| Wriedt, Jan, Von den Anfängen der Drogengesetzgebung bis zum Betäubungsmittelgesetz vom 1. 1. 1972 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4329). Lang, Frankfurt am Main 2006. 262 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Werner Schubert betreute, 2005 von der juristischen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des Verfassers. Ihr geht es um die seit langen bekannten Betäubungsmittel wie Cannabis oder Opium, die anfangs in erster Linie als Arzneimittel Aufmerksamkeit fanden, so dass die Sucht nach ihnen erst seit dem 16./17. Jahrhundert als Krankheit erkannt wurde. Der Missbrauch breitete sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts allmählich und ab etwa 1965 stark aus. Dies nahm der Verfasser zum Anlass, sich mit der Geschichte der gesetzlichen Bekämpfung der mit dem Betäubungsmittelmissbrauch verbundenen Gefahren zu beschäftigen, wobei er seine Untersuchung in eine Einleitung und drei Teile gliederte.
In der Einleitung befasst er sich zunächst mit den Betäubungsmitteln und ihrer Geschichte vor allem an Hand der Herkunft, Ausbreitung, Gewinnung und Verwendung. Im Einzelnen betrachtet er dabei nacheinander Opium, Morphin/Morphium, Heroin, Kokain, Cannabis und synthetische Betäubungsmittel. Danach stellt er die Erkenntnisse über die Betäubungsmittelsucht und deren Ausbreitung zusammen.
Der erste Teil widmet sich der nationalen und internationalen Entwicklung bis 1920. Bei der nationalen Gesetzgebung beginnt er mit Preußen und danach einer kaiserlichen Verordnung vom 25. März 1872. Im internationalen Rahmen stehen die internationalen Opiumkonferenzen von Schanghai (1909) und Den Haag im Mittelpunkt. Unter dem weitgespannten ersten Weltkrieg geht der Verfasser auf Verordnungen vom 31. 7. 1914, 22. 3. 1917, 15. 12. 1918 und 20. 7. 1920 ein.
Der zweite Teil betrifft das Gesetz zur Ausführung des Haager Abkommens aus dem Jahre 1921, der dritte Teil das Opiumgesetz vom 1. 1. 1930. Am ausführlichst |
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| Wünsch, Thomas, Deutsche und Slawen im Mittelalter. Beziehungen zu Tschechen, Polen, Südslawen und Russen. Oldenbourg, München 2008. IX, 188 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wünsch, Thomas, Deutsche und Slawen im Mittelalter. Beziehungen zu Tschechen, Polen, Südslawen und Russen. Oldenbourg, München 2008. IX, 188 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.
Auf 130 Seiten entfaltet der Passauer Historiker Thomas Wünsch Themen, Methoden und Perspektiven der Beziehungsgeschichte zwischen Slawen und Deutschen. Dabei bildet er zwei Hauptgruppen – einerseits die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Beziehung zwischen Deutschen und ihren nahen östlichen Nachbarn, den Tschechen und Polen und andererseits die Beziehung zwischen Deutschen und ihren entfernteren Nachbarn, den Südslawen und Russen. Der erstere Bereich fällt allein nach dem Umfang schwerer ins Gewicht als der zweite. Wünsch fordert vor allem eines: den traditionellen Westbindungen der deutschen Mittelalterforschung müssten sich Ostbindungen hinzugesellen. Das ist ein Programm, das auch für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Rechtsgeschichte nur unterstützt werden kann. Die bisher begonnenen Arbeiten (etwa die zum Ius Saxonico-Maydeburgense in Oriente) sind nicht mehr als ein Anfang.
Der Autor liefert diesbezüglich viele brauchbare Forschungsperspektiven, welche die interdisziplinären Diskussion nur fördern können: Zu nennen wären etwa die lehnsrechtlichen Fragen nach der Tributpflichtigkeit polnischer, böhmischer und mährischer Gebiete sowohl gegenüber dem Frankenreich als auch gegenüber dem salisch-staufischen Königtum (so gibt es etwa kaum neuere deutsche Forschungen zum „Akt von Gnesen“), Fragen der kirchenrechtlichen Zugehörigkeit Pommerns zu ottonischen Erzbistümern, Fragen nach der Rolle der westslawischen Landesherren als Organisatoren der Ostsiedlung, nach der Ausdifferenzierung der Stadtrechtslandschaften (Neumarkt-Magdeburger, Leitmeritz-Olmütz-Leobschützer, Nürnberg-Egerer, Prager, Brünner, Ofener, aber auch Lemberger Stadtrecht) und nach dem bewussten Einsatz des Stadtrechts als Instrument des raumordnenden Landesausbaus. Hier drän |
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| Wuttke, Jens, Konfliktvermeidung und Streitbeilegung in Familienrechtssachen in der DDR (= Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum-Verlag, Reihe Rechtswissenschaften 19). Tectum, Marburg 2008. XXXV, 163 S. Besprochen von Wolfgang Pöggeler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wuttke, Jens, Konfliktvermeidung und Streitbeilegung in Familienrechtssachen in der DDR (= Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum-Verlag, Reihe Rechtswissenschaften 19). Tectum, Marburg 2008. XXXV, 163 S. Besprochen von Wolfgang Pöggeler.
Unter der Ägide Hans Schlossers in Augsburg entstand diese schöne Dissertation zum Familienrecht der Deutschen Demokratischen Republik und trägt ein weiteres Mosaiksteinchen bei zur Rechtsgeschichte eines erst kürzlich untergegangenen Staates - eines Staates freilich, der nicht vom tradierten abendländischen Rechtsbegriff ausging, sondern das Experiment eines gänzlich der Politik dienenden Rechts versuchte. Methodisch nähert sich Wuttke seinem Gegenstand durch die Analyse der einschlägigen Gesetze und der juristischen Literatur der DDR. Er verkennt die Problematik dieses Ansatzes nicht. „Zu beachten bleibt“, so schreibt er, „dass die in der DDR veröffentlichten Beiträge und Entscheidungen vor allem der Lenkung der Rechtsprechung und als Anleitung für die in der Praxis tätigen Juristen dienten. Daher gibt die in Aufsätzen und Literatur veröffentlichte Meinung Einzelner fast ausschließlich auch die staatlich gewollte wieder. Kritik am System und einzelnen rechtlichen Regelungen ist hingegen allenfalls zwischen den Zeilen zu finden.“ Und ganz zu recht weist Wuttke darauf hin, dass auch staatliche Statistiken „gewissen Manipulationen unterworfen waren, die aus dem permanenten Zwang … herrührten, Erfolge vermelden zu müssen.“ Um einen wahrhaftigeren Eindruck von der Rechtspraxis zu bekommen, wirft der Autor daher auch einen Blick in die internen Papiere des Obersten Gerichtshofs und des Justizministeriums der DDR - Papiere, die heute im Berliner Bundesarchiv lagern.
Was ist der Zweck der Mühe? Erstens geht es um eine Gesamtdarstellung des Familienrechts und der Familienpolitik der DDR unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung und Beilegung familiärer Konflikte; zweitens geht es um die allgemeinen Grenze |
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| Xu, Haoming, Zur Geschichte und zum Wesen des modernen Verbraucherschutzrechts (= Schriften zum Zivilrecht 15). Lit-Verlag, Münster 2002. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Xu, Haoming, Zur Geschichte und zum Wesen des modernen Verbraucherschutzrechts (= Schriften zum Zivilrecht 15). Lit-Verlag, Münster 2002. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Bernhard Großfeld betreute, im Sommersemester 2002 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommene Dissertation des als Rechtsanwalt und als Privatdozent der Anhui-Universität in der Volksrepublik China tätigen, als Stipendiat der Weltbank nach Deutschland gekommenen Verfassers. Ihr geht es besonders um die Prüfung, ob sich die deutschen Erfahrungen für den Aufbau des chinesischen Zivilrechts eignen. Weit darüber hinausgehend konnte der Verfasser mit großer Freude die Glykolwein-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Deutschlands vom 26. 6. 2002 zur Kenntnis nehmen, weil sie die in seiner Arbeit ausgeführte Idee bestätigte.
Das Werk gliedert sich in insgesamt acht Teile. Nach einer kurzen Einleitung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands behandelt der Verfasser die Aufnahme des Verbraucherschutzrechts, dessen Anfänge er bis zum Abzahlungsgesetz von 1894 zurückführt, in das Bürgerliche Gesetzbuch, den Weg zum geltenden Verbraucherschutzrecht, Entwicklungstendenzen einiger wichtiger Verbrauchervertragsrechtsvorschriften (allgemeine Geschäftsbedingungen, Verbraucherkredit, Haustürgeschäft, Fernabsatzvertrag, Teilzeitnutzungsrecht), die Verbraucherschutzregelungen im Rechtssystem, die dogmatische Stellung des Verbraucherschutzrechts und eine neue Rechtsterminologie. Am Ende fasst er seine Ergebnisse knapp zusammen.
Danach versteht er das Verbraucherschutzrecht als Querschnittsmaterie, die weder dem Privatrecht noch dem öffentlichen Recht zugeordnet werden kann. Daher vertritt er die Ansicht, dass trotz der Aufnahme der verbraucherschützenden Nebengesetze in das Bürgerliche Gesetzbuch das allgemeine Verbraucherschutzrecht seine Eigenständigkeit, Eigenschaften und Zielsetzung weiter behalten hat |
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| Zbinden, Martin, Der Assoziationsversuch der Schweiz mit der EWG 1961-1963. Ein Lehrstück schweizerischer Europapolitik. Haupt, Bern 2006. 436 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das westliche Ende Eurasiens ist von der Natur kleinräumig gestaltet. Dem hat sich der Mensch in der Zeit politisch angeschlossen, indem er zahlreiche örtlich beschränkte Herrschaften errichtet hat, die im Zuge des technischen Fortschritts sich zahllose gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert haben. Angesichts der verheerenden Folgen der schließlich dadurch verursachten Weltkriege wuchs die Einsicht in Frieden durch gegenseitige Kontrolle der einen durch die anderen in Europa und damit vielleicht auch anderwärts.
Der Beginn wurde dabei mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951/1952 gemacht. Beteiligt waren im Verhältnis vier zu zwei Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Damit waren Mitteleuropa, Westeuropa und Südeuropa erfasst, wenn auch nicht das ganze Mitteleuropa, das ganze Westeuropa und das ganze Südeuropa.
Auch in den folgenden Erweiterungen blieb im Herzen Europas die Schweiz ausgespart. Dafür sprach ihre Neutralität, die vor Kriegen bewahren konnte. Dafür sprach auch das Bankgeheimnis, das fremdes, oft schmutziges Geld zur Anlage zuführte.
Damit waren aber auch Nachteile verbunden. Deswegen suchte die kleine Schweiz auch nach Möglichkeiten, unter Wahrung der Vorteile die Nachteile zu minimieren, was umso dringlicher geriet, je größer die europäischen Gemeinschaften wurden. Deswegen erklärte im Gefolge des - im Anhang abgedruckten - Schweizer Assoziationsgesuchs an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft vom 15. Dezember 1961 im September 1962 Friedrich Traugott Wahlen vor dem Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Brüssel, der Bundesrat der Schweiz erachte eine Assoziation als das beste Mittel für die Schweiz, um am - wirtschaftlich interessanten - Gemeinsamen M |
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| ZGB, gestern - heute - morgen - Festgabe zum schweizerischen Juristentag 2007, hg. im Auftrag der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern v. Girsberger, Daniel/Luminati, Michele (= Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft 20). Schulthess, Zürich 2007. XI, 337 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen ZGB, gestern - heute - morgen - Festgabe zum schweizerischen Juristentag 2007, hg. im Auftrag der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern v. Girsberger, Daniel/Luminati, Michele (= Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft 20). Schulthess, Zürich 2007. XI, 337 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahre 2007 waren hundert Jahre seit der Verabschiedung des Zivilgesetzbuchs der Schweiz am 10. Dezember 1907 vergangen. Die 2000 als jüngste der zehn Schweizer Universitäten in der in den letzten dreißig Jahren von etwa 75000 auf rund 58000 Einwohner verschlankten Stadt Luzern gegründete Universität beendete nach sieben Jahren ihre infantia. Was lag näher, als beide glücklichen Ereignisse mit einem gemeinsamen Sammelband zu feiern und den Ruhm der bedeutenden Kodifikation auf die Zukunft der Bildungseinrichtung ausstrahlen zu lassen.
Schließlich war der Gründungspräsident der schweizerischen Juristengesellschaft, dessen Namen dem Werk nicht ganz gewiss zu sein scheint, am 23. 9. 1828 in Mosen (Luzern) geboren. Am 22. 3. 1861 war von Luzern aus durch die juristische Gesellschaft des Kantons ein Zirkular versandt worden, das erfolgreich zur Bildung einer schweizerischen juristischen Gesellschaft aufrief. Außerdem hatte diese bereits 1872, 1889, 1911, 1933, 1951 und 1962 in Luzern getagt und waren 2007 aller guten Dinge eben am besten sieben.
An diese Tradition erinnert im aus der Tagung erwachsenen Sammelband Stephen V. Berti als Präsident des schweizerischen Juristenvereins nach dem Vorwort der Herausgeber und dem Geleitwort des Regierungsrats Anton Schwingruber am Beginn der ersten der vier Sachbereiche (Allgemeines, Einleitungsartikel, Personen). Anschließend befasst sich Michele Luminati (Das ZGB und seine Richter) mit der Rekrutierung der Justizelite, mit den Selbst- und Fremddarstellungen des Richterideals sowie mit den unterschiedlichen Richtertypen und stellt die Frage, wie aus der Vielfalt an Richtertypen ein |
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| Zieg, Michael, Gelnhäuser Regesten -zur Geschichte der Reichsstadt in den Jahren 1170 bis 1400 (= Studien zur Geschichtsforschung des Mittelalters 22). Kovac, Hamburg 2008. 482 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zieg, Michael, Gelnhäuser Regesten - zur Geschichte der Reichsstadt in den Jahren 1170 bis 1400 (= Studien zur Geschichtsforschung des Mittelalters 22). Kovač, Hamburg 2008. 482 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nannte sich ein vorher in Langenselbold ansässiger Zweig der Reginbodonen nach dem zwischen Vogelsberg und Spessart an der Kinzig - an der derzeitigen geographischen Mitte der Europäischen Union - gelegenen Gelnhausen. 1170 gründete Kaiser Friedrich I. Barbarossa hier eine staufische Stadt bzw. eine Reichsstadt. Sie wurde freilich bereits 1349 durch König Karl IV. an Günther von Schwarzburg verpfändet und verlor ihr Archiv im Dreißigjährigen Krieg zum großen Teil.
Den Plan neuer Gelnhäuser Regesten trug der Bearbeiter 2006 dem Vorstand des Geschichtsvereins Gelnhausen e. V. an. Diesem war eine Zusammenfassung, Aktualisierung und Ergänzung der früher von verschiedenen Bearbeitern vorgelegten und meist nicht besonders auf Gelnhausen bezogenen Sammlungen von Regesten sehr willkommen. In erfreulich kurzer Zeit ließ sich der Plan verwirklichen.
Er stützt sich nach der übersichtlichen Einleitung des Verfassers auf das ehemalige Archiv der Stadt Gelnhausen und die drei wichtigsten Kopiare in den Archiven Marburg, Büdingen und Gelnhausen (Berlin), das hessische Staatarchiv Marburg, das hessische Staatsarchiv Darmstadt, das hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, das Fürst zu Solms-Hohensolms-Lich’sche Archiv, das Fürst zu Solms-Braunfels’sche Archiv, das Graf zu Solms-Laubach’sche Archiv und das bayerische Staatsarchiv Würzburg. Aus den Editionen Reimers, Wellers, Baurs, Simons und anderer wurden die Überschriften mit den wesentlichen Inhalten übernommen und die Reihe der Zeugen und Siegler aufgeführt, wobei die aktuellen Signaturen der jeweiligen Aufbewahrungsorte fast vollständig ermittelt werden konnten. Insgesamt ergaben si |
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| Ziegler, Karl-Heinz, Fata iuris gentium. Kleine Schriften zur Geschichte des europäischen Völkerrechts (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 15). Nomos, Baden-Baden 2008. XIV, 372 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ziegler, Karl-Heinz, Fata iuris gentium. Kleine Schriften zur Geschichte des europäischen Völkerrechts (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 15). Nomos, Baden-Baden 2008. XIV, 372 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Fata iuris gentium nennt Karl-Heinz Ziegler die Sammlung seiner Studien zur Geschichte des Völkerrechts und möchte damit die wechselvollen Schicksale bezeichnen, die das ius gentium des römischen Rechts im Verlauf der europäischen Geschichte erfahren hat, bis aus ihm, wie allgemein angenommen, das moderne Völkerrecht entstanden ist. Dementsprechend ist das Gros der Abhandlungen den römischen Elementen des Völkerrechts gewidmet, nur ein kleiner Teil behandelt dessen Entwicklung in der Neuzeit bzw. der neuesten Zeit und nur eine Abhandlung hat die christlichen Elemente des Völkerrechts zum Gegenstand, die man nicht unterschätzen darf (was Ziegler übrigens nicht tut), vor allem wenn man an die Anfänge des neuzeitlichen Völkerrechts denkt.
Den Reigen der Abhandlungen eröffnet eine Untersuchung der römischen Grundlagen des europäischen Völkerrechts, bei der Ziegler zutreffend davon ausgeht, dass die gesamte Entwicklung des modernen Völkerrechts eingebettet ist in die, wie er es ausdrückt, maßgeblich vom römischen Recht bestimmte europäische Rechtsgeschichte, ohne die sie nicht verstanden werden könne. Tatsächlich ist die Geschichte des modernen Völkerrechts untrennbar mit der europäischen Rechtsgeschichte in ihrer Gesamtheit verbunden und kann nicht isoliert als eine eigene Geschichte betrachtet werden. Und das römische Recht spielt bei der Entwicklung des Völkerrechts wie bei der Entwicklung der einzelnen völkerrechtlichen Rechtsinstitute eine wichtige, gelegentlich sogar eine entscheidende Rolle, auch wenn es nur eine unter den vielen Quellen des Völkerrechts ist. Im Mittelpunkt der Untersuchung über die Bedeutung der christlichen Tradition - sie enthält den erweiterten Wortlaut der Abschiedsvorlesung des Verfassers aus |
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| Zimmer, Keno, Das Burger Landrecht. Ein spätmittelalterliches Rechtsbuch aus dem Kerngebiet des Sachsenspiegelrechts (= Studien zur Landesgeschichte 8). Mitteldeutscher Verlag, Halle 2003. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zimmer, Keno, Das Burger Landrecht. Ein spätmittelalterliches Rechtsbuch aus dem Kerngebiet des Sachsenspiegelrechts (= Studien zur Landesgeschichte 8). Mitteldeutscher Verlag, Halle 2003. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Karl Kroeschell betreute, im Jahre 2000 von der juristischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau angenommene Dissertation des bei Karl Kroeschell, Karin Nehlsen-von Stryk und Elmar Wadle als wissenschaftlicher Mitarbeiter und danach als Prokurist und Rechtsanwalt tätigen Verfassers. Sie betrifft einen bekannten, insgesamt wohl von der Forschung bisher vernachlässigten Gegenstand. Sie gelangt zu neuen Erkenntnissen über ihn.
Der sich selbst als Burges lantreht bezeichnende Rechtstext ist in einer einzigen, im Kreis- und Stadtarchiv Burg nordwestlich Magdeburgs aufbewahrten Sammelhandschrift auf den Blättern 65b-70b überliefert. Ihm gehen, wenn auch nicht vollständig, die sächsische Weichbildvulgata, das sächsische Landrecht und das sächsische Lehnrecht voraus, während auf der letzten Seite noch ein kurzer Text mit städtischen Bezügen (wohl zu Burg) angefügt ist. Die Edition Mülverstedts von 1867 und Markmann/Krauses von 1938 sind nach den überzeugenden Ausführungen des Verfassers mit Schwächen behaftet, wenn die Zweitedition auch die Handschrift im Faksimile wiedergibt und damit gegenüber der Edition des Verfassers ihren Wert bis zu einer Digitalisierung als Bild zunächst behalten wird.
Der Verfasser gliedert seine Untersuchung in insgesamt 13 Abschnitte. Dabei beschreibt er in seiner Einführung das Burger Landrecht als einziges reines Landrechtsbuch Deutschlands, das sich auf das Landrecht beschränkt und Stadtrecht wie Lehnrecht ausschließt und kein Gesetz und keine Rechtssetzung, sondern eine Sammlung des geltenden Rechts enthält. Der Verfasser versteht es als gelebte Rechtsgewohnheit, obgleich in seinem verdienstlichen Glossar Gewohnheit im Gegensatz zu Recht fehlt u |
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| Zimmermann, Ursula, Die Entwicklung der Gewerbegerichtsbarkeit in Deutschland, unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Bayern (= Rechtsgeschichtliche Studien 8). Kovač, Hamburg 2005. XIII, 493 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zimmermann, Ursula, Die Entwicklung der Gewerbegerichtsbarkeit in Deutschland, unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Bayern. Kovač, Hamburg 2005. 512 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die Mutter und Mann gewidmete, 2004 in Regensburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie beginnt mit J. Jastrows 1902 getroffener Feststellung, dass das Gewerbegerichtsgesetz die Magna Charta des deutschen Arbeiters sei. Da die Entstehung des „Arbeiterrechts“ und das „Recht vom Arbeitsvertrag“ ihre Entwicklung in hohem Maße den durch Gesetz vom 29. Juli 1890 allgemein vorgesehenen Gewerbegerichten verdankten, bedürften diese eingehenderer Untersuchung.
Gegliedert ist die Arbeit in drei Kapitel. Sie betreffen die Vorgeschichte, das Gesetz und die Tätigkeit dreier ausgewählter Gewerbegerichte. Dementsprechend verfolgt die Untersuchung ihren bedeutsamen Gegenstand im Wesentlichen chronologisch.
Die Vorgeschichte beginnt bei den Zunftgerichten des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Danach greift die Verfasserin auf die ausländische Entwicklung nach der französischen Revolution von 1789 in Frankreich, Belgien, der Schweiz, Österreich, Italien und England aus. Die Gewerbegerichtsbarkeit in „Deutschland“ verfolgt sie in Preußen (Rheinprovinz, Berg, Berlin und Westfalen bis zur Gewerbeordnung von 1845), Elsass-Lothringen, Sachsen, Sachsen-Gotha und in weiteren, weniger wichtigen Einzelerscheinungen bis zu § 108 der Gewerbeordnung des norddeutschen Bundes bzw. § 120a der Reichsgewerbeordnung.
Bei dem Gewerbegerichtsgesetz von 1890 setzt sie mit dem Regierungsentwurf betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Gewerbeordnung vom 18. Juni 1873 ein. Den Gang des Gesetzgebungsverfahrens erörtert sie ebenso ausführlich wie den Inhalt der sechs Abschnitte des Gesetzes. Im Anschluss hieran geht sie der gewerbegerichtlichen Praxis zwischen 1891 und 1901, dem Gewerbegerichtsgesetz vom 29. September 19 |
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| Zrenner, Petra, Die konservativen Parteien und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen 6). Lit, Berlin 2008. XIII, 403 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zrenner, Petra, Die konservativen Parteien und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen 6). Lit, Berlin 2008. XIII, 403 S. Besprochen von Werner Schubert.
Über die Mitwirkung der politischen Parteien am Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs liegen bereits unter Berücksichtigung des vollständigen Quellenmaterials Arbeiten über die Sozialdemokratie (Thomas Vormbaum) und das Zentrum (Michael Damnitz und Michael Wolters; Nachweise bei Zrenner, S. 4) vor. Petra Zrenner setzt diese Arbeiten mit einer detaillierten Untersuchung über die Aktivitäten der konservativen Parteien in den Beratungen über das BGB im Reichstagsplenum und in der BGB-Reichstagskommission im Jahre 1896 fort. Zunächst geht Zrenner der Entstehung und dem Werdegang der konservativen Parteien nach (S. 8-46). Die Deutsch-Konservative Partei war 1876 aus den preußischen Altkonservativen hervorgegangen, von denen sich 1866/67 die Freikonservative Partei (Reichspartei) abgespalten hatte. Erstere hatte ihren Schwerpunkt im Militär und im ostelbischen Adel, während die Reichspartei von Anfang an hinter Bismarck stand und ihre Wählerschaft außer im landwirtschaftlichen auch im gewerblichen Bereich hatte. Damit nahm diese Partei eine Zwischenstellung zwischen den Nationalliberalen und den Hoch-(Deutsch-)Konservativen ein. Als dritte konservative Gruppierung stellt Zrenner die Deutsche Reformpartei (sog. Antisemiten) heraus, die ihren Ausgangspunkt in der von Stöcker 1878 gegründeten Christlich-sozialen Arbeiterpartei hatte (S. 32ff.). Die geschlossenste Struktur wies die Deutsch-Konservative Partei auf, deren Tivoli-Programm (1892) bis 1918 das offizielle Programm blieb (wiedergegeben S. 376f.). Von den für die BGB-Reichstagsverhandlungen dominierenden Persönlichkeiten stellt Zrenner den Mecklenburger Gerhard von Buchka (deutsch-konservativ) und den Freiherrn von Stumm-Halberg (freikonservativ) heraus. Eng verbunden insbesondere mit den Deu |
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| Zur Entstehung des modernen Minderheitenschutzes in Europa, hg. v. Pan, Christoph/Pfeil, Beate Sibylle (= Handbuch der europäischen Volksgruppen 3). Springer, Wien 2006. XI, 561 S. Besprochen von Ilse Reiter. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zur Entstehung des modernen Minderheitenschutzes in Europa, hg. v. Pan, Christoph/Pfeil, Beate Sibylle (= Handbuch der europäischen Volksgruppen 3). Springer, Wien 2006. XI, 561 S. Besprochen von Ilse Reiter.
Minderheitenrechte in Europa, hg. v. Pan, Christoph/Pfeil, Beate Sibylle (= Handbuch der europäischen Volksgruppen 2), 2. Auflage. Springer, Wien 2006. VI, 722 S. Besprochen von Ilse Reiter.
Das Handbuch der europäischen Volksgruppen lag bislang in zwei Bänden, herausgegeben 2000 und 2003, vor. Während der erste Band eine Einführung in die Volksgruppenproblematik und den aktuellen Diskussionsstand zur Schaffung eines europäischen Minderheitenschutzes bot, setzte sich der zweite Band eine vergleichende Übersicht der Minderheitenrechte in den einzelnen europäischen Staaten in Form eines Nachschlagewerkes zum Ziel. Die Dynamik des europäischen Minderheitenschutzes brachte es freilich mit sich, bereits unmittelbar nach Abschluss der ersten Auflage eine Überarbeitung und Aktualisierung diesen zweiten Bandes in Angriff zu nehmen, welches Vorhaben im Rahmen eines EU-Projektes für das Südtiroler Volksgruppen-Institutes in Bozen durchgeführt wurde. Nach einer Einleitung, welche sich mit der empirischen Dimension der Minderheitenfrage, der existenziellen Gefährdung vieler Minderheiten, dem Minderheitenschutz als gesamteuropäischer Aufgabe sowie neuen Perspektiven des Volksgruppenschutzes auseinandersetzt, einem Methodenabschnitt sowie Tabellen und Diagrammen, welche zusammenfassend den Minderheitenschutz 2001 und 2006 vergleichen, folgen, wie schon in der ersten Auflage, die einzelnen Länderberichte. Auch diesmal wurden die einzelnen Staaten zwecks Vergleichbarkeit und einheitlicher Evaluierung der Ergebnisse unter Zugrundelegung derselben Kriterien analysiert, nämlich: Recht auf Identität und auf Nichtdiskriminierung, formelle Rechtsgleichheit, Recht auf Chancengleichheit, auf Gebrauch der Minderheitensprache, auf eigene Organisationen, Recht a |
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| Zürcher, Peter, Die Bischofswahlen im Fürstbistum Eichstätt von 1636 bis 1790 - Wahlgeschichten im Spiegel domkapitelscher, dynastischer und kaiserlicher Landes- und Reichskirchenpolitik (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 155). Beck, München 2008. XCV, 811 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zürcher, Peter, Die Bischofswahlen im Fürstbistum Eichstätt von 1636 bis 1790 - Wahlgeschichten im Spiegel domkapitelscher, dynastischer und kaiserlicher Landes- und Reichskirchenpolitik (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 155). Beck, München 2008. XCV, 811 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die umfangreiche Untersuchung ist die geringfügig überarbeitete Fassung der von Konstantin Maier angeregten und betreuten, im Wintersemester 2004/2005 von der theologischen Fakultät der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt angenommenen Dissertation des von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten Verfassers. Sie gliedert sich in drei Teile. Dabei führt die Einleitung in die Problemstellung und den Forschungsstand ein und bilden methodologische Überlegungen eine Einführung in die gewichtigen Quellenfonds.
Der Hauptteil widmet sich den einzelnen Wahlvorgängen. Sie betreffen die Jahre 1636, 1685, 1697, 1705, 1725, 1736, 1757, 1781 und 1790. Sehr ausführlich und gründlich beschreibt der Verfasser auf Grund aller ihm im Inland und Ausland zugänglichen Quellen das jeweilige Ringen um das bedeutsame Amt, das jeweils nur einen der verschiedenen Kandidaten zum Erfolg führt.
Am Ende zieht der Verfasser aus diesen Vorgängen umsichtig Bilanz. Sie erweist die Eichstätter Wahlgeschichte als Wechselspiel kaiserlicher, dynastischer und domkapitelscher Einflussnahme, das sowohl vom politischen Geschehen im Reich wie von der Innenpolitik in Eichstätt geprägt ist. Besonders interessiert zeigen sich weitgehend ohne Erfolg Pfalz-Neuburg bzw. Kurpfalz, Lothringen, Kursachsen, Kurbayern, Baden-Baden und Hessen-Darmstadt.
Am Ende zeigt der nach dem Studium der katholischen Theologie in Eichstätt und Wien seit 2004 als Pastoralreferent in der Erzdiözese Freiburg im Breisgau wirkende Verfasser verdienstvollerweise noch vorhandene Forschungsdesiderate auf. Kurzbiogramme und Register vervollständigen |
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| Zwangsarbeit im Nationalsozialismus und die Rolle der Justiz. Täterschaft, Nachkriegsprozesse und die Auseinandersetzung um Entschädigungsleistungen, hg. v. Kramer, Helmut/Uhl, Karsten/Wagner, Jens-Christian (= Nordhäuser Hochschultexte, Allgemeine Schriftenreihe Band 1). KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Nordhausen 2008. 211 S. Besprochen von David von Mayenburg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zwangsarbeit im Nationalsozialismus und die Rolle der Justiz. Täterschaft, Nachkriegsprozesse und die Auseinandersetzung um Entschädigungsleistungen, hg. v. Kramer, Helmut/ Uhl, Karsten/Wagner, Jens-Christian (= Nordhäuser Hochschultexte, Allgemeine Schriftenreihe Band 1). KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Nordhausen 2008. 211 S. Besprochen von David von Mayenburg.
Was im angelsächsischen Sprachraum schlicht slavery, Sklaverei genannt wird, nämlich der rücksichtslose Einsatz von Menschenleben für die Kriegswirtschaft des Dritten Reichs, trägt in Deutschland den viel neutraleren Titel „Zwangsarbeit“. Ganz so, als handele es sich hier im juristischen Sinne um ein ganz normales Arbeitsverhältnis, wenn auch um eines, das nicht auf Konsens, sondern auf Zwang gegründet ist. Im Jahr 2007 entschied das deutsche Bundesverwaltungsgericht, „dass ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit nicht bereits in der Beschäftigung von Zwangsarbeitern, Kriegs- und Strafgefangenen als solcher gesehen werden [könne]. Ein solcher Verstoß [liege] erst dann vor, wenn sie im Unternehmen menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen unterworfen waren.“ (BVerwGE 128, 155). War also der Einsatz von Zwangsarbeitern nur ein zwar unschöner, letztlich aber doch menschlicher und rechtsstaatlicher Vorgang?
Der zu besprechende Sammelband enthält Beiträge von Juristen, Historikern und Politologen. Er ist aus einer Tagung hervorgegangen, die im März 2006 vom Forum Justizgeschichte in Zusammenarbeit mit der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora veranstaltet wurde. Das Buch zeigt eindrucksvoll, dass die juristische Spitzfindigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur geradezu naiv die historische Realität der massenhaften Versklavung von Menschen im Nationalsozialismus außer Acht lässt, sondern dass diese Form des juristischen Umgangs mit dem Phänomen Zwangsarbeit in der Bundesrepublik ihrerseits in einer jahrzehntelangen Tradition steht.
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| Zwischen Formstrenge und Billigkeit. Forschungen zum vormodernen Zivilprozess, hg. v. Oestmann, Peter (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 56). Böhlau, Köln 2009. XIII, 342 S., 12 Abb. Besprochen von Gunter Wesener. |
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Zwischen Formstrenge und Billigkeit. Forschungen zum vormodernen Zivilprozess, hg. v. Oestmann, Peter (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 56). Böhlau, Köln 2009. XIII, 342 S., 12 Abb. Besprochen von Gunter Wesener.
Der Sammelband enthält Vorträge, die bei der von Albrecht Cordes und Peter Oestmann veranstalteten Tagung der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung im September 2007 in Wetzlar zum Thema „Formalismus und Formalitäten. Eine vergleichende Untersuchung des Kameralprozesses“ gehalten wurden. Nach Kolloquien, die der Spätzeit der höchsten Reichsgerichte (2000), ihrer Gründungsphase (2002) und der juristischen Argumentationskultur (2004) gewidmet waren, sollte nun das Verfahren selbst im Mittelpunkt stehen. Der Kameralprozess wird zu Recht als „spezifische Ausprägung eines Verfahrensrechts“ angesehen, das seine Wurzeln im gelehrten kanonischen und römischen Recht des Mittelalters hat (p. VIII). Die vorgelegten Studien verbindet darüber hinaus die Suche nach dem „Spannungsfeld zwischen Formalisierung und Billigkeit im frühneuzeitlichen Zivilprozess“ (p. X).
Nach einem höchst instruktiven Vorwort (p. VIIff.) Peter Oestmanns folgt eine grundlegende Abhandlung (S. 1ff.) desselben Verfassers über „die Form im Recht als Problem der Rechtsgeschichte“. Oestmann geht aus von Jherings Ausspruch „Die Form ist die geschworene Feindin der Willkühr, die Zwillingsschwester der Freiheit“. Er widmet sich der Frage von Recht und Form in der rechtsgeschichtlichen Diskussion (S. 11ff.) und beklagt das Fehlen umfassenderer neuerer Untersuchungen zum Verhältnis von Recht und Form in der Geschichte (S. 23). Im Folgenden (S. 24ff.) prüft er die Vorstellungen vom Rechtsformalismus am Quellenmaterial für die verschiedenen Epochen, für das germanische Recht, das hohe Mittelalter, das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit. Eingegangen wird auf die zahlreichen Eidesformeln in der Reformationszeit, d |
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| Zwischen Fürstenwillkür und Menschheitswohl - Gottfried Wilhelm Leibniz als Bibliothekar, hg. v. Hartbecke, Karin (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderband 2008). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zwischen Fürstenwillkür und Menschheitswohl - Gottfried Wilhelm Leibniz als Bibliothekar, hg. v. Hartbecke, Karin (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderband 2008). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Leipzig nach dem gregorianischen Kalender am 1. Juli 1646 als Sohn des Professors für Rechtswissenschaft (Moralphilosophie) Friedrich Leibniz und einer Tochter eines Rechtsgelehrten geborene Gottfried Wilhelm Leibniz erlernte bereits mit acht Jahren an Hand der väterlichen Bibliothek Latein und bald auch Griechisch. Mit zwölf Jahren entwickelte er die Anfänge einer mathematischen Zeichensprache. Als der universale Gelehrte, der nach eigenem Bekunden beim Erwachen schon so viele Einfälle hatte, dass der Tag nicht ausreichte, sie niederzuschreiben, in Hannover am 14. November 1716 vereinsamt verstarb, war bei seinem Begräbnis allein sein Sekretär anwesend.
Der ihn gleichwohl ein weiteres Mal gebührend ehrende Sammelband umfasst sechs Beiträge. Statt eines Vorworts berichtet Georg Ruppelt davon, dass der Leibniz-Briefwechsel der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes wurde. Die reiche Sammlung umfasst innerhalb des 50000 Stücke mit etwa 200000 Seiten umfassenden Nachlasses (40 Prozent in Latein, 30 Prozent in Französisch, 15 Prozent in Deutsch) rund 15000 Briefe an etwa 1100 Partner (rechnerisch knapp 300 Briefe pro Erwachsenenjahr mit durchschnittlich fast 15 Briefen je Partner) und bildet, weil Leibniz kein seine Gedanken systematisch vereinendes Hauptwerk hinterlassen hat, eine wesentliche Grundlage für das Verständnis seiner Gedankenwelt.
Im Anschluss hieran leitet die Herausgeberin in den Band ein. Danach betrachtet Kathrin Paasch Leibniz im Spiegel der Bibliotheca Boineburgica des Mainzer Diplomaten Johann Christian von Boineburg (1622-1672), für den Leibniz seit einem Treffen in Nürnberg in der zweiten Hälfte de |
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| A Pécsi Püspöki Joglyceum emlékezete 1833-1923 [Das Gedächtnis des Bischöflichen Juristischen Lyceums zu Fünfkirchen 1833-1923], hg. v. Kajtár, István/ Pohánka Éva. Publikon Verlag, Pécs 2009. 313 S.Besprochen von Katalin Gönczi. |
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Pécsi jogászprofesszorok emlékezete (1923-2008). Antológia [Das Gedächtnis der Juraprofessoren zu Fünfkirchen. Eine Anthologie], hg. v. Kajtár, István. Publikon Verlag, Pécs 2008. 324 S. Besprochen von Katalin Gönczi.
Wie kann man den Spagat zwischen Rechtsunterricht und rechtswissenschaftlichen Publikationen schaffen? Was prägt das Gedächtnis späterer Generationen am meisten: Die legendäre Persönlichkeit eines Hochschullehrers oder sein Œuvre als Wissenschaftler? Diese für Juraprofessoren immer wieder aktuellen Fragen liefern eine Perspektive auf zwei „Gedächtnisbände“ zur Geschichte der Juristenausbildung in Pécs / Fünfkirchen; beide Bücher sind neue Publikationen aus der Werkstatt István Kajtárs.
Die Geschichte der Juristenausbildung ist zu Beginn des dritten Jahrtausends auch in Ungarn wieder einmal en vouge geworden, wie eine Gesamtrezension von Annamária Bíró zu neueren Perspektiven der rechtshistorischen Forschungen verdeutlicht hat.[1] Aber parallel zur weitverbreiteten positivistischen Institutionengeschichte der ungarischen Verfassungs- und Rechtsgeschichtsschreibung gab es auch schon früher einen schmalen Pfad, auf dem die Wissenschaftsgeschichte ihren Weg suchte. Insbesondere Gründungsjubiläen boten einen guten Anlass für Rückblicke auf die Juristenausbildung in Ungarn. Eine kritische Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte der Juristenausbildung wurde dabei aber bislang aus Vorsicht gemieden. Daher sind die nun umfassenderen, von István Kajtár herausgegebenen Sammelbände zur Juristenausbildung in Pécs besonders zu begrüßen.
Die Vorträge einer wissenschaftlichen Konferenz im Jahre 2009 bilden die Grundlage der Publikation zum Pécser juristischen Lyzeum. Die Autoren des |
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| Adam Bremensis, Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum. Concordantiae et Indices, conscripserunt Cardinali, Luca/Segoloni, Maria Paola, Band 1 A-P, Band 2 Q-Z Appendix 1-8) (= Alpha-Omega, Reihe B Indizes Konkordanzen des Mittelalters und der Neuzeit 21). Olms-Weidmann, Hildesheim 2009. 1-637a, 637b-1275 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der möglicherweise aus Bamberg stammende, wohl vor 1050 geborene, jedenfalls um 1066 unter Erzbischof Adalbert zum Domherrn in Bremen bestellte Adam (Bremensis) verfasste als Leiter der Klosterschule um 1075 unter Benutzung älterer Chroniken und Urkunden in vier Büchern sein Geschichtswerk über die Leistungen der Hamburger Bischöfe. Darin behandelte er nach einander die karolingische Mission im Norden, die Mission zwischen 937 und 1043, die Zeit Erzbischof Adalberts und eine Völkerkunde Nordeuropas. Seine auch die Entdeckung Vinlands durch die Wikinger erstmals schriftlich überliefernde Darstellung gilt als sehr zuverlässig.
Die bekannteste Edition dieser bedeutsamen frühhochmittelalterlichen Quelle wurde 1917 von Bernhard Schmeidler besorgt. Auf sie gründen die Bearbeiter ihre Konkordanz (Key word in context), deren Gestaltung sie eingangs kurz beschreiben. Ergänzt wird das alphabetisch geordnete Hilfsmittel durch einige nützliche Indizes.
Häufigste Wörter sind qui (1420), et (1342) und in (1220). civis findet sich an sieben Stellen (burgensis fehlt), ius an 15 (darunter divina neque humana iura, iura humanitatis, ius successionis, ius ecclesiae, ius ordinandi und ius famulicii). Es wäre durchaus wünschenswert, dass die durch die elektronische Datenverarbeitung eröffneten Möglichkeiten in gleicher Weise bei weiteren bedeutenden Quellen angewendet würden.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Adam, Thomas, Kleine Geschichte des Kraichgaus. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG., Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2010. 271 S., 70 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Adam, Thomas, Kleine Geschichte des Kraichgaus. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG., Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2010. 271 S., 70 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Abgesehen von ihrer parteilichen Wiederbelebung im nationalsozialistisch bestimmten früheren 20. Jahrhundert gehören die Gaue des deutschen Sprachraums längst der mittelalterlichen Vergangenheit an. Gleichwohl leben sie doch noch so stark in der menschlichen Erinnerung fort, dass sie in der Gegenwart Gegenstand geschichtlichen Interesses werden können. Ein Beispiel hierfür ist der in Lorsch 769 als Creichgowe erstmals erwähnte, nach der in den Rhein mündenden Kraich (Kraichbach) benannte, heute mehr als 1500 Quadratkilometer umfassende Kraichgau zwischen Schwarzwald, Odenwald, Oberrheinebene und Neckar (bzw. eingerahmt von Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart und Heilbronn/Mosbach), für den der in Karlsruhe 1967 geborene Leiter des städtischen Museums in Bruchsal eine kleine Geschichte vorgelegt hat.
In dreizehn Kapiteln durcheilt er fragend und belehrend die Geschichte einer fruchtbaren Mulde zwischen Schwarzwald und Odenwald vom 1907 in Mauer gefundenen, mehr als 500000 Jahre alten homo Heidelbergensis (mit Bild) bis zur erweiternden Jetztzeit. Dabei wird ein Lebensraum erschlossen, werden Herren, Klöster, Städte und Burgen gezeigt und Spannungsfelder und Kampfplätze erörtert. Der Name pendelt unentschieden zwischen germanischer Krümmung und altväterischem Lehm (Löss), der mit bis zu 30 Metern Stärke die Landschaft besonders fruchtbar macht.
Eingerahmt ist der Bretten umschließende ursprünglich kleinere Kraichgau vom Lobdengau, Anglachgau, Pfinzgau, Enzgau, Zabergau, Gartachgau und Elsenzgau. 985 in der Hand der Salier zerfällt das Gebiet seit dem 12. Jahrhundert politisch und gelangt in einzelnen Teilen an die Grafen von Katzenelnbogen, die Pfalzgrafen bei Rhein, das Hochstift Speyer, die Grafen von Eberstein und die Markgrafen von Baden, in de |
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| Ahner, Björn, Nachfragetätigkeit der öffentlichen Hand im Spannungsverhältnis zwischen Kartellrecht, Grundfreiheiten und Grundrechten (= Schriften zum deutschen, europäischen und internationalen Recht des geistigen Eigentums und des Wettbewerbs 13). JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2010. 343 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ahner, Björn, Nachfragetätigkeit der öffentlichen Hand im Spannungsverhältnis zwischen Kartellrecht, Grundfreiheiten und Grundrechten (= Schriften zum deutschen, europäischen und internationalen Recht des geistigen Eigentums und des Wettbewerbs 13). JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2010. 343 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die zwischen August 2007 und März 2009 vor allem während einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter unter der Betreuung Jochen Glöckners entstandene, im Sommersemester 2010 von der Universität Konstanz angenommene Dissertation des Verfassers. Ihr geht es um die jüngste Entwicklung einer sachlich gewichtigen Rechtsfrage im Spannungsverhältnis von Freiheit und Macht zwischen Verfassungsrecht und Wirtschaftsrecht. Der Verfasser erläutert dies an den vier Fallbeispielen einer Einkaufskooperation zweier Bundesländer für Polizeiuniformen, einer Einkaufskooperation sechzehner, auf erhöhte Rabatte abzielender Allgemeiner Ortskrankenkassen, der Tariftreueerklärung bei Straßenbauleistungen in Berlin und an dem spanischen Gesundheitssystems, mit dem sich der Europäische Gerichtshof am 11. Juli 2007 befasste.
Im Kern geht es ihm um die Frage, ob auf die Nachfragetätigkeit der öffentlichen Hand Kartellrecht angewendet werden kann. Dazu befasst er sich nach einer kurzen Einführung ausführlich mit dem Kartellrecht. In drei weiteren Hauptteilen geht er auf den Schutz über Grundfreiheiten bzw. Vergaberichtlinien, den Schutz über nationale Grundrechte und den Schutz über europäische Grundrechte ein.
Im Ergebnis schließt er mit überzeugender Anlehnung an den Europäischen Gerichtshof die Anwendung des Kartellrechts auf seine Fallbeispiele aus, weil die öffentliche Hand in ihrer Nachfrage nicht als Unternehmer tätig wird. Deswegen ist es nach seiner einleuchtenden Ansicht notwendig, die Wettbewerbsstrukturen auf der Angebotsseite über anderweitige Normen zu schützen. Seine sachlichen V |
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| Akten des Reichskammergerichts im Hauptstaatsarchiv Hannover. Hochstift Hildesheim und benachbarte Territorien 1495-1806, bearb. und eingel. v. Kauertz, Claudia, nach Vorarbeiten von Szabó, Anikó/Wieczorek, Klemens (†), unter Mitarbeit und mit Indizes von Mahmens, Sven, Teil 1 A–G, Teil 2 H–O, Teil 3 P–Z, Teil 4 Indizes. Hahn, Hannover 2009 (= Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung. Das Niedersächsische Landesarchiv und seine Bestände Band 1 = Inventar des Reichskammergerichts 30). Hahnsc |
Ganzen Eintrag anzeigen Akten des Reichskammergerichts im Hauptstaatsarchiv Hannover. Hochstift Hildesheim und benachbarte Territorien 1495-1806, bearb. und eingel. v. Kauertz, Claudia, nach Vorarbeiten von Szabó, Anikó/Wieczorek, Klemens (†), unter Mitarbeit und mit Indizes von Mahmens, Sven, Teil 1 A–G, Teil 2 H–O, Teil 3 P–Z, Teil 4 Indizes. Hahn, Hannover 2009 (= Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung. Das Niedersächsische Landesarchiv und seine Bestände Band 1 = Inventar des Reichskammergerichts 30). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2009. 1-769, 775-1860, 1865-2938, 2943-3429 S., graph. Darstell. Besprochen von Peter Oestmann.
Mit einem vierbändigen monumentalen Wurf eröffnet das Hauptstaatsarchiv Hannover eine neue Schriftenreihe mit gedruckten Repertoriumsbänden. Der Auftakt hätte kaum besser gelingen können. Die reichskammergerichtlichen Inventarbände sind Teil des inzwischen weitgehend abgeschlossenen Verzeichnungsprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das seit den 1970er Jahren auf Veranlassung Bernhard Diestelkamps und anderer die im 19. Jahrhundert zerrissenen Aktenbestände in einheitlich gegliederten modernen Repertorien erschlossen hat.
Hannover hatte dabei doppelte Mühe, denn bereits von ca. 1960 bis 1972 hatte Erich Weise ein maschinenschriftliches Findbuch erarbeitet und dabei die Überlieferung nach den drei damals bestehenden Regierungsbezirken Hannover, Hildesheim und Lüneburg in drei Unterabteilungen gegliedert. Im Hinblick auf die DFG-Grundsätze mussten alle Akten nunmehr nochmals verzeichnet werden, eine Arbeit, welche die Archivmitarbeiter von 1980-1982 und 2001-2004 leisteten. Da der Großteil der Hannoveraner Akten aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Hildesheim stammt, sind die Hildesheimer Verzeichnungen jetzt vor den beiden anderen Teilbeständen im Druck erschienen. Es handelt sich um 2164 Prozesse, die sich auf die ehemaligen südniedersächsischen Territorien verteilen.
Das Repertorium beginnt mit einer außergew |
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| Albrecht, Henning, Antiliberalismus und Antisemitismus. Hermann Wagener und die preußischen Sozialkonservativen 1855-1873 (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 12). Schöningh, Paderborn 2010. 596 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Albrecht, Henning, Antiliberalismus und Antisemitismus. Hermann Wagener und die preußischen Sozialkonservativen 1855-1873 (= Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 12). Schöningh, Paderborn 2010. 596 S. Besprochen von Werner Schubert.
Neben den preußischen „Altkonservativen“ bildeten die Sozialkonservativen, die keine eigene Partei hervorgebracht haben, einen Flügel dieser Partei im Umfeld Hermann Wageners (1815-1889), der als der einflussreichste Ideengeber und Organisator der Sozialkonservativen angesehen werden kann. Wagener war aus dem preußischen Justizdienst 1848 wegen seiner konservativen Haltung vom damaligen Justizminister Bornemann zur Disposition gestellt worden (S. 56). Er war erster Chefredakteur der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung) von 1848-1854, 1861-1873 der Berliner Revue sowie maßgebender Mitarbeiter an weiteren konservativen Zeitschriften und gehörte dem Preußischen Abgeordnetenhaus von 1853-1858 und von 1861-1870 sowie dem Reichstag von 1867-1873 an. Von 1866-1873 war er im preußischen Staatsministerium als Vortragender Rat Ratgeber Bismarcks in innen- und sozialpolitischen Fragen. Albrecht untersucht in seiner umfassenden Darstellung erstmals die vornehmlich von Wagener ausgehenden Konzepte der preußischen Sozialkonservativen und zeigt auf, dass letztere bereits mit allen Elementen eines „modernen“ Antisemitismus operierten, die nach bisherigen Forschungen erst der Zeit nach dem „Gründerkrach“ von 1873 zugeschrieben werden. Zwischen 1860 und 1872 bedienten sich die Sozialkonservativen um Wagener der Judenfeindschaft als Mittel der politischen Agitation, die ausgelöst wurde durch die liberale „Neue Ära“ von 1858. Die Sozialkonservativen wandten sich gegen den Liberalismus, der mit dem Judentum identifiziert wurde (S. 282). Gefordert wurde u. a. die „Errichtung einer christlich-solidarischen, nationalen, korporativ gegliederten Interessengemeinschaft in sozialkonservativem Sinne, die den ausbeutend-unso |
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| Alisch, Michael, Heinrich Himmler - Wege zu Hitler. Das Beispiel Heinrich Himmler. Lang, Frankfurt am Main 2010. 171 S., 1 Abb., 2 Graf. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Alisch, Michael, Heinrich Himmler - Wege zu Hitler. Das Beispiel Heinrich Himmler. Lang, Frankfurt am Main 2010. 171 S., 1 Abb., 2 Graf. Besprochen von Martin Moll.
Keine Frage: Person und Persönlichkeit des Reichsführers-SS Heinrich Himmler (1900-1945) werden Wissenschaft und Öffentlichkeit noch lange beschäftigen, verkörpert er doch wie kein zweiter das Paradoxon, dass ein wohlbehütetes, humanistisch erzogenes Kind einer gutsituierten, monarchistischen, katholischen Bürgerfamilie zum Nationalsozialismus finden und zu einem der maßgeblichen Exekutoren des Holocaust werden konnte. Untersuchungen über Himmlers nicht direkt unglückliche, aber doch irgendwie schief gelaufene Kindheit und Jugend setzten schon bald nach seinem Selbstmord ein und dauern bis heute fort, ohne dass ein Ende in Sicht wäre.
In diese Forschungslandschaft reiht sich die 2008 vorgelegte und nunmehr gedruckte Hamburger Magisterarbeit Michael Alischs ein. Der 1953 geborene Verfasser arbeitet als Urkundenexperte bei der Hamburger Kriminalpolizei und absolvierte seit 2000 berufsbegleitend ein Studium der Psychologie und der Geschichte, so dass die in der Arbeit zum Tragen kommende Verbindung beider Disziplinen folgerichtig erscheint. Den Anforderungen an eine Magisterarbeit entsprechend, hat Alisch überwiegend die vorliegende Literatur einschließlich edierter Quellen ausgewertet; bei Archivbesuchen sind Himmlers frühes Tagebuch sowie einige ergänzende, wenngleich eher triviale Dokumente (Materialempfangsschein, Urlaubsschein usw.) herangezogen worden.
Anlage und Durchführung der Arbeit geben zu keiner substanziellen Kritik Anlass, weshalb man lediglich ins Feld führen muss, was man als des Autors Pech bezeichnen könnte: 2008, als Alisch seine Arbeit einreichte, erschien gleichzeitig Peter Longerichs monumentale Studie: Heinrich Himmler. Biographie (München 2008), das Ergebnis vieljähriger Recherchen, basierend auf allen zugänglichen Quellen, die Resultate au |
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| Angenendt, Arnold, Die Gegenwart von Heiligen und Reliquien, eingel. und hg. v. Lutterbach, Hubertus. Aschendorff, Münster 2010. 260 S. Besprochen von Jasmin Deborah vom Brocke. |
Ganzen Eintrag anzeigen Angenendt, Arnold, Die Gegenwart von Heiligen und Reliquien, eingel. und hg. v. Lutterbach, Hubertus. Aschendorff, Münster 2010. 260 S. Besprochen von Jasmin Deborah vom Brocke.
Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um eine Sammlung von acht Aufsätzen des Münsteraner Kirchenhistorikers Arnold Angenendt zum Thema „Heilige und Reliquien“, die in der Zeit nach dem Erscheinen seiner gleichnamigen Monographie (1. Aufl. 1994) entstanden sind. Kompiliert und eingeleitet wurde der Band, der sich als eine Festgabe zum 75. Geburtstag Arnold Angenendts versteht, durch Hubertus Lutterbach.
In seiner Einleitung stellt Hubertus Lutterbach die anhaltende Aktualität der Beschäftigung mit Heiligen und Reliquien heraus, so etwa durch das Sachbuch „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling, das dessen Reise auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela beschreibt. Weiter gibt er das positive wissenschaftliche Echo auf die bereits erwähnte Monographie Angenendts wieder und stellt die Heiligen und Reliquien dann den Plastinaten aus Gunther von Hagens Ausstellung „Körperwelten“ gegenüber, wobei er zu der Erkenntnis kommt, dass die geringste Überschneidung von Reliquien und Plastinaten diejenige ist, dass beides Körper von Verstorbenen sind. Reliquien bestechen durch ihre Natürlichkeit, während den Plastinaten eine umfangreiche und aufwendige Behandlung zukommt. Der Herausgeber stellt aber zu Recht fest, dass es keine Kontinuität zwischen Reliquien und Plastinaten gibt (S. 15/16). Abschließend nennt er zwei tagesaktuelle Beispiele, welche die Bedeutung von Reliquien in unserer heutigen Zeit noch einmal hervorheben: nämlich die Verehrung des verstorbenen, aber noch nicht heilig gesprochenen Papstes Johannes Paul II. (S. 19-22) und die Auffindung der Reliquien des Apostel Paulus Ende Juni 2009 (S. 22-25).
Der Schwerpunkt dieser Aufsatzsammlung liegt auf der Religionsgeschichte, für die Rechtsgeschichte ergeben sich nur wenige Ansatzpunkte. So se |
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| Anreiter, Peter/Chapman, Christian/Rampl, Gerhard, Die Gemeindenamen Tirols. Herkunft und Bedeutung. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 650 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Anreiter, Peter/Chapman, Christian/Rampl, Gerhard, Die Gemeindenamen Tirols. Herkunft und Bedeutung. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009. 650 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Namen sind ein Spiegelbild der Geschichte, erklären die Verfasser am Ende ihrer trotz aller sachlichen Schwierigkeiten gut verständlichen Einführung. Deswegen eröffnen die Namen den Blick auf die Vergangenheit eines Gebietes. Bei der großen Gesamtzahl aller Namen, die sich in Tirol finden lassen, können die 279 Gemeinden, auf die der Titel das Werk beschränkt, nur einen Ausschnitt bieten, doch ist er mit den Verfassern als repräsentativer Querschnitt anzusehen.
Gegliedert ist das Werk nach den neun Bezirken Tirols. Sie sind wie die Namen selbst alphabetisch geordnet (Imst, Innsbruck, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Reutte, Schwaz). Der Nutzer muss also den übergeordneten Bezirk eines Namens kennen oder den am Ende befindlichen Namenindex benutzen, der von Abfaltern bis Zwerchbach rund 1000 Namen enthält.
Die 279 Artikel gliedern sich streng in vier Abschnitte. Diese betreffen das Referenzobjekt, die bodenständige Aussprache, die ältesten Belege und die Belegwürdigung und Etymologie. Unter den ältesten Belegen wird eine möglichst aussagekräftige und lückenlose Belegkette vom die unsicherere Vermutung durch den eindeutigen Nachweis ablösenden Erstbeleg bis mindestens in das 15. Jahrhundert wiedergegeben, die vor allem auf Peter Anreiters Frühnennungen der Nord- und Osttiroler Gemeindenamen beruht.
Von besonderem Gewicht ist jeweils der Abschnitt Belegwürdigung und Etymologie, der auf der sorgfältigen Berücksichtigung aller Gegebenheiten beruht, die vorangehende Literatur umsichtig verwertet und zahlreiche bessere Erklärungen versucht. Dabei wird, wie im Vorwort einsichtig dargelegt, im Wesentlichen zwischen sehr seltenen vorindogermanischen Namen (Alpen, Tauern), wenigen Namen der seit der zweiten Hälfte des zweiten vorchristlich |
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| Auf dem Weg zu einer europäischen Sammelklage?, hg. v. Casper, Matthias/Janssen, André/Pohlmann, Petra/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. XIII, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Auf dem Weg zu einer europäischen Sammelklage?, hg. v. Casper, Matthias/Janssen, André/Pohlmann, Petra/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. XIII, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bereits im Laufe des Mittelalters drangen Gedanken des in Rom von vielen Rechtskundigen ausgeformten Rechtes an einzelnen Stellen in den germanistischen Sprachraum ein. Im Laufe der Jahrhunderte erwuchs daraus eine weitreichende Rezeption antiken römischen Rechts in zeitgenössischer Anwendung. Vor allem seit dem 20. Jahrhundert wird das weitgehend ausgeschöpfte römische Rechtsideenreservoir zunehmend durch den Blick auf die unbekümmert praktisch-ökonomisch handelnden Vereinigten Staaten von Amerika ersetzt.
Dort wurde eine auch in die Federal Rules of Civil Procedure, Title 28 United States Code Appendix Rule 23 aufgenommene besondere class action entwickelt. Bei ihr klagt eine große Zahl von Klägern gegen einen Beklagten. Das Besondere bei dieser Sammelklage ist, dass für viele Kläger (z. B. Geschädigte) bedeutsame Tatsachenfragen und Rechtsfragen nicht in vielen einzelnen Rechtsstreitigkeiten einzeln geprüft und entschieden werden müssen, sondern dass sie an einer Stelle mit einheitlicher Wirkung für alle Beteiligten geklärt werden können, die dann nicht mehr ihre einzelne Betroffenheit sondern nur noch ihre Zugehörigkeit zu gleichen Gruppe beweisen müssen.
Wegen der wachsenden Bedeutung dieser etwa durch Klagen von nationalsozialistischen Zwangsarbeitern weltweit als durchaus erfolgreich bekannt gewordenen Einrichtung lud das Centrum für europäisches Privatrecht in Münster zum 15. und 16. Januar 2009 zu einem First Round Table der Challenges in European Private Law ein. Diese durch ein im November 2008 veröffentlichtes Grünbuch der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren noch beflügelte Veranstaltung führte Theoretiker und Praktiker aus (sechs) verschieden |
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| Auf dem Weg zur politischen Partizipation? Landstände und Herrschaft im deutschen Südwesten, hg. v. Lorenz, Sönke/Rückert, Peter (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 182). Kohlhammer, Stuttgart 2010. IX, 179 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Auf dem Weg zur politischen Partizipation? Landstände und Herrschaft im deutschen Südwesten, hg. v. Lorenz, Sönke/Rückert, Peter (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 182). Kohlhammer, Stuttgart 2010. IX, 179 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zur Erinnerung an die in der Grafschaft Württemberg 1457 erstmals dokumentierten Landtage fand am 8. und 9. November 2007 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und im Haus des Landtags Baden-Württemberg eine wissenschaftliche, vom Landesarchiv, vom Landtag, vom Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine sowie dem Institut für geschichtliche Landeskunde und historische Hilfswissenschaft der Universität Tübingen organisierte, in den weiteren Rahmen der Ausstellung Landschaft, Land und Leute, politische Partizipation in Württemberg 1457 bis 2007 gehörende Tagung statt. Die dortigen Vorträge sollten die sozialen und territorialen Strukturen vergleichend vorstellen und die Problematik der politischen Partizipation herausarbeiten. In der Drucklegung sind sie bearbeitet und ergänzt sowie dem Gedächtnis Joachim Fischers (1936-2009) gewidmet.
Die insgesamt neun Beiträge werden eingeleitet von Sönke Lorenz, der die Entwicklung vom herrschaftlichen Rat zu den Landständen in Württemberg vom 13. bis zum 16. Jahrhundert schildert. Auf dieser allgemeineren Grundlage untersucht Johannes Dillinger besonders die politischen Mitspracherechte der Landbevölkerung in Württemberg, Baden-Baden und Schwäbisch-Österreich vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, während Christoph Volkmar Landesherrschaft und territoriale Funktionseliten in Württemberg und Sachen um 1500 vergleicht und Oliver Auge die Bedeutung der geistlichen Landstände im Südwesten und Nordosten des Reiches bis zur Reformation behandelt. Damit schließt der wichtige vergleichende Blick nach außen.
Unter dem Buchtitel stellt |
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| Auffenberg, Ulrich, Friedrich Esaias von Pufendorfs Entwurf eines hannoverschen Gesetzbuches mit Edition. Diss. jur. Frankfurt am Main. 2007. V, 193 S. Besprochen von Steffen Schlinker. |
Ganzen Eintrag anzeigen Auffenberg, Ulrich, Friedrich Esaias von Pufendorfs Entwurf eines hannoverschen Gesetzbuches mit Edition. Diss. jur. Frankfurt am Main. 2007. V, 193 S. Besprochen von Steffen Schlinker.
Auf dem Gebiet der Gesetzgebung sind die welfischen Territorien, abgesehen vom Zivilprozessrecht im 19. Jahrhundert, nicht besonders hervorgetreten. In Helmut Coings Handbuch zum Europäischen Privatrecht findet jedoch neben den großen bayerischen, preußischen und österreichischen Gesetzbüchern des 18. und frühen 19. Jahrhunderts immer wieder der Entwurf eines hannoverschen Landrechts Erwähnung. Bereits 1970 hat Wilhelm Ebel ein Manuskript der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen unter dem Titel „Friedrich Esajas Pufendorfs Entwurf eines hannoverschen Landrechts (vom Jahre 1772)“ publiziert. Ulrich Auffenberg äußert allerdings nunmehr berechtigte Zweifel, ob die undatierte Göttinger Handschrift tatsächlich der Entwurf für den Codex Georgianus ist, den der Vizepräsident des Oberappellationsgerichts Celle, Friedrich Esaias von Pufendorf, für König Georg III. als Kurfürst von Hannover erarbeitet hat.
Auffenberg beginnt nach einer kurzen Einleitung mit der Lebensgeschichte Pufendorfs und zieht dazu dessen Autobiographie heran (S. 2-7). Dabei kann er auf einige Ungereimtheiten der bisherigen Forschung hinweisen. Im Mittelpunkt von Auffenbergs Arbeit steht allerdings die Edition eines handschriftlichen Entwurfs zu einem hannoverschen Gesetzbuch im Familien- und Gutsarchiv der Familie von Lenthe unweit von Hannover (S. 17-158). Dieser Gesetzentwurf aus dem Obergut Lenthe, den Auffenberg sorgfältig transkribiert hat, kann anhand weiterer dort vorhandener, mit Datumsangaben versehener Briefe auf das Jahr 1769 datiert werden. Die Briefe gehören zu einer umfangreichen Korrespondenz zwischen Friedrich Esaias von Pufendorf und Albrecht Friedrich von Lenthe aus der Zeit vom November 1768 bis zum Juni 1769 (Edition S. 161-172). Bilder Pufe |
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| Ausschüsse für Luftrecht, Luftschutzrecht, Kraftfahrzeugrecht und Rundfunkrecht, hg. und mit einer Einleitung versehen v. Schubert, Werner (= Akademie für deutsches Recht 1933-1945. Protokolle der Ausschüsse 18). Lang, Frankfurt am Main 2009. XXXIX, 664 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ausschüsse für Luftrecht, Luftschutzrecht, Kraftfahrzeugrecht und Rundfunkrecht, hg. und mit einer Einleitung versehen v. Schubert, Werner (= Akademie für deutsches Recht 1933-1945. Protokolle der Ausschüsse 18). Lang, Frankfurt am Main 2009. XXXIX, 664 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der achtzehnte Band der von Werner Schubert in ununterbrochener Reihenfolge herausgegebenen Protokolle der Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht vereinigt die Protokolle bzw. Arbeiten der verkehrsrechtlichen Ausschüsse (Ausschuss für Luftrecht, Ausschuss für Kraftfahrzeugrecht) und fügt dem die Protokolle des personell mit dem Luftrechtsausschuss eng verbundenen Ausschusses für Luftschutzrecht und die Protokolle des Ausschusses für Rundfunkrecht hinzu. Die ursprünglich geplante Einrichtung eines allgemeinen Verkehrsrechtsausschusses und eines Ausschusses für Eisenbahnrecht kam nicht zustande. In der Einleitung bereichtet der Herausgeber sorgfältig über Quellen und Umfang der Edition, die Arbeiten des Ausschusses für Luftrecht, die Arbeiten des Ausschusses für Luftschutzrecht, die Arbeiten des Ausschusses für Kraftfahrzeugrecht und die Arbeiten des Ausschusses für Rundfunkrecht.
Als Ausschussmitglieder kann er etwa für den Luftrechtsausschuss anführen Albrecht, Bernhard, Bülow, Darsow, Hermann Dersch, Döring (Doering), Eickhoff, Fokken, Goltz, Haeften, Günther Haupt, John, Keith, Kettlitz, Wilhelm Kisch, Krieger, Fritz Lindenmaier, Loerzer, Lossau, Hermann von Mangoldt, Müller, Oppikofer, Pietzker, Rebsamen, Reemsberg, Reymann, Riese, Runge, Rütow, Schleicher, Schuster, Thees, Troitzsch, Adalbert von Unruh, Wegerdt, Wehde, Gustav Wilke und Wimmer. Soweit möglich, stellt er die wichtigsten einschlägigen Daten zusammen. Dadurch gewinnen die edierten Quellen auch persönlich erheblich an Kontur.
Für den Luftrechtsausschuss kann er vom 14. 11. 1934 bis 2. 11. 1940 14 Positionen mit jeweils meist mehreren Unterlagen vorlegen, für den Luftschu |
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| Balogh, Elemér, Die ungarische Strafrechtskodifikation im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen 12). LIT, Münster 2010. VI, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Balogh, Elemér, Die ungarische Strafrechtskodifikation im 19. Jahrhundert (= Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen 12). LIT, Münster 2010. VI, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Elemér Balogh, der in Freiburg im Breisgau 1992 mit einer Untersuchung über die Verdachtsstrafe als Erscheinungsform der Schuldvermutung promoviert wurde, beschäftigt sich seit dieser Zeit mit der neuzeitlichen ungarischen Strafrechtsgeschichte auf der Grundlage der Notwendigkeit der Kenntnis der zeitgenössischen deutschen Rechtskultur. Seinem Gegenstand hat er seitdem mehrere Aufsätze gewidmet. Sie haben in ihm die Erkenntnis reifen lassen, dass ein Resümee seiner Forschungsergebnisse auch in die Hand der deutschen Leser gehört, wofür Thomas Vormbaum verdienstvollerweise die Bahn geebnet hat.
Die schlanke Untersuchung gliedert sich insgesamt in drei Teile. Zunächst erweist der Verfasser die drei von ihm erfassten Strafgesetzentwürfe als Ergebnisse der Kodifikationstätigkeit deputationum regnicolarum (1790-1843). Danach schildert er die traditionelle Dogmatik des materiellen Strafrechts, der er schließlich die dogmatische Entwicklung zur Zeit des Vormärz gegenüberstellt. Im Anhang gibt er dann den Codex de delictis eorumque poenis von 1795, den Codex de delictis eorumque poenis von 1830 und (den Gesetzesvorschlag) Von den Verbrechen und Strafen für das Königreich Ungarn von 1843 wieder, die für jedermann an Hand nicht in Gesetzeskraft erwachsener Projekte den vor allem über die österreichische peinliche Landtgerichtsordnung (Ferdinandea) von 1656 mit dem deutschen Sprachraum verbundenen Weg zeigen, auf dem die strafrechtliche Grundlage der modernen bürgerlichen Gesellschaft in Ungarn geschaffen wurde.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Baltisch-europäische Rechtsgeschichte und Lexikographie, hg. v. Kronauer, Ulrich/Taterka, Thomas (= Akademiekonferenzen 3). Winter, Heidelberg 2009. 287 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Balten sind eine kleine, aber selbständige und für die deutsche Geschichte bedeutsame Völkergruppe am östlichen Rand der mittleren Ostsee. Ihre Entwicklung verlief durchaus wechselhaft, brachte ihnen aber mit dem Ende der Sowjetunion wieder die Freiheit. Deswegen war nicht nur der Beitritt zur Europäischen Union möglich, sondern konnten an der im April 2002 vom Deutschen Rechtswörterbuch in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften veranstateten Tagung über baltische (Rechts-)Kultur und Deutsches Rechtswörterbuch erstmals fünf Gäste aus Lettland und zwei Gäste aus Estland teilnehmen.
Der danach veröffentlichte, leider ein Register entbehrende Sammelband enthält insgesamt 14 Beiträge von der Verbreitung des Sachsenspiegels und des Magdeburger Rechts in den baltischen Ländern (Heiner Lück) bis zu Peeter Järvelaids biographischem Essay über Friedrich Georg von Bunge und Leo Lesment. Unterschieden werden dabei nach einer kurzen Einleitung der Herausgeber historische Dimensionen, Sprache und Recht im Baltikum und biographische Zugänge. Bei den historischen Dimensionen fragt etwa Tiina Kala, wofür man einen Rechtskodex (des lübischen Rechts im mittelalterlichen Reval) braucht, während Ralph Tuchtenhagen die schwedischen Rechtseinflüsse und Kaspars Klaviņs den Rechtszustand der Eingeborenen im lettischen Distrikt Altlivlands hinsichtlich Mythos und Realität untersuchen.
Bei Sprache und Recht geht es etwa um die Diachronie der Rechtswörter in den Rigaer mittelniederdeutschen Urkunden (Dzintra Lele-Rozentale), um das Deutsche Rechtswörterbuch als Hilfsmittel für die Erschließung hansischer Urkunden Rigas (Kristine Pavlovska), um Reflexe des Mittelniederdeutschen in den altrussischen Vertragsdokumenten aus Nowgorod (Igor Koškin), um die R |
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| Bauer, Christoph W., Der Buchdrucker der Medici. Haymon, Innsbruck 2010. 149 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In Deubach am Schmutterzufluss Dullbach bei Augsburg wird 1610 Michael Wagner geboren, dem der Verfasser durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte bis zur Gegenwart folgt. Schon als Lateinschüler in Augsburg sammelt er als Laufbursche erste Erfahrungen mit dem Buchhandel. Dem schließt sich eine Lehre als Buchdrucker an.
Im März 1639 bietet sich ihm in Innsbruck die Möglichkeit der Verheiratung mit der Buchdruckerswitwe Maria Gäch. Am 11. Oktober 1639 erhält er von Claudia von Medici die Erlaubnis zur Ausübung der „Puechtruckherey“. Danachwill er als Drucker der Medici nichts unversucht lassen, seiner Landesfürstin zur Ehre zu gereichen.
In bunten Bildern schildert der 1968 in Kärnten geborene Verfasser anschließend die Geschichte der Wagner’schen Buchhandlung und Hofdruckerei in Innsbruck. Geschickt verbindet er Unterhaltung mit archivalischen Grundlagen. Seinen Streifzug durch 300 Jahre interessante Unternehmensgeschichte veranschaulichen am Ende sieben Abbildungen vom Freibrief des Jahres 1639 bis zum Inventar von 1701.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Bauer, Johann Paul, Wörterbuch der heutigen Rechts- und Politiksprache - Deutsch - Latein = Lexicon terminorum iuridicorum et politicorum nostrae aetatis - Theotisco - Latinum, hg. v. Herberger, Maximilian/Riemer, Peter/Weth, Stephan. Alma mater Verlag, Saarbrücken 2008. XX, 596 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das römische Recht ist eine wesentliche Wurzel aller Rechte der heutigen Welt. Da es als Gedankengebilde in die lateinische Sprache gefasst ist, lässt es sich nur auf der Grundlage des Lateinischen wirklich verstehen und hat seinerseits seinem formalen Medium zu zahlreichen Weiterwirkungen in anderen Sprachen verholfen. Noch in der Gegenwart lässt sich das geltende Recht mit Lateinkenntnissen besser verstehen als ohne sie.
Dass darüber hinaus die moderne rechtliche Gedankenwelt aber einer Rückübertragung in das Lateinische bedürfen könnte, ist außerhalb der lateinischen Kirche wohl eine eher seltene Überlegung. Die Römer kannten ja beispielsweise keine Arbeiterbewegung, keine Arbeiterfrage, keine Arbeiterhochschule, keine Arbeitslosigkeit oder keinen Arbeitsvertrag. Gleichwohl hat der Verfasser ein deutsch-lateinisches Wörterbuch der heutigen Rechts- und Politiksprache geschaffen, das diese Lücke schließt, ohne dass dies von vornherein zu erwarten gewesen wäre.
Ausgebildet ist der in Nürnberg am 9. Juni 1933 geborene, nach dem Besuch der Oberrealschule und des neusprachlichen Gymnasiums mit einem Staatsstipendium Bayerns für besonders Begabte ausgezeichnete Verfasser nämlich zunächst als Diplomkaufmann und erst danach als Jurist. Das Studium der Rechtswissenschaft in München und Erlangen hat er 1958 mit der Note gut abgeschlossen, die Referendarzeit 1963 als Bester seines Termins mit der Note sehr gut. Daneben begann er bereits während der Referendarzeit als Assistent bei Ludwig Schnorr von Carolsfeld, der in Erlangen zu dieser Zeit neben vielem anderem auch das römische Recht vortrug.
Die von Ludwig Schnor |
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| Baumgart, Peter, Brandenburg-Preußen unter dem Ancien régime. Ausgewählte Abhandlungen, hg. v. Kroll, Frank-Lothar (= Historische Forschungen 92). Duncker & Humblot, Berlin 2009. VIII, 595 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baumgart, Peter, Brandenburg-Preußen unter dem Ancien régime. Ausgewählte Abhandlungen, hg. v. Kroll, Frank-Lothar (= Historische Forschungen 92). Duncker & Humblot, Berlin 2009. VIII, 595 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahre 2006 veröffentlichte der 1931 in Berlin-Charlottenburg geborene, im Studium der Geschichte an der Freien Universität Berlin von Carl Hinrichs (1900-1962) und Gerhard Oestreich (1910-1978) geprägte, 1956 mit einer Arbeit über Zinzendorf promovierte, 1967 nach Würzburg berufene Peter Baumgart auf Grund jahrzehntelanger Studien gesammelte Beiträge unter dem Titel Universitäten im konfessionellen Zeitalter (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 149, Aschendorff, Münster 2006, X, 519 S., besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 125 [2008]). Nur wenige Jahre später werden ausgewählte Abhandlungen zu Brandenburg-Preußen unter dem Ancien régime vorgelegt. Sie widmen sich in erster Linie der Entwicklung des Territorialstaats Kurbrandenburg zur preußischen Monarchie des 18. Jahrhunderts und verbinden geistesgeschichtliche Analysen mit verwaltungshistorischen, sozialhistorischen, diplomatiegeschichtlichen, dynastiegeschichtlichen, militärgeschichtlichen und regionalgeschichtlichen Aspekten und Perspektiven.
Gegliedert hat der verdienstvolle Herausgeber die insgesamt 30 zwischen 1958 und 2002 verfassten Beiträge in sechs Themenbereiche. Sie betreffen den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen sich das brandenburgisch-preußische Staatswesen bis zum 18. Jahrhundert konstituierte, die Dynastie und Dynasten im 17. und 18. Jahrhundert (vor allem der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm I., Friedrich der Große), Strukturprobleme des preußischen Staatswesen (Stände, Kongressdiplomatie, Binnenstrukturen, Königskrönung, Auswärtiges Amt, Verwaltung, Armee, Adel und einzelne Persönlichkeiten wie Heinrich Rüdiger von Ilgen und Karl Abraham Freiherr von Zedlitz), Schlesien im System der preußischen Politik, die jüdische Minde |
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| Baur, Sebastian, Vor vier Höllenrichtern … Die Lizentiats- und Doktorpromotionen an der juristischen Fakultät der Universität Heideldberg. Lang, Frankfurt am Main 2009. 464 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Baur, Sebastian, Vor vier Höllenrichtern … Die Lizentiats- und Doktorpromotionen an der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg. Lang, Frankfurt am Main 2009. 464 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer sich über Heidelberger Promotionen unterrichten will, wird in Schlagwortregistern kaum hinter Höllenrichtern Promotionsgutachter vermuten. Dennoch hat sich Sebastian Baur für den Titel seiner von Klaus-Peter Schroeder angeregten und betreuten, im Juli 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommenen Dissertation für die Verwendung dieses Aufmerksamkeit erweckenden Wortes entschieden. Seine eigenen Gutachter beurteilt er freilich als stets engagiert, freundlich, rundum angenehm, sorgfältig und rasch entscheidend, also eher als Himmel auf Erden.
Seine ausführliche Untersuchung gliedert er naheliegenderweise chronologisch. Deswegen setzt er bei den Anfängen akademischer Graduierung in Europa mit den Schulen neues Typs ein und behandelt auf der Suche nach einem Vorbild für das 1385 privilegierte Heidelberg Paris und Bologna. Binnen kurzer Zeit erwuchs aus deren Praxis die Vorstellung der Lizenz, allerorten lehren zu dürfen.
Der erste Heidelberger Abschnitt betrifft die Zeit von den Anfängen bis 1558, der zweite die Zeit bis zum pfälzischen Erbfolgekrieg von 1688 bis 1697, dem das achtzehnte, das neunzehnte und das 20. Jahrhundert folgen. Im Einzelnen werden jeweils die Voraussetzungen der Graduierung, deren Ablauf und Kosten, der Zusammenhang zwischen Grad und Lehramt, der Einfluss von Seuchen und Kriegen, die Missstände und die Frequenzen behandelt. Dabei gelingen dem Verfasser zahlreiche neue Einzelerkenntnisse.
Von allgemeinerer Bedeutung scheinen dabei die augenfälligen Missstände des 18. Jahrhunderts zu sein, in dem die Professoren kurfürstlichen Forderungen nach der Promotion unter Verzicht auf Prüfungsleistungen keinen Widerstand entgegensetzten. Seit 1805 war zwar die Dissertatio |
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| Bavendamm, Dirk, Der junge Hitler. Korrekturen einer Biographie 1889-1914. Ares, Graz 2010. 592 S. 24 S. Bildteil. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bavendamm, Dirk, Der junge Hitler. Korrekturen einer Biographie 1889-1914. Ares, Graz 2010. 592 S. 24 S. Bildteil. Besprochen von Martin Moll.
Was kann man, so möchte man zu Beginn der Lektüre dieses dickleibigen Bandes fragen, über Hitlers vielfach erforschte Kindheit und Jugend noch Neues herausfinden? Sind nicht die wenigen für diese frühen Jahre von Hitlers Geburt 1889 bis zu seinem Eintritt in die bayerische Armee als Kriegsfreiwilliger 1914 überlieferten Dokumente hundertfach gesichtet und interpretiert worden? Und haben nicht alle bisherigen Biographen mit dem Mangel an Quellen zu hadern gehabt? Bei Bavendamm ist es nicht anders, allen vollmundigen Ankündigungen zum Trotz.
Wie der Titel des hier zu besprechenden Bandes ausweist, geht es dem Verfasser um eine Revision der gesamten bisherigen Forschung zu Hitlers Kindheit und Jugend. Dies könnte entweder durch die Vorlage neu entdeckter Quellen oder durch eine plausible Neu-Interpretation schon bekannten Materials geschehen. Keiner dieser beiden theoretisch denkbaren Ansätze wird eingelöst. Denn trotz aller verbalen Akrobatik kommt auch Bavendamm nicht um das Faktum herum, dass die verlässlichen Quellen zu Hitlers Jugendjahren vor seiner Kriegsteilnahme rar gesät sind. Wie der einleitende quellenkritische Abschnitt darlegt, handelt es sich heute ebenso wie vor 50 oder 60 Jahren um eine Handvoll – obendrein problematischer – Primärquellen, darunter die in den 1950er Jahren zu Papier gebrachten Erinnerungen von Hitlers Jugendfreund August Kubizek und Hitlers Schilderungen in seiner 1924/25 verfassten, vermeintlichen Bekenntnisschrift „Mein Kampf“. Das alles war schon bisher bekannt; relevante neue Quellen hat Bavendamm nicht aufgetan, wenngleich ihm ein entsprechendes Bemühen nicht abgesprochen sein soll.
Teil I „Geburt eines Traumes“ beschäftigt sich auf knapp 200 Seiten mit Hitlers Familie, Kindheit und Jugend vornehmlich vor dessen Übersiedlung nach Wien 1907. Ohne re |
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| Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 15 Nr. 6207-6705 (Buchstabe L) (= Bayerische Archivinventare 50/15), bearb. v. Hörner, Manfred. Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns, München 2008. X, 862 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 15 Nr. 6207-6705 (Buchstabe L) (= Bayerische Archivinventare 50/15), bearb. v. Hörner, Manfred. Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns, München 2008. X, 862 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Nachdem die Reihe der Reichskammergerichtsinventare für die Bestände des Bayerischen Hauptstaatsarchivs schon verschiedentlich in dieser Zeitschrift besprochen worden ist (zuletzt ZRG GA 127 [2009]), kann die Vorstellung des vorliegenden Bandes knapp ausfallen. Die nach den „Frankfurter Verzeichnungsgrundsätzen“ gewohnt ausführlich beschriebenen etwa 500 Akten des Buchstabens L (Kläger) bieten erneut rechtshistorisch hoch interessante Inhalte. Dass die Streitgegenstände angesichts der Ausführlichkeit der Beschreibungen nicht immer schnell zu fassen sind, ist nur für den schnellen Leser von Nachteil. Man muss nur den detaillierten Sachindex dazu zu Rate ziehen, um zu erfahren, worüber in dieser Zeit am Kammergericht gestritten wurde. Es ging etwa um die Verhängung der Reichsacht, um die Berechtigung der Appellation, um Bürgschafts- und Darlehensverpflichtungen, um Druckprivilegien, um das Schicksal von Heiratsgut und die Rechtswirkungen von Eheverträgen, natürlich um Erb- und Testamentsstreitigkeiten der unterschiedlichsten Art, um unberechtigte Gefangennahmen, um die Vereinbarung von Jahresgülten und Renten, sehr häufig um Injurien, die Ausübung von Jagd- und Wildbannrechten, um Mängel beim Kaufgeschäft, um Auseinandersetzung um Lehnsberechtigungen, um die Reichweite obrigkeitlicher Anordnungen, die Pfändung von Wirtschaftsgütern, den Bruch von Privilegien und rechtlichen Vereinbarungen, die Verteilung und Berechnung von Prozesskosten und die Bewertung von Zeugenaussagen. Bei der Gestaltung des Sachindexes fällt auf, dass die einzelnen Begriffe, die an die in den Aktenbeschreibungen verwendeten Wörter anknüpfen - und nicht unbedingt die Streitgegenstände meinen -, in bis zu drei w |
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| Becht, Hans-Peter, Badischer Parlamentarismus 1819 bis 1870. Ein deutsches Parlament zwischen Reform und Reformation (= Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus). Droste, Düsseldorf 2009. 933 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Becht, Hans-Peter, Badischer Parlamentarismus 1819 bis 1870. Ein deutsches Parlament zwischen Reform und Reformation (= Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus). Droste, Düsseldorf 2009. 933 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der badische Frühparlamentarismus hat bereits bei den Zeitgenossen ein überregionales Interesse gefunden und nimmt auch in der Historiographie eine wichtige Stellung ein. Das Werk Bechts bringt erstmals eine Gesamtdarstellung der inneren und äußeren Entwicklung der parlamentarischen Institutionen Badens auch über die nachrevolutionäre Zeit bis 1870. Der Aufbau des Werkes ist grundsätzlich den für das „Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus“ geltenden Standards verpflichtet. Auch wenn die bisher erschienenen Bände keine eigentlichen Kompendien sind, sondern auf eingehenden Grundlagenforschungen beruhen, so sollen sie doch „ein festes Informationsgerüst liefern, das insbesondere die Perspektive des Vergleichs“ eröffnet (S. 18). Im ersten Teil des Werkes geht es um die „normativen Grundlagen und ihre praktische Ausgestaltung“ des badischen Parlamentarismus im Untersuchungszeitraum (S. 20-300). Nach einem Überblick über die Ziele und Resultate der Verfassung von 1818 behandelt des Werk zunächst folgende Materien: Wahlrecht, Wahlen und Wahlkämpfe (S. 51ff.) sowie die Organisation der Zweiten Kammer, aus deren Gesamtheit durch Losentscheidung fünf Abteilungen ermittelt wurden, die wiederum die – in der Regel um Zusatzmitglieder erweiterten – Einzelkommissionen beschickten. Während über die Kommissionsverhandlungen keine Unterlagen überliefert sind, liegen die Protokolle über die Kammerverhandlungen einschließlich der Anlagen (Gesetzentwürfe, Kommissionsberichte, Petitionen, Adressen) für die Zeit bis 1849 in einer vollständigen Druckfassung vor. Ab 1850 wurden die Protokolle nur noch stark verkürzt gedruckt, so dass für weitere Details die handschriftlichen Protokolle heranzuziehen sind (S. 169f |
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| Becker, Johann Nikolaus, Kritik der deutschen Reichsverfassung [Anonymer Verfasser], Erstes Bändchen Kritik der Regierungsform des deutschen Reichs, Zweites Bändchen Kritik der Kriegsverfassung des deutschen Reichs, Drittes Bändchen Kritik der staatswirtschaftlichen Verfasssung des deutschen Reichs (= Historia Scientiarum). Germanien 1796-1798, mit einer Einleitung hg. v. Burgdorf, Wolfgang. Olms/Weidmann, Hildesheim 2009. LXXIV, 845 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Becker, Johann Nikolaus, Kritik der deutschen Reichsverfassung [Anonymer Verfasser], Erstes Bändchen Kritik der Regierungsform des deutschen Reichs, Zweites Bändchen Kritik der Kriegsverfassung des deutschen Reichs, Drittes Bändchen Kritik der staatswirtschaftlichen Verfasssung des deutschen Reichs (= Historia Scientiarum). Germanien 1796-1798, mit einer Einleitung hg. v. Burgdorf, Wolfgang. Olms/Weidmann, Hildesheim 2009. LXXIV, 845 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Lange Zeit war das in den Jahren 1796-1798 erstmals veröffentliche Werk nur als anonyme Kritik am Zustand der Reichsverfassung am Ende des alten Reiches bekannt, bevor es gelang, Johann Nikolaus Becker (1773-1809) als Verfasser zu ermitteln. Grundlage für diese Entdeckung waren Beckers eigene Aufzeichnungen „Fragmente aus dem Tagebuch eines reisenden Neufranken“, die er 1798 ebenfalls anonym erscheinen ließ und die zu den letzten Werken der sog. Wetzlarer Praktikantenliteratur zählen, in der angehende Juristen die Erlebnisse ihrer akademischen Studienreisen, namentlich ihrer Tätigkeit am Reichskammergericht, zu Papier brachten. Bekanntestes Beispiel dieser Literaturgattung ist Goethes „Werther“, in dem zwar in erster Linie von dessen stürmischer Liebe zu seiner Herzdame Lotte die Rede ist, in dem aber auch von den Erlebnissen am Reichskammgericht in Wetzlar berichtet wird und der deswegen von Becker zum Vorbild für seine eigenen Aufzeichnungen genommen wurde.
Bisher war Becker nur als Verfasser der „Aktenmäßigen Geschichte der Räuberbanden an beiden Ufern des Rheins“ bekannt, dessen erster Band er im Jahre 1804 veröffentlicht hatte. Die Darstellung beruhte auf eigener Kenntnis der Vorgänge, da Becker als französischer Friedensrichter im Département Mosel an den gerichtlichen Untersuchungen der von den Banden verübten Straftaten unmittelbar beteiligt war. Als deutscher Intellektueller zählte Becker, wie der Herausgeber in seiner Einleitung darlegt, zu den Sympathisanten |
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| Becker, Maren, Max von Seydel und die Bundesstaatstheorie des Kaiserreichs (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 244). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. X, 319 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Becker, Maren, Max von Seydel und die Bundesstaatstheorie des Kaiserreichs (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 244). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. X, 319 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Michael Stolleis geförderte und unterstützte, im Wintersemester 2007/2008 dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main vorliegende Dissertation der ihre ersten Begegnungen mit der Rechtsgeschichte Gerhard Dilcher als studentische Hilfskraft an seinem Lehrstuhl verdankenden Verfasserin. Sie stellt in ihrem kurzen, unter das Motto nihil est ab omni parte beatum gestellten Vorwort selbst die Frage: Wen interessiert das eigentlich? und antwortet sich selbst: kaum jemanden. Gleichwohl hat sie sich eine Gedankenwelt eröffnet, die sie interessant fand, weil sie sich dafür interessierte.
Max (von) Seydel, den Michael Stolleis’ Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland in zwei Bänden erfasst, wurde am 7. September 1846 in Germersheim als Sohn eines Festungsbaudirektors geboren. Zur Militärlaufbahn wegen Veranlagung zur Schwerhörigkeit untauglich, studierte er Rechtswissenschaft in München, Würzburg (Felix Dahn) und München, promovierte in Würzburg 1869 mit summa cum laude über die gemeinrechtliche Lehre vom macedonianischen Senatsbeschluss, trat in den Staatsdienst Bayerns, wurde 1873 Professor an der Kriegsakademie, 1880 Regierungsrat und 1881 ordentlicher Professor an der Universität München. Verhältnismäßig früh verstarb er in München nach Schlaganfällen in den Jahren 1894 und 1898 gelähmt am 23. April 1901 im Alter 54 Jahren.
Die Verfasserin gliedert ihre Untersuchung nach Einleitung und Biographie in zwei Teile. Der erste Teil betrifft Grundlegung und erste Konsolidierung in den Jahren 1872/1873, in denen Seydels Werk über den Bundesstaatsbegriff und der Kommentar zur Verfassungsurkunde für das deutsche Reich veröffentlicht wurden, die Theorie der Staatenbünde, das Deutsc |
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| Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Adolf Laufs. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Adolf Laufs.
Die von den Quellen nur unzulänglich dokumentierte Entwicklung des exklusiven Königswahlrechts der sieben Kurfürsten im alten Reich, ein „Fundamentalrätsel der deutschen Verfassungsgeschichte“ (Hugo Stehkämper), hat Historiker seit langem herausgefordert, ohne dass Thesen und Erklärungsversuche zu einem Abschluss gelangt wären. Die schmale und diffizile Quellenlage erlaubt wohl auch nicht mehr als die angestrengte Suche nach größeren Plausibilitäten, nach einem noch besseren historischen Deuten und Verstehen. Die Erklärungsmodelle hat Franz-Reiner Erkens (ZRG GA 122, 2005, 327-351, 335) scharfsinnig zusammengefasst und einander plakativ gegenübergestellt: „Es steht Monokausalität gegen Multikausalität, Dauerhaftigkeit gegen Wandel, Satzung gegen Genese.“
Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. und des Reiches von 1356 markiert mit ihren verhältnismäßig eindeutigen und umfassenden Regeln den Abschluss der Ausbildung des Kurkollegs, während das Landrecht des Sachsenspiegel aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts die Verhältnisse noch im Fluss zeigt. Der Sachsenspiegel spricht vom Wahlrecht der Deutschen (III, 52 § 1). Im Kurfürstenparagraphen (III, 57 § 2) ist von der Reihenfolge der Kurrufe die Rede, und den Kurrufern wird untersagt, den rechtsdeklaratorischen Akt ohne Rücksicht auf den Willen der übrigen, von der Kur noch gar nicht ausgeschlossenen Fürsten vorzunehmen. Die „Kurfürsten“ sollten also nur einen Vorrang bei der Kur und nicht bei der Wahl besitzen. Den Vorrang der Laienfürsten begründet das Rechtsbuch mit den Erzämtern. Aber die „Erzämtertheorie“ lässt, wie die kritische Literatur zeigt, ebenso Fragen offen wie die von Armin Wolf beharrlich verfochtene erbrechtliche Theorie über die genealogische |
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| Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Christoph Paulus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Begert, Alexander, Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs. Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 81). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 229 S. Besprochen von Christof Paulus.
Als einen schmerzenden „Pfahl im Fleisch“ der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte bezeichnete Wolfgang Giese 1984 das Fehlen einer allgemein anerkannten Theorie zur Entstehung des Kurfürstentums, also zur Ausbildung des Kollegiums von ursprünglich sieben Königswählern im Reich. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Interpretationsansätzen, die mehr oder weniger auf Ablehnung gestoßen sind. Umso größere Aufmerksamkeit kann eine Arbeit beanspruchen, die es sich zum Ziel gemacht hat, eine neue Antwort auf dieses alte ungelöste rechtsgeschichtliche Rätsel zu geben. Den Weg, den Alexander Begert hierbei beschreitet, ist gleichermaßen der Versuch der bisherigen Theorienversöhnung, wobei der Autor in seiner Darstellung unter der Prämisse der Polykausalität des zu erklärenden Phänomens eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden verbindet.
Der zeitliche Untersuchungsschwerpunkt liegt im 12., 13. und 14. Jahrhundert, doch greift der Autor in den Schlussabschnitten zum Teil weit aus, bis in die Zeit Napoleons hinein. Aus einem bereits im 12. Jahrhundert etablierten Wahlausschuss hätten sich bei einer paritätisch geistlich-weltlichen Zusammensetzung ursprünglich vier Hauptwähler herauskristallisiert, eine Zahl, die sich, um Spannungen während des staufisch-welfischen Thronstreits einzuebnen, auf sechs erhöht habe und ihre Etablierung wohl auf dem Würzburger Hoftag des Jahres 1209 fand. Über die Position des Ersatzwählers sei dann der böhmische König, bedingt durch die historische Macht Ottokars II., zum Elektorat gekommen, was zudem mit dem Erzschenkenamt verbunden worden sei.
Im Laufe des 13. Jahrhunderts habe sich das Wahlrecht nun zunehmend verfestigt, in der Regierungszeit Wilhelm von Hollands, wohl zu Bra |
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| Behrends, Okko/Berger, Elisabeth/Brauneder Wilhelm u. a., Die Kodifikation und die Juristen - ein rechtshistorisches Seminar in Stockholm 2. bis 4. Mai 2003 (= Skrifter 2, Rättshistoriska studier 23). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 267 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Behrends, Okko/Berger, Elisabeth/Brauneder Wilhelm u. a., Die Kodifikation und die Juristen - ein rechtshistorisches Seminar in Stockholm 2. bis 4. Mai 2003 (= Skrifter 2, Rättshistoriska studier 23). Institutet för Rättshistorisk Forskning, Stockholm 2008. 267 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie Claes Peterson im kurzen Vorwort mitteilt, organisierte die Olin-Stiftung für rechtshistorische Forschung in Stockholm im Mai 2003 ein rechtshistorisches Seminar, dessen Zweck es war, in einem begrenzten Kreis von Rechtshistorikern aus Estland, Deutschland, Italien, Spanien, Österreich und Schweden zu untersuchen und zu besprechen, wie das Vorhandensein einer Kodifikation die Rechtsquellenlehre prägt. Es ging vor allem um die Frage, welche Bedeutung Rechtsquellen wie Praxis, Rechtswissenschaft und Gewohnheitsrecht in Rechtsbildung und Rechtsanwendung zukommt, wenn das Recht vollständig kodifiziert ist. Kontrollierend wurde die Frage behandelt, ob sich das Zusammenspiel der Rechtsquellen in Rechtsordnungen, die keine Kodifikation aufweisen, anders entwickelt hat.
In diesem Rahmen wurden insgesamt acht Referate gehalten. Von den Referenten behandelte Okko Behrends einführend die europäische Privatrechtskodifikation einschließlich der Gefährdung ihrer Systemmitte. Dabei ging er von der ausführlich dargelegten Kodifikation als Rechtsorganismus (corpus iuris) personaler Freiheit und deren geistigen Vorbedingungen aus und stellte ihr die Gefährdung der individuellen Person durch den wirtschaftlichen Funktionsträger in der letzten Kodifikationsschicht des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert gegenüber.
Elisabeth Berger verfolgte den Transfer des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs Österreich nach Liechtenstein. Wilhelm Brauneder fragte sich, ob Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch nicht von der ursprünglichen Mitte des Privatrechts an den Rand der Privatrechtsordnung gedrängt worden sei |
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| Bei der Wieden, Helge, Ein norddeutscher Renaissancefürst. Ernst zu Holstein-Schaumburg 1569-1622 (= Kulturlandschaft Schaumburg 1), 2. Aufl. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 159 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bei der Wieden, Helge, Ein norddeutscher Renaissancefürst. Ernst zu Holstein-Schaumburg 1569-1622 (= Kulturlandschaft Schaumburg 1), 2. Aufl. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 159 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das kleine Werk beruht auf einem Vortrag, den der seit seiner Göttinger philosophischen Dissertation über die wirtschaftliche Lage der Grafschaft Schaumburg bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges in diesem und anderen Bereichen tätige Bückeburger Historiker am 18. 9. 1990 im Rahmen der Veranstaltungen zum hundertjährigen Bestehen des schaumburg-lippischen Heimatvereins e. V. auf Anregung der Vorsitzenden in der alten Lateinschule in Bückeburg gehalten hat. Hieraus erwuchs eine 1994 vorgelegte erste Auflage. Unter Förderung durch die Schaumburger Landschaft wurde 2010 eine verbesserte zweite Auflage möglich.
Ernst zu Holstein-Schaumburg war der letzte bedeutende Angehörige der von Lothar von Süpplingenburg 1110 zu Grafen von Holstein und Stormarn ernannten Edlen von Schaumburg, deren Geschlecht 1640 im Mannesstamm ausstarb. Von den Gütern kam die Grafschaft Holstein durch Verkauf an Dänemark und gelangte die Grafschaft Schaumburg an Hessen-Kassel, Lippe (Schaumburg-Lippe) und Braunschweig-Lüneburg (Calenberg). Mit dieser Teilung verfiel auch die Erinnerung an die Grafen.
Unter reichem Bilderschmuck belebt sie der Verfasser in der Person eines Grafen wieder. Dabei betrachtet er nacheinander Jugend und zunächst nicht vorhersehbaren Regierungsantritt, die Neugestaltung der Festung Bückeburg, den Ausbau der Residenz Bückeburg, Musikpflege und Geschichtsschreibung, die großen Gesetzeswerke (Kirchenordnung von 1614, Polizeiordnung von 1615), die hohen Schulen in Stadthagen und Rinteln (Abbildung des ehemaligen Universitätsgebäudes von 1875), das lutherische Bekenntnis und die Duldung anderer Religionen in Altona, das Mausoleum in Stadthagen und den Einfluss der Rosenkreuzer, die Wirtschaftspolitik und Fina |
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| Bernstein, Axel, Die Gebietsreform in Schleswig-Holstein. Die Neugliederung der Kreise in den 1960er und 1970er Jahren (= IZRG-Schriftenreihe 14). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 256 S., 6 Abb. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bernstein, Axel, Die Gebietsreform in Schleswig-Holstein. Die Neugliederung der Kreise in den 1960er und 1970er Jahren (= IZRG-Schriftenreihe 14). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 256 S., 6 Abb. Besprochen von Werner Schubert.
Die Flensburger politikwissenschaftliche Untersuchung Axel Bernsteins befasst sich mit der Kreisgebietsreform durch Gesetze vom 22. 4. und 23. 12.1969 sowie vom 3. 7. 1973. Im ersten größeren Kapitel stellt Bernstein die Reformaktivitäten in den zeitgenössischen Kontext (Planungseuphorie; Generationenwechsel; wohlfahrtsstaatliche Expansion; Effizienzsteigerung). Es folgt ein Abschnitt über die – auch historischen – Grundlagen der kommunalen Gliederung Schleswig-Holsteins (S. 41ff.) unter Einbeziehung der politischen Rahmenbedingungen und Konfliktlinien (S. 71ff.) und der Gemeindegebiets- und Ämterreform (S. 82ff.). Ausführlich unter Heranziehung auch der archivalischen Materialien behandelt Bernstein zunächst das Gesetz vom 22. 4. 1969, durch das vier Hamburger Umlandgemeinden zur Stadt Norderstedt zusammengeschlossen wurden, die dem Kreis Segeberg angegliedert wurde. Ferner wird schwerpunktartig beschrieben die Neugründung des Kreises Nordfriesland (Kreissitz: Husum), der die drei nördlichen Kreise der Ostküste zusammenfasste (S. 136ff., 157ff.). In einem Exkurs sind die parallelen Gebietsreformen in Süddänemark beschrieben. Im Schlussteil befasst sich Bernstein in einer „gerafften Betrachtung“ mit den Diskussionen über weitere Gebietsreformen nach 2001, die bisher noch keinen Abschluss gefunden haben. Das Werk, das insbesondere auf die Gesetzgebungsverfahren zur Kreisgebietsreform detailliert eingeht und die Wandlungsprozesse in der Geschichte der deutschen Selbstverwaltung verdeutlicht, ist insoweit auch für den Rechtshistoriker von Interesse. Insgesamt dürfte auch die Rechtsgeschichte dazu aufgerufen sein, sich verstärkt, und zwar auch rechtsvergleichend, mit der Rechtsgeschichte der schon über 60 Jah |
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| Beutler, Johannes E., Die Reallast im Spannungsfeld veränderter Anwendungsbereiche und herkömmlicher Inhaltsbestimmung (= Arbeiten zum Sachenrecht 4). Lang, Frankfurt am Main 2009. 167 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
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Die Untersuchung wurde 2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln als Dissertation angenommen. Im Vorwort (S. 5) teilt der Autor mit, dass Jürgen F. Baur die Arbeit angeregt und begleitet und Hanns Prütting sie geprüft hat. Einem kurzen Lebenslauf kann entnommen werden, dass der 1930 geborene Verfasser mehrere Jahrzehnte lang im Bankwesen gearbeitet hat.
In einer knappen Einleitung (S. 13f.) formuliert der Autor die für die Untersuchung maßgebliche Fragestellung: „Wozu brauchen wir heute noch die Reallast?“ Der historische Hintergrund, der durch die Frage angedeutet wird, ist darin zu sehen, dass die Reallast aus einer Zeit stammt, in der Deutschland überwiegend landwirtschaftlich geprägt war. Die Bauern hatten ihren (weltlichen oder geistlichen) Grundherren wiederkehrende Leistungen zu erbringen, zum Beispiel einen festgelegten Anteil des Ertrages. Während des 19. Jahrhunderts wurden derartige Pflichten im Zuge der „Befreiung des Bodens“ zum Teil aufgehoben, zum Teil blieben sie als Reallasten und Dienstbarkeiten erhalten und wurden erst 1918/1919 beseitigt. Ein weiterer, wichtiger Anwendungsbereich war das bäuerliche Altenteilsrecht. Der frühere Eigentümer eines Hofes erhielt vom Übernehmer nicht nur ein dingliches Wohnrecht, sondern auch ein dinglich gesichertes Recht auf wiederkehrende Sach- und Dienstleistungen (vor allem Verköstigung, Pflege im Krankheitsfall). Die Industrialisierung führte dazu, dass die Landwirtschaft an Bedeutung verlor. Um die Frage zu beantworten, wozu „wir heute noch die Reallast“ brauchen, hat der Autor die über das Internet zugängliche Juris-Datei (Stichwort „Rechtsprechung – Reallast“) ausgewertet, um eine „typologische Ordnung“ der aktuell bedeutsamen Fäll |
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| Bevers, Jürgen, Der Mann hinter Adenauer. Hans Globkes Aufstieg vom NS-Juristen zur Grauen Eminenz der Bonner Republik. Ch. Links Verlag, Berlin 2009. 240 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der nach Studium von Rechtswissenschaft in Köln und Medienwissenschaften, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Köln und Osnabrück seit 1976 als freier Journalist und Redakteur für Zeitungen und Zeitschriften sowie seit 1985 für Hörfunk und Fernsehen tätige Verfasser untersucht den bemerkenswerten Lebenslauf eines sowohl im Dritten Reich wie auch in der frühen Bundesrepublik Deutschland an führender Stelle tätigen Juristen. Trotz dieses interessanten Gegenstands ist kein Interessent als Rezensent für das auf einer Fernsehdokumentation des Jahres 2008 beruhende Werk hervorgetreten. Deswegen soll es wenigstens vom Herausgeber angezeigt werden.
Hans Maria Globke wurde in Düsseldorf am 10. September 1898 als Sohn eines Tuchhändlers geboren, besuchte nach dem Umzug der streng katholischen Familie nach Aachen das dortige Kaiser-Karls-Gymnasium, leistete von 1916 bis 1918 Kriegsdienst bei einer Artillerieeinheit an der Westfront und studierte anschließend in Bonn und Köln Rechts- und Staatswissenschaften. Er wurde Mitglied im Cartellverband der katholischen deutschen Verbindungen, dessen Wirken mit der Abkürzung cv für cuvall oder Zufall verknüpft wird, und 1922 in der Zentrumspartei, in der er auf örtlicher Ebene Angehöriger des Vorstands und des Parteiausschusses wurde. 1922 wurde er mit 24 Jahren in Gießen mit einer nur im Auszug gedruckten Untersuchung über die Immunität der Mitglieder des Reichstags und der Landtage mit der Note magna cum laude promoviert.
Nach dem Abschluss des juristischen Vorbereitungsdiensts wurde er in der Verwaltungslaufbahn des öffentlichen Dienstes Preußens 1925 Vertreter des Polizeipräsidenten von Aachen, 1926 Regierungsassessor. 1929 wechselte er als Regierungsrat in das Ministerium des Inneren Preußens. 19 |
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| Bezler, Evelyn, Die Bedeutung des Stammkapitals für die GmbH. Eine rechtswissenschaftliche Untersuchung an Hand der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der GmbH, der dogmatischen Grundlagen und der praktischen Funktion des Stammkapitals (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 17). LIT, Münster 2009. 241, XXIII S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Während die Aktiengesellschaft erst seit dem Aktiengesetz von 1937 über ein Mindeststammkapital verfügen musste, schrieb das GmbHG von 1892 von vornherein ein Stammkapital von mindestens 20.000 M (zurzeit 25.000 Euro) vor. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen von 2008 besteht auch die Möglichkeit, sog. Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) mit einem geringeren Stammkapital als 25.000 Euro zu gründen. In einem ersten Teil, der drei Viertel des Werkes umfasst, werden die „Wurzeln der GmbH, ihre Entstehung und Entwicklung“ (S. 21ff.) vor allem im Hinblick auf das Erfordernis eines Stammkapitals, auf die Kapitaleinbringung und die Kapitalerhaltung behandelt. Insgesamt geht es um die historischen Grundlagen des GmbH-Rechts im Recht der Kolonialgesellschaften und der Aktiengesellschaften. Es folgt ein breiter Abschnitt über die Entstehung des GmbHG von 1892 und über das GmbHG im „Wandel der Zeit“. In diesem Zusammenhang geht Bezler auf die unter dem Nationalsozialismus geplante GmbHG-Reform, den Referentenentwurf von 1969, die GmbHG-Novelle von 1980 sowie auf die Änderungen von 2005 (Mindestkapitalgesetz) und von 2008 ein.
Im Anschluss an die chronologische Darstellung zeigt Bezler die „gesetzlichen Grundlagen“ und „den Normzweck des Stammkapitals und seiner Schutzvorschriften im Spiegel der historischen Grundlagen der GmbH“ auf (S. 148ff.). Teil 2 befasst sich mit der rechtsdogmatischen Begründung des Stammkapitals als Rechtfertigung des Haftungsprivilegs und der Bedeutung des Vermögens für die juristische Person ( |
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| Bibel und Exegese in der Abtei Saint-Victor zu Paris. Form und Funktion eines Grundtextes im europäischen Rahmen, hg. v. Berndt, Rainer (= Corpus Victorinum, Instrumenta 3). Aschendorff, Münster 2009. 692 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Band legt die Ergebnisse einer vom 18. bis zum 21. April 2004 im Erbacher Hof, der Katholischen Akademie des Bistums Mainz, abgehaltenen Tagung vor. Eingeleitet wird er durch den Herausgeber, der den Ausgangspunkt, Gegenstand und Bedeutung, Forschungskontexte und inhaltliche Gliederung umreißt. Danach folgen insgesamt drei Teile.
Der erste Teil betrifft die Heilige Schrift und Schreiber im Kontext sowie als Felder der Schriftauslegung die Liturgie und die Kirchenväter. Dabei zeigt etwa Joachim Ehlers den Einzugsbereich und die Wirkung der Kanonikergemeinschaft Saint Victor in Europa im 12. Jahrhundert auf. Matthias M. Tischler dekonstruiert einen Mythos an Hand der ältesten Sammlungen glossierter Bibelhandschriften im 12. und 13. Jahrhundert.
Der zweite Teil behandelt die Schriftauslegung einzelner Viktoriner und die Hermeneutik der Schriftauslegung. Dabei untersucht beispielsweise Ursula Vones-Liebenstein die Rolle der Bibel im Leben von Regularkanonikerabteien durch einen Vergleich zwischen Saint-Ruf und Saint-Victor. Ursula Nilgen stellt die frühen illuminierten Lombardus-Kommentare zum Psalter und zu den Paulusbriefen vor.
Im dritten Teil geht es um Exegese am Scheideweg und Texte und Kontexte viktorinischer Exegese. Dabei schildert der Herausgeber die Grundstruktur christlicher Theologie bei den Viktorinern an Hand der Exegese des Alten Testaments. Christoph Egger legt die viktorinische Exegese in Süddeutschland im 12. und 13. Jahrhundert dar.
Insgesamt verbessern die 24 Beiträge die Kenntnisse über die Abtei Sankt Viktor in vielen Beziehungen. Dabei werden neue Einsichten in den räumlichen und zeitlichen Ausgangspunkt gewonnen, die Absichten der Autoren erhellt |
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| Biedermann, Yvonne, Karl Braun (1807-1868). Leben und Werk - Jurist und liberaler Politiker sowie erster bürgerlicher ,Ministerpräsident’ des Königreichs Sachsen 1848 (= Rechtsgeschichtliche Studien 28). Kovač, Hamburg 2009. LIII, 275 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Karl Braun – nicht zu verwechseln mit dem nassauisch-preußischen Juristen und Politiker Karl Braun (1822-1893) – ist über seine Heimat Sachsen hinaus bekannt geworden durch sein Eintreten für einen öffentlich-mündlichen Strafprozess mit Staatsanwaltschaft nach französischem Muster in den Jahren 1842-1845. In ihrer Leipziger Dissertation befasst sich Biedermann mit diesem in Plauen 1807 als Sohn eines Rechtsanwalts und Patrimonialgerichtsdirektors geborenen sächsischen Juristen. Nach dem Studium an der Universität Leipzig ließ sich Braun 1829 als Advokat in Plauen nieder; gleichzeitig war er von 1837 bis 1848 auch als Patrimonialrichter tätig. Schon Anfang der 1830er Jahre schloss sich Braun der liberalen Opposition in Sachsen an und war mit einigen Unterbrechungen von 1839 bis 1862 Mitglied der 2. Kammer des sächsischen Landtags, in der er zum Kreis der gemäßigt Liberalen (später der sog. Altliberalen) gehörte. Von März 1848 bis Februar 1849 war er Vorsitzender des sächsischen Gesamtministeriums und Justizminister. Im Landtag 1842/43 war er Berichterstatter über den von der 2. Kammer abgelehnten Regierungsentwurf zur Reform des Kriminalprozesses, der weitgehend am überkommenen Inquisitionsprozess festhielt. In seinem Deputationsbericht, der mit 67 gegen 8 Stimmen von der Kammer angenommen wurde, forderte er die Einführung der Staatsanwaltschaft und des mündlich-öffentlichen Anklageprozesses. Die 2. Kammer ermöglichte ihm 1844 eine Studienreise nach Frankreich, Belgien, den Niederlanden und dem Westen Deutschlands, um sich über den französischen bzw. französischrechtlich orientierten Strafprozess zu unterrichten. 1845 übergab er der Öffentlichkeit einen abgewogenen, nicht |