Problemfelder der Kriminalwissenschaft. Interdisziplinäre Einsichten, hg. v. Bachhiesl, Christian/Bachhiesl, Sonja-Maria, Köchel, Stefan. LIT, Wien 2017. 324 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Problemfelder der Kriminalwissenschaft. Interdisziplinäre Einsichten, hg. v. Bachhiesl, Christian/Bachhiesl, Sonja-Maria, Köchel, Stefan. LIT, Wien 2017. 324 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Die profunden Ergebnisse der Tagung des Hans Gross Kriminalmuseums an der Universität Graz vom 9. und 10. Dezember 2015 liegen mit einem sehr reichhaltigen Band vor. Zu Beginn der Tagung wurde ein weiterer umfänglicher Sammelband vorgestellt, der dem „Vater“ der Kriminalwissenschaft Hans Gross zur 100. Wiederkehr seines Todestages gewidmet war (Hans Gross – ein „Vater“ der Kriminalwissenschaft, hg. v. . Christian Bachhiesl, Christian u. a., Wien 2015). Da der Rezensent an diesem Band mitgewirkt hat, soll es bei diesem Hinweis verbleiben.
Der hier anzuzeigende Sammelband fasst die kriminologischen/kriminalistischen Themen zusammen. Es lassen sich die drei Felder Werk und Wirken von Hans Gross und seiner Umwelt, kriminalistische Forschungswege und aktuelle Probleme des kriminalwissenschaftlichen Diskurses unterscheiden. Die Editoren umreißen die Problemfelder in einer konzisen Einführung. Hier werden einige der Beiträge des Bandes beispielhaft ohne Anspruch auf komplette detaillierte Würdigung, die sich auch deswegen verbietet, weil der Unterzeichner an der Tagung mit der Leichtfertigkeit des Dilettanten auf vielen der vorgetragenen Themen teilnehmend sich rechtshistorisch oder kriminologisch nur in Teilgebieten eine begrenzte Kompetenz zusprechen kann, herausgegriffen.
Determinismus und kriminalpolitische Aufklärung bei Karl Ferdinand Hommel führt in eine historische Dimension klärend und differenziert ins 18. Jahrhundert zurück, weist aber auch nach, dass Hommel schon als einer der ersten die sozialen Verhältnisse als Ursache von Delinquenz erkannte. (Dieter Thüning). Strafzwecke und Handlungsbegriff (Benjamin Koller, Stefan Köchel), Gutachtenerstattung unter narrativen Perspektiven (Kathrin Ogris) und das aktuelle und histori |
|
Kleinknecht, Otto, Im Sturm der Zeiten – Aus den Erinnerungen eines württembergischen Staatsanwalts 1929 bis 1949, hg. v. Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Elser, Walter J. Verlag regionalkultur. Ubstadt-Weiher 2016. 482 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kleinknecht, Otto, Im Sturm der Zeiten – Aus den Erinnerungen eines württembergischen Staatsanwalts 1929 bis 1949, hg. v. Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Elser, Walter J. Verlag regionalkultur. Ubstadt-Weiher 2016. 482 S. Besprochen von Werner Schubert.
Otto Kleinknecht (1901-1983), von 1930-1945 als Staatsanwalt in Stuttgart tätig, hat anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen eine 2000 eng beschriebene DIN-A-4-Seiten umfassende „Lebensbeschreibung“ niedergeschrieben und diese dem damaligen Stuttgarter Pfarrer und Dekan Walter J. Elser überlassen. Dieser fasste die historisch relevanten Teile zusammen, die für die Jahre 1929 bis 1949 vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg in „Zusammenarbeit“ mit Elser nunmehr in gedruckter Form vorliegen. Der Band wird eingeleitet von Elser (S. 15-25), der näher auf das „Leben“ Kleinknechts eingeht, und abgeschlossen mit einer historischen Einordnung von Thomas Schnabel, dem Leiter des Stuttgarter Hauses der Geschichte.
Kleinknecht war nach dem zweiten juristischen Staatsexamen 1927 in Stuttgart im württembergischen Justizdienst verblieben und nach mehreren Zwischenstationen 1930 zum Staatsanwalt ernannt worden. Ende 1928 konvertierte er zur römisch-katholischen Kirche im Kloster Neresheim. Kleinknecht bezeichnet sich als konservativ und wählte meist das Zentrum, aber auch die Deutschnationalen, deren „protestantisch-preußischer Einschlag“ er kritisierte. 1932 kaufte er sich Hitlers „Mein Kampf“, den er nicht ganz durchlas, weil ihn das Buch „nicht fesselte“. Dass Hitler „jemals in die Lage kommen werde, alles das, was er da proklamierte, wirklich zur Ausführung zu bringen“, hielt er „immer noch für ausgeschlossen“ (S. 91). Schnabel bescheinigt Kleinknecht eine „nicht unkritische Reflexion über die eigene Verstrickung in eine Unrechtsjustiz mit all ihren zeitgebundenen Urteilen“ (S. 10).
Auf Veranlassung seiner Braut, die er im August 1933 heiratete, trat er im April |
|
Badinter, Elisabeth, Maria Theresia, Die Macht der Frau, aus dem Französischen v. Brühmann, Horst/Willim, Petra. Zsolnay, Wien 2017. 301 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Badinter, Élisabeth, Maria Theresia. Die Macht der Frau, aus dem Französischen von Brühmann, Horst/Willim, Petra. Zsolnay, Wien 2017. 301 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Dass die am 13. Mai 1717 geborene, von 1740 bis 1780 regierende Maria Theresia, Stammmutter der Dynastie Habsburg-Lothringen, noch 300 Jahre später allgemein als „Kaiserin Maria Theresia“ zu den bekanntesten und populärsten Herrschergestalten des alten Österreich zählt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Sie selbst hat diesen Titel, der ihr ab 1745 als Gemahlin des Römisch-deutschen Kaisers Franz I. zukam, aber mit keinerlei realen Macht verbunden war, nämlich nur wenig geschätzt. Konsequent hatte sie sich dem Wunsch ihres Ehemannes, sich an seiner Seite in Frankfurt krönen zu lassen, verweigert und war nur zu bewegen gewesen, der Zeremonie als Zuschauerin beizuwohnen. Denn sie war sich der Tatsache wohl bewusst, dass sie als „Königin von Ungarn und Böhmen“ tatsächliche absolute Herrschaftsgewalt verkörperte, und folgerichtig zog sie diesen Titel vor, „den sie nur sich selbst verdankte“ (S. 169).
Diese Episode lässt das besondere Gespür erkennen, das diese Frau in Fragen der Ausübung herrschaftlicher Macht entwickelte und das sie in die Lage versetzte, ihre Mitregenten – bis 1765 ihr Gatte Franz Stephan, danach ihr Sohn, Kaiser Joseph II. – in den Schatten zu stellen und faktisch zu Statisten zu degradieren. Dass sie überdies zwischen 1737 und 1756 insgesamt 16 Kinder zur Welt brachte, erscheint zunächst erstaunlich und schwer mit der politischen Karriere in Einklang zu bringen. Genau hier hakt jedoch die Verfasserin, die französische Philosophin, Historikerin und Feministin Élisabeth Badinter, ein. Für sie ist Maria Theresia gerade deshalb „innerhalb ihres Jahrhunderts unvergleichlich und zugleich ein kostbarer Meilenstein in der Geschichte der Frauen“. Was wie ein Widerspruch wirke, sei tatsächlich ihre besondere Stärke gewesen: „Als Gattin und Mutter hat sie |
|
Visionen eines zukünftigen Deutschlands - Alternativen zur Paulskirchenverfassung 1848/49. Mit einer Einführung und Annotationen hg. v. Dippel, Horst. Band 1 Einführung, Band 2 Textedition, Teilband 1 März-Juni 1848, Teilband 2 Juli 1848-Mai 1849. Duncker & Humblot, Berlin 2017. XVI, 278, VII, 1-753, VI, 755-1472 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Visionen eines zukünftigen Deutschlands - Alternativen zur Paulskirchenverfassung 1848/49. Mit einer Einführung und Annotationen hg. v. Dippel, Horst. Band 1 Einführung, Band 2 Textedition, Teilband 1 März-Juni 1848, Teilband 2 Juli 1848-Mai 1849. Duncker & Humblot, Berlin 2017. XVI, 278, VII, 1-753, VI, 755-1472 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das „größte Defizit“ der Verfassungsdiskussion ist nach Horst Dippel (bis 2009 Professor für British and American Studies an der Universität Kassel) die „bislang völlige Ausblendung des innerdeutschen Diskurses über die Verfassungsvorstellungen der Paulskirchenmehrheit und die zu diesen deutschlandweit vorgebrachten alternativen Vorstellungen“ (S. VII). In seinem Werk untersucht Dippel in Band 1 100 Flugschriften und Petitionen, die sich mit der „zukünftigen verfassungsmäßigen Gestaltung Deutschlands“ 1848/1849 beschäftigen und die in den Bänden II 1 und 2 veröffentlicht werden (insgesamt 1472 S.). Nicht berücksichtigt wurden die Zeitungen dieser Jahre. Die Auswahl aus fast 17.000 Schriften (S. 26, Fn. 72, 73) erfolgte nach drei Kriterien (S. 28): Sie mussten entweder einen eigenständigen Verfassungsentwurf enthalten (oder in der Form eines Forderungskatalogs abgefasst sein) oder in einem Fließtext verfasst sein, der, ohne auszuufern, immer noch die Grundlinien einer Verfassungsstruktur erkennen ließ, oder Texte enthalten, die sich mit den drei Grunddokumenten (Siebzehnerentwurf, Gesetz über die Grundrechte und Frankfurter Rechtsverfassung) auseinandersetzten. Bei 21 der editierten Texte handelt es sich um Handschriften, die als Eingaben an den Verfassungsausschuss der Nationalversammlung adressiert waren bzw. an diesen weitergeleitet wurden (S. 29). Nach Meinung Dippels dürften die 100 Texte „einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Verfassungsdiskussion der Revolutionszeit“ darstellen (S. 29). In Teil 2 des Einführungsbandes untersucht Dippel zunächst das biografische Profil der 65 namentl |
|
Stollberg-Rilinger, Barbara, Maria Theresia. Die Kaiserin ihrer Zeit. Eine Biographie. Beck, München 2017. 1083 S., 82 Abb., 1 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stollberg-Rilinger, Barbara, Maria Theresia. Die Kaiserin ihrer Zeit. Eine Biographie. Beck, München 2017. 1083 S., 82 Abb., 1 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Für die Erhaltung der Menschheit sind in ihrer Geschichte die Frauen in natürlicher Weise ebenso wichtig wie die Männer, doch treten sie in dem öffentlichen Gedächtnis patriarchalischer Gesellschaften bisher fast überall stark zurück. Zu den wenigen bekannten Ausnahmen ist Maria Theresia aus dem Geschlecht Habsburg zu zählen, deren Geburtstag sich an dem 23. Mai 2017 zu dem dreihundertsten Male jährt. Deswegen kann es kaum überraschen, dass zu dieser Gelegenheit verschiedene Werke über diese bedeutende Herrscherin vorgelegt werden.
Eins sehr gewichtige Darstellung stammt von der in Bergisch Gladbach 1955 geborenen, in Köln in Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte bei Johannes Kunisch ausgebildeten, 1985 mit einer Dissertation über den Staat als Maschine (Zur politischen Metaphorik des absoluten Fürstenstaats) promovierten, danach mit einer Arbeit über Konzepte landständischer Repräsentation (Vormünder des Volkes?) habilitierten und nach Münster berufenen Verfasserin. Sie stellt die Kaiserin in den Mittelpunkt, obwohl der (bloße) Titel „Kaiserin“ Maria Theresia nur ab 1745 als Ehefrau des 1765 verstorbenen Kaisers des Heiligen römischen Reiches zukam und mit keiner tatsächlichen Macht verknüpft war. Deswegen hatte sich Maria Theresia sogar dem Wunsch Franz I. von Lothringen widersetzt, sich neben ihm in Frankfurt krönen zu lassen, und hatte dem Vorgang nur als Zuschauerin beigewohnt.
Dessenungeachtet nutzt die Verfasserin Maria Theresia vor allem als Schlüssel zu einem besseren Verständnis der damaligen Zeit. Dabei betont sie vornehmlich die besondere Verantwortung der Königin von Ungarn und Böhmen sowie Erzherzogin von Österreich für ihre Untertanen einschließlich ihres Ehemannes und ihrer insgesamt 16 zwischen 1737 und 1756 geborenen und teilweise bereits vor i |
|
Daum, Oliver, Dokumentation des Grundgesetzes. Zugleich eine Zusammenstellung der änderungsrelevanten BT-Drucksachen (= Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 127). Kovač, Hamburg 2017. 622 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Daum, Oliver, Dokumentation des Grundgesetzes. Zugleich eine Zusammenstellung der änderungsrelevanten BT-Drucksachen (= Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 127). Kovač, Hamburg 2017. 622 S. Besprochen von Werner Schubert. ZIER 7 (2017) 83. IT
Mit seinem Werk „Dokumentation des Grundgesetzes“ bringt Daum (freier Mitarbeiter bei dem Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel) die jeweiligen Gesetzesfassungen des Grundgesetzes zwischen dem 24. 5. 1949 und dem 1. 1. 2015 und weist zugleich die jeweiligen Gesetzesmaterialien nach, soweit sie den Bundestag (Plenarprotokolle, Drucksachen) und den Vermittlungsausschuss betreffen. Nicht berücksichtigt werden die Materialien des Bundesrats (Ausschussprotokolle, Drucksachen und Plenarverhandlungen) sowie, soweit ersichtlich, die Protokolle des Vermittlungsausschusses. Insgesamt werden acht Vollfassungen des Grundgesetzes (S. 15ff., 67ff., 133ff., 211ff., 305ff., 375ff., 465ff., 563ff.) mitgeteilt. Das Grundgesetz vom 24. 5. 1949 ist S. 15ff. wiedergegeben. Es folgt dann die Dokumentation von sechs Grundgesetzänderungen vom 1. 9. 1951 bis zum 1 .4. 1955. Für diese Änderungen werden lediglich die geänderten Artikel des Grundgesetzes mitgeteilt, und zwar im Vergleich dazu auch die jeweilige Vorfassung. In die zweite vollständige Wiedergabe des Grundgesetzes (Fassung vom 22. 3. 1956) sind die Änderungen des 7. Änderungsgesetzes zum GG vom 21. 3. 1956 eingearbeitet. Die weiteren Änderungen, die bis zum 1. 1. 2015 bis zum 60. Änderungsgesetz ergangen sind, werden nach dem gekennzeichneten Schema dokumentiert. Insgesamt hat die Dokumentation den Vorzug, dass die jeweils geltende Fassung des Grundgesetzes zwischen dem 24. 5. 1949 und dem 1. 1. 2015 klar ersichtlich ist.
Das Werk bringt allerdings keine synoptische Übersicht, wie sie für das Bürgerliche Gesetzbuch vorliegt (BGB-Synopse, 1896-2005, Neubearbeitung 2005, hg. v. Hans-Wolfgang Strätz und Tilmann Repgen, Berlin 2006). Aller |
|
Zaugg, Franziska A., Albanische Muslime in der Waffen-SS. Von „Großalbanien“ zur Division „Skanderbeg“ (= Krieg in der Geschichte 96). Schöningh, Paderborn 2016. 346 S., 21 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zaugg, Franziska A., Albanische Muslime in der Waffen-SS. Von „Großalbanien“ zur Division „Skanderbeg“ (= Krieg in der Geschichte 96). Schöningh, Paderborn 2016. 346 S., 21 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Je länger sich der Zweite Weltkrieg hinzog, desto offensichtlicher wurde das Faktum, dass sein Ausgang weniger von genialer Feldherrnkunst als maßgeblich von der Verfügbarkeit personeller wie materieller Ressourcen abhängen würde. Die optimierte Ausbeutung seiner besetzten und kontrollierten Gebiete war somit vor allem für das Deutsche Reich ein Gebot der Stunde. Nach der deutschen Besetzung und Zerschlagung Jugoslawiens im April 1941 stellte die Waffen-SS im südosteuropäischen Raum nicht nur die aus der ortsansässigen volksdeutschen Bevölkerung rekrutierte 7. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division „Prinz Eugen“ auf, sondern rief mit der 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“ (kroatische Nr. 1), der 21. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Skanderbeg“ (albanische Nr. 1) und der 23. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Kama“ (kroatische Nr. 2) auch drei muslimische Verbände ins Leben. Diese Truppen waren vorwiegend für die Partisanenbekämpfung auf dem Balkan vorgesehen und sollten die Sicherung von Marschwegen sowie wehrwirtschaftlich bedeutsamer Anlagen und Produktionsstätten gewährleisten.
Die vorliegende, von der Universität Bern approbierte und mit einem Förderpreis ausgezeichnete geschichtswissenschaftliche Dissertation Franziska A. Zauggs arbeitet die Geschichte der Division „Skanderbeg“ im Kontext der italienischen und deutschen Interessen im albanischen Raum auf. Geographisch ist konkret von „Großalbanien“ die Rede, womit der zwischen 1941 und 1944 bestehende, aus „Altalbanien“ und „Neualbanien“ (Mittelkosovo und Südkosovo, mazedonische und montenegrinische Grenzgebiete) zusammengesetzte albanische Staat bezeichnet wird. Bis zur Kapitulation Italiens im September 1943 italienisches Protektorat, figurierte dieses Gebiet fortan al |
|
Lewy, Jonathan, Drugs in Germany and the United States, 1819-1945. The Birth of Two Addictions (= Wissen über Waren 2). Nomos, Baden-Baden 2017. 338 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lewy, Jonathan, Drugs in Germany and the United States, 1819-1945. The Birth of two Addictions (= Wissen über Waren 2). Nomos, Baden-Baden 2017. 338 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser beginnt seine vorliegende Untersuchung mit der Frage, „was Hitler a drug addict“ die er üblicherweise zu hören bekommt, wenn Fremde erfahren, dass er über Drogen in Deutschland geforscht hat. Er antwortet auf die 1978 von Leonard und Renate Heston bereits erörterte Vorstellung normalerweise mit einer Gegenfrage. Deswegen schlägt er seinem Leser gleichfalls Überlegungen darüber vor, was eigentlich Drogenabhängigkeit bedeutet.
Mit ihnen beschäftigt er sich in seiner vorliegenden geschichtswissenschaftlichen Dissertation, die in dem Jahre 2011 an der Hebräischen Universität von Jerusalem angenommen wurde, an der auch kurzzeitig lehrte, um danach als Gast an die Harvard University zu wechseln und sich anschließend rechtswissenschaftlichen Studien in Tel Aviv zu widmen. Gegliedert ist seine Studie nach einer Einleitung in zwei Teile mit je sechs Abschnitten. Sie setzen mit der Trunksucht ein und enden mit der Gegenüberstellung von Behandlung und Haft.
Ansprechend geht der Verfasser dabei von der Einsicht aus, dass der Gebrauch von Rauschmitteln (vielleicht fast) so alt ist die Menschheit als solche. Überzeugend weist er aber in diesem Zusammenhang darauf hin, dass erst die moderne Medizin die Drogenabhängigkeit wirklich als medizinisches und gesellschaftliches Problem erkannt hat. Dabei kann er auch die derzeitigen Unterschiede im Gebrauch von Alkohol (und Tabak) einerseits und Heroin und Kokain andererseits sowie die Beziehungen zwischen Drogen und Rassismus in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie die unterschiedlichen Rollen der medizinischen Führungsrollen in den betrachteten Ländern hervorheben, wobei es in der Drogenproblematik an allen Orten ohne Rücksicht auf das Wohl der Betroffenen auch um das mit dieser Ware mögliche riesige |
|
Knabe, Bernd, Zur Praxis des politischen Strafrechts in der Honecker-Zeit. Fundstücke zu 27 Fällen von Hohenschönhausener Häftlingen. Nomos, Baden-Baden 2016. 328 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Knabe, Bernd, Zur Praxis des politischen Strafrechts in der Honecker-Zeit. Fundstücke zu 27 Fällen von Hohenschönhausener Häftlingen. Nomos, Baden-Baden 2016. 328 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach dem Sieg der Alliierten über das Deutsche Reich Adolf Hitlers hatten Westen und Osten unterschiedliche Vorstelllungen von der Zukunft. Die sozialistischen Politiker der anschließenden Deutschen Demokratischen Republik behaupteten zwar grundsätzlich Verbesserungen für die von ihnen beherrschten Menschen, doch gestatteten sie diese grundsätzlich nur in dem Rahmen der eigenen Zielsetzungen. Deswegen wichen öffentliche Erklärungen und gelebte Wirklichkeit sehr oft und auch sehr weit voneinander ab.
Mit einem Teilaspekt dieser Problematik befasst sich das vorliegende Werk des in Chemnitz 1943 geborenen, 1961 nach dem Abitur mit Facharbeiterbrief nach West-Berlin ausgereisten und nach einem Studium 1973 promovierten Verfassers, der als Mitglied der Kommission für internationale Bevölkerungsfragen der deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen und als Leiter für Innenpolitik des Arbeitskreises Außen- und Sicherheitspolitik Russlands bis 1999 tätig war. Sein Werk gliedert sich in insgesamt sechs Abschnitte. Sie betreffen die Ausgangslage, die Untersuchungshaft des Ministeriums für Staatssicherheit, die Elemente der Scheinjustiz, die Auswertung der Verfahren durch das Ministerium und die Justiz, den Strafvollzug und die Zeit danach sowie eine zusammenfassende Schlussbetrachtung.
Untersucht werden ausgewählte Fälle aus den Jahren von 1971 bis 1989, in denen Betroffene in dem Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert und im Anschluss durch Gerichte Ostberlins verurteilt wurden. Dabei kann der Verfasser anschaulich zeigen, dass die Häftlinge in weitem Umfang dem Zusammenwirken des Untersuchungsorgans und der Staatsanwaltschaft ausgeliefert waren, wobei Zeit und Art der Entlassung bestimmt werden konnten. Insgesamt geling |
|
Festschrift für Gernot Kocher zum 75. Geburtstag - „ich rief dich bei deinem Namen und gab dir Ehrennamen.“ (Jes 45,4), hg. v. Holcman, Borut/Steppan, Markus. University of Maribor Press, Maribor 2017. IV, 508 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Festschrift für Gernot Kocher zum 75. Geburtstag - „ich rief dich bei deinem Namen und gab dir Ehrennamen.“ (Jes 45,4), hg. v. Holcman, Borut/Steppan, Markus. University of Maribor Press, Maribor 2017. IV, 508 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Gernot Valentin Kocher wurde am 7. Januar 1942 geboren und blieb seiner Heimatuniversität trotz Ehrendoktorate der Universitäten Pecs und Maribor in Ungarn und Slowenien sowie Auszeichnungen in Graz und Ehrungen seitens der Republik Slowenien lebenslang treu. Am 14. Februar feierte er seinen Namenstag als „kühner Mann“. Im Hinblick auf seinen zweiten Namenstag als Valentin wurde spontan beschlossen, durch eine zweite Festschrift und eine Feier seine besonderen Seiten zu beleuchten.
Bei der Einladung zur Teilnahme an der Festschrift wurde dem kurzen Vorwort der Herausgeber in Maribor und Graz nach die Ausgangsposition bestimmt, nämlich die „viel zu sehr am Präjudizienkult orientierte“ Rechtswissenschaft in das breite wissenschaftliche Scheinwerferlicht zu rücken und damit die mögliche Vielfalt rechtshistorischer Erkenntnisquellen nachdrücklich zu Wort kommen zu lassen. Dem sind mehr als 25 Autoren aus Deutschland, Unganrn, der Schweiz, Slowenien und Österreich vielseitig und einfallsreich gefolgt, um einen Wissenschaftler zu ehren, der in Vielseitigkeit weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt geworden ist. Dabei handelt es sich nicht nur um Kolleginnen und Kollegen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit ihm gemeinsam gewirkt haben, sondern vielfach auch um Schüler, die nicht nur Gernot Kochers wissenschaftliche Weite, sondern auch seine väterliche Nähe, wie sie aus dem vorangestellten Brustbild ausstrahlt, spüren durften.
Das vorgegebene Generalthema entspricht dem weiten Bogen des wissenschaftlichen Wirkens des Jubilars, so dass die Themen von der Ikonographie über das Privatrecht und das Strafrecht bis zu dem kanonischen Recht reichen. In diesem Rahmen erfassen die St |
|
Opll, Ferdinand/Krause, Heike/Sonnlechner, Christoph, Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Böhlau, Wien 2017. 578 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Opll, Ferdinand/Krause, Heike/Sonnlechner, Christoph, Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Böhlau, Wien 2017. 578 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wohl seit seiner Sesshaftwerdung musste der Mensch feststellen, dass er dadurch Feinden stärker ausgesetzt war als während seiner vollständigen Beweglichkeit in der Natur. Dementsprechend erfand er die Befestigung seines Aufenthaltsorts, um sich auf diese Weise gegenüber neuen Angreifern zu sichern. Daran hat sich seit den Anfängen eigentlich nur dadurch etwas geändert, dass die Angreifer Waffen gewannen, mit deren Hilfe sie weite Entfernungen in der Luft überbrücken konnten und können.
Wien als von Kelten gegründete und von Römern an dem Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts fortgeführte, aber 433 n. Chr. grundsätzlich aufgegebene Siedlung konnte sich von dieser allgemeinen Entwicklung nicht ausschließen. Einen einzelnen Aspekt seiner Befestigungsgeschichte behandelt das von dem früheren Direktor des Stadtarchivs und Landesarchivs Wien, einer Mitarbeiterin der Stadtarchäologie Wien und einem Mitarbeiter des Stadtarchivs und Landesarchivs Wien erarbeitete vorliegende gewichtige Werk. Es gliedert sich nach einer Einleitung über die Mailänder Familie Angiellini samt Werk und Wirken, Wien sowie Terminologie und Onomastik in sieben Sachkapitel. Sie betreffen Natale Angiellini, Nicolò Angiellini, Paolo Angiellini und ihr kartographisches Schaffen in fünf Atlanten (in Wiener, Karlsruher und Dresdener Exemplaren), den dort erfassten Raum (Ungarn und Wien), den frühneuzeitlichen Festungsbau in Theorie und Praxis, den Ausbau Wiens zur Festungsstadt nach der Belagerung durch die Türken von 1529 und die Autopsie und Kontextualisierung der drei Pläne der Angiellini von Wien (Bastei bei dem Burgtor, Bastei zwischen Burgtor und Schottentor, Bastei bei dem Schottentor, Elendbastei, Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer, Ne |
|
Wagner, Joachim, Ende der Wahrheitssuche. Justiz zwischen Macht und Ohnmacht. Beck, München 2017. VII, 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wagner, Joachim, Ende der Wahrheitssuche. Justiz zwischen Macht und Ohnmacht. Beck, München 2017. VII, 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Justiz als Rechtspflege ist bereits bei Griechen und Römern in dem Altertum umfangreich bezeugt, wenn auch nicht als eigene freie Kunst der sieben artes liberales. Immerhin gilt bereits bei Aischylos in dem Stück „Sieben gegen Theben“ (487 v. Chr.) gerecht (dikaios) neben verständig, fromm und tapfer als eine der vier als allgemein bekannt vorausgesetzten Tugenden. Seitdem ist die Justiz zu einer der drei Gewalten des Staates geworden, die seit John Locke (Two treatises of government) und Charles de Montesquieu (1748) getrennt werden.
Mit gegenwärtigen Entwicklungen der Justiz Deutschlands beschäftigt sich das vorliegende materialgesättigte und gedankenreiche Werk des in Hamburg 1943 geborenen, journalistisch als Leiter der Rechtspolitik des Hörfunks des Norddeutschen Rundfunks beginnenden, promovierten, als Assistenzprofessor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Freien Universität Berlin sowie später als stellvertretender Leider des Hauptstadtstudios der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands und Leiter des Fernsehmagazins Panorama tätigen Verfassers. Er beschreibt auf der Grundlage von nahezu 200 Interviews mit Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten das Selbstverständnis der deutschen Justiz. Dabei sieht er vor allem eine durch die hohe Belastung von Richtern und Staatsanwälten einerseits und durch einen Einstellungswandel andererseits bewirkte geänderte Rechtsprechungskultur.
Gegliedert ist die hilfreich aufklärende Studie nach einer kurzen Einleitung in siebzehn Abschnitte. Sie betreffen Trauermärsche und Trillerpfeifen, Spitzenreiter und Schlusslichter im 2014 gewonnenen Ländervergleich der so genannten Berliner Tabelle für Eingänge, Erledigungen, Bestände, Art der Erledigungen und Dauer der Verfahren für die ordentliche Gerichtsbarkeit |
|
Priemel, Kim Christian, The Betrayal. The Nuremberg Trials and German Divergence. Oxford University Press, Oxford 2016. 481 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Priemel, Kim Christian, The Betrayal. The Nuremberg Trials and German Divergence. Oxford University Press, Oxford 2016. 481 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Vielleicht bereits von dem Anfang seiner Geschichte an hat der Mensch seinen Mitmenschen auch so behandelt, wie er vermutlich selbst nicht behandelt werden wollte. Deswegen hat er ihn aus vielen Gründen verletzt, bestohlen, beraubt und auch getötet. Dabei hat er aus Praktikabilitätsgründen den Krieg als die Austragung von Streitigkeiten zwischen Völkern oder Staaten mit Gewalt erfunden und seit langer Zeit viele Kriege mit zahllosen Opfern geführt, wobei der zweite Weltkrieg, in dem es Adolf Hitler als Kriegsziel auch um die gnadenlose Vernichtung möglichst vieler europäischer Juden ging, ein vorher wohl unbekanntes Ausmaß erreichte.
Mit der juristischen Aufarbeitung der dabei begangenen Verbrechen beschäftigt sich das vorliegende Werk des 1977 geborenen, nach dem Studium von neuer Geschichte, neuester Geschichte, öffentlichem Recht und englischer Philologie in Freiburg im Breisgau 2006 mit einer umfangreichen Geschichte des Konzerns Flick vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik promovierten, danach als Mitarbeiter an dem Lehrstuhl für vergleichende europäische Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte in Frankfurt an der Oder und an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie zuletzt als assoziierter Professor für neue Geschichte an der Universität Oslo tätigen Verfassers. Es gliedert sich nach einer Einleitung in neun Kapitel. Sie betreffen gründlich, abgewogen und weiterführend etwa die Quellen, die Konstruktion, den Sonderweg oder den Krieg mit und ohne Regeln.
Der Autor kann dabei zeigen, warum und wie die alliierten Siegermächte führende deutsche Nationalsozialisten für ihr Verhalten in rechtlichen Verfahren zur Verantwortung zogen. Ziel war es hierbei in erster Linie, die von dem Wege des Rechtes abgekommenen Deutschen wieder auf den Weg des Rechtes zurückzubringen |
|
Zschieschang, Christian, Das Hersfelder Zehntverzeichnis und die frühmittelalterliche Grenzsituation an der mittleren Saale. Eine namenkundliche Studie (= Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa 52). Böhlau, Wien 2017. 240 S., 22 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zschieschang, Christian, Das Hersfelder Zehntverzeichnis und die frühmittelalterliche Grenzsituation an der mittleren Saale. Eine namenkundliche Studie (= Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa 52). Böhlau, Wien 2017. 240 S., 22 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Hersfeld wird als Abtei zwischen 769 und 773 von Erzbischof Lull von Mainz gegründet und 775 durch den Frankenkönig Karl (den Großen) zur Reichsabtei erhoben. Diese erwirbt in dem 13. Jahrhundert ein kleines Herrschaftsgebiet, muss sich aber 1432 dem Schutz Hessens unterstellen. 1648 kommt die während ihres Bestandes 66 Äbte zählende Reichsabtei als Fürstentum zu der Landgrafschaft Hessen.
Mit einer der bekannten Hersfelder Quellen des Frühmittelalters beschäftigt sich das vorliegende Werk des 2003 in Leipzig mit einer Untersuchung über Slaven und Deutsche zwischen Elbe und Dübener Heide aus namenkundlicher Sicht promovierten Verfassers. Nach dem Vorwort sollte das neue Werk einen überschaubaren Umfang aufweisen, wie er einem Forschungsprojekt von letztlich nur eineinhalb Jahren angemessen wäre, weshalb nur die Publikation einiger Aufsätze „geplant und zum Teil auch verwirklicht war“. Obwohl aus einer Vielzahl von Einzeldarstellungen eine einigermaßen heterogene Datenbasis aufgebaut werden konnte, gelang eine erschöpfende Darstellung der Ortsnamen der zugehörigen Region nicht und steht ein umfassendes toponomastisches Nachschlage noch aus.
Gegliedert ist die Studie nach einer Einführung (u. a. über das Hersfelder Zehntverzeichnis in vier Abschnitte. Sie betreffen die slavischen Siedlungsnamen, die deutschen Siedlungsnamen (vor allem auf leben, stedt, ingen/ungen, heim, idi, dorf, hausen, rode, bach, burg/berg und tal), die Burgen und die siedlungsgeschichtliche Interpretation. Nach seinen vielfältigen siedlungsgeschichtlichen Ergebnissen war zunächst das ganze Gebiet zwischen Harz und Saale intensiv und durchgehend (deutsch) besie |
|
Daum, Oliver, Dokumentation des Grundgesetzes. Zugleich eine Zusammenstellung der änderungsrelevanten BT-Drucksachen (= Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 127). Kovač, Hamburg 2017. 622 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Daum, Oliver, Dokumentation des Grundgesetzes. Zugleich eine Zusammenstellung der änderungsrelevanten BT-Drucksachen (= Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 127). Kovač, Hamburg 2017. 622 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Jede Gegebenheit hat eine jeweilige Verfassung oder einen jeweiligen Zustand, darunter auch der vom Menschen in geschichtlicher Entwicklung geschaffene, ihn mehr und mehr überwältigende und vergewaltigende Staat. Bei ihm unterscheidet man seit 1776 zwischen einem tatsächlichem materiellem Zustand und einer dafür besonders gestalteten Form. Dementsprechend hat die Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Entstehung aus den westlichen Besatzungszonen des von den alliierten Siegermächten niedergerungenen (oder von der Herrschaft Adolf Hitlers befreiten) Deutschen Reiches als formelle Verfassung das Grundgesetz, das 1949 als Provisorium für die Zeit bis zu einer Wiedervereinigung der vier Besatzungszonen gedacht war, aber auch nach der Herstellung einer deutschen Einheit 1990 bestehen blieb.
Das vorliegende Werk des 2015 über das Völkerrecht der Seeblockade an der Universität Trier promovierten Verfassers soll es nach seinen im Eingang befindlichen Nutzungshinweisen dem Anwender ermöglichen, jede bislang geltende Fassung des Grundgesetzes aufzufinden. Nach dem anschließenden Geleitwort Alexander Proelß‘ von der Universität Trier bietet es vom 24. Mai 1949 bis zur vorerst letzten Änderung am 23. Dezember 2014 eine Dokumentation sämtlicher Änderungen des Grundgesetzes. Bei seinem Bekanntwerden hat es unmittelbar das Interesse eines besonders sachkundigen Rezensenten erweckt, so dass es an dieser Stelle genügt, mit wenigen Sätzen grundsätzlich auf es hinzuweisen und dadurch seine Verbreitung zu fördern.
Den Nutzungshinweisen und dem Geleitwort folgt eine Änderungsübersicht zu allen Änderungen der (146) Artikel, von denen tatsächlich bisher nur ein Teil geändert wurde, während ein anderer Teil keine Änderungen er |
|
Koppermann, Ilona, Verwechslungsgefahr im Urheberrecht. Nomos, Baden-Baden 2017. 363 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Koppermann, Ilona, Verwechslungsgefahr im Urheberrecht. Nomos, Baden-Baden 2017. 363 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Der Titel dieser interessanten und vor allem dogmatisch ansetzenden Studie „Verwechslungsgefahr im Urheberrecht“, eine Freiburger Dissertation, (Betreuer: Thomas Dreier), verspricht weit weniger als das Werk und die Analyse dann im Einzelnen liefern. Denn untersucht wird in Teil 1 die Verwechslungsgefahr im Markenrecht, im zweiten. Teil die im Lauterkeitsrecht und erst im dritten Hauptabschnitt dann die Frage nach der Verwechslungsgefahr im Urheberrecht. Die Querschnittsuntersuchung zum deutschen Recht bietet vor allem eine sehr präzise Darstellung zum gegenwärtigen Stand eines Begriffs, dessen Verständnis und Funktion in den drei Teilgebieten des Immaterialgüterrechts von den normativen Voraussetzungen, den Kriterien her und in ihren Zusammenhängen analysiert werden. Urheberrecht und Markenrecht werden als Steuerungsinstrumente des Wettbewerbsrechts verstanden. Das Urheberrecht schütze die Leistung als solche vor Wettbewerb, die Marke sei eine Rechtszuteilung, um die Leistung unterscheidbar zu machen.
Die Verfasserin geht, wenn auch etwas knapp, auf den historischen Ursprung des Zeichenwesens ein. Die ökonomischen und rechtlichen Funktionen unterliegen einem sozialgeschichtlichen und gesellschaftlichen Wandel. Während die Reglementierung im Mittelalter eine territoriale Wirtschaftsfürsorge des Staates zu Zeicheneintragungen führte, sei es in der merkantilistischen Ära auch oder primär um staatliche Qualitätskontrolle gegangen.
Ob auch das Urheberrecht vor Verwechslungsgefahr schütze, gehört mit zu den Fragestellungen, bei denen hier zunächst die Unterschiede zwischen Markenrecht und Lauterkeitsrecht in den Blick genommen werden. Die Unterschiede zwischen der Ansicht des Bundesgerichtshofs, der eine empirische Rechtfertigung aufrecht erhalte zur Begründung eines größeren Schutzumfangs, und d |
|
Wildt, Michael, Volk, Volksgemeinschaft, AfD. Hamburger Edition, Hamburg 2017. 157 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wildt, Michael, Volk, Volksgemeinschaft, AfD. Hamburger Edition, Hamburg 2017. 157 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Der Begriff des Volks ist durch seine definitorische Unschärfe offen für politische Aufladung. Dies ist insofern von großer Bedeutung, als sich demokratische Gesellschaften auf das Volk als Souverän berufen und eine Bezugnahme auf dessen angeblichen Willen stets einen legitimatorischen Anspruch zum Ausdruck bringt. Da Volk und Volksgemeinschaft aber „politisch, kulturell und sozial definierte Gemeinschaften (sind), bei denen stets um die Zugehörigkeit, um Inklusion und Exklusion, gekämpft wurde“, sei das Volk ebenso „ein Leviathan, das keineswegs per se gut, vernünftig und friedlich ist“. Deshalb, so das Credo des vorliegenden Essays, der sich als eine „historisch-politische Intervention“ versteht, sei es besser, sich im Angesicht einer zunehmend globalisierten Welt von dem Begriff zu trennen. An seiner Stelle sollten künftig „Menschen, die das Recht haben, Rechte zu haben, in den Mittelpunkt des politischen Denkens“ treten (S. 13). Es komme darauf an, „dass wir das alte Volkskostüm ablegen, die heroische Bühne verlassen und uns als Menschen mit gleichen Rechten und gleicher Freiheit verstehen, die dabei sind, in Deutschland, in Europa und anderswo ihre politischen und sozialen Beziehungen neu zu regeln“ (S. 143).
Bekannter Weise ist die repräsentative Demokratie in Europa in den letzten Jahrzehnten vielfach von zumeist rechtsgerichteten Bewegungen herausgefordert worden, die wegen ihrer exklusiven Reklamation des Volkswillens, dessen Sprachrohr sie zu sein behaupten, unter dem Sammelbegriff des Populismus firmieren. Der Band nennt als Beispiele die Parteien von Umberto Bossi, Geert Wilders, Marine Le Pen, Heinz-Christian Strache und vergleichbare politische Bewegungen in Skandinavien. Der „Alternative für Deutschland“ (AfD) widmet sich der Verfasser ausführlicher. Er untersucht verschiedene programmatische Aussagen d |
|
Rupps, Martin, Kanzlerdämmerung. Wer zu spät kommt, darf regieren. Orell Füssli, Zürich 2017. 224 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rupps, Martin, Kanzlerdämmerung. Wer zu spät kommt, darf regieren. Orell Füssli, Zürich 2017. 224 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wer der nächste Führer eines Staates der Erde sein wird, wird sich niemals mit vollkommener Sicherheit vorhersagen lassen. Demgegenüber lässt sich die Geschichte von Vergangenheiten bei ausreichender Quellenlage einigermaßen sicher ermitteln, so dass aus ihr auch mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit allgemeine Regeln für das Geschehene abgeleitet werden können. Eine von ihnen ist die Aussage, dass in dem Falle der Kanzlerdämmerung regieren darf, wer zu spät kommt.
Verwendet hat sie der 1964 geborene, nach einem Volontariat bei einer Tageszeitung und einer Tätigkeit als Lokalredakteur sowie dem Studium von Politikwissenschaft, neuester Geschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte 1996/1997 in Freiburg im Breisgau über Helmut Schmidt – Politikverständnis und geistige Grundlagen promovierte Verfasser, der neben seiner Tätigkeit bei dem Südwestrundfunk und 3sat durch eine Reihe von Werken über die jüngere deutsche Politikgeschichte hervorgetreten ist. Sein vorliegendes, durch Bilder und Fotos sechser bekannter deutscher Politiker von Adenauer bis Merkel veranschaulichtes Werk gliedert sich in vierzehn Sachabschnitte. Sie betreffen die Bedeutungslosigkeit von Bundestagswahlen, den Ehrgeiz politischer Generationen, die Bundeskanzler in ihrer Zeit, Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl, Strauß, Schröder, Fischer, (unter Betriebsunfall) Merkel und Schäuble sowie demente und monarchische Bundespräsidenten, das Parfüm des Karl-Theodor zu Guttenberg, das Scheitern von Seiteneinsteigern, den Tod der Volksparteien, die Unentbehrlichkeit und die Jugendquote mit Juniorabgeordneten.
Im Ergebnis führt der viele interessante Geschehnisse geschickt verknüpfende Band zu einer einheitlichen Begründung für das Scheitern deutscher Kanzlerschaften. Der Verfasser sieht ihn darin, dass alle deutschen Bundesk |
|
Hett, Benjamin Carter, Der Reichstagsbrand. Wiederaufnahme eines Verfahrens, aus dem Englischen von Hielscher, Karin. Rowohlt, Reinbek 2016. 633 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hett, Benjamin Carter, Der Reichstagsbrand. Wiederaufnahme eines Verfahrens, aus dem Englischen von Hielscher, Karin. Rowohlt, Reinbek 2016. 633 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
In der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933 stand das Reichstagsgebäude in Berlin in Flammen. Der Niederländer Marinus van der Lubbe wurde als Brandstifter festgenommen und nach einem Prozess vor dem Leipziger Reichsgericht unter nachträglicher Verschärfung der Gesetzeslage („Lex van der Lubbe“) zum Tode verurteilt und hingerichtet, das Urteil erst 2008 aufgehoben. Das Ereignis lieferte den nationalsozialistischen Machthabern den idealen Anlass für die Aushebelung rechtsstaatlicher Garantien über die sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Aufgrund dieser Fakten sowie von Ungereimtheiten in Bezug auf das Brandgeschehen wurden bereits bei den Zeitgenossen Zweifel am Tathergang und in der Frage der Täterschaft laut, die in eine bis zur Gegenwart andauernde breite, juristisch und historisch ausgetragene Kontroverse mündeten. Der mit der größten Wahrscheinlichkeit versehenen, heute zumeist präferierten Einzeltäterhypothese stehen Auffassungen gegenüber, wonach die Tat entweder von Nationalsozialisten vorsätzlich ins Werk gesetzt worden sei, um einen Anlass zum scharfen Vorgehen gegen die Linke zu provozieren, oder aber dass man tatsächlich geglaubt habe, es handle sich bei der Brandstiftung um den Startschuss für einen allgemeinen kommunistischen Aufstand. Für alle diese Annahmen gibt es Anhaltspunkte, aber keine endgültigen Beweise.
Daran ändert auch das jüngste Werk des amerikanischen Juristen und promovierten Historikers Benjamin Carter Hett nichts, das 2014 unter dem Originaltitel „Burning the Reichstag. An Investigation into the Third Reich’s Enduring Mystery“ veröffentlicht und nun von Karin Hielscher ins Deutsche übertragen wurde. Zeichnerische Darstellungen des Reichstagsgebäudes mit Reichspräsidentenpalais und Kesselhaus sowie |
|
Ergänzungen und Nachträge (1934-1942) – Protokolle und Materialien der Ausschüsse für Filmrecht, das Recht der Handelsvertreter, Bodenkulturrecht, Wehrstaatsrecht, Arbeits- und Arbeitsschutzrecht und Völkerrecht, hg. v. Schubert, Werner (= Akademie für Deutsches Recht 1933-1945, Protokolle der Ausschüsse 22). Lang, Frankfurt am Main 2015. 777 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ergänzungen und Nachträge (1934-1942) – Protokolle und Materialien der Ausschüsse für Filmrecht, das Recht der Handelsvertreter, Bodenkulturrecht, Wehrstaatsrecht, Arbeits- und Arbeitsschutzrecht und Völkerrecht, hg. v. Schubert, Werner (= Akademie für Deutsches Recht 1933-1945, Protokolle der Ausschüsse 22). Lang, Frankfurt am Main 2015. 777 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
In der überaus verdienstvollen Reihe der Dokumentationen der Protokolle der Ausschüsse der „Akademie für Deutsches Recht“, die der Kieler Rechtshistoriker Werner Schubert seit Jahren erschließt, ediert und einleitet, sind wichtige Ergänzungen und Nachträge aus den Jahren 1934 bis 1942 erschienen. Sie ergänzen Materialien, indem sie als Nachträge zu fünf schon publizierten Bänden fungieren, weil sie in den früheren Bänden noch nicht berücksichtigt werden konnten.
Die Protokolle des Unterausschusses für das Recht der Handelsvertreter sind aus dem Jahre 1939 leider nicht überliefert. Man kann jedoch auf den Entwurf des Ausschusses zurückgreifen, der 1940 über die Beratungen informierte.
Das wichtige Material des Arbeitsrechtsausschusses hat sich in Protokollen nicht erhalten. Doch liegen immerhin die Entwürfe für ein Arbeitsverhältnis- und ein Arbeitsvertragsgesetz vor. Die dazu gebotenen Referate Alfred Huecks und H. C. Nipperdeys sind besonders aufschlussreich. Zum Arbeitsschutzgesetz haben sich immerhin eine Beratungsgrundlage und der Entwurf für ein Betriebsschutzgesetz erhalten.
Von erheblicher Bedeutung sind nicht nur rechtshistorisch, wie Schubert zurecht anmerkt, die Materialien des Ausschusses für Bodenkulturrecht, weil sie sich mit ökologischen Fragen befassen. Teile der Protokolle sind daher in dem Ergänzungsband versammelt.
Über die Kooperation mit österreichischen Juristen und die Bemühungen um Rechtsangleichung im Aktienrecht informiert das Protokoll eines Sonderausschusses. Andere Protokolle betreffen das Wehrstaat |
|
Reichsstadt im Religionskonflikt. Vierte Tagung des Mühlhäuser Arbeitskreises für Reichsstadtgeschichte. Mühlhausen 8. bis 10. Februar 2016, hg. v. Lau, Thomas/Wttmann, Helge (= Studien zur Reichsstadtgeschichte Band 4). Michael Imhof Verlag, Petersberg 2017. 400 S., 77 Farbabb., 10 Schwarz/weiß-Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reichsstadt im Religionskonflikt. Vierte Tagung des Mühlhäuser Arbeitskreises für Reichsstadtgeschichte. Mühlhausen 8. bis 10. Februar 2016, hg. v. Lau, Thomas/Wttmann, Helge (= Studien zur Reichsstadtgeschichte Band 4). Michael Imhof Verlag, Petersberg 2017. 400 S., 77 Farbabb., 10 Schwarz/weiß-Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.
Mit der inzwischen erprobten Zuverlässigkeit legt der Mühlhäuser Arbeitskreis für Reichsstadtgeschichte seinen vierten Band, der opulent mit Abbildungen ausgestattet ist, mit den Ergebnissen der Tagung im Februar 2016 zum Abschluss der fünften Tagung vor, die sich mit den Auswirkungen des Religionskonflikts auf das Leben in den jeweiligen Reichsstädten befasste. Die 17 Beiträge der Aufsatzsammlung bringen wiederum eine breite Palette der behandelten Reichsstädte. C. Schrenk behandelt das Leben der Juden in der Reichsstadt Heilbronn. Seit dem belegten Beginn jüdischen Lebens in der Stadt (um 1050) folgen Pogrome unterschiedlicher Schwere, beginnend mit dem sogenannten ‚Rintfleischpogrom‘ (1298). Kaiserlicher Judenschutz ist seit Karl IV. nachgewiesen, ihm folgte Sigismund (1414). Beide sahen in dem Schutz eine Quelle zur Bereicherung des Reichs und auch der Fürsten. Dennoch kam es 1437/1469 zu Vertreibungen, nach denen nur zögerlich und unter demütigenden Auflagen jüdisches Leben möglich war. Mit einer Urkunde, welche die Stadt drucken ließ (1543), verhängte Kaiser Ferdinand ein Verbot von Geldgeschäften durch Juden mit Heilbronner Bürgern. Judenordnungen (1667/1737) regelten die Restriktionen im Leben in der Stadt bis zum Ende der Reichsstadt (1802/1803). A. Willershausen beschreibt religiöse und militärische Aspekte der ‚Reichsstädte der Wetterau im Zeitalter der Hussitenkriege (1419 – 1431)‘. Hierbei handelten Wetzlar, Friedberg und Gelnhausen gemeinsam im Rahmen des ‚Kreuzzuges‘ gegen die Hussiten. Als eine wichtige Quelle wird die Stadtbuchchronik J. Brells ausgewertet. Die Beteiligung der Wetterauer Reichsst |
|
Die mittelalterliche Thronfolge im europäischen Vergleich, hg. v. Becher, Matthias (= Vorträge und Forschungen 84). Thorbecke, Ostfildern 2017. 483 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die mittelalterliche Thronfolge im europäischen Vergleich, hg. v. Becher, Matthias (= Vorträge und Forschungen 84). Thorbecke, Ostfildern 2017. 483 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
In dem von Altertum und Neuzeit eingerahmten mittleren Zeitalter der europäischen Geschichte überwog der Gedanke der Monarchie die Vorstellungen von Demokratie und Republik noch so sehr, dass die meisten politischen Gemeinschaften von Monarchen bestimmt wurden. Nach dem kurzen Vorwort des Herausgebers des vorliegenden stattlichen Bandes hat sich der geschichtswissenschaftliche Blick auf das Mittelalter in den letzten Jahren insgesamt gewandelt. Dies ermöglicht einen neuen Zugriff auf „alte“ Themen, weshalb auf der Tagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte von dem 24. bis zu dem 27. September 2013 mit der Thronfolge erneut eine grundsätzliche und vieldiskutierte Thematik auf dem Programm stand, die vor dem Hintergrund der neuesten Tendenzen der Forschung erörtert und beleuchtet werden konnte.
Der daraus erwachsene Tagungsband umfasst zusammen mit einem ergänzenden Beitrag Rudolf Schieffers über die Ausbreitung der Königssalbung im hochmittelalterlichen Europa insgesamt 13 Studien, an deren Spitze einführende Gedanken des Herausgebers zur Gesamtthematik stehen. Danach beginnt Ralph-Johannes Lilie mit der Sicherung der Herrschaftsnachfolge in Byzanz zwischen Erbkaisertum und Wahlmonarchie. Eine in der Folge naheliegende Untersuchung über Russland ließ sich leider nicht verwirklichen.
In der Folge erörtert Brigitte Kasten testamentarische Regelungen zur Integration der Königssöhne in die Familienherrschaft, während Steffen Patzold an Hand eines wenig beachteten Textes des 11. Jahrhunderts die Vorbereitung auf einen Thronwechsel behandelt und Michaela Muylkens die rivalisierende Königsherrschaft als Form der Herrschaftsnachfolge betrachtet. Alheydis Plassmann untersucht die Herrschaftsnachfolge in England zwischen Erbschaft, Wa |
|
Sundermeyer, Olaf, Bandenland. Deutschland im Visier von organisierten Kriminellen. Beck, München 2017. 175 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sundermeyer, Olaf, Bandenland. Deutschland im Visier von organisierten Kriminellen. Beck, München 2017. 175 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Vermutlich bald nach Entstehung von Besitz und Eigentum an Sachen begann in der Geschichte auch deren Gefährdung und Verteidigung. Mit ihrer Anhäufung in dem Laufe der Zivilisation stieg auch die Zahl der Verletzungen. Dementsprechend haben nach dem Klappentext des vorliegenden, durch ein gesprengtes Vorhängeschloss veranschaulichten Taschenbuchs die Einbrüche in Deutschland in den letzten zehn Jahren um ein Drittel zugenommen. Mehr als vier Fünfteln der Deutschen bereitet die wachsende Eigentumskriminalität Sorgen.
In ihnen beschäftigt sich der in Dortmund 1973 geborene, nach dem dortigen Abitur des Jahres 1992 und dem Irrtum Bundeswehr in Bochum in Rechtswissenschaft und in Dortmund in Journalistik ausgebildete, fünf Jahre als studierender Gastwirt in Dortmund, danach als Tourguide in den Vereinigten Staaten von Amerika, als Mitarbeiter einer Abgeordneten aus Sachsen in dem Bundestag sowie nach einem zweijährigen Volontariat bei der hessischen/niedersächsischen Allgemeinen in Kassel hauptsächlich als Redakteur bzw. Journalist tätige, seit 2009 fünf Bücher sowie seit 2014 fünf Filme veröffentlichende, zuletzt bei dem Rundfunk Berlin-Brandenburg als Experte für das Thema innere Sicherheit in der Redaktion Investigatives und Hintergrund wirkende Verfasser. Er gliedert seine Bestandsaufnahme nach einer Einleitung in fünf Sachkapitel. Sie betreffen den Tatort Deutschland, den Preis der Freiheit, den großen Klau, Ausbildungsstätten des Verbrechens und einen schwierigen Fall, an den in einem Anhang am Ende 60 Anmerkungen angeschlossen werden.
Nach den Erkenntnissen des Autors bleibt bei den von ihm erfassten Straftaten „die überwiegende Zahl ungesühnt, die Täter straflos, die Opfer hilflos und der Staat im Kampf gegen die organisierte Kriminalität machtlos“. Die Ursachen hierfür sind vielfältig |
|
Hauth, Anja Friederike, Sitzungspolizei und Medienöffentlichkeit. Eine verfassungsrechtliche Rekonstruktion. Duncker & Humblot, Berlin 2017. 371 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hauth, Anja Friederike, Sitzungspolizei und Medienöffentlichkeit. Eine verfassungsrechtliche Rekonstruktion. Duncker & Humblot, Berlin 2017. 371 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Das Spannungsverhältnis zwischen Maßnahmen vorsitzender Richter als „Sitzungspolizei“, vor allem in Aufsehen erregenden Zivilprozessen und Strafprozessen, wie etwa betreffend den NSU in München, zu den Medien, ihren Vertretern und der an Bildern und Berichten interessierten Öffentlichkeit ist in den letzten Jahren deutlicher hervorgetreten. Wenn das Gericht sogar befugt sein soll, den Medien Anonymisierung vorzuschreiben, wird ein Interessenkonflikt deutlich, der über die traditionellen Konflikte zwischen Individuen und Berichterstattern hinausgeht. Die komplexen Fragestellungen, die das Werk der Verfasserin, eine Freiburger Dissertation (Betreuer Johannes Masing), aufgreift, haben schon mehrfach das Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Die Regelungen von Sitzungspolizei und möglicher Einschränkung treten in Konflikt mit Reichweiten und Beschränkungen der Bildberichterstattung nach §§ 22, 23 KUG i. V. m. Art. 5 GG. An dieser Arbeit wird zunächst unter den Perspektiven des § 169 GVG die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zur Bildberichterstattung aus Prozess-Sälen dargestellt. In einem weiteren Abschnitt bilden die Ansichten des Bundesgerichtshofs und der Literatur das Zentrum. Hier geht es um mehrpolige Rechtsverhältnisse zwischen Gerichtsvorsitzenden, Verfahrensbeteiligten und Medien. Die Frage nach einem durch Verbote etwa möglichen höheren Persönlichkeitsschutz stellt sich. Wie auch in anderen Fallkonstellationen zwischen Entscheidungen polizeilicher Einsatzleiter gegenüber Berichterstattern und Medien ist ein Problem, wem letztlich die Abwägungsverantwortung zukommt. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat in diesen Fällen die Verantwortung den Medien übertragen. Die Widersprüche sollen dann in einem dritten Kapitel aufgelöst werden |
|
Oltmer, Jochen, Migration. Geschichte und Zukunft der Gegenwart. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss, Darmstadt 2017. 288 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oltmer, Jochen, Migration. Geschichte und Zukunft der Gegenwart. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss, Darmstadt 2017. 288 S., Ill. Besprochen von Werner Augustinovic.
Seit seiner Frühzeit ist der Mensch aus vielerlei Gründen angehalten, in Bewegung zu bleiben und seinen Aufenthaltsort zu verändern. Als soziales, auf Gemeinschaft angewiesenes Wesen vollzieht er solche Bewegungen üblicher Weise in kleineren oder größeren Gruppen. Unter den Begriff Migration fallen „jene Formen regionaler Mobilität, die weitreichende Konsequenzen für die Lebensläufe der Wandernden haben und aus denen sozialer Wandel resultiert“, eine Definition, die Bewegungen wie „touristische Unternehmungen, Reisen oder das tägliche Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsort“ ausschließt. Zumeist sei Migration „verbunden mit einem längerfristigen Aufenthalt andernorts und als Verlagerung des Lebensmittelpunktes von Individuen, Familien oder Kollektiven angelegt“ (S. 20f.). Allgemein als Abwanderung und Zuwanderung, im Staatsgrenzen überschreitenden Kontext als Auswanderung und Einwanderung vollzieht sich Migration in vielerlei Form; durch je eigene Spezifika sei etwa zwischen der Arbeitswanderung, der Bildungs- und Ausbildungswanderung, der Dienstmädchen- und Hausarbeiterinnenwanderung, der Entsendung (Kaufleute, Militär, Beamte, Missionare), der Gesellenwanderung, der Gewaltmigration (Flucht, Evakuierung, Vertreibung, Deportation, Umsiedlung), der Heirats- und Liebeswanderung, der Lebensstil-Migration, dem Nomadismus (Migration als Struktur), der Siedlungswanderung, dem Sklaven- und Menschenhandel, der Wanderarbeit (im Baugewerbe zwischen Großbaustellen) und dem Wanderhandel (Hausierer) zu unterscheiden. Sogenannte Migrationsregime – „ein Geflecht von Normen, Regeln, Konstruktionen, Wissensbeständen und Handlungen institutioneller Akteure, die Migrationsbewegungen kanalisieren und Migranten kategorisieren“ (S. 38) – beschränken die Autonomie des Handelns der Migranten.
|
|
Biographisches Handbuch des geistigen Eigentums, hg. v. Apel, Simon/Pahlow, Louis/Wießner, Matthias. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XV, 292 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Biographisches Handbuch des geistigen Eigentums, hg. v. Apel, Simon/Pahlow, Louis/Wießner, Matthias. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XV, 292 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Das Biographische Handbuch des Geistigen Eigentums unternimmt es, die Geschichte der Disziplin „aus der Perspektive seiner Akteure“ (Louis Pahlow) rechtshistorisch darzustellen und inhaltlich sowie bio-bibliographisch zu dokumentieren. Aus dem Bayreuther DFG-Graduiertenkolleg Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit“ (2006-2015) hervorgegangen, verfolgen Herausgeber und Autoren den Anspruch, die Biographie von Persönlichkeiten in den Kontext historischer Abläufe zu stellen. Das Werk füllt eine Lücke aus. Damit wird angesichts der Zäsur von 1933 zugleich eine Geschichte der Emigration vieler bedeutender Wissenschaftler und Praktiker vorgelegt. Verfolgung, Vertreibung und Ermordung einer sehr hohen Zahl dieser Gruppe sind bisher nur in Ausschnitten erforscht. Für eine umfassendere Geschichte des geistigen Eigentums zwischen 1933 und 1945 ist hier auch der Grund gelegt.
Die Zusammenstellung konzentriert sich auf eine Auswahl von deutschsprachigen Juristen, die das Rechtsgebiet maßgeblich geprägt haben. Die zeitliche Spannweite reicht vom 18. Jahrhundert bis in die nahe Gegenwart. Gewiss kann ein solches, aufwendiges und sehr begrüßenswertes Unterfangen keine Vollständigkeit beanspruchen. Die Auswahl ist gleichwohl sehr gut begründet. Die Größen des 18. Jahrhunderts (R. Z. Becker, J. H. Böhmer, J. A. Reimarus, J. R. Thurneysen, J.S. Pütter) stehen neben denen des 19. Jahrhunderts wie Josef Kohler, Karl von Gareis, Otto Dambach oder J. E. Hitzig. Im 20. Jahrhundert durften Philipp Allfeld, Rudolf Callmann, Kurt Haertel, Willy Hoffmann, Heinrich Hubmann, Julius Kopsch und Philipp Möhring nicht fehlen. Diethelm Klippel stellt Kohler, Louis Pahlow im dogmatischen Zusammenhang die Theorie des Immaterialgüterrechts eindrücklich dar.
Im ersten Drittel des 20. |
|
Scholz, Juliane, Der Drehbuchautor. USA-Deutschland. Ein historischer Vergleich. transcript, Bielefeld 2016. 412 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Scholz, Juliane, Der Drehbuchautor. USA-Deutschland. Ein historischer Vergleich. transcript, Bielefeld 2016. 412 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen.
Der Drehbuchautor ist eine im Urheberrecht und im Vertragsrecht vernachlässigte Figur. Zwischen dem Autor des vorbestehenden Werkes und dem Regisseur wie dem Produzenten fristet er faktisch wie rechtlich ein etwas marginalisiertes Dasein. Die interessante sozialgeschichtliche Arbeit zur Entwicklung und Rolle des Drehbuchautors im Kontext der Filmentwicklung, wohl die erste dieser Art, vermittelt dem unbekannten Wesen durchaus plastische historische Kontur. Die Verfasserin liefert damit auch für Rechtsgeschichte, Dogmatik und Rechtspolitik systematisch ermitteltes anschauliches Material. Als Angestellter, als arbeitnehmerähnlicher oder freier Urheber tritt er meist mit seinen multilateralen Abhängigkeiten und Sachzwängen hinter die publikumswirksamen Schauspieler und Regisseure zurück. Wie unterschiedlich sich die Normbasis und die Vertragbasis, der professionelle und soziale Status in den USA mit der doch anderen Filmwirtschaftsgeschichte darstellen, wird ebenso deutlich wie die dort wirksameren Strategien der Gewerkschaften bis hin zu sehr effektiven Autorenstreiks. An prägnanten Beispielen der Filmgeschichte werden auch Strukturen verdeutlicht. Die erheblichen Unterschiede der Länder, aber auch der Gesellschaftsordnungen in Hollywood, bei der UFA und in Babelsberg nach 1933 und schließlich in der Deutschen Demokratischen Republik bewirkten sehr differierende Produktionsbedingungen und Zensurbedingungen. Für eine reale Einschätzung wären die ausführlicheren, quantitativen Entwicklungslinien noch besser geeignet gewesen. Die Zahlen der Berufsverbände allein könnten die Gewichte verschieben. Was an Statistiken bezüglich Status und Honorare bisher vorliegt, täuscht manchmal darüber hinweg, dass in diesem Feld nur ein höchst professioneller Numerus clausus mit permanenter auskö |
|
Recht und Konsens im frühen Mittelalter, hg. v. Epp, Verena/Meyer, Christoph H. F. (= Vorträge und Forschungen 82). Thorbecke, Ostfildern 2017. 487 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Recht und Konsens im frühen Mittelalter, hg. v. Epp, Verena/Meyer, Christoph H. F. (= Vorträge und Forschungen 82). Thorbecke, Ostfildern 2017. 487 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wie das Recht in seinem Anfang entstand, entzieht sich in Ermangelung diesbezüglicher Quellen der menschlichen Kenntnis, doch stehen jedenfalls in späteren Zeiten die Bildung durch Konsens aller Betroffenen und die Setzung durch einen oder einige über alle Betroffenen nebeneinander. Unabhängig hiervon kann geschaffenes Recht trotz Setzung bei Fehlen jeglicher Akzeptanz der Betroffenen kaum auf Dauer von Bestand bleiben. Dementsprechend ist das Verhältnis von Recht und Konsens im frühen Mittelalter von großem rechtsgeschichtlichem Interesse.
Mit ihm beschäftigt sich sehr ausführlich der vorliegende Band, der sich aus 14 Beiträgen zusammensetzt, welche in Zusammenarbeit von allgemeiner Geschichte und besonderer Rechtsgeschichte für die von dem Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte e. V. auf der Insel Reichenau von dem 27. bis zu dem 30. März 2012 verfasst und für den Druck überarbeitet und teilweise erweitert wurden. Dabei wurden nach einer historischen Einführung der Herausgeberin in das Thema und einem Überblick des Herausgebers über Konsens in der Rechtsgeschichte des frühen Mittelalters theologische Perspektiven bei Gregor dem Großen, die Geltung kraft Konsenses oder kraft königlichen Befehls in der lex Romana unter den Westgoten, Burgundern und Franken, das Westgotenreich als mögliches Beispiel des Misslingens konsensualer Herrschaft, irische Rechtstexte des siebten bis neunten Jahrhunderts, das ostgotische Königtum nach Theoderich, das Verhältnis von Konsens und Argumentation bei König Rothari, die Semantik der Bezeichnungen leudes, fara, faramanni und farones, Konsens und consensus im Merowingerreich, Herrschaft und Konsens in der Lex Baiuvariorum und den Decreta Tassilonis, die Verfolgungsgeschichte Victors von Vita in dem vandalische |
|
Durrer, Antonia, Die Kreuzfahrerherrschaften des 12. und 13. Jahrhunderts zwischen Integration und Segregation. Zeitgenössische und moderne Stimmen im Vergleich (= Mittelalter-Forschungen 51). Thorbecke, Ostfildern 2016. IX, 407 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Durrer, Antonia, Die Kreuzfahrerherrschaften des 12. und 13. Jahrhunderts zwischen Integration und Segregation. Zeitgenössische und moderne Stimmen im Vergleich (= Mittelalter-Forschungen 51). Thorbecke, Ostfildern 2016. IX, 407 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seit Beginn seiner Geschichte verfolgt der Mensch eigene Interessen, die in der Regel zugleich auch gegen die Interessen anderer Mitmenschen gerichtet sind. Deswegen sind wohl überall auf der Erde zahllose zwischenmenschliche Konflikte entstanden, in denen eigene Interessen mit den unterschiedlichsten Begründungen gegenüber anderen verfolgt wurden. Auch wenn die verschiedenen Religionen ihre Ziele bestmöglich zu rechtfertigen versuchen, sind auch sie in den meisten Fällen für vielfaches menschliches Leid ursächlich geworden.
Einen Teilaspekt dieser Problematik behandelt die Verfasserin in ihrer von Rainer C. Schwinges angeregten und geförderten, in dem März 2013 an der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern erfolgreich verteidigten, von dem schweizerischen Nationalfonds in dem Rahmen des Forschungsprojekts über die Kreuzfahrerstaaten als multikulturelle Gesellschaft geförderten, dicht gesetzten Dissertation. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Forschungsgegenstand und Aufbau der Arbeit, Methodik und Vorgehensweise sowie Forschungsstand in vier Sachabschnitte. Diese betreffen Religionen und Konfessionen in den Kreuzfahrerherrschaften (Christen, Islam, Juden und Samaritaner), die multireligiösen Kreuzfahrerherrschaften in der Pilgerliteratur, die multireligiösen Kreuzfahrerherrschaften in den Geschichtswerken und die multireligiösen Kreuzfahrerherrschaften in dem Wissenschaftsdiskurs zwischen dem älteren Integrationsmodell und dem jüngeren Segregationsmodell sowie der jüngsten Suche nach Alternativen, in deren Rahmen die Verfasserin drei Thesen vertritt.
Danach war die religiöse Differenz in den zeitgenössischen Schriftquellen vorhanden und dient |
|
Peters, Karl-Heinz, Von der Gemeinnützigkeit zum Profit. Privatisierungsopfer Gehag – Herausforderung für alternative Wohnungspolitik, mit einem Vorwort von Holm, Andrej. VSA-Verlag, Hamburg 2016. 118 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerPetersvondergemeinnützigkeitzumprofit20170412 Nr. 16384 ZIER 7 (2017) 82. IT
Peters, Karl-Heinz, Von der Gemeinnützigkeit zum Profit. Privatisierungsopfer Gehag – Herausforderung für alternative Wohnungspolitik, mit einem Vorwort von Holm, Andrej. VSA-Verlag, Hamburg 2016. 118 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Trotz der unfasslichen Weite des Universums sind die von Menschen angestrebten Güter auf der Erde knapp. Der zwischenmenschliche Wettbewerb um sie hat in der geschichtlichen Entwicklung zu ihrer ungleichen Verteilung geführt. Deswegen gibt es seit langer Zeit für viele Menschen zu wenig Wohnraum zu erschwinglichen Preisen an begehrten Orten.
Aus diesem Grunde hat sich neben einer profitorientierten Baupolitik einzelner Unternehmer seit dem 19. Jahrhundert auch eine gemeinnützige Wohnungspolitik sozialer Orientierung entwickelt. Der 1912 geborene Verfasser beschreibt in dem vorliegenden Band im Alter von 104 Jahren kurz vor seinem Tode die Geschichte der 1924 gegründeten Gemeinnützigen Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft (Gehag) in Berlin, die nach dem Vorwort eng mit dem Wirken des Stadtbaurats Martin Wagner verbunden war, der das städtebauliche Ideal der Gartenbaustadt verfolgte und mittels des 1920 ins Leben gerufenen gewerkschaftsnahen Verbands sozialer Baubetriebe das Allgemeinwohl zu fördern versuchte. Die Gehag errichtete unter Martin Wagner und seinen Nachfolgern als Tochtergesellschaft der von verschiedenen Gewerkschaften, Verbänden und Genossenschaften geschaffenen Deutschen Wohnfürsorge AG für Beamte, Angestellte und Arbeiter (Dewog) bis 1932 mehr als 10000 Wohnungen, wurde aber nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten der Deutschen Arbeitsfront untergeordnet.
Der Verfasser wurde 1951 Notvorstand der wiederbelebten Gehag, 1953 alleinvertretungsberechtigter Vorstand. In zwölf Abschnitten über das zeitgenössische Umfeld, Gründung und Gründer, städtebauliche Leistungen zwische |
|
Huber, Florian, Kind, versprich mir, dass du dich erschießt. Der Untergang der kleinen Leute 1945. Berlin Verlag, Berlin 2015, ungekürzte Taschenbuchausgabe. Piper, München 2016. 303 S., 9 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Huber, Florian, Kind, versprich mir, dass du dich erschießt. Der Untergang der kleinen Leute 1945. Ungekürzte Taschenbuchausgabe. Piper, München 2016. 303 S., 9 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Obwohl die Dauer der Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland gerade einmal zwölfeinhalb Jahre betrug, vermochte dieses System die Menschen in vielerlei Art so stark zu vereinnahmen, dass mit dessen Zusammenbruch und dem Ableben Adolf Hitlers für manche das Ende der Welt gekommen schien. Nicht nur die schwer belasteten Spitzen wie Hitler selbst, Goebbels, Himmler (auf der Flucht erkannt) oder Göring (nach der Verkündung des Nürnberger Urteils) suchten ihr Heil im Tod von eigener Hand. Gefühle von Angst, Sinnverlust, Selbstmitleid und Schuld trieben eine nicht geringe Anzahl deutscher Bürger – „kleine Leute“ – in die Selbsttötung. Manchenorts, wie in der von 15.000 Einwohnern und einigen Tausend Flüchtlingen belegten Kleinstadt Demmin in Vorpommern, hat dieses Verhalten epidemische Züge angenommen. Wohl mehr als 900 von ihnen legten Hand an sich oder wurden Opfer ihrer Familienangehörigen im Zuge erweiterter Suizide.
Doch abstrakte Zahlen sind nur eine Seite der Medaille, sie werden aufgenommen, mit Erstaunen, vielleicht auch mit Erschrecken registriert, um doch bald wieder im Nebel des Vergessens unterzugehen. Erst die Betrachtung der individuellen Schicksale erzeugt Bilder und empathische Anteilnahme und ist zugleich die Voraussetzung für ein tieferes Verständnis der dem allgemeinen Phänomen zugrunde liegenden Mechanismen. Dessen ist sich auch der 1967 in Nürnberg geborene Florian Huber bewusst, promovierter Historiker und als Dokumentarfilmer journalistisch erfahren. Seine höchst erfolgreiche Auseinandersetzung mit der Selbstmordwelle von 1945 – das Buch erschien 70 Jahre nach dem Kriegsende 2015 im Berlin-Verlag der Piper Verlagsgesellschaft, wurde wegen des großen Publikumsinteresses bald auch als Paperback aufgelegt und mittl |
|
Das „Dritte Reich“ nach Hitler. 23 Tage im Mai 1945. Eine Chronik, v. Hesse, Klaus, mit einem Essay von Paul, Gerhard, hg. v. Nachama, Andreas. Hentrich & Hentrich, Berlin 2016. 344 S., 230 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das „Dritte Reich“ nach Hitler. 23 Tage im Mai 1945. Eine Chronik, v. Hesse, Klaus, mit einem Essay von Paul, Gerhard, hg. v. Nachama, Andreas. Hentrich & Hentrich, Berlin 2016. 344 S., 230 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Angesichts der unaufhaltsamen Niederlage in dem von ihm ausgelösten zweiten Weltkrieg tötete Adolf Hitler die ihm an dem Tage zuvor angetraute Ehefrau Eva Braun und sich selbst in Berlin an dem 30. April 1945. An dem 7. Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich in Reims und am 8. Mai in Berlin gegenüber den alliierten Siegermächten insgesamt. Gleichwohl bestand das Ditte Reich noch vom 1. Mai/8. Mai bis zum 23. Mai 1945 in eingeschränkter Form fort. Diesem Überrest ist von dem Ausstellungskurator und wissenschaftlichen Mitarbeiter der Stiftung Topographie des Terrors in Berlin Klaus Hesse, dem Direktor der Stiftung und Professor im Ruhestand an dem Lander Institute for Communication about the Holocaust and Tolerance des Touro College in Berlin Andreas Nachama und dem Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der Universität Flensburg der vorliegende Sammelband gewidmet, der eine Ausstellung begleiten sollte, die aus finanziellen Gründen leider nicht stattfinden konnte.
Gegliedert ist das Werk nach Vorwort und Einführung in insgesamt fünf Teile und einen Anhang. Dabei wird unter dem Titel Untergang zunächst der militärische Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ in dem Frühjahr 1945 geschildert, ehe die Chronik der Ereignisse von Hitler zu Dönitz bzw. von Berlin nach Flensburg zwischen dem 1. und 23. Mai 1945 dargestellt wird. Zwei umfangreiche Exkurse befassen sich mit Kapitulation – Dönitz, Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) und die „geschäftsführende Reichsregierung“ bzw. mit der „Rattenlinie Nord“ bzw. den bei Kriegsende nach Schleswig-Holstein geflohenen nationalsozialistischen Funktionären.
In diesem Rahmen werden neben zahlreichen Abbildungen (auf den Seiten 122ff.) Kurzbiographien von Karl Dö |
|
Lehnhardt, Jochen, Die Waffen-SS – Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda (= Krieg in der Geschichte 100). V&R, Göttingen 2017. 629 S., 18 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lehnhardt, Jochen, Die Waffen-SS – Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda (= Krieg in der Geschichte 100). V&R, Göttingen 2017. 629 S., 18 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Spätestens seit der Entstehung des Selbstbewusstseins sorgt sich der Mensch auch um seinen Ruf. Im Zweifel wünscht er sich ihn besser als die in dem Zusammenleben mit den Mitmenschen ablaufende Wirklichkeit, weil ihm ein möglichst guter Ruf bei der Erreichung der von ihm angestrebten Ziele behilflich sein kann. Deswegen schreckt er notfalls vor einer Legendenbildung ebensowenig zurück wie vor der Enthüllung der Wahrheiten anderer, obgleich nach dem Vorspruch des vorliegenden Buches im Krieg die Wahrheit das erste Opfer ist.
Obwohl es nach der Einleitung des Verfassers zu dem Druck seiner von Sönke Neitzel angeregten und betreuten, von der Universität Mainz 2015 angenommenen Dissertation nun schon mehr als 75 Jahre her ist, dass Adolf Hitlers Wehrmacht Polen überfiel, besteht auch in der Gegenwart von der Waffen-SS ein festgefügtes Bild, das sie allgemein als elitäre, gut gerüstete, aber nationalsozialistisch ideologisierte Kampftruppe sieht, berühmt-berüchtigt durch ihren Fanatismus in der Schlacht und ihre Kriegsverbrechen. Dem widerspricht beispielsweise aber, dass Sönke Neitzel bei exemplarischen Vergleichen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Spitzenverbänden von Heer und Waffen-SS etwa hinsichltich der Häufigkeit der Frontverlegungen einzelner Divisionen, der Bewaffnung oder der verliehenen höheren Orden feststellen konnte, so dass der Ursprung des Bildes in der Darstellung der Waffen-SS durch die nationalsozialistische Propaganda vermutet werden kann. Dem geht der Verfasser in vier Abschnitten über Grundlagen, die Organisation der deutschen Kriegspropaganda, die Kriegspropaganda der SS, Inhaltsanalysen und einen Ausblick nach.
Diese Fragestellung hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Arbeit des Verfassers das besonde |
|
Hambrecht, Rainer, Die braune Bastion. Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1922-1933). Petersberg 1976, 2. Aufl. Michael Imhof Verlag 2017. 408 S., Abb., Diagr., Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hambrecht, Rainer, Die braune Bastion. Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1922-1933). Petersberg 1976, 2. Aufl. Michael Imhof Verlag 2017. 408 S., Abb., Diagr., Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach dem Ende des von Adolf Hitler in verblendeter Überschätzung begonnenen zweiten Weltkriegs ging ein Teil der Deutschen von einer Niederlage der Achsenmächte gegen die alliierten Sieger aus, während andere über die Befreiung von der Diktatur Adolf Hitlers jubelten. Noch zwanzig Jahre später wurde jüngeren Diskutanten in dieser politischen Auseinandersetzung entgegengehalten: „Du kannst ja gar nichtmitreden, du hast das ja nicht miterlebt“. Diese grundsätzliche Abweisung veranlasste den Verfasser des vorliegenden Werkes zu seiner an der Universität Würzburg 1975 angenommenen Dissertation.
Seitdem ist viel Zeit vergangen und das neue, die Ablehnung entkräftende Werk zog zahlreiche zusätzliche Untersuchungen nach sich. Rund vierzig Jahre nach dem ersten Erscheinen haben sich Autor und Verlag zu einer neuen Auflage entschieden, in die zahlreiche Abbildungen, Grafiken und Dokumente eingearbeitet wurden. Dadurch kann das Buch zahlreiche neue Interessenten für die auf eintausend Exemplare beschränkte Ausgabe finden.
Warum Franken für den Nationalsozialismus überdurchschnittlich empfänglich war, begründet der Verfasser dabei vor allem mit den wirtschaftlichen Krisen nach dem ersten Weltkrieg. Sie berührten die kleinbürgerlich-kleinbäuerliche Bevölkerung Mittelfrankens in besonderem Maße. Hinzu kam eine rational nur bedingt erklärbare allgemeinere Sympathie der Protestanten für die neue Bewegung, die Hitler 1936 zu dem Ausspruch veranlasste, dass es ein Wunder der Zeit sei, „dass ihr mich gefunden habt unter so vielen Millionen“, und Deutschlands Glück, „dass ich euch gefunden habe“, was sich allerdings binnen einem Jahrzehnt in weitgehende Enttäuschung und vollkommenen Untergang verwandelte.
Innsbruck |
|
Tesch, Sebastian, Albert Speer (1905-1981) (= Hitlers Architekten 2). Böhlau, Wien 2016. VIII, 337 S., 234 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Tesch, Sebastian, Albert Speer (1905 – 1981) (= Hitlers Architekten 2). Böhlau, Wien 2016. VIII, 337 S., 234 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als Nachfolger des recht früh verstorbenen Paul Ludwig Troost (1878 – 1934), über den Timo Nüsslein im ersten Band (2012) der von Winfried Nerdinger und Raphael Rosenberg betreuten Reihe „Hitlers Architekten. Historisch-kritische Monografien zur Regimearchitektur im Nationalsozialismus“ berichtet hat – 2014 ist dort auch bereits der dritte, vorgezogene Band Lioba Schmitt-Inkamps über den Gestalter des Obersalzbergs, Roderich Fick (1886 – 1955), erschienen –, zählt der in der Folge zum „Lieblingsarchitekten“ Adolf Hitlers avancierte Albert Speer (1905 – 1981) zu den prominenten Exponenten des nationalsozialistischen Regimes. Diesem besonderen persönlichen Naheverhältnis zum Diktator, dazu einem überdurchschnittlichen Organisationstalent in Verbindung mit dem erforderlichen Ehrgeiz verdankte sich seine Berufung in das Amt des Rüstungsministers, das mit außerordentlichen Machtbefugnissen zur Ausnützung sämtlicher wehrwirtschaftlichen Ressourcen ausgestattet war. Wie man heute weiß, bestehen keine Zweifel, dass Speer in dieser Funktion in verschiedene Verbrechenskomplexe der nationalsozialistischen Herrschaft verantwortlich verstrickt war. Dem bald nach Kriegsende in Nürnberg installierten Internationalen Militärtribunal gegen die Spitzenfunktionäre des Dritten Reichs mangelte es jedoch noch vielfach an umfassenden Einblicken in die komplexe Herrschaftspraxis der Institutionen des NS-Staates, sodass es Albert Speer mit Geschick verstand, durch das Kleinreden seiner Kompetenzen, das Suggerieren einer vernunftgesteuerten, widerstandsnahen Haltung und nicht zuletzt durch sein positiv wahrgenommenes persönliches Charisma dem drohenden Todesurteil zu entgehen.
Die Herausgeber nennen zwei Gründe für die Verzögerung beim Erscheinen dieses zweiten Bandes der Reihe: Nach und nach „wurde deutlich, dass d |
|
Museum und Tourismus. Ein Handbuch zur Nutzung touristischer Potenziale, hg. v. Neiß, Herta/Landa, Klaus. Böhlau, Wien 2017. 285 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Museum und Tourismus. Ein Handbuch zur Nutzung touristischer Potenziale, hg. v. Neiß, Herta/Landa, Klaus. Böhlau, Wien 2017. 285 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das Museum als ursprüngliches Heiligtum der Musen erscheint mit diesen in dem griechischen Altertum, in dem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse einiger Menschen bereits so sehr gebessert hatten, dass sie ihre Lebenszeit nicht mehr ausschließlich für den unmittelbaren Nahrungserwerb verwenden mussten. Seitdem geht es immer mehr Menschen wirtschaftlich immer besser, während sich ihre körperlichen Aktivitäten infolge erleichterten Nahrungsmittelerwerbs verminderten. Aus diesem Grund wurden in der späteren Neuzeit vor allem zum Ausgleich der zurückgehenden Landwirtschaft Sport und Tourismus geschaffen und angenommen.
Nach dem Vorwort der hier ansetzenden Veröffentlichung tun sich vor allem Museen mit Touristen immer noch schwer und die Zusammenarbeit zwischen Museen und Freizeitwirtschaft kommt nur allmählich in Bewegung. Weil sie aber von beiderseitigem Vorteil ist, stößt die Kooperation zwischen touristischen Leistungsträgern und professionell arbeitenden Kulturpartnern in dem Rahmen einer auf den Gast ausgerichteten Akquisestrategie an sich durchaus auf allgemeineres Interesse. Den damit verbundenen vielfältigen Fragen gehen insgesamt 25 interessante Beiträge nach.
Gegliedert ist das Neuland betretende Werk nach einer allgemeineren Einführung über Museum und Tourismus, Gebäude aus der Habsburgermonarchie, Potenzial für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und erfolgreichen Museumstourismus in zwei Teile, in denen mögliche Erfolgsfaktoren zur touristischen Nutzung (public relations, Shop als Schaufenster, Besucherforschung, Kooperationen, Netzwerke, Barrierefreiheit, mehrdimensionale Finanzierung, Gespräch) und erfolgreiche Beispiele aus Oberösterreich (Aspach, Gutau, Haslach, Gastromie), Niederösterreich (Bernsteinstraße, Niedersulz, Klosterneuburg), Salzburg (Rauchhaus, |
|
Kleinknecht, Otto, Im Sturm der Zeiten – Aus den Erinnerungen eines württembergischen Staatsanwalts 1929 bis 1949, hg. v. Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Elser, Walter J. Verlag regionalkultur. Ubstadt-Weiher 2016. 482 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kleinknecht, Otto, Im Sturm der Zeiten – Aus den Erinnerungen eines württembergischen Staatsanwalts 1929 bis 1949, hg. v. Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Elser, Walter J. Verlag regionalkultur. Ubstadt-Weiher 2016. 482 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Otto Karl Kleinknecht wurde in einer aus Marbach und Umgebung kommenden Familie in Stuttgart am 12. Juni 1901 geboren und wuchs als kränkliches Kind sehr behütet auf. Sein Großvater Wilhelm Kleinknecht war nach der Einführung als uneheliches Kind, das nach damaligem Recht den Familiennamen des Kindsvaters erhielt, geboren, erlangte aber gleichwohl eine geachtete Stellung als Geometer, Zehntrechner und Gemeinderat. Am Ende des Jahres 1924 beendete Otto Karl Kleinknecht das in Tübingen betriebene Studium der Rechtswissenschaft mit der Note II b oben und in dem Dezember 1927 absolvierte er das zweite Staatsexamen Württembergs mit dem dritten Platz.
In seinem Nachlass befinden sich 2000 DIN-A4 Seiten mit Schreibmaschine eng beschrieben. In ihnen sind eigene Tagebuchaufzeichnungen und Erinnerungen zu Lebensbeschreibungen zusammengefasst. Sie vermachte der kinderlose, in Marbach am 14. November 1983 verstorbene Kleinknecht testamentarisch dem befreundeten katholischen Stuttgarter Pfarrer Walter J. Elsner. Dieser legt sie in Zusammenarbeit mit dem Haus der Geschichte Baden-Württembergs der Öffentlichkeit vor, weil die geschichtsphilosophischen Betrachtungen, die Beschreibungen der politischen Ereignisse der Jahre von 1914 bis 1949 bzw. 1965 und 1973/1981 sowie die beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten als Staatsanwalt in Stuttgart und Heilbronn sowie bei dem Sondergericht in Stuttgart von allgemeinerem Interesse sein dürften.
Dieses Werk stieß unmittelbar nach seinem Erscheinen auf das Interesse eines besonders sachkundigen Rezensenten. Da der Verlag jedoch kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss es vorläufig genügen, dass der Herausgeber |
|
Fraschka, Mark, A., Franz Pfeffer von Salomon. Hitlers vergessener SA-Führer. Wallstein, Göttingen 2016. 556 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Fraschka, Mark, A., Franz Pfeffer von Salomon. Hitlers vergessener SA-Führer. Wallstein, Göttingen 2016. 556 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Auf seinem, von 1919 bis 1933 währenden Weg an die Macht traf und nutzte Adolf Hitler zahlreiche Menschen seiner Zeit, vor allem etwa gleichaltrige Männer. Manche von ihnen stiegen mit ihm empor und gingen mit ihm im allumfassenden Verderben unter. Andere überlebten zwar, fielen aber weitgehendem Vergessen anheim.
Mit einem dieser vergessenen Überlebenden beschäftigt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten die von Rainer F. Schmidt betreute, in dem Frühjahr 2014 an der philosophischen Fakultät der Universität Würzburg angenommene, weitere Forschungsfragen eröffnende Dissertation des Verfassers. Sie behandelt den im Schatten Ernst Röhms stehenden Organisator der Sturmabteilung, die den politischen Aufstieg der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei maßgeblich unterstützte. Dieser wurde in Düsseldorf am 19. Februar 1888 geboren, trat nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg, Marburg und Münster als Fahnenjunker in das Heer ein, nahm als Hauptmann am ersten Weltkrieg teil, wirkte danach in seinem Freikorps Westfalen am Kapp-Putsch mit, wurde wegen seiner Tätigkeit im Ruhrgebiet von Frankreich zum Tode verurteilt und von Hitler am 1. November 1926 zum Obersten Führer des SA ernannt, als dessen Sekretär in München Heinrich Himmler wirkte.
Auf Grund seiner organisatorischen Fähigkeiten gelang ihm der weitere Aufbau eines Kampfverbands, dessen Mitgliederzahl von etwa 20000 in dem Jahre 1924 auf rund 80000 in dem Jahre 1930 stieg. Nach Meinungsverschiedenheiten über den Einfluss der Partei auf den Kampfverband entzog Hitler Pfeffer von Salomon allerdings am 12. August 1930 die Führung der Sturmabteilung und ernannte im Januar 1931 Ernst Röhm zu dem tatsächlichen Führer der Sturmabteilung. In der Folge wurde Pfeffer von Salomon, dessen persönliche Unterlagen weitgehend verloren g |
|
Orth, Rainer, Der Amtssitz der Opposition? Politik und Staatsumbaupläne im Büro des Stellvertreters des Reichskanzlers in den Jahren 1933-1934. Böhlau, Köln 2016. 1118 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Orth, Rainer, Der Amtssitz der Opposition? Politik und Staatsumbaupläne im Büro des Stellvertreters des Reichskanzlers in den Jahren 1933-1934. Böhlau, Köln 2016. 1118 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
In dem vielfältigen Wettstreit der zahllosen Menschen um tatsächliche oder vermeintliche Vorteile gibt es neben den jeweiligen Siegern immer auch zahllose Verlierer. Sie müssen zwar ihre Niederlage zumindest augenblicklich in zivilisierten Gesellschaften hinnehmen, können sich aber immer Gegenhandlungen für spätere Gelegenheiten offen oder still vorbehalten. Dies gilt auch für das Ringen um die politische Macht in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Mit einem Einzelaspekt dieser Problematik beschäftigt sich die umfangreiche, von Michael Wildt betreute, an der Humboldt-Universität in Berlin 2016 angenommene Dissertation des Verfassers, welche die Auseinandersetzung zwischen Ernst Röhms Sturmabteilung und der Reichswehr in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft in dem Deutschen Reich zum Gegenstand hat. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in insgesamt sechs Abschnitte. Diese betreffen die Protagonisten der Vizekanzlei des Reiches vor 1933, Kulissenspiele, einen Minister ohne Hausmacht, die Gründung des Büros des Stellvertreters des Reichskanzlers im Mai 1933, die Vizekanzlei als Amtssitz der Opposition und eine unplanmäßig verlaufende Eskalation.
Im Ergebnis umfangreicher, durch zahlreiche Anmerkungen gestützter Untersuchungen bejaht der Verfasser ein Netzwerk gegen Adolf Hitler unter Franz von Papen, dem 1933/1934 ein eigenes Amt als oberste Reichsbehörde mit etwa 50 Mitarbeitern unterstellt wurde. Als wichtigste Mitstreiter des opportunistischen und geltungssüchtigen Vizekanzlers ermittelt der Verfasser Herbert von Bose, Edgar Jung (Die Herrschaft der Minderwertigen 1927), Wilhelm von Ketteler und Fritz Günther von Tschirschky. Allerdings hatte die Gruppe, von der neben von dem von Hitler als Botschafter ver |
|
Bundesland und Reichsgau. Demokratie, „Ständestaat“ und NS-Herrschaft in der Steiermark 1918 bis 1945, hg. v. Ableitinger, Alfred, zwei Teilbände (= Geschichte der Steiermark Band 9,1, 9,2). Böhlau, Wien 2015. 686, 570 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bundesland und Reichsgau. Demokratie, „Ständestaat“ und NS-Herrschaft in der Steiermark 1918 bis 1945, hg. v. Ableitinger, Alfred (= Geschichte der Steiermark 9/I, 9/II). 2 Teilbände. Böhlau, Wien 2015. 686 S., 570 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als im Jahr 2004 mit Band 10 „Vom Bundesland zur europäischen Region. Die Steiermark von 1945 bis heute“ noch unter der Gesamtleitung Othmar Pickls und der Herausgeberschaft Joseph F. Desputs der erste Band der im Auftrag der Historischen Landeskommission für Steiermark herausgegebenen, auf zehn Bände angelegten „Geschichte der Steiermark“ der Öffentlichkeit vorgelegt wurde, wurde zugleich für das Jahr 2005 das Erscheinen des neunten Bandes, der unter dem Titel „Kronland, Bundesland, Reichsgau. Die Steiermark von 1918 bis 1945 zwischen Demokratie, Ständestaat und Fremddiktatur“ stehen sollte, verkündet. Mit dieser allzu optimistischen Einschätzung konnte die Realität nicht Schritt halten. Es sollte noch ein gutes Jahrzehnt vergehen, bis dieses Versprechen mit modifiziertem Titel, nunmehr verteilt auf zwei Teilbände und unter der Ägide Alfred Ableitingers tatsächlich eingelöst wurde.
Für die Steiermark waren die in Frage stehenden Jahre allein schon in territorialer Hinsicht ereignisreich. Mit dem Untergang der Habsburgermonarchie verband sich für das ehemalige Herzogtum mit dem Friedensvertrag von Saint-Germain vom 10. September 1919 die Abtretung seiner beträchtlichen untersteirischen Gebiete an den neu erstandenen „Staat der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS; später Jugoslawien). Der am 13. März 1938 durch das „Wiedervereinigungsgesetz“ staatsrechtlich vollzogene Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich führte für die Steiermark zu weiteren territorialen Korrekturen: Mit dem 31. Mai 1938 verfügte Reichskommissar Josef Bürckel im Rahmen der Errichtung von sieben Parteigauen die Zuteilung des Gerichtsbezirks Aussee zum Gau Oberdonau (Oberösterreich), andererseits wurde die Steie |
|
Osterberg, Martin, Das kalte Haus. Meine unglückliche Kindheit in einer heilen Familie. Piper, München 2017. 304 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Osterberg, Martin, Das kalte Haus. Meine unglückliche Kindheit in einer heilen Familie. Piper, München 2017. 304 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das Leben des Menschen verläuft in seinem durch Geburt und Tod bestimmten Zeitraum in einer unbeschreiblichen Vielfalt unterschiedlichster Möglichkeiten. Zu ihnen gehören auch die Gegebenheiten von Glück und Unglück. Nur sehr bedingt und begrenzt gelingt ihre Gestaltung oder Steuerung durch den Betroffenen und was dabei dem einen genügt, ist dem anderen viel zu wenig.
Unter dem in dem Karlsruher Virtuellen Katalog nicht umfassender vertretenen Pseudonym Martin Osterberg schildert ein in Berlin arbeitender, verheirateter Journalist mit zwei erwachsenen Töchtern in Widmung für seine drei Frauen einen ihn beschäftigenden Teilaspekt dieser Problematik. Er hat einen Vater, er hat eine Mutter, er hat einen Bruder. Aber er fühlt auf Grund seiner unglücklichen Kindheit in einer heilen Familie nichts, jedenfalls kein Glück und kann seine Eltern nicht abschaffen.
Er beginnt seine grundsätzlich chronologisch geordnete Darstellung mit dem einfachen Satz: Ich bin ein Arschloch, den er aus allererster Hand weiß, weil ihm sein Vater ihn gesagt hat. Er wird die damit verbundene Last, die in zahlreichen Einzelheiten unaufhörlich vorgeführt wird, niemals los. Möge ihm und anderen Betroffenen die rückhaltlose Schilderung der emotionalen Verwahrlosung und Kälte seiner nur an Wohlstand und Leistung interessierten Eltern die zeitlebens vermisste Befreiung verschaffen, die es ihm ermöglicht, das ersehnte Glück der von ihm geschaffenen Familie in einem warmen Haus von Erfolg und Geborgenheit dauerhaft zu vermitteln.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Theiner, Peter, Robert Bosch. Unternehmer im Zeitalter der Extreme. Eine Biographie. Beck, München 2017. 512 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Theiner, Peter, Robert Bosch. Unternehmer im Zeitalter der Extreme. Eine Biographie. Beck, München 2017. 512 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Albeck nordöstlich Ulms am 23. September 1861 als zweitjüngstes zwölfer Kinder eines den Freimaurern zugewandten Gastwirts und Bauern geborene Robert Bosch besuchte von 1869 bis 1876 die Realschule in Ulm und lernte anschließend trotz seiner inneren Neigungen zu Zoologie und Botanik als Feinmechaniker. Danach wirkte er in sehr verschiedenen Unternehmen im Deutschen Reich, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Großbritannien. Am 15. November 1886 eröffnete er mit einem Mechanikergesellen und einem vor allem als Laufburschen verwendeten Lehrling in Stuttgart eine Werkstatt für Feinmechanik und Elektrotechnik, in der er einen Magnetzünder wesentlich verbesserte und mit Gasmotoren einen ersten wirtschaftlichen Erfolg erlebte, mit dem er mit Hilfe seiner Mitarbeiter die Grundlage für die Magnetzündung an einem schnell laufenden Kraftfahrzeugmotor mittels Zündkerzen legen konnte.
Die 75. Wiederkehr seines Todestags in Stuttgart am 12. März 1942 nimmt der 1951 geborene, in Düsseldorf 1981/1982 mit einer Dissertation über Friedrich Naumann in dem wilhelminischen Deutschland (1860-1919) promovierte, bis 2016 bei der Robert Bosch Stiftung und im Übrigen an dem Historischen Institut der Universität Stuttgart tätige Verfasser zum Anlass für eine umfangreiche Biographie des erfolgreichen Unternehmers. Dabei zeigt er anschaulich, wie Bosch seit 1901 in industrieller Weise in einer Fabrik seine Erzeugnisse herstellte und binnen eines Jahrzwölfts die Zahl seiner Mitarbeiter auf mehr als 4500 steigern konnte. Dabei wollte er gute Löhne nicht deswegen zahlen, weil er viel Geld hatte, sondern hatte nach seiner Ansicht vor allem deswegen viel Geld, weil er gute Löhne zahlte.
Gegliedert ist die informative Darstellung in vier chronologisch geordnete Abschnitte über Herkunft und Aufstieg, sowie |
|
Königseder, Angelika, Walter de Gruyter. Ein Wissenschaftsverlag im Nationalsozialismus. Mohr Siebeck, Tübingen 2016. 321 S. Besprochen von Thomas Vormbaum. |
Ganzen Eintrag anzeigen Königseder, Angelika, Walter de Gruyter. Ein Wissenschaftsverlag im Nationalsozialismus. Tübingen, Mohr (Siebeck) 2016. XII, 321 S. Besprochen von Thomas Vormbaum.
Im Jahre 1911 führte der Verleger Walter de Gruyter fünf traditionsreiche wissenschaftliche Verlage mit unterschiedlicher fachlicher Ausrichtung zu der „Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co“ (ab 1923 „Verlag Walter de Gruyter & Co“) zusammen (Georg Reimer, I. Guttentag, Karl I Trübner, G. J. Göschen, Veit & Comp.). Einen Schwerpunkt im Bereich der Rechts- und Staatswissenschaften hatte vor allem die Verlagsbuchhandlung I. Guttentag. Dort erschienen nicht nur über Jahrzehnte hinweg Sammlungen von Reichsgesetzen und preußischen Gesetzen, sondern u. a. auch die Verhandlungen des Deutschen Juristentages (bis 1930), die Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (bis heute), der BGB-Kommentar Plancks (des „Vaters des BGB“) und der HGB-Kommentar Staubs. Dieses Sortiment bedingte bereits lange vor 1933 ein Bemühen des Verlages um enge Kontakte zu den Berliner Regierungsstellen und zur Berliner Universität – ein Bemühen, das durch die örtliche Nähe zwischen dem Berliner Verlagssitz und den Regierungsstellen noch gefördert wurde. In der Verlagsleitung folgte auf Walter de Gruyter nach dessen Tod 1923 sein Schwiegersohn Herbert Cram, der den vorhandenen Verlagskomponenten durch Zukauf mehrerer Verlage weitere hinzufügte, sodass der Verlag bei Machtantritt der Nationalsozialisten vom Anspruch her ein wissenschaftlicher Universalverlag war (15).
Muss es Unbehagen erregen, wenn ein kritisches Buch über die nationalsozialistische Vergangenheit dieses renommierten Wissenschaftsverlages in einem anderen renommierten Wissenschaftsverlag erscheint? Ein solches Empfinden verwandelt sich nach Lektüre des Vorwortes von Martin Cram und Christoph Seils rasch in Respekt. Die beiden Verfasser sind Mitglied bzw. Vorsitzender des Kuratoriums der Walter de G |
|
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, begründet v. Sehling, Emil, Band 22 Nordrhein-Westfalen 2 Das Erzstift Köln Die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberf Die Städte Münster, Soest und Neuenrade Die Grafschaft Lippe (Nachtrag), bearb. v. Arend, Sabine. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 619 S., Karte. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, begründet v. Sehling, Emil, Band 22 Nordrhein-Westfalen 2 Das Erzstift Köln Die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg Die Städte Münster, Soest und Neuenrade Die Grafschaft Lippe (Nachtrag), bearb. v. Arend, Sabine. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 619 S., Karte. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Essen 1860 als Sohn eines Eisenbahngeometers geborene Emil Sehling begann bereits 1877 ein Studium der Rechtswissenschaft in Bonn, von wo aus er nach Leipzig wechselte und sich Emil Friedberg zuwandte. Nach Promotion und erster juristischer Staatsprüfung (1881) sowie Habilitation für Kirchenrecht (1885) und zweiter juristischer Staatsprüfung (1888) wurde er außerordentlicher Professor in Leipzig. Später wechselte er nach Kiel und 1889 nach Erlangen.
Bleibende Verdienste erwarb er sich durch die Initiative zu einer Edition der evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, die bisher viele Bände umfasst und seinen Namen über seinen Tod hinaus in Erinnerung hält. Mit dem vorliegenden Band wird zusammen mit einigen wenigen Nachträgen der zweite Teil der einschlägigen Texte aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen vorgelegt, der sehr lange ein Desiderat war. Er ist wie der erste, 2015 erschienene Teil von der Bearbeiterin in der Forschungsstelle evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts der Heidelberger Akademie der Wissenschaften erarbeitet worden.
Im Gegensatz zu dem ersten, überwiegend in den 1530er Jahren entstandene Ordnungen wiedergebenden Teil enthält der zweite Teil vor allem in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandene Ordnungen. Insgesamt umfasst er nach jeweiligen Einleitungen 65 Quellentexte, von denen 22 erstmals abgedruckt sind (Erzstift Köln 3, Grafschaft Wittgenstein 18, Grafschaft Moers 6, Grafschaft Bentheim-Tecklenburg 10, Grafschaft Rietberg 2, Stadt Münster 6, Stadt Soest 13, Stadt Neuenrade 1 Grafschaft Li |
|
Das Reformatorenlexikon, hg. v. Dingel, Irene/ Leppin, Volker. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Lambert Schneider, Darmstadt 2013, 2. unv. Aufl. (Sonderausgabe) 2016. 304 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Reformatorenlexikon, hg. v. Dingel, Irene/Leppin, Volker. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Lambert Schneider, Darmstadt 2013, 2. unv. Aufl. (Sonderausgabe) 2016. 304 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Auf der Welt gibt es die vielfältigsten Formen der unterschiedlichsten Gegebenheiten, die dem Benutzer oder Betrachter gefallen oder missfallen können, so dass er sie begrüßt oder ablehnt. Dies gilt auch für die Religion als dem Ergriffenwerden von dem Göttlichen oder Übermenschlichen, das dem Menschen Erklärung, Geborgenheit und Zufriedenheit verschaffen oder Ratlosigkeit, Angst und Verzweiflung belassen kann. Entsprechend diesen Gegebenheiten kann eine Entwicklung, die abgelehnt wird, zu einer Sehnsucht nach einer früheren und als gut angesehenen Form führen und folglich Reformatoren auf den Plan rufen, ohne dass im Gefolge sich Wiederherstellung und Neuerung sicher trennen lassen.
Dies war beispielsweise in Europa seit dem 15. Jahrhundert der Fall, als vor allem das die Geldwirtschaft in die Religion einbringende Ablasswesen die Frage erheben ließ, ob der Reiche leichter in das Reich Gottes kommen solle, dürfe, könne oder müsse als der Arme. Auf dieser Grundlage wurde Martin Luther für die Deutschen zu ihrem wichtigsten Reformator im Glauben, der vor 500 Jahren Vorstellungen verbreitete, die für zahlreiche Menschen neue Hoffnung in Bezug auf göttliche Geborgenheit auslösten, aber in der Wirklichkeit auch mit Krieg, Tod und Vernichtung enden konnten. Eine lexikalische Sammlung solcher wie Luther eine Reformation des religiösen Lebens zum alten und gleichzeitig guten Glauben anstrebender Menschen ist ein nach Ausweis des Karlsruher Virtuellen Katalogs bereits 1984 von Robert Stupperich unternommenes Unterfangen, das die Herausgeber 2014 bzw. nach Verlagsangaben 2013 ebenfalls aufgegriffen haben.
Unter dieser Vorstellung vereint der vorliegende, von Irene Dingel n der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Mai |
|
Thaler, Manfred Joseph, Die Domkapitel der Reichskirche vom Wiener Konkordat bis zur Säkularisation (1448-1803). Grundzüge ihrer Verfassung im Vergleich (= Rechtshistorische Reihe 468). Lang PL Academic Research, Frankfurt am Main 2017. 618 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thaler, Manfred Joseph, Die Domkapitel der Reichskirche vom Wiener Konkordat bis zur Säkularisation (1448-1803). Grundzüge ihrer Verfassung im Vergleich (= Rechtshistorische Reihe 468). Lang PL Academic Research, Frankfurt am Main 2017. 618 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Unter dem als Wort erst neuzeitlich belegten Domkapitel wird allgemein das seit der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts aus dem verpflichtend werdenden gemeinschaftlichen klösterlichen Leben der Geistlichen einer Domkirche erwachsene, seit der Mitte des 9. Jahrhunderts gegenüber dem Bischof autonom werdende Gremium Geistlicher verstanden, das den Bischof unterstützt, nach seinem Tode das Bistum vorübergehend verwaltet und den neuen Bischof wählt. Es wird in dem 10. Jahrhundert lateinisch capitulum in domo episcopi genannt. Es erlangt seit dem 9. Jahrhundert Güter und wird in dem Hochmittelalter Verbandsperson.
Mit der späteren Entwicklung beschäftigt sich die von Peter Landau betreute, 2015 an der juristischen Fakultät der Universität München angenommene Dissertation des 1973 geborenen, in Salzburg und Innsbruck in Theologie und Religionspädagogik ausgebildeten, in Salzburg an dem Institut für Kirchengeschichte promovierten und neben seiner Tätigkeit als Priester und Katechet ein Studium mit einer geschichtswissenschaftlichen Promotion und ein juristische Promotionsstudium abschließenden Verfassers, dessen Untersuchung über das Salzburger Domkapitel von 1514 bis 1806 2011 und dessen Salzburger Dissertation über das Schneeherrenstift am Dom zu Salzburg (1622-1806) von 1997 2011 veröffentlicht wurde. Die auf dieser Grundlage geschaffene Untersuchung wurde angeregt von einem vermutlich aus den Sechzigerjahren oder Siebzigerjahren des 18. Jahrhunderts stammenden Aktenfund in dem Haus, Hof- und Staatsarchiv in Wien, der mit Hilfe ausgewählter Angaben einen Überblick für einige Domkapitel der Reichskirche bietet. Damit schließt der Verfasser eindrucksvoll eine bisher bestehe |
|
Biographisches Handbuch des geistigen Eigentums, hg. v. Apel, Simon/Pahlow, Louis/Wießner, Matthias. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XV, 292 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Biographisches Handbuch des geistigen Eigentums, hg. v. Apel, Simon/Pahlow, Louis/Wießner, Matthias. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XV, 292 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Schon die Sache ist verhältnismäßig vielschichtig, weswegen sie in dem Recht Deutschlands als körperlicher Gegenstand eng bestimmt werden kann und in Österreich als alles, was von der Person verschieden ist und dem Gebrauch der Menschen oder Personen dient, eher weit. Dementsprechend lässt sich auch das Eigentum eng verstehen als das umfassende Vollrecht an einer Sache oder als Herrschaft über ganz vielfältige Gegebenheiten. In der Folge wird spätestens seit dem 18. Jahrhundert in Naturrecht und Rechtsphilosophie die Auffassung des eigentumsgleichen Erfinderrechts vertreten, die in dem Titel des vorliegenden Sammelwerks der 1984, 1970 und 1966 geborenen und in Mannheim, Frankfurt am Main sowie Leipzig tätigen Herausgeber zum Ausdruck kommt.
Dieses ist nach dem kurzen Vorwort ein spätes Produkt des in Bayreuth 2006 eröffneten Graduiertenkollegs Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das 2015 abgeschlossen wurde. Als 2010 nach einer Tagung in Helsinki der geplante Rückflug wegen der Folgen eines Ausbruchs des Vulkans Eyjafjallajökull in eine Schiffsreise umgewandelt werden musste, kam den Herausgebern dort der Gedanke dieses Projekts. Seine Verwirklichung konnte am Ende des Monats Mai 2016 im Manuskript abgeschlossen werden.
Da das Ergebnis unmittelbar nach seiner Ankündigung das Interesse zweier sachkundiger Rezensenten erweckte, genügt es an dieser Stelle, wenn der Herausgeber auf die wichtigste äußerliche Gegebenheit aufmerksam macht. Sie besteht darin, dass nach einer Einführung in die Geschichte des geistigen Eigentums (als eines Klammerbegriffs für den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht einschließlich der Bezüge zu dem Wettbewerbsschutz und Persönlichkeitsschutz) aus der Perspektive seiner Akteure 25 Autore |
|
Textkünste – Buchrevolution um 1500, hg. v. Schneider, Ulrich Johannes. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Zabern, Darmstadt 2016. 224 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerTextkünstebuchrevolutionum150020170321 Nr. 16367 ZIER 7 (2017) 30. IT
Textkünste – Buchrevolution um 1500, hg. v. Schneider, Ulrich Johannes. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Zabern, Darmstadt 2016. 224 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach den Erfindungen der Sprache, des Bildes und der Schrift seitens des Menschen ist auch das Buch zu einer Erfolgsgeschichte geworden, die durch den Druck mit beweglichen Lettern eine kaum vorhergesehene Entwicklung erlebt hat und mit der Digitalisierung der Kommunikation in nochmals früher kaum vorstellbare Dimensionen vorstößt. Auf diesem Wege wurde 2010 mit Studierenden der Kulturwissenschaft an der Universität Leipzig ein Ausstellungsexperiment „Druck macht Sinn“ durchgeführt. Danach hat sich nach dem Vorwort des vorliegenden Werkes ab 2013 in der Zusammenarbeit der Universitätsbibliothek Leipzig mit der Bibliothèque municipale in Lyon auf der Grundlage von insgesamt 5000 Inkunabeln beider bedeutender Bibliotheken ein gemeinsamer Plan über Textkünste ergeben, dessen Ertrag nunmehr der Öffentlichkeit in der Form der Begleitpublikationen zweier Ausstellungen in der Universitätsbibliothek Leipzig (7. 10. 2016- 29. 1. 2017) und Lyon (30. 9. 2016-21. 1. 2017) zur Verfügung gestellt ist.
Dieses beeindruckende Ergebnis beginnt mit einem kurzen Vorwort der beiden Bibliotheksdirektoren, welche die „alte“ Textformatierung der Inkunabelzeit vorführen, um die „neuen“ Formen einer nicht mehr unumgänglich an die Buchseite angelehnten Lesetechnik bewusst zu machen. Er gliedert seine vielfältigen Beiträge insgesamt in drei Teile. Diese betreffen die Erfindung der Druckseite an der Wende des Mittelalters zur Neuzeit, Satzspiegelungen, Druckversuche und einen Anhang aus Verzeichnissen, Abbildungsnachweisen, Glossar, Autorenverzeichnis und Danksagungen.
Die Druckseite um 1500 wird dabei unter den Gesichtspunkten ihrer Entwicklung zu dem gegenwärtigen Stand, des Vorrangs des B |
|
Gailus, Manfred, Friedrich Weißler. Ein Jurist und bekennender Christ im Widerstand gegen Hitler. V&R, Göttingen, 2017. 316 S., Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gailus, Manfred, Friedrich Weißler. Ein Jurist und bekennender Christ im Widerstand gegen Hitler. V&R, Göttingen, 2017. 316 S., Abb. Besprochen von Werner Schubert.
Es ist zu begrüßen, dass mit dem Werk von Gailus (Professor für neuere Geschichte an dem Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin) erstmals eine umfassende Biografie über Friedrich Weißler, den „ersten Märtyrer der Bekennenden Kirche“ (S. 232) vorliegt. Weißler entstammt einer jüdischen Familie aus der preußischen Provinz Oberschlesien (Leobschütz). Sein Großvater war Sohn eines Rabbiners und hatte es zu „einigem Wohlstand“ gebracht. Dessen Sohn Adolf Friedrich Weißler (1855-1919) war einer der bekanntesten Notare und Rechtsanwälte Preußens. Von ihm stammen u. a. ein Werk über das Notariat in der preußischen Monarchie (1896) und eine Geschichte der Rechtsanwaltschaft (1905) sowie zahlreiche Abhandlungen in der DNotZ, deren Schriftleiter er bis zu seinem Tode war. Außerdem war er Herausgeber des jährlich erscheinenden „Preußischen Archivs“, eines Jahrbuchs über die jeweils neuesten Rechtsvorschriften Preußens und des Reichs, das Friedrich W. bis 1933 weiterführte. Friedrich Weißler (geb. 1891 in Königshütte/Oberschlesien) wuchs in Halle auf, wohin sein Vater 1893 übergesiedelt war und sich dort als Notar etablierte. Nach Gailus war Adolf W. in seiner Hallenser Zeit „im preußisch-deutschen, protestantischen Bildungsbürgertum der wilhelminischen Epoche“ angekommen (S. 220). Er orientierte sich – so Gailus – an der „nationalliberalen Mitte des Kaiserreichs“ (S. 219) und war im Ersten Weltkrieg „hoch patriotisch“ (S. 51). Er machte seinem Leben am Tag des Versailler Vertrags ein Ende, da er die bedingungslose Zustimmung des Reichstags zu diesem Vertrag nicht ertragen konnte.
Friedrich Weißler hatte nach seinem Abitur 1909 das Studium der Rechtswissenschaften aufgenommen, das er 1912 mit dem ersten Staatsexamen abschloss. Er begann alsbald das Referendariat u |
|
Lee, Daniel, Popular sovereignty in early modern constitutional thought. Oxford University Press, Oxford 2016. XVI, 361 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lee, Daniel, Popular sovereignty in early modern constitutional thought. Oxford University Press, Oxford 2016. XVI, 361 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Vermutlich waren die Menschen zu Beginn ihrer Geschichte abgesehen von den natürlichen Unterschieden verhältnismäßig gleich, auch wenn in jeder Gruppe gruppendynamische Vorgänge ablaufen. In der Folge haben sich aber überwiegend Einzelne an die Spitze von Gesellschaften gesetzt, die ihre Macht über längere Zeit mit allen verfügbaren Mitteln zu behaupten versuchten. Dass demgegenüber die Herrschaft über alle auch grundsätzlich allgemein allen zustehen sollte, ist trotz langer Vorgeschichte erst in der Aufklärung allgemein vorgetragen und zumindest formal auch vielfach verwirklicht worden.
Das diesbezügliche Werk des Verfassers geht nach dem kurzen Vorwort von der durch Philip Pettit betreuten, in Princeton angenommenen Dissertation des Autors aus. Es gliedert sich nach einer besonders auf das römische Recht und die daraus entstehende Rechtswissenschaft hinweisenden Einführung in neun Abschnitte. Sie betreffen die lex regia seit dem klassischen römischen Recht, das mittelalterliche Recht, Renaissance und Humanismus, das Widerstandsrecht, Bodins frühe Souveränitätstheorie, Bodins Volkssouveränität und Verfassungslehre, Johannes Althusius, Hugo Grotius und das Verfassungsdenken im frühmodernen England.
Im Einzelnen hatte sich der Verfasser vier allgemeinere Ziele gesetzt, die mit der besonderen Bedeutung des römischen Rechts für die Volkssouveränität beginnen und diese etwa bei Hotman, Brutus, Althusius und Grotius in ihrer jeweiligen Flexibilität nachverfolgen. Auf dieser Grundlage analysiert er selbständig und eingängig die Bedeutung der Volkssouveränität für die Verfassungstheorie und zeigt die Unterschiede zwischen Volkssouveränität und Demokratie. Deswegen fragt er am End nach dem Volk als dem Souverän, dem Grundrechte auch gegenüber der Herrschaft bei Locke, Vattel, Pufendorf |