3181 | Ius (N.) reformandi ist im neuzeitlichen Heiligen römischen Reich das Recht des Landesherrn bzw. Staates, die Religionsangelegenheiten rechtlich zu gestalten. Es wird im Frieden von Münster und Osnabrück 1648 ausdrücklich anerkannt. Seit dem 19. Jh. wird es eingeschränkt. Lit.: Bonin, B. v., Die praktische Bedeutung des ius reformandi, 1902; Erler, A., Kirchenrecht, 5. A. 1983 |
3182 | Ius (N.) respondendi (lat.) ist das vom Prinzeps Augustus (27 v. Chr.-14 n. Chr.) einzelnen Rechtskundigen des römischen Rechtes verliehene Recht, in seinem Namen auf Anfragen zu antworten. |
3183 | Ius (N.) reservatum (lat.) ist in der frühen Neuzeit das (dem Kaiser) vorbehaltene Recht (z. B. Gesetzesinitiative im Reichstag, Adels-verleihung) im Gegensatz zu dem nur gemeinsam mit dem Reichstag ausübbaren ius comitiale. Für das (lat.) ius reservatum limitatum (eingeschränktes Reservatrecht) bedarf der Kaiser der Zustimmung der Kur-fürsten (z. B. Verhängung der Reichsacht, Einberufung des Reichstags, Erteilung von Münzrechten oder Zollrechten). Aus den Rechten des Monarchen wird im 19. Jh. die Prärogative der Krone. Lit.: Pratje, J., Die kaiserlichen Reservatrechte, Diss. jur. Erlangen 1957 (masch.schr.) |
3184 | Ius Romanum allegans fundatam habet intentionem (lat.). Wer sich auf römisches Recht beruft, hat eine brauchbare Klagegrundlage. Lit.: Wiegand, W., Studien zur Rechtsanwendungslehre, 1977, 1; Liebs, D., Lateinische Rechtsregeln, 7. A. 2007 |
3185 | Ius (N.) spolii (lat.), Spolienrecht, ist der frühere Anspruch des Staates auf das bewegliche Vermögen verstorbener kirchlicher Würdenträger. Lit.: Prochnow, F., Das Spolienrecht, 1919; Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972 |
3186 | ius (N.) strictum (lat.) strenges Recht, das durch (lat. [F.]) aequitas gemildert werden kann |
3187 | ius (N.) terrae →Landrecht |
3188 | ius (N.) territorii et superioritatis (lat.) Landeshoheit |
3189 | Ius (N.) teutonicum (lat.) ist im Mittelalter (12./13. Jh.) das deutsche Recht als ein deutschen Siedlern von slawischen Fürsten gewährtes freieres Grundbesitzrecht im Osten. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Kötzschke, R., Die Anfänge des deutschen Rechtes, Ber. ü. d. Verh. d. sächs. Akad. d. Wiss. Leipzig phil.-hist. Kl. 93 1941, H. 2 |
3190 | Ius (N.) tollendi (lat.) ist im römischen Recht das Wegnahmerecht (z. B. des im Rechtsstreit unterlegenen Besitzers bezüglich nicht zu ersetzender, abtrennbarer Aufwendungen). Lit.: Kaser §§ 26, 27 |
3191 | Ius (N.) transitus (lat.) ist das Durchzugsrecht durch fremdes Staatsgebiet zu →Enklaven. |
3192 | Ius (N.) utrumque (lat.) ist seit dem 12. Jh. eine Bezeichnung für das (lat.) ius (N.) canonicum und das (lat.) ius (N.) civile. Beide Rechte lehrt vielleicht als erster Bazianus (1197) in Bologna. Seit der Neuzeit betrifft das juristische Studium regelmäßig beide Rechte (→[lat.] doctor [M.] iuris utriusque), doch schwindet das kanonische (kirchliche) Recht an den huristischen Fakultäten im 20. Jahrhundert weitgehend. Lit.: Trusen, W., Anfänge des gelehrten Rechtes in Deutschland, 1962; Utrumque ius, hg. v. Schrage, E., 1992 |
3193 | Ius (N.) vitae necisque (lat.) ist im römischen Recht das Recht des Herrn über Leben und Tod eines Menschen (z. B. lat. [M.] servus, untreue Ehefrau). Lit.: Kaser § 12, 58, 60; Söllner §§ 5, 8 |
3194 | iusiurandum ([lat.] N.) Eid |
3195 | iussum (lat. [N.]) Geheiß (z. B. an einen Gewaltunterworfenen auf Erwerb einer Sache), Ermächtigung (z. B. an den Geschäftspartner eines Gewaltunterworfenen) |
3196 | Iusta causa (lat. [F.]) ist im römischen Recht der anerkannte Zuwendungszweck (z. B. Kauf, Mitgift) für die Übergabe (lat. traditio [F.]) einer Sache. Fehlt die i. c., kann kein Eigentum übertragen werden. Lit.: Kaser § 24 IV; Söllner § 8; Köbler, DRG 40 |
3197 | Iustitia (lat. [F.]) ist die Gerechtigkeit. Lit.: Köbler, DRG 30; Kissel, O., Die Justitia, 1984, 2. A. 1997; Degen, B., Justitita ist eine Frau, 2008; Ostwaldt, L., Aequitas und Justitia, 2009; Schmoeckel, M., Die Jugend der Justitia, 2013 |
3198 | Iustitia est constans et perpetua voluntas suum cuique tribuendi (lat.). Gerechtigkeit ist der stetige und fortdauernde Wille, jedem das Seine zu geben. Lit.: Liebs, D., Lateinische Rechtsregeln, 7. A. 2007, 106, Nr. 195 (Pseudoulpian, 3./4. Jh., Institutionen 1, 1, pr.) |
3199 | Iustum bellum (lat. [N.]) ist der →gerechte Krieg. |
3200 | Iustum pretium (lat. [N.]) ist im römischen Recht der gerechte Preis. Im spätantiken römischen Recht (Ende 3. Jh.s, C. 4. 44. 2, C. 4. 44. 8) kann in klarem Gegensatz zu den spätklassischen Rechtskundigen der Verkäufer einer Sache den Kaufvertrag anfechten und gegen Rückzahlung des Preises die Rückgabe der Sache verlangen, wenn der Preis geringer ist als die Hälfte des Wertes und der Käufer nicht den auf den gerechten Preis fehlenden Betrag nachzahlt (lat. laesio [F.] enormis). Allerdings ist das i. p. schwer zu bestimmen. 1234 übernimmt die Kirche die spätantike Lehre vom i. p. Christian Thomasius bezweifelt die Möglichkeit eines gerechten Preises. Im 19. Jh. wird die noch im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch Österreichs (1811/1812) bejahte Vorstellung des i. p. durch den Liberalismus wieder zurückgedrängt. Schützend wirken § 138 BGB (Sittenwidrigkeit, 1900) und Verbraucherschutz-bestimmungen am Ende des 20. Jh.s. Lit.: Köbler, DRG 64; Baldwin, J., The medieval theories of the just price, 1959; Ruland, L., Die moraltheologische Lehre vom gerechten Preis, 2. A. 1951; Otte, G., Das Privatrecht bei Francisco de Vitoria, 1964; Trusen, W., Äquivalenzprinzip und gerechter Preis im Spätmittelalter, FS G. Küchenhoff, 1967, 247; Der gerechte Preis, 1982; Marazzi, L., Das iustum pretium, 1999; Becker, C., DIe Lehre von der laesio enormis, 1993; Göttlicher, D., Iustum pretium und Vertragsgerechtigkeit, 2004 |