| Kéry, Lotte, Gottesfurcht und irdische Strafe. Der Beitrag des mittelalterlichen Kirchenrechts zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 10). Böhlau, Köln 2006. XI, 754 S. Besprochen von Harald Maihold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kéry, Lotte, Gottesfurcht und irdische Strafe. Der Beitrag des mittelalterlichen Kirchenrechts zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 10). Böhlau, Köln 2006. XI, 754 S. Besprochen von Harald Maihold.
Das Buch Lotte Kérys, eine aus dem DFG-Projekt zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts entstandene Bonner Habilitationsschrift, ist ohne Zweifel eine der bedeutendsten und grundlegendsten Publikationen zur kirchlichen Strafrechtsgeschichte der letzten Jahrzehnte. Obwohl sich die Autorin in Bescheidenheit kleidet und das Exemplarische ihrer Studien hervorhebt, ist nicht zu übersehen, dass wir es hier mit der ersten umfassenden historischen Darstellung des kanonischen Strafrechts seit Stephan Kuttners Kanonistischer Schuldlehre von 1935 zu tun haben. Im Unterschied zu Kuttners weitgehend dogmengeschichtlichen Untersuchung wählt Kéry einen entwicklungsgeschichtlichen Ansatz, der dem Untersuchungsgegenstand besser gerecht wird und die Eigenart der jeweiligen Quellen stärker zur Geltung bringt, dabei aber die systematischen Kriterien, die für ein öffentliches Strafrecht sprechen, nicht aus den Augen verliert.
Kéry geht es nicht um die Entwicklung einer eigenen Grammatik des öffentlichen Strafens, sondern sie entnimmt die Indikatoren und Unterscheidungskriterien für ein öffentliches Strafrecht, die sie ihrer Untersuchung der verschiedenen Quellen zugrunde legt, der Literatur. Dazu gehören die Abgrenzung von Buße und Strafe, die persönliche Schuld im rechtlichen Sinne als Voraussetzung für Strafe, Zweck, Maß und Grenzen des kirchlichen Strafanspruches, der Begriff der Öffentlichkeit, die Frage nach materieller Wahrheit statt formaler Beweismethoden im Strafprozess, die Unterscheidung der Vergehen gegen Individuum und Gemeinschaft sowie das Symbolische bzw. Ritualisierte der Konfliktaustragung. Das staatliche Strafmonopol und das Legalitätsprin |
| |
| Kesper-Biermann, Sylvia, Einheit und Recht. Strafgesetzgebung und Kriminalrechtsexperten in Deutschland vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Reichsstrafgesetzbuch 1871 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 245). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. VIII, 501 S. Besprochen von Lieselotte Jelowik. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kesper-Biermann, Sylvia, Einheit und Recht. Strafgesetzgebung und Kriminalrechtsexperten in Deutschland vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Reichsstrafgesetzbuch 1871 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 245). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. VIII, 502 S. Besprochen von Lieselotte Jelowik.
Die Arbeit ist eine von Diethelm Klippel (Bayreuth) angeregte und in Gießen im Wintersemester 2007/2008 angenommene geschichtswissenschaftliche Habilitationsschrift. Sie versteht sich als Versuch, eine rechtshistorische Materie ideengeschichtlich aufzuarbeiten und entspricht damit dem Anliegen des Forschungsprogramms „Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit – Ansätze zu einer neuen ‚Geistesgeschichte’“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in dessen Kontext die Arbeit entstanden ist. Wie sehr die Autorin sich dieser auf Ideen und deren Wirkungsweise fixierten Forschungsstrategie verpflichtet fühlt, offenbart sie bereits in der Einleitung: Die Prämissen der Arbeit entsprechen denen des DFG-Projekts. Dementsprechend ist es ihr Ziel, die „Wechselwirkungen von Ideen und Gesetzgebung im Strafrecht des 19. Jahrhunderts“ zu untersuchen (S. 5).
Die in 7 Kapitel gegliederte Studie beginnt mit einer knappen Darstellung von „Kriminalität und Strafrecht im 19. Jahrhundert“ (S. 15ff.), der wohl eine Einführungsfunktion zugedacht ist. Sie zielt in Inhalt und Duktus auf den Nichtjuristen und enthält neben themenrelevanten Begriffserklärungen elementare Ausführungen über Strafarten und Nebenstrafrecht. Erläutert wird ferner der Zusammenhang von materiellem Strafrecht, Strafprozess und Strafvollzug, auf den die Autorin im weiteren Verlauf ihrer Arbeit hier und da zurückkommt. Einige soziologische Angaben zur Entwicklung der Kriminalität im Untersuchungszeitraum vervollständigen das Kapitel.
Im 2. Kapitel nimmt Kesper-Biermann den Personenkreis in den Blick, der unter dem Begriff „Kriminalrechtsexperten“ im Untert |
| |
| Kiefer, Martin, Sebastian Derrer - ein Freiburger Rechtsgelehrter der frühen Neuzeit und sein Werk. Zugleich ein Beitrag zur Epoche der humanistischen Jurisprudenz (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge 59). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 354 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kiefer, Martin, Sebastian Derrer - ein Freiburger Rechtsgelehrter der frühen Neuzeit und sein Werk. Zugleich ein Beitrag zur Epoche der humanistischen Jurisprudenz (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge 59). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 354 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Der Verfasser bietet mit seiner Freiburger Dissertation eine eingehende und überaus kompetente Darstellung von Leben und Werk des relativ wenig bekannten humanistisch geprägten Juristen Sebastian Derrer (ca. 1495 bis 1541).
In der Einführung (Teil A, S. 19-26) werden Forschungsziele, Forschungsstand und Quellen dargelegt. Hauptaugenmerk gilt den Arbeiten und der Arbeitsweise Derrers.
Teil B (S. 27-48) behandelt die Lebensstationen Derrers. In Nördlingen um 1495/96 geboren beendete er 1514 das Grundstudium der artes liberales an der Albertina, der Universität Freiburg im Breisgau, mit dem Bakkalaureat und erwarb um 1515 den Grad eines Magister artium. Zwischen 1515 und 1517 ist er als Vorsteher der städtischen Lateinschule in Freiburg nachgewiesen. Bereits 1516 war er gleichzeitig als Resumptor (Repetitor) an der Artistenfakultät der Albertina tätig. Seit dem Wintersemester 1517 wirkte er als hauptberuflicher Dozent im Fach Mathematik. Parallel zu dieser Tätigkeit widmete er sich dem Studium der Rechte, das er in etwa fünf Jahren absolvierte. Am 4. Dezember 1524 erfolgte seine Promotion zum Doktor iuris utriusque. Bereits für das Wintersemester 1524/25 war ihm die kanonistische Lektur über die libri sexti decretalium und zugleich die Vorlesung über den Codex Iustinianus übertragen worden. Im Allgemeinen galt der Kodizist (Ordinarius legum) als der vornehmste, ranghöchste Professor. In Freiburg im Breisgau bestand offensichtlich eine andere Gewichtung; hier war der Professor der Digesten Professor primarius. Nach dem Tode seines Lehrers Ulrich Zasius rückte Derrer mit 1. Dezember 1535 in diese Position auf (S. 36). Derrer be |
| |
| Kimmelmann, Andreas, Die Folter im Beweisverfahren der Leges Visigothorum. Chindasvinths Gesetzgebung im Spiegel der westgotischen Rechtsentwicklung (= Rechtshistorische Reihe 409). Lang, Frankfurt am Main 2010. 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kimmelmann, Andreas, Die Folter im Beweisverfahren der Leges Visigothorum. Chindasvinths Gesetzgebung im Spiegel der westgotischen Rechtsentwicklung (= Rechtshistorische Reihe 409). Lang, Frankfurt am Main 2010. 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hermann Nehlsen angeregte und betreute, im November 2008 abgeschlossene Dissertation, des 1979 geborenen und zeitweise bei Thomas M. J. Möllers in Augsburg als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätigen Verfassers. Nach einer den Gegenstand der Untersuchung, das Quellenmaterial und den Gang der Untersuchung betreffenden Einleitung gliedert sie sich in insgesamt sechs Kapitel. Dabei fragt der Verfasser zunächst nach Begriff und Zweck der Folter und benennt dann als zu betrachtende westgotische Gesetze die Pariser Fragmente (des sog. Codex Euricianus), die Lex Romana Visigothorum, die Holkhamer Kapitel (Fragmenta Gaudenziana), den Codex Revisus bzw. Antiqua Leovigilds, den Liber Iudiciorum (Lex Visigothorum Reccesvindiana), die Lex Visigothorum Erviciana und die Vulgata Egicas.
In Kapitel 3 untersucht er dann sehr ausführlich und gründlich Chindasvinths Gesetzgebung samt Vorbildern und Weiterentwicklung, wobei er LVis. VI, 1, 2 von LVis. VI, 1, 5 und den Regelungen unter Reccesvinth, Ervig und Egica trennt. Danach geht er auf den Einfluss des römischen Rechts und anderer Rechte ein. Chronologisch hätte man auch von der Folter im römischen Recht ausgehen können.
Im Anschluss hieran wendet der Verfasser sich der Person Chindasvinths im historischen Kontext zu. Insgesamt ergibt sich für ihn eine weitgehende gesetzgeberische Eigenleistung Chindasvinths, die auf eigenen Intentionen beruht. Neben Einflüssen des Breviars und Gesetzen der königlichen Vorgänger auf dem westgotischen Thron haben demnach auch Chindasvinths persönliche Erfahrungen zu seiner umsichtigen Foltergesetzgebung beigetragen.
Innsbruck |
| |
| Kirchmayr, Birgit, Kultur- und Freizeiträume in Linz im 20. Jahrhundert. (= Linz im 20. Jahrhundert = Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2005/2006). Archiv der Stadt Linz. Linz 2008. 253 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kirchmayr, Birgit, Kultur- und Freizeiträume in Linz im 20. Jahrhundert. (= Linz im 20. Jahrhundert = Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2005/2006). Archiv der Stadt Linz. Linz 2008. 253 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Am 13. Juni 1985 beschlossen die europäischen Gemeinschaften auf Vorschlag der Kulturministerin Griechenlands (Melina Mercouri) zwecks Stärkung der europäischen Integration die jährliche Benennung einer europäischen Kulturstadt, als welche Athen, Florenz, Amsterdam, West-Berlin, Paris, Glasgow, Dublin, Madrid, Antwerpen, Lissabon, Luxemburg, Kopenhagen, Thessaloniki und Stockholm einander folgten. Ab 1999 wurden Weimar, Avignon, Bergen, Bologna, Brüssel, Helsinki, Krakau, Prag, Reykjavik, Santiago de Compostela, Porto, Rotterdam, Salamanca, Graz (teilweise nebeneinander) Kulturhauptstadt Europas, ab 2004 Lille, Genua, Cork, Patras, Luxemburg, Sibiu, Liverpool, Stavanger, Vilnius, Essen und Linz an der Donau (2009) europäische Kulturhauptstadt. Im Zusammenhang damit ist die Untersuchung der als Universitätsassistentin am Institut für neuere Geschichte und Zeitgeschichte der Universität Linz tätigen Verfasserin zu sehen, die ausgehend vom unermüdlichen Versuch der Überwindung einer Etikettierung (Linz - Provinz) Kulturzeiten (Beginn des 20. Jahrhunderts, Nationalsozialismus, Gegenwart) und Kulturräume und Freizeiträume (Musik, Theater, Kino, Museum, bildende Kunst, Literatur, Kinderkultur, Natur, Sport, öffentlicher Raum) unter Verwendung zahlreicher Abbildungen darstellt und am Ende als Ziel des weiteren Wegs der Kulturstadt Linz die Überwindung von Etikettierungen vorschlägt, obwohl die Donau auch weiterhin durch (die Donaustadt) Linz fließen werde.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Klein, Jean-Philippe, Die Unwirksamkeit von Verträgen nach französischem Recht. Eine konzeptionelle Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsgeschichte (= Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 245). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XIX, 401 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Klein, Jean-Philippe, Die Unwirksamkeit von Verträgen nach französischem Recht. Eine konzeptionelle Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsgeschichte (= Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 245). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XIX, 401 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Ernst A. Kramer betreute, während der Assistentenzeit des Bearbeiters entstandene, im Frühjahr 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Basel angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in fünf im Wesentlichen chronologisch geordnete Teile. Dabei beginnt sie mit dem römischen Recht und endet mit dem geltenden Recht.
Der erste Teil behandelt die Unwirksamkeit von Verträgen im klassischen römischen Recht, im vulgarisierten (nachklassischen) römischen Recht, im vulgarisierten römischen Recht auf (heute) französischen Gebiet (leges Romanae, Gesetze der Barbaren) und im römischen Recht des Mittelalters. Der zweite Teil widmet sich der Unwirksamkeit von Verträgen im französischen Recht bis zur französischen Revolution und unterscheidet dabei (zumindest terminologisch zweifelhaft) zwischen den coutumes (900-1300) und der monarchischen Periode (14.-18. Jahrhundert). Mit dem Code civil von 1804 setzt der dritte Teil ein, der sachlich durch die Unwirksamkeit von Verträgen in der Rechtsprechung (inexistence im Eherecht, Unwirksamkeit im übrigen Zivilrecht) und durch abschließende Betrachtungen und Schlussthesen zum geltenden Recht ergänzt wird.
Der damit angesprochene Problemkreis hat an Bedeutung im Laufe der Zeit stetig gewonnen, weil mit dem Übergang von der Hauswirtschaft zur Marktwirtschaft die Zahl der Verträge fortwährend wachsen musste. In ihrem Bereich muss die Regel pacta sunt servanda das Prinzip bleiben. Wann immer auf Grund von Unwirksamkeit hiervon abgewichen wird, wird der eine Beteiligte dadurch begünstigt und der andere benachteiligt, so dass die Anerkennung von Unwir |
| |
| Klenner, Hermann, Historisierende Rechtsphilosophie. Essays (= Haufe-Schriftenreihe zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 21). Haufe, Freiburg im Breisgau 2009. 708 S. Besprochen von Lukas Gschwend. |
Ganzen Eintrag anzeigen Klenner, Hermann, Historisierende Rechtsphilosophie. Essays (= Haufe-Schriftenreihe zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 21). Haufe, Freiburg im Breisgau 2009. 708 S. Besprochen von Lukas Gschwend.
Der Rechtsphilosoph Hermann Klenner legt mit 83 Jahren eine eindrucksvolle Anthologie seines jüngeren Schaffens vor, welche beredtes Zeugnis nicht nur von der Breite seiner Kenntnisse der europäischen Rechtsphilosophie und der Fähigkeit zu kritischer Analyse ablegt, sondern in gewisser Weise auch seinen von tiefgreifenden und schicksalhaften Wechselfällen begleiteten Lebensweg widerspiegeln. Der ehemalige Baumgarten-Schüler, mal hoch gelobte, dann wieder verschmähte frühere DDR-Rechtsphilosoph mit äußerst beeindruckendem Forschungsnachweis gehört zu den wenigen Rechtsphilosophen im deutschen Wissenschaftsraum, die neben methodischer Trittsicherheit über ein überaus profundes Wissen in der juristischen Ideengeschichte verfügen und darüber hinaus bereit sind, die aus ihrer Forschung gewonnenen Erkenntnisse in klare und mitunter im besten Sinne belehrende Worte zu fassen. So gelangt Klenner in seiner Einführung in die Grundfragen von Recht und Unrecht im Hinblick auf die künftige Entwicklung von Recht und Staat zum Schluss, die heutige Gesetzgebung vermittle den Eindruck, «dass das Recht zu den fungiblen Gütern unserer Gesellschaft» gehöre. Das Gesetz werde oft aus opportunistischen Gründen geändert und angepasst. Darunter leide die Rechtssicherheit. Der Regelungscharakter des Rechts werde mit den Steuerungsaufgaben der Politik verwechselt. Es folgen aufrüttelnde Angriffe auf den Neoliberalismus, die den ideologisch zwar desillusionierten, doch in seiner Denkweise nach wie vor im Marxismus ankernden Gesellschaftskritiker in hellem Licht erkennen lassen: «In einer durchkapitalisierten Welt droht den von der Arbeiter- wie von der Frauenbewegung erstrittenen sozialstaatlichen Regelungen die Gefahr, nur noch als Palliative sozialer Gegensätze |
| |
| Kluth, David, Die Grenzen des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes. Eine vergleichende Untersuchung der Regelungen der Art. 29, 29a EGBGB und des Art. 6 der Rom I-Verordnung (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 27). Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2009. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kluth, David, Die Grenzen des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes. Eine vergleichende Untersuchung der Regelungen der Art. 29, 29a EGBGB und des Art. 6 der Rom I-Verordnung (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 27). Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2009. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Dirk Looschelders angeregte und betreute, von der juristischen Fakultät der Universität Düsseldorf im Wintersemester 2008/2009 angenommene Dissertation des Verfassers. Sie führt zunächst in den interessanten Untersuchungsgegenstand ein und beschreibt das Ziel der Arbeit und den zu seiner Erreichung gewählten Gang der Untersuchung. Danach nimmt sie eine Anknüpfung der Verbraucherverträge nach Art. 29 EGBG, Art. 29a EGBGB und nach Art. 6 Rom I.VO vor, deren Wortlaut sie im Anhang wiedergibt.
Im Ergebnis gelangt der Verfasser zu der Erkenntnis, dass die neuere Kollisionsregel für Verbraucherverträge im Bereich der Rechtsfolgen keine Unterschiede gegenüber Art. 29 EGBG aufweist. Um den Verbraucher bei grenzüberschreitenden Verträgen zu schützen, wird weiterhin auf eine Anknüpfungsregel zurückgegriffen, welche die Wertungen des Sachrechts berücksichtigt. Dies ist wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers ausnahmsweise gerechtfertigt.
Für die Zukunft geht diese damit die jüngste Vergangenheit betreffende Arbeit einleuchtend davon aus, dass der internationale Handel weiter stark zunehmen wird. Wegen der sachlichen und räumlichen Ausdehnung der Sonderregelung für Verbraucherverträge muss der Verbraucher gleichwohl keinen mangelhaften Schutz befürchten. Darüber hinaus erwartet der Verfasser wohl zu Recht, dass vor allem bei über das Internet geschlossenen Verbraucherverträgen Streitigkeiten wegen des Verhältnisses von Aufwand und Ertrag einvernehmlich beigelegt werden werden.
Innsbruck |
| |
| Knape, Joachim/Luppold, Stefanie, Kommentar zu Friedrich Riederers Spiegel der wahren Rhetorik. Mit einem Beitrag zu den Illustrationen der Drucke von Schmitt, Lothar (= Gratia 46). Harrassowitz, Wiesbaden 2010. 236 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Knape, Joachim/Luppold, Stefanie, Kommentar zu Friedrich Riederers Spiegel der wahren Rhetorik. Mit einem Beitrag zu den Illustrationen der Drucke von Schmitt, Lothar (= Gratia 46). Harrassowitz, Wiesbaden 2010. 236 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als ein Ergebnis einer mehrjährigen Projektarbeit konnten die Verfasser 2009 die Edition des Erstdrucks der bedeutendsten deutschen Rhetorik des 15. Jahrhunderts von 1493 vorlegen. Dem folgen nach erfreulich kurzer Zeit als ein Kommentar zusammengefasste Kommentare. Sie schließen sich an den Text der Edition an und folgen den 14 Kapiteln der drei Bücher.
In vorangestellten Notizen fügen die Verfasser Lebenszeugnisse Friedrich Rieders (Archivalien, Texte, weitere Zeugnisse) übersichtlich zusammen. Danach wurde Riederer in Mühlhausen um 1450 in einer Bauernfamilie der Herren von Friedigen geboren, konnte sich im Sommer 1475 an der Universität Freiburg im Breisgau einschreiben, erlangte aber wohl keinen Grad und wurde unter dem Freiburger Gerichtsschreiber Urban Vogler tätig. Nach Eröffnung einer Werkstatt druckte er als eines seiner ersten Werke den von ihm verfassten Spiegel der Rhetorik, gelangte vielleicht zu einem bescheidenen Wohlstand und verstarb um 1510.
Die an diesen kurzen Überblick angeschlossenen Kapitelkommentare beginnen jeweils mit einer die Quellen summarisch vorstellenden, theoriegeschichtliche Verbindungslinien ziehenden und die gebotene Theorie erläuternden Einführung. Dem folgt ein detaillierter Stellenkommentar, der Formulierungen und Lesarten erklärt, Namen (vor allem eines Freiburger Kreises) und Daten erschließt und Quellenbelege anführt. Auf dies Weise gelingen den Kommentatoren in ihrem ansprechenden, durch 12 Illustrationen und ein umfangreiches Abkürzungs- und Literaturverzeichnis abgerundeten Werk zahlreiche vorteilhafte Aufschlüsse des bemerkenswerten Werkes.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Knipper, Monika, Mittelalterliche Doppelstädte. Entstehung und Vereinigung im Vergleich ausgewählter Beispiele (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 154). Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen. Darmstadt 2010. 9, 259 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Knipper, Monika, Mittelalterliche Doppelstädte. Entstehung und Vereinigung im Vergleich ausgewählter Beispiele (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 154). Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen. Darmstadt 2010. 9, 259 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist eine von Ingrid Baumgärtner betreute Abschlussarbeit an der Universität Kassel. Am Beispiel der Städte Grebenstein, Korbach und Warburg in Nordhessen bzw. Ostnordrhein-Westfalen werden Entstehung und Vereinigung mittelalterlicher Doppelstädte untersucht. Damit sind die Städte gemeint, die als eigene neue Städte unmittelbar neben bereits bestehenden alten Städten errichtet wurden.
Nach einer kurzen Einleitung widmet sich die Verfasserin zunächst dem Phänomen der Doppelstadt und geht dann detailliert auf die geographischen und herrschaftlichen Voraussetzungen ihrer ausgewählten Beispielsfälle ein. Dem folgen Genese, Nebeneinander und schließlich Vereinigung, wobei die Vereinigung durchweg positive Auswirkungen hatten. Allerdings zeigt die zusammenfassende Betrachtung, dass zweigliedrige Städte in ihrer Ausprägung sehr unterschiedlich sein konnten,
Insgesamt stellt die Verfasserin abschließend fest, dass ihre Untersuchungsergebnisse nur einen begrenzten Einblick über oder besser in das Thema Doppelstädte geben können. Aus diesem Grunde spricht sie sich für eine vergleichbare Untersuchung in einem größeren Rahmen aus. Selbst dann wird die Doppelstadt neben der Stadt vermutlich freilich eine zwar interessante, aber nicht wirklich grundsätzlich bedeutsame Nebenerscheinung sein.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Knöfel, Anne-Simone, Dynastie und Prestige. Die Heiratspolitik der Wettiner (= Dresdner historische Studien 9). Böhlau, Köln 2009. XII, 614 S., Graf., Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Knöfel, Anne-Simone, Dynastie und Prestige. Die Heiratspolitik der Wettiner (= Dresdner historische Studien 9). Böhlau, Köln 2009. XII, 614 S., Graf., Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bella gerant alii, tu felix Austria nube - dieser bekannte Satz beschreibt den Kern der im Ergebnis ziemlich erfolgreichen Politik der Habsburger. Seit ihrer Untersuchung ist die Heiratspolitik von Dynastien ein wichtiger Bereich der politischen Geschichte. Die bisher fehlende Befassung mit der Heiratspolitik der Familie der Wettiner holt die von Reiner Pommerin betreute, 2007 von der philosophischen Fakultät der Technischen Universität Dresden angenommene Dissertation nach.
Gegliedert ist die Arbeit in eine Einleitung, zwei Teile, eine Zusammenfassung, einen umfangreichen Anhang und ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis. In der Einleitung beschreibt die Verfasserin ihre Thematik, ihr methodisches Vorgehen und ihre Gliederung, gibt Hinweise zu den Quellen (Schriftquellen, abstrakte Quellen, Sachquellen) und legt den Forschungsstand dar. Da sich nach ihren Worten im Vorfeld der heiratspolitischen Untersuchung eine statistische Analyse des Konnubiums erforderlich macht, um Informationen über den Umfang und die Verteilung zu sammeln sowie Tendenzen herauszufiltern, bietet sie eine Übersicht der 102 Vermählungen der Albertiner zwischen 1459 und 1918 (13 mit Ernestinern, 11 mit Habsburgern und 10 mit Oldenburgern) und der 204 Vermählungen der Ernestiner zwischen 1460 und 1918 (16 morganatisch,15 mit Hohenzollern und Welfen, 14 mit Ernestinern, Hessen und Fürstentümern, 13 mit Albertinern, 11 mit Mecklenburgern und Grafschaften sowie 10 mit Askaniern).
Danach erörtert sie allgemein Aspekte der adeligen Familienpolitik. Dazu zählt sie die Organisation höfischer Diplomatie, das Verhältnis von Individuum und dynastischer Räson, Erbteilungen und Kleinstaatlichkeit, Religionspolitik, Fraternisierungen, Friedensstiftungen. Ihre Systematis |
| |
| Köbler, Gerhard, Jusnews 2010. Juristische Nachrichten des Jahres 2010 aus Deutschland und der Welt. http://www.koeblergerhard.de/index2010/index2010.html. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerKöblerjusnews2010 Nr. 13421 ZRG GA 128 (2011) 90
Köbler, Gerhard, Jusnews 2010. Juristische Nachrichten des Jahres 2010 aus Deutschland und der Welt. http://www.koeblergerhard.de/index2010/index2010.html. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit 2000 sammeln jusnews täglich aus der Medienflut die am weitesten in das Bewusstsein der Allgemeinheit vorgedrungenen rechtlichen Ereignisse in jeweils einem Satz. Durch Aufbewahrung werden diese einfachen tagesaktuellen Nachrichten zu einem auf das als wesentlich Angesehene beschränkten Abbild des gegenwärtigen rechtlichen Geschehens, in dem jedermann mit Hilfe der modernen Elektronik unter jeweils jährlich rund 4000 in 150000 Wörtern festgehaltenen Ereignissen überall jederzeit beliebig suchen kann. Die Datei setzt diese für jegliche Unterstützung offene Sammlung für das Jahr 2009 beginnend mit der Übernahme der Präsidentschaft der Europäischen Union durch Spanien fort und nimmt dabei etwa auch die Verurteilung eines 1918 geborenen Kriegsverbrechers zu lebenslanger Haft im Jahre 2010 auf.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Köbler, Gerhard, Lateinisches Abkunfts- und Wirkungswörterbuch, 2. Aufl. 2009. http://www.koeblergerhard.de/Latein2/LAWVorwort2.html. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Lateinisches Abkunfts- und Wirkungswörterbuch, 2. Aufl. 2009. http://www.koeblergerhard.de/Latein2/LAWVorwort2.html. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zwar nimmt seine Bedeutung wohl seit dem Ende des weströmischen Reiches im Jahre 476 n. Chr. und erst recht seit dem 19. Jahrhundert immer mehr ab, doch ist das Lateinische vielleicht auch am Beginn des 3. nachchristlichen Jahrtausends für Historiker noch immer die bedeutendste Fremdsprache, in der die grundlegenden Quellen früherer Zeiten überliefert sind. Dementsprechend dauern die Bemühungen um die Erfassung des gesamten lateinischen Wortschatzes des Altertums durch einen umfassenden Thesaurus Linguae Latinae noch in der Gegenwart an. Daneben fehlte lange Zeit eine einfache Übersicht über Herkunft und Erstbeleg jedes Ansatzes.
Diese Lücke versucht das überall und jederzeit unentgeltlich im Internet einsehbare Werk zu schließen. Es enthält in seiner zweiten Auflage mehr als 71000 Ansätze (Wörter und wichtigere Namen) und rund 10000 Verweise, wobei diese Zahl bei künftigem Abschluss des Thesaurus Linguae Latinae noch auf vielleicht 85000 lateinische Wörter (und 15000 Verweise, zu denen schätzungsweise noch 65000 weniger wichtige Namen hinzutreten könnten) vermehrt werden kann. Für jeden Ansatz bemüht sich das Werk um eine Etymologie, indem es für Komposita auf ihre Bestandteile und für Bestandteile auf die wissenschaftlich anerkannte oder umstrittene Herkunft (z. B. aus dem Indogermanischen oder oft auch dem Griechischen) hinweist und nach Möglichkeit ein datiertes Erstzeugnis nennt. Neben diesen Angaben zur Herkunft verfolgt das Wörterbuch in einfacher Weise auch die erkennbaren Auswirkungen auf die verschiedenen Stufen des Deutschen (und anderer vom Germanischen abstammenden Sprachen).
Damit wird eine breite Grundlage für weitere Untersuchungen geboten. Insbesondere lassen sich daraufhin die Veränderungen des Lateinischen im Mittelalter leichter ermitteln. Si |
| |
| Kobylec’kyj, Mykola, Mahdeburz’ke pravo v Ukrajini (XVI – perša polovyna XIX st.). Istoryko-pravove doslidmennja. [Das Magdeburger Recht in der Ukraine (vom ХІV. – bis zur ersten Hälfte des ХІХ. Jahrhunderts). Rechtshistorische Untersuchung]. Vydavnyctvo PAIS, L’viv 2008. 406 S. Besprochen von Inge Bily. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kobylec’kyj, Mykola, Mahdeburz’ke pravo v Ukrajini (XVI – perša polovyna XIX st.). Istoryko-pravove doslidmennja. [Das Magdeburger Recht in der Ukraine (vom ХІV. – bis zur ersten Hälfte des ХІХ. Jahrhunderts). Rechtshistorische Untersuchung]. Vydavnyctvo PAIS, L’viv 2008. 406 S. Besprochen von Inge Bily.
Vorliegende Monographie ist die inzwischen erfolgreich verteidigte Habilitationsschrift Mykola Kobylec’kyjs. In 10 Kapiteln wird das Magdeburger Recht und seine Anwendung in der Ukraine vom 14. – bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts analysiert. Der Autor greift ein überaus interessantes und sehr aktuelles Thema der ukrainischen wie auch der internationalen Rechts- und Siedlungsgeschichte auf und schließt damit eine Lücke, denn zum Magdeburger Recht in der Ukraine liegen nur wenige Untersuchungen vor. So bleibt die vorhandene Literatur zu diesem Thema überschaubar.[1] Aktuell sind neben den Studien Mykola Kobylec’kyjs[2] vor allem auch Ergebnisse der Forscherinnen Tetjana Hoško[3] und Natalija Bilous[4] zu nennen.
Als Ziel und Aufgabe seiner Arbeit formuliert Kobylec’kyj die Auswertung und Synthese rechtshistorischen Wissens zur Entstehung des Magdeburger Rechts und seiner Verbreitung in der Ukraine. Außerdem wird auf die wichtigsten Quellen eingegangen.
Die Bearbeitung beginnt mit der Darstellung von Historiographie und Quellenbasis (Kapitel 1: S. 9-42). Anschließend behandelt Kapitel 2 (S. 43-70) das Magdeburger Recht als europäisches Stadtrecht. Den Quellen wendet sich dann Kapitel 3 (S. 71-118) zu. Auf Ausführungen zur Verbreitung des Magdeburger Rechts in Ostmitteleuropa (Kapitel 4: S. 119-162) folgt die Vorstellung des Kulmer Rechts und des Neumarkter Rechts (Kapitel 5: S. 163-186). Kapitel 6 (S. 187-258) erläutert anschließend das System der städtischen Selbstverwaltung unter Magdeburger Recht. Die nachfolgenden Kapitel sind sowohl einzelnen Rechtsinstituten wie auch einer Reihe von |
| |
| Koller, Michael, Not kennt kein Gebot. Entstehung - Verbreitung - Bedeutung eines Rechtssprichworts (= Recht und Kultur 7). Lit, Münster 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Koller, Michael, Not kennt kein Gebot. Entstehung - Verbreitung - Bedeutung eines Rechtssprichworts (= Recht und Kultur 7). Lit, Münster 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
„Not kennt kein Gebot“ findet der sich nicht weiter identifizierende Verfasser in seiner von Heinz Barta in der Reihe Recht und Kultur veröffentlichten Studie nach seiner ersten Abbildung global verbreitet (in Carl Friedrich Wilhelm Wanderers Deutschem Sprichwörter-Lexikon, 1887-1880) in Böhmen, Dänemark, Deutschland/Österreich, England, Frankreich, Holland, Italien, Kroatien und Portugal/Brasilien. Danach verbindet er das Sprichwort über das Sprüchwort oder Spruchwort mit dem (Wortspruch im) Rechtsspruch. Sprichwörter stehen nach ihm somit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Recht und Rechtsprechung, was auch die mittelalterliche Prozessregel beweise „Wo du kannst ein Sprichwort anhängen, da tue es, denn danach pflegen die Bauern zu richten“.
Seiner Einleitung schließt er seine Gedanken zu Ordnung, Staat und Recht, zur Bedeutung von Rechtssprichwörtern, zur Geschichte der Selbsthilferegeln vom Codex Hammurapi über griechisches Recht und römisches Recht bis zur Selbsthilferegelung des österreichsischen Rechts an. Demnach liegt ihr Schwergewicht nicht eigentlich in der germanistischen Rechtsgeschichte. Gleichwohl wird jedermann, der sich über diese Untersuchung mit Grundlagen menschlicher Vergesellschaftung einschließlich der als praktisch erwiesenen Notwendigkeit eines gewissen Mindestmaßes an Ordung, an Staat und an Recht befassen will, zu einer Vielzahl von allgemeinen Einsichten gelangen können, sollte aber vielleicht doch im Rahmen von Globalität und Universalität an konkreten Kleinigkeiten beachten, dass das Corpus neutral ist und Carl Schmidt wohl verschieden von Carl Schmitt.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Konfession im Recht. Auf der Suche nach konfessionell geprägten Denkmustern und Argumentationsstrategien in Recht und Rechtswissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts, hg. v. Cancik, Pascale/Henne, Thomas/Simon, Thomas/Ruppert, Stefan/Vec, Miloš (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 247). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. XIV, 190 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Konfession im Recht. Auf der Suche nach konfessionell geprägten Denkmustern und Argumentationsstrategien in Recht und Rechtswissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts, hg. v. Cancik, Pascale/Henne, Thomas/Simon, Thomas/Ruppert, Stefan/Vec, Miloš (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 247). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. XIV, 190 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Alter von 52 Jahren gründete Helmut Coing (Celle 28. 2. 1912-Kronberg im Taunus 15. 8. 2000), 1935 in Göttingen promoviert, 1938 in Frankfurt am Main habilitiert, 1941 Professor für römisches und bürgerliches Recht in Frankfurt am Main, während der Zeit des Nationalsozialismus unbelastet, 1948 ordentlicher Professor für bürgerliches und römisches Recht, 1955-1957 Rektor der Universität, 1956-1947 Vorsitzender der westdeutschen Rektorenkonferenz, 1958-1960 Vorsitzender des Wissenschaftsrats das Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, dessen einer Leiter er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1980 blieb. Naheliegenderweise war für ihn europäische Rechtsgeschichte vorrangig Geschichte des Fortwirkens des römischen Rechts in Mittelalter und Neuzeit und damit in erster Linie Privatrechtsgeschichte. Es war deshalb Wagnis und Gefahr zugleich, als Dieter Simon, Otto Gerhard Oexle, Dietmar Willoweit sich 1991/1992 für die Besetzung der Stelle mit einem 1974 nach Frankfurt am Main berufenen Öffentlichrechtler aussprachen, der sich selbst durch Leidenschaft für die Rechtsgeschichte, treuhänderisches Verständnis für das Haus und Ungeduld kennzeichnete.
Von 1991/1992 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2006 war Michael Stolleis danach nicht nur Professor an der Universität Frankfurt am Main, sondern auch Direktor am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, das er danach seit September 2007 kommissarisch leitete. Spielerisch vereinfachend und überlegen untertreibend beschrieb er diese Stellung als die eines Wirtes, der von Tisch zu Tisch geht und d |
| |
| König, Fürsten und Reich im 15. Jahrhundert, hg. v. Fuchs, Franz/Heinig, Paul-Joachim/Schwarz, Jörg (= Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 29).Böhlau, Köln 2009. VIII, 396 S. Besprochen von Christof Paulus. |
Ganzen Eintrag anzeigen König, Fürsten und Reich im 15. Jahrhundert, hg. v. Fuchs, Franz/Heinig, Paul-Joachim/Schwarz, Jörg (= Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 29). Böhlau, Köln 2010. VIII, 396 S. Besprochen von Christof Paulus.
Hermann Heimpel meinte einst bildreich, im in vielerlei Hinsicht ruinösen Spätmittelalter hätten sich die Trümmer gegenseitig gestützt. Seitdem haben nicht wenige Arbeiten gegen diese Defizittheorie des 14. und vor allem des 15. Jahrhunderts angeschrieben und das negative Urteil in zahlreichen Aspekten korrigieren können. Friedrich III. gilt längst nicht mehr als „des Reiches Erzschlafmütze“, oder auch die Reformbemühungen der Zeit wurden umfassend gewürdigt. Als ein besonders gelungenes Beispiel eingehender Beschäftigung vornehmlich mit dem 15. Jahrhundert kann der anzuzeigende Sammelband gelten, dessen 16 durch ein Orts- und Personenregister zu erschließenden Beiträge auf eine Mannheimer Tagung des Jahres 2005 zurückgehen.
Überblickscharakter haben die Aufsätze von Kurt Andermann, der unter dem inhaltlichen Schwerpunkt des Königsdienstes und der Königsnähe die Reichsregion Franken vorstellt und hierbei ausführlicher auf den Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg eingeht, sowie von Jean-Marie Moeglin, der in seiner zeitlich weit ausgreifenden Darstellung eine vermeintliche spätmittelalterliche französische Expansionspolitik als Mythos bewertet. Am Beispiel der Freiherren von Zimmern charakterisiert Paul-Joachim Heinig die friderizianische Adelspolitik als vor allem dynastisch-monarchisch bestimmt, wenngleich der Kaiser durchaus auch – etwa im Falle Bayerns – eine ritterliche Opposition gegen den Landesfürsten instrumentalisierte.
Für die Rechtsgeschichte von besonderem Interesse sind die Beiträge von Ivan Hlaváček, der die reichsfürstlichen Lehnsbindungen an die böhmische Krone untersucht und hierbei nicht wenige Forschungsdesiderata anspricht, so |
| |
| Korb, Axel-Johannes, Kelsens Kritiker (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 13). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XII, 324 S. Besprochen von Thomas Olechowski. |
Ganzen Eintrag anzeigen Korb, Axel-Johannes, Kelsens Kritiker (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 13). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XII, 324 S. Besprochen von Thomas Olechowski.
Diese am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte entstandene Dissertation nähert sich Hans Kelsen von einem eher ungewöhnlichen Zugang, nämlich über seine Kritiker, von denen der Verfasser die folgenden ausgewählt hat: Ernst Schwind, Alexander Hold-Ferneck, Erich Kaufmann, Rudolf Smend, Carl Schmitt, Fritz Sander und Hermann Heller. Die Arbeit ist keine kollektive Biographie dieser sieben Juristen, stellt das Werk keines von ihnen an irgendeiner Stelle geschlossen dar. Im Mittelpunkt der Arbeit steht vielmehr Kelsen selbst, dessen Werk im Spiegel der zu ihm geschriebenen Kritiken analysiert und erläutert wird. Denn „zum Großteil bestand seine Arbeit aus der Beschäftigung mit Fremdmeinungen. Erst über sie gelangte er zu seiner eigenen neuen Konstruktion. Sie konnte wie ein Phönix aus der Asche aufsteigen, nachdem zuvor andere Ansichten argumentativ niedergebrannt waren“ (2).
Im ersten, „philosophischen“ Kapitel stellt Korb zunächst Kelsen als Neukantianer dar (wobei er richtig vermutet, dass Kelsen – entgegen seiner eigenen Aussagen – weniger von der Marburger als vielmehr von der südwestdeutschen Schule des Neukantianismus beeinflusst worden war) und konstatiert, dass diese philosophische Richtung eigentlich schon wenige Jahre nach Erscheinen von Kelsens Habilitationsschrift 1911 im Niedergang begriffen war und ihr Autor „nach dem Weltkrieg nicht zur wissenschaftlichen Avantgarde“ zählte, sondern „eher wie ein Relikt der Vorkriegszeit“ wirkte (28). Es war der Neuhegelianismus, dem die meisten seiner Gegner mehr (Kaufmann) oder weniger (Heller) huldigten; lediglich Sander bildete hier eine große Ausnahme: Der einstige Kelsen-Schüler ging so wie sein Lehrer von Kant aus, auch wenn er sich letztlich weit von ihm entfernte und Sanders Lehrgebäude als eine „rechtsphiloso |
| |
| Körbl, Hansdieter, Die Hofkammer und ihr ungetreuer Präsident. Eine Finanzbehörde zur Zeit Leopolds I. (= Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 54). Böhlau, Wien 2009. 606 S., 13 Tab., 18 Abb. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Körbl, Hansdieter, Die Hofkammer und ihr ungetreuer Präsident. Eine Finanzbehörde zur Zeit Leopolds I. (= Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 54). Böhlau, Wien 2009. 606 S., 13 Tab., 18 Abb. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Vorliegende Monographie bietet nicht nur eine behördengeschichtliche Analyse, sondern zugleich auch eine biographische Abhandlung zum Hofkammerpräsidenten Georg Ludwig Grafen von Sinzendorf und zu dessen Prozess wegen Untreue, Korruption und Betrug. Damit wird zugleich ein Beitrag zur Arbeitsweise, zum Funktionieren und zum Aufbau einer zentralen Behörde des vormodernen Österreich geleistet. Über die konkrete monographische Bearbeitung des Themas hinaus bietet der Autor anhangsweise eine umfangreiche, mehr als 200 Seiten umfassende Edition einschlägiger Akten bis hin zum Endurteil vom 9. Oktober 1680. Allein dadurch wird der Band zu einem für die rechtshistorische Forschung und Lehre wichtigen Grundlagenwerk, da mit ihm sehr detailliert Verwaltungsabläufe der habsburg-österreichischen Zentralbehörden belegt werden können.
Die Hofkammer, um die es in diesem Band geht, wurde 1527 von Ferdinand I. errichtet, einem Schatzmeister (später Präsident) unterstellt, dem mehrere Räte, ein Hofzahlmeister und andere Mitglieder zugeordnet wurden. Es war dies eine für das Reich ebenso wie die böhmischen und ungarischen Länder gemeinsame, kollegial organisierte Behörde. Ihre Aufgabe bestand darin, alle den Staatshaushalt betreffenden Angelegenheiten zu beraten, die Landeskammern zu beaufsichtigen, die nicht durch die Verwaltungen der einzelnen Länder verbrauchten Landeseinkünfte, die außerordentlichen Steuern der österreichischen Länder und etwaige Hilfsleistungen des Reiches wie auch verliehene Gelder in Empfang zu nehmen, auch die für den Hof und dessen einzelne Organe und das Heer auflaufenden Ausgaben anzuweisen. Unter Ferdinand II. wurde die niederösterreichische Kammer mit der Ho |
| |
| Koritsch, Hans-Dieter, Die verspielte Chance. Wahrhaft unglaubliche Geschichten vom Scheitern einer gelobten Gesellschaft. PUV Pro Universitate Verlag GmbH, Berlin 2009. 141 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Koritsch, Hans-Dieter, Die verspielte Chance. Wahrhaft unglaubliche Geschichten vom Scheitern einer gelobten Gesellschaft. PUV Pro Universitate Verlag GmbH, Berlin 2009. 141 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser ist ein in Dresden 1941 geborener, nach dem Studium in Leipzig und Dresden 1968 promovierter Mediziner, dem in der Deutschen Demokratischen Republik aus politischen Gründen eine Anstellung an einer Hochschule und eine Habilitation verweigert wurden, so dass er nach der Fachausbildung zum Arzt für Neurologie und Psychiatrie bis 1986 als Chefarzt an zwei sächsischen Landeskliniken arbeitete. Dort fragte der ärztliche Direktor bei der Einweihungsfeier der Station für alkoholkranke Frauen vor versammeltem Publikum „was ist Alkoholmissbrauch?“. Auf Grund eigener Erkenntnis bot er als Antwort: „Alkoholmissbrauch ist, wenn man den Alkohol wegschüttet, anstatt ihn zu trinken“.
Der Verfasser schildert derartige Geschehnisse als Zeitzeuge überwiegend auf der Grundlage seinerzeit aktuell angefertigter Unterlagen. Insgesamt gliedert er seinen Bericht dabei in acht Kapitel. Sie reichen von der Solidarität über das Heizwerk, die Zeitung, die Alkoholikerlüge, den Ausstieg, den Angriff und die dreifache Überraschung bis zu der abschließenden Frage Ende gut- alles gut?.
Im Mittelpunkt steht dabei das Engagement des Verfassers bei der stationären Behandlung Alkoholkranker in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, das an den Vorgaben und Rahmenbedingungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit scheiterte bzw. scheitern musste. Auf der Grundlage der ernüchternden persönlichen Erlebnisse wird eine allgemeine Systemkritik entwickelt. Sie ermöglicht auch nachträglich unmittelbare Einblicke des Außenstehenden in das Scheitern einer gelobten Gesellschaft an der ambivalenten Menschlichkeit des Menschen, wie sie überall und jederzeit am Wirken ist, wie sie aber in der Deutschen Demokratischen Republik in langen Jahren auf Gr |
| |
| Kotulla, Michael, Deutsche Verfassungsgeschichte vom Alten Reich bis Weimar (1495-1934) (= Springer-Lehrbuch). Springer, Berlin 2008. XXIV, 669 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kotulla, Michael, Deutsche Verfassungsgeschichte vom Alten Reich bis Weimar (1495-1934) (= Springer-Lehrbuch). Springer, Berlin 2008. XXIV, 669 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Hannover 1960 geborene, durch einen eher ungewöhnlichen Bildungsweg gekennzeichnete, nach dem Studium von Rechtswissenschaft und Geschichte in Marburg 1999 in Lüneburg habilitierte, umgehend auf einen öffentlichrechtlichen Lehrstuhl der Universität Bielefeld berufene Verfasser ist bereits durch eine ganze Reihe einschlägiger Arbeiten hervorgetreten. Der auf die Tragweite der Grundrechte der revidierten preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 konzentrierten Dissertation folgte 2003 als Quellensammlung mit historischer Einführung das gesamte konstitutionelle Verfassungswerk Preußens zwischen den Jahren 1848-1918. Ihr Erfolg veranlasste den Bearbeiter offensichtlich zu einer Ausweitung auf das deutsche Verfassungsrecht dieser Jahre insgesamt, von der bereits die ersten drei Bände zu Gesamtdeutschland, den anhaltischen Staaten, Baden, Bayern, Berg, Braunschweig, Bremen, Elsass-Lothringen und Frankfurt am Main in den Jahren 2005 bis 2008 vorgelegt wurden und sich weitere Bände in Bearbeitung befinden.
Selbst darüber greift das vorliegende Werk noch hinaus, indem es von den Quellen zur Sachdarstellung wechselt. Naturgemäß muss es dabei auch die Verfassungen einbeziehen, die in der monumentalen Quellensammlung noch nicht erschienen sind. Schließlich weitet es auch den zeitlichen Rahmen erheblich aus, indem es sich nicht mehr auf das 19. Jahrhundert beschränkt, sondern mit dem alten Reich einsetzt und erst 1934 endet.
Nach seinem Vorwort begreift der Verfasser überzeugend die Darstellung der deutschen Verfassungsgeschichte als eine wissenschaftliche Herausforderung. Er geht von ihrer zentralen Bedeutung für das Selbstverständnis insbesondere des modernen Juristen aus. Durch den rückwärts gerichteten Blick auf das in rechtliche Regeln gekleidete H |
| |
| Kreutz, Peter, Recht im Mittelalter. Grundzüge der älteren europäischen Rechtsgeschichte - Ein Studienbuch (= Einführungen: Rechtswissenschaft Band 10). LIT Verlag, Berlin 2010. IX, 148 S. Besprochen von Hiram Kümper. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kreutz, Peter, Recht im Mittelalter. Grundzüge der älteren europäischen Rechtsgeschichte - Ein Studienbuch (= Einführungen: Rechtswissenschaft Band 10). LIT Verlag, Berlin 2010. IX, 148 S. Besprochen von Hiram Kümper.
Dieses Buch, das aus Erfahrungen der rechtshistorischen Lehre an der Universität Augsburg entstanden ist, möchte einen Überblick über die mittelalterliche Rechtsentwicklung geben, „der sich nicht – wie traditionell – auf eine nach neuzeitlich-nationalen Kriterien abgegrenzte Region konzentriert, sondern den (kontinental-)europäischen Rechtsraum als solchen in den Blick nimmt“ (S. I). Entsprechend steht die pan-europäische Tradition des Ius Commune im Mittelpunkt; es wird aber auch den byzantinischen Entwicklungen eine prominente Rolle zugewiesen. Letzteres betont Kreutz mehrfach und in der Tat ist das die eine Stärke, die man diesem Buch zugute halten muss. Zum Teil scheint der gute Wille etwas übertrieben, etwa wenn sich eines der längeren Unterkapitel (immerhin drei Seiten, S. 58-60) mit dem byzantinischen Ikonoklasmus befasst – ein Phänomen, dem seine religions- und vor allem politikgeschichtliche Bedeutung in keinem Fall abgesprochen werden kann, dessen rechtshistorische Relevanz aber doch eher gering scheint. Da auch kein Wort zu rechtlichen Implikationen fällt, dürften solche Exkurse Studierende eher verwirren. Und das kommt leider häufiger vor. Insgesamt wünscht man sich oft bei der Lektüre eine stärkere Rückbindung an im engeren Sinne rechts- oder verfassungshistorische Fragen. Neben der byzantinischen werden die spätantik-römische Rechtsgeschichte und die Entwicklung im früh- und hochmittelalterlichen Europa betrachtet. Auch hier steht das römische Recht absolut im Mittelpunkt; das Kirchenrecht erhält insgesamt nicht einmal vier Seiten (S. 111-114), das Spätmittelalter findet praktisch keine Berücksichtigung. Symptomatisch dafür mag beispielsweise der Umstand erscheinen, dass die sog. „Spiegelrechte“ – bekanntermaßen e |
| |
| Kriebisch, Angela, Die Spruchkörper Juristenfakultät und Schöppenstuhl zu Jena - Strukturen, Tätigkeit, Bedeutung und eine Analyse ausgewählter Spruchakten. Lang, Frankfurt am Main 2008. XIV, 361 S. CD-ROM (441 S.) Besprochen von Steffen Schlinker. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kriebisch, Angela, Die Spruchkörper Juristenfakultät und Schöppenstuhl zu Jena - Strukturen, Tätigkeit, Bedeutung und eine Analyse ausgewählter Spruchakten. Lang, Frankfurt am Main 2008. XIV, 361 S. CD-ROM (441 S.) Besprochen von Steffen Schlinker.
Schon für eine Reihe juristischer Fakultäten ist deren Funktion als Rechtsprechungsorgane untersucht worden. Bislang fehlte eine Arbeit für Jena, obwohl gerade Jena in mehrfacher Hinsicht Interesse beanspruchen darf, teils weil das Spruchkollegium die Zuständigkeit für alle ernestinischen Herzogtümer beanspruchte, teils weil die Abgrenzung zwischen der Fakultät als Spruchkörper und dem Schöppenstuhl unklar war. Angela Kriebisch gelingt es nunmehr, auf der Basis umfassender und sorgfältiger Archivarbeit mit ihrem sinnvoll aufgebauten und sprachlich schönen Buch die Geschichte der Juristenfakultät und des Schöppenstuhls Jena zu erhellen.
Zunächst widmet sich die Verfasserin den Grundlagen (S. 11-31). Überzeugend sieht sie einerseits die Praxis der Städte, Rechtsauskünfte vom Rat oder den Schöffen der Mutterstadt zu erbitten, und andererseits die Gutachtertätigkeit der italienischen Rechtsgelehrten als Wurzeln der Spruchtätigkeit juristischer Fakultäten (S. 19-24, 42). Zu Recht unterscheidet sie zwischen dem Leipziger Schöffenstuhl, in den mit der Zeit gelehrte Juristen der Fakultät aufgenommen wurden, und dem Schöffenstuhl von Wittenberg, der nicht aus einem alten städtischen Schöffenkollegium entstanden war, sondern sich als Gelehrtenausschuss des Hofgerichts konstituiert hatte, um außerhalb der Hofgerichtstermine in zivilen und peinlichen Sachen zu urteilen. Auch der Schöppenstuhl in Jena setzte sich aus gelehrten Juristen zusammen und stellte eine Neuschöpfung dar, weil es dort ein mit Laien besetztes mittelalterliches Schöffenkollegium nie gegeben hatte (S. 15, 67, 71). Sodann werden präzise die Rechtsgrundlagen für die Aktenversendung und dessen Prozedere erläutert (S. 18-31). In der F |
| |
| Krieger, Wolfgang, Geschichte der Geheimdienste. Von den Pharaonen bis zur CIA (= beck’sche reihe 1891). Beck, München 2009. 362 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Krieger, Wolfgang, Geschichte der Geheimdienste. Von den Pharaonen bis zur CIA (= beck’sche reihe 1891). Beck, München 2009. 362 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Geheimdienstforschung ist ihrer Natur nach mit Schwierigkeiten behaftet, liegt es doch im Wesen nachrichtendienstlicher Institutionen, im Widerspruch zum demokratischen Publizitätsprinzip gleichsam im Verborgenen zu wirken. Erst Pannen und Skandale eröffnen partielle Einblicke in das Geschehen hinter den Kulissen; der Zugang zu den Quellen bleibt nichtsdestotrotz meist ein schwieriger. Der in der Folge des Anschlags vom 11. September 2001 von den USA ausgerufene globale Kampf gegen den internationalen Terrorismus scheint jedenfalls das wissenschaftliche Interesse an geheimdienstlichen Fragestellungen gefördert zu haben, was sich an der wachsenden Etablierung von Forschungseinrichtungen, Publikationsorganen und einschlägiger Fachliteratur ablesen lässt.
Wolfgang Krieger gilt als intimer Kenner der Szene und als Aktivposten auf dem Feld der Geheimdienstforschung. Mit dem vorliegenden Band unternimmt er den Versuch, einen Überblick über gut dreitausend Jahre geheimdienstlicher Praxis zu bieten. Da eine „Theorie der Geheimdienste“ mit einer klaren Begriffsbestimmung bislang noch ausstehe, lasse sich eine Annäherung an das Phänomen am besten durch den Wirkungskreis bewerkstelligen, der vier Aufgaben umfasst: „die Beschaffung von Informationen über den Gegner (oft auch über Konkurrenten und Freunde); die verdeckte Beeinflussung; die Abschirmung des eigenen Herrschaftsapparates gegen geheimdienstliche Angriffe; das Eindringen in die gegnerischen Geheimdienste“ (S. 14). Ausübung politischer Herrschaft sei stets von einem bestimmten Wissen abhängig, das beschafft, interpretiert und als Basis für Entscheidungen taugen müsse. Darüber hinaus würden durch so genannte „verdeckte Aktionen“ Eingriffe in den Machtbereich des Gegners vorgenommen. Der Spion als Träger geheimdienstlichen |
| |
| Kriegsverbrecherprozesse in der Schweiz - Procès de criminels de guerre en Suisse, hg. v. Ziegler, Andreas R./Wehrenberg, Stefan/Weber, Renaud. Schulthess, Zürich 2009. XV, 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kriegsverbrecherprozesse in der Schweiz - Procès de criminels de guerre en Suisse, hg. v. Ziegler, Andreas R./Wehrenberg, Stefan/Weber, Renaud. Schulthess, Zürich 2009. XV, 446 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit Entstehung der Menschheit bestehen Interessengegensätze zwischen einzelnen Menschen oder Menschengruppen. Sie werden seit langer Zeit mit allen möglichen Mitteln ausgetragen, darunter auch der Gewalt. Rechtliche Regeln hierfür haben sich nur langsam entwickelt und lange Zeit ist das gesamte Völkerrecht mangels Durchsetzbarkeit durch eine übergeordnete Zwangsgewalt in seiner Rechtsqualität Zweifeln ausgesetzt gewesen.
Vor etwas mehr als hundert Jahren ist dann die Idee entstanden, Einzelne für völkerrechtswidriges Verhalten in bewaffneten Konflikten zur Verantwortung zu ziehen. Danach hat sich der Gedanke entwickelt, Täter vor ein internationales Gericht zu stellen oder die Verfolgung völkerrechtlicher Straftaten einer weder auf Täterseite noch auf Opferseite beteiligten dritten Einrichtung zu überlassen. In der Schweiz begann die Anwendung der betreffenden innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen 1997 mit zwei die Geschehnisse im ehemaligen Jugoslawien und in Ruanda betreffenden, tatsächlich durchgeführten Strafverfahren.
Mit ihnen befassen sich die einem knappen Vorwort Paul Segers folgenden 15 Beiträge. Gegliedert sind sie in Grundlagen, praktische Aspekte und Zusammenarbeit der Schweiz mit den internationalen Strafgerichtshöfen. In ihnen werden vielfältige Fragen der Voraussetzungen und Schwierigkeiten sachverständig und detailliert angesprochen.
Zahlreiche Anhänge ergänzen die Ausführungen, wobei insbesondere knapp ein Dutzend Entscheidungen breiten Raum einnehmen. Leider fehlt ein Sachregister. Insgesamt ermöglichen Richter, Ankläger, Untersuchungsrichter, Verwaltungsjuristen, Journalisten und andere Beteiligte aber durch die Wiedergabe ihrer Erfahrungen und Eindrücke in dem Band erfreulicherweis |
| |
| Kulturstaat und Bürgergesellschaft. Preußen, Deutschland und Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften v. Neugebauer, Wolfgang/Holtz, Bärbel. Akademie Verlag, Berlin 2010. IV, 265 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kulturstaat und Bürgergesellschaft. Preußen, Deutschland und Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften v. Neugebauer, Wolfgang/Holtz, Bärbel. Akademie Verlag, Berlin 2010. IV, 265 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Preußen ist bekanntlich mit dem Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrates vom 25. 1. 1947 wegen seiner durch die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts bezeugten Gefährlichkeit unter Aufteilung seiner Gebiete auf zum Teil neue Länder als Staat aufgelöst worden und damit untergegangen. Gleichwohl verdient es auf Grund seiner vielfältigen modernisierenden Leistungen uneingeschränkt die Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaft. Das Akademievorhaben Preußen als Kulturstaat untersucht die Entwicklung kultureller Tätigkeitsfelder im Prozess der Staatsbildung im 19. und 20. Jahrhundert.
In diesem Rahmen fand in den Räumen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt in Berlin vom 3. bis zum 5. April 2008 eine internationale Tagung statt, deren Referenten zunächst die Etablierung staatlicher Organe für die kulturellen Tätigkeitsfelder untersuchen und in diesem Zusammenhang auf eventuelle Vorbilder achten sollten. Einbezogen wurden dabei neben Preußen Österreich-Ungarn, Bayern, Sachsen, Russland, Frankreich, Italien, Großbrittanien (!) und Japan. Davon gelangten die Ausführungen über Großbritannien und Sachsen nicht zur Aufsatzform und wurden vorgesehene Beiträge über die Vereinigten Saaten von Amerika und die auswärtige Kulturpolitik während der Zeit der Weimarer Republik vorab abgesagt, so dass im Druck insgesamt 12 Referate in den drei Sektionen Ausgangslage und Begriff (Wolfgang Neugebauer, Rüdiger vom Bruch), zentralstaatliche Kultusverwaltungen (Bärbel Holtz Preußen, Andreas Gottsmann Donaumonarchie, Hans-Michael Körner Bayern, Andrej Andreev Russland, Etienne François Frankreich, Anna Gianna Manca Italien) und Ein |
| |
| Kümper, Hiram, Sachsenrecht. Studien zur Geschichte des sächsischen Landrechts in Mittelalter und früher Neuzeit (= Schriften zur Rechtsgeschichte 142). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 778 S., Tab., Abb., Diss. phil. Mannheim 2007. Besprochen von Marek Wejwoda. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kümper, Hiram, Sachsenrecht. Studien zur Geschichte des sächsischen Landrechts in Mittelalter und früher Neuzeit (= Schriften zur Rechtsgeschichte 142). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 778 S., Tab., Abb., Diss. phil. Mannheim 2007. Besprochen von Marek Wejwoda.
Kein anderer Text hat in der deutschen Rechtsgeschichte des Mittelalters so viel Aufmerksamkeit gefunden wie der Sachsenspiegel. Mit mehr als 460 erhaltenen Handschriften ist er einer der am breitesten überlieferten Texte des Mittelalters überhaupt und etwa auch für Germanisten und Allgemeinhistoriker von höchstem Interesse. Dennoch kann bei weitem nicht die Rede davon sein, dass die Geschichte des Rechtsbuches erschöpfend behandelt wäre. Während sich die Forschung im Laufe der Zeit verschiedenen Problemen intensiv gewidmet hat – man denke etwa an Autor und Entstehung, an die Quellen und den Gedankengang des Rechtsbuches, sowie nicht zuletzt an die Bilderhandschriften –, sind andere Aspekte aus verschiedenen Gründen bisher nur wenig untersucht worden. Dazu gehört besonders die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels in Spätmittelalter und früher Neuzeit, die man bisher eigentlich nur in den Umrissen kennt. Zwar ist die weitreichende Rezeption des Textes in Osteuropa mittlerweile Gegenstand eines Leipziger Akademieprojektes geworden und auch in die Forschung über die Glossierung und ihre Auswirkung auf das Sächsische Recht ist im Anschluss an die von Frank-Michael Kaufmann vorgelegte Edition der Buch’schen Landrechtsglosse[1] insbesondere durch die Arbeiten von Bernd Kannowski[2] in den letzten Jahren Bewegung gekommen. Von den drei methodischen Zugängen zur Frage nach Einfluss und Wirkung des Sachsenspiegels, die Karl Kroeschell 1977 umrissen hat[3] – 1. handschriftliche Verbreitung, 2. Benutzung in anderen Rechtsaufzeichnungen, 3. Zeugnisse der unmittelbaren Anwendung in der Gerichtspraxis – ist aber keiner bisher ausgereizt. Insbesondere über den tatsächlichen Geb |
| |
| Kuschnik, Bernhard, Der Gesamttatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit - Herleitungen, Ausprägungen, Entwicklungen (= Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht 95). Duncker& Humblot, Berlin 2009. 503 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuschnik, Bernhard, Der Gesamttatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit - Herleitungen, Ausprägungen, Entwicklungen (= Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht 95). Duncker& Humblot, Berlin 2009. 503 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Auch wenn der Verfasser, Bernhard Kuschnik, in dem ein Drittel des Bandes umfassenden, der Genese der internationalen Strafgerichtsbarkeit gewidmeten ersten Abschnitt seiner Tübinger juristischen Doktorarbeit aus 2008, die nun im Druck vorliegt, die „Geburtsstunde des Terminus ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit‘“ (S. 34) in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Fall Hagenbach) ansiedelt und auf die erstmalige rechtsverbindliche Kodifizierung des Begriffs 1915 durch die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Russlands in einer Deklaration zum Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich hinweist, ist die Entwicklung eines effizienten Völkerstrafrechts ohne Zweifel eine Errungenschaft des 20. und 21. Jahrhunderts, speziell der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Nürnberger Kriegsverbrechertribunal (IMT) zur Ahndung der von der nationalsozialistischen Führung zu verantwortenden Untaten gilt als der Meilenstein und als Initialzündung für die Etablierung und Institutionalisierung des erforderlichen rechtlichen Rahmens.
Nachdem die Alliierten die oberste Regierungsgewalt über Deutschland proklamiert hatten, wurden mit dem Londoner Abkommen vom 8. August 1945 die Verfahrensregeln des Gerichtes, die Gerichtsverfassung und die Anklagetatbestände festgelegt und das Statut des Tribunals als Annex dem Abkommen angeschlossen. Artikel 6 (c) des Statuts kodifiziert den Gesamttatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, welcher sich aus den enumerierten „mikrokriminellen“ Katalogstraftaten (Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation, andere unmenschliche Handlungen) und dem geforderten „makrokriminellen“ Überbau (sogenannte „chapeau“-Elemente: eine Tathandlu |
| |
| Lacina, Harald, Die Spielleute nach spätmittelalterlichen deutschen Rechtsquellen. Solivagus-Verlag, Kiel 2010. 187 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lacina, Harald, Die Spielleute nach spätmittelalterlichen deutschen Rechtsquellen. Solivagus-Verlag, Kiel 2010. 187 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1957 geborene Verfasser studierte Rechtswissenschaft, Theaterwissenschaft, Anglistik und Kunstgeschichte in Wien. Nach dem Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaft (1980) promovierte er zunächst mit einer Arbeit über Theater und Kirche im christlichen Altertum zum Doktor der Philosophie und nach Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit als rechtskundiger Berater der Stadt Wien 1990 zum Doktor der Rechtswissenschaft. Die von Werner Ogris und Richard Potz geförderte Dissertation, die dem Interesse des Verfassers an Mediävistik und der gesellschaftlichen Randgruppe der Spielleute entsprang, will die älteren Arbeiten Max Burckhards (1896), Otto Opets (1897), Gerhard Brückners (1930) und Holger Asmussens (1980), die sich auf Sachsenspiegel und Schwabenspiegel konzentrieren, überprüfen, ergänzen und bei Bedarf berichtigen.
Gegliedert ist die Untersuchung in sieben Abschnitte, von denen die Einleitung die Probleme beleuchtet und in diesem Zusammenhang mündlich-volkssprachliche und lateinisch-schriftliche Kultur gegenüberstellt. Danach wendet sich der Verfasser den Wurzeln der „Minderrechtsfähigkeit“ der Spielleute zu, für die er auf die römische Infamie und kirchliche Rechtsquellen zurückgreift. Von hier aus behandelt er die Auswirkungen der Rechtsminderung, die Gefahren und den Schutz der Spielleute unter besonderer Berücksichtigung der Scheinbußen, den Unterhalt und verschiedene Rechtsbräuche sowie das Sesshaftwerden unter dem Schutz von Städten und Adel. Danach fasst er seine Erkenntnisse zusammen und bietet eine ausführliche Bibliographie.
Dabei gelingt es ihm unter Verzicht auf Vollständigkeit, an Hand ausgewählter Rechtsquellen, in deren Mittelpunkt aber ebenfalls Sachsenspiegel und Schwabenspiegel stehen, die rechtliche, soziale und berufliche Stellung des deutschen Spiel |
| |
| LaCroix, Alison L., The Ideological Origins of American Federalism. Harvard University Press, London 2010. V, 312 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen LaCroix, Alison L., The Ideological Origins of American Federalism. Harvard University Press, London 2010. V, 312 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verfasserin ist Assistant Professor of Law an der University of Chicago Law School. 1996 erwarb sie ihren BA in Geschichte mit der Bewertung summa cum laude an der Yale University, 1999 ihren JD an der Yale Law School, an der sie auch als Essays Editor des Yale Law Journal und als Managing Editor des Yale Journal of Law and Humanities wirkte. Danach war sie im litigation department der weltweit vertretenen business law firm Debevoise & Plimpton tätig, ehe sie 2001 nach Harvard wechselte, wo sie 2003 ihren AM in Geschichte und 2007 ihren PhD in Geschichte erwarb, so dass sie auf Grund dieser beeindruckenden Qualifikationen zunächst für Legal History an die New York University School of Law und wenig später nach Chicago berufen wurde.
Dessenungeachtet sind die Ideological Origins of American Federalism ihre erste größere Arbeit, die Europa erreicht. Sie betreffen aber auch eine hier sehr interessante Frage, weil in den Anfängen der formellen Verfassungsbildung enge Wechselwirkungen vor allem zwischen Großbritannien, Frankreich und den ihre Unabhängigkeit ertrotzenden nordamerikanischen Kolonien bestanden. Für die Vereinigten Staaten von Amerika sieht die Verfasserin federalism bereits im ersten Satz ihrer Einleitung everywhere and nowhere in American legal and political history.
Gegliedert ist die zu wichtigen neuen Erkenntnissen führende Untersuchung in insgesamt sechs Abschnitte. Dabei steht am Beginn die föderalistische Idee als solche und folgen die Teilung der gesetzgebenden Gewalt, die Debatten über die Souveränität, die Federated Union, die Autorität der Zentralregierung und die Rechtsprechung als gewichtiges Feld der Auseinandersetzung aufeinander. Im Nachwort sieht die Verfasserin insgesamt die Föderalismusidee als entzaubert an, weil sie nicht erst mit der Verfas |
| |
| Landau, Peter, Grundlagen und Geschichte des evangelischen Kirchenrechts und des Staatskirchenrechts (= Ius Ecclesiasticum 92). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. VIII, 476 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landau, Peter, Grundlagen und Geschichte des evangelischen Kirchenrechts und des Staatskirchenrechts (= Ius Ecclesiasticum 92). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. VIII, 476 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie Peter Landau (Berlin *26. 02. 1935), nach dem Studium von Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie in Berlin (Freie Universität), Freiburg im Breisgau, Bonn und New Haven/Connecticut (Yale University), der Bonner Dissertation über die Entstehung des kanonischen Infamiebegriffs (1964) und der Bonner Habilitation über das ius patronatus (1968) über Regensburg (1968) nach München (1987) berufen, in seinem kurzen Vorwort autobiographisch darlegt, berücksichtigte er nach der anfänglichen Konzentration auf die Geschichte des kanonischen Rechtes im Mittelalter schon in seinen Regensburger Vorlesungen über die Gebiete des geltenden Kirchenrechts und die Geschichte des Kirchenrechts zunehmend auch das evangelische Kirchenrecht und die Probleme des Verhältnisses von Staat und Kirche in Geschichte und Gegenwart und war darüber hinaus bemüht, sich in der Auseinandersetzung mit der Fundamentalkritik Rudolph Sohms an einem Recht in der Kirche einen eigenen Standpunkt in den Grundlagenfragen des Kirchenrechts zu erarbeiten. Von seinen in diesem Zusammenhang seit 1983 veröffentlichten Studien werden nunmehr 22 in einem stattlichen Sammelband vorgelegt. Er ist in vier Abschnitte gegliedert.
Der erste Abschnitt betrifft Grundlagen des Kirchenrechts und befasst sich mit dem Rechtsbegriff des Kirchenrechts in philosophisch-historischer Sicht, wobei der Verfasser das Kirchenrecht als zum Wesen der Kirche gehörig betrachtet, mit dem Begriff der Kirche aus juristischer Sicht, mit dem Gewohnheitsrecht im 19. und 20 Jahrhundert, in dessen Rahmen sich der Verfasser zur historischen Schule bekennt, sowie mit kritischen Anmerkungen zur Sicht der Kirchenrechtsgeschichte des vom Verfasser hoch geschätzten Hans Dombois (1907-1997). Der zweite Teil enthä |
| |
| Landstände in Thüringen - Vorparlamentarische Strukturen und politische Kultur im Alten Reich, hg. v. Thüringer Landtag (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 27). Wartburg-Verlag, Weimar 2008. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landstände in Thüringen - Vorparlamentarische Strukturen und politische Kultur im Alten Reich, hg. v. Thüringer Landtag (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen 27). Wartburg-Verlag, Weimar 2008. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Landstände sind vom Hochmittelalter bis in das 19. Jahrhundert eine zentrale Einrichtung der Landesverfassungsgeschichte. In wichtigen Einzelheiten können sie sich von Land zu Land erheblich unterscheiden. Die Geschichte der Landstände in Thüringen ist wohl auch deswegen bislang wenig erforscht, weil während dieser gesamten Zeit Thüringen als tatsächliche politische Einheit nicht wirklich bestanden hat, sondern Thüringen in eine größere Zahl kleinerer Länder wechselnder Gestalt geteilt war.
Dem heutigen Thüringer Landtag ist sehr dafür zu danken, dass er in Form der Herausgeberschaft des Sammelbandes Interesse an der Geschichte der Landstände zeigt, obwohl die Landstände nicht mit dem Landesparlament gleichgesetzt werden können. Bedingungen, Umstände, Rechte und Zuständigkeiten weichen erheblich voneinander ab. Dennochdoch lassen sich gewisse Verbindungslinien zwischen den älteren Landständen und dem neueren Parlament durchaus ziehen.
Nach einem kurzen Geleitwort der Landtagspräsidentin vereinigt der Sammelband insgesamt 13 Beiträge. Sie folgen letztlich insgesamt chronologisch aufeinander. Nach einer einführenden Untersuchung Peter Claus Hartmanns über Reichsverfassung, Landschaft, Landstände, Kreisstände, Reichsstände im Rahmen vorparlamentarischer Verfahrenskultur und Aufgabenerfüllung nach dem Subsidiaritätsprinzip beginnt Uwe Schirmer deswegen mit den ernestinischen Ständen von 1485-1572.
Danach befasst sich Gerhard Müller im Einzelnen mit Sachsen-Weimar-Eisenach und Sachsen-Gotha-Altenburg in den Jahren von 1572 bis 1848, Josef Matzerath mit Thüringern auf dem kursächsischen Landtag, Andreas Wolfrum mit Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Altenburg (1603- |
| |
| Landwehr, Achim, Kulturgeschichte (= UTB 3037). Ulmer, Stuttgart 2009. 128 S. 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landwehr, Achim, Kulturgeschichte (= UTB 3037). Ulmer, Stuttgart 2009. 128 S. 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1968 in Heilbronn geborene, nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Rechtswissenschaft in Augsburg, Freiburg, Basel und Dublin 1999 in Freiburg im Breisgau über Policey im Alltag - Die Implementation frühneuzeitlicher Policeyordnungen in Leonberg promovierte, als Juniorprofessor (2003) in Düsseldorf 2005 habilitierte und 2008 für Geschichte der frühen Neuzeit (in Düsseldorf) berufene Verfasser fragt zu Beginn seiner Einführung: was ist Kulturgeschichte? und erklärt sie am Ende für uralt und brandneu zugleich. Auf dem Weg dorthin stellt Kultur im engeren Sinn als Pflege und Kultivierung des Menschen durch Erziehung, Religion, Wissenschaft oder Kunst dar, im weiteren Sinn als Ausstattung von Gesellschaften umgebenden Wirklichkeiten mit bestimmten Bedeutungsnetzen. Kulturgeschichte ist danach eine Perspektive, die auf die historischen Formen von Sinn und Bedeutung zielt, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Wirklichkeit ausgestattet haben.
Das zweite seiner insgesamt zehn Kapitel betrifft die Geschichte der Kulturgeschichte, die er im engeren Sinne im 18. Jahrhundert beginnen lässt. Bedeutende Vertreter sind Giambattista Vico (1668-1744), Voltaire (François Marie Arouet 1694-1778), Johann Christoph Adelung (1732-1806), Johann Gottfried Herder (1744-18039), Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), Jacob Burckhardt (1818-1897), Karl Lamprecht (1856-1915), Max Weber (1864-1920) und Norbert Elias (1897-1990). Die Gesamtheit ihrer geschichtlichen Interessen lässt der Verfasser einleuchtend in der Kulturgeschichte zusammenfließen.
Als thematische Bereiche untersucht er Theorien, Methoden und Quellen, Gedächtnis und Erinnerung, Körper und Geschlecht, Wissenschaft, das Politische, Krieg und Gewalt und Wirtschaft, denen gegenüber das Recht eher im Hintergrund bleibt. Über den bisherigen Stand hinaus soll |
| |
| Lang, Dominik, Sodomie und Strafrecht - Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren (= Europäische Hochschulschriften 2, 4750). Lang, Frankfurt am Main 2009. 266 S. Besprochen von Elisabeth Greif. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lang, Dominik, Sodomie und Strafrecht - Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren (= Europäische Hochschulschriften 2, 4750). Lang, Frankfurt am Main 2009. 266 S. Besprochen von Elisabeth Greif.
Mit seiner Arbeit „Sodomie und Strafrecht: Geschichte der Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs mit Tieren“ hat Lang nicht nur eine transdisziplinäre Untersuchung, die neben rechtshistorischen Aspekten auch die nicht minder wichtigen religionsgeschichtlichen und sozialgeschichtlichen Einflüsse einer umfangreichen Betrachtung unterzieht, vorgelegt, sondern auch eine bis dahin bestehende Forschungslücke geschlossen. Im Unterschied zu bestehenden Werken, die sich vorrangig der Diskussion um die Abschaffung des Tatbestandes der „widernatürlichen“ Unzucht im 20. Jahrhundert widmen oder Detailstudien darstellen, liefert Lang einen Überblick über den Straftatbestand der Sodomie von der Antike bis in die Jetztzeit. Sein Schwerpunkt liegt dabei im germanischen bzw. deutschen Rechtsraum.
Während der Ausdruck „Sodomie“ im heutigen deutschen Sprachgebrauch ausschließlich den Geschlechtsverkehr zwischen Mensch und Tier bezeichnet, erfasste der Begriff spätestens seit dem ausgehenden Mittelalter eine Vielzahl an nicht prokreativen Sexualpraktiken. Dies sowie die Tatsache, dass zahlreiche Begrifflichkeiten synonym verwendet wurden und ihre genaue Auslegung nicht selten der Subsumtion des Richters oblag, erschweren die Beschäftigung mit der Strafrechtsgeschichte der Sodomie erheblich.
Lang widmet sich zunächst den Erscheinungsformen der Sodomie und den Beweggründen für die Taten, wobei dieses Kapitel vor allem auf Untersuchungen des 20. Jahrhunderts (wie etwa den Kinsey-Report) Bezug nimmt und weniger der Frage nach historischen Erscheinungsformen oder Tatmotiven nachgeht. Auf der Grundlage der herangezogenen Sexualstudien arbeitet Lang heraus, dass die Mehrzahl der Personen, die Sodomie praktizieren, männlich ist und auf dem La |
| |
| Langbein, John H./Lerner, Renée Lettow/Smith, Bruce, P., History of the Common Law. The Development of Anglo-American Legal Institutions. Aspen Publishers/Wolters Kluwer, New York 2009. XXVII, 1141 S. Besprochen von Frank L. Schäfer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Langbein, John H./Lerner, Renée Lettow/Smith, Bruce, P., History of the Common Law. The Development of Anglo-American Legal Institutions. Aspen Publishers/Wolters Kluwer, New York 2009. XXVII, 1141 S. Besprochen von Frank L. Schäfer.
Die „History of the Common Law“ ist in jeder Hinsicht ein sehr gewichtiges Lehrbuch. Die US-amerikanischen Autoren John H. Langbein (Yale Law School), Bruce P. Smith (University of Illinois College of Law) und die US-amerikanische Autorin Renée Lettow Lerner (George Washington University Law School) legen großformatige 1141 Seiten Text vor. Dieser basiert zu großen Teilen auf Langbeins Vorlesungen über die „History of legal institutions“ und zu einem kleineren Teil auf einem unveröffentlichten Manuskript des Rechtsvergleichers John Philip Dawson. Das Werk unterteilt sich in die mittelalterlichen Ursprünge des Common Law (204 S.), die Geschichte der Equity (208 S.), die Geschichte der Jury als Geschworenengerichtsbarkeit (144 S.), die Geschichte der Strafgerichtsbarkeit und des materiellen Strafrechts (256 S.) sowie in die Besonderheiten des US-amerikanischen Rechtssystems gegenüber dem englischen Mutterrecht in den Bereichen Rechtsliteratur, Privatrecht, Ausbildung und Juristenberuf (282 S.).
Das Buch umfasst alle wichtigen Facetten der US-amerikanischen Geschichte und Vorgeschichte des Privat-, Straf-, Prozessrechts sowie des Juristenstandes und seiner Literatur von den Ursprüngen im englischen Common Law über das koloniale Common Law in Nordamerika bis hin zu den aktuellen Ereignissen im frühen 21. Jahrhundert. Nach der selbstgewählten Themenbegrenzung des Buchs werden auf die Verfassungsgeschichte sowie auf die Geschichte der Rechtsphilosophie, Wirtschaft und Gesellschaft nur Seitenblicke geworfen. Ebenso spielt das englische Recht nach der amerikanischen Unabhängigkeit lediglich die untergeordnete Rolle eines Kontrastmittels. Ziel des Buches soll sein, den Studierenden die historisch bedingten Unt |
| |
| Leben nach dem Tod. Rechtliche Probleme im Dualismus Mensch-Rechtssubjekt, hg. v. Gulczyński, Andrzej (= Grazer rechtswissenschaftliche Studien 64). Leykam, Graz 2010. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leben nach dem Tod. Rechtliche Probleme im Dualismus Mensch-Rechtssubjekt, hg. v. Gulczyński, Andrzej (= Grazer rechtswissenschaftliche Studien 64). Leykam, Graz 2010. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Leben und Tod betreffen Universum und Geschichte vielleicht vom Anfang bis zum Ende. Bei natürlicher Betrachtung bilden sie sich ausschließende Gegebenheiten. Dessenungeachtet hat den Menschen die Frage eines Lebens nach dem Tod möglicherweise bereits seit der Bewusstseinsbildung beschäftigt, so dass es nicht wirklich überraschen kann, dass in Posen im April 2008 auf Einladung des Herausgebers des Bandes eine internationale Gruppe Interessierter zusammenkam, um hierzu bestehende Fragen zu erörtern.
Die Spannbreite der von Herbert Schempfs „Er schläft, von den Sorgen seiner Welten entladen“ bis zu Andrzej Gulczyńskis Aspekten der postmortalen Persönlichkeit im Posener Dom reichenden Untersuchungen ist sehr groß und reicht von der Rechtsethnologie bis zur Rechtsikonographie. Versinnbildlicht wird sie durch das Umschlagfoto eines Teiles der Wandtafel für den Domherrn Franciszek Woliński im Posener Dom, nach der sterbliche Überreste verfallen, aber die Würde bleibt. Aus der Sicht der Rechtsgeschichte wird einerseits das antike römische Recht einbezogen und wird andererseits vor allem das neuzeitliche Zivilrecht angesprochen.
So behandelt etwa Andreas Wacke die erbrechtliche Sukzession unter der Fragestellung der Persönlichkeitsfortsetzung. Detlef Liebs hebt das ewige Gedenken durch freigelassene Sklaven hervor, während András Földi sich der mors servorum im römischen Recht widmet. Petr Dostalik verfolgt den Transfer der sacra familiaria an Hand Cicero und Jacek Wiewiorowski äußert einige Bemerkungen zum ius postliminii.
Markus Steppan fragt, ob die Gefährlichkeit eines Rechtsbrechers durch seinen „physischen“ bzw. „rechtlichen“ Tod gebannt ist. Vilém Knoll und Michal Šejvl erörtern die rechtlichen Folg |
| |
| Leben und Wundertaten des heiligen Wigbert - Lupus Servatus, Das Leben des heiligen Wigbert. Die Wundertaten des heiligen Wigbert, hg., eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Fleck, Michael (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 67). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. XI, 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leben und Wundertaten des heiligen Wigbert - Lupus Servatus, Das Leben des heiligen Wigbert. Die Wundertaten des heiligen Wigbert, hg., eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Fleck, Michael (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 67). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. XI, 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Ungeachtet älterer Siedlungsspuren von etwa 2000, 1200 und 400 v. Chr. soll am Einfluss der Haune in die Fulda 736 n. Chr. Sturmi(us) in Haerulfisfelt eine mönchische Einsiedelei und 769 Lul(lus) das Benediktinerkloster Hersfeld gegründet haben. Gleichwohl wurde dort der neben Bonifatius wirkende Angelsachse Wigbert am höchsten verehrt, dessen sterbliche Überreste um 780 von Fritzlar/Büraburg nach Hersfeld überführt wurden.
Über sein Wirken berichtet die 836 von Lupus von Fèrrieres im Auftrag des Hersfelder Abtes Bun in 30 Abschnitten verfasste Lebensbeschreibung. Die mit Wigbert verbundenen Wunder schildern die um 940 von einem unbekannten Hersfelder Mönch in 19 Abschnitten aufgezeichneten Miracula. Der Herausgeber bietet erstmals eine vollständige Übersetzung der im Text der Ausgabe Holder-Eggers entnommenen Vita und erstmals eine vollständige kritische Ausgabe der Miracula mit deutscher Übersetzung.
In der sachgerechten Einleitung behandelt der schon durch eine Übertragung von Lampert von Hersfelds Vita Luls hervorgetretene Herausgeber Entstehung und Charakter der Vita samt allen bisher noch nicht gelösten Fragen einerseits und Datierung, Verfasserschaft und geistigen Hintergrund der Miracula andererseits. Die Übersetzung will den Sinn der lateinischen Vorlage möglichst genau wiedergeben und zugleich gut lesbar sein. Anmerkungen, Literaturhinweise und Abbildungen runden das schmucke, Einblick in den Hersfelder Alltag des Frühmittelalters gewährende Werk vorteilhaft ab.
Innsbruck Gerhard Köb |
| |
| Lebensalter und Recht. Zur Segmentierung des menschlichen Lebenslaufs durch rechtliche Regelungen seit 1750, hg. v. Ruppert, Stefan (= Studien zureuropäischen Rechtsgeschichte 249 = Lebensalter und Recht 2). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XXXIII, 360 S., graph. Darst. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lebensalter und Recht. Zur Segmentierung des menschlichen Lebenslaufs durch rechtliche Regelungen seit 1750, hg. v. Ruppert, Stefan (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 249 = Lebensalter und Recht 2). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. XXXIII, 360 S., graph. Darst. Besprochen von Werner Schubert.
Der Band dokumentiert im Wesentlichen die Ergebnisse, die auf der Arbeitstagung der selbstständigen wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe „Lebensalter und Recht“ des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte im Oktober 2007 vorgetragen worden sind. Diese Arbeitsgruppe befasst sich mit den gesetzlichen Altersgrenzen, die seit dem 19. Jahrhundert den Lebenslauf eines Menschen bestimmen und den modernen dreigeteilten institutionellen Lebenslauf auch normativ durchsetzten (hierzu der Einleitungsaufsatz des Projektleiters Stefan Ruppert: Lebensalter und Recht. Zur Segmentierung des menschlichen Lebenslaufs durch rechtliche Regelungen seit 1750; S. VIIff.). Gegenstand der Tagung war auch die sozialhistorische Perspektive auf die Entstehung von Lebenslaufmodellen, die historische Rekonstruktion von Altersbildern und die seit über 20 Jahren fest etablierte Lebenslaufsoziologie. In diesem Rahmen liefert Gerd Hardach die für die Thematik notwendigen statistischen Daten (S. 323ff.). Gerd Göckenjan (Fachbereich Sozialwesen an der Universität Kassel) stellt in seinem Beitrag: „Vom Greis zum Rentner – Alter als soziale Leistung“ (S. 187ff.) fest, dass es vor dem Einsetzen des wohlfahrtstaatlich bzw. sozialpolitisch organisierten Alters „keine regulativen Altersgrenzen“, sondern lediglich gewisse Altersmarkierungen (S. 193) gab. Die Soziologin Simone Scherger befasst sich in ihrem Beitrag: „Lebenslaufmuster im Wandel – das Beispiel des Auszugs aus dem Elternhaus“ (S. 263ff.) mit Tendenzen der Destandardisierung von Lebensläufen auch hinsichtlich der ersten Eheschließung und der ersten Elternschaft. Leider sehr knapp ist der Beitrag der Bevölkeru |
| |
| Lehnstaedt, Stephan, Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk 1939-1944. (= Studien zur Zeitgeschichte 82). Oldenbourg, München 2010. 381 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lehnstaedt, Stephan, Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk 1939-1944. (= Studien zur Zeitgeschichte 82). Oldenbourg, München 2010. 381 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Für ein tiefer gehendes Verständnis historischen Geschehens ist heute neben der notwendigen Aufarbeitung struktureller Komponenten die Beschäftigung mit der Alltagsgeschichte unverzichtbar. Erst diese Art der Forschung am Puls des prallen Lebens kann historischen Erkenntnissen jene Plastizität verleihen, die sie allgemein nachvollziehbar macht und die in der Lage ist, eine Ahnung von Zeitgeist und Lebensgefühl einer geschichtlichen Epoche zu kreieren. Der deshalb von Kritikern wie Hans-Ulrich Wehler einst ins Treffen geführte Vorwurf eines „romantisierenden Neohistorismus“ ist in Anbetracht der nun engen Verzahnung beider Disziplinen jedenfalls nicht mehr haltbar.
Das belegt nicht zuletzt Stephan Lehnstaedts bei Hans Günter Hockerts und in enger Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte in München erarbeitete, hier zur Besprechung anstehende Dissertation aus den Jahren 2007/08. Die Arbeit bemüht sich um diese „Zusammenführung verschiedener methodischer Konzepte“, denn Täterforschung müsse „die Pole Disposition und Situation komplementär vereinen und untersuchen, wie das Geschehen der Verbrechen in den Okkupationsalltag und die Besatzergesellschaft eingebunden war“, weshalb „über die Frage nach Plänen und Intentionen hinausgegangen“ werden müsse, wolle man den Völkermord im Osten als „arbeitsteilige Kollektivtat“ hinreichend begreifen. Die Kardinalfrage laute: „Was sind die Bedingungen, die so viele Deutsche aktiv an der Besatzung und der mit ihr verbundenen Gewalt teilnehmen ließen?“ (S. 16f.)
Die im damaligen Generalgouvernement Hans Franks gelegene polnische Millionenmetropole Warschau und – als ergänzendes Vergleichselement - das dem Generalkommissariat Weißruthenien unter Wilhelm Kube (ab September 1943 unter Curt von Gott |
| |
| Lei, Yong, Auf der Suche nach dem modernen Staat. Die Einflüsse derallgemeinen Staatslehre Johann Caspar Bluntschlis auf das Staatsdenken Liang Qichaos (= Rechtshistorische Reihe 403). Lang, Frankfurt am Main 2010. 315 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lei, Yong, Auf der Suche nach dem modernen Staat. Die Einflüsse der allgemeinen Staatslehre Johann Caspar Bluntschlis auf das Staatsdenken Liang Qichaos (= Rechtshistorische Reihe 403). Lang, Frankfurt am Main 2010. 315 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer sich auf die Suche nach Qichao Liang in das Internet begibt, findet dort rund 45000 Spuren. Yong Lei ist auf das Thema seiner von Michael Stolleis betreuten, im Sommersemester 2009 vom juristischen Fachbereich der Universität Frankfurt am Main angenommenen Dissertation gestoßen, als er an der chinesischen Übersetzung des Buches Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland (1800-1914) seines Doktorvaters arbeitete. Am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte konnte er sich mit Hilfe eines Promotionsstipendiums unter erstklassigen Forschungsbedingungen während vierer schöner und für seine wissenschaftliche Zukunft äußerst wertvoller Jahre einer besonderen Auswirkung des deutschen öffentlichen Rechtes auf sein Heimatland widmen, in dem er inzwischen als Dozent an der Southwest University of Political Science and Law in Chongqing tätig ist.
Gegliedert ist die Untersuchung in eine Einleitung, vier Kapitel und eine Schlussbetrachtung. Zu Beginn zeichnet der Verfasser dabei eindringlich die Krise nach, in die China durch die neuzeitliche Expansion der Europäer geriet. Ihre Lösung wurde darin gesehen, die Modernisierung durch Aneignung westlicher Zivilisation zu versuchen.
Nach Darlegung von Fragestellung, Methode, Aufbau, Quellen und Forschungsstand beschreibt der Verfasser zunächst die Ausgangslage mit ihrem kennzeichnenden Paradigmenwechsel. Danach stellt er den ungewöhnlichen Lebenslauf des am 23. Februar 1873 in Xinhui, Guangdong, geborenen, am 19. Januar 1929 in Peking gestorbenen Gelehrten, Journalisten und Reformisten nach, der von 1890 bis 1898 als Vordenker und Sprecher in der Reformbewegung am Ende der seit 1644 herrschenden Qing-Dynastie, von 1898 bi |
| |
| Lemberg, Margret, god erbarme dich uber mich / bruder des begere ouch ich. Die Grablegen des hessischen Fürstenhauses (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 71). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lemberg, Margret, god erbarme dich uber mich / bruder des begere ouch ich. Die Grablegen des hessischen Fürstenhauses (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 71). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Margret Lemberg ist seit 1985 durch zahlreiche kunstgeschichtliche Arbeiten über Hessen hervorgetreten. Ihr jetziges Werk schließt - nach ihrem eigenen Vorwort sozusagen für das obere Ende der sozialen Pyramide - an ein früheres Buch an, in dem sie unter dem Titel „Sprechende Steine“ Grabsteine einfacher Menschen im Marburger Raum untersuchte. Damals riet ihr Karl E. Demandt zu einer Untersuchung über die Landgrafengräber in der Elisabethkirche in Marburg, woran die Verfasserin mit langem Abstand und in weiter gespanntem Rahmen nunmehr überzeugend anknüpft.
Behandelt werden in dem eindrucksvoll ausgestalteten Band nacheinander vor allem die Grablege der hessischen Landgrafen in der Elisabethkirche in Marburg, die bereits während der Bauarbeiten von 1235 bis 1283 beginnt, die Grabdenkmäler in der Stadtkirche zu Spangenberg, die Martinskirche in Kassel, die Grablege in der ehemaligen Stiftskirche in Sankt Goar, die Epitaphe in der Pfarrkirche Sankt Marien in Marburg, die Fürstengruft der Markuskirche in Butzbach, die Fürstengruft in der Schlosskirche zu Homburg vor der Höhe, die Stadtkirche in Darmstadt, Grabstätten der katholisch gewordenen Mitglieder des Fürstenhauses, die Gruft in der Marienkirche in Hanau, die Eingänge zu fürstlichen Grüften als architektonische Kostbarkeiten und das Grab im Park. Insgesamt kann die Verfasserin dabei die Grabdenkmäler sowohl als Medium des Bekenntnisses wie auch als Repräsentation des Hauses Hessen erweisen. Zahlreiche farbige Abbildungen, Fußnoten und Literaturhinweise ermöglichen dem Leser die eigene Veranschaulichung und Vertiefung des eingängig lesbaren Textes, womit die Geschichte Hessens in einem speziellen Teilbereich durch |
| |
| Leonhardt, Jürgen, Latein - Geschichte einer Weltsprache. Beck, München 2009. 339 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leonhardt, Jürgen, Latein - Geschichte einer Weltsprache. Beck, München 2009. 339 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Als zum 1. Januar 1900 im Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat, verlor zugleich das aus der römischen Antike in lateinischer Sprache überkommene, im Heiligen römischen Reich seit dem 12. Jahrhundert allmählich mehr und mehr rezipierte und in der frühen Neuzeit in modernen Gebrauch genommene römische Recht seine unmittelbare praktische Bedeutung für die Rechtswissenschaft. Von daher ist auch für die Rechtswissenschaft die Antwort des Sachkenners auf die Frage, ob Latein eine tote oder eine lebende Sprache sei, von Interesse. Der in Lahr 1957 geborene, in München 1985 promovierte und 1994 habilitierte, im gleichen Jahr nach Rostock, 1997 nach Marburg und 2004 nach Tübingen berufene Verfasser bietet sie auf der Grundlage seiner Forschungsschwerpunkte der klassischen lateinischen Literatur, der Philosophie in Rom, der Wirkungsgeschichte der lateinischen Sprache und Kultur in Europa und der neulateinischen Literatur in vermittelnder, durch das Bild eines gerüsteten Römers auf einer Vespa aus Dreharbeiten zu Fall of the Roman Empire versinnbildlichter Form aus der Sicht von Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft: Latein sei tot, weil es von niemand als Muttersprache gesprochen werde, und doch sei Latein lebendig, solange es überhaupt von Menschen gesprochen und geschrieben werde.
Der Verfasser gliedert sein gut lesbares, mit Anmerkungen am Ende, einem Literaturverzeichnis und einem Register versehenes Werk insgesamt in fünf Teile. Zunächst nähert er sich Latein als Weltsprache in Beziehung zu den Nationalsprachen und den historischen Kultursprachen der Welt vorsichtig systematisch an, wobei er darauf hinweist, dass die lateinischen Texte der Antike in etwa 500 Bänden zu je 500 Seiten (davon 80 Prozent oder 400 Bände christliche Texte der Spätantike) unterzubringen sind, denen vielleicht 5 Mill |
| |
| Lesaffer, Randall, European Legal History. A Cultural And Political Perspective, translated by Arriens, Jan. Cambridge University Press, Cambridge 2009. IX, 549 S. (Original: Inleiding tot de Europese rechtsgeschiedenis, 2004, Leuven University Press). Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lesaffer, Randall, European Legal History. A Cultural And Political Perspective, translated by Arriens, Jan. Cambridge University Press, Cambridge 2009. IX, 549 S. (Original: Inleiding tot de Europese rechtsgeschiedenis, 2004, Leuven University Press). Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Randall Lesaffer ist Professor für Rechtsgeschichte an der Universität Tilburg und lehrt Kulturgeschichte an der juristischen Fakultät der katholischen Universität in Leuven. Sein Hauptgebiet ist die Geschichte des internationalen Rechts und der internationalen Beziehungen, besonders des 16. bis 18. Jahrhunderts und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Sein Buch besteht aus den drei Teilen Ancient Roman Law (100 Seiten), The Civil Law Tradition (360 Seiten) und Epilogue / The Postmodern Age für die Zeit nach 1914 (40 Seiten). Er behandelt die Civil Law Tradition in den fünf Abschnitten: The Early Middle Ages (70 Seiten), The Late Middle Ages (100 Seiten), The Early Modern Age (80 Seiten) und The Modern Age (110 Seiten). Es zeigt sich aber im einzelnen, wie schwer es ist, die verschiedenen Entwicklungsstränge und gegenseitigen Beeinflussungen in einsichtiger, wenn möglich in chronologischer Weise zu präsentieren. In ganz überzeugender Weise streut Lesaffer gelegentlich Länderberichte ein und gibt kleine Überblicke über solche Bewegungen wie englischen Experimentalismus, Cartesianischen Rationalismus, Modernismus, Aufklärung, Positivismus und Deismus.
Derartige Überblicke, der Buchtitel und die Einteilung jedes Abschnitts durchgängig in die beiden Unterkapitel Politics and the State sowie Culture and the Law heben die Ambition hervor, das Recht in die Kulturgeschichte (schätzungsweise ein Drittel des Werkes) einzubetten. Unter Berufung auf Hegel wird Cultural History verstanden als das Walten von „Volksgeist“ und „Zeitgeist“ (deutsche Ausdrücke im englischen Text, S. 7), nach dem Vorbild Jakob Burckhardts und Johan Huizingas; vielleicht hätt |
| |
| Leschhorn, Katja, Die Städte der Markgrafen von Baden. Städtewesen und landesherrliche Städtepolitik in der frühen Neuzeit (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Forschungen 183). Kohlhammer, Stuttgart 2010. XXXV, 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leschhorn, Katja, Die Städte der Markgrafen von Baden. Städtewesen und landesherrliche Städtepolitik in der frühen Neuzeit (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Forschungen 183). Kohlhammer, Stuttgart 2010. XXXV, 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die mit Abbildungen, einer Stammtafel und einem Orts- und Personenregister ausgestattete Untersuchung ist die leicht überarbeitete, von Armin Kohnle betreute, im Wintersemester2007/2008 an der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Nach einer kurzen Einleitung gliedert sie sich in sieben Kapitel (Grundlagen und Voraussetzungen, Verfassung und Verwaltung um 1500, Wirtschaft, nichtstädtische Siedlungen, Städtepolitik, bürgerliche Oppositionsbewegungen, Städtelandschaft Südwestdeutschlands und Stellung der badischen Städte). Am Ende fasst sie die aus den auch archivalischen Quellen ermittelten Ergebnisse vor allem zu Pforzheim, Baden, Altensteig, (Backnang,) Besigheim, Durlach, Ettlingen, Gernsbach, Kuppenheim, Steinbach, Stollhofen und Emmendi(n)gen) zusammen.
Danach gehören die badischen Städte der auffallend städtearmen Markgrafschaft zur Gruppe der landesherrlichen Städte und hatten mit Ausnahme Steinbachs kein urkundlich bezeugtes mittelalterliches Stadtrecht. Die Bürger waren nach den Erkenntnissen der Verfasserin bis zum Ende des 15. Jahrhunderts Leibeigene und die Autonomie der städtischen Organe und die Gerichtsbarkeit waren eingeschränkt. Auf Grund dieser Besonderheiten hält sie es mit guten Gründen für dringend notwendig, die landesherrlichen Städte stärker in den Blickpunkt der Forschung zu rücken und nach einem Vergleich verschiedener landesherrlicher Städtelandschaften eine übergreifende Untersuchung über die lansdesherrliche Stadt vorzunehmen.
Innsbruck |
| |
| Lex und ius. Beiträge zur Grundlegung des Rechts in der Philosophie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. v. Fidora, Alexander /Lutz-Bachmann, Matthias/Wagner, Andreas (= Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit, Texte und Untersuchungen, II, 1). frommann-holzboog, Stuttgart 2010. XI, 495 S. Besprochen von Tilman Repgen. |
Ganzen Eintrag anzeigen RepgenLexundius20101031 Nr. 13121 ZRG GA 128 (2011) 34
Lex und ius. Beiträge zur Grundlegung des Rechts in der Philosophie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. v. Fidora, Alexander /Lutz-Bachmann, Matthias/Wagner, Andreas (= Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit, Texte und Untersuchungen, II, 1). frommann-holzboog, Stuttgart 2010. XI, 495 S. Besprochen von Tilman Repgen.
Zu den guten Früchten der Arbeit des Exzellenzclusters 243 „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ in Frankfurt am Main gehört eine Reihe von Tagungen, die Matthias Lutz-Bachmann und eine Reihe seiner Schülerinnen und Schüler veranstaltet haben. Die Ergebnisse der ersten dieser Tagungen macht der hier vorzustellende Sammelband deutlich, der zugleich den Auftakt zur neuen Schriftenreihe „Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit“ darstellt. Die von Alexander Fidora, Heinz-Gerhard Justenhoven, Matthias Lutz-Bachmann und Andreas Niederberger herausgegebene Reihe wird neben Untersuchungen Quellentexte mit Übersetzungen präsentieren. Diese aus den Interessen der politischen Philosophie sowie der Moraltheologie (Friedensethik) gewachsene Initiative verdient besondere Aufmerksamkeit von Seiten der Rechtsgeschichte.
Gegenstand dieses Sammelbandes sind die beiden Grundbegriffe „lex“ und „ius“, Gesetz und Recht, die auch im heutigen Sprachgebrauch den Kern normativer Ordnungen bezeichnen, ohne selbst in ihrem Bedeutungsgehalt fest umschrieben und eindeutig zu sein. Geht es aber um das Begreifen von Normativität, kommt man um diese Begriffe nicht herum. Aus einem genuin historischen Blickwinkel betrachten die Beiträge des Sammelbandes das Phänomen von lex und ius. Dabei ist der Zusammenhang zu den Herausforderungen des Denkens und Handelns unserer Zeit keineswegs trivial. Die zentrale Bedeutung der beiden Begriffe mag es rechtfertigen, den Inhalt des Tagungsbandes im Folgenden etwas konkrete |
| |
| Liebner, Katrin, Wucher und Staat. Die Theorie des Zinswuchers im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 144). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Liebner, Katrin, Wucher und Staat. Die Theorie des Zinswuchers im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 144). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 372 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
„So lange Cultur existiert, so lange existieren Wucher, Klage über Wucher, Gesetze wider Wucher, und Klage, daß diese Gesetze ihren Zweck nicht erfüllen“. Mit diesem Zitat von 1790 eröffnet Katrin Liebner ihre „Einleitung“. Sie untersucht in der von Diethelm Klippel betreuten Bayreuther Dissertation „den Wandel sowohl des Wucherbegriffs als auch der zeitgenössischen Lösungskonzepte zur Verhinderung wucherischer Rechtsgeschäfte“ sowie die wechselseitige Beeinflussung von Diskussion und Gesetzgebung.
Katrin Liebner hält sich glücklicherweise nicht mit der oft kolportierten Geschichte der Wucherbekämpfung in Antike, Mittelalter und früher Neuzeit auf. Wir erfahren erst im Laufe der Arbeit, dass „in der katholischen Moraltheologie“ des 19. Jahrhunderts mehrheitlich von dem absoluten Zinsverbot des Mittelalters Abschied genommen, dass jedoch ein staatliches Einschreiten gegen übermäßiges Zinsennehmen für notwendig gehalten wurde.
Entschlossen beginnt sie gleich in den ersten drei Kapiteln mit der Diskussion in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (23-154), mit den Schwerpunkten der absolutistisch-kameralistischen Staatswissenschaften, der Kritik Benthams und Turgots sowie der Wucherpreisfrage Josephs II. Die Kapitel 4 bis 7 sind der Diskussion im 19. Jahrhundert gewidmet (155-295). Den Abschluss bildet „Die Wuchergesetzgebung im Norddeutschen Bund und im Deutschen Reich bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts“ (296-324). Die Ergebnisse werden in der „Zusammenfassung“ von vier Seiten rekapituliert (325-328).
„Die Bekämpfung des Wuchers in den absolutistisch-kameralistischen Staatswissenschaften der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ (1. Kapitel) wurde mit der „Schädlichkeit hoher Zinsen“ für die Sta |
| |
| Lingen, Kerstin von, SS und Secret Service. „Verschwörung des Schweigens“ - Die Akte Karl Wolff. Schöningh, Paderborn 2010. 273 S., 8 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lingen, Kerstin von, SS und Secret Service. „Verschwörung des Schweigens“ - Die Akte Karl Wolff. Schöningh, Paderborn 2010. 273 S., 8 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Nachdem sich SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Karl Wolff, Chef des Persönlichen Stabes des Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, im Sommer 1942 um ein aufgestocktes Reichsbahnkontingent zwecks Deportation der Juden in die Vernichtungslager bemüht hatte, konnte er nach Erreichung dieses Ziels am 13. August 1942 befriedigt seinen Dank an Reichsbahndirektor Ganzenmüller abstatten: „Mit besonderer Freude habe ich von Ihrer Mitteilung Kenntnis genommen, dass nun schon seit 14 Tagen täglich ein Zug mit je 5.000 Angehörigen des auserwählten Volkes nach [dem polnischen Vernichtungslager, MM] Treblinka fährt und wir auf diese Weise in die Lage versetzt sind, diese Bevölkerungsbewegung in einem beschleunigten Tempo durchzuführen.“ (S. 190)
Derselbe Mann, der hier als einer der Organisatoren der Deportationen aktenkundig wurde, erfreute sich SS-intern – liebevoll als „Wölf(f)chen“ tituliert – geradezu rührender Fürsorge seitens seiner Kameraden. So schrieb Wolffs Kollege, der Höhere SS- und Polizeiführer in den besetzten Niederlanden, am 8. März 1943 an Himmler: „Dass nun auch Wölfflein an einem Nierenstein so schwer erkrankt ist, hat auch mich sehr gepackt, ich habe ihm heute geschrieben. Können Sie mir, Reichsführer, vielleicht einen Rat geben, womit ich dem Wölfflein eine besondere Freude machen könnte? Es gibt hier noch einen kleinen Vorrat, der zwar für die Ostfront reserviert ist, von dem ich aber das eine oder andere für Wölfflein heraussuchen könnte.“ (Bundesarchiv Berlin, NS 19/3167)
Beide Zitate charakterisieren die schillernde Persönlichkeit Wolffs, den einer seiner bisher lediglich zwei Biographen als den „Schlichter“ tituliert (Brendan Simms: Karl Wolff – Der Schlichter, in: Die SS: Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, hg. v. Ronald Smelser |
| |
| Löhnig, Martin, Die Justiz als Gesetzgeber. Zur Anwendung nationalsozialistischen Rechts in der Nachkriegszeit (= Rechtskultur Wissenschaft 1). Edition Rechtskultur/Gietl, Regenstauf 2010. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Löhnig, Martin, Die Justiz als Gesetzgeber. Zur Anwendung nationalsozialistischen Rechts in der Nachkriegszeit (= Rechtskultur Wissenschaft 1). Edition Rechtskultur/Gietl, Regenstauf 2010. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser, der mit diesem Werk die von ihm und Ignacio Czeguhn herausgegebene neue Reihe Rechtskultur Wissenschaft eröffnet, befasst sich mit einer zeitgeschichtlichen interessanten Fragestellung. Sie betrifft die Anwendung der auf nationalsozialistischer Ideologie beruhenden, von 1933 bis 1945 geschaffenen und wegen Nichtaufhebung nach dem 8. Mai 1945 fortgeltenden Normen durch die 1945/1946 wiedereröffneten Gerichte. Exemplarisch nähert sie sich dem Umgang mit dieser Aufgabe an Hand der familienrechtlichen Normen der §§ 1595a BGB und 55 (bzw. 48) EheG, wobei der Verfasser sich unter anderem auf weit über zehntausend Verfahrensakten stützen kann, die ihm aus den Jahren 1946 bis 1949 vom Bayerischen Staatsarchiv in Amberg, dem Sächsischen Staatsarchiv in Dresden, dem Staatsarchiv in Freiburg im Breisgau , dem Bayerischen Staatsarchiv in Nürnberg, dem Landgericht Leipzig, dem Landgericht Offenburg in Baden und dem Bayerischen Justizministerium in München zur Verfügung gestellt werden konnten.
Er beginnt seine Untersuchung nach einer die Normgeschichte und die Problemstellung schildernden Einleitung mit der Ehelichkeitsanfechtung durch den Oberstaatsanwalt. Ausgewählt werden hierfür das Landgericht Amberg, das Landgericht Konstanz, das Landgericht Offenburg und das Landgericht Dresden. Als Zwischenergebnis kann er danach überzeugend festhalten, dass der Umgang mit § 1595a BGB nach 1945 ebenso uneinheitlich wie ahistorisch war, wobei eine Vereinheitlichung nur allmählich durch Absprachen und entsprechende Anweisungen bzw. eine Kassationsinstanz gelang und eine besonders aktive Rolle bei der Durchsetzung einer weitreichenden Anwendung des § 1595a BGB das Justizministerium Bayerns spielte.
Der zweite T |
| |
| Loroch, Stefanie Jessica, Zeitungsrubrik Gerichtssaal. Strafprozessberichterstattung in Münster im 19. Jahrhundert (1848-1890) (= Rechtshistorische Reihe 398). Lang, Frankfurt am Main 2009. XIII, 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Loroch, Stefanie Jessica, Zeitungsrubrik Gerichtssaal. Strafprozessberichterstattung in Münster im 19. Jahrhundert (1848-1890) (= Rechtshistorische Reihe 398). Lang, Frankfurt am Main 2009. XIII, 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Peter Oestmann betreute, im Sommersemester 2008 von der Universität Münster angenommene Dissertation der Freiheit im Denken und Leidenschaft im Handeln anstrebenden, als Rechtsanwältin tätigen Verfasserin. Sie beginnt ihre kurze Einführung mit einem Zitat aus dem Westfälischen Merkur vom 27. Oktober 1857 über die Verurteilung zweier anscheinend wegen Brandstiftung Angeklagter. Ausgangspunkte sind ihre Einsichten, dass die Zeitung ein Medium ist, das die menschliche Neugier zu befriedigen vermag und zugleich dem Gewinnstreben des mit den Nachrichten Handelnden dient, und dass demzufolge die Zeitung als Instrument, um Vergangenes zu vergegenwärtigen, großes Potential für die geschichtliche Forschung in vielen Bereichen bietet.
Gegenstand der Arbeit ist ausschließlich das täglich ercheinende (!) Blatt, wobei der Zeitraum des 19. Jahrhunderts nicht ohne Bedacht gewählt ist, weil 1848 das Jahr der Wende von der Zensur zur Meinungsfreiheit war. Als Beispiel für den technischen Fortschritt nennt sie die Berichterstattung über die Suche nach dem vermissten britischen Afrikaforscher Dr. David Livingstone, die nach Ansicht der Verfasserin als Ablenkungsmanöver vom Goldmarktskandal im Jahr 1869 gedacht war, sich aber bald zum Wettlauf zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelte. Besonders bedeutsam erscheint ihr dabei Art. 92 der Verfassungsurkunde Preußens vom 5. 12. 1848, nach dem alle Verhandlungen vor dem erkennenden Gerichte in Civil- und Strafsachen öffentlich sein sollen.
Angesichts der Vielzahl der Zeitungen hält die Verfasserin überzeugend eine regionale Begrenzung für notwendig, für die sie aus 200 um 1900 in Westfalen veröffentlichten Zeitu |
| |
| Machiavellismus in Deutschland. Chiffre von Kontingenz, Herrschaft und Empirismus in der Neuzeit, hg. v. Zwierlein, Cornel/Meyer, Annette unter redaktioneller Mitarbeit von Speek, Sven Martin (= Historische Zeitschrift Beiheft Neue Folge 51). Oldenbourg, München 2010. VII, 340 S. Besprochen von Christof Paulus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Machiavellismus in Deutschland. Chiffre von Kontingenz, Herrschaft und Empirismus in der Neuzeit, hg. v. Zwierlein, Cornel/Meyer, Annette unter redaktioneller Mitarbeit von Speek, Sven Martin (= Historische Zeitschrift Beiheft Neue Folge 51). Oldenbourg, München 2010. VII, 340 S. Besprochen von Christof Paulus.
Ein Brief des italienischen Emigranten und Bucer-Schülers Angelo Odoni aus dem Straßburg des Jahres 1535 an Erasmus von Rotterdam gilt als Erstbeleg für die Rezeption Machiavellis in deutschen Landen. In seinem Schreiben würdigte Odoni die papstkritische Haltung des Florentiner Sekretärs, dessen Schriften in zahlreichen italienischen Drucken (18 Editionen der „Discorsi“, 16 des „Principe“) Verbreitung fanden, ehe sie 1559 auf dem Index landeten. Dies wiederum machte ihren Autor gerade für protestantische Kreise interessant, wie allgemein ab den 1570er Jahren eine Kenntniszunahme der italienischen Politik und Kultur nördlich der Alpen festzustellen ist.
Eine internationale wie interdisziplinäre, 2007 in Tutzing am Starnberger See durchgeführte Tagung widmete sich dem begrifflich wie inhaltlich schillernden Phänomen „Machiavellismus“, das sich rezeptionsgeschichtlich von seinem vermeintlichen Urheber ablöste und dem in partieller und äußerst selektiver Weise schon bald die symbolhafte Vorstellung einer schrankenlosen, amoralischen Interessen- und Machtpolitik anhaftete. Die 15 Beiträge des anzuzeigenden Sammelbands untersuchen nun die Wirkungshistorie des Renaissanceautors vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart, so im Werk Johannes Althusius’ oder Hermann Conrings, bei Heinrich von Treitschke, August Ludwig von Rochau oder im Späthistorismus eines Friedrich Meinecke und Gerhard Ritters.
Ins Blickfeld rückt ferner das Phänomen des „Machiavellismus vor Machiavelli“ – so vermeinte etwa Tommaso Campanella 1633 im alttestamentarischen Ahitophel Züge der Lehren Machiavellis zu erkennen. Untersucht werden zudem bildliche Da |