Nussbaum, Martha, Zorn und Vergebung. Plädoyer für eine Kultur der Gelassenheit. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2017. 408 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Viele Lebewesen sind wohl von ihren Anfängen an nicht nur von physisch fassbaren Gegebenheiten bestimmt, sondern auch von psychischen Momenten, die sich zwar in körperlichen Erscheinungen und Folgen zeigen können, aber nicht nur körperlich geprägt sind. Zu ihnen dürften Freude und Trauer, Liebe und Hass sowie Zorn und Mitleid sowie vieles andere mehr gehören. In diesem Sinne lassen sich Zorn und Vergebung in dem Leben der Menschen einander gegenüberstellen.
Die sich mit diesem Gegenstand beschäftigende Verfasserin wurde 1947 in New York City als Tochter des Rechtsanwalts George Craven und seiner familiengeschichtlich mit der Mayflower verbundenen Ehefrau geboren. Nach dem Studium der klassischen Philologie und der Theaterwissenschaft an der New York University und in Harvard sowie der Eheschließung mit Alan J. Nussbaum wurde sie 1972 als erste Frau Junior Fellow in Harvard. Nach vielfältigen weiteren Erfahrungen ist sie inzwischen als Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaft an der University of Chicago tätig.
Das vorliegende, aus in Oxford 2014 gehaltenen Locke Lectures hervorgegangene Werk gliedert sich in acht Abschnitte, von denen die Einführung die mögliche Wandlung von Furien zu Eumeniden behandelt. Danach werden der Zorn auf den Grundlagen von Schwäche, Vergeltung und Herabsetzung sowie die Vergebung als Mittel von Disziplinierung und Schuldzuordnung erörtert. Im Ergebnis stuft die Verfasserin trotz oder vielleicht auch wegen ihrer 1987 erfolgten Ehescheidung überzeugend Zorn als falsche Antwort auf eine Kränkung ein und schlägt ein Bewusstsein für die Belanglosigkeit der meisten Kränkungen vor. Vermutlich kann man jedermann nur wünschen, dass er in seinem Alltagsleben diese frohe, nicht zuletzt an der klassischen Antike orientierte Botschaft f |
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Hagemeister, Michael, Die „Protokolle der Weisen von Zion“ vor Gericht. Der Berner Prozess 1933-1937 und die „antisemitische Internationale“ (= Veröffentlichungen des Instituts für Zeitgeschichte ETH Zürich 10). Chronos, Zürich 2017. 645 S., 39 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hagemeister, Michael, Die „Protokolle der Weisen von Zion“ vor Gericht. Der Berner Prozess 1933-1937 und die „antisemitische Internationale“ (= Veröffentlichungen des Archivs für Zeitgeschichte ETH Zürich 10). Chronos, Zürich 2017. 645 S., 39 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Bei den „Protokolle(n) der Weisen von Zion“ (kurz „Protokolle“) handelt es sich um eine Schrift bis heute nicht restlos geklärten Ursprungs, die sich als wörtliche Wiedergabe einer von einem jüdischen Sprecher vor einer nicht näher definierten Zuhörerschaft gehaltenen Rede präsentiert. Inhaltlich werden darin die Methoden und Ziele einer angeblich jahrhundertealten jüdisch-freimaurerischen Verschwörung zur Erlangung der Weltherrschaft geschildert. 1902/1903 im zaristischen Russland erstmalig erwähnt und publiziert, aber kaum beachtet, „(begann) ihr weltweiter Siegeszug in der krisengeschüttelten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und der Revolution in Russland, als sie im Gepäck russischer Emigranten in den Westen gelangten, wo sie als Erklärung für den Zusammenbruch der alten Ordnung und als Warnung vor der ‚jüdisch-bolschewistischen Gefahr‘ begierig aufgenommen wurden“ (S. 45f.). Die in unterschiedlichen Varianten kursierenden Übersetzungen des Textes avancierten ungeachtet seiner zweifelhaften Herkunft nun für antisemitische Verschwörungstheoretiker jeder Couleur zum programmatischen Bezugspunkt, wobei „(f)ür den Glauben an die Verschwörung die Frage, ob es sich bei den Protokollen um ein authentisches Dokument handelte, letztlich belanglos (war). Entscheidend war, dass der Gang der Geschichte in Übereinstimmung mit ihren vermeintlichen Vorhersagen zu verlaufen und damit den Plan der unsichtbaren Manipulateure zu bestätigen schien“ (S. 53). Anknüpfend an ältere Beziehungsgeflechte, habe sich über nationale Grenzen hinweg ein bislang noch wenig erforschtes, „Kontinente umfassendes Netzwerk“ von Antisemiten etabliert, „so dass sowohl sie selbst als auch ihre Gegner von e |
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Heller, Arno, Herman Melville. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 320 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Herman Melville wurde in New York am 1. August 1819 als Sohn eines 1830 in Konkurs fallenden, 1832 verstorbenen Importkaufmanns schottischer Herkunft und einer niederländisch-patrizischen Mutter geboren. Nach zahlreichen Abenteuern auf See begann er eine Tätigkeit als Schriftsteller, von der aber im Ergebnis nicht leben konnte, so dass er 1866 als Zollinspektor der Hafenpolizei wirkte. Dessenungeachtet erlangte er mit dem 1850 begonnenen Roman The Whale (Moby Dick), in dem er die Geschichte und Reise des Walfangschiffs Pequod und seines den weißen Wal fanatisch verfolgenden Kapitäns Ahab beschrieb, weltweiten literarischen Ruhm.
Dem Leben Melvills/Melvilles widmet sich der in Kiel 1939 geborene Verfasser, der nach der Matura in Innsbruck Anglistik und Amerikanistik studierte und 1965 promoviert wurde. Nach der Habilitation des Jahres 1976 wurde er 1992 nach Tübingen berufen, ging aber in dem gleichen Jahr nach Graz und kehrte 2002 nach Innsbruck zurück. Während dieser Zeit befasste er sich vor allem mit dem amerikanischen Roman und dem amerikanischen Südwesten und Nordwesten.
Das vorliegende, mit einigen einfachen Abbildungen bereicherte Werk gliedert sich nach dem einführenden Vorwort in elf überwiegend zeitlich geordnete Sachabschnitte. Sie betreffen Kindheit und Jugend, vier Jahre im Pazifik, Experimente und Aufbrüche, das Entstehen eines magnum opus 1850/1851, die Ozeane des Menschseins mit Moby Dick als menschlichem Mikrokosmos, Desillusionierung und neue Strategien, neue Wege mit literarischen Zeitschriften, Abrechnung mit Amerika, Reisen, Vorträge und frühe Gedichte, Versdichter und Zollinspektor und stille Jahre von 1877 bis zum Ende 1891. Das dabei gesetzte Ziel, die fortdauernde Aktualität des Werkes, in dem sich Melville als Kritiker der kapitalistischen und rassistischen Gesellschaft erweist, neu erfahrbar z |
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Unruh, Frank, Trier. Biographie einer römischen Stadt – von Augusta Treverorum zu Treveris. Zabern, Darmstadt 2017. 112 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Trier an der Mosel wird wohl 16-13 v. Chr. von Augustus im Gebiet der Treverer gegründet und entwickelt sich im 4. Jh. zur größten römischen Stadt nördlich der Alpen mit 60000-70000 Einwohnern. Im 6. Jh. bzw. kurz vor 800 wird der dortige Bischof Erzbischof, im 13. Jh. Kurfürst. 1454/1473 erhält T. eine von 1797/1798 bis 1970 aufgelöste Universität. Nach älteren Gerichtsordnungen (1400, 1515, 1537) wird 1668 ein wohl von Johannes Holler und Matthias Franziskus von Troya unter Ausrichtung am einheimischen Recht geschaffenes, 1713 stärker romanistisch überarbeitetes Trierer Landrecht in 18 bzw. später 22 Titeln in Kraft gesetzt.
Der Verfasser der auf den antiken Teil der reichen Geschichte Triers beschränkten Darstellung wurde in Tübingen 1989 mit einer Dissertation über das Bild des Imperium Romanum im Spiegel der Literatur an der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert n. Chr. promoviert. Danach hat er sich etwa mit der Heimat der Kelten am Ursprung der Donau befasst. In seiner Tätigkeit an dem rheinischen Landesmuseum in Trier hat er sich zunehmend auf diese Stadt konzentriert und beispielsweise 2014 das Welterbe in der ältesten Stadt Deutschlands beschrieben.
Das vorliegende, mir 100 Abbildungen ausgestattete Werk, das im Eingang wohl einen sehr frühen Bestand der Gegend um Trier veranschaulichen will, gliedert sich nach einem kurzen Vorwort in acht Sachabschnitte. Sie betreffen in chronologischer Ordnung die Entwicklungsphase der Stadt Augusta Treverorum von Augustus bis Vespasian, eine 120 Jahre währende Erfolgsgeschichte für Augusta Treverorum, Augusta Treverorum auf dem Weg in die Krise des 3. Jahrhunderts, den Aufstieg zur Kaiserresidenz Treveris, Treveris zwischen Bewahrung und Veränderung, Treveris als Hauptstadt des Westens des römischen Reiches, die Zeit von dem Puts |
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Lex Baioariorum – Das Recht der Bayern (= Editio Bavarica 3), hg. v. Deutinger, Roman. Pustet, Regensburg 2017. 168 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
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Der Herausgeber, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, legt mit diesem Textabdruck die erste und für Jahrhunderte einzige umfassende Aufzeichnung des bayerischen Rechts in der Reihe ‚Editio Bavarica‘ des Augsburger Literaturprofessors Klaus Wolf vor. Bereits früher ist Roman Deutinger mit Arbeiten zum Recht der Bayern hervorgetreten. Die Ausgabe beansprucht, erstmals dieses Werk auch für Nicht–Fachleute erschlossen und zugänglich gemacht zu haben. Trotz des Hinweises im Vorwort, das Buch sei nicht „für die (wenigen) Experten auf dem Gebiet des mittelalterlichen Rechts geschrieben worden“, muss der Herausgeber hinnehmen, dass dieses Buch mit den an Fachliteratur anzulegenden Maßstäben gewichtet wird. Dies verhindert eine gewollte Einschränkung auf eine selbst ausgesuchte Leserschicht nicht. Jeder Herausgeber einer Quellenedition ist frei in der Wahl des Textes, den er seiner Ausgabe zugrunde legt. Hierfür bedarf es nicht einer Herabsetzung früherer Ausgaben. So hielt Merkel, als der damalige Herausgeber, nach seinem Wissenschaftsverständnis, das auch der Veranstalter der Reihe, in der das Werk erschien, gebilligt hat, für geboten, den Text auf 711 Seiten zu bearbeiten. Dies ein „Ungetüm“ zu nennen, erscheint wenig souverän. Gleiches gilt für die Kritik an der damaligen (1839) Übung, Erklärungen in der weltweit üblichen Wissenschaftssprache zu geben. Gegenüber dieser Gestaltung des Grundwerks hatte es sich schon früh durchgesetzt, ‚Schulausgaben‘ genannte Editionen zu veranstalten, die weitgehend auf den wissenschaftlichen Apparat verzichteten. Grundschulausgaben in einfacher Sprache wurden damals nicht veranstaltet. Wenn der heutige Herausgeber in der Einleitung sagt, es werde der Text der Fassung B präsentiert, so ist dies zumindest irreführend. Zur Fas |
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Die physische Geographie Deutschlands, hg. v. Zöller, Ludwig. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2017. 208 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Jedermann kann seine Umwelt jederzeit mit seinen eigenen Sinnen erleben. Damit erfährt er aber jeweils nur einen einfachen subjektiven Ausschnitt aus der umfassenden Wirklichkeit, der in den verschiedensten Hinsichten sehr unvollkommen ist. Deswegen wird er erheblich bereichert, wenn er sich eines übergeordneten, wissenschaftliches Wissen in verständlicher Form vermittelnden Beraters bedient.
Der Herausgeber Ludwig Zöller wurde in Kirchen an der Sieg 1953 geboren. Nach dem Studium der Politikwissenschaft und der Geographie in Trier wurde er 1985 mit einer Dissertation über geomorphologische und quartärgeologische Untersuchungen i, Hunsrück-Saar-Nahe-Raum promoviert und wechselte nach einer Assistentenzeit an der Universität des Saarlandes an das Max-Planck-Institut für Kernphysik nach Heidelberg. Nach der Habilitation in dem Fach Geographie in Heidelberg (1995) wurde er 1997 Professor für physische Geographie in Bonn und 2002 Inhaber des Lehrstuhls für Geomorphologie an der Universität Bayreuth.
Das vorliegende, reich mit farbigen Bildern und Übersichten ausgestattete, großformatige, nach langer Vorbereitung aus einer von Gerold Richter unterstützten Vorlesung hervorgegangene, von verschiedenen Kollegen durch eigene Beiträge bereicherte Werk gliedert sich nach einem kurzen Vorwort in zehn Abschnitte. Sie betreffen die Abgrenzung Mitteleuropas in geomorphologischer und geologischer Hinsicht, die naturräumliche Übersicht, die Morphotektonik im KTB-Umfeld in anderen Teilen Mitteleuropas, einen geologischen Überblick, nach dem Mitteleuropa als Flickenteppich entstand, einen geomorphologischen Überblick vom Tropenklima bis zu den Eiszeiten, eine Flussgeschichte (Rhein, Main, Neckar, Mosel, Maas, Elbe, Oder, Weichsel), den Löss in Mitteleuropa, einen klimatologischen Überblick mi |
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Weischedel, Wilhelm, Die philosophische Hintertreppe. Die großen Philosophen in Alltag und Denken. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 363 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die Philosophie ist die gedankliche Beschäftigung des Menschen mit seinem Sein als solchem. Als rationale Bemühung um Orientierung durch Theorie wird sie zuerst im griechischen Altertum (Thales, Anaximander, Anaximenes, Pythagoras, Heraklit, Parmenides, Melissos, Zenon, Empedokles, Anaxagoras, Sokrates, Plato, Aristoteles) sichtbar. Seit der Neuzeit verselbständigen sich aus der Philosophie zusätzlich besondere Fachwissenschaften, doch bleibt die Philosophie als Seinserklärung von allgemeiner Bedeutung, ohne dabei jedermann jederzeit und überall vollkommen zu erreichen und zu verändern.
Der in Frankfurt am Main 1905 in einer pietistischen Pfarrersfamilie geborene und in Berlin 1975 verstorbene Verfasser wurde nach dem Studium der evangelischen Theologie, Philosophie und Geschichte in Marburg (Paul Tillich, Rudolf Bultmann) 1932 in Freiburg in Breisgau bei Martin Heidegger mit einer Dissertation („Versuch“) über das Wesen der Verantwortung promoviert. Zwar wurde er 1936 in Tübingen mit einer Schrift über Fichte (Der Aufbruch der Freiheit zur Gemeinschaft) habilitiert, doch musste er wegen seiner Distanz zu dem Nationalsozialismus fachfremd arbeiten. 1946 wurde er außerordentlicher Professor in Tübingen und 1953 ordentlicher Professor an der Freien Universität Berlin, wo er 1970 emeritiert wurde,
Das vorliegende, 1966 erstmals veröffentlichte Werk gliedert sich in insgesamt 34 Abschnitte. In ihnen werden nach einem Prolog über die zwei Aufgänge zur Philosophie in chronologischer Folge Thales, Parmenides, Heraklit, Sokrates, Platon, Aristoteles, Epikur, Zenon, Plotin, Augustinus, Thomas von Aquin, Eckhart, Nikolaus, Descartes, Pascal, Spinoza, Leibniz, Voltaire, Rousseau, Hume, Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Schopenhauer, Kierkegaard, Feuerbach, Marx, Nietzsche, |
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Kreativität und Charakter. Recht, Geschichte und Kultur in schöpferischen Prozessen. Festschrift für Martin Vogel zum siebzigsten Geburtstag, hg. v. Götz von Olenhusen, Albrecht/Gergen, Thomas (= Studien zum gewerblichen Rechtsschutz und zum Urheberrecht 138). Kovač, Hamburg 2017. X, 502 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Stollberg-Rilinger, Barbara, Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit. Eine Biographie. Beck, München 2017. XXVIII, 1083 S., 82 Abb., 1 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stollberg-Rilinger, Barbara, Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit. Eine Biographie. Beck, München 2017. XXVIII, 1083 S., 82 Abb., 1 Kart., 3 Tab. Besprochen von Werner Augustinovic.
Zwischen 1863 und 1879 erschienen insgesamt zehn Bände „Geschichte Maria Theresias“ aus der Feder Alfred Ritter von Arneths. Nicht zufällig entstand dieses „an Genauigkeit und Materialreichtum unübertroffen(e)“ Monumentalwerk in einer Zeit der Erschütterungen der Habsburgermonarchie (1866 Niederlage von Königgrätz, Verdrängung aus dem Deutschen Bund; 1867 „Ausgleich“ mit Ungarn; 1871 Gründung des deutschen Kaiserreiches und damit das Ende großdeutscher Ambitionen), in der es darum ging, „aus der Betrachtung heroisch überstandener Krisen der Vergangenheit Hoffnung und Orientierung für die Zukunft zu schöpfen“. Seither stehe diese „monumentalistische Geschichte des 19. Jahrhunderts zwischen uns und der historischen Gestalt Maria Theresias und versperrt uns die nüchterne Sicht auf sie“ (S. XIII). Es gehe somit heute vorwiegend darum, die Figur Maria Theresias „unter den Schichten der verschiedenen historiographischen Projektionen […], die sie mit der Zeit überwuchert haben“, wieder freizulegen und sich dabei bewusst zu halten, dass auch eine postmoderne, postnationalistische Perspektive eben nur eine Betrachtungsweise unter vielen und somit ohne absoluten Objektivitätsanspruch bleiben muss. Um ihr Ziel, „die Gestalt Maria Theresias in ihrer Zeit zu verstehen – und umgekehrt, die Zeit pars pro toto durch diese Gestalt zu erschließen“, bestmöglich zu erreichen, bedient sich die Verfasserin dreier Darstellungsprinzipien: einer Multiperspektivität, die bemüht ist, selbst widersprüchliche Wahrnehmungen nebeneinander stehen zu lassen; des Wechsels zwischen erzählerischen und analytischen Elementen; schließlich größtmöglicher Quellennähe, wobei die Dokumente „so oft wie möglich selbst zu Wort kommen“ sollen (S. XXVI). Das durchaus gelungene, bemerkenswerte Ergebnis dieser |
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Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Band 134, hg. v. Kaiser, Wolfgang/Schermaier, Martin/Haferkamp, Hans-Peter/Oestmann, Peter/Rückert, Joachim/Becker, Hans-Jürgen/De Wall, Heinrich/Thier, Andreas, Germanistische Abteilung, Savigny VerlagsgesellschaftmbH, Wien 2017. XVI, 612 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Schroeder, Klaus-Peter, „Sie haben kaum Chancen, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden“ – Die Heidelberger juristische Fakultät und ihre Mitglieder jüdischer Herkunft (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 16). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 372 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schroeder, Klaus-Peter, „Sie haben kaum Chancen, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden“ – Die Heidelberger juristische Fakultät und ihre Mitglieder jüdischer Herkunft (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 16). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 372 S. Besprochen von Werner Schubert.
Bereits in seinem Werk von 2010 über die Heidelberger Juristische Fakultät im 19. und 20. Jahrhundert ist Klaus-Peter Schroeder auf die Fakultätsmitglieder jüdischer Herkunft eingegangen. In seinem neuen Buch bringt er eine „vertiefende Darstellung der großen Leistungen, welche die Rechtsgelehrten jüdischer Herkunft für die Ruperto Carola erbracht haben“ (S. VIII). Das Werk beginnt mit einer knappen Darstellung über die „Stadt, ihre Universität und die Juden“ (S. 1ff.). Bereits hier stellt Schroeder fest, dass keine deutsche Universität bis 1849 „so viele jüdische Privatdozenten zugelassen“ habe wie die Heidelberger Juristische Fakultät (S. 5). Im ersten Kapitel S. 7-129 geht es um die „Judenemanzipation im Großherzogtum Baden und die Heidelberger Juristische Fakultät bis zur Reichsgründung“ (S. 7-129). Grundlage der Stellung der Juden war das am 1. 7. 1809 in Kraft getretene „Constitutionsedict der Juden“, das deren „volle Emancipation“ in wichtigen Bereichen verwirklichte (S. 12); allerdings hatten sie nach der Verfassung von 1818 keinen Zugang zu den Staatsämtern. In der sorgfältig geführten Matrikel der Heidelberger Universität erscheint 1808 erstmals ein jüdischer Student, der sich für das juristische Fach einschrieb (S. 29). Bis 1819 folgten weitere 15 jüdische Jurastudenten. Die erste Promotion eines jüdischen Juristen erfolgte 1816 (S. 31). Im Zeitraum bis 1848 waren es 37% der in Heidelberg eingeschriebenen Studenten, welche die juristischen Staatsprüfungen ablegten. Die offene, liberale Einstellung der rechtswissenschaftlichen Fakultät und der Ministerialbürokratie führte dazu, dass sich an keiner deutschen Hochschule so viele jüdische Akademik |
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Ipsen, Jörn, Macht versus Recht. Der Hannoversche Verfassungskonflikt 1837-1840. Beck, München 2017. XIII, 383 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ipsen, Jörn, Macht versus Recht. Der Hannoversche Verfassungskonflikt 1837-1840. Beck, München 2017. XIII, 383 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Da das Recht erst mit dem Menschen entstanden ist, ist es jünger als die auch bei vormenschlichen Tieren vorhandene Macht. Neben ihr musste es von seinem Anfang an um einen anerkannten Platz auch in der Gesellschaft kämpfen und kann ihn immer auch nur relativ sichern und behaupten. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die Verfassung, die zumindest in ihrer formellen Gestalt wohl erst in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts Wirklichkeit werden konnte.
Welche Schwierigkeiten auf diesem Weg zu bewältigen waren, zeigt der in Weihe bei Harburg 1944 geborene, als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes in München und Göttingen ausgebildete, 1974 mit einer Dissertation über Richterrecht und Verfassung in Göttingen 1974 promovierte, 1980 mit einer Schrift über Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit von Norm und Einzelakt habilitierte, 1981 für öffentliches Recht an die Universität Osnabrück berufene und dort 2012 emeritierte Verfasser. Er ist durch eine Verfassungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland (2009), durch einen Kommentar der Verfassung Niedersachsens und durch eine Ausgabe deutscher Verfassungen zwischen 1849 und 1949 als hervorragender Kenner der Verfassungsgeschichte ausgewiesen. In seinem vorliegenden Werk behandelt er unter Einbeziehung vieler bisher unbeachteter Archivalien den in seiner Vorgeschichte bis 1835 zurückreichenden, mit dem Antrittspatent König Ernst Augusts von Hannover an dem 5. Jul 1837 vor ziemlich genau 180 Jahren beginnenden und am 1. November 1837 vollendeten Staatsstreich, der einen bis 1840 währenden Verfassungskonflikt nach sich zog, der wegen der Protestation der Göttinger Sieben politische Aufmerksamkeit weit über Hannover hinaus zur Folge hatte.
Nach dem kurzen Vorwort des Verfasser geht sein Plan zu einer dem Andenken an die Göttinger |
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Furchtlose Juristen. Richter und Staatsanwälte gegen das NS-Unrecht, hg. v. Maas, Heiko. Beck, München 2017. 333 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Furchtlose Juristen. Richter und Staatsanwälte gegen das NS-Unrecht, hg. v. Maas, Heiko. Beck, München 2017. 333 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Herausgeber nimmt in seinem Geleitwort über die positive Seite der Erinnerung seinen Ausgang von Rolf Hochhuth, der in einem Aufsehen erregenden Vorgang Hans Filbinger (1913-2007), der von einem früheren Richter der Wehrmacht des Deutschen Reiches in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft zu dem Ministerpräsidenten des demokratischen Bundeslands Baden-Württemberg aufgestiegen war, 1978 wegen der Mitwirkung an (vier) Todesurteilen einen furchtbaren Juristen genannt hatte. Daran hatte Ingo Müller (Nordböhmen *1942, von 1995 bis 2008 Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Polizei – in Hamburg) 1987 mit einem bis 2014 in sieben überarbeiteten Auflagen veröffentlichten Werk über die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz angeknüpft. Darin wurde dargelegt, wie die Justiz mitgeholfen hatte, die nationalsozialistische Herrschaft aufrechtzuerhalten, den Rechtsstaat zu zerstören und politische Gegner zu vernichten und dabei den Völkermord an den Juden Europas und die Massenmorde an Behinderten, Homosexuellen, „Asozialen“, Sinti und Roma, Polen und Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion mitvorbereitet und bei der Ausführung mitgewirkt hatte.
Auf dieser Grundlage entstand lange Jahrzehnte nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft die weit verbreitete Ansicht, dass die überwältigende Mehrheit der Justizjuristen des Deutschen Reiches zwischen 1933 und 1945 Mitläufer oder gar Mittäter der Verbrechen waren. Dieses Bild ergänzt das nach dem Geleitwort des Herausgebers beschämend schmale vorliegende Buch mit der Versuch der Erinnerung an die nur wenigen Richter und Staatsanwälte, die sich während der nationalsozialistischen Herrschaft erkennbar dem Unrecht entgegengestellt haben. Es hat nach seiner Ankündigung unmitt |
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Krist, Martin/Lichtblau, Albert, Nationalsozialismus in Wien. Opfer . Täter . Gegner (= Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern 8). StudienVerlag, Innsbruck 2017. 443 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Krist, Martin/Lichtblau, Albert, Nationalsozialismus in Wien. Opfer. Täter. Gegner (= Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern 8). Studienverlag, Innsbruck 2017. 443 S., Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Mit ihrem achten Band, dem „Nationalsozialismus in Wien“, liegt nunmehr die gehobene Jugendsachbuchreihe zum Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern nahezu vollständig vor; allein der Band für Niederösterreich steht noch aus. Wie vom Rezensenten bereits mehrmals dargestellt, folgen die einzelnen Bände dieser vom Verein _erinnern.at_ unter der Schirmherrschaft des österreichischen Bundesministeriums für Bildung (BMB) getragenen Publikation inhaltlich einer einheitlichen Grundstruktur, nach der die jeweiligen lokalen Verfasser die Spezifika des von ihnen behandelten Bundeslandes darstellen. Zur Gestaltung führen die Projektverantwortlichen, Werner Dreier und Horst Schreiber, in ihrem Vorwort aus: „Die Sachtexte im vorliegenden Buch vermitteln einen Überblick über die wesentlichen Themen zum Nationalsozialismus auf dem neuesten Stand der Forschung in einer gut verständlichen Sprache. […] [Der achte Band] wendet sich an ein jugendliches Lesepublikum wie auch an Erwachsene […]. Die einzelnen Kapitel sind durch Fragestellungen gegliedert, um das Lesen und Verstehen einfacher zu machen. Sie sind in sich geschlossen, müssen daher nicht der Reihenfolge nach gelesen werden; die Leserinnen und Leser können also je nach Interesse und Notwendigkeit quer ins Buch einsteigen. Die exemplarischen Kurzbiographien eröffnen persönliche Zugänge und erzählen Geschichten von einzelnen Leben, von Verfolgung, Verstrickung und Widersetzlichkeit, die nicht schwarz-weiß, sondern vielfach schattiert sind und deshalb die LeserInnen zur Positionierung herausfordern. Rund 400 Fotos und Abbildungen illustrieren den Text, ergänzen ihn aber auch und erzählen eigene Geschichten. Am Ende des Buches finden die Leserinnen und Leser ein umfangr |
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Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), begründet von Stammler, Wolfgang/Erler, Adalbert/Kaufmann, Ekkehard, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, hg. v. Cordes, Albrecht/ Haferkamp, Hans-Peter/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter und Bertelsmeier-Kierst, Christa als philologischer Beraterin. Band 4, Lieferung 25 Nüchternheit, nüchtern-Osmanisches Reich. Erich Schmidt, Berlin 2017. XVI, 1-224 Spalten, 128 S. 16403 Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), begründet von Stammler, Wolfgang/Erler, Adalbert/Kaufmann, Ekkehard, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, hg. v. Cordes, Albrecht/Haferkamp, Hans-Peter/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter und Bertelsmeier-Kierst, Christa als philologischer Beraterin. Band 4, Lieferung 25 Nüchternheit, nüchtern-Osmanisches Reich. Erich Schmidt, Berlin 2017. XVI, 1-224 Spalten, 128 S.
Die zweite Auflage des Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte konnte vor kurzer Zeit den dritten Band des großen Unternehmens abschließen. Die vorliegende 25. Lieferung kann daher den vierten Band eröffnen. Sie reicht von dem Ende des Buchstabens N bis weit in den Buchstaben O.
In der ersten Auflage füllte die Strecke von Nüchternheit, nüchtern bis Osenbrüggen, Eduard die (223) Spalten 1102 bis 1325 des dritten Bandes. Sie enthielt etwa 80 Stichwörter und Verweise. Davon sind die meisten aktualisiert und verbessert und nur ganz Weniges ist aufgegeben.
Zusätzlich sind wichtige Artikel neu aufgenommen. Dies betrifft in der alphabetischen Reihenfolge etwa die Stichwörter nullum crimen sine lege, nullum crimen sine poena, Numismatik, Nürnberger Gesetze, Nürnberger Prozesse, Nürnberger Reformation, Oberappellationsgericht der vier freien Städte, oberdeutscher Sachsenspiegel, oberste Bundesbehörden, oberster Gerichtshof für die britische Zone, oberstes Gericht der DDR, Obligationenrecht (Schweizerisches), Oder-Neiße-Linie, Oertmann, Paul, Offenbriefe, öffentlicher Dienst, Öffentlichkeit, Offizial (statt Offizialat), Offnung/Öffnung, Ofner Stadtrechtsbuch, ganz aktuell Ogris, Werner, Olmütz, Oppidum statt oppida, Ordinatio imperii, Organstreitigkeiten oder osmanisches Reich. Damit sind teil bisher bestehende Lücken geschlossen, teils ist der Gesambestand erfreulich zusätzlich ausgeweitet.
Das Schwergewicht liegt, wie bisher, in der Gewinnung neuer Mitarbeiter. Viele der Bearbeiter der Artikel der |
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Felz, Sebastian, Recht zwischen Wissenschaft und Politik – die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät Münster 1902-1952 (= Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster 10). Aschendorff, Münster 2016. 538 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Felz, Sebastian, Recht zwischen Wissenschaft und Politik – die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät Münster 1902-1952 (= Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster 10). Aschendorff, Münster 2016. 538 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Münster an der Aa in Westfalen wird 793 Ausgangsstelle der Friesenmission des Bischofs Liudger und entwickelt sich von hier aus seit dem Hochmittelalter zu dem größten geistlichen Fürstentum in dem Heiligen römischen Reich, für das am 3. 10. 1571 eine Landgerichtsordnung und eine Hofgerichtsordnung verkündet werden. Das vor den Landgerichten um Münster angewendete, nur vereinzelt aufgezeichnete Recht ist überwiegend deutsches, vom sächsischen Recht nur wenig beeinflusstes Recht. 1780 wird in Münster eine Universität eingerichtet, die 1818 in Preußen weitgehend zugunsten Bonns geschlossen, aber 1902 wieder mit eine juristischen Fakultät eröffnet wird.
Mit einem Teil ihrer Geschichte beschäftigt sich die von Hans-Ulrich Thamer und Reiner Schulze betreute, in dem März 2015 von der philosophischen Fakultät der Universität Münster angenommene, für den Druck leicht gekürzte und überarbeitete Dissertation des 1979 geborenen Verfassers. Sie hat rasch das besondere Interesse eines ausgewiesenen Sachkenners erweckt. Deswegen genügt an dieser Stelle ein einfacher Hinweis des Herausgebers.
Gegliedert ist die stattliche Untersuchung nach einem kurzen Vorwort in zwei Teile. Sie betreffen die Fakultätsentwicklung der Untersuchungszeit zwischen Wissenschaft und Politik (Ottmar Bühler, Erhard Neuwiem, Hans Kreller, Max Kaser, Heinrich Drost, Hubert Naendrup, Karl Gottfried Hugelmann, Wilhelm Sauer, Johannes M. Ritter, Ottmar Bühler, Friedrich Klein, Hans Schumann, George A. Löning, Arthur Wegner, Karl Peters, Hans Julius Wolff, Harry Westermann, Hermann Schultze-von Lasaulx, Karl Michaelis, - Herbert Krüger – und Rolf Dietz) sowie die wissenschaftliche Expertise und das politische Engagement. Im Erge |
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Homo heidelbergensis. Festschrift für Klaus-Peter Schroeder zum siebzigsten Geburtstag, herausgegeben von Spieß, Pirmin/Hattenhauer, Christian/Hettinger, Michael. (Selbstverlag der) Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2017. XIV, 606 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Homo heidelbergensis. Festschrift für Klaus-Peter Schroeder zum siebzigsten Geburtstag, herausgegeben von Spieß, Pirmin/Hattenhauer, Christian/Hettinger, Michael. (Selbstverlag der) Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2017. XIV, 606 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach Wikipedia ist der Homo heidelbergensis eine aus dem Homo erectus hervorgegangene und in Europa vor etwa 200000 Jahren zum Neandertaler weiterentwickelte, ausgestorbene Hominini-Art der Gattung Homo, der insbesondere 600000 bis 200000 Jahre alte Fossilien aus Europa und Afrika zugeordnet werden. Typusexemplar ist ein am 21. Oktober 1907 von dem Leimener Tagelöhner Daniel Hartmann in einer Sandgrube der Gemeinde Mauer bei Heidelberg gefundener und 1908 von Otto Schoetensack benannter Unterkiefer. Auf einer völlig neuen Entwicklungsstufe ist Homo heidelbergenis der in Heidelberg am 24. Februar 1947 geborene Geschichtsforscher und Menschenfreund, dem die Herausgeber zum 70. Geburtstag eine glanzvolle Festschrift widmen, welcher dieselbe Aufmerksamkeit sehr zu wünschen ist wie dem schlichteren Vorgänger.
Insgesamt 33 Beiträge des ehrenvollen Sammelwerks widmen sich dem Leben und dem Werk des bekannten Jubilars, der nach der Schulbildung in Heidelberg, Mannheim und Heilbronn vom Sommersemester 1966 bis zum Wintersemester 1969/1970 in seiner Geburtsstadt Rechtswissenschaft studierte, 1970 die erste juristische Staatsprüfung bestand, während der Referendarzeit wissenschaftliche Hilfskraft bei Adolf Laufs war, 1973 über Wimpfen (Verfassungsgeschichte einer Stadt und ihres Verhältnisses zum Reich von den Anfängen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts) promoviert wurde und gleichzeitig die zweite juristische Staatsprüfung ablegte. Unmittelbar danach begann er eine Tätigkeit bei der führenden juristischen Ausbildungszeitschrift des bedeutendsten juristischen Verlagshauses Europas in Frankfurt am Main, die er erst 2006 als Schriftl |
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Rauchegger, Andreas/Schönpflug, Ingo, Treffpunkt Taverne Goldener Bär. Die abwechslungsreiche Geschichte des Kammerhofes in Hötting (= Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Neue Folge 59). Wagner, Innsbruck 2017. 177 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Johannes, Andreas, Das Feld der Großmächte im 18. Jahrhundert. Eine soziologische Analyse am Beispiel des Aufstiegs Preußens zur Großmacht (1740-1763) (= Nomos Universitätsschriften – Soziologie 18). Mohr, Tübingen 2017. 373 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Unvorhersehbar wird das nach den baltischen Pruzzen um 965 als Brus erstmals benannte politische Gebilde im Laufe der Geschichte eines der wichtigsten deutschen Länder und während des 18. Jahrhunderts Großmacht, wenn auch noch ohne unbestrittene Souveränität. Innerhalb des vor allem von Otto von Bismarck geschaffenen (zweiten) Deutschen Reiches bestimmt es die wichtigsten Entscheidungen. Am 20. Juli 1932 setzt wegen seines Gewichts die Regierung des Deutschen Reiches die Regierung Preußens ab (Preußenschlag) und mit dem Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats von dem 25. Februar 1947 wird Preußen von den alliierten Siegermächten des zweiten Weltkriegs unter Aufteilung seiner Gebiete auf zum Teil neue Länder der vier Besatzungszonen aufgelöst.
Mit einem Teilaspekt dieser Entwicklung beschäftigt sich die 2015 von der Universität Bielefeld angenommene, wichtige Daten von Ludwig XIV (1643-1715) bis zu dem Wiener Kongress (1814/1815) am Ende zusammenstellende, weiterführende Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in drei Teile. Diese betreffen als Einführung die Perspektive von Geschichtswissenschaft und Politologie, als Entdinglichung und Schließung den methodischen Zugang zu dem Feld und den Aufstieg Preußens als Parvenu in das Feld der Großmächte in dem 18. Jahrhundert unter Friedrich dem Großen in einem Dreischritt von Erkenntnis der Bedrohungsfähigkeit, Imitation als Bewunderung und Imitation als Respekt.
Unterschieden werden dabei für die Konstitution des Feldes der fünf Großmächte vor allem das Feld zu Beginn des österreichischen Erbfolgekriegs, das Feld zu Beginn und während des siebenjährigen Krieges und das Feld als Prozess von Imitation |
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Junge Kämpfer, alte Opportunisten. Die Mitglieder der NSDAP 1919-1945, hg. v. Falter, Jürgen W. Campus, Frankfurt am Main 2016. 499 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Süß, Thorsten, Partikularer Zivilprozess und territoriale Gerichtsverfassung. Das weltliche Hofgericht in Paderborn und seine Ordnungen 1587-1720 (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 69). Böhlau, Wien 2017. 570 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der Rechtsgang der älteren Zeiten hat sich wie das gesamte damalige Recht vermutlich in erster Linie allmählich über Gewohnheiten entwickelt, die in dem gesamten späteren deutschsprachigen Raum kaum einheitlich sein konnten, wovon bereits die frühmittelalterlichen Volksrechte deutliche Zeugnisse ablegen. Mit der spätestens hochmittelalterlichen Territorialisierung wurde diese Partikularisierung des Rechtes noch vertieft und auch durch die nur teilweise Rezeption des gelehrten Rechtes nicht wirklich aufgehoben. Von daher verdienen der partikulare Zivilprozess und die territoriale Gerichtsverfassung der frühen Neuzeit eingehende Behandlung.
Dementsprechend erweckte das vorliegende gewichtige, von Peter Oestmann betreute, in dem Sommersemester 2015 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster als Dissertation angenommene Werk des 1984 geborenen, zeitweise an dem Institut seines Betreuers tätigen Verfassers unmittelbar nach seinem Bekanntwerden das Interesse eines sehr sachkundigen Rezensenten. Deswegen genügt an dieser Stelle vorweg ein allgemeiner Hinweis. Er kann sich auf die Grundstruktur beschränken und die Einzelbewertung der Rezension des Sachkenners überlassen.
Gegliedert ist das nach seiner Einleitung von dem Reichskammergerichtsfall Alexius Bachmann ausgehende, Forschungsstand, Quellenlage und methodische Probleme darlegende Werk in seinem Hauptteil in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Hofgerichte allgemein, die Anfänge des Hofgerichts in Paderborn seit dem 16. Jahrhundert, die Hofgerichtsordnung von 1619, die Probleme und Reformen unter besonderer Berücksichtigung des fürstenbergischen Ordnungsentwurfs von 1666 und die Probleme |
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Schroeder, Klaus-Peter, „Sie haben kaum Chancen, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden“ – Die Heidelberger juristische Fakultät und ihre Mitglieder jüdischer Herkunft (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 16). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schroeder, Klaus-Peter, „Sie haben kaum Chancen, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden“ – Die Heidelberger juristische Fakultät und ihre Mitglieder jüdischer Herkunft (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 16). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Beziehung des Menschen zu seinen Mitmenschen ist wie vieler anderer Lebewesen ambivalent. Einerseits kann er ohne sie nicht wirklich bestehen. Andererseits bewirkt seine Individualität stets auch den Vergleich und den Wettbewerb sowie die Abgrenzung bis hin zur Vernichtung.
Mit einem besonderen Aspekt dieser Problematik befasst sich das vorliegende Buch des Verfassers, der sich nach dem Ende seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der führenden deutschen juristischen Ausbildungszeitschrift mehr und mehr der Geschichteder Heidelberger juristischen Fakultät zugewendet hat. Es hat unmittelbar nach seinem Bekanntwerden das Interesse mehrerer sachkundiger Rezensenten erweckt. Da bisher kein Rezensionsexemplar verfügbar ist, muss es an dieser Stelle vorläufig genügen, allgemein darauf aufmerksam zu machen.
Der Verfasser geht bei seiner wichtigen Studie davon aus, dass mit dem Tode des in die Vereinigten Staaten von Amerika emigrierten Romanisten Ernst Levy 1968 eine der großartigsten Epochen der Heidelberger Fakultätsgeschichte ihren definitiven Abschluss fand. Auf dieser Grundlage ergänzt er die bereits 2011 vorgelegte Geschichte der Heidelberger juristischen Fakultät im 19. und 20. Jahrhundert um eine vertiefende Darstellung der herausragenden Leistungen, welche die Rechtsgelehrten jüdischer Abstammung für ihre Heidelberger Fakultät erbracht haben. Gegliedert ist der elegant gehaltene Band nach einer Einleitung über die Stadt, ihre Universität und die Juden in drei Kapitel über die Judenemanzipation im Großherzogtum Baden (Sigmund Zimmern, Eduard Gans, Gabriel Riesser, Heinrich Bernhard Oppenheim, Alexander Friedländer, Heinrich Dernburg, |
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Fraschka, Mark, A., Franz Pfeffer von Salomon. Hitlers vergessener Oberster SA-Führer. Wallstein, Göttingen 2016. 556 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Franz Ferdinand Felix Pfeffer von Salomon (1888 – 1968) war ein früher Protagonist der nationalsozialistischen Funktionselite, dessen Andenken außerhalb des engeren Kreises der mit diesem Fachgebiet einschlägig beschäftigten Historiker weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Der Grund dafür dürfte überwiegend dem Umstand geschuldet sein, dass der Höhepunkt von Pfeffers Laufbahn, die Betrauung mit der Funktion des Obersten SA-Führers (Osaf), bereits in die Jahre 1926 bis 1930 fällt. Als die Hitlerbewegung 1933 die Macht in Deutschland errang, hatte dieser Mann somit seinen Zenit längst überschritten; die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft erlebte er in relativer Bedeutungslosigkeit. Es stellt sich daher die Frage, welche Argumente es rechtfertigen, gerade diese Persönlichkeit in den Mittelpunkt eines umfangreichen Dissertationsvorhabens zu stellen.
Wie der Verfasser der vorliegenden, von (dem 1997 mit einer Schrift zum Schottland-Flug des Rudolf Heß habilitierten) Rainer F. Schmidt betreuten und von der Philosophischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg 2014 angenommenen Doktorarbeit, Mark A. Fraschka, einleitend darlegt, bietet der biographische Zugang nicht nur die Möglichkeit der Klärung einer Reihe von personenbezogenen, sondern auch von darüber hinausreichenden, strukturorientierten Fragestellungen. Erstere sollen Herkunft, Charakter, Anstöße, Motive Ziele, Perspektiven, Weltanschauung, Einfluss und Wirkung des Protagonisten beleuchten, letztere in einem größeren Rahmen am Beispiel der Person Pfeffers Ursprünge, Mittel, Wege, Ausdrucksformen und Akteure des sich ab November 1918 in Deutschland etablierenden radikalen Antirepublikanismus beschreiben und die Handlungsspielräume im Verhältnis zwischen der Staatsgewalt und den rechtsgerichteten Republikfein |
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Leng, Rainer, Grenzen, Steine, Sechsersprüche. Die dörfliche Rechtspraxis im Spiegel des „Frammersbacher Sechserbuchs“ (1572-1764) (= Publikationen aus dem Kolleg Mittelalter und frühe Neuzeit 3). Königshausen & Neumann, Würzburg 2017. 312 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler |
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Frammersbach liegt zwischen Würzburg und Aschaffenburg im Spessart an der Mündung des früher Frammersbach genannten Laubersbachs in die Lohr. Im Jahre 2016 feierte der Ort die siebenhundertste Wiederkehr seiner schriftlichen Ersterwähnung. Bereits 2002 war das insgesamt 151 Papierblätter in zehn Lagen umfassende Frammersbacher Sechserbuch dem 1966 in Weißenburg in Bayern geborenen, nach dem Studium von Geschichte, Germanistik, Sozialkunde und Altphilologie 1996 mit einer Dissertation über Konrad von Halberstadt summa cum laude promovierten, 2000 mit einer Untersuchung über kriegstechnische und kriegstaktische Bilderhandschriften und Traktate im 15. und 16. Jahrhundert in Würzburg in mittelalterlicher Geschichte habilitierten, seit 2008 als außerplanmäßiger Professor in Würzburg tätigen Verfasser des vorliegenden Werkes erstmals begegnet, als ihn Gerrit Himmelsbach auf ein außergewöhnliches und vielversprechendes Archivale im Archiv der Marktgemeinde aufmerksam machte.
Dem folgten mit finanzieller Unterstützung durch die Gemeinde unter der Obhut des Archäologischen Spessartprojekts zwischen November 2002 und März 2003 eine vollständige Transkription und eine erste inhaltliche Auswertung des Sechserbuchs. 2016 wurde die Drucklegung der vorliegenden Arbeiten bejaht. Gegliedert ist das hierauf gründende Werk nach einer Einleitung über das Frammersbacher Sechserbuch, Beschreibung der Handschrift sowie Chronologie und Struktur des Inhalts in zwei Sachkapitel über das Sechserbuch als Quelle zum ländlichen Rechtswesen (Sechser, Dorfgericht, Bürgermeister, Schultheiß, Sechserverfahren, Mündlichkeit und Schriftlichkeit) und das Sechserbuch als dorfgeschichtliche Quell |
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Loebell, Friedrich Wilhelm von, Erinnerungen an die ausgehende Kaiserzeit und politischer Schriftwechsel, hg. v. Winzen, Peter. Droste, Düsseldorf 2016. XV, 1255 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Loebell, Friedrich Wilhelm von, Erinnerungen an die ausgehende Kaiserzeit und politischer Schriftwechsel, hg. v. Winzen, Peter. Droste, Düsseldorf 2016. XV, 1255 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Friedrich Wilhelm von Loebell wurde am 17. September 1855 auf dem von seinem Vater (Robert Karl Hermann von Loebell 1815-1905) besessenen Rittergut Lehnin in dem Kreis Zauch-Belzig als fünftes und jüngstes Kind seiner Eltern geboren. Nach dem Besuch der Dorfschule und dem Abitur an der Ritterakademie in Dom Brandenburg studierte er Rechtswissenschaft in Straßburg und Leipzig und trat in den Verwaltungsdienst Preußens ein. 1885 wurde er Landrat in dem neuen Kreis Neuhaus an der Oste bei Cuxhaven, 1898 Reichstagsabgeordneter des Wahlkreises Brandenburg an der Havel-Westhavelland für die Deutschkonservativen und 1904 vortragender Rat in der Reichskanzlei des Deutschen Reiches, 1907 Unterstaatssekretär, 1909 Oberpräsident der Provinz Brandenburg, 1911 Mitglied des Aufsichtsrat der deutschen Bank und von 1914 bis 1917 Innenminister Preußens, ehe er am 21. November 1931 in Brandenburg an der Havel starb.
Der Herausgeber des diesen bedeutenden Politikers betreffenden umfangreichen und informativen Werkes wurde in Parsberg in der Oberpfalz 1943 geboren und nach dem Studium von Geschichte, Anglistik und politischer Wissenschaft in Heidelberg, München und Köln 1973 bei Theodor Schieder mit einer Dissertation über die Englandpolitik Friedrich von Holsteins 1895-1901 in Köln promoviert. Zwischen 1976 und 1998 arbeitete er im höheren Schuldienst in Bergisch-Gladbach und von 1989 bis 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter der historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften. Nach der ersten Einsichtnahme in die von der Familie Loebell in dem Bundesarchiv in Koblenz hinterlegten nachgelassenen Papiere Loebells in dem Jahre 1985 reifte nach seiner vorangestellten Danksagung ziemlich schnell in ihm der Entschluss, die unveröffentlichte |
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Schlosser, Hans, Neuere europäische Rechtsgeschichte (= Grundrisse des Rechts), 3. Aufl. Beck, München 2017. XXVII, 461 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlosser, Hans, Neuere europäische Rechtsgeschichte (= Grundrisse des Rechts), 3. Aufl. Beck, München 2017. XXVII, 461 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die moderne Verdichtung der Technik begünstigt auch ein Zusammenwachsen politischer Einheiten in der Geschichte. Von daher ist es sehr begrüßenswert, dass sich während des 20. Jahrhunderts europäische Staaten zwecks Vermeidung künftiger kriegerischer Auseinandersetzungen zu dem Staatenverbund der Europäischen Union zusammengeschlossen haben, auch wenn Austritte aus ihm anscheinend durchaus gewollt und vollzogen werden können. Jedenfalls hat die damit verbundene Europäisierung des Rechtes auch das Interesse an einer europäischen Rechtsgeschichte gefördert.
Der in Brünn 1934 geborene Augsburger Rechtshistoriker Hans Schlosser, der von 1982 bis 2005 die von Erich Molitor begründeten Grundzüge der neueren Privatrechtsgeschichte mit großem Erfolg betreute, hat diese Entwicklung bereits 2012 aufgegriffen und eine eigene neuere europäische Rechtsgeschichte vorgelegt. Sie versucht, den komplexen Prozess der im späten Mittelalter entstandenen, transnational wirkenden europäischen Rechtswissenschaft in Entstehung, Entwicklung und Wirkungen im Fokus der Spannungsverhältnisse zwischen Politik, Religion, naturwissenschaftlichem Rationalismus und der Laizität der Moderne darzustellen. Die dritte Auflage erweitert den erfolgreichen Grundriss von anfangs XXVI und 398 Seiten auf nunmehr XXVII und 461 Seiten erheblich.
In dieser Gestalt hat das eindrucksvolle Werk unmittelbar nach seiner Ankündigung das besondere Interesse eines vielseitig ausgewiesenen Rezensenten erweckt. Deswegen genügt es an dieser Stelle auf das Erscheinen selbst vorweg hinzuweisen. Möge das historisch-rechtsvergleichend Grundlagenwissen und Orientierungswissen im Privatrecht und im Strafrecht in 16 Kapiteln vermittelnde Studienbuch weiterhin kritisch über den Erkenntnisstand der Forschung unterrichten und die Bedeutung de |
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Neschwara, Christian, Geschichte des österreichischen Notariats. Band 2/1 1850 bis 1871 - Formierung eines modernen Notariats – ein Kampf zwischen Form und Freiheit. XXXVIII, 1082 S., 16 ungezählte Bl., 32 Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neschwara, Christian, Geschichte des österreichischen Notariats. Band 2/1 1850 bis 1871 - Formierung eines modernen Notariats – ein Kampf zwischen Form und Freiheit. XXXVIII, 1082 S., 16 ungezählte Bl., 32 Ill. Besprochen von Werner Schubert.
Der neue Band Christian Neschwaras über die Geschichte des österreichischen Notariats von 1850 bis 1871 knüpft unmittelbar an den 1996 erschienenen Band der österreichischen Notariatsgeschichte an, der bis 1850 reicht. In dem untersuchten Zeitraum sind drei Notariatsordnungen (1850, 1855 und 1871) ergangen, von denen letzte Fassung mit erheblichen Änderungen bis heute maßgebend ist. Das erste Hauptstück des Werkes befasst sich mit der Entwicklung des österreichischen Notariats bis 1848, der Entstehung der Notariatsordnung von 1850, deren Inhalt und Geltungsbereich sowie deren Wirkung im Rechtsleben und der Durchführung der neuen Notariatsordnung (S. 8-161). Vorbild für die Notariatsordnung von 1850 war das französische Notariatsrecht von 1803, das in Lombardo-Venetien von Frankreich eingeführt worden war und nach 1815 dort mit erheblichen Einschränkungen weiter galt. Die Notariatsordnung von 1850 galt zunächst nur in den zum Deutschen Bund gehörigen Landesteilen des Kaiserreichs. Die Trennung des Notariats von der Advokatur galt als Regel nur für die Städte, in denen sich ein Landgericht befand. Nach § 3 der Notariatsordnung war „zur unbedingten Eintragung der öffentlichen Bücher“ ein „Notariatsact oder eine authentische Ausfertigung erforderlich“. Detailliert geregelt wurde auch das Beurkundungsrecht in den §§ 42ff. (S. 72ff.). Die Ernennung der Notare war dem Justizminister vorbehalten; sie setzte das Bestehen der Advokatenprüfung oder Notariatsprüfung und eine vorhergehende Praxis voraus. Die Notare konnten nach § 176 der NotO verpflichtet werden, als „Gerichtskommissäre“ Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit (insbesondere Verlassenschaftsabhandlungen) zu besorgen, was allerdings nur selt |
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Recht und Konsens im frühen Mittelalter, hg. v. Epp, Verena/Meyer, Christoph H. F. (= Vorträge und Forschungen 82). Thorbecke, Ostfildern 2017. 487 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
Ganzen Eintrag anzeigen Recht und Konsens im frühen Mittelalter, hg. v. Epp, Verena/Meyer, Christoph H. F., (= Vorträge und Forschungen 82). Thorbecke, Ostfildern 2017, 487 S. Besprochen von Steffen Schlinker.
Der vorliegende Tagungsband vereint 14 Aufsätze, denen Referate im Rahmen einer Tagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte zugrunde liegen, die unter der Leitung von Verena Epp und Christoph H. F. Meyer vom 27. bis 30. März 2012 auf der Insel Reichenau stattgefunden hat. Die Vorträge widmen sich der Frage, ob es „konsensuale, d. h. unter verantwortlicher Mitwirkung der Großen getragene politische Entscheidungen im Frühmittelalter“ gegeben hat. In ihrer prägnanten „Historischen Einleitung“ (S. 9-17) erinnert Verena Epp noch einmal ausdrücklich daran, dass Herrschaft auf der Basis von Konsens immer wieder als Charakteristikum des Mittelalters beschrieben worden sei. Gerade für die Rechtsfindung in der Gerichtsversammlung muss das nachdrücklich unterstrichen werden, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass der König oder ein Graf meinungsbildend in die Urteilsfindung und Entscheidungsfindung eingegriffen haben mag. Ergänzend analysiert Christoph H. F. Meyer in seinem Beitrag „Konsens in der Rechtsgeschichte des frühen Mittelalters“ das Spektrum der Forschungsansichten zum Konsens im frühen Mittelalter mit einem Ausblick auf künftige Forschungen (S. 19-45).
Thomas F. X. Noble hebt in „Theological perspectives on law and consensus in the writings of Gregory the Great“ (S. 47-62) insbesondere den Einfluss biblischen Denkens auf das römische Recht hervor, weil die biblischen Lehren von Vergebung, Erlösung und Gnade die Strenge des römischen Rechts abzumildern vermochten. Detlef Liebs kann in seinem Beitrag über „Geltung kraft Konsenses oder kraft königlichem Befehl“ (S. 63-85) zeigen, dass die Zusammenarbeit der Romanen und der westgotischen, burgundischen oder fränkischen Bevölkerung im Rahmen der Rechtssetzung von ganz unterschiedlich |
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Ehrenwirth, Rebecca/Lieke, Nina, By a lady. Das Leben der Jane Austen. Biographie. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 224 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ehrenwirth, Rebecca/Lieke, Nina, By a lady. Das Leben der Jane Austen. Biographie. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 224 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Jane Austen wurde in dem Pfarrhaus Steventons in Hampshire an dem 16. Dezember 1775 als siebtes von acht Kindern des Geistlichen George Austen und seiner Ehefrau Cassandra geboren. Von ihrem Vater früh gefördert, legte sie ab 1787 anonym ihre ersten literarischen Erzeugnisse vor. Unter dem Pseudonym „by a lady“ schuf sie Werke wie pride and prejudice, die ihr Weltruhm einbrachten, starb aber bereits am 18. Juli 1817 in Winchester vermutlich an damals unheilbarer Nebenrindeninsuffizienz.
Mit ihrem Leben und Werk beschäftigt sich der vorliegende elegante Band der im englischer Literaturwissenschaft, Sinologie, chinesischer Kunst und Archäologie in München bzw. in Kunstgeschichte und klassischer Archäologie in Kiel ausgebildeten Verfasserinnen. Nach einer kurzen Einleitung über Englands Jane begleiten sechs Kapitel die erfolgreiche Schriftstellerin durch ihr kurzes Leben. Die betreffen die Kindheit in Steventon, das Jugendwerk des seltsamen Teenagers, die Geburt einer Vollkommenheit ablehnenden Schriftstellerin zwischen 1795 und 1799, die Entwurzelung und Heimatlosigkeit nach dem Tode des Vaters, den literarischen Durchbruch zwischen 1810 und 1817 und das Nachleben in der Form der Begegnung mit der Popkultur.
Geschmückt mit einer Aquarellskizze der älteren Schwester von 1804 berichtet das neue Werk einfühlsam von vielfältigen Einzelheiten, die Jane Austen selbst in ihre Romane eingefügt hat. Die sozialen Gegebenheiten werden dabei ebenso beleuchtet wie die familiären Eigentümlichkeiten. Eine Zeittafel, Literaturhinweise und ein Register von Adletrop bis Yarmouth runden das jedem Interessenten sehr zu empfehlende, mit Abbildungen und Zitaten bereicherte schlanke Buch benutzerfreundlich ab.
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Wedemeyer-Kolwe, Bernd, Aufbruch. Die Lebensreform in Deutschland. Philipp von Zabern, Darmstadt 2017. 206 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wedemeyer-Kolwe, Bernd, Aufbruch. Die Lebensreform in Deutschland. Philipp von Zabern, Darmstadt 2017. 206 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seitdem der Mensch entstand, hat er sich zunehmend der Natur entfremdet. Zwar sind seine Geburt, sein Leben und sein Tod noch vielfach von natürlichen Gegebenheiten bestimmt, mehr und mehr greift der Mensch zwecks Erreichung angestrebter Ziele aber in die vorgegebenen Abläufe ein. Mittels Kultur und Zivilisation schwingt er sich zum Herren seiner Umwelt auf und vergewaltigt diese im egoistischen Selbstbefriedigungsinteresse.
Mit einem moderneren Teilaspekt dieses Geschehens beschäftig sich der in Kassel 1961 geborene, in Göttingen in Volkskunde, Vorgeschichte, Frühgeschichte und Assyriologie ausgebildete, 1992 bei Rolf Wilhelm Brednich mit einer Dissertation über Wohnverhältnisse und Wohnungseinrichtung in Göttingen im 18. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, 2001 bei Arnd Krüger mit einer kumulativen Dissertation über die Bodybuildingsbewegung im Kaiserreich und in der Weimarter Republik promovierte, 2002 für Sportgeschichte habilitierte Verfasser. Sein schlankes vorliegendes Werk gliedert sich in insgesamt sieben, mit einigen einfachen Abbildungen ausgestattete Abschnitte. Sie betreffen nach einer Einleitung Begriffe, Motive und Stichwortgeber, Ernährung, Naturheilkunde, Körperkultur, Siedlung sowie Fazit und Ausblick.
In ihnen kann der Verfasser zeigen, dass bereits um 1900 Industrialisierung und Modernisierung eine Gegenbewegung aufkommen ließen. Ihr ging es in erster Linie um verschiedene Wege zurück zur Natur. Trotz vielfältigen, vielfach utopischen individuellen Einsatzes ist eine grundsätzliche Umkehr der allgemeinen Entwicklung bisher freilich nicht wirklich gelungen und wird angesichts der vordergründigen, manipulativ zwecks Gewinnerzielung beeinflussten Interessen der Menschheit kaum gelingen.
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Günther, Herbert, Die Eigentumsverhältnisse an ehemals amtlichem Schriftgut des Hauses Ysenburg-Büdingen. Eine Fallstudie (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 34). Hessisches Staatsarchiv Marburg, Marburg 2017. 70 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Günther, Herbert, Die Eigentumsverhältnisse an ehemals amtlichem Schriftgut des Hauses Ysenburg-Büdingen. Eine Fallstudie (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 34). Hessisches Staatsarchiv Marburg, Marburg 2017. 70 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das Eigentum hat sich im Laufe der Geschichte zu einem absoluten Recht entwickelt, das man zwar grundsätzlich aufgeben kann, an dem aber meist wegen seiner Ausschließlichkeit erhebliches Interesse besteht. Mit dem Tode des Eigentümers unterfällt es privatrechtlich dem Erbrecht, auf Grund dessen man zwar den Anfall ausschlagen kann, aber wegen des Wertes meistens doch den Erwerb annimmt. Schwieriger werden die rechtlichen Verhältnisse bei ehemals amtlichem Schriftgut eines seines Amtes entsetzten fürstlichen Hauses.
Mit dieser Thematik beschäftigt sich das schlanke vorliegende Werk des von 1988 bis 2010 als Leiter der Abteilung Recht und Verfassung in der Staatskanzlei Hessen tätigen, 2012 durch die Ehrenprofessur des Landes Hessen für seine Verdienste ausgezeichneten Verfassers. Gegliedert ist es in zwei Teile und eine Zusammenfassung. Zunächst werden dabei die Fragestellung entwickelt und der Sachverhalt dargelegt, danach wird auf dieser Grundlage die Rechtslage gutachtlich sachverständig geklärt.
Im Ergebnis stellt der Verfasser fest, dass das Land Hessen Eigentümer der angeblich vorhandenen hoheitsrechtlichen Bestandteile der Rentkammerakten Büdingens nur im Wege der Funktionsnachfolge über Artikel 135 II GG geworden sein kann, was voraussetzt, dass der Volksstaat Hessen und das Land Preußen ihrerseits Eigentümer gewesen waren. Hierzu stellt der Verfasser überzeugend fest, dass die Hoheitsfunktionen der Standesherren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf das Großherzogtum und das Kurfürstentum Hessen übertragen wurden, womit der Übergang des Eigentums an den bei der Wahrnehmung dieser Funktionen entstandenen Registraturbeständen verbunden war, auch wenn es niem |
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Judson, Pieter M., Habsburg. Geschichte eines Imperiums 1740-1918, aus dem Englischen von Müller, Michael. Beck, München 2017. 667 S., 40 Abb. 7 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Judson, Pieter M., Habsburg. Geschichte eines Imperiums 1740-1918, aus dem Englischen von Müller, Michael. Beck, München 2017. 667 S., 40 Abb., 7 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
Am Ende des Ersten Weltkriegs zerfiel das Imperium der Habsburger, das sich in Europa von Triest bis Czernowitz und von Reichenberg bis Kotor erstreckte, und wurde territorial von sieben „Nationalstaaten“ beerbt: von Österreich, Ungarn, Italien und Rumänien als bereits existierenden und der Tschechoslowakei, Polen und Jugoslawien als neu geschaffenen staatlichen Entitäten. Im Rückblick der nationalistischen Ideologen – und ihre Ansichten würden bis dato die allgemeine Wahrnehmung der Donaumonarchie verzerren – erschien nun dieses Reich als Anachronismus, als „Völkerkerker“, der nicht in der Lage gewesen sei, eine von der Bevölkerung getragene und akzeptierte Identität zu begründen. Richte man nun den Blick nach vorne und genauer auf die Zusammensetzung der neuen Staatengebilde, ergebe sich eine andere Perspektive: „Das Jahr 1918 markierte keineswegs das Ende der Vielvölkerreiche, im Gegenteil, sie vermehrten sich. Der Widerspruch zwischen Nation und Staat verschärfte sich in den Jahren zwischen den Kriegen auf eine Weise, wie es vor 1914 kaum vorstellbar war. So lässt sich die in der Regel entsetzliche Behandlung ethnischer Minderheiten während des Zweiten Weltkriegs und die Vertreibung ‚unerwünschter‘ Bevölkerungsgruppen nach dessen Ende erklären. Alle Staaten, die Vielvölkerstaaten waren, investierten einen erheblichen rhetorischen Aufwand und beträchtliche Ressourcen, um sich dieses viel geschmähten Status zu entledigen, während sie immer radikalere Lösungen für die Probleme ersannen, welche die Minderheiten ihnen bereiteten. Die brutale nationalistische Diktatur wurde in den meisten Fällen als einzige Möglichkeit gesehen, die Quadratur des Kreises zu schaffen, die Verbindung von ethnisch verstandener Nationalität und populistischer Demokratie“ (S. 576).
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Lück, Heiner, Der Sachsenspiegel. Das berühmteste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 176 S., 120 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lück, Heiner, Der Sachsenspiegel. Das berühmteste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 176 S., 120 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Spiegel der Sachsen (Sachsenspiegel) ist das der Wiederentdeckung des römischen Rechtes in Italien um 1100 und der neuen Zusammenstellung des kirchlichen Rechtes durch Gratian um 1140 zeitlich nachfolgende, von ihnen vielleicht angeregte, an unbekanntem Ort in Sachsen wohl zwischen 1221 und 1224 von dem lateinkundigen, aber nicht rechtsgelehrten Eike von Repgow zunächst auf Latein geschaffene, danach aber in das Mittelniederdeutsche übertragene Rechtsbuch. Er ist seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert in etwa 465 zumindest teilweise noch erhaltenen Handschriften überliefert. Wissenschaftlich am intensivsten erforscht wurde er im späteren 19. Jahrhundert und im 20. Jahrhundert.
Heiner Lück hat sich ihm in der jüngsten Vergangenheit intensiv gewidmet. Sein neues Werk hat unmittelbar nach seinem Bekanntwerden das Interesse eines sachkundigen Rezensenten erweckt. Deswegen genügt an dieser Stelle der Hinweis auf das großformatige elegant gestaltete Werk als solches.
Gegliedert ist es in acht Kapitel über das mittelalterliche Rechtsbuch Sachsenspiegel, die Herkunft und Überlieferung des Sachsenrechts, die ländliche Gesellschaft des Spätmittelalters im Bild, die Faszination des Details (Freiheit, Mensch, Natur, Kirche, Dorf, Burg, Zehnt, Feld, Vieh und Bad), den Weg in die Moderne durch Harmonisierung mit dem gelehrten Recht, die Verbreitung zwischen Elbe und Dnjepr, die politische Instrumentalisierung im Osten und die moderne Forschung einschließlich der Spurensuche im geltenden deutschen Recht. Sechs Porträts (Eike von Repgow, die Sachsen. Karl der Große, Friedrich II., Johann von Buch, Christoph Zobel) und zwei „Spezials“ (Heerschildordnung, Zweischwerterlehre) bieten sachkundige Vertiefungen. Bibliographie, Glossar und Register von Abraham bis Zörbig runden di |
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Goldfine, Yitzhak, Einführung in das jüdische Recht. Eine historische und analytische Untersuchung des jüdischen Rechts und seiner Institutionen, Hamburg 1973. Neuausgabe New Academic Press, Wien 2017. 158 S., Abb. Besprochen von Reinhard Schartl. |
Ganzen Eintrag anzeigen Goldfine, Yitzhak, Einführung in das jüdische Recht. Eine historische und analytische Untersuchung des jüdischen Rechts und seiner Institutionen, Hamburg 1973. Neuausgabe New Academic Press, Wien 2017. 158 S., 1 Abb. Besprochen von Reinhard Schartl.
Der Verfasser legt eine, wie er im Vorwort mitteilt, neu bearbeitete und zum Teil korrigierte Fassung der Erstauflage von 1973 vor und nennt als Motivation, dass die Forschung im Bereich des jüdischen Rechts bis heute eine große Bedeutung für das jüdische Volk und für die Erforschung der Quellen der Rechtswissenschaft habe. Ausweislich des Literaturverzeichnisses hat er jedoch kein nach der Erstauflage erschienenes Schrifttum verwertet. Der Grund dafür geht aus dem Vorwort der Erstauflage hervor, wonach es seit dem Zweiten Weltkrieg keine Veröffentlichungen mehr über das jüdische Recht und seine Quellen gegeben habe und auch deutschsprachige Abhandlungen sämtlich vor 1930 erschienen seien. Goldfine konstatiert, dass eine Folge der nationalsozialistischen Zeit die Vernichtung des gesamten Fachbereichs dieser Wissenschaft sei, die nach seiner Einschätzung auch keine Fortsetzung mehr finden werde. Demgegenüber ist aber darauf hinzuweisen, dass gerade in neuerer Zeit und zwischen den Auflagen der zu besprechenden Schrift Arbeiten in deutscher Sprache einerseits über das alttestamentarische Recht (aus religionsgeschichtlicher Sicht etwa Hans Jochen Boecker, Recht und Gesetz im Alten Testament und im alten Orient, 2. Auflage, 1984; Eckart Otto, Das Gesetz des Mose, 2007), andererseits über jüdisches Recht (beispielsweise Andreas Gotzmann, Jüdisches Recht im kulturellen Prozess, 1997; Christoph Herfarth, Die Scheidung nach jüdischem Recht im internationalen Zivilverfahrensrecht, 2000; Justus von Daniels, Religiöses Recht als Referenz, 2009) veröffentlicht wurden. Daneben gibt es Ansätze, das jüdische Recht durch einführende Kurzdarstellungen auch in der Juristenausbildung zu thematisieren. Ferner sind Erlä |
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Winik, Jay, 1944 – Roosevelt und das Jahr der Entscheidung, aus dem Amerikanischen von Bertram, Thomas/Glaser, Marlies/Pinnow, Jörn. Theiss, Darmstadt 2017. 569 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Winik, Jay, 1944 – Roosevelt und das Jahr der Entscheidung, aus dem Amerikanischen von Bertram, Thomas/Glaser, Marlies/Pinnow, Jörn. Theiss, Darmstadt 2017. 569 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Hyde Park/New York am 30. Januar 1882 als Sohn des vermögenden Eisenbahnpräsidenten James Roosevelt und dessen Frau Sara Delano geborene, in Harvard und von 1904 bis 1907 in Rechtswissenschaft an der Columbia University ohne Abschluss ausgebildete, 1910 erstmals als Demokrat für den Senat des Staates New York kandidierende, während des ersten Weltkriegs den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten von Amerika befürwortende, 1921 infolge Kinderlähmung von den Hüften abwärts gelähmte, 1928 zu dem Gouverneur New Yorks gewählte Franklin Delano Roosevelt wurde als mittelbare Folge der Weltwirtschaftskrise 1932 32. Präsident seines Landes und wird infolge seiner sozialen Wirtschaftspolitik 1936 und 1940 wiedergewählt. Seine Außenpolitik ist auf eine Isolierung Adolf Hitlers und Benito Mussolinis sowie eine Eingrenzung der Expansionspolitik Japans gerichtet. Er stärkt die Kriegswirtschaft Großbritanniens durch Kredite, kann aber bis zu dem Angriff Japans auf Pearl Harbour die Bevölkerung nicht für einen Eintritt seines Landes in den zweiten Weltkrieg gewinnen.
Mit ihm beschäftigt sich das gewichtige, 2015 unter dem Titel 1944 – FDR and the year that changed history bei Simon & Schuster in New York erstmals erschienene Werk des 1957 geborenen und in Yale und London ausgebildeten Verfassers, der sich nach kurzer regierungspolitischer Tätigkeit für die Arbeit als Historiker entschied. Er veröffentlicht regelmäßig in führenden Zeitschriften wie der New York Times. Publizistisch erstmals besonders hervorgetreten ist er mit einer Darstellung des Aprils 1865 als des Amerika rettenden Monats.
Sein neues mit einigen Abbildungen, Illustrationen und Karten veranschaulichte Werk gliedert sich nach einem Auftakt über den großen Sphinx vom 22./23 |
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Glaw, Johannes W., Vieler Herren Länder. Historische Grenzsteine im Kreis Gütersloh (= Veröffentlichungen aus dem Kreisarchiv Gütersloh 14). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Glaw, Johannes W., Vieler Herren Länder. Historische Grenzsteine im Kreis Gütersloh (= Veröffentlichungen aus dem Kreisarchiv Gütersloh 14). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Da der Mensch ein grundsätzlich individuelles Lebewesen mit sozialen Notwendigkeiten ist, strebt er, wie viele andere Lebewesen auch, nach eigenen Räumen für sich und mögliche Folgewesen. Dies hat im Laufe seiner Geschichte zur Ausbildung von Grenzen geführt, in deren Rahmen das seit 1262 belegte mittelhochdeutsche Wort granizze slawischer Herkunft den älteren deutschen Ausdruck marka verdrängt. Da Grenzen vielfach nur gedachte Linien sind, die sich in der Natur nicht als solche erkennen lassen, hat sich eine besondere Kennzeichnung als sinnvoll erwiesen, die vielfach mit Hilfe von besonders gesetzten Steinen erfolgt.
Mit den besonderen Grenzstein im Kreis Gütersloh beschäftigt sich die vorliegende Studie des Verfassers. Sie geht nach dem Vorwort auf ein mehrjähriges archäologisch-historisches Projekt der Stadtarchäologie Gütersloh zurück, das neben den Erkundungen vormaliger Grenzen im Gelände durch umfangreiches Quellenstudium vor allem in Archiven in Detmold, Münster und Gütersloh bestimmt war. Gegliedert ist das ansprechende Werk in zwölf Abschnitte. Sie betreffen natürliche Grenzmarken in frühester Zeit, spätere Grenzmale aus Stein, die Territorialisierung des Flickenteppischs Deutschland vor allem seit dem Spätmittelalter, die Herrschaft Rheda, das Amt Reckenberg, die Grafschaft Rietberg, das Fürstbistum Paderborn, die Grafschaft Ravensberg, die Vermarkung von Gemeindegrenzen in Preußen, Grenzsteine mit besonderer Bedeutung, die Grenzverdunkelung als Straftatbestand und Hinweise zur Feldforschung, wobei insgesamt neun Exkurse an den geeigneten Stellen eingefügt sind.
Veranschaulicht sind alle Ausführungen durch zahlreiche Abbildungen und Karten. Auf diese anschauliche Weise gelingt dem Verfasser eine |
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Strotdrees, Gisbert, Im Anfang war die Woort – Flurnamen in Westfalen. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017. 183 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Strotdrees, Gisbert, Im Anfang war die Woort – Flurnamen in Westfalen. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2017. 183 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vielleicht schon vor, vermutlich aber spätestens seit der Sesshaftigkeit hat der Mensch seine örtliche Umgebung mit Bezeichnungen versehen. Sie werden in der Gegenwart vielfach unter dem Ausdruck Flurnamen zusammengefasst. Dies kann nach der Einführung des Verfassers in sein vorliegendes Werk in die Irre führen, weil Flurnamen keine Fluren in dem Sinne von sich über mehrere Quadratkilometer erstreckenden Landschaftsteilen kennzeichnen und mangels Einmaligkeit, Unverwechselbarkeit und geringer Veränderlichkeit an sich ursprünglich keine Namen sind, sondern sich auf Kleinformen und Kleinstformen einer agrarisch genutzten Flur (Ackerparzelle, Weidestück, Waldstreifen) beziehen und die anfänglichen bloßen Bezeichnungen (Appellative) erst durch ständigen Gebrauch, Zusätze, Abschliffe und Landschaftswandel zu (jeweils singulären) Namen werden.
Diese insgesamt rund 530000 Flurnamen Westfalens hat Gunter Möller als wissenschaftlicher Referent der Kommission für Mundartforschung und Namenforschung Westfalens in langjähriger Tätigkeit in einem zwischen 2000 und 2012 veröffentlichen Flurnamenatlas mit etwa 170 Grundwörtern wie Esch, Geist, Kamp, Brink, Bruch, Dreisch, Waldemei oder Kopp zusammengestellt. Seine Erkenntnisse hat der Verfasser für ein breiteres Publikum in dem Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben des Landwirtschaftsverlags in Münster-Hiltrup aufbereitet. Diese Beiträge hat er im Zusammenwirken mit der Kommission hie und da an eine veränderte Publikationsform eines Buches angepasst und in eine thematische Gesamtordnung gebracht.
Dementsprechend gliedert sich das neue Werk in acht Abschnitte über das Ackerland, in dessen Anfang (nicht das Wort, sondern) die Woort steht, über Maße und Zahlen, den Hof und sein Umland, das gemeinsame Land, Grenzen und Wege, Land mit Wa |
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Baumbach, Hendrik, Königliche Gerichtsbarkeit und Landfriedenssorge im deutschen Spätmittelalter (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 68). Böhlau, Wien 2017 473 S., Graph. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baumbach, Hendrik, Königliche Gerichtsbarkeit und Landfriedenssorge im deutschen Spätmittelalter (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 68). Böhlau, Wien 2017 473 S., Graph. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem hochmittelalterlichen mittelniederdeutschen Sachsenspiegel (Landrecht 3,26) ist der König (all)gemeiner Richter überall. In welches Land er kommt, da ist ihm das Gericht ledig, so dass er alle Klage richten kann (3,60,2). Da er aber im Laufe der Geschichte allmählich seine Gerichtsbarkeit fast vollständig an die Landesherren verliert, fragt sich, wann, wo, wie und warum dies geschieht.
Mit einem sehr wichtigen Teilbereich dieser Thematik beschäftigt sich die von Andreas Meyer betreute, in dem Sommersemester 2015 an dem Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Universität angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in fünf Sachkapitel. Sie betreffen den Reichsverband und die konsensuale Konfliktregelung im 13. Jahrhundert, die Entstehung und Durchsetzung von Delegationsformen bei der Behandlung von Konflikten (u. a. Entstehung des Hofrichteramts und Hofschreiberamts 1235), Intensivierungstendenzen und Erweiterungstendenzen im Laufe des 14. Jahrhunderts, Grenzen der gemeinschaftlichen Konfliktbehandlung und die Zeit der höfischen Konfliktverwaltung im 15. Jahrhundert.
Im Ergebnis seiner tiefgründigen gedankenreichen Überlegungen stellt der Verfasser fest, dass Herrschaft, die langfristig gegen Selbsthilfe erfolgreich sein wollte, alternative friedliche Konfliktbehandlungsmethoden anbieten musste, die in regelmäßiger Übung waren, funktionierten und mit steigender Wahrscheinlichkeit versprachen, ihren Festlegungen und Entscheidungen reale Konsequenzen folgen zu lassen. Die Petenten versuchten demgegenüber in den meisten Fällen einen ihnen förderlichen bestimmten Herrscherakt zu erwirken. Dabei war im Spätmittelalter die Zahl der an den König ge |
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Wägenbaur, Bertrand, EuGH-VerfO – Satzung und Verfahrensordnungen EuGH/EuG. Kommentar, 2. Aufl. Beck, München 2017. 673 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Eine offizielle Rangliste der Gerichte dieser Welt besteht nicht, weil es (noch) kein Weltrecht und keine Weltgerichtsbarkeit gibt, sondern die Staaten und ihre Lenker zu ihrem eigennützigen Vorteil an der individuellen Souveränität so strikt wie möglich festzuhalten versuchen, ohne an ein übergeordneten Gesamtwohl zu denken. Gleichwohl dürfte in einer inoffiziellen Rangliste der im Zuge der Gründung eines engeren europäischen Staatenverbunds geschaffene Europäische Gerichtshof oder Gerichtshof (der Europäischen Union) einen der vordersten Plätze einnehmen. Dementsprechendes Gewicht haben seine Satzung und Verfahrensordnungen.
Mit ihnen beschäftigt sich der vorliegende Kommentar des in Bonn ausgebildeten, an der University of Northumbria zum LL. M of European Law graduierten und an der Middlesex University in London promovierten Verfassers, der bisher in mehr als 400 Fällen vor den Gerichten der Europäischen Union in Luxemburg als Rechtsanwalt in vielen unterschiedlichen Sachbereichen tätig geworden ist. Lange war er Partner von Kemmler Rapp Böhlke in Brüssel. Derzeit leitet er die CJEU-Streitabteilung der 2007 gegründeten Government Relations Law firm Alber & Geiger mit Hauptniederlassungen in Brüssel und Berlin.
Sein gewichtiger, erfolgreicher Kommentar ist erstmals 2008 im Umfang von 540 Seiten erschienen. Seitdem haben zwei Novellen das Verfahrensrecht der Gerichte der Europäischen Union erheblich verändert. 2012 trat dabei die um rund 100 Vorschriften erweiterte Verfahrensordnung des Gerichtshofs in Kraft, 2015 die ebenso stark veränderte Verfahrensordnung des Gerichts (der Europäischen Union) und zum Herbst 2016 wurde die Auflösung des eher missglückten Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union beschlossen sowie für die Zukunft eine stufenweise Verdo |
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Wie pandektistisch war die Pandektistik? Symposion aus Anlass des 80. Geburtstags von Klaus Luig am 11. September 2015, hg. v. Haferkamp, Hans-Peter/Repgen, Tilman. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. 308 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Pandektistik (Pandektenwissenschaft) ist nach allgemeinem Verständnis die Wissenschaft von dem den Pandekten Justinians (527-534) entnommenen römischen Privatrecht im 19. Jahrhundert. Ihre Grundgedanken finden sich bei Savigny (1779-1861, System des heutigen römischen Rechts 1840ff., Privatautonomie [Kant], Grundsätze, widerspruchsfreies System, Vorrang der Wissenschaft). Das Hauptwerk stammt von Savignys Schüler Georg Friedrich Puchta (1798-1846, Lehrbuch der Pandekten 1838, Cursus der Institutionen 1841), der darin eine zusammenfassende Darstellung der gesamten Regeln des Privatrechts auf der Grundlage auch der nichtrömischen Quellenbereiche als dem Gegenstand nicht angemessen ablehnt.
Das vorliegende Werk vereint die Beiträge zu einem unter dem Thema des Titels in Köln vom 10. bis 12. September zu Ehren des 80. Geburtstags Klaus Luigs abgehaltenen Symposion. Auf ihm sollte eine Abgrenzung des schillernden, nach Ansicht der Herausgeber schillernden, meist in pejorativem Sinne als Beschreibung für eine Rechtswissenschaft verwendeten Begriffs erfolgen. Ziel war es, die Zuschreibungen zu diesem Begriff näher zu ergründen und dabei ganz bewusst eher dogmatisch und dogmengeschichtlich arbeitende „Romanisten“ und eher wissenschaftsgeschichtlich forschende „Germanisten“ unmittelbar miteinander ins Gespräch zu bringen.
Insgesamt stellt der schlicht-elegante Sammelband dabei zwölf Beiträge der Allgemeinheit zur Verfügung. Sie beginnen mit einer Einleitung der Herausgeber. Sie gliedert sich in die mit Rudolf Jherings 1884 vorgelegter Untersuchung über Scherz und Ernst beginnende Diskussion über den Begriff Pandektistik die Art des Zugriffs, die Pandektistik als Treibhaus rechtswissenschaftlicher Ideen (ad font |
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Neschwara, Christian, Geschichte des österreichischen Notariats. Band 2/1 1850 bis 1871 - Formierung eines modernen Notariats – ein Kampf zwischen Form und Freiheit. XXXVIII, 1082 S., 16 ungezählte Bl., 32 Ill. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Wohl seit frühen Zeiten kann der Mensch zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterscheiden und seine Ziele mittels beidem zu erreichen versuchen. Dies dürfte einer der Gründe für die Entstehung des Notars sein, der sich aus dem spätantiken Schreiber (Schnellschreiber) bzw. Tabellionar entwickelte und in Oberitalien am Beginn des Hochmittelalters (10./11. Jahrhundert) erscheint. Seitdem wird er unter anderem mit dem Verfertigen vollbeweiskräftiger und vollstreckbarer Urkunden betraut und ist seit langem Gegenstand vielfältiger wissenschaftlicher Betrachtung.
Christian Neschwara hat in diesem Rahmen bereits 1996 den ersten Band einer Geschichte des österreichischen Notariats (vom Spätmittelalter bis zu dem Erlass der Notariatsordnung 1850) in dem beeindruckenden Umfang von 834 Seiten vorgelegt, deren Inhalt den Gegenstand seiner 1995 abgeschlossenen Habilitationsschrift abbildet. Nach langjähriger intensiver Forschungsarbeit folgt dem nunmehr der erste Teil des zweiten Bandes. Er erweckte unmittelbar nach seinem Erscheinen das besondere Interesse eines vorzüglichen Sachkenners, so dass es an dieser Stelle genügt, mit wenigen Sätzen auf das beeindruckende Werk hinzuweisen.
Gegliedert ist es nach kurzen Vorbemerkungen in vier Hauptstücke mit insgesamt 17 Kapiteln. Die vier Teile betreffen die Einführung des öffentlichen Notariats 1850, die Revision des öffentlichen Notariats 1852 bis 1861, die Profilierung des öffentlichen Notariats seit 1861 und die Erneuerung des öffentlichen Notariats bis 1871. Ihr in jeder Hinsicht überzeugender Inhalt wird sich in Zukunft kaum noch überbieten lassen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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Auslese der Starken – „Ausmerzung“ der Schwachen – Eugenik und NS-„Euthanasie“ im 20. Jahrhundert, hg. v. Hedwig, Andreas/Petter, Dirk (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 35). Hessisches Staatsarchiv Marburg, Marburg 2017. 335 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Wenn die allgemeinen Vorstellungen über das ältere Recht zutreffen, konnte nach der Geburt eines Menschen von den nächsten Verwandten nach losen Regeln über dessen Lebensrecht entschieden werden. Dem dürfte unter anderem unbewusst die spätere Einsicht zu Grunde gelegen sein, dass im Wettbewerb unterschiedlicher Variationen vorteilhafte Variationen bessere Aussichten haben als unvorteilhafte Variationen. Auf dieser Grundlage förderte der Nationalsozialismus die Starken und lehnte die Schwachen ab.
Mit dieser Thematik befasste sich am 8. und 9. Oktober 2015 eine von dem hessischen Staatsarchiv Marburg, der Gedenkstätte Hadamar des Landeswohlfahrtsverbands Hessen, der Landeszentrale für politische Bildung und der historischen Kommission für Hessen veranstaltete Tagung. Deren Erträge stellt unter einer Einleitung Andreas Hedwigs der vorliegende Band der Allgemeinheit zu Verfügung. Die elf Beiträge betreffen dabei die Eugenik ,die nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen und deren Folgen.
Dabei beginnt Uwe Kaminsky mit einer Studie über Eugenik als Sozialutopie und Gesellschaftspolitik und schließt Christina Vanja mit dem Erinnern an die nationalsozialistische Euthanasie nach 1945. Dazwischen werden etwa betrachtet die Rassenhygiene im medizinischen Diskurs während der Weimarer Republik, die Zwangssterilisation, der „Rassenhygieniker“ Wilhelm Pfannenstiel, die Patientenmorde, das Verhältnis zwischen Planwirtschaft und Krankenmord, die Tötungsanstalt Hadamar, die Aufarbeitung, die Strafverfolgung sowie die Opfer, Akteure und Strukturen in dem ehemaligen Regierungsbezirk Kassel. Der abschließende Katalogteil veranschaulicht die in diesem Rahmen angesprochenen |
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Lessing, Hans-Erhard, Das Fahrrad - Eine Kulturgeschichte. Klett-Cotta, Stuttgart 2017. 255 S., 24 Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lessing, Hans-Erhard, Das Fahrrad - Eine Kulturgeschichte. Klett-Cotta, Stuttgart 2017. 255 S., 24 Abb. Besprochen von Werner Schubert.
Vor 200 Jahren unternahm Karl von Drais die ersten Fahrten mit seiner „Laufmaschine“ (Draisine), in der das „Ur-Fahrrad“ zu sehen ist (S. 35). Der Technikhistoriker und Physiker Hans-Erhard Lessing, von dem bereits mehrere Werke und Beiträge zur Fahrradgeschichte vorliegen (u. a. Bicycle Design. An Illustrated History, zus. mit Tony Hadland, Cambridge 2014), geht in seinem neuen Werk der Technikgeschichte und Kulturgeschichte des Fahrrads in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika nach, beginnend mit den Schlittschuhen des 18. Jahrhunderts. Die Laufmaschinen, von denen weltweit mindestens 5000 Stück gebaut wurden (S. 47) – hinzu kommt noch eine abgewandelte Laufmaschine in England (S. 45) –, führten bereits zu polizeilichen Verboten, die Bürgersteige zum Fahren zu benutzen (Dez. 1817 in Mannheim, später in Mailand, London und New York; S. 51f.). In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte Pierre Michaux das Tretkurbelrad (Kurbel-Velociped), bei dem die Pedalkurbel fest mit dem Vorderrad verbunden war (S. 50ff.). Nach Deutschland kam das Pedalkurbel-Veloziped 1868 (S. 73ff.), das alsbald zu Verordnungen mit Fahrverboten auf dem Bürgersteig (in Köln sogar auf allen öffentlichen Straßen und Plätzen) führte (S. 79f.). Seit Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde das Hochrad weitgehend von dem Sicherheitsniederrad, das in England (Coventry) entwickelt worden war, abgelöst. Zu dieser Zeit setzte sich auch im Rahmen der Sprachreinigung der Ausdruck „Fahrrad“ (statt: Veloziped) durch.
Das Fahrrad, das sich zunehmend verbilligte (1890: 320-230 RM, 1907: 53-60 RM; S. 141), setzte sich als allgemeines Individualverkehrsmittel auch in Deutschland durch. Erste Radpolizeiverordnungen ergingen ab 1884 (Berlin, Württemberg, Provinz Brandenburg, S. 147ff.). 1899 erließ Preußen eine Provinzialmuster |
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Lehnhardt, Jochen, Die Waffen-SS – Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda (= Krieg in der Geschichte 100). V&R, Göttingen 2017. 629 S., 18 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lehnhardt, Jochen, Die Waffen-SS: Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda (= Krieg in der Geschichte 100). Schöningh, Paderborn 2017. 629 S., 18 Abb., 103 Tab. Besprochen von Werner Augustinovic.
Es ist eine anerkannte Tatsache, dass sich der allgemeine Eindruck einer Institution nur zu einem Teil aus ihren faktischen Handlungen speist. Von gleichwertiger, wenn nicht gar größerer Bedeutung sind die selektive Präsentation und bewusst gesteuerte Interpretation des eigenen Agierens durch die Institution selbst und damit die Konstruktion und Verbreitung eines erwünschten Selbstbildes, wie sie einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit obliegen. Einmal solchermaßen in das öffentliche Bewusstsein eingedrungene und verfestigte Bilder zeichnen sich durch eine zähe Langlebigkeit aus, ihre nachträgliche Korrektur setzt in erster Linie akribische rezeptionsgeschichtliche Forschungsarbeit auf empirischer Grundlage voraus. In der Erforschung des Nationalsozialismus zeigt etwa die Entwicklung der Hitler-Biographik immer wieder die methodischen Schwierigkeiten auf, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, den Schleier der durch Hitlers Selbstdarstellung und den nationalsozialistischen Propagandaapparat gestrickten Mythen zu zerreißen und die Fakten dahinter offenzulegen.
Gleiches scheint auch für den militärischen Arm der Schutzstaffel (SS), die Waffen-SS, zu gelten. Das Bild, das wir uns heute von dieser Formation machen, ist zunächst in einem hohen Ausmaß von der Nachkriegs-Lobbyarbeit ihrer Veteranen und höchsten Offiziere geformt worden; von dort fand es Eingang in die ersten, bahnbrechenden und lange nachwirkenden Standardwerke zur Geschichte der Waffen-SS aus den Federn Heinz Höhnes (1967) und George H. Steins (1967). Erst um die Jahrtausendwende begann auf der Grundlage von komparativen Untersuchungen mit dem Ergebnis nahezu identer Verluste, Frontverlegungen und Auszeichnungen bei Spitzenverbänden des Heeres und der Waffen-S |
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Goldfine, Yitzhak, Einführung in das jüdische Recht. Eine historische und analytische Untersuchung des jüdischen Rechts und seiner Institutionen, Hamburg 1973. Neuausgabe New Academic Press, Wien 2017. 158 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Goldfine, Yitzhak, Einführung in das jüdische Recht. Eine historische und analytische Untersuchung des jüdischen Rechts und seiner Institutionen, Hamburg 1973. Neuausgabe New Academic Press, Wien 2017. 158 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wann das Recht entstanden ist, lässt sich nicht sicher sagen, sondern nur ungefähr erschließen. In diesem weiten, vielleicht nach Erfindung der Sprache und der Schrift sowie nach der örtlichen Sesshaftwerdung eröffneten Rahmen gehört das jüdische Recht zu den ältesten, durch schriftliche Quellen bezeugten Rechten. Deswegen ist es in jedem Falle von besonderem Interesse.
Das vorliegende Werk ist in einer ersten Auflage 1973 erschienen, der 1967 eine Frankfurter Dissertation über Herkunft und Quellen des gegenwärtigen israelischen Rechts (eine rechtshistorische und rechtsvergleichende Studie auf dem Gebiete der Rechtsrezeption , 192 Seiten) des in Haifa 1936 als Sohn eines jüdischen Einwanderers aus Weißrussland und der Enkelin des Oberrabbiners von Haifa geborenen, an der Hebrew University Law School in Jerusalem ausgebildeten, als Offizier der Armee Israels tätigen, danach an der Universität Frankfurt am Main weitergebildeten und promovierten, seitdem als Rechtsanwalt für internationales Strafrecht und Wirtschaftsrecht sowie als Spezialist für Verfahren zur Rückgabe jüdischen Eigentums wirkenden Verfassers vorausging. Es gewann umgehend die Aufmerksamkeit eines sachkundigen Rezensenten. Deswegen genügt vorweg ein allgemeiner Hinweis.
Gegliedert ist das schlanke, eine Lücke schließende Werk in insgesamt fünf Teile. Sie betreffen Allgemeines (die historische Kontinuität, die Entstehung, die Quellen und Entwicklung sowie die Definition und das Wesen), die Quellen bis zur Redigierung des Talmud (um 500), die Entwicklungsmethoden des jüdischen Rechtes, die Quellen des jüdischen Rechtes nach der Redigierung des Talmud bis zur Zeit der Poskim (Gelehrten) und die Entwicklung des jüdischen Rechts |
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Gerlach, Christian, Der Mord an den europäischen Juden. Ursachen, Ereignisse, Dimensionen. Beck, München 2017. 576 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gerlach, Christian, Der Mord an den europäischen Juden. Ursachen, Ereignisse, Dimensionen. Beck, München 2017. 576 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Mensch hat zu seinen Mitmenschen unterschiedliche Beziehungen, die von abgöttischer Hingabe bis zu tödlichem Hass reichen können, weswegen in seiner Geschichte zahlreiche Männer, Frauen und Kinder von Mitmenschen nicht nur verletzt, sondern sogar ermordet wurden. Den bisherigen Höhepunkt dieser Geschehen stellt nach allgemeiner Überzeugung der Mord an den europäischen Juden dar, wie er vor allem zwischen 1939 und 1945 in Europa stattfand. In seinem Mittelpunkt steht der aus nicht wirklich genau bekanntem Grund von Adolf Hitler als dem Reichskanzler des Deutschen Reiches auf ein breites Umfeld übersetzte Vernichtungswille.
Mit ihm beschäftigt sich das vorliegende beeindruckende Werk des 1963 geborenen, in Berlin in Geschichte, deutscher Sprache und Literatur, Soziologie und Erziehungswissenschaft ausgebildeten, 1998 bei Wolfgang Scheffler mit der Dissertation Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944 mit Auszeichnung promovierten, nach Tätigkeiten an dem Institut für Sozialforschung in Hamburg, an der Universität Freiburg im Breisgau, in Maryland, in Singapore und Pittsburgh 2008 an das historische Institut der Universität Bern berufenen Verfassers. Es gliedert sich in drei wesentliche Teile. Sie betreffen die Verfolgung durch Deutsche, die Logiken der Verfolgung und die europäische Dimension.
In dem weitgespannten Rahmen seiner eindringlichen Untersuchungen über Gewaltbereitschaft und Gewaltausübung in gewalttätig gewordenen Gesellschaften berechnet er zwölf bis vierzehn Millionen nicht an Kampfhandlungen des zweiten Weltkriegs beteiligter, ganz überwiegend nichtdeutscher Opfer in 18 untersuchten europäischen Ländern (wie etwa Bulgarien, Italien, Kroatien, Norwegen, Polen, der Slowakei, der Sowjetunion oder Ungarn), davon etwa sechs Millione |
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Eckert, Philipp, Entstehung und Bedeutung des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein (= Rechtshistorische Reihe 469). XXXVII, 205 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Eckert, Philipp, Entstehung und Bedeutung des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein (= Rechtshistorische Reihe 469). XXXVII, 205 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser beginnt seine Problemstellung mit dem Satz „Die Kodifizierung des Verwaltungsverfahrensrechts war das Ergebnis einer mehreren Jahre währenden Rechtsentwicklung. Danach erklärt er mit Hill und Ule eine Kodifikation als eine vollständige und widerspruchsfreie, systematische Zusammenfassung eines Rechtsgebiets in einem einheitlichen Gesetzbuch. Da mit gutem Grund die Schöpfer des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein ihrem gesetzgeberischen Ergebnis nicht den Namen Gesetzbuch verliehen haben, sondern Gesetz, sind dementsprechend alle seine Ausführungen über Kodifikation und kodifizieren leider irreführend, was generell für die allgemeine Kodifizierungsinflation unkritischer Verwender gilt.
Hiervon abgesehen behandelt der in Kiel und Hamburg ausgebildete, im Übrigen persönliche Daten für sich behaltende Verfasser in seiner von Hans Hattenhauer angeregten, von Rudolf Meyer-Pritzl abschließend betreuten, im Mai 2016 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommenen Dissertation eine interessante gesetzgebungsgeschichtliche Fragestellung. Sein Werk gliedert sich außer in eine kurze Einleitung über Problemstellung, Begriff der Kodifikation, Begriff des Verwaltungsverfahrensrechts und Gang der Untersuchung in sechs Kapitel. Sie betreffen die Verwaltungsreform durch den Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, die Entstehung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, die Entstehung des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein auf der Grundlage des Artikels 38 II der Landessatzung von 1949, die Anpassung an das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes durch das Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes, sechs Wegbereiter des Landesverwaltungsgesetzes (Klaus von der Groeben 1902-2002, Alfons Gallette 1914-2006, Ha |
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Simms, Brendan/Ladermann, Charlie, Wir hätten gewarnt sein können. Donald Trumps Sicht auf die Welt, aus dem Englischen von Schmidt, Klaus-Dieter. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2017. 157 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Simms, Brendan/Ladermann, Charlie, Wir hätten gewarnt sein können. Donald Trumps Sicht auf die Welt, aus dem Englischen von Schmidt, Klaus-Dieter. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2017. 157 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die von ihrer Wirklichkeit enttäuschten Wahlberechtigten der Vereinigten Staaten von Amerika haben 2016 in dem Wettbewerb mit einer zwiespältigen, vielleicht opportunistischen Kandidatin einen Mann als 45. Präsidenten in das gegenwärtig wichtigste politische Amt der Welt gehoben, den die als Professor für die Geschichte der internationalen Beziehungen an dem Department of Politics and International Studies der Universität Cambridge bzw. als Dozent für internationale Geschichte an dem King’s College in London und derzeit fellow an der University of Texas in Austin wirkenden Verfasser an dem Ende ihres Werkes als frauenfeindlich, fremdenfeindlich, rachsüchtig, dünnhäutig und narzisstischen Pfau beschreiben. Ihrer überzeugenden Ansicht nach kann zwar niemand jemals die Zukunft sicher vorhersagen. Aber der in Queens in New York City am 14. Juni 1946 geborene Unternehmer Donald Trump habe in den letzten dreißig Jahren seine einfache Weltsicht ständig und relativ beständig formuliert vorgetragen(, so dass die Wähler gewarnt hätten sein können).
Danach hat die Dummheit ihrer politischen Führer die Vereinigten Staaten von Amerika zu dem ewigen Verlierer der Weltpolitik gemacht. Für den Rückgewinn einstiger Größe (make America great again) bedarf es nach seiner Ansicht nur der wirksamen Führung, welche die Kunst des Erfolges geschrieben hat. Folgerichtig erklärte Trump 2016 auf dem Parteitag der republikanischen Partei, auf dem er seine Nominierung zu dem Präsidentschaftskandidaten annahm „ich allein kann es richten“, und irgendeine Wählermenge verschaffte ihm erstaunlicherweise die Möglichkeit, diese eigentümliche, aber für Kandidaten vornehmlich in der Welt der Superlative verständliche Botschaft zu beweisen.
Gegli |
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Huber, Florian, Hinter den Türen warten die Gespenster. Das deutsche Familiendrama der Nachkriegszeit. Berlin/Piper, München 2017. 348 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
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Mit „Kind, versprich mir, dass du dich erschießt. Der Untergang der kleinen Leute 1945“ (2016) ist dem Journalisten und promovierten Historiker Florian Huber bereits ein Bestseller gelungen. Das aufwühlende Thema des Suizids, die Ansprache der „kleinen Leute“ im Titel, vor allem aber Art und Komposition der Darstellung durch Verschränkung des allgemeinen historischen Geschehens mit individuellen, konkret fassbaren Schicksalen zeichneten für den breiten Erfolg des Buches verantwortlich. Somit liegt es nahe, das bewährte Konzept anhand eines weiteren Themas neuerlich zu realisieren. Florian Hubers jüngste Publikation wirft nun Schlaglichter auf die vom Erlebnis der Diktatur, des Zweiten Weltkriegs und seiner Folgen gezeichnete und deformierte deutsche Familie der Nachkriegsjahrzehnte mit ihren bis in die Enkelgeneration fortwirkenden Verwerfungen.
Erste Parallelitäten sind bereits in der Titelstruktur manifest: Auch der aktuelle Band beginnt mit einem emotionsgeladenen Bild, den hinter den Türen wartenden Gespenstern. Der zentrale Bedeutungsträger ist nunmehr der nachfolgende Begriff der Familie, plakativ ausgeweitet zum „Familiendrama“. Dessen Identifikationspotential übertrifft noch jenes der „kleinen Leute“, denn jeder Mensch ist, unabhängig von seiner sozialen Stellung, in irgendeiner Form Angehöriger einer Familie, deren Wurzeln in die Vergangenheit zurückreichen. Somit kann sich auch jeder Mensch hierzulande die Frage stellen, inwieweit die Epoche der nationalsozialistischen Herrschaft und des Zweiten Weltkrieges nach 1945 Spuren in seiner eigenen Familie hinterlassen hat. Dass dies nicht unwahrscheinlich ist, zeigt der Verfasser an einer Reihe einzelner Familienschicksale auf, die er auf der Grundlage von Ego-Dokumenten erhoben hat, in episodischer Form kontras |
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Signa iuris Band 15 – Beiträge zur Rechtsikonographie, Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde, Clausdieter Schott zum 80. Geburtstag am 1. November 2016, hg. v. Kocher, Gernot/Lück, Heiner/Schott, Clausdieter. Peter Junkermann Verlag, Halle an der Saale 2016. IX, 407 S., 358 Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz. |
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Der Mitherausgeber der Reihe ‚Signa Iuris‘, Clausdieter Schott, Emeritus der Universität Zürich, konnte am 1. November 2016 seinen 80. Geburtstag begehen. Die weiteren Herausgeber der Reihe nahmen dies zum Anlass, ihrem Kollegen einen bunten Strauß von Beiträgen zu widmen. Die Beiträge wurden 2013 und 2015 zum Teil bei verschiedenen Tagungen der 13. und 14. Rechtsikonographie-Konferenzen in Lemgo und auf Burg Rötelstein bei Admont (Steiermark) gehalten. Andere Beiträge sind Erträge der Tagung der Internationalen Gesellschaft für Rechtliche Volkskunde in Bern (2015).
Der kurze Beitrag ‚Maria Theresia: Beschützerin des Rechts‘ (S. 1-3) Wilhelm Brauneders korrigiert Bedeutungen, die einer Medaille von 1765 beigelegt wurden. Hatten frühere Beschreibungen versucht die Verbindung zu besonderen geschichtlichen Ereignissen herzustellen, so veranschaulicht nach Brauneder die Medaille Maria Theresia als Beschützerin des Rechts, auf der Basis der Gesetzgebung, jedoch ohne Verbindung zu einem bestimmten Gesetzgebungsakt. ‚Von der Schlange am Rathaus‘ (S. 5-28) gibt Andreas Deutsch, ausgehend von der Schlangendarstellung am Rathaus in Rostock, die Gelegenheit Schlangen an den Rathäusern in Saint-Antonin-Noble-Val, Esslingen und Tübingen mit den Darstellungen der Prudentia und der Justitia vergleichend zu beschreiben. Eine Abbildung der Rostocker Schlange wäre eine wünschenswerte Ergänzung des Artikels gewesen. Darstellungen des Sündenfalls in Handschriften des Sachsenspiegels und Schwabenspiegels mahnen die Einhaltung des göttlichen und des weltlichen Rechts an, um keine Strafe befürchten zu müssen. Einen weiten Bogen schlägt der Au |