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#ZIEL
2361Gerechtigkeit ist das zeitlos gültige Maß richtigen Verhaltens. Bereits Aristoteles (384-322 v. Chr.) unterscheidet die ausgleichende G. (lat. iustitia [F.] commutativa) zwischen den Einzelnen und die austeilende G. (lat. iustitia [F.] distributiva) zwischen Allgemeinheit und Einzelnen. Ulpian (170-223) erklärt die G. (lat. [F.] iustitia) als den ständigen Willen, jedem sein Recht dadurch zu gewähren, dass man ehrbar lebt, den anderen nicht verletzt und jedem das Seine gibt. Das Christentum bestimmt die G. durch die in der Natur sich zeigende göttliche Ordnung. Seit der Neuzeit versucht der Mensch die G. mit Hilfe der (der Natur des Menschen entsprechenden) Vernunft zu ermitteln. Die G. vollkommen zu verwirklichen, muss dabei wohl als wünschenswertes Ideal angesehen werden, das tatsächlich nicht oft genug erreicht wird. Wie vieles andere Unsichtbare versucht der Mensch auch, die G. in Bildern (Gerechtigkeitsbildern) hilfsweise sichtbar zu machen. Lit.: Köbler, DRG 2, 254; Frommhold, G., Die Idee der Gerechtigkeit in der bildenden Kunst, 1925; Simon, K., Abendländische Gerechtigkeitsbilder, 1948; Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4 1984, 231; Welzel, H., Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, 1951, 4. A. 1962; Kissel, O., Die Justitia, 1984, 2. A. 1997; Schimmler, B., Recht ohne Gerechtigkeit, 1984; Dickhuth-Harrach, H. v., Gerechtigkeit statt Formalismus, 1986; Recht und Gerechtigkeit im Spiegel der europäischen Kunst, hg. v. Pleister, W. u. a., 1988; Sellert, W., Recht und Gerechtigkeit in der Kunst, 1993; Schild, W., Bilder von Recht und Gerechtigkeit, 1995; Manthe, U., Beiträge zur Entwicklung des antiken Gerechtigkeitsbegriffes, ZRG RA 114 (1997), 1; Gerechtigkeit, hg. v. Assmann, J. u. a., 1998; Justiz und Gerechtigkeit, hg. v. Griesebner, A., 2002; Prodi, P., Eine Geschichte der Gerechtigkeit, 2003; Hayek, F. v., Recht, Gesetz und Freiheit, 2003; Brüschweiler, A., Gerechtigkeit durch Ironisierung, 2003; Duvanel, L., La justice contractuelle, 2004; Schröder, J., Verzichtet unser Rechtssystem auf Gerechtigkeit?, 2005; Petersen, J., Nietzsches Genialität der Gerechtigkeit, 2008; Schlotmann, K., Recht und Gerechtigkeit im Werk Heinrich Bölls, 2008; Rüthers, B., Das Ungerechte an der Gerechtigkeit, 3. A. 2009; Sutter, C., Flämische Gerechtigkeitsbilder, 2009; Sen, A., Die Idee der Gerechtigkeit, 2010; Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Diskurs des späteren Mittelalters, hg. v. Schulte, P. u. a., 2012; Justice in Warteime and Revolutions. Europe 1795-1950, hg. v. De Koster, M. u. a., 2012
2362Gerhabe ist an manchen Orten eine mittelalterliche Bezeichnung für den →Vormund. Lit.: Haff, K., Gerhaben-Stellen aus unveröffentlichten Urkunden des Allgäus, ZRG GA 51 (1931), 512
2363Gericht ist die (staatliche) Einrichtung, welche die Entscheidung in Streitigkeiten durch Rechtsanwendung auf die Wirklichkeit ausüben soll. Das altrömische Recht unterscheidet dabei (im Zivilverfahren) zwischen dem G. (lat. [N.] ius) und dem Richter (lat. [M.] iudex). Das G. findet auf dem Markt (lat. [N.] forum) vor dem zuständigen Magistrat (seit 367 v. Chr. lat. [M.] praetor) statt, der darüber entscheidet, ob die Rechtsordnung für das Begehren des Verfolgers einen Schutz (lat. [F.] actio) enthält und danach gegebenfalls unter Auswahl oder Auslosung seitens der Parteien den Richter ermittelt. Seit Augustus (63 v. Chr.-14 n. Chr.) tritt an die Stelle von Magistrat und Richter der einheitliche öffentliche Amtsträger des →Kognitionsverfahrens, der untersucht und entscheidet. Bei den Germanen finden demgegenüber die Entscheidungen in Streitigkeiten anfangs vermutlich in der vom König oder mehreren Großen geleiteten →Volksversammlung unter freiem Himmel statt, wobei ein Entscheidungsvorschlag aus dem →Umstand vorgebracht wird. Im Frühmittelalter leitet zunächst der König oder der (fränkische) (lat.-ad. [M.]) →thunginus (Dingmann) die Versammlung auf dem →Malberg, und →Rachinburgen schlagen ein Urteil vor. Später verdrängt der →Graf den thunginus. Zwischen 770 und 780 ersetzt Karl der Große die Rachinburgen durch →Schöffen als Urteiler. Im geistlichen Gericht (Lüs. aus lat. [F.] correctio?) des fränkischen Reiches entsprechen dem Grafen und den Schöffen der Bischof bzw. Archidiakon bzw. Archipresbyter und die Sendschöffen, bis seit dem späten 12. Jh. (Reims, Mainz), allgemeiner seit 1246 der gelehrte →Offizial des Bischofs als ständiger, ordentlicher (berufsmäßiger) Einzelrichter, der selbst entscheidet, erscheint. Noch im Reichskammergericht (1495) ist der Richter grundsätzlich nur Verhandlungsleiter und ist die Hälfte der Beisitzer (Assessoren) nur adlig und (zunächst) nicht rechtsgelehrt. Im Laufe der frühen Neuzeit wird das mehr und mehr in festen Gebäuden tagende, bei anderen Einrichtungen (z. B. rechtswissenschaftlichen Fakultäten) unter Aktenver-sendung Rat erbitten könnende G. aber zu Lasten der Laien zunehmend mit rechtsgelehrten Berufsjuristen besetzt und entscheidet (auch) der Richter (zumindest mit). Demgegenüber belebt der Liberalismus des 19. Jh.s das Laienelement wieder (→Schwurgericht). Zugleich ordnet er die Gerichte durch Gesetz (Gerichtsverfassungsgesetz, Gerichtsorganisationsgesetz) und verdrängt die nichtstaatliche Streitentscheidung. In der Gegenwart ist in Deutschland die →Gerichtsbarkeit in unterschiedliche Zweige von Gerichten (ordentliches Gericht, Arbeitsgericht, Finanzgericht, Sozialgericht, Verfassungsgericht, Verwaltungsgericht) gegliedert. Diese sind in mehrere Instanzen gestuft (z. B. Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bayerisches Oberstes Landesgericht [bis 2004], Bundesgerichtshof). Die meisten der sehr vielen Rechtsstreitigkeiten werden durch Berufsrichter entschieden. Neben der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten übernimmt das G. bereits im Mittelalter auch Verwaltungsaufgaben (Registergericht, freiwillige Gerichtsbarkeit). Lit.: Kaser §§ 80ff.; Köbler, DRG 111, 116, 150; Köbler, WAS; Luschin von Ebengreuth, A., Geschichte des älteren Gerichtswesens in Österreich, 1879; Rosenthal, E., Geschichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Baierns, Bd. 1 1889, Neudruck 1968, 1984; Das älteste Gerichtsbuch der Stadt Wiesbaden, hg. v. Otto, F., 1900; Funk, M., Die lübischen Gerichte, ZRG GA 26 (1905), 53; Lenel, P., Die Scheidung von Richter und Urteilern, ZRG RA 34 (1913), 440; Brünneck, W. v., Zur Geschichte der Gerichtsverfassung der Stadt Frauenburg (im Ermlande), ZRG GA 37 (1916), 313; Jecklin, C., Das Chorherrengericht zu Schiers, Jahresbericht der historisch-antiquarischen Gesellschaft Graubündens 49 (1919); Pöhlmann, C., Gerichtssäule, ZRG GA 41 (1920), 387; Hillmann, H., Das Gericht als Ausdruck deutscher Kulturentwicklung im Mittelalter, 1930; Frölich, K., Stätten mittelalterlicher Rechtspflege auf südwestdeutschem Boden, 1938; Grosse, W., Land- und Godingstätten in den Schwabengaugrafschaften, Festschrift für Walter Möllenberg, 1939, 53; Grosse, W., Die mittelalterlichen Gerichte und Dingstätten im Harzgau, Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 72 (1939), 1; Braun, E., Die Entwicklung der Gerichtsstätten in Deutschland, Diss. jur. Erlangen 1944; Kern, E., Geschichte des Gerichtsverfassungsrechts, 1954; Eberhard, H., Die Gerichtsorganisation der Landgrafschaft Thüringen im Mittelalter, ZRG 75 (1958), 108; Köbler, G., Richten, Richter, Gericht, ZRG GA 87 (1970), 57; Müller-Volbehr, J., Die geistlichen Gerichte in den Braunschweig-Wolfenbüttelschen Landen, 1972; Krause, H., Mittelalterliche Anschauungen vom Gericht, 1974 (SB München); Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G. Schmelzeisen, 1980, 166; Schubert, W., Die deutsche Gerichtsverfassung 1869-1877, 1981; Drüppel, H., Iudex civitatis, 1981; Keller, O., Die Gerichtsorganisation des Raumes Marburg im 19. und 20. Jahrhundert, 1982; Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte, hg. v. Volkert, W., 1983; Schumacher, U., Staatsanwaltschaft und Gericht im Dritten Reich, 1985; Turner, R., The English Justiciary, 1985; Weitzel, J., Dinggenossenschaft und Recht, 1985; Dülmen, R. van, Theater des Schreckens, 1985; Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey, hg. v. Dilcher, G. u. a., 1986; Köbler, G., Bilder aus der deutschen Rechtsgeschichte, 1988; Prozessflut?, hg. v. Blankenburg, E., 1989; Franz, E./Hofmann, H./Schaab, M., Gerichtsorganisation in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im 19. und 20. Jahrhundert, 1989; Das Oberste Gericht der DDR, 1989; Ackermann, R., Mittelalterliche Kirchen als Gerichtsorte, ZRG GA 110 (1993), 530; Rose, M., Das Gerichtswesen des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken im 18. Jahrhundert, 1994; Klemmer, K./Wassermann, R./Wessel, T., Deutsche Gerichtsgebäude, 1993; Justizgebäude in Sachsen, 1995; Ishikawa, T. Das Gericht im Sachsenspiegel, FS K. Kroeschell, hg. v. Köbler, G. u. a., 1997; Lück, H., Die kursächsische Gerichtsverfassung, 1997; Richter, K., Friedrich Barbarossa hält Gericht, 1999; Schuster, P., Eine Stadt vor Gericht, 2000; Zehetmayer, R., Kloster und Gericht, 2001; Lenzing, A., Gerichtslinden und Thingplätze in Deutschland, 2005; Höchstgerichte in Europa, hg. v. Auer, L. u. a., 2007; Gerichtskultur im Ostseeraum, hg. v. Knothe, H. u. a., 2007; Deutsche Justizinstitutionen in Geschichtswerken und Festschriften, hg. v. Vormbaum, T., 2007 (Bibliographie); Strauch, D., Rheinische Gerichte in zwei Jahrhun-derten, 2007; Loroch, S., Zeitungsrubrik Gerichtssaal, 2009; Waldstätten, A., Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia, 2012; Oestmann, P., Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich, 2012; Gerichtsstätten in Hessen, bearb. v. Eckhardt, W., 2012 http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/gsr; European Supreme Courts, hg. v. Van Rhee, R., 2013; Diestelkamp, B., Vom einstufigen Gericht zur obersten Rechtsmittelinstanz, 2013
2364Gerichtliche Medizin (oder Gerichtsmedizin) ist die rechtlich bzw. verfahrensrechtlich bedeutsame Medizin. Im Mittelalter werden allmählich ärztliche Sachverständige in das Verfahren vor Gericht eingeführt. Die erste bekannte richterliche Leichenöffnung findet in Bologna 1302 statt. Die Constitutio Criminalis Carolina (1532) behandelt die Bedeutung verständiger Frauen und verständiger Ärzte für das Strafverfahren allgemein. Im 18. Jh. erscheint die (lat.) medicina (F.) forensis als Vorlesung an den Universitäten. Eigene Lehrstühle folgen etwas später nach (Wien 1804, Prag 1807), ein eigenes Fach 1835. 1901 wird im Deutschen Reich g. M. für einige Zeit Pflichtfach des Studiums. Lit.: Die Entwicklung der medizinischen Spezialfächer, 1970; Bader, K., Ärztliche Sachverständige im Mittelalter, 1976
2365Gerichtsakte ist die (unter Einschränkung der Mündlichkeit) seit dem 14. Jh. einsetzende) →Akte eines Gerichts. Lit.: Kroeschell, DRG 2
2366Gerichtsbarkeit ist die auf Verwirklichung der bestehenden Rechtsordnung gerichtete Tätigkeit (des Staates bzw. der Allgemeinheit) (Judikative). →Gericht Lit.: Kaser §§ 80, 87; Meyer, G., Die Gerichtsbarkeit über Unfreie und Hintersassen, ZRG GA 2 (1881), 83, 3 (1882), 102; Goldhardt, O., Die Gerichtsbarkeit in den Dörfern des mittelalterlichen Hennegaues, 1909; Brand, E., Eidgenössische Gerichtsbarkeit, Bd. 1ff. 1952ff.; Hirsch, H., Die hohe Gerichtsbarkeit, 1922, 2. A. 1958; Lieberich, H., Zur Feudalisierung der Gerichtsbarkeit in Baiern, ZRG GA 71 (1954), 242; Tomaschek, J., Die höchste Gerichtsbarkeit des deutschen Königs und Reiches im 15. Jahrhundert, 1965; Hageneder, O., Die geistliche Gerichtsbarkeit in Ober- und Niederösterreich, 1967; Laufs, A., Die Anfänge einheitlicher höchster Gerichtsbarkeit in Deutschland, JuS 1969, 256; Nordhoff-Behne, H., Gerichtsbarkeit und Strafrechtspflege in der Reichsstadt Schwäbisch-Hall, 1971; Modéer, K., Gerichtsbarkeiten der schwedischen Krone im deutschen Reichsterritorium, Bd. 1 1975; Müller-Kinet, H., Die höchste Gerichtsbarkeit im deutschen Staatenbund 1806-1866, 1975; Rödel, U., Königliche Gerichtsbarkeit, 1979; Globig, G., Gerichtsbarkeit als Mittel sozialer Befriedung, 1985; Schild, W., Alte Gerichtsbarkeit, 2. A. 1987; Deter, G., Handwerksgerichtsbarkeit zwischen Absolutismus und Liberalismus, 1987; Schild, W., Geschichte der Gerichtsbarkeit, 1995; Oberste Gerichtsbarkeit und zentrale Gewalt im Europa der frühen Neuzeit, hg. v. Diestelkamp, B., 1996; Harendil, H., Gesellschaftliche Gerichtsbarkeit, 1997; Royer, J., Histoire de la justice en France, 1997; Albert, D., Der gemeine Mann vor dem geistlichen Richter, 1998; Drecktrah, V., Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen und Verden, 2002; Shirley, K., The Secular Jurisdiction of Monasteries, 2004; Praxis der Gerichtsbarkeit in europäischen Städten des Spätmittelalters, hg. v. Arlinghaus, F., 2006; Murauer, R., Die geistliche Gerichtsbarkeit im Salzburger Eigenbistum Gurk im 12. und 13. Jahrhundert, 2009; Die Höchstgerichtsbarkeit im Zeitalter Karls V., hg. v. Czeguhn, I. u. a., 2011
2367Gerichtsbote ist in Mittelalter und Frühneuzeit der Entscheidungen (z. B. Ladungen) des Gerichts übermittelnde Gerichtsbedienstete (z. B. Fronbote, Büttel, Waibel). Lit.: Döhring, E., Geschichte der deutschen Rechtspflege, 1953
2368Gerichtsbuch ist das bei einem →Gericht (vielleicht seit dem 13. Jh.) geführte Buch über gerichtliche Handlungen der streitigen oder freiwilligen Tätigkeit (z. B. Urteile, Rügen, Klagen, Protokolle, Vergleiche, Rechtsgeschäfte). Gerichtsbücher sind (mit unterschiedlichen Bezeichnungen) beispielsweise überliefert aus den Städten Worms, Bamberg, Bingen, Stralsund, Luckau und aus vielen Dörfern (z. B. Niederingelheim, Eppelsheim, Hamm, Er-polzheim, vor allem in Bayern, Pfalz, Schlesien und Brandenburg). Lit.: Rehme, P., Über Stadtbücher als Geschichtsquelle, 1913; Frommhold, G., Das Gerichtsbuch von Pfalzfeld, ZRG GA 47 (1927), 664; Schultheiß, W., Über spätmittelalterliche Gerichtsbücher aus Bayern und Franken, FS H. Liermann, 1964, 264; Das Kulmer Gerichtsbuch (1330-1430), hg. v. Lückerath, C. u. a., 1999
2369Gerichtsgebäude ist das (seit etwa 1730 [Kammergericht] bzw. 1830 [Köln vor 1834]) der räumlichen Unterbringung (nur) des Gerichts dienende Gebäude. Lit.: Klemmer, K., Deutsche Gerichtsgebäude, 1993; Justizgebäude in Sachsen, hg. v. sächs. Staatsministeium der Justiz, 1995; Kähne, V., Stätten der Justiz in Berlin, 2007; Der Wiener Justizpalast, hg. v. Bundesministerium der Justiz, 2007; Müller, S., Das Reichsgericht in Leipzig, 2008
2370Gerichtsgebrauch ist (seit dem 16./17. Jh.) die an einem oder mehreren Gerichten geübte besondere Art der Rechtsanwendung. Lit.: Schumacher, D., Das rheinische Recht, 1970; Sellert, W., Prozessgrundsätze und stilus curiae am Reichshofrat, 1973; Schröder, J., Wissenschaftstheorie und Lehre der praktischen Jurisprudenz, 1979
2371Gerichtsgefälle sind die an ein →Gericht zu erbringenden vermögenswerten Leistungen (Gefälle, Wort vereinzelt seit 13. Jh.). Sie dienen der Unterhaltung der mit der Gerichtsbarkeit betrauten Menschen. Zu ihnen gehört z. B. das Friedensgeld. Seit dem Mittelalter begegnen Geldleistungen für einzelne Gerichtshandlungen, wie beispielsweise auch für die Tätigkeit des →Gerichtsschreibers. Hieraus entwickeln sich bis zum Beginn der Neuzeit an vielen Stellen besondere Ordnungen für im voraus zu erhebende →Gebühren (Kosten), die der im Verfahren Unterliegende zu erstatten hat. Später finden die G. über den allgemeinen Staatshaushalt Verwendung zur Besoldung des Gerichtspersonals mit festen Gehältern. Lit.: Planck, J., Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, Bd. 1 1879; Döhring, E., Geschichte der deutschen Rechtspflege, 1953, 75ff.; Gudian, G., Ingelheimer Recht im 15. Jahrhundert, 1968
2372Gerichtsherr ist der Herr des Gerichts, der Herrschaft über das Gericht hat (z. B. König, Landesherr, Stadt, Grundherr).
2373Gerichtshof ist das mit mehreren Richtern besetzte (obere) Gericht bzw. ein Hof, an dem Gericht gehalten wird. Seit 2009 bezeichnet sich der 1951 geschaffene Europäische Gerichtshof als G., während das Gesamtsystem der Gerichtsbarkeit der Europäischen Union G. der Europäischen Union genannt wird. Lit.: Zimmermann, R., Der oberste Gerichtshof für die britische Zone (1948-1950), ZNR 3 (1981), 158; Constitutionalising the EU Judicial System, hg. v. Cardonnel, P. u. a., 2012
2374Gerichtslaube ist der als Laube gestaltete Ort der Abhaltung eines Gerichts. Bereits 809 sieht ein Kapitular Kaiser Karls des Großen Dächer für Gerichtsversammlungen als Schutz gegen schlechtes Wetter vor. Seit dem 13. Jh. tagt in Städten das Gericht (auch) in nach drei Seiten offenen steineren Lauben an Rathäusern (z. B. Freiburg im Breisgau 1280). Lit.: Funk, W., Alte deutsche Rechtsmale, 1940; Klemmer, K. u. a., Deutsche Gerichtsgebäude, 1993
2375Gerichtsmagistrat ist in Rom der für die Gerichtsbarkeit und damit für die Einsetzung von entscheidenden Gerichten zuständige Magistrat (Prätor, kurulischer Ädil, Statthalter u. a.).
2376Gerichtsmedizin (oder gerichtliche Medizin)ist die für gerichtliche Zwecke notwendige medizinische Betrachtung (z. B. Leichenschau, Lehrstuhl Heidelberg 1766, seit 1835 als Fach eingerichtet, Institut Berlin 1887, 1968 Rechtsmedizin). Lit.: Handbuch der gerichtlichen Medizin, hg. v. Maschka, J., 1881; Geschichte der gerichtlichen Medizin, hg. v. Mallach, H., 1996; Lorenz, M., Kriminelle Körper – Gestörte Gemüter, 1999; Herber, F., Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz, 2002; 100 Jahre Deutsche Gesellschaft für gerichtliche Medizin, hg. v. Madea, B., 2004
2377Gerichtsordnung ist die Gesamtheit der für ein →Gericht unmittelbar geltenden Rechtssätze. Sie entwickelt sich aus dem von der Kirche geförderten Gedanken, dass ein rechtliches Verfahren in klarer Weise geordnet sein soll (lat. ordo [M.] iudiciarius). In der Neuzeit wird hieraus die →Prozessordnung. Lit.: Fischel, A., Die Olmützer Gerichtsordnung, 1903; Meier, A., Die Geltung der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. im Gebiete der heutigen Schweiz, 1910; Meyer, D., Gerichtsverfahren und Zivilprozess nach der Solmser Gerichtsordnung von 1571, Diss. jur. Göttingen 1972; Kleinheyer, G., Die Regensburger peinliche Gerichtsordnung, FS H. Krause 1975, 110; Dank, E., Die Appellationsvorschriften der bayerischen Gerichtsordnung von 1520, 1977; Loschelder, M., Die österreichische Allgemeine Gerichtsordnung von 1781, 1978; Bader, K., Landes- und Gerichtsordnungen im Gebiet des Fürstentums Fürstenberg, FS G. Schmelzeisen, 1980, 9
2378Gerichtsschreiber ist der wohl seit dem 14. Jh. an einzelnen →Gerichten zur Aufzeichnung von Rechtshandlungen bestellte besondere →Schreiber. Seine Rechtskenntnisse sind vielfach denen des ungelehrten Richters und der ungelehrten Schöffen überlegen. 1923/1927 wird im Deutschen Reich die Amtsbezeichnung G. durch Urkundsbeamter ersetzt. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Battenberg, F., Gerichtsschreiberamt und Kanzlei des Reichshofgerichts 1235-1491, 1974; Dumke, D., Vom Gerichtsschreiber zum Rechtspfleger, 1993
2379Gerichtsstab →Richterstab Lit.: Rintelen, M., Der Gerichtsstab in den österreichischen Weistümern, FS H. Brunner, 1910, 631; Kocher, G., Richter und Stabübergabe, 1971
2380Gerichtsstand ist die örtliche, teilweise auch sachliche Zuständigkeit eines Gerichts. Nach dem G. entscheidet sich, ob eine an einem Gericht erhobene Klage zulässig ist. Der G. ist spätestens seit dem Hochmittelalter sehr bedeutsam. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Battenberg, F., Die Gerichtsstandsprivilegien der deutschen Kaiser und Könige, 1983; Hubig, S., Die historische Entwicklung des § 23 ZPO, 2002; Quick, E., Forum contractus. Eine Untersuchung zur Gerichtsstandslehre im usus modernus, 2011
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