| Magna Carta and the England of King John, hg. v. Loengard, Janet S. Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2010. IX, 189 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Magna Carta and the England of King John, hg. v. Loengard, Janet S. Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2010. IX, 189 S. Besprochen von Susanne Jenks.
Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer im März 2008 abgehaltenen Tagung „Magna Carta and the World of King John“. Da die Beiträge stark englandzentriert sind, wurde allerdings ein neuer Titel gewählt.
Vier Autoren beschäftigen sich mit der Persönlichkeit König Johns und zeichnen ein ausgewogenes Bild dieses Herrschers. Ralph V. Turner (England in 1215: An Authoritarian Angevin Dynasty Facing Multiple Threats, S. 10-26) bewertet John im Vergleich zu seinem Vater Henry II und seinem Bruder Richard I und kommt zu dem Ergebnis, dass allen dreien wichtige Attribute eines ‚guten Königs‘ fehlten. Doch selbst wenn sie nicht gierig und grausam gewesen wären, hätten sie sich angesichts der Größe ihres Reiches vor einer diffizilen Aufgabe gestellt gesehen, die nur schwer zu meistern war, zumal es ihnen nicht gelang, eine enge Beziehung zu dem Adel aufzubauen oder bei ihren Untertanen ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen zu lassen. John Gillingham (The Anonymous of Béthune, King John and Magna Carta, S. 27- 44) argumentiert überzeugend, dass der aus dem Umfeld Roberts of Béthume stammende Autor der kurz nach 1220 verfassten Histoire des ducs de Normandie et des rois d'Angleterre, der den König aus zum Teil zeitgenössischer und zudem weltlicher Sicht beschreibt, seine Ansicht über John im Laufe der Zeit änderte. Gillingham differenziert zwei Teile der Histoire: der erste (bis Mai 1213), der nur vage Daten gibt und generell weniger gut informiert ist, enthält Anekdoten und beschreibt den Charakter des Königs, während der zweite Teil (Mai 1213 bis September 1217) präzise Daten benennt und daher auf zeitgenössischen Notizen basieren dürfte. Obwohl der Chronist sich in unmittelbarer Nähe zum König (im Gefolge Robert de Béthunes) befunden haben dürfte, gibt dieser Teil der Histoire wenig Einbl |
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| Maier, Regina, NS-Kriminalität vor Gericht. Strafverfahren vor den Landgerichten Marburg und Kassel 1945-1955 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 155). Selbstverlag der hessischen historischen Kommission Darmstadt und der historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 2009. IX, 372 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Maier, Regina, NS-Kriminalität vor Gericht. Strafverfahren vor den Landgerichten Marburg und Kassel 1945-1955 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 155). Selbstverlag der hessischen historischen Kommission Darmstadt und der historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 2009. IX, 372 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz.
Nachdem es – aus einer ganzen Reihe von Gründen – lange gedauert hat, bis die strafrechtliche Aufarbeitung von NS-Verbrechen durch deutsche Gerichte nach Aktenlage untersucht worden ist, liegen nunmehr in zunehmendem Maße Arbeiten zu dieser Thematik vor. Freilich ist die einschlägige Tätigkeit der Justiz in der Nachkriegszeit erst relativ spät ins Blickfeld der Forschung getreten. In diesen Kontext reiht sich jetzt die vorliegende Studie ein, die als Dissertation vom Fachbereich „Geschichte und Kulturwissenschaften“ der Universität Marburg angenommen worden ist. Sie analysiert Verlauf und Ausgang von 78 Strafverfahren wegen NS-Straftaten, mit denen die Landgerichte Marburg und Kassel in der Zeit von 1945 bis 1955 befasst waren, bezieht aber in ihre Betrachtung die hessische Strafjustiz jener Phase insgesamt ein (S. 70).
Als Quelle dienten Regina Maier die Ermittlungsakten der beiden Staatsanwaltschaften, die neben amtlichen Schriftstücken und Eingaben der Beschuldigten und Verwandten auch prozessbezogene Zeitungsartikel enthalten. Darüber hinaus hat die Verfasserin ministerielle Unterlagen (namentlich Weisungen an die Staatsanwaltschaften) herangezogen, die Quellensammlung „Justiz und NS-Verbrechen“ von C. F. Rüter, die sich allerdings auf deutsche Strafurteile wegen Tötungsdelikten konzentriert, Dokumente des Hessischen Hauptstaatsarchivs Marburg sowie eine Sammlung hessischer Justizakten ausgewertet, die indes ausschließlich die Judenverfolgung während des NS-Regimes zum Gegenstand haben. Im Unterschied zu einschlägigen Untersuchungen hat sich die Autorin nicht auf Verfahren beschränkt, die Kapitald |
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| Maihold, Harald, Strafe für fremde Schuld?. Die Systematisierung des Strafbegriffs in der Spanischen Spätscholastik und Naturrechtslehre (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen 9). Böhlau, Köln 2005. XVI, 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Viele irdische Güter sind bekanntlich in der bunten Wirklichkeit des menschlichen Lebens ungleich verteilt. Deswegen findet auch nicht jedes Werk stets die ihm gebührende Aufmerksamkeit der besten Sachkundigen. Dann kann oder muss ein Herausgeber gelegentlich ohne gleichwertige Sachkunde und mit ungewollter zeitlicher Verzögerung mit einem allgemeineren kurzen Hinweis aushelfen.
Die deswegen anzuzeigende Untersuchung ist die von Kurt Seelmann mit viel Geduld und Vertrauen begleitete, in zehnjähriger Arbeit entstandene und im Dezember 2003 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg angenommene Dissertation des Verfassers. Sie spricht eine bedeutsame Frage des Strafrechts an. Sie geht von Friedrich Schillers Bürgschaft aus, der die freiwillige Übernahme der „Strafe“ für einen anderen als Beweis moralischer Größe und die Forderung einer solchen „Strafe“ als Ausdruck tyrannischer Gewalt verstand.
Demgegenüber sieht der Verfasser zutreffend eine Übertragung der „Strafe“ auf andere als den „Täter“ nicht mehr als außerhalb jeder Denkmöglichkeit liegend an. Deswegen erscheint ihm der Blick auf ein „vormodernes Strafrecht“ sinnvoll. Auf dieser Grundlage versucht er in seiner Arbeit, die Systematisierungsleistungen der spanischen Spätscholastik und der Naturrechtslehre wahrzunehmen.
Zu diesem Zweck geht er von der Prinzipienkrise der aktuellen Zurechnungslehre aus, betont die Notwendigkeit geschichtlicher Untersuchung, schildert die Wiederentdeckung der spanischen Spätscholastik und legt die methodischen Probleme dar, um seine einleuchtende Einführung mit einem eigenen Programm abzuschließen. Die dem folgende Untersuch |
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| Mäkeler, Hendrik, Reichsmünzwesen im späten Mittelalter. Teil 1 Das 14. Jahrhundert (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 209). Steiner, Stuttgart 2010. 328 S., 6 Tab. 3 Diagr., 13 Kart., 2 Münztaf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wer täglich mit eigenen Augen sieht, wie das Geld die Welt regiert, wird immer Interesse für den Weg haben, auf dem das Geld in vielen kleinen Einzelschritten zu dieser seiner Rolle gelangt ist. Nach dem Vorwort der einen zu erwartenden zweiten Teil andeutenden Studie geht die Beschäftigung des Verfassers auf einen Vorschlag Frank Bergers in der Ciudad Universitaria de Madrid an einem warmen Septemberabend des Jahres 2003 zu Konrad von Weinsberg (IX.) (1370-1448?) als Reichserbkämmerer der Könige Sigismund und Albrecht bei einer kühlen cerveza zurück. Hieraus entstand an der Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte am Historischen Seminar der Universität Kiel eine seit 2006 von Gerhard Fouquet betreute Dissertation unter vorläufiger Beschränkung auf das 14. Jahrhundert.
In seiner kurzen Einleitung stellt der Verfasser die zentrale Rolle des Geldes in der Gesellschaft, die bisherige Forschungslage und seine eigene, Lücken schließende Fragestellung dar und äußert sich zu geographischer und inhaltlichen Abgrenzung sowie zur methodischen Ausrichtung unter Verbindung von Sachgeschichte mit Überlieferungsgeschichte. In seinem zweiten Kapitel bietet er Grundlagen zu Geldtheorie und Geldverständnis von Aristoteles bis zu Tholomeus von Lucca und Nicolas Oresme und zeigt den Wandel der Geldpolitik im 14. Jahrhundert einschließlich moderner (geld-)theoretischer Ansätze. Detailliert behandelt er danach die Zeit Ludwigs des Bayern und Friedrichs des Schönen, Karls IV. und König Wenzels und damit die vielen Jahre zwischen 1314 und 1400.
Den eindrucksvollen Ausgangspunkt bilden dabei englische Subsidienzahlungen König Edwards III. und die darauf gestützte Einführung von Goldm |
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| Masuch, Christina, Doppelstaat DDR. Eine Untersuchung anhand der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas in der DDR/SBZ 1945-1990 (= Berliner Juristische Universitätsschriften. Grundlagen des Rechts 48). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2009. XV, 413 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die ansprechende Arbeit ist die von Rainer Schröder betreute, im Sommer 2008 der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin vorliegende Dissertation der seit 2002 als Rechtsanwältin tätigen Verfasserin. Sie lehnt sich im Titel an Ernst Fraenkels Untersuchung „Der Doppelstaat“ an, die nach der Emigration 1941 als The Dual State 1941 in den Vereinigten Staaten von Amerika als Beschreibung des nationalsozialistisch beherrschten Deutschen Reiches erschien. Sie will die Frage beantworten, ob auch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik als Doppelstaat in diesem Sinne (theoretischer Normenstaat und davon abweichender praktischer Maßnahmenstaat) bezeichnet werden kann.
Gegliedert ist das dem als politisch Verfolgter von 1952 bis 1956 in der Deutschen Demokratischen Republik inhaftierten Großvater gewidmete Werk in sechs Teile. Dabei beschreibt die Verfasserin in ihrer Einleitung Forschungsgegenstand, Zielsetzung, Quellenlage und den als noch übersichtlich bezeichneten Forschungsstand, von dem ihre Arbeit sich durch Konzentration auf die Arbeitsweisen des Ministeriums für Staatssicherheit unterscheidet. Danach stellt sie die Geschichte der Zeugen Jehovas dar, die sich als Bibelverlag Wachtturmgesellschaft benennen, etwa 0,22 Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland (2008 etwa 165000 im Predigtwerk aktive Zeugen Jehovas in Deutschland von weltweit 7,1 Millionen) ausmachen, 1879 durch den Geschäftsmann Charles Taze Russell in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründet wurden und von der Weltzentrale Brooklin aus 1897 auch in Deutschland Fuß fassten, um auf das nahe bevorstehende Ende der Welt eindringlich hinzuweisen |
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| Matz, Klaus-Jürgen, Kleine Geschichte des Landes Baden-Württemberg (= Regionalgeschichte . fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2010. 216 S., 30 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der in Rendsburg 1949 geborene, neuere und neuste Geschichte in Mannheim lehrende Verfasser wurde in Mannheim mit einer Arbeit über die gesetzlichen Ehebeschränkungen in den süddeutschen Staaten während des 19. Jahrhunderts promoviert1978/1979 und hat sich danach intensiv in einer politischen Biographie mit Reinhold Maier (1889-1971) befasst. Daneben hat er umfassende Sammelwerke wie Wer regierte wann? (Von den Anfängen bis zur Gegenwart), Europa-Chronik (Daten europäischer Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart) oder die 1000 wichtigsten Daten der Weltgeschichte vorgelegt. Irgendwo zwischen seiner Chronik des zweiten Jahrtausends und Reinhold Maier steht wohl zu Recht seine kleine Geschichte des Landes Baden-Württemberg.
Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass das Land einerseits auf langer Tradition beruht, die im Grunde bis in die Völkerwanderungszeit zurückreichen, in der im Südwesten die Alemannen die Römer ersetzt haben. Andererseits ist sie aber auch dadurch geprägt, dass die politische Einheit Schwabens bereits früh zerbrach und daraus eine Vielfalt der Traditionen erwuchs. Wie daraus als Folge der Teilung Badens und Württembergs und der Vereinigung Nordbadens und Nordwürttembergs durch die alliierten Besatzungsmächte dann doch wieder die Frage einer neuen und größeren politischen Einheit entstand und verwirklicht wurde, zeichnet der Verfasser überzeugend nach und kann dabei Reinhold Maier eine bedeutsame Rolle spielen lassen.
Der vom Bundesgesetzgeber bewirkten Entscheidung über die Entstehung des Südweststaats fügt der Verfasser Jahre des Aufbaus und Zusammenwachsens, eine Ära des Wohlbefindens und Aufbruchs, die zwanzigjährige Ära der CDU-Alleinherrschaft zwischen 19 |
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| Mayer, Michael, Staaten als Täter. Ministerialbürokratie und „Judenpolitik“ in NS-Deutschland und Vichy-Frankreich - ein Vergleich (= Studien zur Zeitgeschichte 80). Oldenbourg, München 2010. XII, 479 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mayer, Michael, Staaten als Täter. Ministerialbürokratie und „Judenpolitik“ in NS-Deutschland und Vichy-Frankreich - ein Vergleich (= Studien zur Zeitgeschichte 80). Oldenbourg, München 2010. XII, 479 S. Besprochen von Werner Schubert.
Im Vichy-Frankreich ergingen am 3. 10. 1940 das Gesetz portant statut des juifs und am 2. 6. 1941 das Gesetz, welches das Statut vom Oktober 1940 ersetzte und erheblich ergänzte. Die Vergleichbarkeit bzw. Ähnlichkeit dieser beiden Gesetze mit dem BBG (Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums) vom 7. 4. 1933 – hinzu kommt noch das Rechtsanwaltsgesetz vom 10. 4. 1933 – und Teilen der Nürnberger Gesetze (insbesondere die 1. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. 11. 1935) waren für Mayer Anlass, die französische und die deutsche Judengesetzgebung zeitlich versetzt (1933/1935 für Deutschland und 1940/41 für Frankreich) miteinander in Beziehung zu setzen, wenn auch die Einführung von Rassengesetzen in Frankreich in den Jahren 1940/41 „eine fundamental andere Qualität“ hatte als die deutschen Gesetze von 1933/35 (S. 12). Beiden Gesetzgebungen liegt nach Mayer ein „Segregationsantisemitismus“ zugrunde, der die Juden aufgrund einer scheinlegalen Gesetzgebung ihrer Rechte beraubte und damit den Staat von einem vermeintlichen jüdischen Einfluss säubern sollte (vgl. S. 192f.). Beide Gesetzgebungen wurden primär von den traditionellen Ministerialeliten getragen, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass sowohl in Deutschland als auch in Frankreich die republikanischen Eliten weitgehend aus dem Ministerialdienst verdrängt worden waren. Wiederholt stellt Mayer klar, dass die beobachteten Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ländern nicht dazu führen könnten, „dass die deutsche Verantwortung für die ab 1933 an den Juden verübten Verbrechen geschmälert wird“ (S. 407).
Im ersten Teil seines Werkes untersucht Mayer die Entstehung der Rassengesetze von 1933/35 bzw. von 1940/41 und deren verwaltungstechnische |
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| McLoughlin, Barry/Leidinger, Hannes/Moritz, Verena, Kommunismus in Österreich 1918-1938. StudienVerlag, Innsbruck: 2009. 528 S., 45 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen McLoughlin, Barry/Leidinger, Hannes/Moritz, Verena, Kommunismus in Österreich 1918-1938. StudienVerlag, Innsbruck: 2009. 528 S., 45 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Wer ein Buch mit dem Titel „Kommunismus in Österreich“ zur Hand nimmt, wird – in erster Linie, wenn auch nicht ausschließlich – eine Geschichte der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) im Untersuchungszeitraum, der Zwischenkriegszeit, erwarten. Zu den Aspekten, mit deren Behandlung der Leser rechnet und rechnen darf, gehören beispielsweise das Führungspersonal der Partei, ihre Ideologie und politische Programmatik, organisatorische Strukturen auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene, Vorfeldorganisationen und eventuelle Abspaltungen, Mitgliederentwicklung und Wahlresultate sowie, für die KPÖ wenigstens ansatzweise, die Übernahme öffentlicher Funktionen in Gemeinderäten usw. Da sich Kommunistische Parteien bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion in der Regel weit stärker als andere politische Parteien als Teil einer Weltbewegung verstanden und deren Moskauer Zentrale seit den Tagen Lenins zu Gehorsam verpflichtet waren, wird folglich auch die Rolle der KPÖ innerhalb der Kommunistischen Internationale zu behandeln sein.
Sieht man von dem zuletzt genannten Aspekt des Weltkommunismus einmal ab, bietet das hier vorzustellende Buch von all dem buchstäblich nichts. Es ist nämlich alles andere als eine Geschichte der KPÖ, sondern eine Darstellung im weitesten Sinne kommunistischer und/oder sowjetischer Aktivitäten auf dem Boden der Alpenrepublik. Wohlgemerkt: Kommunistische Aktivitäten meint hier nicht etwa nur österreichische KPler, sondern z. B. auch die aus ihren Heimatländern in Ost- und Südosteuropa geflüchteten Emigranten kommunistischer Orientierung, sofern sie sich für kürzere oder längere Zeit im Österreich der Ersten Republik aufhielten. Der Konnex zu Österreich ergibt sich hier also einzig aus dem zeitweiligen Lebensmittelpunkt dieser Ausländer in der Alpenrepublik un |
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| Mecke, Christoph-Eric, Begriff und System des Rechts bei Georg Friedrich Puchta. Vandenhoeck & Ruprecht unipress, Göttingen 2009. 975 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist eine leicht veränderte und etwas gekürzte Fassung der von Ralf Dreier betreuten, im Sommersemester 2007 von der juristischen Fakultät der Universität Göttingen angenommenen, sehr umfangreichen Dissertation des Verfassers, mit der Stephan Meder die von ihm herausgegebenen Beiträge zur Grundfragen des Rechts eröffnet. Sie betrifft eine wesentliche Entwicklungsphase der deutschen Rechtsgeschichte. Sie beleuchtet sie sowohl von der Geschichte her wie auch von der Rechtstheorie aus.
In seiner umfangreichen Einleitung behandelt der Verfasser Problemstellung, Forschungsstand und Ziel der Untersuchung. Die Problemstellung ergibt sich aus der negativen Bewertung Puchtas. Demgegenüber will der Verfasser Puchtas Auffassung vom Begriff und System des Rechts systematisch überprüfen, indem die Elemente der wissenschaftlichen Rechtsfindung im 19. Jahrhundert aus ihren eigenen Voraussetzungen entwickelt werden.
Ziel ist es, aus Puchtas Prämissen Puchtas Begriff des Rechts und der Rechtswissenschaft zu ermitteln und die sich hieraus ergebenden Folgerungen für seine Rechtslehre darzustellen. Dazu werden nacheinander die von Puchta bestimmte Geltungsgrundlage und die von ihm formulierten Voraussetzungen für die Geltung des Rechts, Puchtas Begriff der Rechtswissenschaft einschließlich der abgewandelten Beziehung der Rechtswissenschaft zu den übrigen Rechtsquellen, die Beziehungen zwischen Recht, Freiheit und Gleichheit, die daraus zu ziehenden Folgerungen für ein umfassendes Gesamtrechtssystem und Puchtas Auffassung der juristischen Methode der Rechtsanwendung in Theorie und Praxis untersucht. Am Ende der Arbeit werden die Ergebnisse zusammengefasst und in ihrer Bedeutung für die gegenwärtige Rechtsmethodologie bewertet.
Das erste Kapitel behandelt vo |
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| Meder, Stephan, Gottlieb Planck und die Kunst der Gesetzgebung (= Schriftenreihe des Instituts für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung der Georg-August-Universität Göttingen 2). Nomos, Baden-Baden 2010. 134 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meder, Stephan, Gottlieb Planck und die Kunst der Gesetzgebung (= Schriftenreihe des Instituts für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung der Georg-August-Universität Göttingen 2). Nomos, Baden-Baden 2010. 134 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Väter nehmen mittelbar auch Teil am Ruhm ihrer Kinder. Von daher werden Väter zu Recht auch für Mängel ihrer Erzeugnisse kritisiert. Für das Bürgerliche Gesetzbuch des Deutschen Reiches hält Stephan Meder Einwände seit Veröffentlichung des ersten Entwurfs (1888) unter Stichworten wie Begriffsjurisprudenz, juristischer Formalismus oder Manchesterliberalismus nicht nur für sachlich einseitig, sondern auch für unzutreffend, weshalb er die hundertste Wiederkehr des Todestags Gottlieb Plancks zum Anlass nimmt, an den Menschen Gottlieb Planck und seine Leistungen zu erinnern.
Im Einzelnen bildet er dazu 9 Kapitel. Davon fragt das erste Kapitel nach Gottlieb Planck als „Vater“ des Bürgerlichen Gesetzbuchs und schildert dazu die Arbeitsgebiete im Überblick. Dabei stellt der Verfasser nachdrücklich fest, dass das Bürgerliche Gesetzbuch anders als das hoch gelobte Schweizer Zivilgesetzbuch der Jahre 1907/1911 zwar nicht von einer einzelnen Person geschaffen worden sei und dass der Richter durch das Bürgerliche Gesetzbuch auch eine „festere Wegweisung“ erhalten habe, dass sich die Freiheit eines Richters nach deutschem Recht aber durchaus mit der Freiheit eines Richters in der Schweiz vergleichen lasse.
Im zweiten Kapitel schildert der Verfasser die einzelnen Lebensstationen Gottlieb Plancks. Dabei unterscheidet er die Jugend und Studienzeit vom 24. 6. 1824 bis zur Revolution von 1848, die Opposition in der Justizverwaltung Hannovers bis 1866, den Übergang an Preußen, die neue Tätigkeit als Gesetzgeber im Deutschen Reich und die Rückkehr nach Berlin einschließlich der letzten Jahre in Göttingen. Kaum vorstellbar, dass Planck großartige Leistungen gelangen, obwohl er schon 186 |
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| Mehring, Reinhard, Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Beck, München 2009. 747 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mehring, Reinhard, Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Beck, München 2009. 747 S. Besprochen von Bernd Rüthers.
Die Literatur zu Carl Schmitt wächst unaufhörlich weiter an. Reinhard Mehring hat in die internationale Flut der „Schmittiana“ eine neue Leuchtboje gesetzt. Seine stark quellengestützte Biographie umfasst 750 Seiten (582 S. Text; der Rest Anmerkungen etc.) und bringt eine Fülle neuer, bis dahin unbekannter Details aus dem wechselvollen Leben des vielseitig interessierten und umstrittenen Staatsrechtlers der Weimarer und der NS-Zeit zutage.
Den zahlreichen deutschen und internationalen Publikationen zum literarischen und rechtspolitischen Wirken Schmitts sind regelmäßig willkürlich gewählte Hinweise zu seiner bunten Lebensgeschichte beigefügt. Was bisher fehlte, war der Versuch einer umfassenden systematischen Biographie. Dazu gab es Vorversuche, etwa von dem Kultursoziologen Nicolaus Sombart[1] (1991) oder dem Politikwissenschaftler Paul Noack[2] (1993). Mehr Deutung als Biographie enthielt auch die umfangreiche Dissertation (979 Seiten!) Andreas Koenens „Der Fall Carl Schmitt“[3]. Alle litten aus heutiger Sicht erkennbar unter einer beschränkten Quellenkenntnis und fixierten Vorverständnissen.
Neuerscheinungen zum Thema Carl Schmitt erfreuen sich, unterstützt von einer geschickten PR-Strategie des Verlages und der Leitmedien, trotz der Fülle der einschlägigen Titel, großer Aufmerksamkeit. Schmitt hat unverändert Konjunktur und genießt die Neugier der „Hoch- Feuilletons“ (ZEIT, NZZ, FAZ, FAZaS und Süddeutsche Zeitung). Sie brachten, fast auf den Tag zeitgleich, und teils noch vor der Auslieferung des Buches, Rezensionen der Biographie des bekannten Juristen. Es fällt auf: Weder der Autor noch einer der Rezensenten ist vom staatsrechtlichen Fach. Das bedeutet eine gewisse Distanz und Fremdheit gegenüber dem juristischen Werk Schmitts und seinen Dimensionen, Ausstrahlungen und den Folgen von dessen teilweise fulminante |
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| Meineke, Birgit, Die Ortsnamen des Kreises Lippe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 2). Verlag für Regionalgeschichte 2010. 687 S., 3 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Meineke, Birgit, Die Ortsnamen des Kreises Lippe (= Westfälisches Ortsnamenbuch 2). Verlag für Regionalgeschichte 2010. 687 S., 3 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit den Ortsnamen des Kreises Lippe wird nach dem Kreis Soest der zweite von insgesamt 19 geplanten Bänden des in Münster als Teil des Forschungsunternehmens Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen bearbeiteten Westfälischen Ortsnamenbuches vorgelegt. Er umfasst von Abbedeshagen bis Wüsten mehr als 400 (446?) schriftlich bis 1600 bezeugte Siedlungsnamen sechzehner heutiger Gemeinden, darunter mehr als 100 Wüstungen und etwa 380 Ortsnamen mit Grundwörtern, etwa 30 Ortsnamen mit Suffixen und rund 35 aus Simplizia gebildeten Ortsnamen (z. B. Bega, Nesse oder Spork) sowie 8 mit p anlautende Ortsnamen. Dazu werden in grundsätzlich jeweils drei Gliederungspunkten quellenkritische Angaben vorgestellt, bisherige Deutungen dargelegt und dann kritische Erörterungen mit dem Ziel optimaler Lösung in den Formen von Übernahme, Verbesserung oder begründeter Ablehnung vorgenommen.
Als kennzeichnend sieht die Bearbeiterin dabei zwei Namengruppen an. Am häufigsten sind die grundsätzlich durchsichtigen Namen auf hus und altsächsisch thorp bzw. mittelniederdeutsch dorp belegt. in sehr frühe Zeit reichen ursprüngliche Naturnamen zurück, die auf alten Flurnamen oder Gewässernamen beruhen und das Gebiet nach den Erkenntnissen der Bearbeiterin als Teil eines größeren vom Baltikum bis England reichenden Sprachraums erweisen.
Die Bearbeiterin ist bereits seit 1987 im Umfeld der Münsteraner Germanistik durch eigene wissenschaftliche Leistungen hervorgetreten. Sie ist also philologisch bestens ausgewiesen. Es ist arbeitstechnisch gut verständlich, dass Grundwörter (ohne Unterscheidung von Sprachstufen apa 3?, au 1?, beke 22?, bere 1?, berg 17?, born 4?, brink 1?, brok 12?, burg 9?, dal 2?, denne 1?, dik 1?, dorp 93?, feld 10?, ger 1?, go 2?, grund 1 |
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| Menk, Gerhard, Landesgeschichte, Archivwesen und Politik. Der hessische Landeshistoriker und Archivar Karl Ernst Demandt (1909-1990) (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 21). Hessisches Staatarchiv Marburg, Marburg 2009. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Menk, Gerhard, Landesgeschichte, Archivwesen und Politik. Der hessische Landeshistoriker und Archivar Karl Ernst Demandt (1909-1990) (= Schriften des hessischen Staatsarchivs Marburg 21). Hessisches Staatarchiv Marburg, Marburg 2009. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Karl Ernst Demandt wurde in Apia in der ehemaligen deutschen Kolonie Samoa am 6. April 1909 als Sohn des aus dem Siegerland stammenden Kakaopflanzers und Naturwissenschaftlers Ernst H. Demandt geboren, kam aber bereits 1911 krankheitshalber nach Deutschland zurück, wo er nach der Rückkehr der Mutter nach Samoa in der Pflegefamilie des Försters Eigenbrodt in Niedenstein aufgenommen wurde. 2009 wäre der nach Ansicht des Verfassers wohl bedeutendste Landeshistoriker Hessens der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg 100 Jahre alt geworden. Dies bot den Anlass für die Helmut Bickelhaupt in Anerkennung seiner Verdienste um die hessische Landesgeschichte gewidmete Studie, die auch dazu beitragen soll, die zögerlichen Bestrebungen zur Schaffung eines Lehrstuhls für die Landesgeschichte Hessens zu fördern, die bisher leider scheiterten.
Gegliedert ist das Werk in insgesamt sechs Abschnitte. Davon beschreibt die Einleitung Historiker, Archivare und die Historiographie im Allgemeinen und legt den Gegenstand und die dazu verfügbaren Quellen dar. Der zweite Abschnitt befasst sich mit der Jugend und Ausbildung in Lüdenscheid, wo Demandt im Frühjahr 1928 das Abitur ablegte, zum Studium von Germanistik und Geschichte zuerst nach Tübingen und im Wintersemester 1929/1930 in das politisch nach rechts tendierende Marburg ging. Hier wurde er 1933 von Friedrich Küch als dem Leiter des Staatsarchivs Marburg mit einer Dissertation über Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Fritzlar im Mittelalter (1101-1499) mit der Note sehr gut promoviert.
Am 1. November 1933 trat er dem Ortsverband Marburg der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) bei, für die er sich im Einsatz nicht übertref |
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| Mentz, Dörte, Die Beweislastumkehr in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Rechtshistorische Reihe 401). Lang, Frankfurt am Main 2010. 456 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mentz, Dörte, Die Beweislastumkehr in der Rechtsprechung des Reichsgerichts (= Rechtshistorische Reihe 401). Lang, Frankfurt am Main 2010. 456 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Maximiliane Kriechbaum betreute, im Wintersemester 2008/2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg angenommene Dissertation der zeitweise als wissenschaftliche Mitarbeiterin und jetzt als Richterin tätigen Verfasserin. Sie verbindet das geltende Zivilprozessrecht mit seiner jüngeren Geschichte. Dabei geht die Verfasserin subtil und abwägend vor.
Beweislastumkehr bezeichnet die Abänderung der vom Gesetz und seiner wissenschaftlichen Auslegung gegebenen Verteilung der Beweislast durch die Rechtsprechung. Die Verteilung der Beweislast ist dabei von der Frage der Würdigung der vorgelegten Beweise durch den Richter zu trennen. Da die Verfasserin in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Ungenauigkeiten aufspürt, welche die Ansicht nahelegen, dass eine Beweislastumkehr im Wege der Beweiswürdigung erreicht werden könne, und der Bundesgerichtshof oft auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts Bezug nimmt, untersucht sie die Frage, inwiefern Ungenauigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Beweislastverteilung und Beweiswürdigung auf einer entsprechenden Praxis des Reichsgerichts beruhen.
Nach der einleitenden Beschreibung der Problemstellung und des Ganges der Untersuchung legt die Verfasserin zunächst die Beweislehren „unter Grundlage der ZPO“ dar und behandelt dabei nacheinander die Beweislehren zu Zeiten des Reichsgerichts und die Beweislehren aus heutiger Sicht, wobei sie zusammenfassend feststellt, dass grundsätzlich die Möglichkeit einer richterlichen Beweislastumkehr in Gestalt der Umkehr der objektiven Beweislast anerkannt wird, wobei die neue Regel nicht nur Billigkeitserwägungen des Einzelfalls Rechnung tragen darf. Danach untersucht sie als einzelne Fallgruppen der Beweislastumkehr den prima |
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| Mertens, Bernd, Rechtsetzung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 62). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XII, 181 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mertens, Bernd, Rechtsetzung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 62). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XII, 181 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Die Beschäftigung mit der Gesetzgebung im Nationalsozialismus ist in mancher Hinsicht ein Stiefkind der zeithistorischen Forschung. Das Interesse der Forschung war bisher nur auf eine wenige, für die Gesetzgebung der nationalsozialistischen Zeit als typisch angesehene Gesetze sowie auf Novellierungen einzelner vor der nationalsozialistischen Zeit entstandener Gesetzeswerke oder auf einzelne Gesetzesvorhaben gerichtet, nicht hingegen auf die Rechtsetzung in der Zeit des Nationalsozialismus im Ganzen. Ausnahmen bilden lediglich die monographische Darstellung Hubert Schorns aus dem Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts über die Gesetzgebung des Nationalsozialismus und die Dokumentation der nationalsozialistischen Gesetzgebung des Rezensenten aus dem Beginn unseres Jahrhunderts[1]. Eine umfassende Untersuchung der Rechtsetzung in der nationalsozialistischen Zeit fehlt dagegen. Diese Forschungslücke zu schließen, ist die Absicht der vorliegenden Studie von Bernd Mertens, Inhaber des Erlanger Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Europäische und Deutsche Rechtsgeschichte seit 2004.
Anders als Schorn will Mertens nicht die funktionale Bedeutung der Gesetzgebung für die Ausübung der politischen Macht des Nationalsozialismus untersuchen, sondern das Verfahren der Rechtsetzung in der nationalsozialistischen Zeit als solches einer Analyse unterziehen und dessen typische Merkmale ermitteln. Zu Recht beschränkt er sich hierbei auf die Reichsgesetzgebung und das Verfahren der Entstehung von Reichsgesetzen und Verordnungen der verschiedenen Verordnungsgeber des Reiches. Eine Analyse der Rechtsetzung von Ländern und Kommunen hätte nicht nur den Rahmen der Untersuchung gesprengt, sondern kaum signifikante Ergebnisse für die Ermittlung der typischen Merkma |
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| Mesner, Maria, Geburtenkontrolle. Reproduktionspolitik im 20. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2010. 302 S. Besprochen von Adolf Laufs. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mesner, Maria, Geburtenkontrolle. Reproduktionspolitik im 20. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2010. 302 S. Besprochen von Adolf Laufs.
Der Titel der literarisch wie archivalisch wohlfundierten, theoretisch ambitionierten Studie greift zu weit, denn das Werk führt die Geburtenkontrolle nicht schlechthin, sondern im Vergleich zwischen zwei Ländern vor Augen: Die Autorin befasst sich nämlich „mit der Rekonstruktion von Diskursen, politischen Strategien, AkteurInnen und Akteursgruppen sowie mit deren Motiven im Bereich der Reproduktion in den USA und Österreich“. Den Terminus Reproduktion versteht sie umfassend, nicht nur biologisch, sondern auch sozial. Er umfasst also nicht allein die Fortpflanzung, sondern ebenso das gesellschaftliche Umfeld. Die Verfasserin beschränkt sich auf drei „Arenen“: „die Sexualberatungsstellen in den beiden Städten Wien und New York in der Zeit zwischen den Weltkriegen; Politiken, die sich während des 20. Jahrhunderts auf die Schnittstelle von Erwerbsarbeit und reproduktiven Aufgaben sowie die Vermittlung der beiden beziehen; und die Auseinandersetzung um die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts“. Die Arena sei der Ort, „an dem Konflikte über unterschiedliche und divergierende Sets von Werten, Haltungen, Gesellschaftsinterpretationen und Politiken ausgetragen werden“.
Zur Politik gehört die Rechtspolitik und damit auch die juristische Argumentation, die ihrerseits durchaus wirksam werden kann. Das zeigt sich etwa bei den Kontroversen um die artifizielle Reproduktion, um die Präimplantationsdiagnostik und den Status des Embryos. Doch materielle Fragen des Rechts wie auch der Philosophie oder der Theologie zählen nicht zu den Gegenständen des Buches, dessen allgemeinpolitik-, gesellschafts- und mentalitätsgeschichtlichen Stoffe – differenziert und abgewogen erschlossen – die Fülle der Monographie ausmachen.
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| Metzger, Axel, Extra legem - intra ius. Allgemeine Rechtsgrundsätze im europäischen Privatrecht (= Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XXVI, 622 S. Besprochen von Wolfgang Pöggeler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Metzger, Axel, Extra legem - intra ius. Allgemeine Rechtsgrundsätze im europäischen Privatrecht (= Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XXVI, 622 S. Besprochen von Wolfgang Pöggeler.
Axel Metzgers Monographie entstand, gefördert durch Jürgen Basedow, am Hamburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. Sie hat der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg im Wintersemester 2007/2008 als Habilitationsschrift vorgelegen. Cum grano salis kann man vielleicht sagen, dass sie in gewisser Weise an Josef Essers „Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts“ aus dem Jahr 1956 anknüpft, und damit an die Arbeit eines „Großen des Rechts“, wie Wolfgang Zöllner seinen Tübinger Fakultätskollegen einmal charakterisierte.
Metzgers Buch besteht aus fünf großen Teilen und beginnt mit einer allgemeinen Theorie der Rechtsgrundsätze. Es folgen das Europäische Privatrecht als Mehrebenensystem (im Vergleich zum us-amerikanischen System), sodann allgemeine Rechtsgrundsätze im Privatrecht der Mitgliedstaaten, im Gemeinschaftsprivatrecht, im Völkerrecht, im Einheitsrecht und in der lex mercatoria.
Warum soll man ein solches Buch über allgemeine Rechtsgrundsätze des europäischen Privatrechts schreiben? Der Autor nennt zwei Gründe. Der erste besteht darin, dass der Europäische Gerichtshof schon seit einem halben Jahrhundert auf von ihm „erkannte“ allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgreift, um das Gemeinschaftsrecht zu ergänzen und auszulegen. Der zweite ergibt sich daraus, dass seit etwa 30 Jahren verschiedene internationale Arbeitsgruppen damit beschäftigt sind, rechtsvergleichend general principles des Privatrechts zu ermitteln; zu denken wäre hier an die Commission on European Contract Law und ihre „Principles of European Contract Law“, genauso wie jene Rechtswissenschaftler, welche die „UNIDROIT Principles of International Com |
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| Meurer, Bärbel, Marianne Weber. Leben und Werk. Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XIX, 688 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die 1944 geborene, nach dem Studium von Soziologie, Psychologie und Stadtplanung in Frankfurt am Main, Münster und an der Technischen Universität in Berlin 1972 über Mensch und Kapitalismus bei Max Weber (zum Verhältnis von Soziologie und Wirklichkeit) dort im Fachbereich Gesellschafts- und Planungswissenschaften promovierte, 1984 in Osnabrück mit einer Schrift über bürgerliche Kultur und Sozialdemokratie, eine politische Ideengeschichte der deutschen Sozialdemokratie von den Anfängen bis 1875 habilitierte und seitdem als außerordentliche Professorin dort tätige Verfasserin ist bereits 2004 als Herausgeberin von Beiträgen zu Werk und Person Marianne Webers hervorgetreten. Dieser ebenfalls bei Mohr erschienene Aufsatzband war eine wichtige Vorarbeit, die den Gedanken an eine Biographie nahelegte. Der daraus entspringende Plan einer ersten Gesamtdarstellung des Lebens und Wirkens Marianne Schnitgers (verheiratete Weber, Oerlinghausen/Lippe 2. August 1870-Heidelberg 12. 3. 1954) wird durch den wenige Jahre danach vorgelegten gewichtigen Band in eindrucksvoller Art und Weise unter Einbeziehung umfangreichen unveröffentlichten Quellenmaterials verwirklicht.
Gegliedert ist die Untersuchung in insgesamt acht Abschnitte. Sie folgen in klassischer Ordnung zeitlich aufeinander. Über Kindheit und Jugend (1870-1893), Ehe und Krankheit, Frauenbewegung und Wissenschaft (1893-1900), Ehe, Frauenbewegung und Wissenschaft (1900-1907), Arbeit und Leben (1907-1914), Leben im Krieg und demokratischer Neuanfang (1914-1920), Max Webers Nachlass, Frauenbewegung, Aufbruch in ein neues Leben (1920-1933), Leben im Nationalsozialismus (1933-1945) verläuft das vielfältige Geschehen bis zu Nachkriegszeit und demokratischem Neuanfang (1945-1954), wobei der Tod Max Webers in München am 14. 7. 1920 wohl den gewichtigsten Einschnitt bildet.
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| Meyer zu Ermgassen, Heinrich, Der Buchschmuck des Codex Eberhardi (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 58 = Der Codex Eberhardi Vierter Band - Der Buchschmuck). Elwert, Marburg 2009. 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die am 12. März 744 von Sturmi als Schüler des Bonifatius im Buchenwald gegründete, 765 reichsunmittelbare Abtei Fulda gewann im Laufe der Jahre viele Güter zwischen Friesland und Rom. Die zu den jeweiligen Liegenschaften gehörigen Urkunden sammelte bereits Hrabanus Maurus (Mainz um 780-Winkel im Rheingau 4. 2. 856), der nach mehr als zwanzigjähriger Leitung der Klosterschule am 15. 6. 822 Abt wurde und dieses Amt bis 842 behielt. Aus dieser Tätigkeit erwuchsen insgesamt acht Bände, von denen sieben später wieder verloren gingen.
In der Mitte des 12. Jahrhunderts geriet die Reichsabtei in einen schwierigen wirtschaftlichen Zustand. Abt Markwart I. versuchte diese Lage während seiner Amtszeit (1150-1165) zu bessern. Zu diesem Zweck beauftragte er den wahrscheinlich einer thüringischen Ministerialenfamilie entstammenden Mönch Eberhard mit der Einrichtung eines Kopialbuchs zwecks Sicherung der Güter.
Mit dem von Eberhard verfassten Codex, der sowohl eine der größten Fälschungsaktionen des Mittelalters in einer Werkstatt wie auch die bei weitem umfassendste Überlieferungsform der älteren Fuldaer Urkunden bildet, befasst sich Heinrich Meyer zu Ermgassen seit 1979. In den Jahren 1995 und 1996 veröffentlichte er zur Förderung von mittelalterlicher Landesgeschichte und allgemeiner Geschichte in quellenkritischer Kennerschaft auf hohem Niveau eine Edition in zwei Bänden, denen er 2007 als dritten Band einen Index anfügte. Dem schließt sich nach dem kurzen Vorwort Andreas Hedwigs noch die äußerlich schönste und ansprechendste Frucht der langjährigen Bemühungen des Herausgebers an, die sich mit den kompositorischen und gestalterischen Elementen des Codex befasst.
Nach Ansicht des Verfa |
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| Meyer, Ahlrich, Das Wissen um Auschwitz. Täter und Opfer der „Endlösung“ in Westeuropa. Schöningh, Paderborn 2010. 238 S. Besprochen von Martin Moll. |
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In den letzten Jahren haben Peter Longerich, Bernward Dörner sowie das Autorenduo Frank Bajohr und Dieter Pohl unabhängig voneinander zum Teil voluminöse Studien zu der Frage vorgelegt, was die deutsche Bevölkerung während des Zweiten Weltkrieges von der Deportation und anschließenden Ermordung der europäischen Juden mitbekam, was sie davon wusste, wissen hätten müssen oder wenigstens wissen konnte. In den Details durchaus uneins, kamen diese Autoren zu dem Resultat, dass eine Fülle von Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, nicht zuletzt kaum verklausulierte Vernichtungsankündigungen berufener Vertreter des NS-Regimes selbst, große Teile der deutschen Bevölkerung in die Lage versetzt hatten, sich aus diversen Mosaiksteinen ein nicht in allen Details, aber in den Grundzügen zutreffendes Bild der Vorgänge zu machen. Strittig bleibt, ob bzw. in welchem Umfang diese prinzipiell verfügbaren Informationen wahrgenommen wurden oder nicht.
Der 1941 geborene Ahlrich Meyer, bis 2000 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Oldenburg und durch mehrere Studien sowohl zur Partisanenbekämpfung als auch zum Holocaust in Westeuropa ausgewiesen, überträgt die für das Deutsche Reich erschöpfend behandelte Fragestellung auf das von deutschen Truppen seit Mai/Juni 1940 besetzte Westeuropa, konkret auf die Niederlande, Belgien und Frankreich. Meyer geht es nicht darum, den Kenntnisstand der dortigen Bevölkerungen insgesamt zu untersuchen, denn er teilt zu Recht die Skepsis, ob es für eine derart große Zahl von Menschen überhaupt so etwas wie einen homogenen Wissensstand geben konnte. Stattdessen nimmt Meyer unter dem Signet „Täter und Opfer“ zwei zahlenmäßig überschaubare Gruppen in den Blick: Bei den Tätern dürfte es sich um einige Tausend Personen gehandelt haben, bei den Opfern siche |
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| Meyer, Carla, Die Stadt als Thema. Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 (= Historische Forschungen). Thorbecke, Stuttgart 2009. 558 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Bernd Schneidmüller betreute, während und parallel zu einer Tätigkeit am historischen Seminar der Universität Heidelberg entstandene, im Wintersemester 2007/2008 von der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie hat rasch das Interesse eines Rezensenten gefunden. Da der Verlag aber kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss sie vom Herausgeber kurz angezeigt werden.
Gegliedert ist die stattliche Untersuchung in fünf Teile. Davon erfasst die Einleitung das 1945 im Kern zu 91 Prozent zerstörte Nürnberg als Ikone deutscher Größe vor allem in seiner goldenen Zeit. Verallgemeinernd wird die Stadt überhaupt thematisiert.
Der Schwerpunkt liegt danach auf Nürnbergs verschiedenen (Er)Fassungen. Dabei untersucht die Autorin vor allem die Stadtchronistik als Identitätserzählung und stellt politische Dichtung und städtisches „Image“ gegenüber. Auf Grund von Städtelob und Stadtbeschreibung fragt sie, ob ihr Gegenstand eine goldene Zeit oder eine Krisenzeit voll äußerer Gefahren und innerer Konflikte erlebte.
Im Ergebnis findet sie einen Mythos Nürnberg, den auch die nahezu vollständige Zerstörung der steinernen Existenz nicht beseitigen konnte. Ganz im Gegenteil werde auch heute daran mit den Mitteln der Gegenwart und den Bedürfnissen der Zeit entsprechend weitergebaut. Für die auf diese Weise an einem bedeutenden Modell gegebene Erklärung wird ihr nicht nur Nürnberg, sondern die gesamte Stadtgeschichtsforschung dankbar sein dürfen.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Meyer, Tim, Gefahr vor Gericht. Die Formstrenge im sächsisch-magdeburgischen Recht (= Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 26). Böhlau, Köln 2009. XXIV, 278 S. Besprochen von Bernd Kannowski. |
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Glaubt Tim Meyer sich selbst in Gefahr vor Gericht? Hatte er bei Abfassung der Arbeit das Urteil vor Augen, das nach ihrem Erscheinen über sie ergehen könnte? Ich denke, dazu besteht kein Anlass. Das Ergebnis ist in vieler Hinsicht bemerkenswert. Zunächst wegen der sorgfältig abwägenden, zutiefst sach- und quellenkundigen sowie vorschnelle Ergebnisse unbedingt vermeidenden Argumentation (welche die Gefahr vor Gericht minimiert). Wohl nicht jeder wäre so zurückhaltend. Meyers Zurückhaltung aber ist zu begrüßen, und das nicht nur bereits aus grundsätzlichen Erwägungen. Wir bewegen uns auf einem Gebiet, das zum Spekulieren – wie ein Blick auf ältere Arbeiten ergibt – einzuladen scheint. Es geht um ein vermeintlich typisches Kennzeichen des deutschen mittelalterlichen Prozesses und damit um die grundsätzliche Frage nach seiner Andersartigkeit an wichtigen Punkten, die heutigen Vorstellungen kontrastierend – und somit auch mit didaktischem Wert – gegenübergestellt werden könnten. Die Rede ist von Formstrenge und der mittelalterlichen vare, nicht ungeschickt von Meyer frei übersetzt als „Gefahr vor Gericht“.
Meyer wurde mit dieser Arbeit im Jahr 2009 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster unter Betreuung durch Peter Oestmann promoviert. In seiner Dissertation geht Meyer der Fragen nach, inwiefern die in der älteren Literatur anzutreffende Auffassung, bereits minimale Abweichungen von vor Gericht einzuhaltender Form im Hinblick auf Verhalten und Formulieren könnten einschneidende Konsequenzen bis zum Prozessverlust zur Folge haben, einer kritischen Überprüfung anhand der sächsischen Rechtsquellen standzuhalten vermag. Diese Bezeichnung bedeutet für Meyer nicht die Eingrenzung auf ein fest umrissenes geographisches Gebiet. Gemeint sind |
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| Michalczyk, Roman, Europäische Ursprünge der Regulierung von Wettbewerb (= Rechtsordnung und Wirtschaftsgeschichte 1). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XIV, 302 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
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Die Arbeit ist die von Mathias Schmoeckel angeregte und betreute, im Rahmen des Verbundprojekts Gestaltung der Freiheit – Regulierung von Wirtschaft zwischen historischer Prägung und Normierung entstandene, im Sommer 2010 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich klar in Einleitung, Untersuchung und Ergebnis. Sie stellt eine ansprechende These auf und führt sie einem verständlichen Ergebnis zu.
Im Kern geht es um das natürliche Monopol der Eisenbahn und die sachgerechte Verteilung von Ausgaben und Einnahmen zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Da eine an möglichst gerade Schienen fest gebundene Eisenbahn zwischen zwei Orten wegen der entstehenden Kosten sinnvollerweise nur einmal gebaut werden soll, muss der Nutzer irgendwie davor geschützt werden, dass der Unternehmer sein Monopol zur Erzielung überhöhter Gewinne zu Lasten des Nutzers verwendet. Da die Eisenbahn in England ihren Betrieb 1825, in den Vereinigten Staaten von Amerika 1826 und in Preußen 1838 aufnahm, stellt sich die Frage, wo die daraus erwachsende Problematik zuerst erkannt und sinnvoll bearbeitet wurde.
Nach sorgfältiger Untersuchung seiner Quellen gelangt der Verfasser zu der Ansicht, dass der staatliche Handlungsbedarf in Europa zuerst gesehen wurde. Allerdings taugten die dort zu ihrer Lösung entwickelten rechtlichen Mittel nicht wirklich. Nach dem Verfasser gelang den Vereinigten Staaten von Amerika die notwendige Regulierung zuerst, doch wurden hierfür in Europa gefundene Gedanken verwendet.
Leider enthält die moderne Studie zahlreiche formelle Schwächen. Trotz der im Vorwort genannten umfangreichen Bemühungen finden sich viele, mit moderner Rechtsschreibhilfe |
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| Migrationserfahrungen – Migrationsstrukturen, hg. v. Schunka, Alexander/Olshausen, Eckart (= Stuttgarter Beiträge zur Historischen Migrationsforschung Band 7). Steiner Stuttgart 2010. 205 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Seit Beginn seiner Geschichte wandert der Mensch auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen auf der Erde umher. Vermutlich ausgehend von Ostafrika griff er immer weiter in alle ihm möglichen Richtungen aus. Erst vor rund 10000 Jahren ermöglichten ihm Viehzucht und Ackerbau die einigermaßen dauerhafte Niederlassung in festen Häuser und Siedlungen im vorderen Orient.
Diese Verstetigung war trotz der damit verbundenen ökonomischen Vorteile allerdings niemals eine vollständige. Ortswechsel geschehen nach wie vor in großem Umfang teils freiwillig, teils mehr oder weniger unfreiwillig. Unter dem modernen Stichwort Migration stellt sich deshalb aus übergeordneter Sicht die Frage, wie Ortswechsel Denken und Handeln der Menschen prägten und prägen.
Unter diesem Blickwinkel fand im Jahre 2006 ein Kolloquium des vor fast 20 Jahren gegründeten Stuttgarter Arbeitskreises für Historische Migrationsforschung statt. Seine Beiträge wollen in epochenübergreifender Perspektive die erfahrungsgeschichtliche Dimension mit strukturellen Überlegungen verknüpfen. Zwar konnten nicht alle geschichtlichen Zeitabschnitte angemessen erfasst werden, doch umfassen die insgesamt 10 Beiträge als Fallstudien doch ein weites zeitliches und sachliches Betrachtungsfeld.
Dieses beginnt nach einer einführenden Einleitung der Herausgeber mit dem Warten Ciceros auf Caesar im selbstgewählten Exil (Eckart Olshausen). Zeitlich folgen dann Völkerwanderung (Holger Sonnabend), württembergische Aufständische des Bauernkriegs von 1525 (Wolfgang Dietz), die Migrationserfahrung des Grafen Heinrich Matthias von Thurn am Bosporus (Alexander Schunka), die Missionsreise des Samuel Kirkland zu den Seneca-Indianern (Ulrike Kirchberger), die 18 |
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| Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet, hg. v. Bergmann, Rolf/Dippold, Günter/Haberstroh, Jochen/Lange, Christian/Weiß, Wolfgang (= Historischer Verein Bamberg, Schriftenreihe Band 41), 2. Aufl. Selbstverlag des historischen Vereins Bamberg e. V./Auslieferung Verlag H. O. Schulze, Lichtenfels 2007. 408 S. Besprochen von Gerhard Köbler.. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet, hg. v. Bergmann, Rolf/Dippold, Günter/Haberstroh, Jochen/Lange, Christian/Weiß, Wolfgang (= Historischer Verein Bamberg, Schriftenreihe Band 41), 2. Aufl. Selbstverlag des historischen Vereins Bamberg e. V./Auslieferung Verlag H. O. Schulze, Lichtenfels 2007. 408 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Auf der in Frankfurt am Main am 1. November 1007 beginnenden, von acht Erzbischöfen und 27 Bischöfen besuchten Reichssynode erwirkte König Heinrich II. die Gründung des Bistums Bamberg aus Teilen der weitaus älteren Bistümer Würzburg und Eichstätt nach dem Vorbild Hildesheims, wo er selbst erzogen worden war, und Lüttichs. Anlässlich der tausendsten Wiederkehr dieses für Bamberg und sein Umland bedeutenden Ereignisses befasst sich der Sammelband mit der Missionierung und Christianisierung des zugehörigen Gebiets. Er versucht die interdisziplinäre Erhellung in klarer Erkenntnis der damit verbundenen Gefahren und Möglichkeiten.
Gegliedert ist das angenehm ausgestattete Werk nach Grußwort und Vorwort in acht Abschnitte. Dabei führt zunächst Günter Dippold in die Forschungsgeschichte und ihre Rezeption behutsam ein. Danach werden die methodischen Probleme und Fragestellungen aus geschichtswissenschaftlicher, archäologischer und sprachwissenschaftlicher Sicht von Sven Plefka, Hubert Fehr und Rolf Bergmann dargelegt.
Bei der inhaltlichen Behandlung geht Wolfgang Schirmer vom Naturraum Main-Regnitz im ersten nachchristlichen jahrtausend aus, während Helmut Flachenecker allgemeine Herrschaftsentwicklungen im Untersuchungsgebiet und Christian Lange, Arnold Angenendt sowie Wolfgang Weiß allgemeinere und engere Entwicklungslinien der Missionierung und Christianisierung verfolgen. In den Mittelpunkt werden danach die Siedlungsgeschichte und die Christianisierung gestellt, die jeweils aus unterschiedlicher Sicht beleuchtet werden. Insgesamt zeigt sich dabei, dass durch die krit |
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| Mit den Augen der Rechtsgeschichte - Rechtsfälle selbstkritisch betrachtet, hg. v. Luminati, Michele/Falk, Ulrich/Schmoeckel, Mathias. Lit Verlag, Münster 2008. 552 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Am 23. Juli 1998 saßen die Herausgeber anlässlich des europäischen Forums junger Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker in München bei einem gemeinsamen Mittagessen und diskutierten über Tagungskultur und wissenschaftliche Debatten, über methodische Probleme und andere Mankos ihres Faches. Aus dem Gespräch ergab sich, wie es bei jungen Wissenschaftlern naheliegt, die Idee, ein Treffen zu organisieren, an dem offen und unkonventionell über methodische Fragen rechtshistorischen Arbeitens debattiert werden sollte. Ausgenommen sollte eine Tagung mit langen, meist abgelesenen Referaten und programmierten Diskussionen sein.
Im März 2000 betrachteten die Herausgeber in Bonn erstmals Gegebenheiten mit „den Augen der Rechtsgeschichte“. Um nicht in allzu abstraktes und dann praktisch folgenloses Räsonnieren abzugleiten, luden sie verschiedene Kolleginnen und Kollegen ein, konkrete Werkstücke zu liefern und gegenseitig methodisch-kritisch zu kommentieren. Ziel war es, sich mit den Methoden und den apokryphen Prämissen, die jedem Text zugrunde liegen, zu befassen.
Jedem Text wurden ein Hauptreferent und ein Koreferent zugewiesen. Im Mittelpunkt der Referate standen nicht die konkreten Inhalte des Textes, sondern Fragen nach der Behandlung des Stoffes, der Auswahl der Quellen, der Art der Darstellung und der Wahl der Perspektive. Hauptaufgabe der Referentinnen und Referenten war die Vorbereitung einer fruchtbaren Diskussion, von der der Referent bis zu einem Schlusswort ausgeschlossen war.
Nach diesen von Miloš Vec in der ZRG GA 118 (2001), 907ff. vorgestellten Ansätzen bot sich die Gelegenheit zur Fortführung in Luzern im Dezember 2003. Ziel dieser Tagung war es, mittels Diskussion konkreter Fallstudien zu einer Auseinandersetz |
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| Modernising and Harmonising Consumer Contract Law, hg. v. Howells, Geraint/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. X, 322 S. Besprochen von Judith Köbler. ZRG GA 128 (2011) 89 IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Modernising and Harmonising Consumer Contract Law, hg. v. Howells, Geraint/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. X, 322 S. Besprochen von Judith Köbler.
Das Buch umfasst 14 auf einer Konferenz in Manchester im Januar 2009 zu dem im Oktober 2008 von der Europäischen Kommission vorgebrachten Vorschlag für eine neue Konsumentenrechtsrichtlinie aus dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Italien, Deutschland, Belgien und Polen vorgelegte Beiträge.
Der erste Teil enthält einen von den Herausgebern verfassten kompakten, kritischen und sehr informativen Überblick über Schwierigkeiten und Chancen des Vorschlags. Der zweite Teil betrifft den Anwendungsbereich und die Wertvorstellungen der geplanten Konsumentenrechtrichtlinie. Hans Schulte-Nölke bespricht präzise den Anwendungsbereich und die Rolle der Richtlinie sowie das Verhältnis zum so genannten gemeinsamen Referenzrahmen („Common Frame of Reference“). Hans-W. Micklitz „hebt“ detailreich und ausführlich „den Vorhang“ hinsichtlich des angestrebten Ansatzes der Vollharmonisierung des Konsumentenrechts (z. B. anhand des Rechtfindungsprozesses hinsichtlich der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken) und zeigt dabei schwierige Fragestellungen (wie etwa die Veränderung des Leitbilds des Konsumenten) und die Vielgestaltigkeit der Problematik auf.
Der dritte Teil befasst sich mit gutem Glauben und unlauteren Bedingungen. Während Roger Brownsword den Bereich der Gesetzesregulierungen gegenüber der Selbstregulierung des Verbraucherrechts unter Einbeziehung der Aspekte des guten Glaubens und des lauteren Handels insbesondere aus der Perspektive des Common Law rechtsphilosophisch und rechtstheoretisch betrachtet, beschäftigt sich Jules Stuyck klar und verständlich mit Gegenwart und Zukunft unlauterer Bedingungen nach nationalem und europäischem Recht und spricht dabei interessante Regelungstechniken wie schwarze oder graue Listen sowie den Paradigmenwechsel z. B. zwischen Min |
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| Montesquieu zwischen den Disziplinen. Einzel- und kulturwissenschaftliche Zugriffe. Internationale Konferenz aus Anlass des 250. Todesjahres von Charles-Louis de Montesquieu an der Universität Potsdam, Forschungszentrum Europäische Aufklärung, hg. v. Mass, Edgar (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 161). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 468 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Montesquieu zwischen den Disziplinen. Einzel- und kulturwissenschaftliche Zugriffe. Internationale Konferenz aus Anlass des 250. Todesjahres von Charles-Louis de Montesquieu an der Universität Potsdam, Forschungszentrum Europäische Aufklärung, hg. v. Mass, Edgar (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 161). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 468 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der Band dokumentiert die Vorträge, die auf der internationalen Potsdamer Konferenz: „Montesquieu zwischen den Disziplinen“ 2005 gehalten worden sind, zwei vorbereitende Gesprächsrunden und eine die Ergebnisse der Tagung resümierende Abhandlung von E. Mass: „Montesquieu zwischen Disziplinen. Eine Zusammenfassung der deutschen Rezeption“ (S. 405-445). In diesem Zusammenhang geht Mass auf den Verlauf der Befassung der Rechts- und Verfassungsgeschichte sowie der Literatur- und der Geschichtswissenschaft mit Montesquieu detailliert ein. „Die Hauptlast der inhaltlichen Gestaltung der Tagung“ (S. 9) oblag den Leitern der sechs Sektionen: Staatswissenschaft. Gewaltenteilung in der Mehrebenenpolitik – Sektion Literatur – Sektion Geschichte. Montesquieu als Historiker – Sektion Politologie. Kulturelle Bedingungen politischer Regime: Europa, Asien, Amerika – Sektion Genderforschung. Montesquieu im Blick der Geschlechterforschung und Sektion: Zwischen Tradition und Moderne. Zur Ortsbestimmung der Montesquieu-Forschung. Montesquieu-Lektüren. Der Bereich Rechtswissenschaft steht dabei, so Mass, „für die wichtigste Bedeutung von Montesquieu, in die auch frühe Geschichts- und Politikwissenschaft“ mit eingegangen sei (S. 410). Die Reduzierung der „vielen in einem Staat wirkenden Kräfte, Funktionen und Gewalten auf ein attraktives dreigliedriges Modell“ (Dreiteilung der Gewalten) bleibe mit seinem Namen verbunden. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich dieses Denkmodell endgültig durchgesetzt und gilt seitdem als „Normalfall moderner Staaten“ (S. 411f.).
Montesquieu |
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| Moralpolitik. Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahrhundert, hg. v. Hoffmann, Stefan-Ludwig (= Geschichte der Gegenwart 1). Wallstein, Göttingen 2010. 437 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen Moralpolitik. Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahrhundert, hg. v. Hoffmann, Stefan-Ludwig (= Geschichte der Gegenwart 1). Wallstein, Göttingen 2010. 437 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Der Band geht auf eine internationale Konferenz zurück, die im Juni 2008 am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin abgehalten wurde. Zusammengestellt sind 14 Beiträge ausländischer, überwiegend US-amerikanischer, sowie mehrerer deutscher Zeit- und Rechtshistoriker. Die Beiträge der ausländischen Verfasser wurden ins Deutsche übersetzt. Der Herausgeber Stefan-Ludwig Hoffmann beginnt mit einer gründlichen „Einführung. Zur Genealogie der Menschenrechte“ (S. 7ff.). Darin behandelt er die Entstehung der modernen Menschenrechtsidee (S. 10ff.), geht auf das „Verschwinden der Menschenrechte nach 1800“ ein (S. 14ff.), als Begriffe wie „Nation“, „Zivilisation“ und „Rasse“ in den Vordergrund rückten, und gelangt schließlich mit einer Darstellung der „Universalisierung der Menschenrechte nach 1945“ (S. 23ff.) bis in die Gegenwart. Am Ende der „Einführung“ heißt es programmatisch, die Menschenrechte seien als „das Produkt einer globalen Gewalt- und Konfliktgeschichte“ (S. 36) zu verstehen. Es gelte daher, eine „Geschichte der Menschenrechte als Konfliktgeschichte“ (S. 37) zu schreiben. Die dem Buch zugrunde liegende These lautet: Die Menschenrechtsidee hat sich nicht in einem historischen Prozess kontinuierlichen Fortschritts gleichsam triumphal durchgesetzt. Es besteht vielmehr ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den Menschenrechten und weltpolitischen Entwicklungen. Die Menschenrechte wurden und werden in einer langen politischen Auseinandersetzung (zumeist kontrovers) definiert, formuliert sowie in moralische und rechtliche, insbesondere völkerrechtliche Normen überführt. Diese Bemühungen sind häufig damit verbunden, dass die Menschenrechte für machtpolitische Ziele instrumentalisiert werden.
Teil I des Bandes trägt den Titel: „Die Emerg |
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| Mormann, Felix, Zuständigkeitsrechtlicher Schutz vor Kapitalanlegerklagen in den USA (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 34). JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2010. 504 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 128 (2011) 87. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Mormann, Felix, Zuständigkeitsrechtlicher Schutz vor Kapitalanlegerklagen in den USA (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 34). JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2010. 504 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nichts zeigt so deutlich die Unvorhersehbarkeit des Ausgangs eines Rechtsstreits wie die Aufhebung von Urteilen in Berufungen und Revisionen. Hinzu kommt im internationalen Rahmen die Verschiedenheit nationaler Rechtsordnungen. Sehr zu Recht greift daher die von Wolfgang Hau betreute, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Universität Passau angenommene Dissertation des zwei Jahre als Studienstiftler an der Berkeley Law School forschenden Verfassers die Frage auf, wie zuständigkeitsrechtlicher Schutz vor Kapitalanlegerklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika gewonnen werden kann.
Die ansprechend geschriebene, überzeugend vorgehende Untersuchung gliedert sich sich klar und knapp in zwei etwa gleich gewichtige Teile. Zunächst betrachtet der Verfasser die Schutzbedürftigkeit deutscher Unternehmen vor (Kapitalanleger-)Klagen in den USA und bejaht diese Frage mit guten Gründen. Danach wendet er sich dem Gerichtsstand des § 32b ZPO und verneint ausreichenden Schutz durch ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte in gleicher Deutlichkeit.
Letztlich geht es auch hier um rechtspolitische Macht. Der Verfasser sieht eine Besserung daher in einer europarechtlichen Lösung. Da die Europäische Union allerdings gegenüber der wirtschaftlichen Kraft der Vereinigten Staaten von Amerika bisher keine wirkliche Parität gewinnen konnte, wird vermutlich nur eine einverständliche gemeinsame globale Lösung ohne partikulären Vorteil den gesamten Fragenkomplex befriedigend bereinigen können.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Mührenberg, Anke, Kleine Geschichte Durlachs (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 157 S. Besprochen von Gerhard. Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mührenberg, Anke, Kleine Geschichte Durlachs (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 157 S. Besprochen von Gerhard. Köbler.
Durlach ist als Residenz einer Linie der Markgrafen von Baden bekannt geworden. Die Verfasserin ist nach dem Studium von Geschichte und Volkskunde in Kiel seit 2001 im Stadtarchiv und den Historischen Museen Karlsruhe tätig. Seit 2005 wirkt sie als Leiterin des Pfinzgaumuseums in der Karlsburg Durlachs und ist deshalb für eine kleine Geschichte (der ehemaligen Stadt) Durlach sehr gut ausgewiesen.
Für eine ausführliche Darstellung der Durlacher Geschichte verweist sie auf das 1996 vom Stadtarchiv Karlsruhe veröffentlichte Buch Durlach Susanne Aschs und Olivia Hochstrassers. Dieses dient auch als Grundlage ihrer Darstellung. Sie ist wie alle Bände der erfolgreichen Reihe auf ein breiteres Publikum ausgerichtet und mit zahlreichen Einblendungen und Abbildungen versehen.
Die Verfasserin beginnt mit den Anfängen der mittelalterlichen Stadt bis zum Ausbau als Residenz, wobei sie von einem Übergang von keltisch durum zu einem sonst kaum bekannten althochdeutschen Torilacum und trotz der Bezeichnung als villa in der Ersterwähnung im Mai 1196 von einer Stadtentstehung zwischen 1110 und 1196 ausgeht, obwohl das gleichzeitig genannte lateinische oppidum in volkssprachigen Glossen auch als dorf übertragen wird. Danach beschreibt sie das Leben im Schatten der unter Markgraf Karl II. 1562/1563 Pforzheim nachfolgenden Residenz , Durlach als die Residenz unter Markgraf Karl Wilhelm 1715/1723 an das neue Carolsruhe/Karlsruhe verlierenden, danach sich der Industrie zuwendenden, zum 1. April 1938 in Karlsruhe eingemeindeten Ort. Sie beendet ihren Überblick mit der Frage quo vadis, Durlach? und zeigt dazu das Ergebnis der bisherigen baulichen Entwicklung in einem Luftbild von 1973.
Innsbruck |
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| Münch, Ingo von, Frau, komm! Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45. Ares, Graz 2009. 208 S., 11 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Münch, Ingo von, Frau, komm! Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45. Ares, Graz 2009. 208 S., 11 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Darstellungen, die sich mit Kriegsverbrechen der Alliierten befassen, werden von der etablierten Geschichtswissenschaft oft mit besonderer Zurückhaltung aufgenommen. Zu häufig stand der Vorwurf im Raum, es ginge bei der Auseinandersetzung insbesondere mit dem Bombenkrieg und mit den mit den Vertreibungen Deutscher einher gehenden Gräueln in Wahrheit nicht um die jeweilige Sache, sondern um die Verbreitung und Durchsetzung eines revisionistischen Geschichtsbildes, speziell um die Gegenrechnung deutscher Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Der Grazer Stocker-Verlag hat mit seinem nach dem griechischen Kriegsgott Ares-Verlag genannten Subunternehmen ein Forum für jene Stimmen abseits des historiografischen Mainstreams geschaffen, denen die bekannten großen Verlage aus dem genannten Grund Gehör und Unterstützung versagen. Dort hat auch Ingo von Münch, emeritierter Universitätsprofessor für Staatsrecht und Völkerrecht, erfahrener Kommunal- und Bundespolitiker der FDP, sein jüngstes Buch veröffentlicht, das sich mit dem Phänomen der von Soldaten der Roten Armee mit Masse im ehemaligen deutschen Osten begangenen Vergewaltigungen in den Jahren 1944 und 1945 beschäftigt.
Es muss außer jeder Diskussion stehen, dass dieses massive Unrecht von der Forschung systematisch aufgegriffen, in seinen realen Dimensionen erfasst und im Gesamtkontext des Zweiten Weltkrieges einer kritischen Beurteilung unterzogen werden muss. Leider liegen aber verlässliche Studien, wie sie Birgit Beck schon 2001 mit ihrer Untersuchung der vor deutschen Militärgerichten verhandelten Sexualverbrechen von Wehrmachtsangehörigen beispielgebend vorgelegt hat, bis dato für die von sowjetischer Seite zu verantwortenden Delikte nicht vor. Selbst das erst jüngst erschienene Lexikon der Vertreibungen (2010), herausgegeben |
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| Murauer, Rainer, Die geistliche Gerichtsbarkeit im Salzburger Eigenbistum Gurk im 12. und 13. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 52). Böhlau, Wien 2009. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Othmar Hageneder betreute, im Jahre 2000 an der Universität Wien approbierte und danach auf den neusten Stand gebrachte geschichtswissenschaftliche Dissertation des Verfassers. Mit Gerhard Dilcher stellt der Verfasser sich die Frage, ob die allgemeine Mediävistik nicht die Aufgaben der mittelalterlichen Rechtsgeschichte mit übernehmen soll, weil sich die Mehrzahl der Rechtshistoriker heute der neueren und neusten Rechtsgeschichte, insbesondere auch der juristischen Zeitgeschichte widme. Dessenungeachtet verdienen die dabei erzielten Ergebnisse wegen der Bedeutung der geistlichen Gerichte für die allgemeine Entwicklung der Gerichtsbarkeit auch die Aufmerksamkeit des Rechtsgermanisten.
Der Verfasser gliedert seine Untersuchung nach einer kurzen Einleitung in fünf Teile. In ihnen behandelt er die Rechtsstellung des Eigenbistums Gurk im 11. und 12. Jahrhundert, den Anteil Gurks am erzbischöflichen Gericht, die Delegationsgerichtsbarkeit des Papstes, das Gericht des Salzburger Erzbischofs in Gurker Angelegenheiten und die Methoden der gütlichen Streibeilegung in Vergleich und Schidesgericht. In zwei Exkursen geht er ausführlich auf den Streit zwischen dem Erzbischof von Salzburg und dem Gurker Domkapitel um die Besetzung des Gurker Bischofsstuhls zwischen 1180 und 1232 und den Streit um die Kirche Sankt Lorenzen am Steinfeld ein.
Insgesamt stellt er im Ergebnis fest, dass termini technici des neuen römisch-kanonischen Prozessrechts schon in den ältesten erhaltenen Prozessurkunden der Diözese Gurk auftauchen, insbesondere in den Urkunden delegierter Richter des apostolischen Stuhles (1202, 1203, exceptio rei iudicatae 1161). 1203 lassen sich die Gurker Kanoniker durc |
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| Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 5 Handelsgesetzbuch §§ 1-342. Lang, Frankfurt am Main 2009. 498 S. Besprochen von Hans-Peter-Benöhr. |
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Die Publikation stellt den Schlüssel dar zur „Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts“. Diese befinden sich in vollem Wortlaut in der Bibliothek des Bundesgerichtshofs, die Revisionsakten teilweise im Bundesarchiv Berlin. Nachdem die ersten vier Bände dieser Serie die Rechtsprechung zu den in der Kaiserzeit, in der Weimarer Republik und in der nationalsozialistischen Diktatur erlassenen Gesetzen und Verordnungen (als letzte: Verordnung über die Preisüberwachung und die Rechtsfolgen von Preisverstößen bei Grundstücken vom 18. 9. 1942) nachgewiesen hatten, folgt nun die Judikatur zum HGB von 1900 bis etwa 1943, im vorliegenden Band bis zur „Stillen Gesellschaft“, § 342.
Die Einleitung informiert über einige Änderungen des Handelsgesetzbuchs von 1897 gegenüber dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch von 1861. Da das Original des Nachschlagewerks erst die Erkenntnisse ab 1900 erfasst, ist die große Vorarbeit, welche die Handelsrechtskodifikation und Handelsrechtsprechung für das Bürgerliche Gesetzbuch erbracht hatte, aus der vorliegenden Edition nicht zu ersehen.
Besonders viele Leitsätze betreffen die Handelsfirma und dort vor allem § 25 HGB, das Recht der Handlungsgehilfen, Handlungslehrlinge und Handelsagenten, die Rechtsverhältnisse der offenen Handelsgesellschaft zu Dritten sowie die Verfassung und Geschäftsführung der Aktiengesellschaft. Die Leitsätze zum Aktiengesetz von 1937 sind bereits in Band 4 der vorliegenden Reihe publiziert worden.
Der Band wird eröffnet mit dem grundlegenden Erkenntnis: „Der Umstand, dass eine preußische Kreissparkasse eine kreiskommunale Anstalt ist, steht der Annahme nicht entgegen, dass sie gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt und darum Kaufmann ist“ |
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| Nehlsen, Hermann, Bayerische Rechtsgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 411). Lang, Frankfurt am Main 2010. 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nehlsen, Hermann, Bayerische Rechtsgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 411). Lang, Frankfurt am Main 2010. 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Es gehört zur festen akademischen Tradition, dass bekannte Gelehrte ihr Werk übersichtlich der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Dies ermöglicht es ihnen selbst, sich Rechenschaft zu geben über die vielen Stunden emsigen Forschens und begeisternden Lehrens. Es verschafft der Öffentlichkeit zugleich den leichten und raschen Zugriff auf die vielfach an entlegenen Orten publizierten Ergebnisse.
Hermann Nehlsen ist deshalb sehr dafür zu danken, dass er sich als einer der Nestoren der bayerischen Rechtsgeschichte die Mühe gemacht hat, seine zentralen Beiträge zur bayerischen Rechtsgeschichte in der Rechtshistorischen Reihe zu veröffentlichen. Dabei schildert er in seinem zupackenden Vorwort, dass zu Bayern auf Grund seiner langen Geschichte zwar zahlreiche gewichtige Arbeiten zu den Kernfragen geschaffen worden sind, dass im Gegensatz zu Niedersachsen, Preußen, Baden oder Bern aber bisher keine besondere Rechtsgeschichte Bayerns vorgelegt wurde. Diese gewaltige Aufgabe vermochte er naturgemäß bisher selbst angesichts seiner vielen anderen Interessen nicht zu bewältigen, so dass es derzeit sein Anliegen nur sein kann, für den Bau einer bayerischen Rechtsgeschichte den einen oder anderen Baustein zu liefern.
Dabei will der einleitende Beitrag zur Genese der Lex Baiuvariorum dazu beitragen, der Beantwortung der schwierigen Frage nach der Entstehungszeit der grundlegenden Quelle näher zu kommen. Die zweite Studie über die Sklaverei im frühmittelalterlichen Bayern erhellt besonders die Sozialgeschichte dieser Zeit in neuartiger Weise. Von hier aus führt die interessante Betrachtung des Tiroler Ehekonflikts der Margarethe Maultausch in schwierige Fragen des Spätmittelalters.
Die drei weiteren Beiträge betreffen die neuere Rechtsgesc |
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| Neschwara, Christian, Ein österreichischer Jurist im Vormärz. „Selbstbiographische Skizzen“ des Freiherrn Karl Josef Pratobevera (1769-1853) (= Rechtshistorische Reihe 374). Lang, Frankfurt am Main 2009. 299 S. Besprochen von Nazar Panytsch. |
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Neschwara, Christian, Ein österreichischer Jurist im Vormärz. „Selbstbiographische Skizzen“ des Freiherrn Karl Josef Pratobevera (1769-1853) (= Rechtshistorische Reihe 374). Lang, Frankfurt am Main 2009. 299 S. Besprochen von Nazar Panytsch.
„Derjenige, der seine eigene Vergangenheit nicht kennt, ist auch seiner Zukunft nicht würdig“. Dass den Worten eines der berühmtesten ukrainischen Schriftsteller, Maksym Ryls'kyj, eine wichtige Bedeutung für die zeitgenössische ukrainische Rechtswissenschaft zukommt, liegt klar auf der Hand. Das bis zum Jahre 1991 mit zahlreichen kommunistischen Stereotypen und Anachronismen belastete Thema der gemeinsamen österreichisch-ukrainischen Rechtsgeschichte bietet dem zeitgenössischen ukrainischen Wissenschaftskreis ein vielversprechendes Forschungsfeld an, das nicht außer Acht gelassen werden sollte. Dazu gehört u. a. auch die Erforschung von Persönlichkeiten, deren Leben und Wirken auch einen Einfluss auf die ukrainische Geschichte zur Folge hatte. Deshalb ist die Veröffentlichung des Werkes Christian Neschwaras eine angenehme und freudige Überraschung für die Wissenschaftler der Ukraine gewesen.
Der österreichische Jurist im Vormärz, Karl Josef Pratobevera, wurde am 17. Februar 1769 in Bielitz (Österreichisch-Schlesien) geboren. Nach seiner Schulausbildung in Bielitz und Teschen besuchte er auch eine Realschule in Wien. In diese Stadt kam er erst 1786 wieder als Student der Rechte zurück, um 1792 eine Promotion abzuschließen und danach als Advokat tätig zu sein. Die Bekanntschaft mit dem damals zu Österreich gehörigen Galizien begann erst im März 1796, als er in Krakau als Richter beim westgalizischen Appellationsgericht arbeitete. Seine praktischen Tätigkeiten schlossen aber wissenschaftliche Aktivitäten eines der bedeutendsten österreichischen Juristen nicht aus. Unter anderem hielt er an der Jagiellonen-Universität in Krakau auch Vorlesungen zum neuen österreichischen Recht. Von 1805 bis |
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| Neumann, Friederike, Öffentliche Sünder in der Kirche des späten Mittelalters. Verfahren - Sanktionen - Rituale (= Norm und Struktur 28). Böhlau, Köln 2008. 200 S. Besprochen von Harald Maihold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neumann, Friederike, Öffentliche Sünder in der Kirche des späten Mittelalters. Verfahren - Sanktionen - Rituale (= Norm und Struktur 28). Böhlau, Köln 2008. 200 S. Besprochen von Harald Maihold.
Die Trennung zwischen kirchlicher Buße und kirchlicher Strafe ab etwa 1150 und ihre Ausdifferenzierung im 13. Jahrhundert haben dazu geführt, dass diese Bereiche auch in der Geschichtsschreibung lange Zeit getrennt betrachtet wurden. Die kanonistische Rechtsgeschichte und die historische Kriminalitätsforschung haben sich auf die Strafe, die Theologiegeschichte auf das Bußsakrament konzentriert, kirchliche Verfahren gegen Sünder entweder der einen oder der anderen Kategorie zugeordnet und dazu nicht Passendes ausgeblendet.[1] Bereits vor einigen Jahren hat die u.s.-amerikanische Historikerin Mary C. Mansfield für das mittelalterliche Nordfrankreich[2] diese Sichtweise revidiert, indem sie zeigte, dass es neben der Buße, wie sie in der Beichte ausgesprochen wurde, und der durch die kirchliche Gerichtsbarkeit verhängten Strafe noch weitere Formen öffentlicher Buße gab, die das Interesse der kirchlichen Instanzen belegen, öffentliche Sünder bloßzustellen und zu beschämen. Diesen Forschungsansatz entwickelt Friederike Neumann in einer Bielefelder Dissertation weiter, indem sie am Beispiel des Bistums Konstanz den von Mansfield entdeckten „Graubereich“ zwischen privater Buße und öffentlicher Strafsanktion genauer beleuchtet und zeigt, dass die öffentliche Buße auch noch im 15. und frühen 16. Jahrhundert bestehen blieb.
Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Nach einem Forschungsbericht (S. 13-25) behandelt Neumann ausführlich die kirchlichen Verfahren gegen öffentliche Sünder im Bistum Konstanz im 15. Jahrhundert, wobei sie sich auf umfangreiche Archivalien vor allem des Erzbischöflichen Archivs Freiburg stützt. Im Vordergrund der Untersuchung stehen die an den Verfahren beteiligten kirchlichen Instanzen und ihre Rollen sowie die Ausgestaltun |
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| Neumann, Sarah, Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil - Wettstreit - Ehrensache. Thorbecke, Ostfildern 2010. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Neumann, Sarah, Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil - Wettstreit - Ehrensache. Thorbecke, Ostfildern 2010. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Franz Irsigler angeregte, von Holbach betreute, im Sommersemester 2008 von der Fakultät für Human- und Gesellschaftswissenschaften der Universität Oldenburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Nach ihr ist der gerichtliche Zweikampf nur bedingt eine Auseinandersetzung Mann gegen Mann. Die Kombattanten brauchten wie eine Promovendin Hilfe, Beistand und Menschen, die ihnen die Stange hielten, wofür ihnen Danksagung gebührt.
Ziel der Untersuchung sind nicht absolute Vollständigkeit und letztgültige Antworten, sondern eine als Grundstock für Ergänzungen und Modifikationen nutzbare Bestandsaufnahme der Bedeutungsvarianten des gerichtlichen Zweikampfes und eine Re-Interpretation des duellum unter kulturwissenschaftlichen Vorzeichen, die jederzeit um andere Räume, andere Quellentypen und andere Zeiten ergänzt werden kann. In diesem Sinne stellt die Verfasserin nach einer vielfältigen Einleitung vier Fragen nach wo, wie, warum und wer. Sie betreffen Gerichtshoheiten und Schauplätze, Regelwerke und Verlaufsprotokolle, Delikte und Konflikte sowie Delinquenten und Kombattanten, wobei die Normen eher am Rande stehen.
Am Ende gelangt die Bearbeiterin zu Fundamenten und dynamischen Potentialen des Redens über den Zweikanpf, die diesem Rechtsinstitut auch im erzählerischen Entwurf eine ungemein lange Lebensdauer bescheren. Dies sind als Rechtsvorstellungen Konflikt, Konsens und Herrschaft, als Gesellschaftsbilder Bindung, Abgrenzung und Identität, als Positionen Zuspruch, Ablehnung und Freiheit sowie als Ausdrucksformen Körper, Komik und Rhetorik. Insgesamt erkennt die in Duisburg 1974 geborene, seit Herbst 2008 als Lehrkraft für besondere Aufgaben und Koordinatorin für Studium und Lehre an der Universität Oldenburg tätige Verfasserin in der Sprache einen großen |
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| Niederösterreichisches Urkundenbuch, Erster Band 777 bis 1076. Unter Mitarbeit v. Weltin, Dagmar/Marian, Günter/Mochty-Weltin, Christina bearb. v. Weltin, Maximilian/Zehetmayer Roman (= Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Achte Reihe, Erster Band). Verein zur Förderung von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs, Sankt Pölten 2008. (21,) 620 S. Besprochen von Franz-Reiner Erkens. |
Ganzen Eintrag anzeigen Niederösterreichisches Urkundenbuch, Erster Band 777 bis 1076. Unter Mitarbeit v. Weltin, Dagmar/Marian, Günter/Mochty-Weltin, Christina bearb. v. Weltin, Maximilian/Zehetmayer Roman (= Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Achte Reihe, Erster Band). Verein zur Förderung von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs, Sankt Pölten 2008. (21,) 620 S. Besprochen von Franz-Reiner Erkens.
Über ein wichtiges und zugleich eigentümliches Werk ist zu berichten, über den ersten Band eines Urkundenbuches, über das bereits 1841 nachgedacht und dessen Erstellung 1864 beschlossen worden ist und das nun, nach mehreren Anläufen, auf besondere Weise zu verwirklichen begonnen worden ist. Wichtig ist es, weil es das urkundliche Material einer – freilich nach modernen politischen Kriterien definierten – Region zusammenstellt und damit die Basis legt für eine Darstellung der niederösterreichischen Landesgeschichte des früheren Mittelalters, wobei eben nicht nur Urkunden publiziert, sondern auch ausführliche, den einzelnen Bearbeitern durch Siglen zuweisbare Kommentierungen geboten werden, bei denen nicht nur Nachrichten aus historiographischen Werken berücksichtigt wurden, sondern auch die wesentlichen wissenschaftlichen Werke zum Thema. Insofern ist ein Grundlagenwerk geschaffen worden. Eigentümlich ist es durch die ungewohnte, aber keinesfalls unsinnige Art der Präsentation, die hinsichtlich des Layouts bereits 2004 im sog. Vorausband zum Niederösterreichischen Urkundenbuch (der die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs aus den Jahren zwischen 1109 und 1318 umfasst) erprobt worden ist und die nun die insgesamt 159 edierten Urkunden, Briefe und Traditionsnotizen, darunter zahlreiche Herrscherdiplome, nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern zusammengefasst nach thematischen Gesichtspunkten in 36 Blöcken („Hauptnummern“) präsentiert und diese zusammenhängend kommentiert. Eine chronologische Ordnung dies |
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| Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen unde völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nies, Kirsten, „Die Geschichte ist weiter als wir“. Zur Entwicklung des politischen unde völkerrechtlichen Denkens Josef Kohlers in der wilhelminischen Ära (= Beiträge zur politischen Wissenschaft 155). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 459 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Endlich eine Arbeit über Kohler (1849–1919), eine bei Johannes Tucher an der Freien Universität in Berlin angefertigte politikwissenschaftliche Dissertation. Angesichts des riesigen Interessenumfangs und der Masse der Publikationen Kohlers ist es vernünftig, die Arbeit auf einen Aspekt zu beschränken. In drei Kapiteln werden Herkunft und Werdegang (1847–1888), Wissenschaft und Politik vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1888–1913) und das elementare Erlebnis des Ersten Weltkriegs (1914–1919) behandelt. Richtig ist es, mit der Arbeit über Kohler einen Beitrag zur Geschichte des organisierten Pazifismus und zur Wissenschaftsgeschichte des Völkerrechts zu leisten.
(Eine ausführlichere Besprechung dieser interessanten Arbeit ist in Vorbereitung.)
Berlin Hans-Peter Benöhr
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| Nievergelt, Andreas, Athochdeutsch in Runenschrift. Geheimschriftliche volkssprachige Griffelglossen (= Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Beiheft 11). Hirzel, Stuttgart 2009. 214 S., 49 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nievergelt, Andreas, Althochdeutsch in Runenschrift. Geheimschriftliche volkssprachige Griffelglossen (= Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Beiheft 11). Hirzel, Stuttgart 2009. 214 S., 49 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit den raunenden Runen ist von Anfang an Geheimnisvolles verbunden, weil sie es auf geheimnisvolle Weise ermöglichen, Gedanken einzelner Menschen eine gewisse dauerhafte Objektivität zu verleihen. Nach dem Unterliegen ihrer Zeichen gegenüber den stärkeren lateinischen Buchstaben entstand eine Möglichkeit dauerhafter Aufzeichnung ohne Verständlichkeit für jedermann. Von daher haben sie wie sonstige Geheimschriften an sich einen besonderen Reiz.
Den Verfasser haben unerwartete Runenfunde im Rahmen seiner Glossenforschung zu der ursprünglich als Aufsatz geplanten Veröffentlichung geführt. Durch das Angebot der Publikation als Buch wurde es ihm möglich, das aufgefundene Runenmaterial zusammen mit weiteren Griffelglossenfunden im Rahmen der mittelalterlichen Glossenkryptographie darzustellen. Damit wird Geheimnisvolles erfreulicherweise jedermann zugänglich gemacht.
In seiner Einleitung beschreibt der Verfasser die mittelalterlichen Geheimschriften, sieht den Grund für die Verwendung von Geheimschriften durch Glossatoren als noch nicht endgültig geklärt an, ermittelt sieben Handschriften mit geheimschriftlichen Griffelglossen (fünf in Sankt Gallen, zwei in München) und scheidet je eine Handschrift in Augsburg und Wien aus seiner Untersuchung aus. Danach wendet er sich dem Althochdeutschen in Runenschrift (in vier Sankt Gallener Handschriften) zu und behandelt die Althochdeutschen bfk-Griffelglossen in den übrigen drei Handschriften. Im Ergebnisgelangt er zu der Ansicht, dass eigentlich nichts darauf hindeutet, dass mit der kryptographischen Schreibung Geheimhaltung oder Geheimnistuerei bezweckt worden wären, und bietet wertvolle Register seiner innovativen, die Quellenlage in einem ei |
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| Nolte, Hans-Heinrich, Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien 2009. 444 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nolte, Hans-Heinrich, Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Böhlau, Wien 2009. 444 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Werner Augustinovic.
Je geringer die zeitliche Distanz eines Forschers zu seinem Forschungsgegenstand ist, desto schwieriger ist naturgemäß auch die verlässliche Einschätzung der beobachteten Phänomene und Interdependenzen. Wer sich – wie Hans-Heinrich Nolte - an einer Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts versucht und diese bis in die jüngste Gegenwart fortschreibt, ist mit dieser methodischen Herausforderung in besonderem Ausmaß konfrontiert.
Der Ansatz, den der in Hannover wirkende Emeritus für osteuropäische Geschichte wählt, ist zudem ein universalhistorischer. Seit den 1990er-Jahren bemüht sich Nolte zäh und mit wechselndem Erfolg, diese in den Vereinigten Staaten von Amerika früh entwickelte und dort gut etablierte Forschungsrichtung auch auf deutschem Boden zu institutionalisieren; als Herausgeber der „Zeitschrift für Weltgeschichte“ (ZWG) verleiht er seinem Anliegen auch publizistisch Gewicht. Die Grundidee ist, den lange dominierenden, aber überlebten Eurozentrismus zu überwinden und durch eine multifokale Geschichtswissenschaft mit globaler Perspektive zu ersetzen.
In logischer Konsequenz lautet der erste Satz des Vorwortes: „Die hier vorgelegte Weltgeschichte geht davon aus, dass Europa als eine der Provinzen der Welt gesehen werden sollte“ (S. 9), was erfordere, auch „nichteuropäische Menschen im Rahmen ihrer Religionen, Kulturen, Techniken, Staaten und nichtstaatlichen Organisationen als Akteure in eigenen Kontexten darzustellen“. Alle Großregionen seien im 19. und 20. Jahrhundert aber „von der Zugehörigkeit zum Weltsystem geprägt“, die „in der Regel durch Eroberung“ hergestellt worden sei; aus Interaktionen und Widersprüchen gingen entsprechende Spannungen hervor (S. 14).
Das Konzept des Weltsystems, das der Autor von Immanuel Wallerstein (1974) übernommen hat, teilt die globalisier |
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| Nonn, Ulrich, Die Franken (= Urban Taschenbuch 579). Kohlhammer, Stuttgart 2010. 177 S., 5 Kart. Besprochen von Clausdieter Schott. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nonn, Ulrich, Die Franken (= Urban Taschenbuch 579). Kohlhammer, Stuttgart 2010. 177 S., 5 Kart. Besprochen von Clausdieter Schott.
Das Vakuum des zusammenbrechenden weströmischen Imperiums wurde durch germanische Völkerschaften ausgefüllt, von denen sich in Westeuropa und Mitteleuropa vor allem die Franken als dauerhaft gestaltende Kraft durchzusetzen vermochten. Das Franken-Thema hat die Geschichtswissenschaft bis anhin in einer Weise beschäftigt, dass die Literatur kaum noch überblickbar ist. Bei diesem Stand der Dinge sind kompetente, fassliche Darstellungen, die den Forschungsstand wiedergeben, nicht nur willkommen, sondern geradezu unerlässlich. Das spezifisch rechtshistorische Interesse an der fränkischen Geschichte konzentriert sich allerdings quellenbedingt auf die Zeit nach dem Erlass der Lex Salica durch Chlodwig (507-511). Diese merowingische Epoche ist im oben bezeichneten Sinn bereits abgedeckt durch einen „Klassiker“, nämlich Eugen Ewigs „Die Merowinger und das Frankenreich“ (Urban Taschenbücher 392, inzwischen 5. Aufl. 2006). Die letzten Auflagen hat Ulrich Nonn durch Literaturnachträge aktualisiert. Nonn hat es jetzt unternommen, die fränkische Frühgeschichte, der Ewig nur einige einleitenden Seiten widmet, in einem eigenen Band darzustellen. Das schwierige Unterfangen, aus heterogenen und einseitig römischen bzw. galloromanischen Quellen und einem sich daran anschließenden Diskussionsfächer ein plausibles Gesamtbild zu formen, darf als gelungen bezeichnet werden. Die dabei beobachtete Quellennähe erlaubt es, die jeweiligen Interpretationen nachzuvollziehen. Dadurch dass der Verfasser der Versuchung einer stofflichen Überfrachtung widersteht und sich durchweg um Stringenz bemüht, vermag er dem Leser eine informative, etwa fünf Jahrhunderte übergreifende Geschichte der Franken bzw. der fränkischen Teilstämme zu bieten.
Die Darstellung ist in sechs Kapitel unterteilt. Das erste befasst sich mit Name, Volk und Land der |
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| O felix Agrippina nobilis Romanorum Colonia. Neue Studien zur Kölner Geschichte, hg. v. Rutz, Andreas/Wulf, Tobias (= Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 48). SH-Verlag, Köln 2009. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen O felix Agrippina nobilis Romanorum Colonia. Neue Studien zur Kölner Geschichte, hg. v. Rutz, Andreas/Wulf, Tobias (= Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 48). SH-Verlag, Köln 2009. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Manfred Groten, in Hemmerden am 9. November 1949 geboren, wurde nach dem Abitur in Neuss und dem Studium von Geschichte, Anglistik, Archäologie, Kunstgeschichte und Mittellatein in Köln 1977 mit einer Dissertation über „Prioren und Domkapitel von Köln im Hohen Mittelalter - Beiträge zur Geschichte des kölnischen Erzstifts und Herzogtum“ (Rheinisches Archiv 109, 1980) promoviert. Nach dem Besuch der Archivschule in Marburg und während der Tätigkeit als Archivar am historischen Archiv der Stadt Köln fertigte er seine Habilitationsschrift über „Köln im 13. Jahrhundert - Gesellschaftlicher Wandel und Verfassungsentwicklung“ an. 1998 wurde er Professor für mittelalterliche Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Hilfswissenschaften in Köln, 1999 Professor für mittelalterliche Geschichte und neuere Geschichte sowie für rheinische Landesgeschichte in Bonn.
Zu seinem 60. Geburtstag überreichten ihm seine Schüler neue Studien zur Geschichte der Stadt Köln, um die er sich selbst in vielen Untersuchungen sehr verdient gemacht hat. Der dabei entstandene, mit einem Ausschnitt aus dem großen Prospekt der freien Reichsstadt Köln von Osten aus einem Holzschnitt Anton Woensams von 1531 geschmückte Band umfasst ein Dutzend Beiträge. Sie beginnen mit Mauel Hagemanns Betrachtung klevischer Studenten an der Universität Köln in der Frühzeit ihres Bestehens und reichen bis zu Anmerkungen zu einem Bericht über zwei Festumzüge in Remscheid im Jahre 1921 in der Kölner Presse (Martin Schlemmer).
Dazwischen betreffen Studien etwa das Konzil von Pisa, Klein Sankt Martin, die bürgerliche Mobilität in Köln und Frankfurt am Main, Kölner Syndici, die Belagerung Lechnichs, Frömmigkeitsnetzwerke, Tendenzen zur Aufkläru |
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| Oberkofler, Gerhard, Nikolaus Grass - einige wissenschaftshistorische Miniaturen aus Briefen und seine Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch. Studien-Verlag Innsbruck 2008. 528 S., Ill. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oberkofler, Gerhard, Nikolaus Grass - einige wissenschaftshistorische Miniaturen aus Briefen und seine Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch. Studien-Verlag Innsbruck 2008. 528 S., Ill. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Der Untertitel kennzeichnet die Zweiteilung des Werkes. Im ersten Teil „Wissenschaftshistorische Miniaturen in Briefen“ sind solche, auszugsweise oder nahezu zur Gänze, in eine Darstellung des Verfassers eingebunden (bis zu Seite 273), Teil II „Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch“ (ab S. 275) besteht in einer Edition von genau zweihundert Dokumenten (ab S. 310), der Einleitendes vorangestellt ist. Die Hervorhebung Kischs als „Prager Juden“ versteht sich als eine Art Entgegensetzung zum Briefpartner Grass, den Oberkofler kurz als „Tiroler Erzkatholiken und Antisemiten“ einstuft (10).
Vor allem Teil I) bietet, nüchtern, aber nur ungenügend charakterisiert, rechtliche Zeitgeschichte. Die „Zeit“ dieser Geschichte ist kaum noch verklungene Gegenwart, die Personen stehen in frischer Erinnerung, viele leben noch, lebendig sind auch die Institutionen vor allem von Fakultät, Universität und Wissenschaftsakademie. So haben jüngere Leser, beispielsweise von Grass nur um ein oder zwei Generationen getrennt, das Geschilderte miterlebt, wenngleich an anderen Orten und aus anderer Perspektive und natürlich ohne Wissen um die nun zu Tage liegenden Hintergründe. „Solche Dinge sollen nur nicht der Nachwelt entgehen …“ schrieb Grass 1974 an den ihm befreundeten Schweizer Rechtshistoriker Louis Carlen (10) – das Buch liegt wohl so ganz im Interesse von Nikolaus Grass, was auch seine entsprechenden mündlichen Äußerungen, mitgeteilt oder miterlebt, stützen.
Trotz der zeitlichen Nähe taucht der Leser oftmals in eine nahezu fremdgewordene Welt ein. Dies trifft begreiflicherweise auf das von Kisch beschriebene Prag der Zwischenkriegszeit zu: „Eine geistig regsame Stadt“, die Tschechen „geistig und wirtschaftlich |
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| Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (1948-1950). Nachschlagewerk Strafsachen - Nachschlagewerk Zivilsachen - Präjudizienbuch der Zivilsenate, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 402). Lang, Frankfurt am Main 2010. XXI, 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (1948-1950). Nachschlagewerk Strafsachen - Nachschlagewerk Zivilsachen - Präjudizienbuch der Zivilsenate, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 402). Lang, Frankfurt am Main 2010. XXI, 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 hatte auch das Reichsgericht des Deutschen Reiches seine Grundlage verloren und waren alle Organe des Reiches der Macht der Alliierten unterstellt. Nachdem in den Folgejahren Verhandlungen über die Errichtung eines obersten Gerichtshofs für ganz Deutschland oder auch für die Bizone - nach dem knappen Vorwort des Herausgebers nahezu - gescheitert waren, erließ die britische Militärregierung die Verordnung Nr. 98, mit der sie einen obersten Gerichtshof für die britische, acht Oberlandesgerichte beherbergende Zone mit Wirkung vom 1. 9. 1947 gründete, und setzte sie mittels einer Verordnung zur Durchführung der Verordnung Nr. 98 vom 17. 11. 1947 um. Danach hatte der Gerichtshof seinen Sitz in Köln und konnte Mitglied nur werden, wer die Fähigkeit zum Richteramt in einem deutschen Land erlangt sowie das 35. Lebensjahr vollendet hatte und nicht Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gewesen war.
Vorgesehen waren ein Zivilsenat und ein Strafsenat, zu denen aber ein zweiter Zivilsenat am 1. 10. 1948 und ein zweiter Strafsenat am 1. 1. 1950 hinzukamen. Aufgabe des als ersten Schritt zu einem einheitlichen Gericht Deutschlands - „oder zum mindesten für das, was ein hartes Schicksal uns von ihm belassen wird“ - gedachten Gerichts war es, als Rechtsmittelgericht eine einheitliche Rechtsprechung innerhalb der britischen Zone zu sichern und der Fortbildung des Rechts zu dienen. Die Aufnahme der Tätigkeit erfolgte am 16. 3. 1948, die feierliche Eröffnung 29. 5. 1948, die Aufhebung des Gerichtshofs durch Eröffnung des Bundesgerichtshofs zum 1. 10. 1950 (letzter Sitzungstag wohl am 9. |
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| Obst, Michael A., „Einer nur ist Herr im Reiche“. Kaiser Wilhelm II. als politischer Redner (= Otto-von-Bismarck-Stiftung. Wissenschaftliche Reihe 14). Schöningh, Paderborn 2010. 481 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Obst, Michael A., „Einer nur ist Herr im Reiche“. Kaiser Wilhelm II. als politischer Redner. (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 14). Schöningh, Paderborn 2010. 481 S. Besprochen von Martin Moll.
Es entbehrt nicht der Ironie, dass die ursprünglich als Dissertation an der Universität Düsseldorf vorgelegte Studie Michael A. Obsts über die Reden Wilhelms II. und deren öffentliche Rezeption in der Buchreihe der Otto-von-Bismarck-Stiftung erschienen ist. Denn der junge Wilhelm hatte 1890, noch keine zwei Jahre auf dem deutschen Kaiserthron, den Langzeit-Reichskanzler zur Demission genötigt, um sein angestrebtes „persönliches Regiment“ unbehindert umsetzen zu können. Der Monarch entwickelte sich in seiner 30jährigen Regierungszeit (1888-1918) zudem zum Konkurrenten Bismarcks, wenn es um das Prägen eindringlicher Schlagwörter ging. Für beide Kontrahenten gilt, dass einige ihrer unzähligen Parolen und Losungen noch heute präsent sind: „Blut und Eisen“, „nach Canossa gehen wir nicht“, „wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt“ dürften einige der bekanntesten Kreationen Bismarcks sein; Wilhelm steuerte den „Platz an der Sonne“ bei, postulierte, Deutschlands „Zukunft liegt auf dem Wasser“, weshalb eine starke Flotte „not tue“, und sah die Welt am deutschen Wesen genesen.
Kein Zweifel, Wilhelm hatte ein ausgeprägtes Talent, Zeitströmungen in bündigen Slogans massenwirksam zusammen zu fassen, weshalb sich nicht wenige seiner Untertanen in den Wortschöpfungen ihres Kaisers wiederzufinden glaubten. In die Kritik geriet der Monarch auch nicht wegen der oben genannten Beispiele, die bei allem imperialistischen Beigeschmack noch vergleichsweise harmlos klingen. Darüber hinaus ließ Wilhelm von seiner Thronbesteigung an keine Gelegenheit ungenutzt, durch in dichter Folge gehaltene öffentliche oder öffentlich gewordene Reden das Inland und das Ausland zu verprellen. Schon die Zeitgenossen kamen nicht umhin, das Notorisc |
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| Ohe, Axel von der, Das Gesellschaftsbild des Bundesgerichtshofs. Die Rechtsprechung des BGH und die frühe Bundesrepublik (= Europäische Hochschulschriften 3, 1071). Lang, Frankfurt am Main 2010. 426 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die am Anfang des Jahres 2003 begonnene, von Joachim Perels angeregte und betreute, 2007 von der philosophischen Fakultät der Universität Hannover angenommene Dissertation des nach dem Magisterstudium u. a. der politischen Wissenschaft ab 2005 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Büroleiter eines Bundestagsabgeordneten und seit 2008 als persönlicher Referent des Dezernenten für Umwelt, Planung und Bauen der Region Hannover tätigen Verfassers. Sie geht von der Definition der Bundesrepublik Deutschland als sozialer und demokratischer Rechtsstaat im Grundgesetz aus. Auf dieser Grundlage fragt sie mit Blickrichtung auf das Gebiet der Judikative nach den Modalitäten des vom Verfassungsgeber nach den Strukturbrüchen der Jahre 1945/1949 verordneten demokratisch-rechtsstaatlichen Lernprozesses.
Gegliedert ist sie in insgesamt fünf Teile. Diese betreffen die strafrechtliche Aufarbeiten von NS-Justizverbrechen in dem Nürnberger Juristenprozess, bei Gustav Radbruch und Helmut Coing sowie in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs bis zur umfassenden Normalisierung der NS-Justiz samt späten Einsichten, die Gehilfenjudikatur vor allem des Bundesgerichtshofs, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur 131-er Problematik, den Bundesgerichtshof und die Entschädigung für nationalsozialistisches Unrecht und die Staatsschutzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Verwertet werden dabei schätzungsweise 150 zu einem geringeren Teil auch unveröffentlichte Entscheidungen vor allem des Bundesgerichtshofs, aber auch anderer Gerichte.
Am Ende kommt der Verfasser zu einer insgesamt kritischen Bilanz. Nach seiner ansprechenden Beurteilung blieben die Aufarbeitungsbemühunge |
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| Oldenburg, Sophie, Die Öffentlichkeit von Rechtsnormen (= Schriften zum öffentlichen Recht 1141). Duncker & Humblot 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Oldenburg, Sophie, Die Öffentlichkeit von Rechtsnormen (= Schriften zum öffentlichen Recht 1141). Duncker & Humblot 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die im Januar 2009 letztmals aktualisierte Fassung der von Bernhard Schlink betreuten, im Sommersemester 2008 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommenen Dissertation der Verfasserin. Inspiration für die Befassung mit der behandelten Frage war die Mitarbeit am Lehrstuhl für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie. An ihm bestand stets ein großer Bedarf an aktuellen Rechtsnormen der Bundesländer, der vielfach nur mit erheblichem Aufwand zu befriedigen war.
In ihrer kurzen Einleitung beschreibt die Verfasserin ihre Fragestellung und den Diskussionsstand, wobei sie davon ausgeht, dass die Publikation von Rechtsnormen mit der Entstehung geschriebenen Rechts erforderlich wurde, was man freilich durchaus bezweifeln kann, weil Wissen von Recht durch Schrift nur erleichtert wird, nicht aber bedingt ist. Überzeugend entnimmt sie der vorhandenen Literatur die Feststellung, dass bis in das 17. Jahrhundert eine Veröffentlichung von Rechtsnormen an die Allgemeinheit in welcher Form auch immer nicht ausdrücklich als Geltungsvoraussetzung der Norm angesehen wurde. Da erst das Anwachsen der Zahl der erlassenen Normen zunehmend die Übersicht erschwerte, entstand eine allgemeine Publikationspraxis mit Hilfe des Buchdrucks erst vom 17. Jahrhundert an, wobei den Normunterworfenen die Pflicht auferlegt wurde, sich über das geltende Recht zu unterrichten.
In der Folge konzentriert sich die Verfasserin ganz auf die Zeitgeschichte und untersucht nacheinander umsichtig den Zugang zu Rechtsnormen in Bund und Ländern, die Vorschriften zur Normöffentlichkeit, die Verfassungsprinzipien der Normöffentlichkeit, für die sie das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip besonders hervorhebt, sowie die Umsetzung der verfassungsrechtlichen Pub |
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| Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts. 3. Aufl. facultas.wuv, Wien 2010. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Olechowski, Thomas, Rechtsgeschichte. Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts. 3. Aufl. facultas.wuv, Wien 2010. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die erste Auflage dieser Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts ist im Umfang von 340 Seiten im Jahre 2006 erschienen. Sie war angesichts des verfügbaren Marktes nicht wirklich unerwartet rasch ausverkauft, so dass der Verfasser bereits 2008 sein Werk in zweiter Auflage im Umfang von 422 Seiten vorlegen konnte. Da auch diese Fassung ein positives Echo erfuhr, konnte das Konzept der Darstellung für die dritte, auf das Adjektiv modern im Titel verzichtende Auflage beibehalten werden.
Gleichwohl konnte der Verfasser im Detail zahlreiche Änderungen und Verbesserungen vornehmen, die allerdings den Umfang nicht sehr stark verändert haben. Eingearbeitet wurden insbesondere der Vertrag von Lissabon, das Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 und das Eingetragene-Partnerschaftsgesetz, neu gefasst verschiedene andere Partien. Im Bereich der Verfassungsgeschichte wurden die Darstellungen des Wahlrechts im Konstitutionalismus und der Ideologien der Diktaturen vertieft und Ausführungen über staatliche Symbole eingefügt.
Die Einleitung wurde um Hinweise zur Methodologie der Rechtsgeschichte und um Erläuterungen wichtiger Grundbegriffe ergänzt. In das Sachverzeichnis wurde ein Paragraphenregister der am häufigsten zitierten Gesetze aufgenommen. Der weitere Erfolg dieses Lehrbuchs bei den Studierenden der Rechtswissenschaft wird auch in Zukunft kaum ausbleiben.
Innsbruck Gerhard Köbler
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