Waren der Fakultät Thomasius und seine kritische Einstellung zu den Hexenprozessen lange Zeit Leitbild, so wurden nun Juristen ausgebildet, die einen festen Klassenstandpunkt hatten und bei ihrer parteilichen Rechtsanwendung keine direkten Anweisungen brauchten, da sie gelernt hatten, was die Partei von ihnen in ihren jeweiligen Funktionsstellen erwartete. In ihren jeweiligen Altersgruppen finden diese Absolventen (S. 55f.) noch heute den Rückhalt, der sie mit den Inhalten ihrer Ausbildung versöhnt. Wenig findet sich zu den Parteisekretären und ihrem Verhältnis zu den Dekanen. Hier wären Hinweise auf die tatsächlichen Einflusssphären hilfreich gewesen. Ließ man die Lehrenden Wissenschaft spielen, solange sie der Parteilinie folgten?
Die Ausführungen zur Thomasius-Feier 1955 (S. 69ff.) beschreiben die Zei |
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Lilla, Joachim, Die Vertreter der thüringischen Staaten und Thüringens bei Reich und Bund (1867 bis 2010) unter Einschluss der Länderkammer der DDR (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 29). Wartburg-Verlag, Weimar 2010. 261 S. Besprochen von Ralf Lunau. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lilla, Joachim, Die Vertreter der thüringischen Staaten und Thüringens bei Reich und Bund (1867 bis 2010) unter Einschluss der Länderkammer der DDR (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 29). Wartburg-Verlag, Weimar 2010. 261 S. Besprochen von Ralf Lunau.
In der verdienstvollen, vom Thüringer Landtag herausgegebenen Schriftenreihe zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen liegt nunmehr die 29. Veröffentlichung vor. In diesem Band widmet sich der Autor Joachim Lilla, der sich schon mit einigen biographischen Dokumentationen zu den Mitgliedern von Vertretungskörperschaften einen Namen gemacht hat, den thüringischen Vertretern auf der Ebene der Föderation. Die zeitliche Spanne reicht dabei vom Erfurter Unionsparlament 1850 bis zu den Vertretern des Freistaats Thüringen im Bundesrat 2010.
Der Autor beginnt das Buch mit einem ersten Abschnitt, in dem er die historischen, staatsrechtlichen und personellen Grundlagen für die Zusammensetzung aller betreffenden Gremien und Institutionen erläutert. Dem folgt ein zweiter Abschnitt, in dem er die jeweiligen thüringischen Repräsentanten für die einzelnen Vertretungskörperschaften namentlich auflistet. Der dritte und größte Abschnitt enthält in lexikalischer Form die Biographien aller Personen, die einen der thüringischen Staaten oder das Land Thüringen in dieser Zeitspanne gegenüber dem deutschen Bundesstaat vertraten oder gegenwärtig vertreten. Ein vierter Abschnitt über die Räumlichkeiten der Thüringer Vertretungen rundet die Publikation ab.
Die Lektüre dieses Buches ist keineswegs nur für Interessenten an der Geschichte Thüringens empfehlenswert, da es den Prozess zur Herstellung der deutschen Einheit über einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren aus der aufschlussreichen Perspektive der Gliedstaaten reflektiert. Während der erste Abschnitt eine systematische Darstellung der einzelnen Entwicklungsphasen bietet, ergänzt und illustriert der biographische |
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Löhr, Isabella, Die Globalisierung geistiger Eigentumsrechte - neue Strukturen internationaler Zusammenarbeit 1886-1952 ( = Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 195). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010. 342 S., 5 Abb., 6 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Löhr, Isabella, Die Globalisierung geistiger Eigentumsrechte - neue Strukturen internationaler Zusammenarbeit 1886-1952 ( = Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 195). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010. 342 S., 5 Abb., 6 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die nach dem kurzen Vorwort anscheinend von Hannes Siegrist betreute, nach dem Studium der Kulturwissenschaften und Philosophie (1997-2002) und einer Magisterarbeit über Autor, Text und Rechte - Die Entstehung des Urhebers im englischen Recht im 18. Jahrhundert 2008 an der Universität Leipzig angenommene Dissertation der von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten, als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Heidelberg tätigen Verfasserin. Ihr geht es um die globale Ausdehnung von Autorenrechten. Im Mittelpunkt stehen multilaterale Abkommen, die auf die Institutionalisierung eines bestimmten Mindeststandards für den grenzüberschreitenden Schutz von Autoren zielen, indem möglichst viele Staaten diese Rechtsstandards übernehmen und gemeinsam daran arbeiten, den Rechtsschutz qualitativ auszuweiten.
Die Untersuchung geht davon aus, dass bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts die Ausarbeitung von Normen für den Autorenschutz und ihre Umsetzung in gesetzliche Vorschriften vorrangig einzelstaatliche Aufgaben waren. Dies änderte sich in dem Augenblick, in dem kulturelle Güter im größeren Umfang zwischen verschiedenen Räumen und Staaten gehandelt wurden und der Rückfluss von Autorenhonoraren aus dem Verkaufsland in das Herstellungsland nicht mehr gesichert war. Von da an ging es um internationale Abkommen, wie es zuerst europäische Staaten in der Berner Konvention von 1886 erreichten, die den Transfer kultureller Güter mit einem höheren >Grad an Durchsichtigkeit und Berechenbarkeit versehen sollte.
Das Besondere hieran war die Institutionalisierung und Verstetigung in einer Eigendynamik entwickelnden Orga |
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Longerich, Peter, Joseph Goebbels. Biographie. Siedler, München 2010. 910 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Longerich, Peter, Joseph Goebbels. Biographie. Siedler, München 2010. 910 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic.
Mit dem Namen Joseph Goebbels assoziiert sich gemeinhin die Personifikation jenes (all-)mächtigen Propagandaapparates, mit dessen Hilfe die nationalsozialistische Führung große Teile des deutschen Volkes bis in den Untergang auf eine bedingungslose Gefolgschaft einzuschwören verstand. Die Klärung der Frage, ob diese in der breiten Öffentlichkeit noch heute präsente Meistererzählung dem historischen Sachverhalt gerecht wird oder aber vielmehr selbst als Produkt der Bemühungen jenes Mannes gelten muss, dessen Leben und Wirken im vorliegenden Band untersucht wird, stellt der Verfasser ins Zentrum seiner Betrachtungen.
Peter Longerich hat Erfahrung mit dem Thema Propaganda wie auch mit dem Genre der Biographie: 1983 promovierte der heute in London lehrende Zeithistoriker und Spezialist für die Geschichte des Holocaust bei Gerhard Ritter in München mit einer Arbeit zur Presseabteilung des Auswärtigen Amtes unter Ribbentrop, 2008 veröffentlichte er seine große Monographie über Heinrich Himmler (vgl. die ausführliche Besprechung in: ZRG GA 127 (2010), S. 882-885). Bei Joseph Goebbels sieht er „alle wesentlichen Kriterien erfüllt, die nach dem heutigen Stand der Psychoanalyse eine narzißtisch gestörte Persönlichkeit charakterisieren“, vor allem die lebenslange Sucht nach Anerkennung, die in der fortlaufenden Bestätigung durch das Idol Adolf Hitler ihre Befriedigung suchte. Aufgabe des Biographen müsse es daher sein, „das von Goebbels so wirkungsvoll entworfene Selbstbild in Frage zu stellen und seine historische Rolle von Grund auf neu zu bestimmen“, darüber hinaus zu zeigen, „wie nationalsozialistische Propaganda konzipiert und durchgeführt wurde“ und damit „die behauptete Allmacht der Goebbels-Propaganda in Frage (zu) stellen“, schließlich insgesamt „einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Geschichte des ‚Dritten Reiches |
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Ludwig Thoma für Juristen, hg. v. Seul, Jürgen. Verlag Medien und Recht, München 2010. 330 S., 4 Zeichnungen. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludwig[Z1] [Z2] Thoma für Juristen, hg. v. Seul, Jürgen. Verlag Medien und Recht, München 2010. 330 S., 4 Zeichnungen.
Old Shatterhand vor Gericht. Die 100 Prozesse des Schriftstellers Karl May, hg. v. Seul, Jürgen. Karl-May-Verlag, Bamberg-Radebeul 2009, 623 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Es mag verwundern, diese beiden Titel in einer rechtshistorischen Fachzeitschrift besprochen zu sehen, vor allem den zweiten, zumal er vom Titel her und in seiner äußeren Erscheinung den klassischen grünen Karl-May-Bänden des gleichnamigen Verlages entspricht. Dennoch handelt es sich um kein Versehen. Beiden Titeln ist gemeinsam, dass sie wesentliches Material und höchst aufschlussreiche Schilderungen zur historischen Rechtstatsachenforschung liefern. Was Ludwig Thoma, den fast promovierten Juristen, betrifft, kommt dieser selbst zu Wort, über die May betreffenden Prozesse berichtet Seul, allerdings unter Aufnahme auch längerer Quellenpassagen. Zu bzw. von Thoma erhalten wir die vielfältigsten Einblicke in das Rechtsleben. Dies betrifft einmal das Jurastudium: Warum Thoma trotz einer Dissertation den Doktortitel nicht verliehen bekam (12f.); wie das Studium so im weitesten Sinne ablief und insbesondere „der gefürchtete Staatskonkurs“ (58ff., 68, ersteres auch in Versen: 213). Weiters lernen wir Beispielhaftes kennen über die Praxis am Landgericht und beim Bezirksamt (650ff.), die Eröffnung der Rechtsanwaltskanzlei in Dachau (99ff.). Formal blieb Thoma Rechtsanwalt bis zur Löschung seiner Zulassung aus der Liste des Landgerichts München II im Jahre 1919 (29). Als er 1899 Redakteur des „Simplicissimus“ geworden war, verkaufte er im gleichen Jahr seine Rechtsanwaltskanzlei (28). Vielschichtig und bunt schlägt sich die erlebte Juristerei in Anekdoten, Erzählungen, Gedichten nieder. In ihnen spiegelt sich manch Rechtshistorisches wider: die Rechtseinheit für „das große, neue Deutsche Reich“ (265), ihre Verwirklichung auch in „dem preußische |
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Ludyga, Hannes, Obrigkeitliche Armenfürsorge im deutschen Reich vom Beginn der Frühen Neuzeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1495-1648) (= Schriften zur Rechtsgeschichte 147). Berlin, Duncker & Humblot 2010. IV, 429 S. Besprochen von Felix Grollmann. |
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Die Sozialrechtsgeschichte der Frühen Neuzeit ist bisher noch nicht ausreichend untersucht worden. Diese Lücke historischer Forschung will die Monographie von Hannes Ludyga, die im Sommersemester 2009 als Habilitationsschrift von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde, für den Bereich der obrigkeitlichen Armenfürsorge schließen. Unter obrigkeitlicher Armenfürsorge werden vom Verfasser „alle rechtlichen Normen und Ordnungssysteme verstanden, deren unmittelbare Intention es war, einer Abhilfe der Armut zu dienen und die von den Inhabern der politischen Gewalt kraft ihrer Autorität im Reich ausgingen […]“ (S. 10). Als Armutsbegriff wird der in der Frühen Neuzeit etablierte ökonomisch-soziale zu Grunde gelegt, der im Gegensatz zum mittelalterlichen rechtliche Unterlegenheit nicht als Form der Armut versteht (S. 43). Der zeitliche Rahmen resultiert aus der Beobachtung, dass das „Recht der obrigkeitlichen Armenfürsorge […] am Anfang der Frühen Neuzeit […] tiefgreifende und folgenschwere Veränderungen“ (S. 359) erfuhr. Die Expansion der obrigkeitlichen Befassung mit der Armut führt der Verfasser auf eine tatsächliche Verschlechterung der Lebensbedingungen infolge der „explosionsartige[n] Bevölkerungszunahme“ (S. 28) um 1500 zurück, doch weist er auch auf die Bedeutung von „mentalitätsgeschichtliche[n] Veränderungen“ (S. 30) hin. Da die Produktion von Rechtstexten auf städtischer und territorialer Ebene in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts spürbar zurückging und erst ein Jahrhundert später neue gesetzgeberische Projekte in Gang gesetzt wurden (S. 291f.), bietet sich das Ende des Dreißigjährigen Kriegs als zeitlicher Abschluss der |
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Lundmark, Lennart/Rumar, Lars, Mark och rätt i Sameland - (= Institutet för Rättshistorisk Forskning Serien 3, Rättshistoriska Skrifter 10). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Das nordische Recht hatte lange Zeit immer wieder sachkundige deutsche Interessenten. Ihre Zahl hat aber zuletzt leider eher abgenommen als zugenommen. Deswegen muss der Herausgeber wenigstens in einigen Zeilen auf den vorliegenden Band hinweisen.
Verfasst ist er von den beiden 1942 bzw. 1935 geborenen Historikern. Sie sind für ihren Sachgegenstand bestens ausgewiesen. Den Inhalt des gefälligen Bandes haben sie in sechs Kapiteln unter sich aufgeteilt.
Nach einem gemeinsamen Vorwort behandelt Lundmark Skogsordningen 1683 och äganderätten till Lappmarken. während sich Rumar mit Kampen om hässjorna befasst. Es folgen zwei Untersuchungen Lundmarks über formlös förvaltning och flyktiga rättigheter und Samernas jakt- och fiskerätt i Jämtland och Lappmarken fore 1928. Den Beschluss des den hohen Norden von der frühen Neuzeit fast bis zur Gegenwart unter einzelnen Aspekten erfassenden Bandes bilden die Beiträge Rumars über Avradslanden, skattefällen och avvittringen i Jämtlands län und Renbetesfjällen och sedvanemarkerna vid sekelskiftet 1900.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Lusiardi, Ralf, Stiftung und städtische Gesellschaft. Religiöse und soziale Aspekte des Stiftungsverhaltens im spätmittelalterlichen Stralsund (= Stiftungsgeschichten 2). Akademie Verlag, Berlin 2000.. 298 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Lusiardi, Ralf, Stiftung und städtische Gesellschaft. Religiöse und soziale Aspekte des Stiftungsverhaltens im spätmittelalterlichen Stralsund (= Stiftungsgeschichten 2). Akademie Verlag, Berlin 2000.. 298 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Stiftung ist in der Gegenwart eine wichtige Rechtsfigur im privaten wie im öffentlichen Recht, obwohl der sie begründende Stifter meist nicht mehr lebt. In der Rechtsgeschichte haben sich etwa Reicke, Pleimes oder Liermann um sie besonders verdient gemacht. Aus diesem Grunde darf auch auf einen freundlichen Hinweis Michael Borgoltes hin vom Herausgeber verspätet auf die Untersuchung Ralf Lusiardis hingewiesen werden.
Bei ihr handelt es sich um die von Michael Borgolte angeregte und in jeder Phase geförderte, im Wintersemester 1997/1998 von der philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Schlussbetrachtung in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Forschungslage, Quellen und Methode, Schenken (oder besser Geben?) und Stiften, die Bedeutung der Handlungsform Stiften im Rahmen der Seelenheilssicherung, den Zusammenhang mit Jenseitsvorstellungen und die Motive, Moden und Funktionen.
Ausgangspunkt des Verfassers ist ein neuer, sozialhistorischer Stiftungsbegriff, der nicht die intendierte Dauerhaftigkeit des Stiftungsguts, sondern die durch die Vergabung geschaffenen sozialen Beziehungen zum entscheidenden Kriterium erhebt, von deren Bindekraft nach der Überzeugung des Verfassers der Erfolg einer Stiftung abhängt. Sehr ansprechend ist auch, dass der Verfasser das gesamte Stiftungswesen einer wirtschaftlich bedeutenden spätmittelalterlichen Stadt trotz erheblich unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen in den Blick genommen hat. Da die Stiftung aus wirtschaftlichen Gründen weitgehend den wohlhabenderen städtischen Schichten vorbehalten bleiben musste, mussten im Rahmen wachsender Heilsunsi |
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Maciejewski, Jürgen, Amtsmannvertreibungen in Baden im März und April 1848. Bürokratiekritik, bürokratischer Protest und Revolution von 1848/49 (= Europäische Hochschulschriften 3, 1067). Lang, Frankfurt am Main 2010. 509 S., zahlr. Abb. u. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Maciejewski, Jürgen, Amtsmannvertreibungen in Baden im März und April 1848. Bürokratiekritik, bürokratischer Protest und Revolution von 1848/49 (= Europäische Hochschulschriften 3, 1067). Lang, Frankfurt am Main 2010. 509 S., zahlr. Abb. u. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Bernd Wunder angeregte und betreute, im Wintersemester 2005/2006 vom Fachbereich Geschichte und Soziologie der geisteswissenschaftlichen Sektion der Universität Konstanz angenommene Dissertation des Verfassers. Sie betrifft eine interessante Gruppe von Einzelvorgängen des revolutionären Geschehens von 1848. Zwischen dem 28. 2. 1848 und dem 27. 4. 1848 fanden nämlich in 36 von 78 badischen Amtsbezirken 63 Proteste gegen 44 Bedienstete von Kreisdirektorien, Bezirksämtern und Amtsrevisoraten Statt, nämlich gegen zwei Kreisdirektoren, einen Kreisregierungsrat, 28 Amtmänner, zwei zweite Amtmänner, einen Amtsassessor, zwei Rechtspraktikanten, vier Amtsaktuare und vier Amtsrevisoren, jeweils mit dem Ziel, sie von ihren Stellen zu vertreiben.
Bei seiner gründlichen Untersuchung dieser Vorgänge schildert der Verfasser nach Darlegung der Problemstellung, Literaturübersicht, Methodik und Quellen zunächst die Bürokratie und Bürokratiekritik im Vormärz, die Entstehung der Verwaltungsstruktur Badens und die Revolution in Baden im Allgemeinen. Danach geht er detailliert auf die Proteste in Mannheim, Neckarbischofsheim, Sinsheim und Hoffenheim, Boxberg, Mosbach, Buchen, Eberbach, Schwetzingen, Heidelberg, Neckargemünd, Bretten, Bühl, Kork, Offenburg, Gernsbach, Haslach, Müllheim, Breisach, Emmendingen, Sankt Blasien, Kenzingen, Jestetten, Freiburg/Landamt, Hornberg, Triberg und Waldkirch, Staufen, Neustadt im Schwarzwald, Konstanz, Radolfzell, Engen, Villingen, Stockach, Stühlingen und Bonndorf ein. Nach diesem Überblick untersucht er die Protestformen, die Konfliktparteien, die Protestursachen, die Manifestationsbedingungen und zieht bezüglich der Kost |
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Maes, Eric, Van gevangenisstraf naar vrijheidsstraf. 200 jaar Belgisch gevangeniswezen. Maklu, Antwerpen 2009. XXIV, 1201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Maes, Eric, Van gevangenisstraf naar vrijheidsstraf. 200 jaar Belgisch gevangeniswezen. Maklu, Antwerpen 2009. XXIV, 1201 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die monumentale Arbeit ist die gedruckte Fassung seiner von Lieven Dupont betreuten, durch den Verfasser an der Katholischen Universität Leuven am 6. Februar 2008 zur Erlangung des Grades eines Doktors der kriminologischen Wissenschaften verteidigten Dissertation. Sie gründet sich auf ein umfangreiches Literaturverzeichnis einschließlich einer eigenen Quellensammlung des Autors für die Zeit von 1795 bis 2006. Gegliedert ist sie außer in Einführung und Zusammenfassung in sechs Kapitel.
Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Oriëntatienota Strafbeleid en gevangenisbeleid vom Juni 1996,. an die der Verfasser zunächst die anschließende Entwicklung bis 2006 fügt. Danach geht er im ersten Kapitel auf die rechtsstaatliche Einbettung des Strafrechts im 19. Jahrhundert ein. Das zweite Kapitel greift für den Durchbruch der Gefängnisstrafe auf das Zuchthaus in Gent in der Zeit von 1771 bis 1794 zurück.
Kapitel 4 behandelt sehr detailliert und sorgfältig den Zusammenhang zwischen den betrachteten Sachgebieten. Kapitel 5 beschreibt die hemmenden und fördernden Umstände für die Einführung der neuen strafrechtlichen Vorstellungen, während Kapitel 5 gründlich und ausführlich zusätzliche Überlegungen aufgreift. Im Ergebnis bietet der Verfasser an Hand grundlegender Fragestellungen eine beeindruckende Schilderung des belgischen Gefängniswesens auf seinem Weg durch die zurückliegenden 200 Jahre des 19. und 20. Jahrhunderts, für welche die europäische Kriminologie dem Verfasser zu Dank verpflichtet ist.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Maier, Gregor, Wirtschaftliche Tätigkeitsfelder von Juden im Reichsgebiet (ca. 1273 bis 1350) (= Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden. Studien und Texte 1). Kliomedia, Trier 2010. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Maier, Gregor, Wirtschaftliche Tätigkeitsfelder von Juden im Reichsgebiet (ca. 1273 bis 1350) (= Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden. Studien und Texte 1). Kliomedia, Trier 2010. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1979 geborene, nach dem Studium von Geschichte und Anglistik in Trier über Juden und Christen in den Kathedralstädten Augsburg, Regensburg, Salzburg und Passau während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts dissertierende Verfasser legt im Rahmen der Forschungsarbeiten am Trierer Forschungsbereich 600 (Fremdheit und Armut) eine gesonderte Studie über Juden außerhalb des Geldgeschäfts vor und betrachtet dabei Juden in Weinbau bzw. Weinhandel, Juden und herrschaftliche Verwaltungstätigkeit, Juden als Handwerker (Schneider, Fleischer und weitere Tätigkeiten), die Handelstätigkeit und jüdische Ärzte. Er schließt dabei an eine Untersuchung Michael Tochs für das Spätmittelalter an. Im Ergebnis stellt er eine Vielzahl von Gelegenheiten für Kontakte zwischen Juden und Christen in der von ihm erfassten Zeit in den etwa um Rechnungsbücher oder Bürgerlisten vermehrten Quellen fest und kann dadurch den bisherigen Blickwinkel in interessanter Weise erweitern.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Maier, Hans, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre. Mit einem Nachwort von Stolleis, Michael (Neudruck = Gesammelte Schriften Band 4). Beck, München 2009. 487 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Maier, Hans, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre. Mit einem Nachwort von Stolleis, Michael (Neudruck = Gesammelte Schriften Band 4). Beck, München 2009. 487 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Hans Maier wurde in Freiburg im Breisgau am 18. Juni 1931 geboren, spielte schon in der Zeit des Besuchs des Bertold-Gymnasiums 1942 als Organist, studierte nach dem 1951 absolvierten Abitur Geschichte, Romanistik, Germanistik und Philosophie in Freiburg im Breisgau und München, wurde nach dem Staatsexamen für das höhere Lehramt in den Fächern Geschichte, Deutsch und Französisch 1957 bei Arnold Bergsträßer mit einer Dissertation über Revolution und Kirche (Studien zur Entstehungsgeschichte der christlichen Demokratie in Frankreich 1789-1850) zum Dr. phil. promoviert und 1962 nach einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent am Seminar für politische Wissenschaft der Universität Freiburg habilitiert und umgehend als ordentlicher Professor für politische Wissenschaft an die Universität in München berufen. Seine durch Lektüre des französischen Polizeitheoretikers Nicolas De la Mare angeregte Habilitationsschrift erschien erstmals 1966 unter dem Titel Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre (Polizeiwissenschaft) - ein Beitrag zur Geschichte der politischen Wissenschaft in Deutschland im Umfang von 366 Seiten im Verlag Luchterhand als Band 13 der Reihe Politica. Nach großen politischen Erfolgen des Verfassers in Bayern und anderswo wurde sie 1980 neubearbeitet und ergänzt vom Verlag Beck im Umfang von 353 Seiten übernommen und 1986 als Taschenbuch vorgelegt.
In Zusammenfassung des Lebenswerks des großen Gelehrten und Politikers erscheinen seit seinem 75. Geburtstag in bester Tradition seine gesammelten Schriften. In sie ist auch die einstige Habilitationsschrift in durchgesehener und durch einen Exkurs bereicherter Form aufgenommen. Dies entspricht ihrem hohen Rang al |
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Mailänder Koslov, Elissa, Gewalt im Dienstalltag. Die SS-Aufseherinnen des Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek 1942-1944. Hamburger Edition, Hamburg 2009. 520 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mailänder Koslov, Elissa, Gewalt im Dienstalltag. Die SS-Aufseherinnen des Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek 1942-1944. Hamburger Edition, Hamburg 2009. 520 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Majdanek ist ein Vorort Lublins in dem bald nach Beginn des Zweiten Weltkriegs besetzten Polen, in dem 1941 ein Kriegsgefangenenlager (Pläne zu einem eigenen Frauenlager seit Sommer 1942, mit 7821 gefangenen Frauen am 15. Juni 1943) und ab Februar 1943 ein bis 23. Juli 1944 bestehendes Konzentrationslager und Vernichtungslager der Waffen-SS Lublin errichtet wurde. Zwischen Herbst 1942 und Frühjahr 1944 waren dort insgesamt 28 Frauen als SS-Aufseherinnen beschäftigt. Mit ihnen beschäftigt sich die nach dem Studium von Literaturwissenschaft und Geschichte in Wien, Paris und Erfurt 2007 promovierte, danach am kulturwissenschaftlichen Institut in Essen tätige Verfasserin an Hand zahlreicher Dokumente, Aussagen und anderen Quellen.
Die überwiegend um 1920 geborenen Aufseherinnen entstammten im Durchschnitt einem sozial weniger privilegierten Milieu. Sie waren an einem gut bezahlten, sicheren Arbeitsplatz mit sozialem Aufstieg zum Beamtenstatur interessiert, bewarben sich aber teilsweise auch aus Abenteuerlust. Keine der am 16. Oktober nach einer kurzen Einschulung aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gekommenen Aufseherinnen war zuvor strafrechtlich aufgefallen und die wenigsten rekrutierten Frauen konnten sich vermutlich unter ihrem künftigen Arbeitsplatz etwas Genaues vorstellen.
Die Verfasserin beschreibt nach methodisch-theoretischen Vorüberlegungen und einem Überblick über Majdanek so genau wie möglich die Wege der Frauen in das Konzentrationslager, die Ausbildung in Ravensbrück, die Versetzung nach Majdanek, die dortigen, von ständigem Arbeitskräftemangel gekennzeichneten, von Tod und Vernichtung umgebenen Arbeitsbedingungen, den Tötungsalltag durch Selektion, die Bedeutung der Flucht von einzelnen Gefangenen, |
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Malycha, Andreas/Winters, Peter Jochen, Die SED. Geschichte einer deutschen Partei. Beck, München 2009. 480 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerMalychadiesed20110901 Nr. 13735 ZRG GA 129 (2012) 81
Malycha, Andreas/Winters, Peter Jochen, Die SED. Geschichte einer deutschen Partei. Beck, München 2009. 480 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die politisch bestimmende Kraft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik war trotz aller demokratisierenden Verbrämung die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Deswegen verwundern sich die beiden Autoren, der in Bremen 1934 geborene, vor allem über die Frankfurter Allgemeine Zeitung bekannte Publizist Peter Jochen Winters und der in Berlin 1956 geborene, von 1983 bis 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Marxismus/Leninismus bei dem Zentralkomitee der SED bzw. des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung in Berlin tätige,1989 über die SPD in der sowjetischen Besatzungszone promovierte Historiker Andreas Malycha selbst sehr darüber, dass die SED in der Forschung seit 1990 keine angemessene Aufmerksamkeit gefunden hat (vgl. aber Malycha 1995, 1996, 2000). Diese Lücke will ihr Werk schließen.
Es geht dabei auf breiter Quellengrundlage in insgesamt acht Schritten chronologisch vor, so dass die Gründung der SED im Jahre 1945/1946 am Beginn steht. Es folgen der Wandel nach sowjetischem Vorbild zwischen 1947 und 1952, die Krise und Konsolidierung zwischen 1952 und 1961, die Suche nach neuen Konzepten im Anschluss an die Ära Ulbricht, die Vision einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft mit Erich Honecker an der Spitze, das sich zwischen Moskau und Bonn aufbauende Spannungsfeld der Jahre von 1982 bis 1987 und der in der vergeblichen Abwehr von Perestroika und Glasnost sowie Kirchen erfolgende Niedergang und Zusammenbruch bis 1989. Als Anhang wird die Partei des demokratischen Sozialismus angeschlossen, die sich halbherzig von der Vergangenheit befreien will und deswegen nur ein zwiespältige Zukunft erreicht.
Im Anhang weist ein Exkurs die Mitgliederentwicklung von 1129 |
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Martens, Matthias, Die Entwicklung der Widerrufsrechte des Verbrauchers bis zur Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG. Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der zeitlichen Dimension (= Nomos Universitätsschriften - Recht 697). Nomos, Baden-Baden 2010. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Martens, Matthias, Die Entwicklung der Widerrufsrechte des Verbrauchers bis zur Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG. Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der zeitlichen Dimension (= Nomos Universitätsschriften - Recht 697). Nomos, Baden-Baden 2010. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Peter Derleder angeregte und betreute, im Sommersemester 2010 der juristischen Fakultät der Universität Bremen vorgelegte Dissertation des Verfassers. Sie stellt die Möglichkeit einer Verwirkung der Widerrufsrechte in den Mittelpunkt und geht besonders auf das Umsetzungsgesetz vom 2. Juli 2009 und die ihm zugrundeliegende Verbraucherkreditlinie 2008/48/EG ein. Im dritten ihrer insgesamt 13 Kapitel greift sie bei der Geschichte der Widerrufsrechte aber immerhin kurz auch auf das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 zurück.
Nach einer knappen Einleitung stellt der Verfasser zunächst das Informationsmodell des europäischen und des deutschen Verbraucherrechts und des Widerrufsrechts dar und betrachtet nach seinem geschichtlichen Rückgriff das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften, bei Fernabsatzverträgen und bei Verbraucherkreditverträgen. Danach behandelt er die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teiles der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgabrecht, bezieht sonstige Widerrufsrechte außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezüglich ihrer Rechtsentwicklung ein (§ 126 I Investmentgesetz, § 4 I FernUSG, §§ 8, 9, 152 VVG) ein, schildert die Überschneidung der Widerrufsrechte und erörtert die Regelung der Widerrufsfolgen, die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Auf dieser Grundlage befasst er sich dann mit der Verwirkung von Widerrufsrechten.
Am Ende fasst er seine wesentlichen Ergebnisse in 20 Punkten zusammen. Dabei spart er mit guten Gründen nicht mit Kritik an der bestehenden |
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Martus, Steffen, Die Brüder Grimm. Eine Biographie. Rowohlt Berlin, Berlin 2009. 608 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Martus, Steffen, Die Brüder Grimm. Eine Biographie. Rowohlt Berlin, Berlin 2009. 608 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Jacob Grimm und Wilhelm Grimm waren nicht wirklich erfolgreiche Juristen. Sie haben aber als Philologen innerhalb der Rechtswissenschaft insbesondere die Rechtsgeschichte in vielfältiger Weise gefördert und bereichert. Aus diesem Grunde haben sie sich längst einen Ehrenplatz auch in der Rechtswissenschaft verdient, auf Grund dessen außerjuristische Werke über die Brüder Grimm der rechtsgeschichtlichen Erwähnung wenigstens in einigen Zeilen wert sind.
Dies gilt auch für die umfangreiche Biographie des in Karlsruhe 1968 geborenen, in Regensburg in deutscher Philologie, Sozialkunde, Philosophie und Soziologie ausgebildeten, 1998 an der Humboldt-Universität zu Berlin promovierten und über Erlangen-Nürnberg und Kiel 2010 für neuere deutsche Literatur wieder nach Berlin gelangten Verfasser. Er ist bisher durch seine Dissertation über den Aufklärer Friedrich von Hagedorn und durch Untersuchungen zu Ernst Jünger, Klopstock, Tieck, Goethe und George hervorgetreten. Seine Biographie über die Brüder Grimm beeindruckte die Allgemeinheit so sehr, dass sie 2010 bereits eine zweite und dritte Auflage erfuhr.
Gegliedert ist sie chronologisch in sieben Abschnitte. Diese führen von den Kindheitsszenen (1785-1802) über Studium und Berufung, Standortbestimmung, die Spannung zwischen Wissenschaft und Politik, die glückliche Zeit zwischen 1816 und 1829 und Göttingen (1830-1840) schließlich nach Berlin, wo sich die Brüder bis an die Schultern ins deutsche(, allerdings von ihnen nur in den ersten Buchstaben verwirklichte) Wörterbuch vergraben. Anschaulich lässt der Verfasser den Leser an der spannenden und bewegenden Geschichte bis zu dem Ende inmitten der papierenen Kinder so teilhaben, als wäre man selbst dabei gewesen und ermöglicht darüber hinaus durch einen gewichtigen Anhang die eigene Beschäftigung mit diesen beiden großen |
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Matthies, Denis, Exemplifikationen und Regelbeispiele. Eine Untersuchung zum 100-jährigen Beitrag von Adolf Wach zur „legislativen Technik“ (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 33). De Gruyter, Berlin 2009. XIII, 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Matthies, Denis, Exemplifikationen und Regelbeispiele. Eine Untersuchung zum 100-jährigen Beitrag von Adolf Wach zur „legislativen Technik“ (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 33). De Gruyter, Berlin 2009. XIII, 158 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Uwe Scheffler angeregte und betreute, im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder angenommene Dissertation. Sie geht von Adolf Wach aus, der in Culm an der Weichsel am 11. September 1843 geboren wurde und in Leipzig am 4. April 1926 verstarb. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin, Heidelberg, Königsberg (1865 Promotion, 1868 Habilitation für Kirchenrecht und Prozessrecht) und Göttingen wurde er ordentlicher Professor in Rostock (1869), Tübingen (1871), Bonn (1872) und Leipzig (1875-1920).
Wach hatte besonderes Interesse am Zivilprozessrecht. Daneben gilt er als Begründer der Regelbeispielstechnik insbesondere für besonders schwere Fälle, über die er in einer vergleichenden, vom Verfasser in seiner Einleitung nicht bibliographisch einwandfrei zitierten Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts im Jahre 1908 gehandelt haben soll. Da Uwe Scheffler den Standpunkt vertritt, dass Wach zu Unrecht als Vater der Regelbeispielstechnik geehrt wird, geht der Verfasser dieser Problematik in seiner schlanken Untersuchung nach.
Zu diesem Zweck untersucht der Verfasser im ersten Teil seiner Arbeit den Weg zur Regelungsbeispielstechnik seit dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871. Der zweite Teil befasst sich mit der Exemplifikationsmethode. Im Ergebnis nimmt der Verfasser an, dass die Regelbeispielstechnik nicht der Exemplifikationsmethode Adolf Wachs entspricht und deshalb auch nicht auf ihn zurückgeführt werden kann, dass aber die richtig verstandene Exemplifikationsmethode Wachs ein brauchbarer Weg zwischen Kasuistik und Generalisierung in der Ge |
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Mechthold, Rudi, Landesgeschichtliche Zeitschriften 1800-2009. Ein Verzeichnis deutschsprachiger landesgeschichtlicher und heimatkundlicher Zeitschriften, Zeitungsbeilagen und Schriftenreihen (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderband 101). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. 332 S., CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mechthold, Rudi, Landesgeschichtliche Zeitschriften 1800-2009. Ein Verzeichnis deutschsprachiger landesgeschichtlicher und heimatkundlicher Zeitschriften, Zeitungsbeilagen und Schriftenreihen (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderband 101). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. 332 S., CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch ordnet die Vielzahl der ihn umgebenden Erscheinungen zur vernunftnotwendigen Wahrung eines Überblicks vielfach hierarchisch. Dementsprechend trennt er etwa zwischen Universalgeschichte, Landesgeschichte und Heimatkunde. Dabei kann die Heimatkunde für den Einzelnen durchaus viel ansprechender und wichtiger sein als die Universalgeschichte, so dass ein besonderer Bedarf nach einer Übersicht über ihre an vielfach ganz versteckten Orten veröffentlichten Einzelheiten besteht.
Wer die Ansicht vertritt, dass die landschaftlich gebundene Geschichte das Fundament aller historischen Erkenntnis und eines tiefergehenden Verständnisses der Gegenwart bildet, musste es daher besonders bedauern, dass es bis in die jüngste Vergangenheit kein umfassendes, auf Vollständigkeit zielendes Verzeichnis der deutschsprachigen landesgeschichtlichen und heimatkundlichen Periodika gab. Diese den Zugang zu Wissen erschwerende Lücke schließt das auf eine ursprünglich für interne Zwecke der Universitäts- und der Staatsbibliothek Bamberg gedachtes Verzeichnis der deutschsprachigen landesgeschichtlichen Zeitschriften von 1984 mit 1321 Titeln, das 1993 um ein Verzeichnis der Heimatzeitschriften in der Bundesrepublik Deutschland mit 962 Titeln ergänzt wurde, beruhende Werk in zusammenfassender, auf den neuesten technischen Stand gebrachter Aktualisierung.
Insgesamt sind nunmehr durch eine beeindruckende Leistung eines Einzelnen auf der Grundlage der vorhandenen Literatur von En Aacheblik (ab 1988) bis zu Zwischen Wörlitz und Mosigkau (ab 1969) 4820 unterschiedlich lange erscheinende Periodika des gesamten de |
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Meckel, Andreas, Der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen - Die Justizmorde an Oskar Löwenstein und Marianne Golz durch das Sondergericht Prag 1943, hg. v. Wiehn, Erhard Roy. Hartung-Gorre, Konstanz 2009 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Meckel, Andreas, Der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen - Die Justizmorde an Oskar Löwenstein und Marianne Golz durch das Sondergericht Prag 1943, hg. v. Wiehn, Erhard Roy. Hartung-Gorre, Konstanz 2009 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser verdankt dem von H. G. Adler verfassten, vergriffenen Buch Der verwaltete Mensch den Hinweis auf das Schicksal Oskar Löwensteins, der im ehemaligen Weleschin zwischen Prag und Linz am 10. Oktober 1887 geboren wurde und 1922 das Studium der Ingenieurwissenschaften in Prag abschloss.. Nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich am 27. Mai 1943 musste er als Jude mit der Deportation nach Polen rechnen, so dass er versuchte, mit Hilfe des gefälschten Passes seiner Schweizer Geliebten Marcelle Yung in die Schweiz zu gelangen. Als bei dem Versuch einer legalen Ausreise bei dem deutschen Grenzpolizeikommissariat in Singen das Fehlen eines Einreisevisums festgetellt wurde, wurde er nach Prag zurückgebracht, von dem Sondergericht zum Tod verurteilt und in Dresden am 1. Juli 1943 hingerichtet, während seine Freundin im Rahmen eines Gefangenenaustauschs in die Schweiz zurückgelangte.
Marianne Golz-Goldlust, nach dem Verfasser eine ungewöhnlich begabte, schöne, starke und mutige Frau wurde als Maria Agnes Belokostolska in Wien am 31. Januar 1895 geboren, heiratete 1923 Ernst Wengraf und nach baldiger Scheidung 1929 den assimilierten Juden Hans Goldlust, der den Namen Golz annahm. Während ihr Ehemann 1939 über Polen nach England floh, schloss Marianne Golz sich einer Widerstandsgruppe an, die Juden mit gefälschten Pässen die Flucht ermöglichte. Am 19. November 1942 wurde sie deswegen verhaftet, zum Tode verurteilt und am 8. Oktober 1943 hingerichtet.
Der Verfasser schildert asn Hand dieser beiden Fälle die Tätigkeit des Sondergerichts in Prag. Er zeigt beispielhaft die Unmenschlichkeit nationalsozialistischer „Gerchtigkeit“. Möge das schmale,, mit Bildern der Opfer geschmückte, in seinen E |
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Medien der Erinnerung in Mittelalter und Renaissance, hg. v. Hülsen-Esch, Andrea von (= Studia humaniora 42). Droste, Düsseldorf 2009. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der dem Gedenken an Johannes Laudage gewidmete Sammelband bietet in überarbeiteter Form die von Philosophen, Kunsthistorikern, Historikern, Germanisten, Anglisten, Romanisten und Judaisten stammenden Vorträge einer Ringvorlesung des Forschungsinstituts für Mittelalter und Renaissance der Universität Düsseldorf, an der die Herausgeberin seit 2001 als Professorin für Kunstgeschichte tätig ist. Er enthält insgesamt neun Studien. Deren Inhalt reicht zeitlich con Perspektiven der memoria bei Augustinus und antiken Helden im Hochmittelalter bis zur russischen Geschichte in Opern und betrifft sachlich vor allem Materialität und Medialität von Schrift, Bild, Skulptur und Ton, wobei etwa unter the Keye of Remembrance von dem an sich bekannten, aber im Detail im wieder neue Erkenntnisse bietenden langsamen Siegeszug des Schriftlichen (um vielleicht 1400) etwa im englischen Mittelalter gehandelt wird.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Meding, Wichmann von, Aufgehobener Glaube. Kirchengeschichte des Herzogtums Niedersachsen im heutigen Bundesland Schleswig-Holstein (Herzogtum Lauenburg). Lang, Frankfurt am Main 2009. 341 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Meding, Wichmann von, Aufgehobener Glaube. Kirchengeschichte des Herzogtums Niedersachsen im heutigen Bundesland Schleswig-Holstein (Herzogtum Lauenburg). Lang, Frankfurt am Main 2009. 341 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Hannover 1939 geborene, nach dem Studium der Theologie in München, Heidelberg, Tübingen, Bonn und Göttingen in mehreren norddeutschen Gemeinden als Pastor tätige Verfasser wurde in Kiel 1986 mit einer Dissertation über die deutschen Reformationspredigten des Jahres 1817 promoviert. 1995 wurde er am gleichen Ort auf Grund einer Habilitationsschrift über Luthers Gesangbuch - die gesungene Theologie eines christlichen Psalters habilitiert. Außerdem hat er Predigten von protestantischen Gottesgelehrten der Aufklärungszeit herausgegeben, eine Bibliographie der Schriften Schleiermachers erarbeitet und Österreichs erstes Reformationsjubiläum erörtert.
Nach seiner Emeritierung hat er sich der allgemeinen Geschichte zugewendet. 2007 legte er in diesem Zusammenhang unter dem Titel Stadt ohne Land am Fluss ein Werk über 800 Jahre europäische Kleinstadt Lauenburg vor, in der er die Gründung des Ortes von 1260 auf 1209 zurückdatieren konnte. Auf dieser Grundlage veröffentlichte er 2008 zur Geschichte des Ortes, Amtes, Herzogtums Lauenburg eine Untersuchung zu rund 600 Hausgeschichten, Amtsträgerlisten, Seuchen und Wetterdaten ab dem hohen Mittelalter, Privatbibliotheken, alle Katechismen und Gesangbücher, Frauenrechte im Alltag und gut 7000 Personendaten vor Einsetzen der Kirchenbücher, so dass er als Kenner Lauenburgs ausgewiesen ist.
Das vorliegende Werk verbindet Theologie und Geschichte zu einer Kirchengeschichte des Herzogtums Niedersachsen im heutigen Bundesland Schleswig Holstein unter einem überraschenden, durch den Altarraum der Heilig-Geist-Kirche in Wohltorf bei Hamburg von 1930 auf dem Umschlagbild veranschaulichten Titel. Erfasst sind 39 Orte des überwiegend rechtselbischen Kirchengebi |
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Meinel, Florian, Der Jurist in der industriellen Gesellschaft. Ernst Forsthoff und seine Zeit. Akademie Verlag, Berlin 2011. XIII, 557 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Auf dem Umschlagfoto blickt Ernst Forsthoff vor einer Ecke eines wenig aussagekräftigen Raumes zurückhaltend und abwägend auf seinen Betrachter, den rechten Unterarm auf die Armlehne seines Sessels gestützt, die linke Hand in der Hosentasche. Erkennbar sind vielleicht eine Bürolampe und ein halb gefülltes Sektglas. Kaum etwas deutet auf den Juristen in der industriellen Gesellschaft, gleichwohl hat ihn der Verfasser in seiner beeindruckenden, von Gunnar Folke Schuppert betreuten, im Sommersemester 2010 der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin vorgelegten Dissertation mit diesen knappen Worten charakterisiert.
Gegliedert ist die Arbeit nach einer Einleitung in vier Teile. Davon beginnt die Einleitung mit einem Prolog, in dem Franz Beyerle im Juni 1934 den gerade einunddreißigjährigen, 1933 nach Frankfurt am Main berufenen Forsthoff als ungewöhnlich sicheren, lebendigen und in seinen Formulierungen ansprechenden Dozenten beschreibt, den er für viel begabter als sich selbst hält (um von noch Langweiligeren zu schweigen), der von allen die nächste Fühlung mit der Studentenschaft hat und der Lager und dergleichen ausgezeichnet auf die Beine zu stellen und zu lenken weiß. Danach ermittelt der Verfasser Forsthoffs grundlegende Fragestellung als die mit dem Ende der Monarchie und der bürgerlichen Gesellschaft, mit dem Übergang zur Massendemokratie und zum bürokratischen Staat der Daseinsvorsorge entstandene, durch alle Staatsformen (zwischen 1925 und 1975) hindurch virulent gebliebene Verfassungsfrage des 20. Jahrhunderts, die sich auch auf den Juristen auswirkende Auflösung der bürgerlichen Distanz zwischen Individuum und Staat, beschreibt knapp und klar den Stand der Forschung und legt umsichtig seine Quellen dar.
Der erste Teil untersuch |
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Meier, Sonja, Gesamtschulden.. Entstehung und Regress in historischer und vergleichender Perspektive (= Ius Privatum 151). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. 1350 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meier, Sonja, Gesamtschulden. Entstehung und Regress in historischer und vergleichender Perspektive (= Ius Privatum 151). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. 1350 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Gesamtschuldverhältnisse haben in jüngster Zeit in historischer, vergleichender und dogmatischer Hinsicht wieder starkes Interesse gefunden. 2007 erschien die Arbeit Philipp Schmieders (Duo rei. Gesamtobligationen im römischen Recht; dazu G. Wesener, ZRG Germ. Abt. 126, 2009, 437f.), 2009 eine Untersuchung Anja Steiners (Die römischen Solidarobligationen. Eine Neubesichtigung unter aktionenrechtlichen Aspekten) und nunmehr das Opus magnum Sonja Meiers.
Die Verfasserin, eine Schülerin Reinhard Zimmermanns, eine Zeit lang Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, hat sich mit vorliegender Arbeit im Sommersemester 2009 an der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg habilitiert und erhielt noch im selben Jahr den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und europäische Rechtsgeschichte an der Philipps-Universität Marburg.
Die Arbeit stellt eine grundlegende rechtsdogmatische Untersuchung mit wertvollen rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Aspekten dar. Sie gliedert sich in drei Hauptteile: Teil A: Rechtsgeschäftlich vereinbarte Gesamtschulden, Teil B: Gesamtschulden auf Schadenersatz, Teil C: Mitbürgen.
In dieser Besprechung soll nur auf einige historische Gesichtspunkte hingewiesen werden. Im Teil A wird etwa die Frage „Teilschuldvermutung vs. Gesamtschuldvermutung“ geprüft (S. 12 ff.). Im gemeinen Recht war die Teilschuldvermutung (im Zweifel nach Kopfteilen) allgemein anerkannt, wobei man sie auf die justinianische Novelle 99 (= Auth. 97) vom Dezember 539[1] oder auch auf andere Quellenstellen stützte (S. 13)[2]. Im Gegensatz dazu vertrat das preußische Allgemeine Landrecht (I 5 § 424) den Standpunkt einer Gesamtschuldvermutung. Code Civil, Allgemeines Bürgerliches G |
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Mende, Silke, „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 33). Oldenbourg, München 2011. 541 S., 8 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Untersuchung ist die überarbeitete Fassung der von Anselm Doering-Manteuffel betreuten und mitgeformten, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten, im Wintersemester 2009/2010 von der Fakultät für Philosophie und Geschichte der Universität Tübingen angenommenen Dissertation der als wissenschaftliche Assistentin am Seminar für Zeitgeschichte der Universität Tübingen tätigen Verfasserin. Sie betrifft ein mit den zunehmenden Wahlerfolgen der Grünen immer beachtlicheres Thema. Sie ist insbesondere dem Archiv Grünes Gedächtnis für die angenehme Unterstützung sehr verpflichtet.
Die Verfasserin beginnt ihre Einleitung mit einem Zitat aus der Süddeutschen Zeitung über den Gründungskongress der Grünen vom 15. Januar 1980, demzufolge bei dem Gedanken einer Regierungsbeteiligung grelle Alpträume zu befürchten waren. Gegliedert ist die anschließende materialreiche Untersuchung in zwei Teile mit insgesamt zwölf Kapiteln. Der erste Teil befasst sich mit den einigermaßen unterschiedlichen Trägergruppen, Netzwerken und Typen der Gründungsgrünen. Der zweite Teil betrifft als Formen der politischen Integration ungewöhnliche Koalitionen im Lichte neuer wirklichkeitsnaher Herausforderungen.
Im Ergebnis ihrer überzeugenden Untersuchung stellt die Verfasserin fest, dass in der alltäglichen politischen Arbeit der Grünen als Parteiorganisation und in den Parlamenten bald die Sollbruchstellen des Gründungskonsenses offenbar wurden. Ursprünglich bildeten die Gründungsgrünen eine aus den Protestbewegungen der 1970er Jahre hervorgegangene politisch-ideelle Formation. Politisch verändert haben sie vor allem die gesellschaftlichen Vorstellungen von Staat, Planung und Wachstum, ohne dass sich bisher wirklich abseh |
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Menk, Gerhard, Waldeck im Dritten Reich. Voraussetzungen und Wirken des Nationalsozialismus im hessischen Norden (= Beiträge aus Archiv und Museum der Kreisstadt Korbach und Archiv der Alten Landesschule 1). Wolfgang-Bonhage Museum Korbach, Korbach 2010. 315 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Menk, Gerhard, Waldeck im Dritten Reich. Voraussetzungen und Wirken des Nationalsozialismus im hessischen Norden (= Beiträge aus Archiv und Museum der Kreisstadt Korbach und Archiv der Alten Landesschule 1). Wolfgang-Bonhage Museum Korbach, Korbach 2010. 315 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Fürstentum Waldeck hatte 1867 mit Preußen einen Akzessionsvertrag geschlossen, durch das es Teile seiner Souveränität – Menk spricht von Teilsouveränität (S. 38) – verlor; so wurde u. a. die Justiz von Preußen verwaltet. In der Weimarer Zeit bildete Waldeck einen Freistaat mit einem eigenen Landtag, blieb aber weiterhin unter der Verwaltung eines preußischen Landesdirektors. 1926 kündigte Preußen den Akzessionsvertrag mit Waldeck, das zum 1.4.1929 zur Provinz Hessen-Nassau kam. Waldeck, das aus drei Landkreisen bestand (rd. 60.000 Einwohner), hatte bereits in der Weimarer Zeit eine „ausgesprochene Neigung zur politischen Rechten“ (S. 22; bei der Reichstagswahl 1930 fielen 26,5%, im November 1932 61,8% und im März 1933 70% der Stimmen an die Nationalsozialisten). Menk behandelt in seinem Werk zunächst die Anfänge des Nationalsozialismus in Waldeck, den Ausbau des „Unrechtsstaates“ und die personellen und organisatorischen Facetten am Beispiel des Erbprinzen Josias von Waldeck, des Kreisleiters Rudolf Sempf und den „Anführer des gefürchteten Korbacher SS-Sturmes“ Friedrich Best als Beispiel für Gewalt und Verbrechen (S. 108ff.). Es folgen Abschnitte über die Judenverfolgung sowie den 2. Weltkrieg und dessen Folgen für Waldeck (S. 138ff.). Breit geht Menk auf den demokratischen Wiederaufbau Waldecks im neu begründeten Land Hessen (S. 189ff.) ein. Das Werk wird abgeschlossen mit einem ausführlichen „Personalbrevier“ (S. 276-313), das in aufschlussreichen Kurzbiographien wichtige Persönlichkeiten Waldecks aus der Zeit zwischen 1920 und 1970 behandelt. Hilfreich wäre es gewesen, wenn Menk dem nicht mit der Geschichte Waldecks vertrauten Leser detaillierte |
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Mergel, Thomas, Propaganda nach Hitler. Eine Kulturgeschichte des Wahlkampfes in der Bundesrepublik 1949-1990. Wallstein, Göttingen 2010. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mergel, Thomas, Propaganda nach Hitler. Eine Kulturgeschichte des Wahlkampfes in der Bundesrepublik 1949-1990. Wallstein, Göttingen 2010. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Regensburg 1960 geborene Verfasser wurde nach dem Studium von Geschichte, Soziologie und Pädagogik in Regensburg und Bielefeld 1992 mit einer Dissertation über das katholische Bürgertum im Rheinland zwischen 1794 und 1914 (Zwischen Klasse und Konfession, 1994) promoviert und war danach als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bochum tätig, wo er sich nach verschiedenen Auslandsaufenthalten 1999 mit einer Untersuchung über die politische Kultur in der Weimarer Republik mit den Themenbereichen politische Kommunikation, symbolische Politik und Öffentlichkeit im Reichstag habilitierte. In der Folge leitete er zwischen 2001 und 2005 das zeitlich an die vorangegangenen Arbeiten anschließende Forschungsprojekt Kulturgeschichte des Wahlkampfs in der Bundesrepublik 1949-1983, bis er 2006 Projektbereichsleiter am Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam, 2007 Ordinarius für neuere allgemeine Geschichte in Basel und 2008 Professor für europäische Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin wurde.
In seinem Vorwort weist er selbst darauf hin, dass die Anfänge seines Hitler plakativ und damit auch publikumswirksam in den Titel aufnehmenden Werkes weit zurückreichen und dass es bereits früher gestellte Fragen einer Geschichte der politischen Kommunikation weiterverfolgt. Gegliedert ist es außer in Vorwort und Einleitung sowie Schlussbemerkung in drei Teile mit neun Kapiteln. In ihnen geht es an Hand vieler unterschiedlicher Quellen um Traditionen und Visionen, Marketing und politischen Stil, Sachlichkeit und Konfliktkultur.
Im Ergebnis stellt er in seinem eingängig geschriebenen, mit wenigen geblockten Abbildungen versehenen, Sprache gegenüber der sachlichen Entscheidung bevorzugenden Werk fest, dass die spätere Kultur des Wahltags s |
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Meteling, Wencke, Ehre, Einheit, Ordnung. Preußische und französische Städte und ihre Regimenter im Krieg, 1870/71 und 1914-19 (= Historische Grundlagen der Moderne 1 Moderne Regionalgeschichte). Nomos, Baden-Baden 2010. 474 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Meteling, Wencke, Ehre, Einheit, Ordnung. Preußische und französische Städte und ihre Regimenter im Krieg, 1870/71 und 1914-19 (= Historische Grundlagen der Moderne 1 Moderne Regionalgeschichte). Nomos, Baden-Baden 2010. 474 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die leicht überarbeitete, von Eckart Conze betreute, im Sonderforschungsbereich Kriegserfahrungen erstellte, im August 2008 in der Fakultät für Philosophie und Geschichte der Universität Tübingen eingereichte, in der Drucklegung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Werner-Hahlweg-Stiftung großzügig unterstützte Dissertation der 1975 geborenen, nach dem Studium von Geschichte und französischer Literaturwissenschaft ab 2002 in Tübingen und seit 2006 in Marburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. als wissenschaftliche Assistentin tätigen Verfasserin. Untersucht werden die Erfahrungen der preußischen und französischen Armee und Gesellschaft in den Kriegen von 1870/1871 und 1914-1918, wobei die Offizierskorps ausgewählter Regimenter aller drei Waffengattungen im Mittelpunkt stehen. Damit sind konkrete zivile und militärische Lebenswelten erfasst, aus denen Soldaten aus ihrer Heimat in den Krieg zogen.
Gegliedert ist die Arbeit naheliegenderweise in die beiden chronologisch aufeinander folgenden Kriege. Der erste Teil wird weiter in den Feldzug und die Kriegstheater Orléans bzw. den Schauplatz Frankfurt an der Oder geteilt. Der zweite Teil verfolgt die Westfront des ersten Weltkriegs und die Frage zweierleier Heimatfronten in Orléans und Frankfurt an der Oder.
Im Ergebnis gelangt die Verfasserin auf der Grundlage ungedruckter wie gedruckter Quellen in ihrer erstmals das Wechselspiel zwischen Zivilgesellschaft und Militär, zwischen lokalen und nationalen Gemeinschaften in zwei großen Kriegen an Hand ausgewählter Beispiele vergleichend analysierenden Untersuchung zu zahlreichen neuen Einsichten. Beispielsweise erzeugten nach ihren Feststell |
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Mill, Tatjana, Zur Erziehung verurteilt. Die Entwicklung des Jugendstrafrechts im zaristischen Russland 1864-1917 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 250 = Lebensalter und Recht 3). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XII, 396 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mill, Tatjana, Zur Erziehung verurteilt. Die Entwicklung des Jugendstrafrechts im zaristischen Russland 1864-1917 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 250 = Lebensalter und Recht 3). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XII, 396 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Untersuchung ist die von Stefan Ruppert im Rahmen der Nachwuchsgruppe Lebensalter und Recht sowie von Michael Stolleis betreute, in als wunderbar empfundener dreijähriger Zusammenarbeit entstandene, im Wintersemester 2008/2009 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation der Verfasserin. An die Spitze ihrer Einleitung hebt sie den Zweckgedanken, der 1882 von Franz von Liszt zum Postulat des modernen Strafrechts erhoben wurde, als die auch heute noch wichtigste Grundlage des Jugendstrafrechts besonders hervor. Von daher überrascht es vielleicht, dass die Entwicklung des Jugendstrafrechts im zaristischen Russland bereits 1864 einsetzt.
Gegliedert ist die Arbeit in vier Kapitel, die mit dem Phänomen der Jugendkriminalität beginnen, für das die Verfasserin Rezeption deutscher Dogmatik in den 1870er Jahren und Jugendkriminalität als Gegenstand der Forschung ab 1880 nachweist. Demgegenüber kann sie aber erste Zugeständnisse an die besonderen Bedürfnisse der Jugendlichen im Ustav über die von Friedensrichtern zu verhängenden Strafen aus dem Jahre 1864 und Anfänge der Zwangserziehung im Gesetz über Besserungsanstalten vom 5. Dezember 1866 ermitteln. Früheste Ansätze einer prozessrechtlichen Sonderstellung der Jugendlichen werden allerdings erst im Gesetz vom 2. Juni 1897 sichtbar.
Im Ergebnis sieht die Verfasserin Russland einleuchtend als Teil der gesamten, nicht zuletzt durch die industrielle Revolution ausgelösten Entwicklung, der ähnliche Entwicklungsstadien durchlief wie die westlichen Staaten, wenn auch manchmal mit Zeitverschiebung. Insgesamt wurden dabei die Jugendlichen unter 17 Jahren mittels der jugen |
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Moderne deutsche Strafrechtsdenker, hg. v. Vormbaum, Thomas. Springer, Heidelberg 2011. IX, 379 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Moderne deutsche Strafrechtsdenker, hg. v. Vormbaum, Thomas. Springer, Heidelberg 2011. IX, 379 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Schon seit langem ist jedermann bewusst, dass nicht alle Gedanken auch desselben Menschen von gleicher Wichtigkeit sein können und sind. Deswegen gibt es in der Literaturgeschichte bereits im Altertum Digesten, welche Kernaussagen sammeln und dadurch den umgebenden Text in den Hintergrund treten lassen. Ein derartiges Textbuch der für ihn wichtigsten strafrechtstheoretischen deutschen Texte der modernen Rechtsepoche legt der Herausgeber hier vor.
Es beginnt mit (Ausschnitten aus) Wilhelm von Humboldts Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen aus dem Jahre 1792. Dem folgen Johann Gottlieb Fichte, Immanuel Kant, Karl Grolman, Ernst Ferdinand Klein, Paul Johann Anselm Feuerbach, Arthur Schopenhauer, Carl Josef Anton Mittermaier, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Johann Michael Franz Birnbaum, Karl Marx (Debatten über das preußische Holzdiebstahlsgesetz, 1842), Christian Reinhold Köstlin, Karl Binding, Rudolf von Jhering, Franz von Liszt (Der Zweckgedanke im Strafrecht, 1882/1883, Die deterministischen Gegner der Zweckstrafe, 1893), Friedrich Nietzsche, Adolf Merkel, Karl Birkmeyer, Gustav Radbruch, Friedrich Schaffstein, Hans Welzel, Ulrich Klug und Claus Roxin. Den Schluss bildet ein Auszug aus dem Allgemeinen Teil des Strafrechts Günther Jakobs’ in der zweiten Auflage des Jahres 1991.
Nach der Einführung versteht sich die Textsammlung der wichtigsten Strafrechtstheoretiker als ein ergänzendes Hilfsmittel, das viel zitierte, aber wenig gelesene strafrechtstheoretische Texte rechtshistorisch Interessierten, insbesondere studentischen Lesern zugänglich machen will. Zum besseren Verständnis bietet sie am Ende Erläuterungen und weiterführende Hinweise. Möge der Herausgeber sein hohes Ziel so leicht und gut erreichen, dass er seinen zusätzlichen Gedanken, die Sammlung dem |
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Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs. Festgabe für Karl Heinz Burmeister zum 75. Geburtstag. StudienVerlag, Innsbruck 2011. 139 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs. Festgabe für Karl Heinz Burmeister zum 75. Geburtstag. StudienVerlag, Innsbruck 2011. 139 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Grafen von Montfort waren ein süddeutsches mittelalterliches Adelsgeschlecht. Sie leiten sich von Hugo, Pfalzgraf von Tübingen, ab, der über seine Frau Elisabeth die Güter der Grafen von Bregenz erbte und sie seinerseits 1182 an seinen gleichnamigen zweiten Sohn vererbte, der sich nach dem bei Götzis in Vorarlberg gelegenen Schloss ab etwa 1200 Hugo von Montfort nannte. Ihre Güter lagen bei Feldkirch, Bregenz und Tettnang, so dass die 1946 gegründete Zeitschrift für die Geschichte Vorarlbergs mit gutem Grund ihren Namen zum Titel wählte.
Der in Krefeld am 21. November 1936 geborene Karl Heinz Burmeister war zwischen 1969 und 2001 als Nachfolger Ludwig Weltis Direktor des Vorarlberger Landesarchivs in Bregenz. Damit war von 1977 bis 2010 auch die Schriftleitung der Vierteljahresschrift Montfort verbunden. Die Zeitschrift ehrt den außerdem als außerordentlichen Professor für allgemeine europäische und Schweizer Rechtsgeschichte in Sankt Gallen und als Universitätsdozent in Zürich tätigen, bekannten Gelehrten durch die Widmung von Band 2 des 63. Jahrgangs.
In dieser Festgabe sind insgesamt 10 interessante wissenschaftliche Beiträge enthalten. Im Eingang widmet sich Alois Niederstätter dem seit 1964 für die Zeitschrift tätigen Jubilar, entbietet ihm die besten Wünsche und stellt die zwischen 2001 und 2011 entstandenen zahlreichen Veröffentlichungen zusammen. Danach folgen die vielfältigen wissenschaftlichen Beiträge Johannes Dillingers, Alois Niederstätters, Ulrich Nachbaurs, Manfred Tschaikners, Michael Kaspers, Kassian Lauterers, Werner Dobras’ und Alfons Dürs zu einschlägigen Themen, die der Jubilar selbst durch eine Untersuchung einer Empfangsbestätigung für ein Vierteljahresgehalt von Georg Joachim Rheticus vom 2. März 1539 bereichert.
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Mückl, Patrick, Der Vertragsbruch des Dienstleisters. Deutsches Recht, englisches Recht und Entwurf des gemeinsamen Referenzrahmens (= Schriften zum europäischen Recht - Dienstleistungsrecht 1). Sellier, München. LXX, 677 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mückl, Patrick, Der Vertragsbruch des Dienstleisters. Deutsches Recht, englisches Recht und Entwurf des gemeinsamen Referenzrahmens (= Schriften zum europäischen Recht - Dienstleistungsrecht 1). Sellier, München. LXX, 677 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die durch ein kurzes Stichwortverzeichnis abgerundete Arbeit ist die von Martin Schmidt-Kessel angeregte und geförderte, 2009 der Universität Osnabrück vorliegende Dissertation des seit 2005 bei CMS Hasche Sigle tätigen Verfassers. Eines ihrer Ziele ist es nach dem Vorwort, das Kennenlernen zwischen englischem und deutschem Recht, aber auch der Modellregeln der Principles of European Contract Law, der Principles of European Law on Service Contracts und des Draft Common Frame of Reference zu fördern. Weiter geht es um die Herausarbeitung von Strukturen und Mechanismen im Dienstleistungsvertragsrecht, das bisher kaum Gegenstand rechtsvergleichender Forschung gewesen ist.
Gegliedert ist die gewichtige Untersuchung nach einführenden Vorbemerkungen in fünf Kapitel. Nacheinander behandelt der Verfasser den Vertrag über die Leistung von Diensten, wobei er den Blick besonders auf Arztrecht, Anwaltsrecht und Architektenrecht wirft, die Mechanismen vertraglicher Haftung in Grundzügen, die angemessene Sorgfalt als Leistungsgegenstand in Grundlagen und Sonderaspekten der Konkretisierung des Sorgfaltsstandards sowie die strikte Dienstleistungshaftung. In einer Schlussbemerkung fasst er seine dabei gewonnenen Erkenntnisse knapp zusammen.
Insgesamt konnte er unter Berücksichtigung der Rechtsprechung trotz unterschiedlicher dogmatischer Konstruktion und schillernder Bedeutung von Dienstleistung bzw. service oft durchaus nahe beieinander liegende Ergebnisse ermitteln, wobei vertragliche Dienstleistungshaftung in der Mehrzahl der Fälle sorgfaltsabhängige Verpflichtung und Haftung ist. Die Anforderungen an das Verhalten, zu dem der Schuldner vertraglich verpflichtet ist, bestimmen alle unter |
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Mühlhäuser, Regina, Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion, 1941-1945. Hamburger Edition, Hamburg 2010. 416 S., 37 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mühlhäuser, Regina, Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion, 1941-1945. Hamburger Edition, Hamburg 2010. 416 S., 37 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Der Titel dieser 2008 an der Universität Köln angenommenen und für den Druck überarbeiteten Dissertation gibt den Inhalt nicht ganz korrekt wieder, denn mindestens die Hälfte des Buches beschäftigt sich mit der für den Rechtshistoriker relevanten Frage, wie das NS-Regime mit den unterschiedlichen Varianten sexueller Beziehungen deutscher Besatzer (überwiegend, aber keineswegs ausschließlich Soldaten von Wehrmacht und Waffen-SS) zu einheimischen Frauen in den okkupierten Teilen der Sowjetunion und mit der daraus resultierenden Nachkommenschaft umging bzw. umzugehen versuchte. Die Arbeit steht im Kontext einer breiten geschlechter-, aber auch alltagsgeschichtlichen Forschung, die nach den Kriegserlebnissen einfacher Menschen abseits des Kampfgeschehens und nach deren erfolgter oder unterbliebener Verarbeitung nach Kriegsende fragt. Eine knappe, präzise Einleitung führt in die hierzu aufgestellten Theorien sowie in den Forschungsstand ein.
Der Hauptteil befasst sich sodann mit den – wie die Autorin sie nennt – sexuellen Begegnungen deutscher Besatzer und einheimischer Frauen auf dem Territorium der Sowjetunion; hier wie auch an sonstigen Stellen werden interessante Vergleiche mit anderen okkupierten Gebieten in West- und Nordeuropa präsentiert. Die erwähnten Begegnungen teilt Mühlhäuser in drei große Gruppen mit häufig fließenden Übergängen ein: Sexuelle Gewalt; Tauschgeschäfte (womit sowohl gewerbliche Prostitution als auch das nur gelegentliche Hingeben von Frauen zwecks Erlangung von Lebensmitteln etc. gemeint sind) sowie einvernehmliche Verhältnisse, die wiederum vom einmaligen Geschlechtsverkehr bis hin zu länger dauernden, gelegentlich sogar in Ehen mündenden Beziehungen reichen konnten. Die Zuordnungen der zahlreich präsentierte |
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Müller, Rolf-Dieter, Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 294 S., 9 Kart., 22 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Müller, Rolf-Dieter, Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 294 S., 9 Kart., 22 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Der 70. Jahrestag des „Unternehmens Barbarossa“, des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, hat dem Buchmarkt eine Fülle einschlägiger Literatur beschert, deren Spannweite von knapp gefassten Überblicken bis zu voluminösen Gesamtdarstellungen aller Aspekte dieses mörderischen Ringens reicht. Die hier vorzustellende Studie mittleren Umfangs aus der Feder des wissenschaftlichen Direktors am Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr, Rolf-Dieter Müller, beschreitet insofern andere Wege, als es ihr nicht um den Kriegsverlauf, sondern um die Entschlussbildung geht, die dem Angriffsbefehl vorausging – eine scheinbar längst geklärte Frage.
Müller setzt im 19. Jahrhundert ein und skizziert die Lösungen, welche der deutsche Generalstab für den drohenden Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland fand. Lange wirkte die Erfahrung von 1917/1918 nach, als sich zeigte, dass Russland militärisch niederzuringen war, nicht jedoch die Gegner im Westen. Während der 1920er und frühen 1930er Jahre kooperierte die Reichswehr auf vielfältige Weise mit der Roten Armee, bevor Hitler bereits 1933 der Zusammenarbeit mit dem „bolschewistischen Todfeind“ ein jähes Ende setzte. Zur allgemeinen Überraschung schloss der Diktator im Januar 1934 mit dem bis dato befehdeten Polen einen Nichtangriffsvertrag, in dessen Fahrwasser Deutschland versuchte, Polen als Juniorpartner für eine Ostexpansion auf Kosten der UdSSR zu gewinnen. Erst als sich Warschau im Frühjahr 1939 definitiv an Paris und London anlehnte, gab Hitler diese Absicht auf und stellte die Weichen für einen Krieg gegen Polen.
Der Autor möchte nachweisen, dass Hitler weder einen seit der Abfassung von „Mein Kampf“ fertigen Stufenplan zur „Gewinnung von Lebensraum |
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Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität, hg. v. Weigand, Katharina (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München 5). Herbert Utz Verlag, München 2010. 330 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität, hg. v. Weigand, Katharina (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München 5). Herbert Utz Verlag, München 2010. 330 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Es gehört zu den Wechselfällen des menschlichen Lebens, dass die Schotterebene an der mittleren Isar nicht so rasch die allgemeine Aufmerksamkeit gefunden hat, dass sie schon früh Lebensmittelpunkt bedeutender Größen geworden ist. Dementsprechend erscheint München als Ort erst im Hochmittelalter und wird erst 1826 monarchisch die früher in Ingolstadt und danach in Landshut beheimatete Universität nach München versetzt. Seitdem hat die Stadt aber den bedauerlichen Entwicklungsrückstand aufgeholt und ist auch in der Geschichtswissenschaft zu einem modernen Leistungszentrum geworden.
Den Weg dorthin schildern aus Anlass des 150jährigen Bestehens des historischen Seminars der Universität München die Beiträge einer im Sommersemester 2007 abgehaltenen glanzvollen Ringvorlesung vor allem an Hand des Lebens und der Leistungen herausragender Münchener Historiker. Stand dabei anfangs in den Planungen der Gedanke im Vordergrund, im Kontext einer wissenschaftlichen Expertentagung die Professionalisierungstendenzen innerhalb der Disziplin zu bilanzieren und dabei den aktuellen Horizont der Aufgaben und Möglichkeiten zu diskutieren, so fiel die Entscheidung doch zu Gunsten einer großen Publikumsveranstaltung, weil der gesellschaftliche Rang der Geschichtswissenschaft nach Ansicht der Veranstalter in München unstreitig höher ausfällt als in anderen deutschen Universitätsstädten. Der personalisierende Zugriff erlaubte es dabei, im Blick auf herausragende Fachvertreter zugleich wichtige Veränderungen in der Geschichte der Geschichtswissenschaft insgesamt beispielhaft zu belegen.
Dementsprechend umfasst der mit drei nicht besonders beeindruckenden Urku |
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Müßig, Ulrike, Der gesetzliche Richter im historischen Vergleich von der Kanonistik bis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in Deutschland, England und Frankreich (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfaxssungsgeschichte 44), 2. Aufl. Duncker & Humblot, Berlin 2009. IV, 630 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Müßig, Ulrike, Der gesetzliche Richter im historischen Vergleich von der Kanonistik bis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in Deutschland, England und Frankreich (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfaxssungsgeschichte 44), 2. Aufl. Duncker & Humblot, Berlin 2009. IV, 630 S. Besprochen von Filippo Ranieri.
Beim vorliegenden Band handelt es sich um die zweite Auflage der Habilitationsschrift der Verfasserin (Ulrike Müßig, geb. Seif). Die erste Auflage (Berlin 2003) hatte der Rezensent in dieser Zeitschrift schon ausführlich rezensiert (GA Bd. 122. 2005, S. 815-821). Die Neuauflage wurde bereits freundlich signalisiert von St. Salmonowicz in: Revue historique de droit français et étranger 87 (2009), S. 617-618. Der Text der ersten Auflage wurde unverändert übernommen, zugleich aber um eine englische, französische und spanische Zusammenfassung erweitert (S. 609-618). Die Darstellung zur englischen Rechtslage wurde ferner in einem Anhang um eine ausführliche Beschreibung der Verfassungsreform in Großbritannien durch den Constitutional Reform Act 2005 und dessen Auswirkungen auf den Aufbau der englischen Gerichtsbarkeit ergänzt (S. 599-607). Erwähnt sei hier insbesondere die Errichtung eines Supreme Court, der die Funktion des bisherigen House of Lords übernommen hat. Nachgetragen wurden ferner die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 1, S. 1 EMRK und deren Auswirkungen auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (S. 607-609). Die Ergänzungen umfassen schließlich eine Bibliographie der Neuerscheinungen zum Thema zwischen den Jahren 2002 und 2009 (S. 619-630). Nicht mehr berücksichtigt werden konnte in dieser beeindruckenden Dokumentation der grundlegende Beitrag von N. Picardi, Le juge naturel. Principe fondamental en Europe, in: Revue intern. de droit comparé 2010, S. 27-73. Abschließend bleibt es dem Rezensenten nur an |
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Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 6 Handelsgesetzbuch §§ 343-905. Lang, Frankfurt am Main 2010. 495 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 6 Handelsgesetzbuch §§ 343-905. Lang, Frankfurt am Main 2010. 495 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Der Band erschließt die Rechtsprechung zum Dritten Buch, „Handelsgeschäfte“ (fast zwei Drittel des Bandes) und zum Vierten Buch, „Seehandel“ (fast ein Drittel des Bandes) des Handelsgesetzbuchs, und zu „Gesetzen und Verordnungen zum Schiffahrtsrecht“ (25 Seiten) von 1900 bis in die vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts.
Den verhältnismäßig größten Raum nimmt mit 297 Leitsätzen auf 73 Seiten die Rechtsprechung zu § 346 HGB, unverändert seit 1897, ein, zur Berücksichtigung der „im Handelsverkehre geltenden Gewohnheiten und Gebräuche“. Es geht hier um das Schweigen im Rechtsverkehr und um das kaufmännische Bestätigungsschreiben (schon 1903), um die Anwendung, Auslegung und Begrenzung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (schon 1904), um die Auslegung der Handelsklauseln wie: tel quel, wie gehabt, circa, Kassa gegen Dokumente, glückliche Ankunft vorbehalten, wie heute besehen, freibleibend, franko, vorbehaltlich Lieferung des X, cif und fob. Akkreditive sind zwischen 1919 und 1926 häufiger Gegenstand der Judikatur, nicht davor und nicht danach.
Karsten Schmidt verweist in seinem „Handelsrecht“ vielfach auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, so zur ernstlichen und endgültige Erfüllungsverweigerung, zur laufenden Geschäftsverbindung als Grundlage einer Vertrauenshaftung, insbesondere zur Haftung der Banken wegen unrichtiger Auskunft (bereits 1891), zur Unterscheidung zwischen eigentlichem und uneigentlichem Kontokorrent, zum Anerkenntnis des Kontokorrentsaldos, zum kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht, zur Pflicht des Unternehmers auf die schutzwerten Belange des Handelsvertreters Rücksicht zu nehmen, zum eigentlichen Fixgeschäft, zur kaufmännischen Rügelast, zur Abgrenzung zwischen Eigengeschäft und Kommissi |
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Napoleon und Europa. Traum und Trauma, kuratiert v. Savoy, Bénédicte unter Mitarbeit v. Potin, Yann. Prestel, München 2010. 384 S., 450 farb. Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Napoleon und Europa. Traum und Trauma, kuratiert v. Savoy, Bénédicte unter Mitarbeit v. Potin, Yann. Prestel, München 2010. 384 S., 450 farb. Ill. Besprochen von Werner Schubert.
Die Bonner Napoleon-Ausstellung (Dezember 2010-April 2011) hatte zum Ziel, die positiven und negativen Auswirkungen der napoleonischen Machtpolitik im gesamteuropäischen Rahmen in den Bereichen Krieg, Politik, Kunst, Propaganda und Kunstraub zu veranschaulichen. Entsprechend dem Ausstellungstitel „Traum und Trauma“ geht es um die „enge Verbindung zwischen dem von Napoleon geweckten Erwartungshorizont und den tiefen Verletzungen, die er verursachte“, wie die Ausstellungskuratorin Bénédicte Savoy (FU Berlin) verdeutlicht (S. 14). Die Exponate, die im Katalogteil weitgehend abgebildet und fachkundig beschrieben sind, werden im Rahmen von zwölf Themenkomplexen präsentiert: 1. General Bonaparte, 2. Faszination und Abscheu, 3. Leibliche und symbolische Geburt, 4. Der Traum vom Weltreich, 5. Dynastische Herrschaftssicherung, 6. Rechtsraum, Religion. Neue Formen der Beherrschung von Raum und Geist, 7. Kunst- und Archivraub, 8. Das Reich der Zeichen, 9. Duelle gegen England und Frankreich, 10. Nationen – Emotionen, 11. Symbolischer und leiblicher Tod und 12. Projektionen. Eine „geteilte“ Ikone. Zu jeder Sektion gibt Savoy eine pointiert formulierte kurze Einleitung.
Dem Katalogteil sind vorangestellt mehrere Essays (S. 29-149). Luigi Mascilli Migliorini weist auf die Verbreiterung der Forschungen über die napoleonische Zeit in den letzten 20 Jahren hin. Einen detaillierteren Nachweis der neueren insbesondere französischen, meist politik- oder sozialgeschichtlich orientierten Werke bringt Natalie Petiteau (Avignon). Hinzuweisen ist insbesondere auf die Magisterarbeit von Laure Estellon: „Les ouvriers de la soie et le conseil de prud’hommes d’Avignon sous l’Empire (1808-1814) [Avignon 1999]. Thierry Lentz (Nancy/Paris; Directeur des Fond Napoléon) arbeitet heraus, das |
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Neue Technologien in der Gesellschaft. Akteure, Erwartungen, Kontroversen und Konjunkturen, hg. v. Kehrt, Christian/Schüßler, Peter/Weitze, Marc-Denis (= Science Studies). transcript Verlag, Bielefeld 2011. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Seit ihrem Anbeginn verändert sich die Welt, zunächst ohne Zutun des Menschen, nach seiner Ankunft auf der Erde auch durch ihn. Manches vollzieht sich in vom Einzelnen nicht wirklich erfassbarer Langsamkeit, einiges auch mit so atemberaubender Geschwindigkeit, dass der einfache Erdenbürger dem kaum folgen kann. In dieser Lage ist es sehr hilfreich, wenn Sachkenner ihr Überblickswissen der Allgemeinheit so verständlich wie möglich zur Verfügung stellen und dabei auch noch dem Grundsatz folgen, dass es ohne Verständnis der Geschichte keine Zukunft gibt.
Ausgangspunkt einer derartigen förderlichen Übersicht über neue Technologien in der Gesellschaft war eine im Deutschen Museum in München im Juli 2009 abgehaltene Tagung über neue Technologien im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft, deren Beiträge der Band dokumentiert. Sie ließ nach dem Grußwort des Generaldirektors auch unbequeme Meinungen zu Wort kommen, weil die neuen Technologien auch der kritischen Auseinandersetzung bedürfen. Zu diesen neuen Technologien werden dabei insbesondere Kernenergie, Mikroelektronik, Biotechnologie und Nanotechnologie gezählt, ohne dass der Inhalt von neuer Technologie allgemein genau feststeht.
Gegliedert sind die einer Einleitung folgenden und die Grundlage einer Zusammenfassung bildenden 23 Beiträge in die fünf Abschnitte zum Begriff der neuen Technologien, handlungsleitende Visionen der Energieversorgung, denkende Maschinen, Biotechnologie und Nanotechnologie. Im Einzelnen wird dabei dann etwa auf Kernfusion, auf Windenergienutzung, auf Brennstoffzellen, auf Computer, Internet, Kybernetik, Gentechnologie, Bionik oder das Spiel mit Molekülen sachkundig eingegangen. Am |