Behrens, Tim, Bereicherungsrechtliche Mehrpersonenverhältnisse im internationalen Privatrecht (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 35). Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2011. 388 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Peter Mankowski angeregte und betreute, im Wintersemester2010/2011 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg angenommene Dissertation des Verfassers. Sie befasst sich mit einer modernen privatrechtsgeschichtlichen Frage. Sie geht davon aus, dass das internationale Bereicherungsrecht Deutschlands bisher wenige Probleme bereitet habe, weil die Anknüpfungsgrundsätze im deutschen Kollisionsrecht zur ungerechtfertigten Bereicherung seit den Arbeiten Ernst von Caemmerers, Werner Lorenz’ und Konrad Zweigerts als geklärt gelten.
Eine Veränderung ist aber durch die Europäisierung eingetreten. Seit der ROM II-Verordnung des Jahres 2007 ist nicht länger das vom deutschen Sachrecht geprägte Verständnis der ungerechtfertigten Bereicherung entscheidend für die Anknüpfung. Vielmehr muss eine europäische Auslegung der Anknüpfung versucht werden, die neue Fragen und Probleme bewirkt.
In insgesamt zehn Kapiteln behandelt der Verfasser seine damit verbundene besondere Fragestellung. Dabei untersucht er auf an Hand umfangreicher Literatur die Grundlagen der Rom II-Verordnung, das internationale Bereicherungsrecht, Anweisungslagen, den Vertrag zu Gunsten Dritter, Forderungsabtretungen, die Tilgung fremder Verbindlichkeiten, Akkreditive sowie Zahlungen und Garantien und fasst seine jeweiligen Ergebnisse am Ende kurz und klar zusammen. Im Ergebnis bescheinigt er der ROM II-Verordnung den erfolgreichen Spagat zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit durch das Zusammenspiel zwischen festen Anknüpfungsregeln und flexibler Ausweichklausel.
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Beinke, Lothar, Die Familie Twente - Richter, Bürgermeister und Hospitalgründer. Die Geschichte einer Osnabrücker Familie und ihres Hofhauses im 13. und 14. Jahrhundert. Lang, Frankfurt am Main 2010. 150 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der 1931 geborene, nach dem Studium von Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Wirtschaftspädagogik in Münster und Mannheim an der >Universität Münster promovierte und habilitierte Verfasser hat Berufswahl, Betriebspraktika, Mädchen in Männerberufen und Arbeitslehredidaktik als Forschungsschwerpunkte. Umso erfreulicher ist es, dass er nach seiner 1996 erfolgten Emeritierung auch den Weg zur mittelalterlichen Geschichte fand. Nach Hendrik van den Berg ging er dabei davon aus, dass, wer eine fremde - ferne - Zeit verstehen will, das Handeln der Menschen darin beurteilen will, nicht nur schriftliche Quellen benutzen darf, sondern auch versuchen muss, die Zeit als Ganzes zu verstehen, besonders auch die in ihr vorkommenden Entwicklungen.
Gegenstand dieses Bemühens ist die Geschichte einer Familie, in deren nachgelassenen - neu errichteten - Räumen ein Museum eingerichtet wurde. Hinsichtlich der Herkunft der Herrschaftsposition vermutet der Verfasser Gundbesitz. Als eine mögliche Quelle hebt er dafür den Fernhandel hervor.
Am Ende seiner in 16 Abschnitte gegliederten interessanten Untersuchung geht er davon aus, dass die Twentes vermutlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts nach Osnabrück kamen, wobei er eine Herkunft aus Twente in den Niederlanden für möglich hält. 1339 gründete Johann Twente das erste Spital aus dem Vermögen einer Familie „in Deutschland“. Damit machte sich die Familie um die Stadt sehr verdient, auch wenn spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Name Twente aus den Quellen verschwand.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Berg Heil! Alpenverein und Bergsteigen 1918-1945, hg. v. Deutschen Alpenverein, vom Oesterreichischen Alpenverein und vom Alpenverein Südtirol. Böhlau, Köln 2011. 635 S., zahlr. Abb. Besprochen von Martin Moll. |
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Dieser voluminöse Band hat bei seiner Präsentation im Oktober 2011 ein beachtliches Medienecho hervorgerufen, was nicht verwundert, setzt er doch die Reihe von „Aufarbeitungen“ der eigenen NS-Vergangenheit fort, die im letzten Jahrzehnt von diversen Behörden, großen Wirtschaftsunternehmen und Verbänden, häufig als Folge massiven öffentlichen Drucks, initiiert und dem Publikum vorgelegt wurden. Dabei kam in der Tat allerhand Unerfreuliches rund um „braune Verstrickungen“ zum Vorschein – manches erstmals, anderes in erweiterter Form. Auffällig ist, dass nach langen Jahren des Beschweigens und Vertuschens neuerdings der gegenteilige Trend bemerkbar ist, wie beispielsweise die 2010 vorgelegte, einige Jahre davor vom damaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer in Auftrag gegebene Studie über das deutsche Auswärtige Amt in der NS-Zeit beweist: In von der Fachwelt scharf kritisierter Überzeichnung der Rolle des Amtes wird dieses gar als „Initiator“ des Holocaust präsentiert.
Nun haben sich also auch die Alpenvereine des deutschsprachigen Raumes (mit der verständlichen Ausnahme der Schweiz) ihrer braunen Vergangenheit gestellt. Da angekündigte Sensationen selten eintreffen, sind die Resultate weit weniger aufregend, als der um sie entfachte Medienrummel vorspiegelt. Dies liegt freilich auch daran, dass den – bis in die 1980er Jahre wenig selbstkritischen – Alpenvereinen von dritter Seite schon seit langem deren bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende, NS-affine völkische und antisemitische Ideologie vorgeworfen wurde. Die vor einigen Jahren von den betroffenen Vereinen angestoßenen Forschungen auf breiter Quellengrundlage rennen also offene Türen ein und liefern – jetzt allerdings besser fundierte – Belege für die im Prinzip bekann |
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Bergius, David, Die offene Frage des Privateigentums der Vertriebenen im deutsch-polnischen Verhältnis (= Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht 83). Lang, Frankfurt am Main 2009. 2009. XIV, 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die ansprechende Arbeit ist die von Gilbert Gornig betreute, im Oktober 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Marburg angenommene Dissertation des in Hannover 1976 geborenen Verfassers. Sie betrifft die politisch bedeutsame Frage des Grundstückseigentums der am Ende des Zweiten Weltkriegs aus früher deutschen, jetzt aber polnischen Gebiets Vertriebenen. Diese Angelegenheit ist auch von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht.
Nach einer kurzen Einleitung stellt der Verfasser nach der Behandlung der Vorgeschichte der Vertreibung die Enteignungsmaßnahmen auf der Grundlage der Vertreibungsdekrete und die heutige Beurteilung der Konfiskationen nach polnischem Recht an Hand der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Hauptverwaltungsgerichtshofs dar. Im zweiten Teil seiner umsichtigen Untersuchung schildert er kurz die völkervertragliche Rechtslage zwischen Deutschland und Polen. Danach behandelt er die völkerrechtliche Bewertung der Enteignungsakte, misst die polnischen Konfiskationen am Maßstab des Gemeinschaftsrechts und des Rechtes der Europäischen Union und prüft Möglichkeiten der individuellen Durchsetzung von Ansprüchen.
Im Ergebnis ermittelt er, dass die Konfiskationen in Polen als rechtmäßig und wirksam behandelt werden, ein auch in Polen als notwendig angesehenes umfassendes Reprivatisierungsgesetz (ohne jede Entschädigung) bisher aber im Gesetzgebungsverfahren gescheitert ist. Er sieht die entsprechenden Fragen in keinem Deutschland bindenden völkerrechtlichen Vertrag geregelt und stuft die Konfiskationen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit (und als Völkermord) ein, so dass er wegen Verletzung zwingenden Völkerrechts die ursprünglichen Eigentumstitel |
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Bergmann, Andreas, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis. Die Rechtsinstitute der negotiorum gestio in subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise (= Jus Privatum 152). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XXII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Michael Martinek und Helmut Rüßmann betreute, im Sommersemester 2009 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlands angenommene Habilitationsschrift des 1973 geborenen, nach dem Studium in Saarbrücken 2002 mit einer Dissertation über die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts promovierten, von 2003 bis 2009 bei Michael Martinek tätigen und nach der Erlangung der Lehrbefugnis für bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sowie neuere Privatrechtsgeschichte 2010 an die Universität Bayreuth berufenen Verfassers. Im Vorwort weist er selbst ausdrücklich darauf hin, dass wohl nur in wenigen Werken die Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Schule“ deutlicher zum Ausdruck kommt als bei ihm. Seine Untersuchung knüpft unmittelbar an den großen Linien der subordinationsrechtlichen Forschungen Michael Martineks für den Bereich der entgeltlichen und unentgeltlichen Geschäftsbesorgungsverträge an.
Dementsprechend ist seine Schrift auch nicht in erster Linie eine rechtsgeschichtliche Untersuchung. Vielmehr geht sie von einer modernen dogmatischen Fragestellung aus. Zu ihrer bestmöglichen Lösung greift sie aber in erfreulichem Ausmaß auf die Rechtsgeschichte zurück.
Seine wohl wichtigste Erkenntnis ist, dass es die Geschäftsführung ohne Auftrag als eine klare, in sich geschlossene Einheit nicht gibt. Vielmehr verbergen sich nach seiner Ansicht hinter der scheinbaren Einheitlichkeit tatsächlich drei verschiedene Rechtsinstitute. Sie könnten in ihrer Interessenst |
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Bilgenroth-Barke, Heike, Kriminalität und Zahlungsmoral im 16. Jahrhundert. Der Alltag in Duderstadt im Spiegel des Strafbuches (= Göttinger Beiträge zur Geschichte, Kunst und Kultur des Mittelalters, Band 8). Edition Ruprecht, Göttingen 2010. 179 S. Besprochen von Carsten Fischer. |
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Die Studie der Historikerin Heike Bilgenroth-Barke nimmt sich zum Ziel, am Beispiel der frühneuzeitlichen Niedergerichtsbarkeit Duderstadts das Spannungsfeld zwischen Normwortlaut und Rechtspraxis auszuleuchten. Damit möchte die Verfasserin einen „weiteren Mosaikstein“ (S. 18) in das noch sehr unvollständige Bild der Kriminalitätsgeschichte einfügen und verweist darauf, dass bislang nur eine Handvoll anderer Detailstudien zu Kriminalität und Devianz in Mittelalter und früher Neuzeit für das deutschsprachige Gebiet vorliegen.
Ihrem Thema nähert sich Bilgenroth-Barke über die bislang ungedruckte Quelle des Duderstädter Strafbuchs aus den Jahren 1530 bis 1546. Das Strafbuch enthält stichpunktartige Aufzeichnungen zu Verhandlungen vor dem Duderstädter Ratsgericht, das die städtische Niedergerichtsbarkeit ausübte. Gegenstand der Aufzeichnungen sind Normübertretungen in den Bereichen des Strafrechts und der Policey. Die kargen Notizen gehen zumeist nicht über die Erwähnung der Verurteilten, der Strafen und Bemerkungen zur Straferfüllung hinaus. Insbesondere enthalten sie keine Hinweise auf den Prozessverlauf und regelmäßig keine näheren Angaben zu den Tatvorwürfen oder Tatumständen. Verhängt wurden größtenteils Geldstrafen. Gelegentlich tritt an deren Stelle die Verurteilung zur Leistung von Naturalien, insbesondere von Lebens- und Futtermitteln oder von Baumaterialien. Mit Hilfe dieser Strafbucheintragungen stellt Bilgenroth-Barke die tatsächliche Kriminalitäts- und Strafpraxis Duderstadts den in den städtischen Statuten enthaltenen Ge- und Verboten gegenüber.
Die Untersuchung ist klar gegliedert: Auf die Einleitung und eine Darstellung des Duderstäd |
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Biliarsky, Ivan, Word and Power in Medieaval Bulgaria. Brill, Leiden 2011. 582 S. Besprochen von Hans Hattenhauer. |
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Der Verfasser, Mediävist an der Akademie der Wissenschaften in Sofia, gibt einen Einblick in die mittelalterliche Verfassungsgeschichte Bulgariens mit Hilfe einer gründlichen Analyse des insoweit erheblichen Wortmaterials jener Zeit. Zu den seit antiken Zeiten dort lebenden Thrakern waren seit dem 5./6. Jahrhundert Slawen auf die Balkanhalbinsel gekommen und bald danach im 5.-7. Jahrhundert, von der Wolga kommend, das Turkovolk der (Proto)bulgaren. Aus der Vereinigung dieser Völker war bis zum 7. Jahrhundert das Reich der Bulgaren entstanden, das im Jahre 681 seine faktische völkerrechtliche Anerkennung durch Byzanz erfuhr. Jedes dieser drei Völker hatte Elemente seiner Sprache und Kultur und damit auch seiner Verfassung eingebracht. Auch Byzanz machte seitdem seinen dominierenden Einfluss sprachlich wie rechtlich auf das bulgarische Reich geltend. Ein Versuch des Fürsten Boris I. Michael (852-889), sich dieser Übermacht durch Öffnung seines Reiches für die römische Mission und das Ostfrankenreich zu entziehen, scheiterte schnell an dem Zwang Konstantinopels, dessen Vorherrschaft im Jahre 854 die Annahme des Christentums in Gestalt der orthodoxer Konfession durch die Bulgaren erzwang. So bot sich hier dank der Vielfalt seiner historischen Grundlagen die ideale Gelegenheit, sich den Anfängen der bulgarischen Verfassung mit Hilfe der Wortforschung zu nähern.
Der Verfasser betont mit Recht, dass man ein kulturelles Phänomen nicht hinreichend verstehen kann, wenn man nicht auch seine Sprache gründlich zur Kenntnis nimmt. Er hatte zudem guten Grund, sich der bulgarischen Verfassung und dank der Vielfalt seiner Quellen der bulgarischen Rechtskultur insgesamt auf diese Weise zu nähern. Dabei greift er bei der Erfassung des einschlägigen Wortmaterials besonders weit aus und berücksichtigt auch solche Wörter, die man auf den |
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Bismarck, Otto von, Gesammelte Werke - Neue Friedrichsruher Ausgabe, hg. v. Afflerbach, Holger/Canis, Konrad/ Gall, Lothar/Hildebrand, Klaus/Kolb, Eberhard, Abteilung III 1871-1898. Schriften, Band 6 1884-1885, bearb. v. Lappenküper, Ulrich. Schöningh, Paderborn 2011. CXXIII, 855 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Fünf Bände der von der Otto-von-Bismarck-Stiftung publizierten „Neuen Friedrichsruher Ausgabe“, der historisch-kritischen Edition der umfangreichen schriftlichen Hinterlassenschaft des „Eisernen Kanzlers“, sind an dieser Stelle bereits eingehend erörtert worden: Der erste Band für die Jahre 1871-1873 von Andreas Thier (ZRG GA 125 [2008]), die folgenden vier, den Zeitraum von 1874 bis 1883 umfassend, vom Rezensenten selbst (ZRG GA 128 [2011]). Im Sinne einer ökonomischen Nutzung des Druckraums und zur Vermeidung von Wiederholungen sei daher, was die Konzeption und die Editionskriterien der Reihe betrifft, auf die dortigen Ausführungen verwiesen, zumal der nun vorliegende sechste Band, der Dokumente der Jahre 1884 und 1885 erfasst, in dieser Hinsicht seinen Vorgängern unverändert folgt. Holger Afflerbach verjüngt und verstärkt mittlerweile das bewährte Herausgebergremium; die Bearbeitung des aktuellen Werks liegt, wie schon die des fünften Bands, beim Geschäftsführer der Stiftung, Ulrich Lappenküper, in kompetenter Hand.
Für die genannte Periode konnten an die 3100 Dokumente ermittelt werden, wovon 563 für den Abdruck ausgewählt wurden. Es handelt sich dabei neben Schreiben, Telegrammen, Aufzeichnungen, Erlassen, Voten und Diktaten vor allem um Weisungen, die von engen Mitarbeitern im Auftrag des Kanzlers verfasst wurden. Sechzig Prozent der edierten Schriftstücke sind bisher noch nicht veröffentlicht worden. Aus der Themenvielfalt der Schriften spreche „ein Anspruch auf Allzuständigkeit“, der sicherlich nicht nur durch die Kumulation seiner Ämter, sondern auch durch die Absicht des Reichskanzlers zur Sicherung seiner Ma |
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Blanshei, Sarah R., Politics and Justice in Late Medieval Bologna (= Medieval Law and its Practice 7). Brill, Leiden 2010. 671 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die im Jahre 1971 in Geschichte am Bryn Mawr College zum Ph. D. graduierte Verfasserin war bei Erscheinen des vorliegenden Werkes Dean of the College und Professorin für Geschichte am Agnes Scott College (1990-1997, emerita). Sie ist 1976 durch eine Monographie über Perugia in der Zeit zwischen 1260 und 1340 hervorgetreten und hat verschiedene Artikel über die Strafgerichtsbarkeit verfasst. Auf Grund dieser besonderen Vorbereitung ist sie für ihr neues Werk hervorragend ausgewiesen.
Auf dieser Grundlage gliedert sie ihre beeindruckende Studie über Recht und Politik im spätmittelalterlichen, zwischen 60000 und 40000 Einwohner (darunter etwa 2000 auswärtige Studenten) zählenden Bologna zwischen 1250 und 1327 in fünf Teile. Sie beginnt nach einer klaren Einleitung mit der Strategie der Abschließung und der Verfolgung der Ausgeschlossenen. Die Strukturen der Oligarchie untersucht sie sehr sorgfältig in zwei getrennten Kapiteln über die Councils der Kommune und die Councils des Popolo und schließt daran den Nachweis der Standeszugehörigkeit und die politische Verwendung der Strafgerichtsbarkeit an.
Insgesamt untersucht sie erstmals die Gerichtsbarkeit der summary justice in einer spätmittelalterlichen Kommune Italiens an Hand der Daten von mehr als 18000 Amtsträgern. Dabei ermöglichen ihr die reichen archivalischen Quellen Bolognas vielfältige neue Einsichten in die Geschichte von Recht und Gesellschaft (vor allem der Bankiers, Kaufleute und Notare). Zahlreiche Anhänge runden die vorbildliche, vorsichtig schlie0ßende und überzeugend differenzierende, mit einer Miniatur Nicolò di Giacomos von 1376 geschmückte, einladend ausgestaltete Untersuchung vorteilhaft ab.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Blaschke, Karlheinz, Lauter alte Akten. Den von Formularen geplagten Zeitgenossen zum Trost, zur Belehrung und Erheiterung. 1956. Neudruck, mit einem Geleitwort versehen v. Beck, Lorenz Friedrich. BibSpider, Berlin 2009. 108 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Blaschke, Karlheinz, Lauter alte Akten. Den von Formularen geplagten Zeitgenossen zum Trost, zur Belehrung und Erheiterung. 1956. Neudruck, mit einem Geleitwort versehen v. Beck, Lorenz Friedrich. BibSpider, Berlin 2009. 108 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der schmale Band ist 1956 erstmals im populärwissenschaftlichen Urania-Verlag in Leipzig/Jena erschienen. Er bietet eine einfache, aber sachverständige Einführung in die Akten, ihre Entstehung, ihre Bearbeitungsvermerke und Aktenzeichen, das verwendete Material, die Ordnung im Archiv nach der Provenienz, die Aufbewahrung, Erhaltung und Restaurierung. Dem stellt der Verfasser Urkunden, Karten, Risse, Bilder, Fotografien und Tonträger samt Herstellern und Nutzern zur Seite.
Bemerkenswert hierbei ist in erster Linie der 1950 bei Rudolf Kötzschke promovierte Verfasser, der sich um die Landesgeschichtsschreibung Sachsens in hohem Maße verdient gemacht hat und 1992 auf den Lehrstuhl für sächsische Landesgeschichte an der Technischen Universität Dresden berufen wurde. Hinzu kommt als Zeichen einer damaligen administrativen Normalität, dass die Schrift im Einvernehmen mit der Staatlichen Archivverwaltung im Ministerium des Innern der Deutschen Demokratischen Republik veröffentlich werden konnte. In Fraktur gesetzt erinnert das mit Skizzen bebilderte kleine Werk an eine vergangene Zeit, wenngleich das Archiv als solches weit über sie hinaus seine Notwendigkeit und seinen Nutzen völlig unverändert noch heute tagtäglich unter Beweis stellt.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Blasius, Dirk, Carl Schmitt und der 30. Januar 1933. Studien zu Carl Schmitt. Lang, Frankfurt am Main 2009. 117 S. Besprochen von Thomas Olechowski. |
Ganzen Eintrag anzeigen Blasius, Dirk, Carl Schmitt und der 30. Januar 1933. Studien zu Carl Schmitt. Lang, Frankfurt am Main 2009. 117 S. Besprochen von Thomas Olechowski.
Das vorliegende Heft vereinigt einführende und erläuternde Texte des Essener Sozial- und Wirtschaftshistorikers Dirk Blasius mit der Abschrift von vier Interviews, die Carl Schmitt zwischen 1967 und 1973 im Radio gegeben hat. Sie haben die politische Situation am Anfang der 1930er Jahre in Deutschland, die Problematik des Art. 48 WRV, die Machtergreifung Hitlers und seine eigene Rolle bei diesen Ereignissen zum Gegenstand. Da diese Geschehnisse im Allgemeinen gut bekannt und vielfach beschrieben worden sind, liegt der Erkenntnisgewinn des Buches praktisch ausschließlich darin, wie Schmitt sie sah. 1972 wird Schmitt direkt gefragt: „Warum haben Sie bei Hitler mitgemacht?“ Er antwortet ausweichend: „Warum – ja, so ist es gekommen.“ (S. 59f.) An keiner Stelle versucht Schmitt, sich von seinen damaligen Sichtweisen zu distanzieren, Gefühle wie Reue oder Scham kommen nicht auf.
Das Buch ist ein Beweis mehr für das allgemein zu konstatierende, geradezu begeisterte Interesse, das der Person des „Kronjuristen des Dritten Reiches“ (nicht etwa nur seinem Werk) nach wie vor entgegen gebracht wird, ja, es scheint, dass dieses im 21. Jahrhundert noch weiter anwächst. Die Gründe hierfür sind dem Rezensenten schlicht unbegreiflich. Ist es das wohlig-schaurige Gruseln, das einem bei der Erkenntnis widerfährt, dass nicht nur tumbe Toren, sondern auch „ein Denker erster Ordnung“ (S. 20) der Weimarer Zeit dem Nationalsozialismus verfallen konnte? Diese Frage muss wohl jeder für sich persönlich beantworten.
Wien Thomas Olechowski
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Bleek, Wilhelm, Friedrich Christoph Dahlmann. Eine Biographie. Beck, München 2010. 472 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bleek, Wilhelm, Friedrich Christoph Dahlmann. Eine Biographie. Beck, München 2010. 472 S. Besprochen von Hans-Christof Kraus.
Leopold von Ranke hat Dahlmann einmal als einen Mann bezeichnet, „in welchem sittlicher Adel und theoretische Kälte sich doch mit tiefer innerer Leidenschaft für die Sache, die er einmal ergriffen hatte, verband“ – und diese Formulierung charakterisiert einen der bekanntesten und auch angesehensten deutschen Historiker und typischen „Professorenpolitiker“ des 19. Jahrhunderts sicher besonders treffend. Schon kurz nach seinem Tod verfasste der ihm eng verbundene Bonner Kollege Anton Springer, gestützt auf ausgewählte Teile des Nachlasses, die erste umfassende Dahlmann-Biographie, erschienen 1870-1872. Würdigungen seiner Schüler und Verehrer kamen hinzu, von denen die glänzenden Abhandlungen Heinrich von Treitschkes (1861) und Wilhelm Diltheys (1866) hervorzuheben sind. Im 20. Jahrhundert folgten grundlegende Arbeiten zur geistigen Entwicklung des jungen Dahlmann von Hermann Christern (1921) und Otto Scheel (1925), und nach 1945 wurde der bedeutende Kieler, Göttinger und Bonner Historiker u. a. von Hermann Heimpel (1957), Karl Dietrich Bracher (1961) und Reimer Hansen (1972) eingehend gewürdigt. Als Vordenker des gemäßigten, anglophil orientierten frühen deutschen Liberalismus, als einer der „Göttinger Sieben“ sowie als „Achtundvierziger“ und einflussreiches Mitglied der Paulskirchenversammlung ist Friedrich Christoph Dahlmann aus der deutschen politischen und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts nicht wegzudenken.
Zum einhundertfünfzigsten Todestag ist nun eine neue Biographie erschienen, verfasst von dem emeritierten Politikwissenschaftler Wilhelm Bleek, einem Nachkommen des Dahlmann-Schülers Friedrich Bleek. Mit Empathie geschrieben und im allgemeinen wohlinformiert ist ein detailliertes, abgerundetes, in sich schlüssiges Bild des Historikers entstanden, das geeignet ist, ihn der zunehmenden Vergessenheit |
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Bogisch, Manfred, Die LDPD und das Ende der DDR. Karl Dietz Verlag, Berlin 2009. 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bogisch, Manfred, Die LDPD und das Ende der DDR. Karl Dietz Verlag, Berlin 2009. 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1933 geborene, bereits 1952 mit Rudolf Agsten die Geschichte der Liberaldemokratischen Partei der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik behandelnde, habilitierte Historiker Manfred Bogisch war lange Mitarbeiter des Parteivorsitzenden Manfred Gerlach. Ab 10. Februar 1990 wirkte er mit Rainer Ortleb als Nachfolger Gerlachs zusammen. Er kennt also die Geschichte dieser Partei aus nächster Nähe und hat sich vielfach mit ihr, aber auch mit Martin Luther und deutschen Demokraten zwischen 1830 und 1945 befasst.
Sein mit einem Geleitwort des Vorsitzenden des Vorstands der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg e. V. versehenes Taschenbuch setzt mit dem 8. Oktober 1989 und dem Beschluss eines Sofortprogramms zur Demokratisierung der DDR ein. Danach greift der Verfasser auf die 80er Jahre zurück, in denen nach seinen Erkenntnissen auf der Grundlage eines Manuskripts Manfred Gerlachs die Blockpartei um Eigenständigkeit zu ringen begann. Reformpolitische Vorstellungen verbindet er dann aber erst mit dem Sommer 1989.
Danach legt er dar, wie es an der Zeit war, Druck auf Erich Honecker zu machen. Diese späte Entscheidung konnte freilich nicht verhindern, dass am 18. März 1990 bei den ersten und letzten freien Volkskammerwahlen der Bund der Liberalen von den Wählern nur 5,3 Prozent der Stimmen erhielt, ein, gemessen an „der“ (oder besser den) Erwartungen, katastrophales (oder ernüchterndes) Ergebnis. Insgesamt bietet so der Verfasser aus der Sicht eines Beteiligten ein von der Erinnerung vieler Bürger der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und von Klischees einer „konservativen Geschichtspolitik der alten Bundesrepublik“ verschiedenes, gleichwohl aber in Meinungsfreiheit ebenfalls veröffentlichenswertes Bild, in dem er es auch bedauert, dass es im Rahmen des westlichen „Anschlusses“ der DDR an die Bun |
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Bollwage, Max, Buchstabengeschichte(n). Wie das Alphabet entstand und warum unsere Buchstaben so aussehen. Adeva-Verlag, Graz 2010. 232 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bollwage, Max, Buchstabengeschichte(n). Wie das Alphabet entstand und warum unsere Buchstaben so aussehen. Adeva-Verlag, Graz 2010. 232 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach der Sprache ist wohl die Schrift die für den Menschen folgenreichste Erfindung, da sie Wissen vom einzelnen Erfahren verhältnismäßig löst. Nach vielen anderen hat sich auch der Grafikdesigner Max Bollwage der auf der vorderen Umschlagseite seines Werkes verwirrend illustrierten Fragen der Entstehung des Alphabets und der Gestaltung unserer, in der Welt der Gegenwart sachlich vorherrschenden Buchstaben angenommen. Beginnend mit der mehr als 8000 Jahre alten Vinca-Kultur um das heutige Serbien verfolgt er in zehn Kapiteln mit vielen Abbildungen unter Umgehung der Keilschrift den Weg von der Eigentumsmarke der ägyptischen Könige aus der Wüste durch Kanaan über das Meer zu den die Wiedergabe der vielfältigen Laute auf 22 Konsonantenzeichen bündelnden Phöniziern über die a, e, i, o und u sichtbar machenden Griechen bis zu den Römern, die an Hand von Kreis, Quadrat und Dreieck die Grundlage für die wohl wichtigsten Schriften der Welt schufen.
Von hier aus verfolgt der Verfasser die Schriften mit dem Knick, die seit 600 Jahren immer wieder neu entworfene Antiqua, die Schönen und die Schnellen, geschrieben und gedruckt, fußlos und dickfüßig samt der Abhängigkeit vom Zeitgeist bis zu einer kleinen Druckschriftenkunde von heute, wobei die unterschiedlichen Formen des Aleph und A in roter Farbe die Kapitel markieren. Gelegentlich verirrt sich ein „gesichtert“ in den Text und das Nibelungenlied ins Althochdeutsche und findet sich Adolf Hitler, der sich 1941 gegen die gebrochenen Schriften wendete, gar nicht auf der im Register angegebenen Seite 103. Insgesamt aber bietet das vielen Helfen dankende Buch doch viel Wissenswertes über die Schrift, obwohl es die selbst gestellte Frage, warum unsere Buchstaben so aussehen, nicht wirklich in jeder Beziehung überzeuge |
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Bologna und das Rechtsstudium. Fortschritte und Rückschritte der europäischen Juristenausbildung, hg. v. Baldus, Christian/Finkenauer, Thomas/Rüfner, Thomas. Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. 290 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bologna und das Rechtsstudium. Fortschritte und Rückschritte der europäischen Juristenausbildung, hg. v. Baldus, Christian/Finkenauer, Thomas/Rüfner, Thomas. Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. 290 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In Bologna begannen im 12. Jahrhundert immer mehr Studierende aus unterschiedlichen Ländern ohne Reglementierung mit dem Rechtsstudium. Hieraus hat sich ein Erfolgsmodell mit gegenwärtig wohl mehr als einer Million Juristen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union entwickelt. Dementsprechend erwuchs am Ende des 20. Jahrhunderts ein allgemeineres Vergleichbarkeitsproblem von Studienabschlüssen, das 1999 in Bologna zur Unterzeichnung einer völkerrechtlich nicht bindenden Erklärung neunundzwanziger europäischer Bildungsminister führte, nach dem bis 2010 ein einheitlicher europäischer Hochschulraum geschaffen werden sollte, der ein dreijähriges Bachelorstudium, ein anschließendes zweijähriges Masterstudium und ein darauf folgendes Doktoratsstudium als einheitliches Modell vorsah.
In dieses fügte sich die in Deutschland entwickelte Juristenausbildung wegen ihrer Staatsdiensteingangsprüfung, der praktischen Ausbildung zum Einheitsjuristen außerhalb der Universität und der zweiten staatlichen Abschlussprüfung nicht ein, zumal sich in Folge des anschwellenden Sachstoffes das zunächst auf mindestens sechs Semester angesetzte Universitätsstudium bereits rechtlich wie tatsächlich auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt hatte. Deswegen entstand (auch) in Deutschland eine Diskussion um die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit der Einführung des Bolognamodells in der Juristenausbildung, in deren Rahmen nach einer 2007 abgehaltenen Tagung 2008 ein Tagungsband unter dem Titel Juristenausbildung in Europa zwischen Tradition und Reform erschien, dessen Besprechung zwar großes Interesse von potentiellen Rezensenten hervorrief, bisher aber nur zu dem Ergebnis geführt hat, dass der ausgewählte sachkundige int3ernational erfa |
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Bord, Bernadette, Das Erbrecht der Kanalinseln von den normannischen Wurzeln bis zum heutigen Rechtszustand. Nomos, Baden-Baden 2009. 353 S. Beprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bord, Bernadette, Das Erbrecht der Kanalinseln von den normannischen Wurzeln bis zum heutigen Rechtszustand. Nomos, Baden-Baden 2009. 353 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Geschichte zeigt, dass zwar die Zeit einigermaßen gleichmäßig verfließt, dass sich in diesem Flusse aber Entwicklungszentren und Randinseln, in denen die Zeit lange fast still zu stehen scheint, gegenüberstehen, wobei auch gerade diese bewahrenden Gebiete von besonderem Erkenntnisinteresse sein können. Diese Erkenntnis hat wohl einen an einem polyhistorischen Gesamtüberblick interessierten Sachkenner zur Artikulierung seines Interesses an der vorliegenden, von Klaus Schurig betreuten und 2008 in Passau angenommenen Dissertation der Verfasserin bewogen. Da der Herausgeber einem Verlag jedoch auch zur Verwirklichung einer Rezensionszusage verpflichtet ist, muss er selbst zumindest in einigen Zeilen auf das ansprechende Werk hinweisen.
Gegliedert ist die durch Hinweise sachkundiger Praktiker geförderte Untersuchung schlicht in zwei Teile. Zunächst bietet die Verfasserin eine gelungene Einführung in das Rechtssystem der Kanalinseln von der vornormannischen Frühzeit über die Normannen und die anschließenden englischen Monarchen bis zur Gegenwart unter Darstellung der Rechtsquellen der interessanten Entwicklung, der Staatsorganisation und der internationalen Beziehungen. Danach stellt sie das Erbrecht der Bailiwicks Jersey und Guernsey (mit Alderney und Sark) ausführlich dogmatisch dar.
Im Ergebnis hältt sie ansprechend fest, dass das Erbrecht der Kanalinseln über seine Bedeutung für die Orte hinaus ein gutes Beispiel dafür ist, wie ein altes Rechtssystem wandlungsfähig genug sein kann, um gegenwärtigen und vielleicht auch zukünftigen Bedürfnissen gerecht zu werden. Im Anhang A bietet die Verfasserin 18 ausgewählte Urteile, in Anhang B eine beachtliche Auswahl an relevanten Gesetzen der Inseln. Ein Literaturverzeichnis rundet die gelungene Untersuchung ange |
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Bornhorst, Sarah, Selbstversorger. Jugendkriminalität während des ersten Weltkriegs im Landgerichtsbezirk Ulm (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 19). UVK, Konstanz 2010. 340 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Andreas Wirsching betreute, im Sommersemester 2008 von der philologisch-historischen Fakultät der Universität Augsburg angenommene, für den Druck geringfügig überarbeitete Dissertation der als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gedenkstätte Berliner Mauer in Berlin tätigen Verfasserin. Die Hauptgrundlage bilden Akten des königlichen Landgerichts Ulm. Sie bestehen zum einen aus Strafprozesslisten der Jahre von 1904 bis 1918 (ohne 1917) und zum anderen aus mehr als 130 stark ausgedünnten Strafakten betreffend Strafverfahren gegen Jugendliche vor dem Landgericht Ulm aus den Jahren von 1914 bis 1918.
Nach einer Einleitung zu Thema, Forschungsstand, Quellen, Methodik und Fragestellungen sowie zum Aufbau der Arbeit behandelt die Verfasserin in zwei Teilen acht Abschnitte. Sie betreffen allgemeine Grundlagen (Konstruktion von Jugendkriminalität, Tatort Landgerichtsbezirk Ulm), die Jugendkriminalität vor der Strafkammer des Landgerichts Ulm (Umgang mit den Quellen, von der Straftat zur Gerichtsverhandlung, Rahmenbedingungen, quantitative Entwicklung, Erscheinungsformen und Urteilfindung im Krieg). Erfasst werden Straftaten gegen das Eigentum, gegen das Vermögen, gegen das Leben, gegen die körperliche Unversehrtheit, gegen die persönliche Freiheit, gegen die Sittlichkeit, gegen die Ehre, gegen die öffentliche Ordnung, Urkundendelikte, gemeingefährliche Straftaten, Straftaten im Amt, Übertretungen und sonstige Verstöße.
Besonderes Gewicht legte die Verfasserin in ihrer stark differenzierenden Untersuchung auf die Betrachtung der quantitativen Entwicklung und die konkreten Erscheungsformen sowie auf den Umgang der Strafverfolgungsinstanzen mit den kriminellen Jugendlichen. Dabei zeigt sich, |
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Borup, Allan, Demokratisierungsprozesse in der Nachkriegszeit. Die CDU in Schleswig-Holstein und die Integration demokratieskeptischer Wähler (= IZRG-Schriftenreihe 15). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 281 S., 3 sw. Abb. 1 farb. Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die Kopenhagener Dissertation Borups aus dem Jahre 2008 (Demokratisering af Vesttyskland; - belyst gennem CDU i Slesvig-Holstens integration af demokrati-skeptiske vælgere, ins Deutsche übersetzt von Detlef Siegfried), ist zustande gekommen im Rahmen eines Stipendiums durch das dänische Forschungs- und Vermittlungsprojekt: „Deutschland und Europa 1945“. Die Untersuchungen Borups stellen primär einen Beitrag zur der Politologie angehörenden politischen Kulturforschung dar und sind außer englischen und amerikanischen Werken zur Civic culture vor allem dem Aufsatz von Karl Rohe, Politische Kultur und ihre Analyse (Historische Zeitschrift 1990, S. 321ff.) verpflichtet (S. 19ff.). Wie bereits das Werk von Konrad Jarausch: „Die Umkehr. Deutsche Wandlungen 1945-1955 (Bonn 2004) wendet sich Borups Werk gegen die bisher überwiegende Forschungsrichtung, die „weit mehr Energie darauf verwendet hat, die moralischen Unzulänglichkeiten im Umgang mit der Vergangenheit in der Entstehungsphase der Bundesrepublik zu beschreiben als die sukzessiven demokratischen Lernprozesse“ (S. 35). Entsprechend dem Ansatz der politischen Kulturforschung geht es um „vorherrschende Grundannahmen und Maßstäbe, um damit einen Einblick in den Handlungsspielraum zu erhalten, den die zeitgenössischen Akteure tatsächlich hatten“ (S. 264). Erst vor diesem Hintergrund mache ein auf „Interessen gerichteter Zugang überhaupt Sinn“, und „die Demokratisierung könne historisiert werden“ als ein Vorgang, „der nicht als idealtypischer Bruch in einer ‚Stunde Null’ zu imagieren ist und die Zeitgenossen auf einen illusionslosen Blick für ihre ‚wirklichen Interessen’ reduziert“ (S. 264). Quellen der Darstellung sind au |
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Brandes, Detlef, Die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938, 2. Aufl. (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 107). Oldenbourg, München 2010. XIV, 399 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Berlin 1941 geborene, in Geschichte, Slawistik, Germanistik und politischen Wissenschaften in München ausgebildete, nach seiner Promotion (1968) am Collegium Carolinum, seit 1972 an der Freien Universität Berlin im Präsidialamt und am Osteuropa-Institut tätige, 1984 habilitierte, 1991 nach Düsseldorf berufene Verfasser ist seit seiner Dissertation über die Tschechen unter deutschem Protektorat für seinen Sachgegenstand bestens ausgewiesen. Seine Untersuchung über die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938 erschien in erster Auflage 2008. Sie fand auch das Interesse eines sachkundigen Rezensenten, doch konnte der Verlag für die zweite Auflage kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen, so dass der Herausgeber auf Grund einer Ausleihe in wenigen Zeilen auf den erfolgreichen, interessanten Titel aufmerksam machen muss.
Gegliedert ist die sorgfältige detaillierte Untersuchung in insgesamt fünf Sachkapitel. Nach einer kurzen Einführung schildert der Verfasser zunächst die nationalen Auseinandersetzungen in der ersten Republik zwischen deutschen Parteien und staatlicher Unterstützung für die tschechischen Grenzler. Danach wendet er sich dem Jahr vor dem Anschluss Österreichs zu.
Das Schwergewicht der Betrachtung liegt dann auf der Zeit vom Anschluss Österreichs im März 1938 bis zu den Kommunalwahlen und bis zu Hitlers Annexionsforderungen. Im Ergebnis stellt der Verfasser fest, dass die Sudetendeutsche Partei ihren Sieg bei den Parlamentswahlen des Jahres 1935 vor allem der Unzufriedenheit der deutschen Wähler mit den bisherigen deutschen Parteien verdankte und dass die Mehrheit der Sudetendeutschen auf den Anschluss Österreichs mit Begeisterung reagierte. Umgekehrt überzeugte die Erfahrung der Jahre 1935 bis 1938 mit dem Separatismus de |
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Braun, Matthias, Die Entwicklung der Schwurgerichtsfrage in Kurhessen bis zum Jahre 1851 (= Schriften zur Rechtsgeschichte 151). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 433 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Als Gesamtdarstellung der Schwurgerichtsfrage ist noch immer maßgebend das Werk von Erich Schwinge: „Der Kampf um die Schwurgerichte bis zur Frankfurter Nationalversammlung“ (Breslau 1926). Als Ergänzung hierzu fehlen noch immer Einzeldarstellungen der Schwurgerichtsfrage bzw. über die Einführung der Schwurgerichte in den einzelnen Staaten des Deutschen Bundes. Lediglich für Baden liegt hierzu eine detailliertere, wenn auch nicht vollständige Darstellung vor von Wolfram W. Hahn: „Die Entwicklung der Laiengerichtsbarkeit im Großherzogtum Baden während des 19. Jahrhunderts“ (Berlin 1974). Deshalb ist das Werk Brauns über die Geschichte des Schwurgerichts in Kurhessen, das erst 1848 Schwurgerichte erhielt, sehr zu begrüßen. Die Mitwirkung einer Laienjury im Strafprozess, so Braun im einführenden Teil seines Werks, war „Teil der politischen Forderungen der liberalen und auch der demokratischen Bewegung. Das zu neuem Selbstbewusstsein erlangte Bürgertum begehrte gegen den Obrigkeitsstaat auf“. Das Schwurgericht galt aber nicht nur „als Schutzeinrichtung gegen obrigkeitsstaatliche Willkür, sondern zugleich als förderndes Instrument zur Ausübung bürgerlicher Freiheitsrechte“. Ohne Schwurgerichte ließ sich nach Meinung der liberalen Öffentlichkeit die Presse- und Meinungsfreiheit nicht durchführen. Nach einer kurzen Kennzeichnung des in Kurhessen geltenden Inquisitionsprozesses, der 1775 durch eine Prozessordnung bestätigt wurde, geht Braun ausführlich auf das Geschworenengericht im Königreich Westphalen und auf die ersten Erfahrungen mit der Laiengerichtsbarkeit auf kurhessischem Gebiet ein (S. 43-70). Auf die Entwicklung in den ehemaligen Gebieten des Großherzogtums Frankfurt (Hanau, Fulda), die 1815/16 zu Kurhessen kamen und wo 1812 der Code péna |
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Briesen, Detlef, Das gesunde Leben. Ernährung und Gesundheit seit dem 18. Jahrhundert. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010. 392 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der 1957 geborene Verfasser wurde nach dem Studium 1990 in Köln mit einer Dissertation über Berlin - die überschätzte Metropole (über das System der deutschen Hauptstädte von 1850 bis 1950) promoviert und 1998 in Siegen habilitiert. Nach Tätigkeiten in Köln, Siegen und Neu Delhi wurde er 2009 Privatdozent in Gießen. Seine Habilitationsschrift betraf Warenhaus, Massenkonsum und Sozialmoral (. Zur Geschichte der Konsumkritik im 20. Jahrhundert, 2001).
Auch sein 2010 erschienenes Werk über das gesunde Leben behandelt einen wichtigen sozialgeschichtlichen Gegenstand, haben doch verbesserte Ernährung und umsorgte Gesundheit im Untersuchungszeitraum schätzungsweise fast eine Verzehnfachung der Weltbevölkerung zur Folge gehabt. Gegliedert ist die auf breiter Literaturgrundlage flott geschriebene, mit einem Tabellenanhang versehene Studie in acht Kapitel, die mit den Dilemmata gesunden Lebens im modernen Zeitalter beginnen und mit einem Nachschlag enden. Dabei erörtert der Verfasser die Herausbildung des modernen Gesundheitsdilemmas (von der Antike! bis zu den modernen Naturwissenschaften), gesundheitliche Revolutionen (z. B. Alkoholprohibition?, Gesundheits- und Hygienerevolution), den modernen Massenkonsum, dem die Massenernährung in Amerika von 1900 bis 1930 zu Grunde gelegt wird, goldene Zeiten (Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg) und transatlantische Partys (mit Alkohol und Rauchen), das schnelle Ende der schönen neuen Welt (Schatten auf der Lunge, die ersten? Lebensmittelskandale) und die Frage der Gesundheit durch Gesundheitspolitik (Rauchen, Alkohol).
Insgesamt will das Werk von den Versuchen der Menschen (wo wirklich?) in den letzten 200 Jahren (seit dem 18. Jahrhundert?) handeln, ein gesundes Leben zu führen. Ausgewählt wurden dafür die alltägliche Ernährun |
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Brinkhus, Jörn, Luftschutz und Versorgungspolitik. Regionen und Gemeinden im NS-Staat, 1942-1944/45. Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 347 S., 5 sw. Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
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Da die Versorgungspolitik ein stark reguliertes, der Luftschutz ein überreguliertes Politikfeld (S. 137) war, sind politik- und verwaltungsgeschichtliche Untersuchungen über diese Lebensbereiche auch für den Rechtshistoriker von Bedeutung. Allerdings stehen die rechtlichen Regelungen, deren Existenz vorausgesetzt wird, nicht im Vordergrund der Darstellung. Brinkhus geht es vielmehr um die Durchführung der rechtlichen Vorgaben der Berliner Zentrale durch die Regionen (Gaue, Regierungsbezirke, Minister der Landesregierungen) und die Gemeinden. Die Untersuchung setzt ein mit dem Jahreswechsel 1941/42, mit dem sich die „außenpolitische und strategische Lage grundlegend wandelte“ (S. 22). Dabei geht es um die Frage, wie die Unter- und Mittelinstanzen den „ihnen durch die Spitze des Herrschaftsgebildes zur Verfügung gestellten Kompetenzrahmen ausfüllen und wie und warum sie diesen erweitern konnten“ (S. 15). Die (beschränkte) Selbstorganisation beruhte nach Brinkhus auf der vertikalen Dekonzentration von Entscheidungsmacht, der horizontalen Subkoordination (Ergänzung der hierarchischen Entscheidungswege) und einem dezentralen Ressourcenmanagement (S. 16f.). Die Versorgungspolitik umfasste die Beschränkung des Konsums von Gebrauchsgütern und deren Rationierung, der Luftschutz den Schutz vor Bombenangriffen und die Versorgung der Bevölkerung mit Gebrauchsgütern. Für die untersuchten Politikfelder wurden jeweils eine preußische Region mit einer nichtpreußischen verglichen und dabei besonders die Stellung der Gauleiter und der Landesregierungen ins Auge gefasst (S. 21). Zu den untersuchten Städten gehören hinsichtlich der Versorgungspolitik Essen, Düsseldorf, Duisburg, Karlsruhe, Freiburg und Mannheim, hinsichtlich des zivilen Luftschutzes Köln/Bonn, Breme |
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Brockmann, Thomas, Dynastie, Kaiseramt und Konfession. Politik und Ordnungsvorstellungen Ferdinands II. im Dreißigjährigen Krieg (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte Neue Folge 25). Schöningh, Paderborn 2011. 518 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Die Arbeit ist die von Konrad Repgen angeregte, im Sommersemester 2006 an der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth angenommene Habilitationsschrift des nach dem Studium der Geschichte, katholischen Theologie und Philosophie in Bonn und Oxford in Bonn 1994 als Studienstiftler des deutsches Volkes mit einer gewichtigen Untersuchung über die Konzilsfrage in den Flug- und Streitschriften des deutschen Sprachraumes zwischen 1518 und 1563 promovierten Verfassers. Als sie vom Verlag 2009 erstmals angezeigt wurde, fand sie umgehend einen sachkundigen Interessenten. Da sie aber auch auf Nachfrage nicht geliefert werden konnte, geriet das Interesse allseits in Vergessenheit, so dass der Herausgeber nach tatsächlichem Erscheinen mit wenigen Zeilen wenigstens auf sie hinweisen muss.
Der Verfasser geht überzeugend davon aus, dass Kaiser Ferdinand II. in der bisherigen Forschung vernachlässigt wurde, so dass eine moderne, aus den Quellen gearbeitete Biographie ebenso fehlt wie eine neuere Gesamtdarstellung seiner Politik zwischen 1619 und 1637. Diesen Mangel will der Verfasser auf der Grundlage ungedruckter und gedruckter Quellen sowie der bereits vorliegenden Literatur mildern. Zu diesem Zweck befasst er sich mit Ferdinands Politik vom Vorabend des Aufstandes in Böhmen bis zum Kurfürstentag von 1630.
Sachlich gegliedert ist die quellennahe, sorgfältige Studie außer in Einleitung und Ergebnisse in vier Teile, die chronologisch aufeinanderfolgen und die Jahre von 1616 bis 1618, von 1618 bis 1620, von 1621 bis 1626 und von 1627 bis 1630 betreffen. Danach zeichnete sich die Politik Ferdinands II. über weite Strecken nicht durch Risikofreudigkeit, sondern e |
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Brommer, Peter, Kurtrier am Ende des Alten Reichs. Edition und Kommentierung der kurtrierischen Amtsbeschreibungen von (1772) 1783 bis ca. 1790, 2 Teile (= Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 124). Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte, Trier 2008. 1-868, 869-1472 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
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In den letzten Jahrzehnten des Alten Reiches haben geistliche Reichsfürsten – durchaus im Bewusstsein ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Situation – Schritte zur Modernisierung ihrer weltlichen Herrschaftsgebiete eingeleitet. Zwar kennen gerade geistliche Herrschaften schon im Mittelalter die schriftliche Aufzeichnung von Herrschaftsrechten und Abgaben. Das vom Trierer Kurfürsten und Erzbischof Clemens Wenzeslaus im Jahr 1783 verfolgte Ziel ist aber erheblich umfassender als zuvor und zeigt das Bemühen um eine wissenschaftlich exakte Erfassung des regierten Landes. Die Amtsbeschreibungen sollten Angaben über die Grenzen, die innere Verfassung, die Gerichtsbarkeiten, die fremden Gebietsenklaven sowie über Verträge mit Auswärtigen enthalten. Ein beigefügter Fragenkatalog lässt erkennen, dass es dem Kurfürsten nicht nur auf die rechtlichen Verhältnisse und seine Gerichtsbarkeit ankam, sondern auch auf die möglichst vollständige Erfassung des sozialen und wirtschaftlichen Ist-Zustands der Kurlande: Der Kurfürst wünschte eine Beschreibung der geographischen und politischen Verhältnisse des Amts und der einzelnen Ortschaften, ein Verzeichnis der steuerfreien adeligen Höfe, Angaben über die geistliche Verfassung, den Charakter der Bewohner, den Zustand der Straßen und Wege, die Entfernung zu schiffbaren Flüssen, die Situation der Landwirtschaft, des Handwerks und des Gewerbes, die Produkte des Amts, insbesondere das Vorkommen von Mineralwasser. Insofern stellt die kurfürstliche Aufforderung zur Abfassung von Amtsbeschreibungen eine Art „Landvermessung“ dar, wie sie der Kurfürst von Hannover in den Jahren |
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Brückner, Thomas, Lehnsauftragung (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte. Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 258). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. XX, 470 S. Besprochen von Gerhard Köbler.IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brückner, Thomas, Lehnsauftragung (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte. Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 258). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. XX, 470 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als Lehnsauftragung bezeichnet man nach den Eingangsworten des Verfassers die Lehnbarmachung eines Gutes durch den zukünftigen Vasallen im Gegensatz zur Belehnung mit einem Gut aus dem Vermögen des Lehnsherrn. Diese Lehnsauftragung ist in der mitteleuropäischen Geschichte von großer Bedeutung. Der nach seiner Promotion in die Finanzverwaltung Thüringens eingetretene Verfasser behandelt in seiner von Dietmar Willoweit betreuten, in mehr als zehn Jahren Tätigkeit am Institut für deutsche und bayerische Rechtsgeschichte entstandenen, im Sommersemester von der juristischen Fakultät der Universität Würzburg angenommenen und für den Druck vor allem um Anmerkungsteile gekürzten Dissertation dementsprechend einen wichtigen und zugleich schwierigen Gegenstand.
Er hat unmittelbar nach Bekanntwerden das Interesse mehrerer Rezensenten auf sich gezogen. Dementsprechend hat sich der Herausgeber um mehrere Rezensionsexemplare bemüht. Nach deren Erhalt und Rücktritt eines Rezensenten sieht er sich deshalb in der Pflicht wenigstens mit einigen Sätzen auf das umfangreiche Werk hinzuweisen.
Wie der Betreuer im Geleitwort einleuchtend ausführt, hat vor dem Verfasser den Versuch einer Gesamtdarstellung bisher wohl darum niemand gewagt, weil sich das primäre Quellenmaterial mit enormen Mengen vom Altertum bis in die Neuzeit zu erstrecken scheint, so dass zu befürchten ist, die wissenschaftliche Literatur könnte unter der Lehensauftragung die unterschiedlichsten Vorgänge zusammengefasst und damit zugleich missverstanden haben. Der Verfasser begegnet dieser Schwierigkeit dadurch, dass er zunächst in einem ersten Teil nur nach den unterschiedlichen Funktionen der Lehensauftragung fragt, um s |
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Brügmann, Cord, Flucht in den Zivilprozess - antisemitischer Wirtschaftsboykott vor den Zivilgerichten der Weimarer Republik (Tabellen) (= Reihe Dokumente, Texte, Materialien - Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin 72). Metropol Verlag, Berlin 2009. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brügmann, Cord, Flucht in den Zivilprozess - antisemitischer Wirtschaftsboykott vor den Zivilgerichten der Weimarer Republik (Tabellen) (= Reihe Dokumente, Texte, Materialien - Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin 72). Metropol Verlag, Berlin 2009. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Wolfgang Benz betreute, 2008 am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin angenommene Dissertation des nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Geschichte in München und Berlin als Rechtsanwalt und seit 2003 für einen juristischen Berufsverband tätigen Verfassers. Ziel der Untersuchung ist es, zu erkunden, ob und wenn ja, wie und mit welchem Erfolg der durch antisemitische Vorfälle gestörte Rechtsfriede zwischen Privaten mit Hilfe der Ziviljustiz wiederhergestellt wurde. Bei den Störfällen handelt es sich auf Grund der Quellenlage wie des Interesses des Verfassers fast ausschließlich um antisemitisch motivierten Wirtschaftsboykott.
Quellengrundlage der Arbeit sind vor allem die in den 1990er-Jahren wiedergefundenen Akten des Berliner Hauptbüros des Centralvereins (CV) deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Trotz unvollständiger Überlieferung konnte der Verfasser 147 Entscheidungen bzw. Hinweise auswerten. Davon betreffen 81 Entscheidungen antisemitisch motivierte Boykottaufrufe.
Der Verfasser gliedert seine schlanke Untersuchung in die drei Teile Einleitung, Hauptteil und Schluss und bietet einen Anhang über Gerichtsentscheidungen, Normen, Dokumente sowie einige Verzeichnisse, wobei er im Hauptteil Umfeld, Akteure und die juristische Abwehr des antisemitischen Wirtschaftsboykotts betrachtet. Im Ergebnis zeigen die zwischen 1925 (Amtsgericht Norden 7. Oktober 1925) und 1933 (Oberlandesgericht Rostock 9. Juli 1933, Entscheidungen des Reichsgerichts fehlen) gefällten Entscheidungen, dass der antisemitische Boykott wie der allgemeine Boykott als grundsätz |
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Brundage, James A., The Medieval Origins of the Legal Profession. Canonists, Civilians, and Courts. The University of Chicago Press, Chicago 2008. XVII, 607 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Brundage, James A., The Medieval Origins of the Legal Profession. Canonists, Civilians, and Courts. The University of Chicago Press, Chicago 2008. XVII, 607 S. Besprochen von Gunter Wesener.
James A. Brundage, Professor Emeritus für Geschichte und Recht an der Universität von Kansas, ein vorzüglicher Kenner des mittelalterlichen kanonischen Rechts, hat sich seit Jahrzehnten in zahlreichen Arbeiten mit der Ausbildung eines Juristenstandes im Mittelalter sowie mit dem Ethos desselben befasst[1].
Brundage (S. 2) versteht Rechtsberuf (legal profession) in einem sehr strengen Sinn. Ein juristischer Beruf müsse sowohl den Interessen Einzelner als auch den Interessen der Gemeinschaft dienen. Er verlange höhere Kenntnisse aufgrund eines längeren Studiums und bringe einen hohen Grad gesellschaftlichen Ansehens mit sich. Wenn Personen einen solchen Beruf ergreifen, verpflichten sie sich, ethische Normen in einem höheren Grade zu beachten und einzuhalten, als allgemein üblich.
Bei den römischen Juristen schon der klassischen Zeit sieht der Verfasser die Voraussetzungen für die Annahme eines Juristenstandes, einer legal profession, vollauf gegeben (S. 9ff.). Die Einhaltung der Standesvorschriften wurde von den Magistraten überwacht. In der späteren Kaiserzeit, der Zeit der Nachklassik, bestand auch für Advokaten eine feste, vom Staat kontrollierte Standesorganisation[2].
Im frühen Mittelalter (ca. 500-1050) kam es im Westen zu einer „eclipse of the Roman legal system and profession“, zu einem „law without lawyers“ (so der Verfasser. S. 46ff.).
Für das hohe Mittelalter sieht Brundage einen Juristenstand erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts gegeben. Damit steht er in Widerspruch zur herrschenden Lehre, die, wie Johannes Fried[3] und Peter Weimar[4], die Entstehung des Juristenstandes bereits im 12. Jahrhundert annimmt. Schon im 12. Jahrhundert wurde das Richteramt mit dem Vordringen des gelehrten Prozess |
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Brunhöber, Beatrice, Die Erfindung „demokratischer Repräsentation“ in den Federalist Papers (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 14).. Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. X, 294 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Nach Ansicht der Verfasserin gehören die Federalist Papers bisher nicht zu den Grundlagen der (deutschen) Rechtswissenschaft. Damit sich dies ändert, hat sie nach erster Prägung durch Hasso Hofmann und einer demokratietheoretischen Seminararbeit bei Bernhard Schlink das vorliegende Werk verfasst, das betreut von Hasso Hofmann im Jahre 2009 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen wurde. Seitdem ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an ihrer Heimatuniversität tätig.
Ihr interessanter Gegenstand besteht aus einer Serie von 85 Artikeln, die zwischen dem 27. Oktober 1787 und dem 2. April 1788 (77 Artikel) bzw. in Gesamtausgaben von 1788 in verschiedenen Zeitungen New Yorks erschienen. Ihr Zweck war es, die Leser von der 1787 entworfenen, aber noch nicht von allen Mitgliedern der Vereinigten Staaten von Amerika ratifizierten Verfassung zu überzeugen. Die unter dem von dem römischen Konsul Publius Valerius Poplicola abgeleiteten Pseudonym Publius auftretenden Autoren waren Alexander Hamilton, James Madison und John Jay.
Die Verfasserin gliedert ihre flüssig geschriebene Studie nach einer Einführung über Motive, begriffliche Annäherung an demokratische Repräsentation und Methode und Aufbau in fünf Kapitel. Sie betreffen das federalistische Repräsentationskonzept in der US-amerikanischen und deutschen Verfassungstheorie, die Federalist Papers als politisches Evangelium der Vereinigten Staaten von Amerika,, den ideengeschichtlichen und politisch-praktischen Kontext der federalistischen Repräsentationstheorie, die federalistische Idee demokratischer Repräsentation und als mögliche blinde Flecken das Fehlen von Grundrechten, der Minderheitenschutz, die tatsächlichen Funktio |
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Brunner, Karl, Umgang mit Geschichte. Gesammelte Aufsätze zu Wissenschaftstheorie, Kultur- und Umweltgeschichte (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 54). Oldenbourg, München 2009. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Brunner, Karl, Umgang mit Geschichte. Gesammelte Aufsätze zu Wissenschaftstheorie, Kultur- und Umweltgeschichte (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 54). Oldenbourg, München 2009. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Karl Brunner wurde am 14. 11. 1944 in Freistadt geboren, studierte von 1961 bis 1968 Geschichte, Philosophie und Germanistik an der Universität Wien, wurde mit Studien zum politischen und sozialen Horizont bayerischer Autoren des 10. und 11. Jahrhunderts (Consonantia Vitae, 1968) promoviert und mit einer Untersuchung über oppositionelle Gruppen im Karolingerreich (1979) 1978 habilitiert. 1983 wurde er außerordentlicher Universitätsprofessor und 2000 Universitätsprofessor für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien. Von 1996 bis 2003 war er geschäftsführender Direktor des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit der österreichischen Akademie der Wissenschaften, von 2002 bis 2009 Direktor des Instituts für österreichische Geschichtsforschung.
Zeitgleich mit seiner Versetzung in den Ruhestand kann er einer Anregung Peter Rauchs folgend in einer Bilanz den Umgang mit Geschichte der Öffentlichkeit vorlegen. Die Auswahl fiel ihm nach seinem kurzem Vorwort nicht schwer, weil die landeskundlichen Arbeiten leicht zugänglich sind und außerdem in ihren wichtigsten Ergebnissen in seinem Band der österreichischen Geschichte (von 907 bis 1156) (1994) und seinem Porträt über Leopold, den Heiligen (2009) eingearbeitet werden konnten, Gleichwohl konnten 27 Aufsätze bei dieser Gelegenheit in einem repräsentativen, mit einer Miniatur geschmückten Sammelband vereinigt werden.
Sie beginnen mit Heer Abschied und enden mit Burgen in der religiösen Symbolwelt. Dazwischen finden sich Nachgrabungen, der Schweif am Ross und die Lilie im Garten, Olimpia, der Umgang mit Unwissen, Sachkultur, Fiktion der Wirklichkeit |
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Bryant, Thomas, Friedrich Burgdörfer (1890-1967). Eine diskursbiographische Studie zur deutschen Demographie im 20. Jahrhundert (= Pallas Athene 32). Steiner, Stuttgart 2010. 430 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bryant, Thomas, Friedrich Burgdörfer (1890-1967). Eine diskursbiographische Studie zur deutschen Demographie im 20. Jahrhundert (= Pallas Athene 32). Steiner, Stuttgart 2010. 430 S. Besprochen von Werner Schubert.
Friedrich Burgdörfer gehörte seit der späten Weimarer Zeit und in der NS-Zeit zu den wohl bekanntesten und einflussreichsten Bevölkerungsstatistikern und befürwortete als solcher staatliche Interventionen zur Stärkung der Familie und zur Geburtenförderung, die er erstmals in seiner Dissertation von 1917: „Das Bevölkerungsproblem, seine Erfassung durch Familienstatistik und Familienpolitik mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Reformpläne und der französischen Leistungen“ unterbreitete (S. 59). Mit Unterbrechungen war er von 1907 bis 1919 Assistent Friedrich Zahns, des späteren Präsidenten des Statistischen Bureaus in München. Nach kurzer Tätigkeit bei der Stadt München kam er 1921 an das Statistische Reichsamt in Berlin, bei dem er Generalreferent für die Volkszählung von 1925 war. Von 1929 bis 1939 war er Direktor der Abteilung IV des Statistischen Reichsamts und organisierte die Volkszählungen von 1933 und 1939. Von 1939 bis 1945 stand er dem Bayerischen Statistischen Landesamt als Präsident vor. In seinem Werk befasst sich Bryant mit dem persönlichen, wissenschaftlichen und publizistischen Werdegang Burgdörfers von der späten Kaiserzeit an bis zu den ersten beiden Jahrzehnten der Nachkriegszeit. Insgesamt handelt es sich bei dem Werk um eine „biographische Studie mit vorwiegend wissenschafts- und kulturgeschichtlichem – genauer gesagt: diskurs- und disziplingeschichtlichem Erkenntnis-Interesse bzw. um einen diskursbiographischen Beitrag zur historischen Altersforschung sowie zur historischen Demographie“ (S. 14), die von den Phänomenen des Geburtsrückgangs und der demographischen Alterung bestimmt war.
Nach einem biographischen Abriss behandelt Bryant den Beitrag Burgdörfers zur deutschen Bevölkerungsstatistik u |
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Bundesrepublik und DDR. Die Debatte um Hans-Ulrich Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“, hg. v. Bahners, Patrick/Cammann, Alexander (= beck’sche reihe). Beck, München 2011. 425 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Bundesrepublik und DDR. Die Debatte um Hans-Ulrich Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“, hg. v. Bahners, Patrick/Cammann, Alexander (= beck’sche reihe). Beck, München 2011. 425 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Freudenberg bei Siegen 1931 geborene, nach dem Studium der Geschichte, Soziologie und Ökonomie in Köln, Bonn und Ohio 1960 über Sozialdemokratie und Nationalstaat (1840-1914) bei Theodor Schieder promovierte und nach Ablehnung einer ersten Habilitationsschrift über den Aufstieg des amerikanischen Imperialismus 1865-1900 (1964) 1967 mit der Arbeit Bismarck und der Imperialismus (1967) mit knapper Mehrheit habilitierte, ab 1970 in Berlin und von 1971 bis 1996 wirkende Hans-Ulrich Wehler hat seit 1987 eine fünfbändige Deutsche Gesellschaftsgeschichte verfasst, die ein Standardwerk der deutschen Geschichtsschreibung für die Zeit zwischen 1750 und 2000 geworden ist. Ihr vierter, von 1914 bis 1949 reichender Band ist in dieser Zeitschrift von Werner Schubert in ZRG GA 122 (2005) besprochen worden. Da sich für den fünften, die Zeit von 1949 bis 1990 betreffenden Band kein Interessent mehr fand, soll zumindest in wenigen Zeilen mittelbar darauf hingewiesen werden.
In diesem Band vertrat Wehler etwa die Ansicht, dass die Leistungsideologie des Nationalsozialismus eine Ressource des westdeutschen Wirtschaftswunders bildete. Er ging weiter beispielsweise davon aus, dass die studentische Bewegung des Jahres 1968 politisch scheiterte und die Deutsche Demokratische Republik nur eine Fußnote zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bildet. Hierzu entstand im Sommer 2008 eine öffentliche Diskussion, deren wichtigste Beiträge von mehr als 50 Mitwirkenden der Sammelband der Öffentlichkeit vorstellt.
Angesichts ihrer verwirrenden Vielfalt kann dabei hier nur darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie den Autor über sein Werk und sein Land sprechen lassen, dass sie 18 Fragen des Tages wie Modell Bundesrepublik - Fußno |
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Burgard, Paul, Kleine Geschichte des Saarlands. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden Echterdingen 2010. 286 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Burgard, Paul, Kleine Geschichte des Saarlands. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden Echterdingen 2010. 286 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Saarland als das Land an der Saar zwischen Perl - diesseits der Mosel gegenüber dem inzwischen zufällig viel bekannteren Schengen - Nohfelden, Kleinblittersdorf und Blieskastel ist nach den Worten des als wissenschaftlicher Mitarbeiter am saarländischen Landesarchiv in Saarbrücken für die Bereiche Forschungs-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Verfassers in den Köpfen der meisten Deutschen vermutlich fast so weit entfernt, wie es die Deutsche Demokratische Republik vor dem Fall der Mauer für die Westbürger war. Auch wenn dies werbewirksam etwas überzeichnet sein dürfte, wird eine knappe verständliche Übersicht über die Entwicklung eines Bundeslandes immer hilfreich sein können. Dies umso mehr, wenn der Verfasser zumindest zusammen mit anderen bereits einschlägige Darstellungen zu 50 Jahren Saarland, dem Saarstaat oder das Saarland als eine europäische Geschichte vorlegen konnte.
Auch wenn der wissenschaftliche Schwerpunkt des Verfassers in der jüngeren Geschichte zu liegen scheint, setzt er doch zu Recht mit den Anfängen ein, in denen es zwar bereits Land an der Saar, aber noch lange kein Saarland gab. Deswegen lässt er viele Wege mit Rom beginnen, gelangt aber zügig zwischen Krieg und Frieden vom Spätmittelalter zur Réunion und betrachtet bald Aufstieg und Fall des saarländischen Absolutismus. Mit der Hälfte der Darstellung hat er das 19. Jahrhundert mit Politisierung, Industrialisierung und Nationalisierung erreicht.
Danach bleibt die Saar zwar deutsch, wird aber braun und stürzt mit dem Führer in den Abgrund. Erst zu diesem Zeitpunkt entsteht auch namentlich die politische Einheit Saarland, die mit einem Gebiet von 2500 Quadratkilometern und einer rückläufigen Bevölkerungszahl von rund einer Millionen Menschen seit 1957 kleinstes Fl |
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Burkart, Martin, Hexen und Hexenprozesse in Baden. Selbstverlag, Durmersheim 2009. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Burkart, Martin, Hexen und Hexenprozesse in Baden. Selbstverlag, Durmersheim 2009. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zutreffend weist der Verfasser in seinem kurzen Vorwort nach einem Zitat aus Wilhelm Soldans 1843 erschienener Geschichte der Hexenprozesse darauf hin, dass Hexen und Hexenprozesse seit jeher das Interesse einer größeren Öffentlichkeit geweckt haben. Dementsprechend ist in vielen Jahren eine umfangreiche Literatur erschienen, ohne dass alle Rätsel gelöst oder alle Lücken geschlossen wurden. Zur Verbesserung dieser Lage unternimmt er als historischer Außenseiter aus Interesse an Aufklärung den Versuch der Schließung einer Lücke für Baden.
Er gliedert sein daraus entstandenes Werk in elf Abschnitte. Nach einer Einleitung und einem Bericht über den bisherigen Forschungsstand wendet er sich der aus Ketzerei und Zauberei entstandenen neuen Lehre Hexerei zu, beschreibt den Inhalt und die Ausbreitung der Hexenlehre und geht dann besonders auf die Hexenverfolgung in der Markgrafschaft Baden ein. Danach sucht er nach den rechtlichen Grundlagen der Hexenprozesse und behandelt die Etappen und die Opfer der Hexenprozesse sowie die Kritik an den Hexenprozessen und das Ende der Hexenprozesse.
Am Schluss bietet er eine knappe Zusammenfassung seiner Ergebnisse. In diesem Zusammenhang hält er es für wahrscheinlich, dass Hexenprozesse in der Markgrafschaft Baden-Baden in hohem Maße zur Durchsetzung von Herrschaftsinteressen eingesetzt wurden. Im Anhang veröffentlicht er eine chronologische Liste aller (323) nachweisbaren Prozesse bezüglich Hexerei und Zauberei in der Markgrafschaft Baden, auf deren Grundlage seine Feststellung beruht, dass vom 15. bis zum 17. Jahrhundert und damit in etwa 200 bis 300 Jahren in Baden rund 350 bis 400 Menschen der Hexenverfolgung zum Opfer fielen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Busse, Felix, Deutsche Anwälte. Geschichte der deutschen Anwaltschaft 1945-2009 - Entwicklungen in West und Ost. Deutscher Anwalt-Verlag 2010. 677 S. Besprochen von André Depping. |
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Der ehemalige Präsident des Deutschen Anwaltvereins Felix Busse behandelt in diesem Werk die Geschichte seines Berufsstands von der „Stunde Null“ 1945 bis zur Gegenwart. Vier Jahrzehnte nach dem Buch Fritz Ostlers über „Die deutschen Rechtsanwälte 1871-1971“ gelingt es ihm aufgrund verbesserter Verfügbarkeit von Archivmaterial für die Nachkriegsentwicklung, insbesondere in der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik, einen neuen Forschungsstand zu etablieren und eine große Lücke zu schließen. Der Autor ist nicht nur Beobachter, sondern seit den 60er Jahren auch Teil der deutschen Anwaltsgeschichte, die er nicht zuletzt mit zahlreichen Artikeln zum Berufsrecht mit geprägt hat.
In Teil 1 des Werkes schildert der Autor den Neuaufbau der Anwaltschaft in den Westzonen 1945-1949. Es ging vor allem um Zulassungsfragen, wobei weniger die Entnazifizierung als der Wunsch nach Begrenzung der Anwaltschaft durch Landeskinderklauseln oder ähnliche Barrieren im Vordergrund stand. Über Einzelschicksale und Anwaltsalltag aus dieser Zeit erfährt man leider nichts.
Teil 2 verfolgt die Entwicklung der Anwaltschaft im Westen von 1949 bis 1990 weiter. Zentrale Themen sind Entstehung und Novellierungen der Bundesrechtsanwaltsordnung von 1959 sowie das Miteinander und Gegeneinander der als Ordnungshüter agierenden Anwaltskammern und der deutlich progressiveren Anwaltsvereine. Die sog. Bastille-Entscheidungen, mit denen das Bundesverfassungsgericht 1987 die Standesrichtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer kippte, bilden eine deutliche Zäsur. Sie ebneten den Weg für eine Neuordnung des Berufsrechts nach 1990 hin zu einem liberaleren Anwaltsbild, das den Anwalt vor allem als Dienstleister versteht. Diese jüngste Entwicklung, die geprägt ist vom |
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Butschek, Felix, Österreichische Wirtschaftsgeschichte - von der Antike bis zur Gegenwart. Böhlau, Wien 2011. XVI, 616 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
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Der in Brünn 1932 in einer deutschsprachigen Familie geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Graz 1954 promovierte, von 1955 bis 1962 im Bundesministerium Österreichs für Soziales und als Sekretär Bundespräsident Adolf Schärfs tätige Verfasser kam ab 1962 im österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung mit dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaftsgeschichte in Berührung. Mit der 1978 erschienenen Studie über die österreichische Wirtschaft 1938 bis 1945 wurde er an der Universität Wien habilitiert. Seitdem befasste er sich vom rechten Spektrum der Sozialdemokratie aus mit der österreichischen Wirtschaft im 20. Jahrhundert (1985), mit Europa und der industriellen Revolution (2002), mit der Industrialisierung (2004) oder mit dem Weg Österreichs vom Staatsvertrag zur Europäischen Union (2004).
Dem folgt nunmehr ein umfassender Zugriff auf die österreichische Wirtschaftsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, bei dem man unwillkürlich auch an das privilegium maius denken könnte, nach dem ja bereits Nero das kommende Österreich vorhersah. Tatsächlich wird man aber den sehr weiten Titel nicht zu ernst nehmen dürfen, da der Verfasser nach einem Überblick über die theoretische Basis und den entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund die Römer in Österreich übergeht, Völkerwanderung und karolingische Stabilisierung auf 6 Seiten durcheilt und nach der Epoche des Protokapitalismus sich bereits auf Seite 59 im Barock befindet. Kurz nach Maria Theresia und Joseph II. ist er dann in den vertrauten Gefilden der industriellen Revolution.
Danach wendet er sich dem Liberalismus, dem Weg in das silberne Zeitalter, dem ersten Weltkrieg, den Zwanzigerjahren der ersten Republik, der Weltwirtschaftskrise, der deutschen Okkupation, dem erfolgreichen Wiederaufbau, dem goldenen Zeita |
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Carl Schmitt Tagebücher 1930 bis 1934, hg. v. Schuller, Wolfgang in Zusammenarbeit mit Giesler, Gerd. Akademie, Berlin 2010. XII, 517 S., 10 Abb. Besprochen von Bernd Rüthers. |
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I. Quellenlage
Nach den Tagebüchern Schmitts von Oktober 1912 bis Februar 1915 und denen seiner Militärzeit von 1915 bis 1919 sowie dem „Glossarium“ mit den Aufzeichnungen von 1947 bis 1951 sind nun seine Tagebücher von 1930 bis 1934 erschienen, ediert von Wolfgang Schuller und Gerd Giesler.
Die Edition umfasst fünf „Haupttagebücher“ von 1930 bis 1934 (S. 3-333), einen Taschenkalender Schmitts vom 1. Januar bis zum September 1934 (S. 334-354) sowie drei „Parallel-Tagebücher“ (S. 355-454). Zur „Wahrheit“ und dem Quellenwert dieser Dokumente sowie ihrem komplizierten Verhältnis zueinander vergleiche man das editorische Vorwort und das Nachwort Wolfgang Schullers (S. VIIf. und 456.).
Im „Anhang“ findet der Leser u. a. ein informatives Nachwort des Herausgebers Schuller mit seiner Würdigung zur Politik und Person Carl Schmitts (S. 459-467); ferner den lesenswerten Entwurf der Ansprache Schmitts am „Begrüßungsabend der Juristischen Fachschaft am 31. Mai 1933“ in Berlin, in dem er von der „Verbrennung undeutscher Schriften vor unserer Kölner Universität“ am 17. Mai 1933 berichtet.
II. Inhalte
451 Seiten Tagebücher aus vier Jahren sind eine mühsame Lektüre, zumal die Inhalte auch den an Person und Werk des Autors interessierten Leser nicht unbedingt vom Stuhl reißen. Dazu tragen einige Stereotype bei der Schilderung des Tagesablaufes bei.
1. Die häufigsten sind „müde“ beim Erwachen und „todmüde“ beim zu Bett Gehen. Nur in den Tagen erhöhter politischer Anspannung oder Aktivitäten – etwa beim Reichsgerichtsprozess zum „Preußenschlag“ 1932, in den für ihn unsicheren Wochen um die „Machtübernahme“ sowie bei dem Beginn seiner NS-Karriere (Mitglied des Preußischen Staatsrates“) – verschwinden sie zeitweise.
2. Eine zweite Stereotype |
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Casemir, Kirstin/Menzel, Franziska/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch Teil 7 = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 53). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 298 S. 2 sw. Abb. 2 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Casemir, Kirstin/Menzel; Franziska/Ohainski, Uwe, Die Ortsnamen des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch Teil 7 = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 53). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2011. 298 S. 2 sw. Abb. 2 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das grundlegende Niedersächsische Ortsnamenbuch, dessen Bearbeitungsstand nunmehr leicht auf der äußeren Seite des hinteren Umschlagdeckels abgelesen werden kann, schreitet auf seinem doch ziemlich weiten Weg weiter erfreulich fort, nachdem im Jahre 2007 Südniedersachsen abgeschlossen werden konnte. Seitdem soll verstärkt der Nordharzvorraum bzw. das niedersächsische Bördevorland erfasst werden. Ein erster Zugriff hierauf war bereits 2003 in dem Band Die Ortsnamen des Landkreises Wolfenbüttel und der Stadt Salzgitter erfolgt.
Konzeptionelle Änderungen im Verhältnis zu den früheren Bänden waren angesichts ihrer guten Aufnahme in der Öffentlichkeit nicht erforderlich. So bedauerlich es ist, dass mit dem Jahre 1600 eine zeitliche Grenze für die Aufnahme eines Ortes gesetzt wurde, so sehr muss man die von den Verantwortlichen ins Feld geführten Gründe anerkennen. Zu Recht weisen die Verfasser daraufhin, dass das theoretisch Bessere leicht zum Feind des praktisch Guten werden kann.
Der neue, wieder mit ausführlichem Verzeichnis und Register gediegen ausgestattete Band beginnt bei dem um 1150 als Amulungthorpe in einem Werdener Urbar bezeugten Ahmstorf (Rennau). Er endet in durchschnittlicher Kürze bei dem flächenmäßig ziemlich großen Wolfsburg (1302 Wluesborch). Insgesamt werden 211 Ortsnamen behandelt, von denen vier Fünftel Bildungen mit einem - leider nur am Ende mit Bedeutungsangeben versehenen - Grundwort sind (z. B. acker, aha, apa, ard, au, beke, berg, burg, büttel, dal, dik, dorf 55, feld, hagen, hem, husen, hleo, hof, horst, hufe, kamp, kote, lage, leben, loh, ma |
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Čechura, Jaroslav, Kriminalita a každodennost v raném novověku. Jižní Čechy 1650-1770 [Kriminalität und Alltag in der früheren Neuzeit. Südböhmen 1650-1770]. Argo, Praha 2008. 367 S. Besprochen von Petr Kreuz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Čechura, Jaroslav, Kriminalita a každodennost v raném novověku. Jižní Čechy 1650-1770 [Kriminalität und Alltag in der früheren Neuzeit. Südböhmen 1650-1770]. Argo, Praha 2008. 367 S. Besprochen von Petr Kreuz.
Das Studium der Sozialgeschichte der Kriminalität, der Geschichte des Strafrechts und der Strafjustiz im ausgehenden Mittelalter und in der Frühen Neuzeit erfreut sich in der modernen tschechischen Historiographie einer relativ langen Tradition, die wenigstens in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückreicht. Die Aufmerksamkeit der Forscher im Gebiet der Geschichte frühneuzeitlicher Kriminalität konzentrierte sich aber bisher vor allem auf die städtische peinliche (Straf-)Gerichtsbarkeit und auf die Quellen vorwiegend städtischer Herkunft, gegebenenfalls auf das Schriftgut des Prager Appellationsgerichts. Erst in den letzten zwei Dezennien tauchten bei uns Forscher auf, die begonnen haben, die Kriminalität auf den frühneuzeitlichen Domänen und in den patrimonialen Städten auf der Grundlage des Schriftguts patrimonialer Provenienz zu untersuchen (Pavel Himl, Pavel Matlas). Es ist kein Zufall, dass diese Forscher bei der Bearbeitung des genannten Themas vorwiegend das Schriftgut der ausgedehnten adeligen Dominien im Süden Böhmens nutzen, das gegenwärtig vorwiegend im Staatlichen Regionalarchiv in Třeboň (Wittingau) aufbewahrt wird.
Inzwischen ist der letzte Historiker, der sich umfassend und systematisch mit dem Thema der Kriminalität in Südböhmen in der frühen Neuzeit anhand des aus der Tätigkeit der patrimonialen Städte und Patrimonien hervorgegangenen Schriftguts beschäftigte, der hervorragende Kenner der Geschichte Böhmens in dieser Periode Jaroslav Čechura. Die Geschichte der Kriminalität ist für den genannten Forscher kein neues Thema. Er streift es am Rande schon in vielen früheren Publikationen, vor allem in seinen den böhmischen Bauernaufständen des Jahres 1680 gewidmeten Arbeiten. |
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Cavallar, Georg, Imperfect Cosmopolis - Studies in the History of International Legal Theory and Cosmopolitan Ideas (= Political Philosophy NOW). University of Wales Press, Cardiff 2011. VIII, 209 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Cavallar, Georg, Imperfect Cosmopolis - Studies in the History of International Legal Theory and Cosmopolitan Ideas (= Political Philosophy NOW). University of Wales Press, Cardiff 2011. VIII, 209 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser ist Lehrer am Bundesgymnasium Wien 9 und Lehrbeauftragter am Institut für Philosophie in der Lehrerbildung und Lehrerinnenbildung und im Europalehrgang der Universität Wien. Er ist insbesondere philosophisch ausgewiesen und hat etwa 1992 unter dem Titel Pax Kantiana eine systematisch-historische Untersuchung des Entwurfs „Zum ewigen Frieden“ (1795) von Immanuel Kant und 2002 ein Werk mit dem Titel The Rights of Strangers. Theories of international hospitality, the global community and political justice since Vitoria. Ashgate, Aldershot 2002. VIII, 421 S. vorgelegt. Dem folgte 2006 eine Untersuchung der Europäischen Union als einem Wegstück von der Utopie zur Friedens- und Wertegemeinschaft.
Sein neues, ebenfalls englisch verfasstes und in England verlegtes Werk befasst sich mit der unvollkommenen Natur kosmopolitischer Überlegungen ausgewählter Verfasser in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit. Nach einer kurzen Einleitung beginnt es mit Vitoria, Grotius, Pufendorf, Wolff und Vattel, denen gegenüber der Verfasser die Frage stellt, ob sie geistige Teilnehmer der europäischen Kolonisierung oder wahre Anhänger kosmopolitischer Gedankengänge waren. Von hier aus wendet sich der Verfasser der britischen Aufklärung zu, die er als Sieg kommerzieller Bestrebungen einordnet. Kant sieht er demgegenüber als Vertreter vertraglicher Vorstellungen an.
Bereits für das Ende des 18. Jahrhunderts ermittelt er die Idee einer Einheit Europa. Eine weltweite Gemeinschaft findet er dabei in Werken Pufendorfs, Vattels, Bluntschlis und Verdross`. Am Ende bietet er Schlussfolgerungen, Fußnoten, eine Bibliographie und einen Index, während eine deutsche Zusammenfassung für die deutschsprachige Lesersch |
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Československé právo a právní věda v meziválečném období (1918-1938) a jejich místo ve střední Evropě [Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938) und deren Platz in Mitteleuropa], 2 Bände, hg. v. Malý, Karel/Soukup, Ladislav,. Univerzita Karlova v Praze: Nakladatelství Karolinum 2010. 1177 S. Besprochen von Inge Bily. |
Ganzen Eintrag anzeigen Československé právo a právní věda v meziválečném období (1918-1938) a jejich místo ve střední Evropě [Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938) und deren Platz in Mitteleuropa], 2 Bände, hg. v. Malý, Karel/Soukup, Ladislav,. Univerzita Karlova v Praze: Nakladatelství Karolinum 2010. 1177 S. Besprochen von Inge Bily.
Die beiden Bände fassen die Beiträge des Forschungsprojektes zum Thema „Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938)[1] und deren Platz in Mitteleuropa“ zusammen. Thematisch bilden diese Materialien das Bindeglied zwischen bereits vorliegenden Publikationen, die ebenfalls als Ergebnisse entsprechender Projektarbeiten entstanden sind. Das betrifft zum einen die Zeit vor 1918[2] und zum anderen den Zeitraum zwischen 1945 und 1989[3].
Das umfangreiche doppelbändige Werk enthält 32 Aufsätze, die 6 thematischen Schwerpunkten zugeordnet sind. In einer eigenen Gruppe sind abschließend 5 weitere Beiträge zusammengefasst. Allen gemeinsam ist die Präsentation auf einer Konferenz im Jahre 2008.
Den Aufsätzen vorangestellt ist ein Vorwort von Karel Malý, dem Leiter des Projektes, u. a. mit Ausführungen zur Bedeutung der erzielten und hier zusammengefassten Ergebnisse (S. 7-8).
Der erste und gleichzeitig umfangreichste Themenkomplex beschäftigt sich mit der Rechtswissenschaft in der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (S. 11-318). Hier äußern sich 9 Autoren zu unterschiedlichen Schwerpunkten des gestellten Rahmenthemas. Den Beginn machen Ausführungen zu allgemeinen Fragestellungen sowie zur Rechtswissenschaft an unterschiedlichen Standorten im untersuchten Zeitraum. So wendet sich Karel Malý der Pflege der Rechtsgeschichte in der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit zu (S. 11-33). Anschließend beleuchtet Jaroslav Pánek die veränderte Sicht auf die Ständemonarchie in der Geschichtsschreibung |
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Chauvard, Jean-François, La circulation des biens à Venise. Stratégies patrimoniales et marché immobilier (1600-1750) (= Bibliothèque des Écoles françaises d’Athènes et de Rome 323). École française de Rome, Rom 2005. X, 630 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Chauvard, Jean-François, La circulation des biens à Venise. Stratégies patrimoniales et marché immobilier (1600-1750) (= Bibliothèque des Écoles françaises d’Athènes et de Rome 323). École française de Rome, Rom 2005. X, 630 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Venedig entsteht innerhalb vorgelagerter Lagunen am Nordende der Adria wohl auf Grund schon römischer Anfänge seit dem Einbruch der Langobarden nach Oberitalien (568 n. Chr.). Im 13. Jahrhundert wird es Seehandelsgroßmacht, wobei 1338 etwa 110000 Einwohner sich engsten Raum zwischen den umgebenden Wasserflächen teilen müssen. Von daher ist das Grundstücksrecht Venedigs von besonderem Reiz.
Der Verfasser hat sich dieser interessanten Aufgabe an Hand ungedruckter wie gedruckter Quellen in seiner im Januar 2000 abgeschlossenen Promotion gewidmet. Wichtigste Grundalge seiner akribischen Untersuchung sind die Dieci Savi alle decime) von Rialto. Besonderer Bedeutung kommt dabei den Jahren 1514, 1537, 1566, 1582, 1661, 1771 uns 1740 zu, die eine lange Reihe von Beobachtungen ermöglichen.
Der Verfasser beginnt den ersten Teil seiner Untersuchung mit der Beschreibung des städtischen Raumes und der Eigentumsstrukturen und geht von dort aus zu den rechtlichen Rahmenbedingungen über. Im zweiten Teil behandelt er die Grundstückswirtschaft an Hand zahlreicher statistischer Tabellen und graphischer Darstellungen und beschreibt etwa sehr sorgfältig die Regeln der Preisbildung und die auf dem Markt vorhandenen Möglichkeiten, im dritten Teil die Vermögensstrategien. Insgesamt gelangt er dabei zu überzeugenden Differenzierungen innerhalb eines wichtigen, in ganz Europa gut bekannten Marktes, die parallele Untersuchungen für vergleichbare Märkte beflügeln könnten und sollten.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Claeys, Gregory, Ideale Welten. Die Geschichte der Utopie, aus dem Englischen von Hinrichs, Raymond/Model, Andreas. Theiss, Stuttgart 2011. 224 S., 150 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Claeys, Gregory, Ideale Welten. Die Geschichte der Utopie, aus dem Englischen von Hinrichs, Raymond/Model, Andreas. Theiss, Stuttgart 2011. 224 S., 150 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Beeinflusst von der Entdeckung der neuen Welt durch Christoph Kolumbus veröffentlichte der mit Erasmus von Rotterdam befreundete englische Jurist und Parlamentarier Thomas Morus in Löwen 1516 in lateinischer Sprache eine zeitkritische Beschreibung eines idealen Staates in der Form eines in die Erzählungen eines Seemanns eingebetteten Dialogs, aus der sich das Genre der Sozialutopie entwickelte. Mit ihr hat sich der von 1981 bis 1987 in Hannover lehrende Londoner Professor für die Geschichte des politischen Denkens seit langem befasst und dabei eine vierzig Bände enthaltende Sammlung von Primärquellen zum Thema herausgegeben. Nunmehr legt er eine reich bebilderte allgemeinere Geschichte der Utopie insgesamt vor.
Sie nimmt die utopische Idee, die utopische Literatur und einzelne bestimmte Versuche, bessere Gemeinschaften zu gründen, in den Blick. Dementsprechend beginnt sie nach einer allgemeinen Einleitung in die Suche nach Utopia mit der klassischen Zeit und ihren Mythen und idealen Verfassungen. In diesem Zusammenhang greift Claeys bis zum Gilgamesch-Epos zurück.
Rasch gelangt er aber über das Christentum und außereuropäische Visionen der idealen Gesellschaft zu Thomas Morus, der Entdeckung der neuen Welt, Defoe und Gullivers Reisen. Eingebunden werden Revolution, Sozialismus, Rationalismus und Totalitarismus ebenso wie Hippies und Science Fiction. Am Ende vieler Überlegungen und Veranschaulichungen steht freilich die Feststellung des Verfassers, dass unsere ideale Welt von uns selbst geschaffen werden und eine ernsthafte Abrechnung mit dem Schicksal sein muss, dem wir hilflos gegenüberstehen, wenn wir versäumen, es zu erschaffen - so dass der vielfach versuchte verlockende Weg nach Utopia trotz dieser sachkundigen Hilfestellung auc |
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Collard, Franck, The Crime of Poison in the Middle Ages, übers. v. Nelson-Campbell, Deborah. Westport, Conn. and London: Praeger, 2008, xviii, 293 S.. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Collard, Franck, The Crime of Poison in the Middle Ages, übersetzt v. Nelson-Campbell, Deborah. Praeger, Westport/Connecticut 2008, VVIII, 293 S.. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser ist Professor für mittelalterliche Geschichte der Universität Paris X Nanterre und hat neben zahlreichen Artikeln 1999 das Werk Pouvoirs et culture politique dans la France médiévale und 2007 den Band Histoire d’un crime politique de l’Antiquité à nos jours vorgelegt. Sein weiteres Werk, das zunächst in seiner Muttersprache unter dem Titel Le crime de poison au moyen âge (2003) veröffentlicht wurde, hat in der Übersetzung durch Deborah Nelson-Campbell, Professorin für französische Studien an der Rice University seit 1974, das Interesse einer sehr sachkundigen Rezensentin gefunden. Da auf Grund unbekannter Umstände die Lieferung eines Rezensionsexemplars aber nicht möglich war, muss der Herausgeber wenigstens in wenigen Zeilen auf den Titel hinweisen.
Gegliedert ist das Werk in insgesamt sechs Abschnitte. Zunächst befasst sich der Autor mit der Giftbeibringung in den verschiedenen Quellen und weist besonders auf die Schwierigkeit der Quantifizierung des Vorkommens hin, um sich dann dem Gift als einzigartigem Werkzeug zuzuwenden. Danach stellt er soziologische Überlegungen an und fragt etwa nach dem Anteil der Frauen oder dem Vorkommen innerhalb von Familien, um danach auf dieser Grundlage zu Bewertung (abominable crime), Verfolgung Bestrafung und übergeordneten Gegebenheiten überzugehen.
Im Ergebnis hält er die Giftbeibringung wegen ihrer Besonderheiten für ungewöhnlich interessant (fascinating). Die ohne Blutvergießen erfolgende Giftbeibringung erweist sich als auffallender, verachteter Gegensatz zum „noble act of homicide“. In der Frühzeit wenig bezeugt, tritt sie im späteren Mittelalter an beachtlich vielen Stellen hervor, für die der Verfasser am Ende seine wichtigsten Grundlagen ebenso aufführt wie eine Bibliographie ausgewählter L |
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Compensation of Private Losses. The Evolution of Torts in European Business Law, hg. v. Schulze, Reiner. Sellier, München 2011. XI, 245 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Compensation of Private Losses. The Evolution of Torts in European Business Law, hg. v. Schulze, Reiner. Sellier, München 2011. XI, 245 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Europäisierung Europas tendiert trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten auch das Recht zu Vereinheitlichung und bzw. oder zur Angleichung. Dem stehen viele traditionale partikulare Kräfte gegenüber. Deswegen ist eine Veränderung anscheinend nur in kleinen Schritten möglich, die zudem nur vorschlagsweise und ohne formale Entscheidungskompetenz vorgebracht werden können.
Zu diesem Zweck hat sich auch ein Arbeitskreis (Round Table) New Challenges in European Private Law gebildet. Bei seiner zweiten Tagung hat er sich mit der Entwicklung der unerlaubten Handlungen im europäischen Unternehmensrecht befasst. Der vorliegende, von Reinhard Pöllath besonders unterstützte Band enthält die 16 von Wissenschaftlern aus Münster, Osnabrück, Rotterdam, Ferrara, Bonn, Zürich, Hamburg, Manchester, Marburg, Innsbruck, Breslau, Bielefeld und Hannover überwiegend in englischer Sprache erstatteten Referate.
Sie sind insgesamt in fünf Abteilungen gegliedert. Diese betreffen allgemeine Aspekte des europäischen Rechts der unerlaubten Handlungen, besondere Sachgebiete des europäischen Rechts der unerlaubten Handlungen (Produkthaftung, Immaterialgüterrecht, Kundgabefehler, unlauterer Wettbewerb, Personenbeförderungs- und Reiserecht), das Verhältnis von privaten und öffentlichen Durchsetzungsstrategien, benachbarte Rechtsgebiete (Vertragsrecht, Versicherungsrecht) und Rahmenüberlegungen. Dabei werden sowohl allgemeine Grundsätze gesucht wie auch Überlegungen vorgetragen, warum eigentlich (in einer Europäischen Union) eines sich für alle schicken sollte - so dass der Leser die verschiedensten Gedanken führender, vor allem deutschsprachiger Privatrechtler zur weiteren Zukunft des wichtigen und interessanten Rechts der unerlaubten Handlungen in Europa finden und aufgreife |
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Concordantia in Aratoris subdiaconi historiam Apostolicam, curavit Wacht, Manfred (= Alpha-Omega Reihe A Lexika, Indizes, Konkordanzen zur klassischen Philologie 253). Olms, Hildesheim 2009. VII, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Concordantia in Aratoris subdiaconi historiam Apostolicam, curavit Wacht, Manfred (= Alpha-Omega Reihe A Lexika, Indizes, Konkordanzen zur klassischen Philologie 253). Olms, Hildesheim 2009. VII, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Bedeutung des antiken Lateins für die Kulturgeschichte der Menschheit ist so groß und seine gesamte, bisher bekannte Überlieferung so überschaubar, dass es nicht nur möglich ist, in langen Jahren einen umfassenden Thesaurus linguae Latinae anzugehen und vorwärts zu bringen, sondern es im digitalen Zeitalter auch gelingen könnte, alle Texte elektronisch zu erfassen und durch eine Konkordanz zu erschließen. Ein weiterer Schritt auf diesem mühsamen, aber doch auch verheißungsvollen Weg ist der vorliegende Band. Er betrifft den aus Ligurien im Nordwesten Italiens kommenden, nach dem Studium in Mailand um 536 n. Chr. an den ostgotischen Hof in Ravenna wechselnden, von Papst Vigilius zum Subdiakon erhobenen stadtrömischen Kleriker Arator, der in zwei Büchern die Apostelgeschichte paraphrasierte.
Die Konkordanz legt die Ausgabe Aratoris Subdiaconi Historia Apostolica, hg. v. Orbán, A. (Corpus Christianorum, Series Latina 120, 1 (2006) zu Grunde und erfasst neben der epischen Paraphrase auch die elegischen Distichen der Widmungsepisteln ad Florianum, ad Vigilium und Parthenium, nicht dagegen die als nicht authentisch geltenden Prosasummarien. Sie ist lemmatisiert. Die im Text vorkommenden Wortformen sind unter dem jeweiligen Lexem in Textausschnitten von gut zwei Versen mit den Folgewörtern alphabetisch sortiert.
Nach Ausweis des Frequenzwörterbuchs beträgt die Gesamtzahl der Wörter 16793, werden qui (4210 Belege), que (2537) und esse (2031) am häufigsten verwendet und sind unter den 2859 Lexemen 1021 Substantive (z. B. ius mit 34 Belegen, darunter ius poli, ius apostolicum, ius omne und ius proprium), 921 Verben und 501 Adjektive bezeugt. Dem Bearbeiter ist für seine Mühe sehr zu danken. Möge sein |
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Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19thCentury. Sources on the Rise of Modern Constitutionalism, Europe Volume 7 - Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus, hg. v. Dippel, Horst, Europa Band 7, Constitutional Documents of Belgium, Luxembourg and the Netherlands 1789-1848 - Verfassungsdokumente Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande 1789-1848, hg. v. Stevens, Fred/Poiri |
Ganzen Eintrag anzeigen Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19thCentury. Sources on the Rise of Modern Constitutionalism, Europe Volume 7 - Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus, hg. v. Dippel, Horst, Europa Band 7, Constitutional Documents of Belgium, Luxembourg and the Netherlands 1789-1848 - Verfassungsdokumente Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande 1789-1848, hg. v. Stevens, Fred/Poirier, Philippe/Van den Berg, Peter A. J. Saur, München 2008. 681 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit der von George Mason (1725-1792) entworfenen und am 12. Juni 1776 vom Konvent der nach Unabhängigkeit strebenden englischen Kolonie Virginia verabschiedeten Menschenrechtserklärung ist die Verfassungsgeschichte in das Zeitalter der formellen Verfassung eingetreten, in dem nur noch Großbritannien den früheren Zustand der nur materiellen Verfassung bewahrt und einstweilen auch noch zu bewahren versucht. In besonderen Urkunden werden seitdem die wichtigsten Rechte allgemein aus der unübersehbaren Vielzahl rechtlicher Normen herausgehoben. Die Kürze wie das Gewicht der betreffenden Dokumente hat sie in der jüngeren Vergangenheit zum bevorzugten Gegenstand besonderer Sammlungen gemacht.
Zu den herausragenden Vertretern dieses Dokumentationsinteresses zählt der in Düren 1942 geborene, nach dem Studium von mittlerer und neuerer Geschichte, politischer Wissenschaft und Philosophie mit dem Schwerpunkt auf der angloamerikanischen Geschichte 1970 in Köln promovierte, 1980 in Hamburg habilitierte und 1992 an die Universität Kassel berufene Historiker Horst Dippel. Er hat sich besonders der frühen Verfassungen angenommen, weil ihn die Entstehung des modernen Konstitutionalismus besonders beschäftigt. Im Gegensatz zu dieser zeitlichen Einschränkung hat er jedoch eine räumliche Erweiterung auf die gesamte Welt vorgenommen und ein weltweit tätig |
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Content and Meaning of National Law in the Context of Transnational Law, hg. v. Snijders, Henk/Vogenauer, Stefan. Sellier, München 2009. XII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Content and Meaning of National Law in the Context of Transnational Law, hg. v. Snijders, Henk/Vogenauer, Stefan. Sellier, München 2009. XII, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Angesichts der fortschreitenden Globalisierung werden die Beziehungen zwischen nationalem Recht und transnationalem Recht zunehmend bedeutsamer. Deswegen ist es sehr zu begrüßen, dass sich die Wissenschaft dieser Thematik mit wachsendem Interesse annimmt und beispielsweise die Rechtsfakultäten der Universitäten Oxford und Leiden dazu in Leiden vom 25. bis 27. September eine eigene internationale Tagung abgehalten haben. Deren Beiträge veröffentlichen die Herausgeber ziemlich zeitnah im vorliegenden schmalen, ohne ein besonderes Sachregister veröffentlichten Band.
Nach einer allgemeinen Einführung der Herausgeber vereint er insgesamt 12 detaillierte Studien. Sie beginnen mit einigen von Evert Alkema angesprochenen Verfahrensweisen und Verfassungsfragen der Verbindung internationalen Rechts mit jeweiliger nationalstaatlicher Rechtsordnung und enden mit der Untersuchung des White Paper on Damages Actions for Breach of the EC Antitrust Rules durch Erik-Jan Zipro. Dazwischen werden vor allem der Einfluss der europäischen Konventionen auf die Auslegung des nationalen Rechts, des Rechts der Europäischen Union und das soft transnational law erörtert.
Insgesamt zeigt dieser Überblick über verschiedene Arten transnationalen Rechtes und ihre unterschiedlichen Einflüsse auf das nationale Recht exemplarisch die bedeutende Wirkung des transnationalen Rechts auf das nationale Recht in der Europäischen Union und im Europarat. Darüber hinaus werden auch die verschiedenen Arten der Anwendung und Auslegung nationalen Rechts infolge Berücksichtigung transnationalen Rechts durch Gesetzgeber und Gerichte deutlich. Dadurch werden Fragen modernster Entwicklungen in Zivilprozessrecht, Vertragsrecht, Gesellschaftsrecht und Wettbewerbsrecht in einnehmender Weise dargestellt |
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Contracts for a Third-Party Beneficiary. A Historical and Comparative Account, hg. v. Hallebeek, Jan/Dondorp, Harry (= Legal History Library 1). Brill , Leiden 2008. VIII, 171 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
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Der Vertrag zugunsten Dritter verdankt seine endgültige Anerkennung im modernen Recht den neueren kontinentalen Zivilrechtskodifikationen. Auch im englischen Common Law erlangte diese Rechtsfigur erst im Jahre 1999 dank einer spezifischen gesetzlichen Regelung Akzeptanz. Den historischen und rechtsvergleichenden Aspekten dieser Entwicklung ist der vorliegende Sammelband gewidmet. Er ordnet sich in die reiche Literatur ein, die zu diesem Thema in den letzten Jahren bereits erschienen ist. Erwähnt seien hier J. Hallebeek, Contracts for a third-party beneficiary: a brief sketch from the Corpus Iuris to present-day civil law, in: Fundamina (University of South Africa), 2007, Bd. 13, no. 2, S. 12-32 und, vor allem, Eltjo J. H. Schrage (Ed.), Ius quaesitum tertio. (Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History Bd. 26), Berlin 2008 (siehe hier, gerade aus der Feder der Herausgeber unseres Bandes, J. Hallebeek, Ius quaesitum tertio in medieval Roman law, S. 61-107; H. Dondorp, Ius quaesitum tertio in medieval Canon law, S. 109-133). Das hier angezeigte Buch hat bereits eine sehr positive Stellungnahme von W. Swain, in: Edinburgh Law Review Bd. 13 (2009), S. 350-351 erfahren. Einiges sei nun zu Struktur und Inhalt des Sammelbandes mitgeteilt. Er besteht aus einer Einleitung und sieben Kapiteln. Aus der Feder des ersten Herausgebers Jan Hallebeek, Professor für Europäische Rechtsgeschichte an der Freien Universität Amsterdam, stammen die Einführung (S. 1-5) und die ersten zwei Kapitel. Im ersten Kapitel (S. 7-20) werden die römisch-rechtlichen Hintergründe des Themas geschildert. Im Vordergrund steht hier das Festhalten der römischen Quellen am Grundsatz „alteri stipulari nemo potest“ (I. Roman Law; 1.1 introduction; 1. |
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Conze, Eckart/Frei, Norbert/Hayes, Peter/Zimmermann, Moshe, Das Amt und die Vergangenheit - Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Blessing, München 2010. 879 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
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Interessant bis skurril ist zunächst die Entstehungsgeschichte des Buches. 2003 war in der Hauszeitung des Auswärtigen Amtes ein ehrender Nachruf für den früheren Generalkonsul Franz Nüßlein erschienen, der vor 1945 als Oberstaatsanwalt und NSDAP-Mitglied im besetzten Böhmen und Mähren an zahlreichen Verfahren beteiligt war. Das erregte öffentliches Aufsehen und es entfachte zunächst im Auswärtigen Amt, dann in den Medien eine „Nachrufdebatte“.
Im Einvernehmen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder verfügte Außenminister Joseph (Joschka) Fischer 2004, dass alle ehemaligen Mitglieder der NSDAP fortan keinen ehrenden Nachruf mehr in der Mitarbeiterzeitung des Amtes erhalten sollten. Dagegen erhob sich öffentlicher Protest von im aktiven Dienst des Auswärtigen Amtes stehenden Diplomaten. Es war der bisher einzige öffentliche Aufstand pensionierter und auch aktiver Diplomaten in der Geschichte des Auswärtigen Amtes. Von den Regeln der neuen Nachrufpraxis waren auch Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher (beide im Dritten Reich Mitglieder der NSDAP), zwei ehemalige Außenminister der sozial-liberalen sowie der christlich-liberalen Regierungskoalition, betroffen. Sie würden nach ihrem Tode keinen Nachruf erhalten können.
Zu seiner Rechtfertigung setzte Joschka Fischer im Juli 2005 eine „Unabhängige Historikerkommission“ ein, die in drei bis fünf Jahren die Geschichte des Auswärtigen Dienstes in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik Deutschland untersuchen sollte. Ihr gehörten die Deutschen Eckart Conze, Norbert Frei und Klaus Hildebrand, der allerdings wegen Krankheit ausscheiden musste, der Amerikaner Peter Hayes (Illinois) und der in Jerusalem lehrenden Moshe Zimmermann an. Ihnen st |
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Cuadernos de Historia del Derecho, hg. v. Departamento de Historia del Derecho y de las Instituciones, Bd. 16. Servicio de publicaciones Universidad Complutense, Madrid 2009. 395 S. Besprochen von Thomas Gergen. |
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Das rechtsgeschichtliche Institut der Universität Complutense von Madrid gibt bereits seit 1994 die Jahrbücher für Rechtsgeschichte heraus, von denen im Rezensionsteil dieser Zeitschrift bereits in regelmäßiger Folge Bände besprochen wurden[1]. Anzeigungswürdig sind auch die Beiträge des mittlerweile sechzehnten Bandes, der viele Aspekte der Rechtsgeschichte mit Schwerpunkt auf der iberischen Halbinsel bietet.
Der Beitrag von Cristina Amich Elías hat zum Ziel, das Gesetz über die Strafjustiz von Jugendlichen und Heranwachsenden sowie die ergänzende Gesetzgebung für straffällig gewordene Jugendliche (jünger als 16 Jahre) zu beleuchten. Ferner beschäftigt er sich mit der Behandlung von straffällig gewordenen „Heranwachsenden“ (16-21 Jahre). Dieses Regelwerk wird im gesellschaftspolitischen Umfeld der Franco-Diktatur gewürdigt. Dazu gehören Überlegungen zur Entwicklung von Lehren des Strafrechts und der Kriminologie hinsichtlich des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen. Um das typisch „Franquistische“ herauszuarbeiten, zeichnet die Verfasserin die Entwicklungen dieses Regelungsbereiches von Anfang an gut nach[2].
Ignacio Cremades Ugarte schreibt über die nationalistisch geprägte Gegenutopie von Baroja, der Republik von Bidasoa. In der Utopiegeschichte bildet das klassische Modell die gegen-utopische Konstruktion der rabelesianischen Abtei von Théleme mit ihrer diametral entgegengesetzten Regel zu den anderen Orden, die Gargantúa ihr auftrug. Diese Gegen-Utopie, eine der größten Utopien der Geschichte überhaupt, entstammt ursprünglich dem Benediktinerkonvent. Sie sei eine schwierige, wenn nicht sogar eine auf Erden gar nicht umzusetzende Utopie. Die von Baroja konzipierte Republik von Bidasoa erscheint als d |