| Strafzweck und Strafform zwischen religiöser und weltlicher Wertevermittlung, hg. v. Schulze, Reiner/Vormbaum, Thomas, Schmidt, Christine D. u. a. (= Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme, Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 25). Rhema, Münster 2008. 318 S. Besprochen von Lukas Gschwend. |
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Der Sammelband enthält insgesamt siebzehn Aufsätze, verfasst überwiegend von deutschen Rechtshistorikern, welche den Wandel der Bedeutung der Strafe insbesondere hinsichtlich ihrer formalen und inhaltlichen Funktion, Legitimation unter besonderer Berücksichtigung der durch sie geschaffenen Wertvermittlung untersuchen. Die Palette ist breit und mancher Streifzug führt über die Grenzen des Generalthemas hinaus.
Peter Schuster (Saarbrücken) behandelt mittels Quellen aus dem süddeutschen Raum Wandel und Kontinuität von Strafformen in der Vormoderne. Das besondere Augenmerk gilt dem Wandel in den Hinrichtungsritualen. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts verlieren die spätmittelalterlichen Traditionen an Gewicht. Die Hinrichtung wird zunehmend religiös inszeniert, wobei eine Tendenz zur Rationalisierung des obrigkeitlich angeordneten Tötens mitschwingt. Die Gerichte beziehen Legitimation und Sinn durch die vermittelst der Strafe sicher gestellten Verwirklichung göttlicher Gerechtigkeit. Mathias Schmoeckel (Bonn) untersucht in seinem Beitrag „Metanoia. Die Reformation und der Strafzweck der Besserung“ das Verhältnis zum Besserungsgedanken bei den Reformatoren Luther und Calvin sowie bei Melanchthon und einzelnen Adepten Luthers. Er ergänzt diese Betrachtung mit der Darstellung der Position einiger Juristen der frühen Neuzeit, wie Danaeus, Oldendorp, Hotman, Damhouder und Althusius, bei dem er ähnlich wie bei Grotius einen starken Einfluss Calvins feststellt. Die weit ausblickende Betrachtung erstreckt sich sodann auch über die Werke von Hobbes, Pufendorf, Thomasius und Wolff. Die ideengeschichtliche Analyse gelangt zum Ergeb |
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| Strauch, Dieter, Der Große Schied von 1258. Erzbischof und Bürger im Kampf um die Kölner Stadtverfassung (= Rechtsgeschichtliche Schriften 25). Böhlau, Köln 2008. XVII, 303 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
Ganzen Eintrag anzeigen Strauch, Dieter, Der Große Schied von 1258. Erzbischof und Bürger im Kampf um die Kölner Stadtverfassung (= Rechtsgeschichtliche Schriften 25). Böhlau, Köln 2008. XVII, 303 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.
Der „Große Schied“ aus dem Jahre 1258 – eine Vergleichsurkunde zwischen dem Erzbischof und der bereits verfassten Bürgerschaft – ist eines der zentralen Verfassungsdokumente der mittelalterlichen Stadt Köln. Dieter Strauch hat (nach Klinkenberg 1950, Wendehorst 1953 und Stehkämper 1995) diese Urkunde aus Anlass der 750jährigen Wiederkehr der Vereinbarung des Großen Schieds untersucht und stellt die Ergebnisse dieser Untersuchung nebst einer neuerlichen Edition des Schiedes (im Anhang) nun anders als die zum „Kleinen Schied“ (2003 in der Festschrift für Wolfgang Rüfner) monographisch vor. Strauch zeigt die Vorgeschichte und die Entstehung des Schiedes, stellt die handelnden Personen (insbesondere Erzbischof Konrad v. Hochstaden und Albertus Magnus) und die Institutionen, für die sie sich engagierten, vor, analysiert das Dokument und schildert den Nachklang.
An einem vergleichsweise harmlosem Anlass entzündete sich der seit längerem schwelende Kompetenzkonflikt zwischen Stadtherr und Stadtgemeinde im Jahre 1257 und führte zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Im März 1258 einigten sich die Kontrahenten (aus freien Stücken, vorbehaltlos und ohne Rangrücksichten) auf die Einsetzung eines Schiedsgerichts, dem die Petitionen der Parteien zur Entscheidung vorgelegt wurden. Der Spruch dieses Schiedsgerichts justierte die bürgerschaftliche Autonomie und die landesherrliche Gewalt des Erzbischofs neu und blieb für die folgenden Auseinandersetzungen immer wieder vorbildhaft.
Strauch behandelt eingehend die Rechtsquellen und Rechtsvorstellungen, die zum Schiedsverfahren führten, nimmt Stellung zum angewendeten Recht und schildert, indem er dem Aufbau der Urkunde folgt, das Vorbringen der Parteien (die erzbischöflichen und die s |
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| Straumann, Benjamin, Hugo Grotius und die Antike. Römisches Recht und römische Ethik im frühneuzeitlichen Naturrecht (= Kleine Schriften zur Geschichte des europäischen Völkerrechts 14). Nomos, Baden-Baden 2007. VIII, 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Beat Näf betreute, im Wintersemester 2005/2006 von der philosophischen Fakultät der Universität Zürich angenommene Dissertation des Verfassers. Sie geht davon aus, dass Hugo Grotius (1583-1645) als mit 16 Jahren zugelassener Haager Anwalt 1604 im Alter von 21 Jahren die Beschlagnahme eines portugiesischen Schiffes durch die niederländische Handelsgesellschaft Vereinigte Ostindische Kompagnie (VOC) in den Meerengen von Singapur zu verteidigen hatte. In diesem Zusammenhang stellt sie die Hypothese auf, dass Grotius seine dazu entwickelte Vorstellung eines konfessionell neutralen Naturrechts maßgeblich auf römische Rechtsquellen stützte, die er nicht nur als gelehrten Zierrat verwendete.
In der kurzen Einleitung stellt der Verfasser dar, dass die Wirkung, welche die klassische Antike auf das naturrechtliche Werk Hugo Grotius’ ausgeübt hat, bisher unzureichend untersucht wurde. Diese Forschungslücke will er schließen. Dazu geht er in seiner in zwei Teile gegliederten Studie hauptsächlich auf De iure praedae commentarius (1604/1606), Mare liberum (1609), die von ihm in das zweite Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts datierten Theses sive quaestiones LVI, Defensio capitis quinti maris liberi oppugnati a Guilielmo Welwodo (nach 1613) und De iure belli ac pacis liberi tres (1625ff.) ein.
Der erste Teil behandelt die älteren Werke. Dazu untersucht der Verfasser sorgfältig die formalen Quellen des Naturrechts und Grotius’ Methode, Grotius’ Konzeption des Naturzustands, welche die Weltmeere zu seiner Zeit im Naturzustand sieht und die Handelsfreiheit durch römische Klagen und Interdikte schützen lässt, sowie gerechte Kriegsgründe und natürliche subjektive Rechte. Im |
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| Streidl, Paul, Naturrecht, Staatswissenschaften und Politisierung bei Gottfried Achenwall (1719-1772). Studien zur Gelehrtengeschichte Göttingens in der Aufklärung (= Beiträge zur Geisteswissenschaft). Utz, München 2003. 315 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die im Jahre 2000 von der Universität München angenommene, bis Ende 2002 überarbeitete Dissertation des vielen Einsagern und Beiständen dankenden Verfassers. Sie beginnt mit einer Auktion in Göttingen im März 1773, auf der Johann Stephan Pütter eine Milchkanne aus der haushälterischen Nachlassenschaft seines 1772 verstorbenen Freundes ersteigert und Sophie Achenwall einen Teil ihrer Garderobe aus dem Nachlass ihres nach zehnjähriger Ehe verschiedenen Ehemanns zurückkauft. Das Ziel des Verfassers ist die Erarbeitung eines neuen Verständnisses zu dem unverschuldeten bzw. schuldenfreien Professor, obwohl das Naturrecht der frühen Neuzeit in der kurzen Zeitspanne von drei Jahren nicht nur nach einem Eingeständnis des Leipziger Rechtsgelehrten Johann Jacob von Ryssel vom Ende des 17. Jahrhunderts kaum richtig in seiner ganzen Bedeutung erkannt werden könne.
Gegliedert ist die Untersuchung in sechs Abschnitte. Die Einleitung beschreibt zunächst die Aufklärung als politische Reformbewegung. Danach erläutert der Verfasser den Forschungsstand, die Quellenlage, die Methoden und sein Ziel der systematischen Aufarbeitung der Positionen Achenwalls im Prozess der Politisierung des späten 18. Jahrhunderts an Hand des in Göttingen liegenden umfangreichen Nachlasses.
Den Beginn bildet Achenwall als Gelehrter und Publizist, den der Verfasser biographisch betrachtet. Besonderes Gewicht erhalten dabei die sozialen und religiösen Wertvorstellungen. Gründlich überprüft wird der Literaturkanon von den Periodika mit deutlichem Übergewicht der deutschsprachigen Zeitungen, Intelligenzblätter und Jahreschroniken über antike und ältere Autoren bis zu den eigenen Zeitgenossen.
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| Strube, Sonia, Die Geschichte des Haushaltsrechts vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Eine ökonomische Analyse im Lichte der Budgetfunktionen (= Schriften zur wirtschaftswissenschaftliche Analyse des Rechts 45). Duncker & Humblot, Berlin 2002. 202 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Heinz Grossekettler betreute, im November 2000 von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommene Dissertation der seinerzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Finanzwissenschaft der Universität Münster tätigen Verfasserin. Sie stellt sich die Frage, inwieweit sich die Budgetfunktionen im Zeitablauf gewandelt haben und welche historische Entwicklung das Haushaltsrecht vor dem Hintergrund der Budgetfunktionen durchlaufen hat. Diese Thematik ist bisher nicht erörtert.
Gegliedert ist die Untersuchung in insgesamt fünf Teile. Nach einer kurzen Einleitung verfolgt die Verfasserin ihren Gegenstand zunächst vom Mittelalter bis zur Entstehung des modernen Haushaltsrechts. Dabei geht sie vom Budget im Mittelalter und im Übergang zur Neuzeit in Bayern, Tirol, den östlichen Territorien, Sachsen, Österreich, Steiermark, Kärnten und den westlichen Territorien aus und fasst ihr Ergebnis kurz zusammen.
Danach wendet sie sich den Reformen des Haushaltswesens im Zeitalter des Absolutismus zu und verknüpft sie mit der Entstehung der frühkonstitutionellen Verfassungen. Dabei gilt ihre besondere Aufmerksamkeit dem Haushaltswesen in Brandenburg/Preußen, in Bayern, in Württemberg und in Baden. Das Kapitel endet mit dem Haushaltsrecht der Reichsverfassung von 1871 und den am Ende des 19. Jahrhunderts etablierten Budgetgrundsätzen.
Auf dieser Grundlage untersucht die Verfasserin im dritten Teil ausführlich die Entwicklung des Haushaltsrechts in der Weimarer Republik. Nur ganz kurz geht sie auf die letzten Jahre vor dem zweiten Weltkrieg ein. Wiederum sehr ausführlich stellt sie die Entwi |
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| Stüber, Michael, Die Entwicklung des Prinzips der Unmittelbarkeit im deutschen Strafverfahren (= Schriften zum Strafrecht und Strafprozessrecht 83). Lang, Frankfurt am Main 2005, 327 S., 5 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Manfred Maiwald betreute, im Sommersemester 2004 von der juristischen Fakultät der Universität Göttingen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie hat eine wichtige Frage zum teils historischen, überwiegend aber dogmatischen Gegenstand. Sie gliedert sich in insgesamt sechs Teile.
Im ersten Teil ordnet der Verfasser den Grundsatz der Unmittelbarkeit in den historischen Hintergrund ein, weil eine Erörterung aktueller Problematiken nicht ohne Einordnung in den historischen Gesamtzusammenhang erfolgen könne. Er beginnt bei Ausgangspunkten des Altertums und stellt dazu den alten deutschen Strafprozess dem römischen Strafprozess gegenüber. Danach geht er auf den kanonisch-italienischen Strafprozess, das deutsche Verfahren im Mittelalter, die Rezeption, den gemeinen Strafprozess sowie den Zeitraum der Aufklärung und die folgende deutsche Gesetzgebung auf insgesamt etwa 20 Seiten ein.
Im zweiten Teil sucht er die dogmatische Basis des Unmittelbarkeitsgrundsatzes und definiert daszu die Unmittelbarkeit mit formellen Inhalten und materiellen Inhalten. Auf dieser Grundlage erörtert er recht ausführlich im dritten Teil die Entwicklungen auf der Seite des formellen Unmittelbarkeitsgrundsatzes und im vierten Teil die Entwicklungen auf der Seite des materiellen Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Im fünften Teil fasst er seine Erkenntnisse zusammen.
Im Ergebnis ermittelt er deutliche Verschiebungen innerhalb des bisherigen Anwendungsbereichs des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Teilweise schränken sie nach seiner Ansicht die Unmittelbarkeit zu Unrecht zu sehr ein. Eine wirkliche Aushöhlung des Grundsatzes vermag er jedoch noch nicht festzustellen.
An diese überzeugende Ansicht schließt |
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| Technik in der frühen Neuzeit. Schrittmacher der europäischen Moderne, hg. v. Engel, Gisela/Karafyllis, Nicole C. (= Zeitsprünge. Forschungen zur frühen Neuzeit 8, Heft 3/4). Klostermann, Frankfurt am Main 2004. 248 S. 12652 Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Technik ist Arbeit, um Arbeit zu sparen, oder die Anwendung von Erkenntnissen und Mitteln zur Erzielung von Wirkungen und Folgen. Deswegen ist die Geschichte des Menschen auch eine Geschichte der von ihm gewonnenen Techniken und hat die Technik das Leben des Menschen verändert und insgesamt wohl durchaus erleichtert. Stand dabei das Recht der Technik zunächst eher fremd gegenüber, hat sich im späteren 20. Jahrhundert sogar ein eigenes Recht der Technik entwickelt.
Der Sammelband stellt einen Versuch dar, der Frage nachzugehen, wie sind unter der Perspektive des europäischen Einigungsprozesses, in der Neuorientierung auf ein nach-nationalstaatliches Europa die gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Formierungsprozesse dessen, was wir unter Europa zu denken gewohnt sind, von neuem zu überdenken? Dementsprechend wollen die Herausgeber in ihrer Einleitung den Titel mit Fragezeichen gelesen sehen. War die Technik tatsächlich ein Schrittmacher der Moderne?
Vereint sind unter dieser Vorstellung insgesamt elf Beiträge jüngerer Wissenschaftler. Sie reichen von Technik, Wissen und Macht in Utopien und Zukunftsvorstellungen der frühen Neuzeit (Petra Schaper-Schinkel) über Theatertechnik im 17. Jahrhundert und ihr Verhältnis zum großen Welttheater (Ralf Haekel), Automaten (Nicole C. Karafyllis), Ingenieure (Marcus Popplow), Patente (Daniela Lamberini, Christian Mathieu), Architektur (Matteo Burioni), Machinae/macchine (Romano Nanni) und Technologie (Torsten Meyer) bis zur Entstehung der Geologie (Norman Fuchsloch). Dabei wird durchaus erkennbar, dass die Durchsetzung technischer Möglichkeit nicht unabhängig von politischen und sozialen Verhältnissen abläuft.
In ihren |
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| Terror und Normalität. Urteile des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs 1934-1945. Eine Dokumentation v. Marxen, Klaus/Schlüter, Holger (= Juristische Zeitgeschichte Nordrhein-Westfalen 13). Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2004. 369 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In seinem kurzen Vorwort erinnert der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen daran, dass am 1. August 1934 die ersten Verhandlungen des Volksgerichtshofs begannen und rund 10 Jahre später die Prozesse gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 eröffnet wurden. Der deutschen Justiz sei es in all den folgenden Jahren nicht gelungen, auch nur einen Richter und Staatsanwalt dieses rund 5000 Menschen zum Tode verurteilenden Gerichts strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Dementsprechend sei eine Dokumentation über die Person Roland Freislers und die Verfahren wegen des 20. Juli 1944 im Jahre 2004 hinaus überfällig und werde auf reges Interesse in der Öffentlichkeit stoßen.
Im Anschluss daran schildert Klaus Marxen zunächst den bekannten Volksgerichtshof. Danach geht er verdienstvollerweise aber gerade besonders auf die Bereiche ein, die hinsichtlich des Volksgerichtshofs bisher weitgehend ausgespart wurden und damit unbekannt geblieben sind. Im Vergleich zeigt er, dass die Bezeichnung der Tätigkeit des Volksgerichtshofs als Willkürjustiz oder Scheinjustiz unzutreffend sei, weil eine juristische Normalität, die sich darauf beschränke, einen Ableitungszusammenhang herzustellen, auch wegen dieser rein instrumentellen Funktion mit Terror kompatibel sei und in bloß entlastender Funktion juristische Normalität Strafterror ermögliche.
Danach bietet Holger Schlüter eine kurze, aber eindrucksvolle Chronik des Volksgerichtshofs, dessen personelle Erstbesetzung kaum der eines Revolutionstribunals entsprochen habe, da beispielsweise nur einer der zwölf Berufsrichter vor 1933 Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter |
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| Teuscher, Simon, Erzähltes Recht. Lokale Herrschaft, Verschriftlichung und Traditionsbildung im Spätmittelalter. Campus, Frankfurt am Main 2007. 359 S. Besprochen von Lukas Gschwend. |
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Das vorliegende Werk wurde von der philosophischen Fakultät der Universität Zürich 2005 als Habilitationsschrift angenommen. Der Autor hat seit 2007 einen Lehrstuhl für die Geschichte des Mittelalters an derselben Universität inne. Mit seiner Studie liefert er gleichermaßen einen Beitrag zur Entstehung von mikrostrukturellen Rechtsquellen im Spätmittelalter als auch zur Geschichte der Verschriftlichung insbesondere als Aspekt der Entstehung und Festigung von Herrschaft. Als Quellenmaterial dienen der Untersuchung hauptsächlich Weistümer und Kundschaftsprotokolle in deutscher und französischer Sprache aus dem Gebiet des heutigen Schweizer Mittellandes. Damit werden nicht nur Quellen aus verschiedenen Sprachgebieten erfasst, sondern auch aus unterschiedlichen Rechtstraditionen, nämlich alamannischer und burgundischer Prägung.
Der Autor setzt die Rechtsverschriftlichung in Beziehung zur Herrschaftsorganisation und geht insbesondere der Frage nach, „wie sich Formen der Festlegung, Aufzeichnung und Umsetzung zuvor ungeschriebener Rechte im Lauf des Spätmittelalters veränderten“ (S. 306). Er untersucht die Veränderungen des Rechtsverständnisses auf mikrostruktureller Ebene und fokussiert dabei Prozess und Bedeutung der Verschriftlichung des Rechts. Entgegen dem seit Jacob Grimm überlieferten germanistischen Entwicklungsmodell, wonach im Mittelalter Recht hauptsächlich althergebrachte Regeln und traditionelle Verhaltensmuster beinhaltete und erst mit der Rezeption des römischen Rechts und der Rechtsverschriftlichung zum Herrschaftsinstrument und Ordnungssystem wurde, knüpft Teuscher an neuere Befunde an, wonach im Früh- und Hochmittelalter seltener von „gutem alten Recht“ die Rede sei als im Spätmittelalter. Im Vordergrund seiner Betrachtung steht daher die Pr |
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| The Nuremberg Trials. International Criminal Law since 1945. 60th Anniversary International Conference. Die Nürnberger Prozesse seit 1945. Internationale Konferenz zum 60. Jahrestag, hg. v. Reginbogin, Herbert R./Safferling, Christoph J. M. unter Mitwirkung von Hippel, Walter R. Saur, München 2006. 320 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen The Nuremberg Trials. International Criminal Law since 1945. 60th Anniversary International Conference. Die Nürnberger Prozesse seit 1945. Internationale Konferenz zum 60. Jahrestag, hg. v. Reginbogin, Herbert R./Safferling, Christoph J. M. unter Mitwirkung von Hippel, Walter R. Saur, München 2006. 320 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Gerichtssaal 600 des Justizpalasts in Nürnberg eröffnete am 20. November 1945 der Engländer Sir Geoffrey Lawrence als Vorsitzender des internationalen Militärtribunals die Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen 21 anwesende der ursprünglich 24 wegen Kriegsverbrechen angeklagten deutschen Nationalsozialisten. Am 21. November 1945 trug der Bundesrichter Robert Jackson als Chefankläger der Vereinigten Staaten von Amerika die Anklage vor. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde politischen, militärischen und wirtschaftlichen Führern nach einem verlorenen Krieg vor einem internationalen Gericht wegen Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Prozess gemacht.
In Nürnberg fand im Juli 2005 eine Rückkehr in den Saal 600 zum 60. Jahrestag der Nürnberger Prozesse gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher statt. Augenzeugen und Wissenschaftler legten insgesamt 33 Beiträge ausgehend von der geschichtlichen Entwicklung hin zum Nürnberger Prozess bis zu dessen Auswirkungen auf das moderne Völkerstrafrecht vor. Diese Reden und Ausarbeitungen sind im vorliegenden Sammelband in der Weise aufgenommen, dass zwecks Erleichterung des Zugangs jede Abhandlung entweder eine deutsche oder eine englische Zusammenfassung aufweist.
Nach der Danksagung führen die Herausgeber in das Werk ein. Danach stellten fünf Wissenschaftler die Interessen ihres Landes an dem Prozess dar. Dabei zeigt Raymond Brown, dass es Robert Jackson vor allem darum ging, die Angeklagten für den Angriffskrieg zur Verantwortung zu ziehen, David Cesarani, dass Großbr |
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| The Old Library of the Supreme Court of the Netherlands, hg. v. Pikkemaat, J. G. B., Verloren, Hilversum 2008. 116 S., CD-ROM. Besprochen von Christian Neschwara. |
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Der anzuzeigende Band vereinigt eine Reihe englischsprachiger Beiträge, welche ihre Ausgangsbasis jeweils in den Beständen der Bibliothek des Obersten Gerichtshofs der Niederlande, des Hogen Raads zu Den Haag, haben. Die heutige Bibliothek dieses Höchstgerichts ist aus der 1795 erfolgten Vereinigung der damaligen Buchbestände der höheren Gerichte von Holland und Seeland (Hof und Großer Rat) hervorgegangen, wovon später eine größere Zahl von handschriftlichen Manuskripten und nichtjuristischen Bänden an das niederländische Nationalarchiv abgestellt wurde.
Das vorliegende Buch befasst sich zum einen mit der Geschichte und Provenienz dieser Buchbestände (Joost Pikkemaat, The old library now. Jurisprudential Tendencies Reflected in a Collection of Books: 11-20), in welchen sich die reiche Rechtskultur der historischen Niederlande widerspiegelt, die seit dem 17. Jahrhundert auf ein Gebiet ausstrahlte, das damals den gesamten heutigen Be-Ne-Lux-Raum umspannte. Dem Buch beigefügt ist eine CD-ROM mit zwei Katalogen der historischen Bestände der Bibliothek. Mit den zahlreichen Abbildungen von kunstvollen Titelblättern und Titelkupfern dient der vorliegende Band auch als Spiegelbild einer bemerkenswerten Bibliothek (Tom de Smidt, An elderly, noble lady. The old books collection in the library of the Supreme Court of the Netherlands: 39-68), welche in Bezug auf ihre historischen Bestände ohne weiters mit mancher Universitätsbibliothek konkurrieren kann.
Neben buchgeschichtlichen Aspekten behandelt der vorliegende Band in einer Reihe von Beiträgen aber auch rechtshistorische Fragen, welche sich mit diesen Buchbeständen auseinandersetzen; und zwar zum einen allgemein, aus wissenschafts- und wirkungsgeschichtlicher Perspektive (Alain Wijffels, Legal books and Legal Pr |
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| tHetzer, Wolfgang, Rechtsstaat oder Ausnahmezustand? Souveränität und Terror. Duncker & Humblot, Berlin 2008. XIII, 331 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
Ganzen Eintrag anzeigen Hetzer, Wolfgang, Rechtsstaat oder Ausnahmezustand? Souveränität und Terror. Duncker & Humblot, Berlin 2008. XIII, 331 S. Besprochen von Bernd Rüthers.
Spätestens die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben eine globale Gefährdung der Sicherheit von demokratisch organisierten Zivilgesellschaften bewusst gemacht. Die Versuche, solchen Anschlägen wirksam vorzubeugen und sie jedenfalls effizient zu verfolgen, haben seit einigen Jahren in den besonders gefährdeten Ländern zu einer intensiven Diskussion über eine verstärkte Sicherheitspolitik geführt. Die dabei erwogenen Strategien führen in Grenzbereiche der Zulässigkeit staatlicher Abwehrmaßnahmen. Es geht um eine neue Bestimmung des Verhältnisses zwischen öffentlicher Sicherheit und grundrechtlichen Freiheitsgarantien. Die Gesetzgebung unternimmt in den letzten Jahren auf nationaler wie internationaler Ebene immer neue Anläufe, den unleugbaren terroristischen Bedrohungen wirkungsvoll begegnen zu können. Die lebhaften innenpolitischen Debatten über die Rasterfahndung, die staatliche Ausspähung privater Computer, die Telefonüberwachung, den Abschuss entführter Flugzeuge (Luftsicherheitsgesetz), die Zulässigkeit folterähnlicher Verhörmethoden und die Einsätze der Bundeswehr im Innern kennzeichnen die Aktualität der Problematik.
Wolfgang Hetzer hat die brisanten Probleme im Titel seines Buches auf die Frage reduziert „Rechtsstaat oder Ausnahmezustand?“.
Soll damit die Alternative „Rechtsstaat auch im Ausnahmezustand“ von vornherein für undenkbar erklärt werden? Das verwundert, denn 1967/1968 wurden aufgrund von Initiativen der „außerparlamentarischen Opposition“ (APO) ähnlich absolute Thesen gegen die geplanten Notstandsgesetze angeführt. Diese haben dann die Bürgerfreiheiten der Bundesrepublik, entgegen allen düsteren Vorhersagen, nicht erkennbar beeinträchtigt. Der Autor schreibt einen kämpferischen Stil und ist darin nicht ganz ungeübt. Er beschäftigt sich seit langem |
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| Thiel, Sybille, Strafe und Strafverfahren in der freien Reichsstadt Memmingen in den Jahren 1551-1689. Diss. jur. Würzburg 2003 (2004). XXIV, 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thiel, Sybille, Strafe und Strafverfahren in der freien Reichsstadt Memmingen in den Jahren 1551-1689. Diss. jur. Würzburg 2003 (2004). XXIV, 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verfasserin gliedert ihre Untersuchung nach Quellenverzeichnis, Literaturverzeichnis und Abkürzungsverzeichnis in sechs Abschnitte, wobei sie sich im Eingang mit Zielsetzung, Forschungsstand und Quellenlage befasst. Nach ihrer Erkenntnis stellt sich der Diskussionsstand im Bereich des Strafrechts im frühneuzeitlichen Memmingen als ausgesprochen spärlich dar, sind die Quellen größtenteils ungeordnet und teilweise nicht erfasst und existieren wissenschaftliche Veröffentlichungen nicht. Als wichtigste Grundlage für ihre eigene Arbeit hebt sie drei Urgichtbücher von 1551 bis 1689 hervor (1551-1573, 1574-1614 mit einer Unterbrechung von 1589 bis 1604, unvollständig 1615-1689).
Im zweiten Abschnitt behandelt die Autorin die Stadt- und Gerichtsverfassung der von ihr mit Baumann zu den 51 Reichsstädten gezählten, vielleicht 7500 Einwohner beherbergenden Stadt (Ersterwähnung 1128, 1390 Einwohner mit Bürgerrecht). Verfassungsorgane sind (1551) der kleine Rat, der geheime Rat, der große Rat und das Gericht (an sich mit 20 auf Lebenszeit ernannten Gerichtsherren). Den Vorsitz im Gericht führte der Stadtammann.
Danach stellt die Verfasserin die strafrechtsrelevanten Normen zusammen (Constitutio Criminalis Carolina, Memminger Zuchtordnungen, Kirchenzuchtordnung, Malefizgerichtsordnung). Im Anschluss daran behandelt sie ausführlich das Strafverfahren (Einleitung, Verfolgungshindernisse, Beweis, endlicher Rechtstag, Tenorierung, Vollstreckung, Kosten, Beteiligte). Dem folgen die Straftaten (132, 207, 183 in den Urgichtbüchern erfasst), bei denen die Vermögensdelikte (Diebstahl, Raub, Betrug, Wucher, Kirchendiebstahl) etwa zwei Drittel ausmachen (Tötungsdelikte 4,59 Prozent, schwere Körperverletzungen 0,77 Prozent, Frauendelinquenz 9,0 Prozent).
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| Ullmann, Hans-Peter, Der deutsche Steuerstaat. Geschichte der öffentlichen Finanzen vom 18. Jahrhundert bis heute. Beck, München 2005. 272 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ullmann, Hans-Peter, Der deutsche Steuerstaat. Geschichte der öffentlichen Finanzen vom 18. Jahrhundert bis heute. Beck, München 2005. 272 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Steuer ist ursprünglich die Unterstützung, die der eine einem anderen zu Teil werden lässt. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist im deutschen Raum die Steuer die Einnahme des Staates, die alle seine anderen Einnahmen übertrifft. Seitdem wird sie zu dem beliebtesten Werkzeug von Entscheidungsträgern, die Gesellschaft der anderen zu steuern.
Mit dieser wichtigen Entwicklung hat sich die bisherige Literatur noch nicht zureichend befasst. Deswegen hat der Autor im akademischen Jahr 1994/1995 sich die Schließung dieser Lücke zum Ziel gesetzt. Sein beeindruckendes Ergebnis hat er ein Jahrzehnt später als Taschenbuch vorgelegt.
Dabei erscheinen ihm die Anfänge des 16. Jahrhunderts, in denen sich aus dem Domänenstaat der Steuerstaat entwickelt, weniger lohnend, weshalb er mit dem Übergang vom frühmodernen zum modernen Finanzwesen beginnt. Im Mittelpunkt steht dabei der öffentliche Haushalt, dessen wichtigste Aufgabe es ist, Geldmittel in Politikziele umzuwandeln. Für ihn sind Ausgaben und Einnahmen, Aufstellung und Verabschiedung besonders in Wendeepochen, Entscheidungsträger und Betroffene sowie einzelne Entwicklungsstränge von besonderer Bedeutung.
Zwischen die kurze Einleitung und die abschließende Zusammenfassung stellt der Verfasser fünf Kapitel. Sie sind im Wesentlichen chronologisch aneinandergereiht. Sie betreffen den Ausbau des Steuerstaats seit dem 18. Jahrhundert, den föderalen Steuerstaat des 19. Jahrhunderts, den möglicherweise überlasteten Steuerstaat im frühen 20. Jahrhundert, den verbrecherischen Steuerstaat der nationalsozialistisch bestimmten Zeit und die ausufernden Steuerstaaten nach dem zweiten Weltkrieg.
Insgesamt erweist sich die Geschichte des deutschen Steuerstaats der untersuchten Zeit als eine Geschichte des k |
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| Ullrich, Stefan, Untersuchungen zum Einfluss des lübischen Rechts auf die Rechte von Bergen, Stockholm und Visby (= Rechtshistorische Reihe 375). Lang, Frankfurt am Main 2008. 292 S. Besprochen von Peter Oestmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ullrich, Stefan, Untersuchungen zum Einfluss des lübischen Rechts auf die Rechte von Bergen, Stockholm und Visby (= Rechtshistorische Reihe 375). Lang, Frankfurt am Main 2008. 292 S. Besprochen von Peter Oestmann.
Verwandtschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen mittelalterlichen Rechtsquellen sind schnell behauptet, aber schwer zu beweisen. Die unbekümmerte Redeweise von Rechtskreisen oder Rechtsfamilien führt teilweise in die Irre. Stephan Dusil hat dies vor kurzem am Beispiel der Soester Stadtrechtsfamilie eindrucksvoll gezeigt. Im Fall privilegialer Verleihung von Stadtrechten mag die Zusammengehörigkeit auf der Hand liegen. Aber die Grenzlinie zwischen bloßer Rechtsähnlichkeit und Beeinflussung zu finden, scheitert oft an der gerade in diesem Punkt unklaren Quellenlage. Es ist deswegen mutig, aber auch ein wenig leichtsinnig, wenn Stefan Ullrich sich in seiner von Jürgen Weitzel betreuten Würzburger Dissertation gezielt mit dem Einfluss des lübischen Rechts auf die Rechte von Bergen, Stockholm und Visby beschäftigt. Gleich zu Beginn stellt der Verfasser klar, dass über die Frage, ob und in welchem Maße das lübische Recht die schwedischen und teilweise auch norwegischen Stadtrechte des Mittelalters beeinflusst habe, seit über einhundert Jahren verschiedene Auffassungen kursieren. Dass dies möglicherweise an dem unpräzisen Begriff „Einfluss“ liegen könnte, liegt auf der Hand, wird im Text aber nicht angesprochen. Statt dessen versucht Ullrich, den bisherigen Meinungsstreit zu entscheiden, nämlich auf der Basis normativer Quellen aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Bewusst schließt er Tochterstädte und Enkelstädte Lübecks aus der Untersuchung aus und wählt mit Stockholm, Visby und Bergen Handelsstädte, deren mittelalterliche Rolle als Handelshäfen ähnliche Ausgangssituationen erwarten lässt. Vor allem gibt es aus diesen Städten auch jeweils für den interessierenden Zeitraum Quellen. Für Stockholm ist dies das Magnus Erikssons Stadslag, |
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| Universitäten im östlichen Mitteleuropa. Zwischen Kirche, Staat und Nation - Sozialgeschichtliche und politische Entwicklungen, hg. v. Wörster, Peter unter Mitarbeit v. Goeze, Dorothee M. (= Völker, Staaten und Kulturen in Ostmitteleuropa 3). Oldenbourg, München 2008. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Universitäten im östlichen Mitteleuropa. Zwischen Kirche, Staat und Nation - Sozialgeschichtliche und politische Entwicklungen, hg. v. Wörster, Peter unter Mitarbeit v. Goeze, Dorothee M. (= Völker, Staaten und Kulturen in Ostmitteleuropa 3). Oldenbourg, München 2008. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahre 1999 veranstalteten der Johann-Gottfried-Herder-Forschungsrat und das Herder-Institut in Marburg an der Lahn eine von Ferdinand Seibt angeregte gemeinsame Fachtagung zu dem Thema Universitäten zwischen Kirche, Staat und Nation. Sozialgeschichte und politische Entwicklung im ostmitteleuropäischen Raum, die von dem Initiator und dem Herausgeber konzipiert und organisiert wurde. Da die Diskussionen ergaben, dass zur thematischen Abrundung weitere Gesichtspunkte hinzugenommen werden müssen, wurden über die Referenten hinaus vier Forscher aus Estland, Polen und Ungarn um Mitarbeit gebeten. Umgekehrt fielen andere Beiträge für den Sammelband aus unterschiedlichen Gründen aus.
Insgesamt umfasst der Sammelband außer einer Einführung des Herausgebers und einer posthum gedruckten Stellungnahme Ferdinand Seibts zum Problem der Universitätsgeschichte in Mitteleuropa 13 Studien. Dabei steht die Universität Dorpat an der Spitze. Klaus Meyer behandelt die Gründungswelle der Universitäten in Russland unter besonderer Berücksichtigung Dorpats, Sirje Tamul die Studienstiftungen an der Universität Dorpat (1802-1918) und Csaba János Kenéz Bildungszentren neuer Staatsvölker nach dem ersten Weltkrieg - das Beispiel Dorpat.
Weiter zurück greift Herbert Langer on seinem Beitrag über die pommersche Landesuniversität Greifswald (1630-1720). Iselin Gundermann betrachtet brandenburgisch-preußische Universitätsgründungen. Helmut Neubach schildert die königliche Akademie in Posen (1903-1918), Henryk Gmiterek die Academia Zamojska in Zamość (1594-1784).
Mit den spätmittelalterlichen Anfängen der Beziehung zwischen Kirche und |
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| Urkunden der Stadt Beeskow in Regesten (1271-1649), hg. v. Beck, Friedrich (= Quellen, Findbücher und Inventare des brandenburgischen Landeshauptarchivs 13). Lang, Frankfurt am Main 2003. 211 S., 13 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das 44 Meter über Normalniveau liegende, als Tor der Niederlausitz bezeichnete, (im Dezember 2007) 8314 Einwohner zählende Beeskow an der Spree ist vermutlich in der Mitte des 13. Jahrhunderts aus einer Marktsiedlung an der Kreuzung der Straßen von Leipzig nach Frankfurt an der Oder und von Cottbus in das Baltikum entstanden. 2003 beging die nach 1321 eine Mauer aufweisende, bis 1377 den Herren von Strehle bzw. Torgow gehörende Stadt ihr siebenhundertfünfzigstes Jubiläum, so dass von einer Stadtgründung im Jahre 1253 ausgegangen wird. Die erste urkundliche Erwähnung datiert von 1272.
Auf Anregung Klaus Neitmanns übernahm der frühere Direktor des brandenburgischen Landeshauptarchivs, der in den Jahren 2001 und 2002 zwei umfangreiche Bände Urkundeninventar des brandenburgischen Landeshauptarchivs Kurmark vorgelegt hatte, die Bearbeitung der Urkunden Beeskows, welche die Stadt sich und ihren Freunden als Geburtstagsgeschenk, verziert mit einer Initiale aus der Ratsurkunde vom 8. Mai 1348 für die Fleischhauer, zeitgerecht überreichen konnte. Die Entscheidung fiel dabei für Regesten, um ein breiteres Publikum ansprechen zu können. Wer sich für die genaue Überlieferung interessiert, ist deswegen auf das Landeshauptarchiv in Potsdam, wo seit Depositalvereinbarungen mit dem früheren Stadtarchivar Rektor Kurt Müller von 1963 und 1975 die Quellen vor 1945 liegen, oder auf die Verfilmung verwiesen.
Im Druck berichtet nach einem Geleitwort des Bürgermeisters Landesarchivdirektor Klaus Neitmann über den großen Rahmen. Dabei weist er besonders darauf hin, dass für Beeskow im Vergleich zu anderen brandenburgischen Städten eine verhältnismäßig gute Quellenlage besteht. In seiner sachkundigen Einleitung beto |
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| Urkunden des Klosters Wormeln, bearb. v. Müller, Helmut (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Westfalen 37 = Westfälische Urkunden [Texte und Regesten] 10). Aschendorff, Münster 2009. 404 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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In dem 2 Kilometer südwestlich der Altstadt Warburgs (in Nordrhein-Westfalen) an der Twiste gelegenen Dorf Wormeln stifteten nach der erhaltenen Gründungsurkunde die vier Söhne Graf Albrechts III. von Everstein am 11. 5. 1246 unter Übertragung der Pfarrkirche Sankt Simon und Juda ein nach den Benediktsregeln lebendes Kloster für Frauen des grauen Ordens, dessen Mitglieder vorwiegend aus ministerialischen und bürgerlichen Familien kamen. Allmählich wurde das Kloster größter Grundeigentümer des Dorfes und erlangte auch Güter darüber hinaus. Am 16. 9. 1810 wurde es in Westphalen aufgehoben, wobei die Kirche an die Pfarrgemeinde gelangte und das Gut durch Verkauf an Adolph von Heppe und Sophie Cnyrim kam.
Über diese Entwicklung bietet die Einführung des Herausgebers knapp und klar eine gute Unterrichtung. Den Urkundenbestand des Klosters mit insgesamt 536 Urkunden schildert er als gut überliefert, da größere Verluste nicht erkennbar sind. Er beginnt mit 24 Ausfertigungen und 4 kopial überliefertenUrkunden des 13. Jahrhunderts und endet mit 5 Urkunden des beginnenden 19. Jahrhunderts.
Im Anschluss hieran veranschaulichen verschiedene Abbildungen den Text. Die Edition gibt alle als Ausfertigungen und Abschriften überlieferten Urkunden bis 1350 im vollen Text. Danach wird für weniger Wichtiges auch das Regest verwendet.
Am Beginn steht die lateinische Gründungsurkunde. Den Schluss bildet ein Regest über die Finanzierung eines Beitrags zu einer neuen Staatsanleihe. Umfangreiche Verzeichnisse erschließen die sorgfältie Ausgabe sehr gut (z. B. ius advocatie, ius dominii, ius hereditarium, ius perpetuum, ius pheodale, ius pheodi, ius proprietatis, ius proprium, ius successionis, ius successiv |
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| Utermark, Timo, Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung bei Ernst Rabel (= Internationalrechtliche Studien 38). Lang, Frankfurt am Main 2005. 317 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Utermark, Timo, Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung bei Ernst Rabel (= Internationalrechtliche Studien 38). Lang, Frankfurt am Main 2005. 317 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Maximiliane Kriechbaum betreute, im Wintersemester 2004/2005 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg angenommene Dissertation des von 2001 bis 2004 nach Abschluss seines Studiums als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für römisches Recht und vergleichende Rechtsgeschichte der Universität Hamburg tätigen Verfassers. Sie geht den Wurzeln des bekannten, in Wien 1874 geborenen und in Zürich 1955 verstorbenen Rechtsvergleichers in der Romanistik und der historischen Rechtsvergleichung nach. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Rolle die Rechtsgeschichte im Rahmen der Rechtsvergleichung bei Rabel spielt.
Nach einer kurzen Einleitung beginnt der Verfasser im ersten seiner fünf Sachteile mit der historischen Rechtsdogmatik. Dabei schildert er zunächst Rabels Zeit in Wien (bis 1904), die maßgeblich von Ludwig Mitteis geprägt wurde, dessen Wirken über Adolf Exner und Josef Unger von der historischen Rechtsschule beeinflusst war. Bei der Haftung des Verkäufers wegen Mangels im Recht prüft er die Auswirkung des römischen Haftungssystems auf die modernen Rechtsordnungen.
Es folgt die Betrachtung der Schriften zur historischen Rechtsvergleichung. Dabei spielen die Schriften zum griechischen Recht und zum Recht der Papyri eine wesentliche Rolle. In Rabels Zeit in Göttingen (1911-1916) kommt das römische Recht als Rechtssystem mit Personenrecht, Sachenrecht, Obligationenrecht und Erbrecht hinzu (Grundzüge des römischen Privatrechts 1915).
Mit München (1916-1926) verbindet der Verfasser die Theorie der modernen Rechtsvergleichung, mit Berlin (1926-1935) die Vereinheitlichung des Kaufrechts als systematische Rechtsvergleichung. In der Emigration in Amerika (1939) erfolgt die rechtsvergleichende Begriffsbil |
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| Verfassungsänderung, Verfassungswandel, Verfassungsinterpretation. Vorträge bei deutsch-japanischen Symposien in Tokyo 2004 und Freiburg 2005, hg. v. Wahl, Rainer (= Schriften zum öffentlichen Recht 1104). Duncker & Humblot, Berlin 2008. 525 S. Besprochen von Walter Pauly. |
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Anzuzeigender Sammelband thematisiert die Verfassung in der Zeit, die Spannung zwischen Kontinuitätsgewähr durch stabiles Verfassungsrecht einerseits und Reformbedarf auf Grund gesellschaftlichen Wandels andererseits. Der Vergleich Deutschlands gerade mit Japan verdient deswegen Aufmerksamkeit, weil hierzulande die Verfassungsänderung mit bereits über 50 Fällen seit 1949 nahezu schon zum politischen Tagesgeschäft gehört, während Japan bislang keinen einzigen solchen Fall zu verzeichnen hat. Niemand wird allerdings meinen, die Dynamik der japanischen Gesellschaft sei vergleichsweise geringer und bedürfe weniger der verfassungsrechtlichen Berücksichtigung und Formung, wie Johannes Masing zu Recht betont (S. 131). Zugleich benennt er mit dem Gebiet der Militäreinsätze jenseits der Landesverteidigung für beide Länder Verfassungsmaterien, die eine grundstürzende Umbildung allein im Wege der Verfassungsinterpretation erfahren haben, zumal die Kraft für eine förmliche Verfassungsänderung fehlte. Um so plausibler erscheint das von Rainer Wahl formulierte „Ergänzungsverhältnis zwischen Verfassungsänderung und Verfassungsinterpretation“ (S. 66), wobei diese komplementären und inzwischen weitgehend äquivalenten Entwicklungsmodi einer Verfassung in den Verfassungskulturen Deutschlands und Japans unterschiedlich intensiv genutzt worden sind. Seitenblicke gelten aber auch der Schweiz, die sich im Wege der Totalrevision im Jahre 1874 und 2000 weithin neu konstituiert hat, sowie den Vereinigten Staaten von Amerika, die ihre über 200 Jahre alte Verfassung schon früh und fundamental durch zehn Amendments (1789/91) grundrechtlich ergänzt haben, wie Wahl herausstellt (S. 69), und gleichw |
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| Verfassungswandel im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Beiträge der ersten Göttinger Gespräche zum deutschen und europäischen Verfassungsrecht vom 15. bis 17. Juni 2006, hg. v. Calliess, Christian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Verfassungswandel im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Beiträge der ersten Göttinger Gespräche zum deutschen und europäischen Verfassungsrecht vom 15. bis 17. Juni 2006, hg. v. Calliess, Christian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vom 15. bis zum 17. Juni 2006 trafen sich Experten aus Wissenschaft und Praxis im kleinen Kreis mit jungen Wissenschaftlern (Doktoranden, Habilitanden) in den historischen Räumen der Universität Göttingen zum ersten Göttinger Gespräch mit dem Thema Verfassungswandel im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Da die Bundesrepublik Deutschland, von ihrem Grundgesetz als offener Verfassungsstaat verstanden, ihre gesamte Rechtsordnung gegenüber dem vorrangigen Europarecht geöffnet hat, sollte die wechselseitige Verzahnung vom europäischen und nationalen Verfassungsrecht sichtbar gemacht, verfassungsrechtlich aufbereitet und rechtsdogmatisch betrachtet werden. Vor dem Hintergrund der Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags in Frankreich und in den Niederlanden ging es darum, darüber nachzudenken, wo die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und ihre Bürger im europäischen Integrationsprozess stehen.
Insgesamt umfasst der fast alle Referate einschließende Band zehn Beiträge und zwei Tagungs- und Diskussionsberichte. Sie betreffen die europäische Union der Zukunft (Antonio Puri Purini), Staat und Verfassung im Kontext der Europäisierung (Christoph Möllers), Europa - Verfassung - Identität (Ulrich Haltern), Theorie und Praxis des europäischen Verfassungsverbunds (Ingolf Pernice), den europäischen Verfassungsverbund (Matthias Jestädt), europäische Verfassungsprinzipien im Verfassungsentwurf (Sven Hölscheidt), die Wirkungsweise des europäischen Rechtsstaatsprinzips in der Verwaltungspraxis (Frank Hoffmeister), die Bedeutung der Rechtsvergleichung für den europäischen Staaten- und Verfassungsverbund (José Martinez), die Bedeutung von Rechts- und Verfassu |
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| Vernunftrepublikanismus in der Weimarer Republik. Politik, Literatur, Wissenschaft, hg. v. Wirsching, Andreas/Eder, Jürgen (= Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus. Wissenschaftliche Reihe 9). Steiner, Stuttgart 2008. 330 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vernunftrepublikanismus in der Weimarer Republik. Politik, Literatur, Wissenschaft, hg. v. Wirsching, Andreas/Eder, Jürgen (= Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus. Wissenschaftliche Reihe 9). Steiner, Stuttgart 2008. 330 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Die Geschichte der Weimarer Republik ist bis vor einigen Jahren vor allem unter dem Gesichtspunkt betrachtet worden, welche Kräfte für oder gegen Demokratie wie Republik gewesen seien. Nachdem im Anschluss daran unter kulturgeschichtlichen Fragestellungen die Vielfalt, Dynamik und Offenheit des Geisteslebens dieser Zeit betont wurde, knüpft der vorliegende Band an das dadurch entstandene neue Bild an, kehrt aber (wenn auch nicht ausschließlich) zur politischen Geschichte zurück.
Der Begriff des „Vernunftrepublikanismus“ wurde bisher auf Teile des Bürgertums übertragen, die sich mangels Alternativen mit der Weimarer Republik abfanden. Und so ist es nicht überraschend, dass in diesem Band zahlreiche Vertreter davon abgehandelt werden: Literaten wie Thomas Mann, Historiker wie Friedrich Meinecke, Publizisten wie Friedrich Naumann und Willy Haas, protestantische Theologen wie Ernst Troeltsch, doch auch Naturwissenschaftler wie Albert Einstein, Fritz Haber und Max Planck. Von unmittelbarem rechtsgeschichtlichem Belang ist allein die Studie Christoph Gusys über den „Vernunftrepublikanismus“ in der Staatsrechtswissenschaft. Ausgehend von drei Vertretern dieser Richtung (Gerhard Anschütz, Wilhelm Kahl, Alexander Graf zu Dohna) kommt er zu dem Schluss, dass die Anwendung des Begriffs auf die Professoren des öffentlichen Rechts problematisch sei. Denn wissenschaftlich korrekte und „vernünftige“ Anwendung der Methoden lässt keine Rückschlüsse auf die politische Einstellung des Wissenschaftlers zu. Mehr oder weniger hätten alle dem Positivismus gehuldigt und das neue Staatsrecht auf allen Ebenen akzeptiert, in dem sie es zum Ausgangspunkt ihrer Studien nahmen. Mit fast allen Vernunftrep |
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| Vitali, David, Mit dem Latein am Ende? Volkssprachlicher Einfluss in lateinischen Chartularen aus der Westschweiz (= Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 41). Lang, Frankfurt am Main 2007. X, 643 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vitali, David, Mit dem Latein am Ende? Volkssprachlicher Einfluss in lateinischen Chartularen aus der Westschweiz (= Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 41). Lang, Frankfurt am Main 2007. X, 643 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die rhetorisch betitelte Arbeit ist die von Peter Stotz betreute, im Wintersemester 2004/2005 von der philosophischen Fakultät der Universität Zürich angenommene Dissertation des als Assistent am dortigen Seminar tätigen Verfassers. Ihr Ziel ist vor dem Hintergrund der Ablösung der lateinischen Schriftsprache durch die Volkssprache im Übergang zum Spätmittelalter die Auslotung der Dimensionen lexikalischer Interferenz mit der Volkssprache an einem geschlossenen Textkorpus. Dieses besteht aus dem zwischen 1200 und 1240 redigierten Chartular des Domkapitels von Lausanne, daneben dem Chartular der Zisterzienserabtei Hauterive, der Zisterzienserabteil Hautcrêt, des Zisterzienserpriorats Romainmôtier und der Sammlung Schweizer Schiedsurkunden.
Nach einer kurzen Einleitung beschreibt der Verfasser im Teil Darstellung zunächst seine Quellen. Danach erörtert er ausführlich den Begriff Interferenz. Anschließend geht er auf Lautliches (volkssprachlich bedingte Besonderheiten, Schreibfehler und Mediävismen), Wortschatz (Neologismen, Stratigraphien und Strukturanalysen, Bedeutung für die Erforschung des romanischen Wortschatzes, Lehnprägungen, volkssprachlich induzierte Wortwahl) und den Prozess der lexikalischen Entlehnung aus dem Frankoprovenzalischen ein.
Im Ergebnis konnte die Eingliederung des volkssprachlichen Wortguts in den meisten Fällen wegen der nahen Verwandtschaft zwanglos ablaufen, so dass sie sich gelegentlich von Nichteingliederung kaum trennen lässt. Inhaltlich sieht der Verfasser in den Interferenzerscheinungen nicht Symptome eines graduellen Übergangs vom Lateinischen zur Volkssprache, sondern den Ausdruck von Eigenschaften einer ganz bestimmten Fachsprache, deren Entst |
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| VOC 1602-2002. 400 Years of Company Law, hg. v. Gepken-Jager, Ella/Solinge, Gerard van/Timmerman, Levinus (= Law of Business and Finance 6). Kluwer Legal Publishers, Deventer 2005. XII, 459 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen VOC 1602-2002. 400 Years of Company Law, hg. v. Gepken-Jager, Ella/Solinge, Gerard van/Timmerman, Levinus (= Law of Business and Finance 6). Kluwer Legal Publishers, Deventer 2005. XII, 459 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Aufstieg des Menschen im Rahmen der irdischen Geschichte ist im Wesentlichen durch seinen Verstand bestimmt. Er hat ihn zur Einsicht in die Vorteilhaftigkeit der Arbeitsteilung geführt. Er hat ihn jedoch auch erkennen lassen, dass neben der Trennung auch die Verbindung ihre Vorteile hat, weswegen nicht nur die menschliche Gesellschaft im Allgemeinen, sondern auch die Gesellschaft im erwerbswirtschaftlichen Sinn entstanden ist.
Ein Meilenstein in dieser Entwicklung ist die Verenigde Oost-Indische Compagnie (VOC) The Dutsch East India Company bzw. die Vereinigte Ostindische Kompanie oder Handelsgesellschaft, die 1602 eine staatliche Erlaubnis erhielt. Auf das zur vierhundertsten Wiederkehr dieses wichtigen Ereignisses geschaffene wissenschaftliche Erinnerungswerk hat freundlicherweise P. L. Nève bereits vor Jahren aufmerksam gemacht. Da die Gewinnung eines Rezensionsexemplares gleichwohl misslang, muss der Herausgeber an Hand eines ausgeliehenen Stückes zumindest nachträglich in einigen Sätzen auf das bedeutende Werk hinweisen.
Das Sammelwerk setzt sich aus insgesamt 13 Beiträgen zusammen. Sie sind in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit den historischen Grundlagen des Gesellschaftsrechts, während der zweite Teil einzelne dogmatische Fragen der Gegenwart anschneidet.
Der geschichtliche Teil wird von Ella Gepken-Jager mit einer sorgfältigen Betrachtung der Vereinigten ostindischen Kompanie eröffnet, deren handschriftliches sechzehnseitiges Privileg im Eingang abgelichtet, transkribiert und ins Neuenglische übertragen ist. Im Anschluss daran verfolgen Willem Sinninghe Damsté und Marijke van de Vrugt Winding up the Company. Weitere sechs Beiträge greifen auf Dänemark (Karsten |
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| Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte, hg. v. Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009. 299 S., Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte, hg. v. Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009. 299 S., Ill. Besprochen von Werner Schubert.
Der Band geht zurück auf die Arbeitstagung: „Juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen“ und die Verwendung von „Strafprozessakten als historische Quelle“ (S. 16). Er enthält Beiträge von Tagungsteilnehmern und weiterer Autoren zu grundsätzlichen Fragen der Benutzung von Prozessakten als Quellen der Zeitgeschichte. Die Beiträge in Teil 1 führen in die rechtlichen und institutionellen Grundlagen sowie in gesellschaftspolitische und erinnerungskulturelle Hintergründe der Strafverfolgung nationalsozialistischer Verbrechen ein (S. 27-94). Sehr informativ sind die allerdings oft sehr kurzen Überblicksartikel über die Strafverfolgung nationalsozialistischer Täter durch die Alliierten, die westdeutsche und österreichische Justiz sowie durch die Justiz der Sowjetunion und der Sowjetischen Besatzungszone/DDR. Besondere Probleme warf die Strafverfolgung deutscher Besatzungs- und Kriegsverbrechen in Italien und die Aufarbeitung der eigenen faschistischen Vergangenheit auf (Beitrag Guerrazzis, S. 84ff.). Die Beiträge des Teils 2 befassen sich mit den methodischen und quellenkritischen Fragen bei der Auswertung von Ermittlungs- und Prozessakten (S. 97-216). Hingewiesen sei auf den Beitrag Pohls, der darauf hinweist, dass eine intensive Beschäftigung mit der Geschichte nationalsozialistischer Verbrechen in Osteuropa ohne die allerdings nicht unproblematische Auswertung der Justizakten kaum möglich erscheine (S. 140). In Teil 3 werden die archivrechtlichen Grundlagen der Benutzung von Akten aus NS-Prozessen, die Unterlagen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltung zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen sowie die Dokumentation der zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz beschrieben. Vier Beiträge we |
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| Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte, hg. v. Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009. 299 S., Ill. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte, hg. v. Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009. 299 S., Ill. Besprochen von Martin Moll.
Zu den zentralen Aspekten des schwierigen, im Grunde bis heute nicht abgeschlossenen Bemühens um einen adäquaten Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in den Nachfolgestaaten des „Dritten Reiches“ gehört(e) nach 1945 (mit Ausläufern bis in die unmittelbare Gegenwart) die juristische Aufarbeitung des vom NS-Regime begangenen Unrechts. Die Abertausende, schon kurz nach der deutschen Kapitulation einsetzenden Verfahren vor alliierten, westdeutschen und ostdeutschen sowie österreichischen Gerichten haben einen unübersehbaren Aktenberg produziert, dessen Inhalte seit den 1980er Jahren schrittweise der Forschung zugänglich gemacht und von dieser auch genutzt wurden und werden.
In einem ersten Schritt dienten diese Quellen (insbesondere Dokumente aus NS-Provenienz sowie Aussagen von Tätern, Opfern und Zeugen) zur Rekonstruktion der vor allem während des zweiten Weltkrieges begangenen Verbrechen. Auf einer zweiten Stufe wurden die Ermittlungen und Verfahren selbst und nicht mehr die in ihnen verhandelten Straftaten Gegenstand der Forschung – man denke etwa an den Jerusalemer Eichmann-Prozess von 1961, bei dessen Beschreibung es zum Beispiel Hannah Arendt weniger um Eichmanns Untaten als um dessen „banales“ Auftreten vor seinen israelischen Richtern und um die Psychologie des Angeklagten ging. Erst in einer dritten und jüngsten Phase rückten die überlieferten Gerichtsakten in den Mittelpunkt forschenden Interesses: Die Begleitumstände ihrer Entstehung werden nun ebenso untersucht wie die mit ihrer Nutzung – für welche Fragestellung auch immer – verbundenen interpretatorischen und quellenkritischen Probleme, womit nicht behauptet werden soll, dass letztere während der ersten und zweiten Phase nicht bereits mehr |
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| Von den leges barbarorum bis zum ius barbarum des Nationalsozialismus. Festschrift für Hermann Nehlsen zum 70. Geburtstag, hg. v. Hermann, Hans-Georg/Gutmann, Thomas/Rückert, Joachim/Schmoeckel, Mathias/Siems, Harald. Böhlau, Köln 2008. XIII, 780 S. Besprochen von Urs Reber. |
Ganzen Eintrag anzeigen Von den leges barbarorum bis zum ius barbarum des Nationalsozialismus. Festschrift für Hermann Nehlsen zum 70. Geburtstag, hg. v. Hermann, Hans-Georg/Gutmann, Thomas/Rückert, Joachim/Schmoeckel, Mathias/Siems, Harald. Böhlau, Köln 2008. XIII, 780 S. Besprochen von Urs Reber.
Zum 70. Geburtstag am 15. August 2006 ehrten die Schüler, Freunde und Kollegen Hermann Nehlsen mit einem Symposium und widmeten ihm die hier zu rezensierende Festschrift. Karl Kroeschell hielt die freundschaftliche Laudatio, die im vollen Wortlaut den stattlichen Band eröffnet. Der Geehrte wurde 1936 in Papenburg an der Ems geboren, wuchs in Bremen auf und absolvierte sein juristisches Studium in Hamburg, Innsbruck und Freiburg im Breisgau, wo er 1965 bei Hans Thieme mit einer Arbeit über „Die Freiburger Patrizier-Familie Snewlin“ promovierte. Die Habilitation erfolgte 1971 in Göttingen mit der Untersuchung „Sklavenrecht zwischen Antike und Mittelalter“. In der Folgezeit haben sich die Universitäten Berlin, Innsbruck und Regensburg bemüht, Hermann Nehlsen zu gewinnen. Er entschied sich jedoch 1974, den Ruf nach München als Nachfolger von Hermann Krause anzunehmen, und wirkte dort während dreier Jahrzehnte bis zu seiner Emeritierung mit großem Lehrerfolg. Joachim Rückert beleuchtet mit seiner Erinnerungsskizze „Aus Münchener Tagen“ die Schwerpunkte dieser Tätigkeit.
Die nahezu vierzig Beiträge widerspiegeln in ihrer Themenvielfalt die ganze Bandbreite der Forschungen des Jubilars. Sie sind in fünf Abteilungen gegliedert: Recht in Mittelalter und Neuzeit, Recht im 19. Jahrhundert, Juristische Zeitgeschichte und Nationalsozialismus, Quellenprobleme sowie geltendes Recht, Grundlagen und Didaktik. Die Besprechung beschränkt sich - wie übrigens auch die Referate des Symposiums - auf Beiträge der ersten Abteilung und der Abteilung Quellenprobleme.
Die Beiträge zu „Recht in Mittelalter und Neuzeit“ beginnen mit einer Untersuchung Kathrin Bayerles über den welt |
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| Vorderösterreichische Regierung und Kammer 1753-1805. Oberamt Altdorf, bearb. v. Steuer, Peter (= Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 50,5). Kohlhammer, Stuttgart 1998. 561 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vorderösterreichische Regierung und Kammer 1753-1805. Oberamt Altdorf, bearb. v. Steuer, Peter (= Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 50,5). Kohlhammer, Stuttgart 1998. 561 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Schriftgut der Behörden und Gerichte in den ehemals vorderösterreichischen Gebieten im Südwesten des Heiligen römischen Reiches ist von den territorialen Veränderungen am Beginn des 19. Jahrhunderts erheblich betroffen. Die durch die Aufteilung auf unterschiedliche Archive verursachte starke Zersplitterung behindert die landesgeschichtliche Forschung seit langem. Da eine komplette physische Zusammenführung der einzelnen Provenienzen wegen der unterschiedlichen Zuständigkeit von vornherein illusorisch war, wurde mit Unterstützung der deutschen Forschungsgemeinschaft seit 1985 ein archivübergreifendes Gesamtinventar zwecks Rekonstruktion der fraglichen Bestände wenigstens auf Papier versucht.
Dabei war anfangs nicht abzusehen, wie schwierig und damit auch zeitaufwendig sich die Erschließungsarbeiten gestalten würden. Da sich in ihrem Verlauf eine Verdoppelung des gedachten Bestands auf rund 30000 projektrelevante Akten und Amtsbücher ergab, verlängerte sich auch die Projektdauer. Weil sich die ursprünglichen Registraturverhältnisse nicht mehr rekonstruieren ließen, bot sich zumindest bei der Überlieferung der im Zuge der Reformen unter Maria Theresia geschaffenen zentralen vorderösterreichischen Verwaltungsbehörden, deren Schriftgut die Masse des gegenwärtigen Bestands ausmacht, eine regionale Aufteilung der verschiedenen Teilbände und damit ein Erscheinen nach jeweiliger Fertigstellung an.
Der Teilband Altdorf, der in der Gesamtzählung die Nummer fünf erhielt, enthält die im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrten Akten und Amtsbücher der vorderösterreichischen Regierung und Kammer, die sich auf das 1753 geschaffene Oberamt Altdorf beziehen. Er ist bereits 1998 in stattlicher Aufmachun |
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| Walter, Peter, „Reformationsgeschichtliche Studien und Texte”. Vergangenheit und Zukunft einer wissenschaftlichen Reihe (= Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 68). Aschendorff, Münster 2008. 82 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Walter, Peter, „Reformationsgeschichtliche Studien und Texte”. Vergangenheit und Zukunft einer wissenschaftlichen Reihe (= Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 68). Aschendorff, Münster 2008. 82 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahre 2006 konnte die von der 1917 gegründeten Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum betreute Reihe der reformationsgeschichtlichen Studien und Texte ihr hundertjähriges Jubiläum feiern. Bei der Mitgliederversammlung in Regensburg am 25. September 2006 wurde dieses Anlasses gedacht. Der aus diesem Anlass gehaltene Vortrag liegt nunmehr gedruckt vor.
Er beginnt mit dem Satz ,Ich würde es im Interesse der geschichtlichen Wahrheit sehr bedauern, wenn Sie das falsche Wort benützen würden, es handelt sich dabei nicht um ein Wort, sondern um eine Auffassung, die der katholischen direkt entgegengesetzt ist’. Der Satz stammt aus einem Brief des Papsthistorikers Ludwig Pastor (1854-1928) an den Bonner Privatdozenten Joseph Greving vom 2. Januar 1906. Er betrifft das Wort Reformation in dem von Greving Pastor am Neujahrstag 1906 mitgeteilten Plan der Begründung einer Reihe reformationsgeschichtlicher Studien und Texte.
Joseph Greving hat sich durch die Ablehnung Pastors nicht von seinem Plan abhalten lassen. Der Erfolg hat ihm Recht gegeben. Seit Joseph Grevings Arbeit über Johann Eck als junger Gelehrter (1906) sind 152 Bände der Reihe reformationsgeschichtliche Studien und Texte erschienen.
Der Festvortrag verfolgt sehr sorgfältig die Gründung der Reihe, die Gründung der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum, die Nachfolger Grevings im Vorsitz der Gesellschaft und als Herausgeber und die Reihe mit ihren inhaltlichen Schwerpunkten. Am Ende stehen die wahrscheinlichen erfreulichen Zukunftsperspektiven. Der Anhang des mit einem Bildnis Grevings geschmückten, dem Anlass würdigen Bändchens bietet die Satzung der Gesellschaft zur Herausg |
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| Waltoś, Stanislaw, Die Abschaffung der Folter im Jahre 1776 in Polen und Litauen – Hintergründe und Wirkungen (= Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge G 392). Schöningh, Paderborn 2004. 24 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Waltoś, Stanislaw, Die Abschaffung der Folter im Jahre 1776 in Polen und Litauen – Hintergründe und Wirkungen (= Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge G 392). Schöningh, Paderborn 2004. 24 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1932 geborene, 2002 emeritierte Krakauer Strafrechtsgeschichtler weist in seinem Akademievortrag eingangs darauf hin, dass kein westlicher Bearbeiter Polen im Rahmen der Geschichte der Abschaffung der Folter erwähnt, obwohl bereits im 16. Jahrhundert sich Johannes Cerasinus Kirstein als Richter im Rathaus in Krakau in Traktaten als Gegner der Folter offenbarte. Deswegen geht er auf Ereignisse in Polen ein, die der polnischen Übersetzung Cesare Beccarias Die delitti e delle pene (1772) folgten. Sie kulminieren in dem Gesetz vom 23. Oktober 1776 über Beurteilungen in Strafsachen, das der Verfasser in die Geschichte der Abschaffung der Folter in anderen Staaten Europas angemessen einreiht (Schottland 1709, Schweden 1734, Preußen 1740, Österreich 1776 einerseits, Sachsen-Weimar 1783/1819, Toskana 1786, Holland 1798, Russland 1801, Württemberg 1806, Bayern 1806, Spanien 1812 usw. andererseits).
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Weber, Antje, Die Entstehung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 27. 07. 1957 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4217). Lang, Frankfurt am Main 2005. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weber, Antje, Die Entstehung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 27. 07. 1957 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4217). Lang, Frankfurt am Main 2005. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Werner Schubert betreute, von Rüdiger Breuer geförderte, 2000 nach Abschluss der ersten juristischen Staatsprüfung begonnene und im Oktober 2004 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Edition der Arbeiten der Akademie für deutsches Recht im Wasserrecht durch Werner Schubert. Sie gliedert sich chronologisch in acht Teile.
In ihrer kurzen Einleitung weist die Verfasserin zutreffend auf die grundlegende Bedeutung des Wassers für das Leben hin. Als selbverständlich hingenommen wurde ihm lange Zeit keine allgemeine Aufmerksamkeit zu Teil. Mit der starken Zunahme der Zahl der Menschen seit der frühen Neuzeit und der dadurch verursachten Verschmutzung des Wassers hat sich dies in den letzten Jahrhunderten spürbar geändert, so dass das Wasser auch gesetzlich gefasst werden musste, ohne dass freilich bisher eine ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte des derzeit wichtigsten deutschen Wassergesetzes vorlag.
Dementsprechend kann die Verfasserin die Entwicklung des Wasserrechts in Deutschland bis 1934 im zweiten Teil auf wenigen Seiten zusammenfassen. Geringfügig mehr Raum beanspruchen die Vorarbeiten zu einem umfassenden Wassergesetz in den Jahren zwischen 1934 und 1949, weil sie andernorts ausführlich dargestellt sind. Auf dieser Grundlage setzt der ausführliche vierte Teil über die vorbereitenden Arbeiten in den Bundesministerien der Bundesrepublik Deutschland zu einem bundeseinheitlichen Wasserrecht in den Jahren von 1950 bis 1955 ein.
Den eigentlichen Schwerpunkt bildet danach die Entstehung des Wasserhaushaltsgesetzes. Sehr sorgfältig führt die Verfasserin sieben Stufen des Gesetzgebungsverfahrens au |
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| Weber, Reinhold, Kleine Geschichte der Länder Baden und Württemberg 1918-1945 (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). DRW-Verlag/Braun, Leinfelden-Echterdingen/Karlsruhe 2008. 253 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weber, Reinhold, Kleine Geschichte der Länder Baden und Württemberg 1918-1945 (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). DRW-Verlag/Braun, Leinfelden-Echterdingen/Karlsruhe 2008. 253 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Baden und Württemberg entwickelten sich im Südwesten des deutschen Reiches seit dem ausgehenden Frühmittelalter in zähem Wettbewerb zu eigenen Ländern, die 1806 Souveränität erlangten. 1945 griffen die alliierten Siegermächte ohne Rücksicht auf die geschichtliche Herkunft in den Bestand ein. Von da an war die Selbständigkeit so in Frage gestellt, dass sie bald zu Gunsten des einheitlichen Baden-Württemberg aufgegeben wurde bzw. aufgegeben werden musste.
Der in Aalen 1961 geborene, durch eine Reihe von Vorarbeiten gut ausgewiesene, bei Bernhard Mann über Bürgerpartei und Bauernbund in Württemberg promovierte, seit 2003 als Chefredakteur und Fachreferent bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg tätige Verfasser, Lehrbeauftragter am historischen Seminar der Universität Tübingen, gliedert seine ansprechende Darstellung der Zwischenkriegsgeschichte beider Staaten chronologisch in acht Abschnitte. Am Anfang stehen Zusammenbruch der alten Ordnung und Übergang zur Demokratie. Das Ende bildet der totale Zusammenbruch des Führerstaats am Ende des zweiten Weltkriegs.
Zwischen diesen beiden Kapiteln finden Weimarer Republik und Nationalsozialismus ihren Platz. In den ersten 15 Jahren geht es um Aufbau und Grundlagen, Selbstbehauptung und relative Stabilisierung sowie Weimarer Kultur. Bald aber steigt die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei auf, erfolgt die Gleichschaltung oder Selbstgleichschaltung und treten Ausgrenzung, Vernichtung und Widerstand einander gegenüber, an deren Ende eine ernüchternde Bilanz steht.
Geschmückt ist der Band mit einem Bild vom Besuch Adolf Hitlers in Stuttgart am 1. April 1938, zahlreichen weiteren Abbildungen und einigen Karten. Beigefügt sind Zei |
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| Weinke, Annette, Eine Gesellschaft ermittelt gegen sich selbst - Die Geschichte der Zentralen Stelle Ludwigsburg 1958-2008 (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg 13). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2009. 224 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weinke, Annette, Eine Gesellschaft ermittelt gegen sich selbst - Die Geschichte der Zentralen Stelle Ludwigsburg 1958-2008 (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg 13). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2009. 224 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Jubiläumsschriften sind in der Regel von großzügigem materiellem Aufwand und prominenten Grußadressen geprägt, ein Usus, zu dem der inhaltliche Ertrag solcher Publikationen nicht selten in keinem adäquaten Verhältnis steht. Dem gegenüber tritt das vorliegende Buch Annette Weinkes, wenn auch nicht ausdrücklich als Festschrift deklariert, so doch 2008 pünktlich zum fünfzigjährigen Bestehen der Zentralen Stelle Ludwigsburg erstmalig erschienen und nun, im Text unverändert, erneut aufgelegt, in seiner Aufmachung betont bescheiden und zurückhaltend auf.
Vielleicht spiegelt diese Zurückhaltung unbewusst die Skepsis in weiten Kreisen der bundesrepublikanischen Gesellschaft wider, welche die Arbeit der Ludwigsburger Behörde von Anfang an begleitet hat. Auf der einen Seite wurde zwar die sozialhygienische Bedeutung einer juristischen Aufarbeitung und Ahndung der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen unzweifelhaft erkannt, zum anderen war man sich aber auch bewusst, dass die verspätete Beschäftigung mit dieser Materie zahlreiche Erschütterungen im personellen Gefüge der Republik mit weit reichenden politischen Konsequenzen auslösen könnte und würde. Belastete Nationalsozialisten, die aus unterschiedlichen Gründen durch die Maschen der alliierten Verfolgungsmaßnahmen geschlüpft waren, waren in weiterer Folge durch alte „Seilschaften“ wieder in bedeutende Positionen in Exekutive und Justiz aufgerückt.
Mit Sorgfalt zeichnet die 2001 mit ihrer Dissertation zum Thema „Die Verfolgung von NS-Tät |
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| Weinreich, Bettina, Strafjustiz und ihre Politisierung in SBZ und DDR bis 1961. Auswertung von Dokumenten und Urteilen unter Berücksichtigung des historischen Zusammenhanges (= Europäische Hochschulschriften 2, 4150). Lang, Frankfurt am Main 2005. 595 S., 1 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Jan C. Joerden betreute, im Sommersemester 2004 von der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder angenommene Dissertation der nach erfolgreichem Abschluss ihres rechtswissenschaftlichen Studiums seit 1998 als Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, insbesondere internationales Strafrecht und Strafrechtsvergleichung sowie Rechtsphilosophie tätigen Verfasserin. Ihr Ziel ist es, aufzuzeigen, wie und warum das Rechtssystem der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik so funktionieren konnte. Zu Recht lehnt sie es dabei ab, den diktatorischen Staat als Ganzen zu verteufeln und seine Ideologie als Gesinnungsmüll abzutun.
Gegliedert ist die Untersuchung in drei Teile. Sie betreffen die rechtstheoretische Grundlage des sozialistischen Rechts, die strafrechtliche Entwicklung und Strafjustiz auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone und der DDR und Urteil und Sprache als Mittel der Agitation und Propaganda. Am Ende folgen verschiedene kurze Anlagen (u. a. Übersichten über Strafverfahren bei der Bezirksstaatsanwaltschaft Erfurt 1952, 1953 und 1954, Übersicht über die Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und das private Eigentum im Bezirk Frankfurt an der Oder 1976-1988).
Bei den rechtstheoretischen Grundlagen geht die Verfasserin von der Religionskritik als Vorläuferin und Begleiterin marxistischer Ideen aus. Danach schildert sie den dialektischen Materialismus, den historischen Materialismus, die materialistische Rechtskritik und die marxistisch-leninistische Staatstheorie in der DDR. Von dort aus untersucht sie besonders die Oktoberrevolution von 1917 in Russland als Beginn einer kom |
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| Weißhuhn, Christian, Alfred Hueck 1889-1975 - Sein Leben, sein Wirken, seine Zeit (= Rechtshistorische Reihe 383). Lang, München 2009. XVI, 252 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die im Herbst 2005 begonnene, von Gerhard Lingelbach angeregte und betreute, von Götz Hueck und auch Wolfgang Zöllner durch ausführliche Beantwortung von Fragen unterstützte, im Sommersemester 2007 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena angenommenen Dissertation des inzwischen als Rechtsanwalt tätigen Verfassers. Sie behandelt unter Einbeziehung umfangreichen und unveröffentlichten Materials aus den Universitätsarchiven in Freiburg im Breisgau, Münster, Jena und München Leben und Wirken eines bedeutenden deutschen Privatrechtslehrers des 20. Jahrhunderts. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Schlussbetrachtung hauptsächlich in sieben chronologisch geordnete Kapitel.
Karl Alfred Hueck wurde in dem 1895 etwa 20000 Einwohner zählenden Lüdenscheid in Westfalen am 7. Juli 1889 als Sohn des Fabrikanten Wilhelm Eduard Hueck geboren, dessen Vater Bernhard Eduard das Unternehmen Eduard Hueck in Lüdenscheid gegründet hatte. Die Familie lässt sich bis zu einem 1273 geborenen Gottschalk Hukes in Niedermassen bei Unna zurückführen. In einem liberalen evangelischen vermögenden Elternhaus wuchs Alfred Hueck behütet auf.
Allerdings litt er seit seiner frühesten Kindheit an einer konstitutionellen Schwäche und Anfälligkeit des Nervensystems, die weit über den Begriff der typischen Nervosität und Sensibilität hinausging und zu einem teilweise starken Zittern der Hände führte, so dass ein an sich angedachtes Studium der Physik nach dem überwiegend sehr guten Abitur ausschied. Das daraufhin 1908 gewählte Studium der Rechtswissenschaft in Freiburg im Breisgau, München und Münster schloss Hueck am 29. 5. 1911 in Hamm mit Auszeichnung ab. Am 13. 2. 1914 promovierte er auf Anregung Ernst Riezlers und unter Betreuung durch Ernst J |
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| Wenzel, Andrea, Das Gewährleistungsrecht in der Spruchpraxis des preußischen Kammergerichts von 1794-1810 (= Schriften zur preußischen Rechtsgeschichte 2). Lang, Frankfurt am Main 2006. 228 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wenzel, Andrea, Das Gewährleistungsrecht in der Spruchpraxis des preußischen Kammergerichts von 1794-1810 (= Schriften zur preußischen Rechtsgeschichte 2). Lang, Frankfurt am Main 2006. 228 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Jörn Eckert angeregte und betreute, im Wintersemester 2004/2005 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation der Verfasserin, die von 2002 bis 2004 am Lehrstuhl für bürgerliches Recht, römisches Recht, europäische Privatrechtsgeschichte der Neuzeit und Rechtsvergleichung der Fakultät tätig war. Sie untersucht eine bedeutsame privatrechtliche Frage an Hand der individuellen Spruchpraxis. Dadurch lassen sich Rechtsnorm und Rechtswirklichkeit einfach vergleichen.
Nach einer kurzen Einleitung und Ausführungen zum Aufbau und zur Quellenlage schildert die Verfasserin zunächst die Entstehung des Allgemeinen Landrechts von 1794 auf der Grundlage des Zustandes des Rechtswesens in Preußen im 18. Jahrhundert und der Reformen in Preußen. Danach wendet sie sich dem Gesetzesbegriff und Richterbild im Allgemeinen Landrecht zu. Im Anschluss hieran ermittelt die das gesetzliche Gewährleistungsrecht der Konsensualverträge nach dem Landrecht im Allgemeinen (I, 5 §§ 317-345) und für Kauf und locatio conductio im Besonderen.
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet danach die Rechtsprechungsanalyse. Erfasst werden insgesamt 17 Jahrgänge. Obwohl die Wirklichkeit nicht ganz einheitlich verläuft, kann die Verfasserin mit 35 Fällen doch durchschnittlich etwa zwei Entscheidungen pro Jahr ermitteln und untersuchen.
Dabei ergibt sich ein durchaus einleuchtender Befund. Während unmittelbar nach Inkrafttreten des Allgemeinen Landrechts die Richter zunächst das ihnen von ihrer bisherigen Tätigkeit bekannte gemeine Recht weiterhin anwandten, trat es danach, insbesondere ab etwa 1800 gegenüber dem neuen preußischen Recht immer deutlicher erkennbar zurück. Gleichwohl die |
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| Wenzel, Rüdiger, Die große Verschiebung? Das Ringen um den Lastenausgleich im Nachkriegsdeutschland von den ersten Vorarbeiten bis zur Verabschiedung des Gesetzes 1952 (= Historische Mitteilungen 70). Steiner, Stuttgart 2008. 262 S., 15 Tab. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wenzel, Rüdiger, Die große Verschiebung? Das Ringen um den Lastenausgleich im Nachkriegsdeutschland von den ersten Vorarbeiten bis zur Verabschiedung des Gesetzes 1952 (= Historische Mitteilungen 70). Steiner, Stuttgart 2008. 262 S., 15 Tab. Besprochen von Werner Schubert.
Das Gesetz über den Lastenausgleich vom 14.8.1952 (LAG) war – so Wenzel – der „zentrale Baustein, auf dem die soziale und politische Integration der Vertriebenen ruhte“. Aus diesem Grunde ist die Monographie von Wenzel (Dezernent der Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein und Verfasser zahlreicher Schriften zur neueren und neusten Geschichte Schleswig-Holsteins und Dänemarks) über die Entstehung des LAG, seiner Vorläufer und seiner Nebengesetze zu begrüßen. Die Darstellung beruht auf der erstmaligen detaillierten Auswertung der umfassenden Bestände des Bundesarchivs Koblenz (Bundesministerien der Finanzen, der Justiz; Vertriebenenministerium; Bundeskanzleramt), der 139 Protokolle des 17. Ausschusses des Bundestages für den Lastenausgleich, der Protokolle von acht Unterausschüssen, der Materialien der Bundesratsverhandlungen und der Bestände der Länderarchive, der Akten der Parteien und der wichtigsten Verbände. Die nur knapp behandelten Anfänge der kodifizierten Ersatzpflicht für Kriegsschäden sind zu finden im ALR, im Kriegsleistungsgesetz von 1873, in der umfangreichen Kriegsentschädigungsgesetzgebung der Weimarer Zeit (abgeschlossen mit dem Kriegsschädenschlussgesetz von 1928) und der Kriegssachschäden-VO von 1940 (S. 29f.): Der sog. Homburger Plan von 1948, ausgearbeitet von einer Sonderstelle des Wirtschaftsrats der Bizone, sah eine einheitliche Währungsreform unter Einbeziehung eines weitgehenden Lastenausgleichs mit starker sozialer Komponente vor (S. 36ff.). Diese Kopplung wurde von den Alliierten abgelehnt; lediglich in der Präambel zum Währungsgesetz vom 20. 6. 1948 wurde den deutschen Stellen die Regelung des Lastenausgleichs als vordringliche, |
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| Werner, Eva Maria, Kleine Geschichte der deutschen Revolution von 1848/49 (= UTB 3219). Böhlau, Wien 2009. 178 S. 15 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Werner, Eva Maria, Kleine Geschichte der deutschen Revolution von 1848/49 (= UTB 3219). Böhlau, Wien 2009. 178 S. 15 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Die runden Jahrestage der 1848er-Revolution haben sowohl 1998 als auch 2008 im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl neuer Forschungen hervorgebracht, die zentrale Aspekte des Geschehens abweichend von der älteren Literatur einer Neubewertung unterziehen. Wie Eva Maria Werner (über deren Person der Band nichts mitteilt) in ihrem einleitenden knappen Forschungsüberblick darlegt, wird der behauptete bürgerliche Charakter der Revolution massiv in Frage gestellt, während die langfristigen Folgen der gescheiterten Erhebungen weitaus positiver als früher gesehen werden. Auch zu den Trägerschichten der Revolution liegen zahlreiche neue Erkenntnisse vor.
Da diese Einsichten großteils auf den Resultaten unzähliger Lokal- und Regionalstudien basieren, droht Werner zufolge der gesamteuropäische Zusammenhang der Revolution aus dem Blick zu geraten, zumal dieser Konnex mehr und mehr durch eine unverbundene Aneinanderreihung örtlich begrenzter Ereignisse aufgesplittert wird. Nicht zuletzt aus dieser bedauerlichen Entwicklung, die zudem dem Empfinden der Zeitgenossen von 1848/49 krass widerspricht, sowie aus der Notwendigkeit, einer breiten Leserschaft, insbesondere Studierenden, eine ebenso kurze wie leicht verständliche Zusammenfassung der ausdifferenzierten Forschung an die Hand zu geben, leitet die Verfasserin die Rechtfertigung ihrer Synopse ab. Die Umsetzung dieses Anspruchs ist ihr auch gut gelungen.
Auf lediglich 145 Textseiten behandelt Werner den deutschen Anteil an der weite Teile Europas erfassenden Revolution, womit der Deutsche Bund in seinen 1815 festgelegten Grenzen gemeint ist. Leider fehlt eine Landkarte, die dem mit der Materie nicht vertrauten Leser sowohl die Ausdehnung des Bundes als auch dessen 39 extrem heterogene Mitgliedsstaaten auf einen Blick zeigt. So bleibt nur z |
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| Weseler Edikte 1324-1600, Band 1, Band 2, bearb. v. Roelen, Martin Wilhelm/Wolsing, Erich. Historische Vereinigung Wesel e. V., Wesel 2005. 1-646, 465-904 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weseler Edikte 1324-1600, Band 1, Band 2, bearb. v. Roelen, Martin Wilhelm/Wolsing, Erich. Historische Vereinigung Wesel e. V., Wesel 2005. 1-646, 465-904 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Gebiet der späteren Hansestadt an der Mündung der Lippe in den unteren Niederrhein ist bereits bronzezeitlich, eisenzeitlich und römerzeitlich besiedelt, doch haben die häufigen Überschwemmungen die meisten Spuren verwischt. Als Keimzelle des im frühen 8. Jahrhunderts in einem Zeugnis aus Echternach als Wesele erstmals erwähnten Ortes wird ein fränkischer Hof im Bereich des modernen Kornmarkts vermutet, in dessen Nähe auch eine Fachwerkkirche des 8. Jahrhunderts ergraben wurde. Von Echternach gelangte Wesel am Beginn des 12. Jahrhunderts an die Grafen von Kleve, die im September 1241 den Ort mit Freiheiten begabten.
Bereits 1998 wurden für die in der Gegenwart rund 60000 Einwohner zählenden Ort von Erich Wolsing unter Mitarbeit Theresia Schachtschneiders und mit freundlicher Unterstützung Martin Wilhelm Roelens Weseler Edikte 1600-1769 herausgegeben. Dies legte es nahe, diese Edition für die ältere Zeit fortzuführen. Dies ist in erfreulich kurzer Zeit auch tatsächlich gelungen.
In der Einleitung nennen die Bearbeiter als Quellen für die ältesten Weseler Edikte oder Plebisziten vor allem das ältere, überwiegend im 14. Jahrhundert entstandene Bürgerbuch, dem sie sieben Edikte entnehmen konnten, das sammelnde jüngere Bürgerbuch und das von 1401 bis 1538 reichende Plebiszitenbuch. Hinzu kommen hauptsächlich Ersatzüberlieferungen für die heute fehlenden Ratsprotokolle. Das Wort Edikt erscheint dabei in Weseler Quellen erstmals 1530.
Bei der Auswahl und der Wiedergabe sind die Bearbeiter großzügig verfahren. Sämtliche Originaltexte sind abgedruckt und ins Neuhochdeutsche übertragen. Dadurch werden die Quellen ungeachtet aller damit verbundenen sprachlichen und sachlichen Schwierigkeiten für jedermann leicht zugänglich.
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| Westphal, Jörn Robert, Die Darstellung von Unrecht in Flugblättern der frühen Neuzeit (= Studien zur Kultur- und Rechtsgeschichte 4). Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach 2008. 295 S. 129 Abb. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen Westphal, Jörn Robert, Die Darstellung von Unrecht in Flugblättern der frühen Neuzeit (= Studien zur Kultur- und Rechtsgeschichte 4). Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach 2008. 295 S. 129 Abb. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Diese von Jörg Wolff betreute Arbeit, die im Sommer 2007 von der Fakultät für Wirtschafts-, Verhaltens- und Rechtswissenschaften der Leuphana-Universität Lüneburg als Dissertation angenommen wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, „anhand von Flugblättern den ‚volkstümlichen’ Unrechtsbegriff der Frühen Neuzeit im Vergleich mit dem Unrechtsbegriff in der Gesetzgebung und der Rechtspraxis dieser Epoche zu bestimmen und mit den Unrechtsbegriffen des Mittelalters und der Aufklärung zu vergleichen.“ (S. 13) Die Abhandlung ist in sieben Abschnitte gegliedert. Der erste behandelt den „Unrechtsbegriff im Wandel der Jahrhunderte“ (S. 15ff.). Dargestellt wird zunächst der mittelalterliche Unrechtsbegriff, von dem es zusammenfassend heißt, es gebe „keine klare Unterscheidung von Zivil- und Strafrecht“, auch sei die „mittelalterliche Vorstellung von Recht (…) stark religiös geprägt“ (S. 22). Der frühneuzeitliche Unrechtsbegriff sei dadurch gekennzeichnet, dass das Recht systematisiert und verwissenschaftlicht werde, Zivil- und Strafrecht seien getrennt, die Verfolgung des Unrechts sei Sache des Staates (S. 34). Charakteristisch für den „Unrechtsbegriff der Aufklärung“ sei, dass die Strafbarkeit von Unrechtshandlungen weniger religiös, als vielmehr damit begründet werde, dass sie gegen menschliche Moral verstießen und sozialschädlich seien (S. 34ff.). Im zweiten Abschnitt behandelt der Verfasser „Historische Hintergründe des Unrechtsbegriffs der Frühen Neuzeit“ (S. 37ff.) und geht dabei auf politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen dieser Epoche ein. Er befasst sich zudem mit der Bedeutung der Religion und der Rolle der Kirchen und schildert auch den „geistigen Umbruch“ in Philosophie und Naturwissenschaften, Kunst und v |
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| Willing, Matthias, „Sozialistische Wohlfahrt“. Die staatliche Sozialfürsorge in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR (1945-1990) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XI, 433 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Willing, Matthias, „Sozialistische Wohlfahrt“. Die staatliche Sozialfürsorge in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR (1945-1990) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XI, 433 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1960 geborene, 1990 in Marburg mit einer wissenschaftsgeschichtlichen Studie zur Entwicklung der althistorischen Forschung in der (ehemaligen) Deutschen Demokratischen Republik promovierte, danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Arbeitsrecht und Sozialrecht in Bamberg tätige, 2003 eine Studie über das Bewahrungsgesetz (1918-1967) vorlegende, seit 2007 als Gymnasiallehrer in Nordrhein-Westfalen tätige Verfasser gewann nach dem Vorwort seine Idee zur Abfassung einer Untersuchung über die Geschichte der staatlichen Sozialfürsorge im Osten Deutschlands auf Grund langjähriger Beschäftigung mit Fürsorgeempfängern und Sozialhilfeempfängern, gefährdeten Personen sowie anderen häufig stigmatisierten und ausgegrenzten Randgruppen in der Bundesrepublik Deutschland. Als ausgewiesener Kenner der Deutschen Demokratischen Republik lag ihm die Frage nahe, wie dort das Existenzminimum bereitgestellt und die Mindestversorgung der Bürger organisiert wurde. Obwohl es nach kommunistischem Selbstverständnis eigentlich keine sozialistische Wohlfahrt geben durfte, war sie tatsächlich nicht zu vermeiden, weshalb der Verfasser sich zu Recht vornahm, die staatliche Basisleistung für mittellose Bürger in Ostdeutschland erstmals in ihrer geschichtlichen Gesamtentwicklung darzustellen.
Dazu befasst er sich nach einer kurzen Einleitung als erstes mit der Sozialfürsorge in der sowjetischen Besatzungszone. Hier erfolgten erste fürsorgepolitische Weichenstellungen bereits unmittelbar nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, wobei mit dem Ziel eines staatlichen zentralistischen Basisversorgungssystems nach sowjetischem Vorbild im September 1945 als erstes eine Zentralverwaltung für Arb |
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| Willsch, Natalie, Hellmuth Mayer (1895-1980). Vom Verteidiger im Hitler-Prozess 1924 zum liberal-konservativen Strafrechtswissenschaftler. Das vielgestaltige Leben und Werk des Kieler Strafrechtslehrers (= Kieler rechtswissenschaftliche Abhandlungen N. F. 55). Nomos 2008. 376 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Willsch, Natalie, Hellmuth Mayer (1895-1980). Vom Verteidiger im Hitler-Prozess 1924 zum liberal-konservativen Strafrechtswissenschaftler. Das vielgestaltige Leben und Werk des Kieler Strafrechtslehrers (= Kieler rechtswissenschaftliche Abhandlungen N. F: 55). Nomos 2008. 376 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Mit der vorliegenden Studie, einer von Heribert Ostendorf betreuten Kieler juristischen Dissertation, werden Leben, Lehre und Werk eines der profiliertesten Mitglieder der Kieler juristischen Fakultät der Nachkriegszeit gewürdigt, das ganze Generationen von Kieler Studenten nachhaltig geprägt hat, manche von ihnen nicht nur zu erfolgreichen und umworbenen akademischen Lehrern herangebildet, sondern auch in höchste Ämter der Justiz in der Bundesrepublik geführt hat. Historisch interessierte Studenten erinnern sich gern an seine rechtshistorischen Ausführungen in den Vorlesungen über das geltende Strafrecht, andere haben von seinen ebenso scharfsinnigen wie präzisen Erörterungen zur Strafrechtsdogmatik vielfach profitiert. Umso erfreulicher ist es, dass Mayers vielseitige Persönlichkeit jetzt endlich ihre verdiente biographische und historische Würdigung erfährt.
Mayer stammte aus Würzburg, war der jüngere Sohn des bekannten Würzburger Rechthistorikers Ernst Mayer, studierte in Würzburg Rechts- und Staatswissenschaften und promovierte 1921 bei Friedrich Oetker mit einer Arbeit über „Zuchtgewalt und Strafrechtspflege“, deren Gegenstand das Verhältnis von Strafrecht und Disziplinarrecht, vor allem des militärischen Disziplinarrechts, war und in der er sich im Sinne der klassischen Strafrechtstheorie, richtungweisend für seine späteren strafrechtlichen Schriften, zum Vergeltungsgedanken als Grundlage des Strafrechts bekannte. Nach dem ersten juristischen Staatsexamen, der Ableistung des juristischen Vorbereitungsdienstes in Bayern und dem zweiten juristischen Staatsexamen betätigte sich Mayer zunächst als Anwalt, um sich 1928 mit ei |
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| Wilson, Eric, Savage Republic - De Indis of Hugo Grotius. Republicanism and Dutch Hegemony within the Early Modern World-System (c. 1600-1619). Brill, Leiden 2008. XIV, 533 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wilson, Eric, Savage Republic - De Indis of Hugo Grotius. Republicanism and Dutch Hegemony within the Early Modern World-System (c. 1600-1619). Brill, Leiden 2008. XIV, 533 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In den Auseinandersetzungen der Niederlande mit Spanien und Portugal beschlagnahmte der für die United Amsterdam Company tätige Kapitän Jacob van Heemskerk 1603 ohne Auftrag seiner Gesellschaft das portugiesische Handelsschiff Santa Catarina. Im Zuge der daraus entstehenden Streitigkeit wandte sich die Gesellschaft an Hugo Grotius mit der Bitte um Verteidigung. Das Ergebnis der entsprechenden Überlegungen war die Schrift De Indis, die erst posthum veröffentlicht wurde, weil der Rechtsstreit gerichtlich zu Gunsten der Gesellschaft entschieden wurde.
Der Verfasser begann seine Beschäftigung mit De Indis in einer Dissertation, die von Tim Lindsey und Gillian Triggs betreut wurde. Im Dezember 2005 wurde sie von der juristischen Fakultät der Universität Melbourne angenommen. Nunmehr liegt sie im Druck vor.
Gegliedert ist sie in insgesamt acht Kapitel. Einführend beschreibt der Verfasser die Ursprünge des Werkes. An das Ende stellt er als Ergebnis das neue Recht der Erde.
Im ersten Kapitel betrachtet der Verfasser die Herkunft der grotianischen Gedankenwelt im Vergleich zum Naturrecht. Im zweiten Kapitel setzt er sich einerseits mit Martti Koskenniemi und David Kennedy und andererseits mit Vitoria, Suarez und Gentili auseinander. Danach wendet er sich Holland als Vorreiter der modernen Welt zu und untersucht Souveränität und VOC als Träger von Souveränität.
In den weiteren Kapiteln stehen Humanismus und Scholastik im Mittelpunkt. Grotius tritt Gentili entgegen. Im Ergebnis setzt sich bekanntlich Grotius für seine Auftraggeber ein, weil das Naturrecht sich für fortschrittliche wie bewahrende Argumentation und Rechtsprechung verwenden lässt.
Innsbruck |
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| Winkelbauer, Thomas, Gundaker von Liechtenstein als Grundherr in Niederösterreich und Mähren. Normative Quellen zur Verwaltung und Bewirtschaftung eines Herrschaftskomplexes und zur Reglementierung des Lebens der Untertanen durch einen adeligen Grundherrn sowie zur Organisation des Hofstaats und der Kanzlei eines „Neufürsten“ in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (= Fontes rerum Austriacarum, Dritte Abteilung Fontes iuris 19). Böhlau, Wien 2008. X, 559 S. Besprochen von Petr Kreuz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Winkelbauer, Thomas, Gundaker von Liechtenstein als Grundherr in Niederösterreich und Mähren. Normative Quellen zur Verwaltung und Bewirtschaftung eines Herrschaftskomplexes und zur Reglementierung des Lebens der Untertanen durch einen adeligen Grundherrn sowie zur Organisation des Hofstaats und der Kanzlei eines „Neufürsten“ in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (= Fontes rerum Austriacarum, Dritte Abteilung Fontes iuris 19). Böhlau, Wien 2008. X, 559 S. Besprochen von Petr Kreuz.
Die rezensierte Publikation stellt eine umfassende Edition von Ordnungen, Instruktionen, Befehlen, Dekreten, Patenten und anderen normativen Texten dar, die vorwiegend in den Jahren 1601-1655 der Besitzer eines Komplexes von in Niederösterreich und Südmähren gelegenen Domänen, Fürst Gundaker von Liechtenstein (1580-1658), herausgab. Der Herausgeber der vorliegenden Edition, Professor für österreichische Geschichte an der Universität Wien, Thomas Winkelbauer, widmete sich schon in einer Reihe seiner früheren Publikationen, insbesondere in einer umfassenden Monographie aus dem Jahre 1999, der Persönlichkeit und dem Leben und Werk Gundakers von Liechtenstein. Die vorliegende Edition enthält insgesamt 102 normative Texte. Nach der Meinung des Verfassers gehe es „… um einen exemplarischen Quellenkorpus, der imstande ist, zahlreiche forschungsleitende Begriffe, wie zum Beispiel Sozialdisziplinierung, Konfessionalisierung, Rationalisierung, Bürokratisierung, Professionalisierung, Kommerzialisierung, Refeudalisierung, grundherrlicher Absolutismus, Untertänigkeit und Leibeigenschaft, Zeremonialisierung und Repräsentation mit Leben zu erfüllen, bzw. auf den Prüfstand zu stellen“ (S. 2). Bis auf einige Ausnahmen werden in der Edition Texte zugänglich gemacht, die zu dem gegenwärtig im Hausarchiv der Regierenden Fürsten von Liechtenstein in Wien und Vaduz aufbewahrten Schrifttum gehören.
In einer umfassenden Einführung zur Edition berichtet Winkelbauer zuerst übe |
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| Wintzer, Joachim, Deutschland und der Völkerbund 1918-1926 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2006. 634 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wintzer, Joachim, Deutschland und der Völkerbund 1918-1926 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2006. 634 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Untersuchung ist die unter günstigen Arbeitsbedingungen geschaffene, für die Drucklegung unter Berücksichtigung neuerer Literatur überarbeitete, von Eike Wolgast betreute, im Oktober 1998 von der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des Verfassers. In ihrer Einleitung legt er dar, dass eine Darstellung des Verhältnisses Deutschlands zum Völkerbund bisher fehlte, die versucht, verschiedene, unterschiedlichen Wirkungskräften entsprechende Perspektiven in einer Darstellung zu integrieren. Diese Lücke will der Verfasser unter Zugrundelegung eines weiten Begriffes von Völkerbund schließen.
Hierfür gliedert er seine Untersuchung in zwei Teile. In einem systematischen Teil betrachtet er die Strukturen und Bedingungsfaktoren der deutschen Haltung zum Völkerbund im Untersuchungszeitraum. Demgegenüber befasst sich der ausführlichere chronologische Teil mit der zeitlichen Entwicklung des Verhältnisses Deutschlands zum Völkerbund.
Im systematischen Teil geht der Verfasser von den organisatorischen Grundbedingungen und Einflussnahmen aus (auswärtiges Amt, Reichspräsident, Reichsregierung, Reichstag, Reichsrat, politische Parteien, Verbände, Interessengruppen und andere organisierte Einflussgruppen). Danach zeigt er die internationalen Rahmenbedingungen auf (Versailler System, Weltwirtschaftssystem, Genfer System, Völkerbundshaltungen anderer Staaten). Anschließend stellt der dem Völkerbundsrat, der Völkerbundsversammlung und dem Generalsekretariat die deutsche Völkerbundspolitik im Kontext der deutschen Außenpolitik und die einzelnen Argument und Debatten gegenüber.
Im chronologischen Teil unterscheidet er nach einem Prolog elf einzelne kurze Phasen. Sie beginnen mit der deutschen Friedensstrategie |
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| Wirtschaftsgeschichte der mittelalterlichen Juden. Fragen und Einschätzungen, hg. v. Toch, Michael unter Mitarbeit v. Müller-Luckner, Elisabeth (= Schriften des historischen Kollegs 71). Oldenbourg, München 2008. VIII, 218 S., 1 Abb. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wirtschaftsgeschichte der mittelalterlichen Juden. Fragen und Einschätzungen, hg. v. Toch, Michael unter Mitarbeit v. Müller-Luckner, Elisabeth (= Schriften des historischen Kollegs 71). Oldenbourg, München 2008. VIII, 218 S., 1 Abb. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
I. Recht und Wirtschaft sind auf einander angewiesen. Ebenso sind die Geschichte des Rechts und die Geschichte der Wirtschaft aufeinander angewiesen. Das gilt auch für das Zusammenleben der Juden mit den Christen im Mittelmeerraum und im Reich während des Mittelalters. Für diesen Bereich erhält der Rechtshistoriker mit den vorliegenden Aufsätzen wichtiges Tatsachenmaterial - vor allem zu den Fragen der Effektivität der Rechtssätze, zum Umfang der gewährten Darlehen, zur tatsächlichen Höhe der Zinsen und zu den vielfältigen Arten und Problemen der Kreditsicherheiten. Gelegentlich trifft man auf gleichartige Probleme und sogar übereinstimmende Lösungen in den jüdischen und den christlichen Rechts- und Wirtschaftsordnungen – so zu den Fürsorgemaßnahmen, zum Wucherverbot und zur Buchführung. Die Beiträge zum Mittelmeerraum berufen sich gern auf die in Kairo aufgefunden jüdischen Dokumente (Genizah). Die Beiträge zum Raum des Heiligen römischen Reichs basieren häufig auf jüdischen Urkunden und Responsa, die nur zu einem kleinen Teil (namentlich von von Mutius) übersetzt sind. Zu diesen Quellen und Realien haben viele Rechtshistoriker mangels Wirtschafts- oder Sprachkenntnissen keinen direkten Zugang.
Die Geschichte bekommt durch die hier mitgeteilten Casestudies und die Berichte über Einzelschicksale Farbe. Die drei Aufsätze zum Mittelmeerraum und vor allem der große Aufsatz des Herausgebers Michael Toch zu den Wirtschaftsaktivitäten deutscher Juden geben Übersichten zu den Verhältnissen in größeren Gebieten und Zeitsabschnitten. Besonders Toch ist kritisch gegenüber allen überkommenen Behauptungen, indem er die bekannten, meist nicht jüdischen Quellen neu sichtet, neue jü |
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| Wirtschaftsgeschichte der mittelalterlichen Juden. Fragen und Einschätzungen, hg. v. Toch, Michael unter Mitarbeit v. Müller-Luckner, Elisabeth (= Schriften des historischen Kollegs 71). Oldenbourg, München 2008. VIII, 218 S., 1 Abb. Besprochen von Stuart Jenks. |
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Die Beiträge in diesem Band befassen sich mit der Wirtschaftstätigkeit der Juden im europäischen Mittelalter, wobei Byzanz in einem Aufsatz gestreift wird. Ein Beitrag betrifft die Rechtsgeschichte und soll deshalb vorangestellt werden. Hans-Georg von Mutius, Taking Interest from Non-Jews – Main Problems in Tradition Jewish Law (S. 17-24), untersucht die Interpretation von Deut. 23,21 ('Von dem Fremden magst du Zinsen nehmen, aber nicht von deinem Bruder, auf dass dich der Herr, dein Gott, segne in allem, was du vornimmst') durch die jüdischen Rechtsgelehrten der Antike und des Mittelalters und konstatiert, dass es zwei Schulen gegeben hat. Die Midrasch versteht den Vers als Gebot, Zinsen von einem Nichtjuden zu verlangen, während die Mischna die Stelle als Option auslegt, wonach man als Jude Darlehenszinsen von einem Nichtjuden verlangen kann, aber nicht muss. In der mittelalterlichen Diskussion schloss sich Maimonides der Interpretation der Midrasch an, während die meisten europäischen Kommentatoren die Optionalauslegung favorisierten, vermutlich weil es die Möglichkeit eröffnete, Nichtjuden unverzinste Darlehen als Zeichen der Freundschaft zu gewähren (S. 22). Die restlichen Beiträge sollen nur kurz angezeigt werden, da sie die Rechtsgeschichte nicht berühren. Auf den allgemeinen Aufsatz Giacomo Todeschinis, Christian Perceptions of Jewish Economic Activity in the Middle Ages (S. 1-16), der die hoch- und spätmittelalterliche Verunglimpfung von Juden als Wucherer mit der Kommerziellen Revolution des Mittelalters in Verbindung bringt, welche die Stellung der Kirche (nicht nur als Grundbesitzerin) – und obendrein die herkömmliche Sozialordnung – ins Wanken brachte, jedoch kirchlichen |
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| Wissen, Gewissen und Wissenschaft im Widerstandsrecht (16.-18. Jh.). Sapere, coscienza e scienza nel diritto di resistenza (XVI-XVIII sec.), hg. v. De Benedictis, Angela/Lingens, Karl Heinz (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 165). Klostermann, Frankfurt am Main. 2003. VIII, 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Als Angela de Benedictis den Direktoren des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Forschungen zur Geschichte des Widerstandsrechts vorschlug, griffen diese unter der Vorstellung, dass die Quellen besser sind als die Forschung, gern zu. Bei einem von Dieter Simon angeregten vorbereitenden Treffen im November 1998 bestand Einigkeit darüber, dass in der aktuellen Diskussion um die Souveränitäts- und Legitimationskrise des Staates ein rechtsgeschichtlicher Beitrag willkommen sei, der die historisch durch den erstarkenden Staat mit seiner monopolistischen Gesetzgebung und seinem Anspruch auf entsprechenden Gesetzesgehorsam verschütteten Kategorien des Widerstandsrechts wieder sichtbar mache. Neue, bisher noch nicht hinreichend ausgeschöpfte Materialien sollten ausgewertet werden und die notwendige Eingrenzung sollte durch eine zeitliche Beschränkung auf die frühe Neuzeit erreicht werden.
Auf dieser Grundlage fand in der Sala del Priore der Università degli Studi di Bologna am 23. und 24. Februar 2001 eine Tagung statt, deren Beiträge im vorliegenden Band mit den durch Ausfall und Hinzutritt notwendig gewordenen Veränderungen veröffentlicht wurden. Hierfür wurde auch in Karl J. L. Welker vor vielen Jahren bereits ein Rezensent gewonnen. Da er bislang allerdings seine Zusage nicht einhalten konnte, muss der Herausgeber den Band wenigstens in wenigen Worten anzeigen.
Eröffnet wird er mit einem kurzen einführenden Vorwort der Herausgeber. Dem schließen sich insgesamt zehn Beiträge an. Am Ende des leider eines Registers entbehrenden Werkes formuliert Diego Quaglione überzeugend zusammenfassende conclu |
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| Wittreck, Fabian, Nationalsozialistische Rechtslehre und Naturrecht. - Affinität und Aversion. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. V, 81 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
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Die Untersuchung beruht auf der Antrittsvorlesung, die der Verfasser am 27. 1. 2008 an der juristischen Fakultät der Universität Münster gehalten hat. Er hat den Vortragstext nur in geringem Maße verändert, jedoch einen Anmerkungsapparat und ein Literaturverzeichnis hinzugefügt. Ausgangspunkt seiner Darlegungen ist die Feststellung, die von Gustav Radbruch im Jahre 1946 formulierte These, wonach der Positivismus „mit seiner Überzeugung ‚Gesetz ist Gesetz’ den deutschen Juristenstand wehrlos gemacht (hat) gegen Gesetze willkürlichen und verbrecherischen Inhalts“, bilde zwar die Gründungserzählung der bundesdeutschen Rechtsphilosophie, sei aber längst widerlegt. Der Nationalsozialismus habe den Positivismus vehement bekämpft und dezidiert nicht-positivistische Strategien eingesetzt, um seine verbrecherischen Ziele zu erreichen. Dies führt den Autor zu der Frage, ob es sich bei den unterschiedlichen Versatzstücken der NS-Rechtslehre (eine konsistente Rechtslehre habe der Nationalsozialismus nicht hervorgebracht) um eine Art Naturrecht handele. Das Resultat ist nicht eindeutig: Einerseits sei naturrechtliches Denken, sowohl das Vernunftrecht der Aufklärung als auch die neoscholastische, auf Thomas von Aquin zurückgehende, katholische Naturrechtslehre als universalistisch, nicht „völkisch“ abgelehnt worden. Andererseits habe man versucht, den NS-Staat naturrechtlich zu legitimieren, zum Beispiel Hans-Helmut Dietze in seinem 1936 erschienenen Werk „Naturrecht in der Gegenwart“. Vor allem aber ließen sich „Parallelen von nationalsozialistischer Rechtslehre und Naturrecht“ ausmachen, und zwar nicht nur in terminologischer Hinsicht (etwa in Wendungen wie „naturgesetzliches Recht“, „Natur der völkischen Gemeinschaft“), sondern auch in vergleichbaren Problemstellungen und Argumentatio |
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| Wolf, Stephanie, Erfurt im 13. Jahrhundert. Städtische Gesellschaft zwischen Mainzer Erzbischof, Adel und Reich (= Städteforschung A 67). Böhlau, Köln 2005. 376 S., 1 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Matthias Werner angeregte und Betreute, 2003 von der philosophischen Fakultät der Universität Jena angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie steht am Ende vierjähriger wissenschaftlicher Forschungstätigkeit. Sie nimmt ihren Ausgangspunkt davon, dass die moderne Stadtgeschichtsforschung der letzen Jahrzehnte sich zwar mit Städten wie Köln, Regensburg, Mainz, Worms, Konstanz, Würzburg, Trier, Speyer, Straßburg und Basel vielfach und weiterführend befasst hat, dass aber das mittelalterliche Erfurt nahezu unerforscht blieb, obwohl es zu den großen Bischofsstädten des deutschen Reiches zählte.
Der Schließung dieser bedauerlichen Lücke ist die Untersuchung gewidmet. Dabei bietet sich der einer kurzen Einleitung folgende chronologische Verlauf zwanglos an. Von der Erfurter Bürgergemeinde im 12. Jahrhundert bis zu der quasiautonomen Stadt Erfurt der Jahre 1279-1290 verfolgt die Verfasserin das Geschehen in insgesamt neun Abschnitten.
Dem Beginn des 12. Jahrhunderts folgen die Anfänge der bürgerlichen Selbstverwaltung im staufisch-welfischen Thronstreit mit dem ersten Rat der auf Seiten Ottos IV. stehenden Erfurter und der Anerkennung Erzbischof Siegfrieds II. in Erfurt 1217. !233/1234 erweist sich der Kampf um die Selbstbehauptung als unausweichlich. Zwischen Erzbischof und Kaiser strebt Erfurt in den Jahren von 1241 bis 1244 nach Autonomie.
1255 wird, mitbeeinflusst durch den thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg, die Ratsherrschaft reformiert. Unmittelbar danach strebt der neue Rat nach einem Herrschaftsmonopol und wird im Konfliktjahr 1275 zu einer eigenständigen politischen Macht. Sie ermöglicht die Gewinnung einer quasiautonomen Stellung, auf Grund deren Erfurt im Besitz eines umfangreichen L |