| Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, J. F., Regesta Imperii, Unterreihe). Supplemente Kaiser und Reich in der Regierungszeit Friedrichs III. 1 Regesten zur burgundisch-niederländischen Geschichte unter Maximilian I. bis zum Tode Friedrichs III. (1477-1493) aus den Archives générales du Royaume/dem Algemeen Rijksarchief in Bruxelles/Brüssel, Bestand Manuscrits divers, bearb. v. Rotthof |
Ganzen Eintrag anzeigen Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, J. F., Regesta Imperii, Unterreihe). Supplemente Kaiser und Reich in der Regierungszeit Friedrichs III. 1 Regesten zur burgundisch-niederländischen Geschichte unter Maximilian I. bis zum Tode Friederichs III. (1477-1493) aus den Archives générales du Royaume/dem Algemeen Rijksarchief in Bruxelles/Brüssel, Bestand Manuscrits divers, bearb. v. Rotthoff-Kraus, Claudia. Böhlau, Wien 2008. 290 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Mit vorliegendem Band eröffnet das österreichisch-deutsche Gemeinschaftsunternehmen der „Regesten Kaiser Friedrichs III.“ eine neue Unterreihe, die der „Supplemente“. In dieser soll in lockerer Folge alles erdenkliche Quellenmaterial in Regestenform veröffentlicht werden, das in Anbetracht der gerade unter diesem Herrscher fortschreitenden Dualisierung der Reichsgewalt zum Verständnis von Kaiser und Reich wichtig erscheint. In Betracht kommen etwa wichtige Dokumente aus den Fürsten- und Städtekorrespondenzen sowie alle Formen zwischenständischer Kommunikation, sofern ein erkennbarer Bezug auf den Herrscher bzw. das Reichsganze gegeben ist. Damit wird einerseits zu dem bisher ganz auf die Diplome und Briefe des Königs bzw. Kaisers zugeschnittenen Regestenpublikation eine Ausweitung in der Form vorgenommen, dass auch die in seinem Umkreis oder ihn betreffenden Schriften einbezogen werden. Andererseits werden damit die Abgrenzungen zu vergleichbaren Publikations- und Editionsreihen fließender, wie etwa zum Projekt der „Reichstagsakten“. Dies ist gewiss nicht von Nachteil, setzt aber eine hohe Disziplin bei der Auswahl der Dokumente voraus, ein Gefühl für die Abwägung zwischen Wichtigkeit oder Unwichtigkeit für die Reichsgeschichte, um eine Uferlosigkeit der Sammlung zu vermeiden. Es kann angenommen werden, dass verfassungshistorisch wichtige Dokumente einen b |
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| Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern (1314-1347). Die Urkunden aus den Archiven und Bibliotheken Österreichs, bearb. v. Wetzel, Johannes (= Böhmer, Johann Friedrich, Regesta imperii, Unterreihe Regesten des Kaiser Ludwigs des Bayern [1314-1347], nach Archiven und Bibliotheken geordnet 8). Böhlau, Köln 2008. XXVII. 357 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern (1314-1347). Die Urkunden aus den Archiven und Bibliotheken Österreichs, bearb. v. Wetzel, Johannes (= Böhmer, Johann Friedrich, Regesta imperii, Unterreihe Regesten des Kaiser Ludwigs des Bayern [1314-1347], nach Archiven und Bibliotheken geordnet 8). Böhlau, Köln 2008. XXVII. 357 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Vor einigen Jahren konnte Heft 7 der Reihe der Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern in dieser Zeitschrift besprochen werden; darauf sei zunächst verwiesen (ZRG 122, S. 568-571). Der vorliegende Band stellt mit seinen 600 Regesten die Überlieferung von insgesamt 34 österreichischen Archiven und Bibliotheken zusammen, wobei fast zwei Drittel der Quellen den Wiener Archiven und Bibliotheken (Haus-, Hof- und Staatsarchiv; Deutschordens-Zentralarchiv und Österreichische Nationalbibliothek) entstammt, ein gewichtiger weiterer Teil dem Tiroler Landesarchiv in Innsbruck. Bei den übrigen fragt es sich, inwieweit der Aufwand gelohnt hat, da es sich um vielfach sekundäre Überlieferung – Abschriften aus anderen Überlieferungen – handelt. Dennoch ist es gut, damit einen Gesamtüberblick zu haben, und es erscheint auch von der Wirkungsgeschichte Ludwigs des Bayern nicht ohne Interesse, jetzt besser feststellen zu können, wie sich die Politik des Wittelsbachers in den habsburgischen Gebieten auswirkte (betroffen sind in vorliegendem Inventar aber nur die zum heutigen Österreich zählenden Gebiete).
Wie in allen vorherigen Bänden ist auch in diesem im Rahmen einer ausführlichen Einleitung das gesamte gesammelte Material nach äußerlichen und inhaltlichen Kriterien ausgewertet worden. Natürlich zeigen die regestierten Kaiserurkunden nur einen kleinen Ausschnitt; doch lassen sich auch diesbezüglich Aussagen machen. Ein Beispiel bietet die Praxis der Besiegelung, auf die der Bearbeiter ausführlich eingeht. Es wird hier mitgeteilt, dass alle Siegel verwendet wurden, die bis 1347 in der Kanzlei Ludwigs i |
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| Rehse, Birgit, Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen. Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797 (= Quellen und Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 35). Duncker & Humblot. Berlin 2008. 676 S., Abb. Besprochen von Stephan Schuster. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rehse, Birgit, Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen. Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797 (= Quellen und Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 35). Duncker & Humblot. Berlin 2008. 676 S., Abb. Besprochen von Stephan Schuster.
Die Frage, wie Herrschaft in der Frühen Neuzeit funktioniert, steht im Mittelpunkt der von Birgit Rehse vorgelegten Untersuchung zur bislang wenig untersuchten Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen, die 2006 am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften an der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen wurde. Die Studie soll, so heißt es in der Einleitung, zum einen der Rekonstruktion rechtshistorischer Aspekte des Supplikations- und Gnadenwesens in Brandenburg-Preußen dienen. Zum anderen sollen Fragestellungen der Rechts- und Verwaltungsgeschichte mit sozialgeschichtlichen Fragen nach der Lebenswirklichkeit verknüpft werden (S. 24). Rehse beschränkt sich dabei nicht auf die so genannten Immediatsuppliken, d. h. solche Gnadenbitten, die direkt an den König in seiner Funktion als Gnadenträger gerichtet und von ihm entschieden wurden. Berücksichtigung finden vielmehr auch so genannte Mediatsuppliken, die an das Justizdepartement bzw. an den Geheimen Rat adressiert waren. Die Verfasserin versteht das Bitten um Gnade und die Gewährung von Gnade als aufeinander bezogene und voneinander abhängige Praktiken, die zugleich Machtverhältnisse ausdrücken (S. 17f.). Diese wiederum erlaubten – „Macht“ und „Herrschaft“ bilden nicht nur in der Soziologie und in der Politikwissenschaft, sondern auch in der Geschichtsforschung ein festes Begriffspaar – Rückschlüsse auf das Funktionieren von Herrschaft in Brandenburg-Preußen im ausgehenden 18. Jahrhundert (S. 18). Rehse geht hierbei von der Prämisse aus, dass Herrschaft durch eine Gemengelage von unterschiedlichen Praktiken produziert wird, an der sowohl die Obrig |
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| Reich, David, Direkte Demokratie in der Krise. Die Funktion des Notrechts in der Schweiz während Weltwirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg dargestellt am Beispiel des Warenhausbeschlusses 1933-1945 (= Basler Studien zur Rechtswissenschaft, D Grundlagen 2). Helbing, Basel 2007. XVII, 292 S. Besprochen von Martin Tegelkamp. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reich, David, Direkte Demokratie in der Krise. Die Funktion des Notrechts in der Schweiz während Weltwirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg dargestellt am Beispiel des Warenhausbeschlusses 1933-1945 (= Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Reihe D: Grundlagen Band 2). Helbing, Basel 2007. XVII, 292 S. Besprochen von Martin Tegelkamp.
„Außerordentliche Zeiten, außerordentliche Maßnahmen“ (S. 164). Könnte man auch zunächst versucht sein, den von David Reich bedachtsam formulierten Titel seiner Dissertation auf diese einfache Formel zu bringen, so würde man dessen Vielschichtigkeit damit nicht gerecht. Bezieht sich die angesprochene Krise doch hier nicht nur und in erster Linie auf eine zeitliche Verortung in die Jahre vor und während des zweiten Weltkrieges, sondern geht vielmehr auf inhaltlicher Ebene der Frage nach der Vitalität der direkten Demokratie in der Schweiz dieser Zeit nach.
Der Verfasser zeichnet am Beispiel der 1933, 1935, 1937, 1939, 1941 und 1944 erlassenen Warenhausbeschlüsse einen Tiefpunkt der direkten Demokratie in der Schweiz nach, wenn nicht gar einen Tiefpunkt der Demokratie überhaupt. Überzeugend ist sein Ansatz, zuerst den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Hintergrund darzustellen, welcher eine zumindest teilweise Abkehr von rechtsstaatlichen Verfahrensweisen ermöglichte und die Reaktionen der Akteure anhand treffender Zitate greifbar zu machen.
So lässt Reich schon zu Beginn einen Parlamentarier das Wort ergreifen, der sich 1933 gegen den Erlass des ersten Warenhausbeschlusses wendet: „Es ist ausserordentlich bedauerlich, dass in einer Zeit der Krise und der Not, wo die Volksgemeinschaft mehr denn je auf gegenseitiges Zusammenwirken angewiesen ist, die Verfassung und das Mitspracherecht des Volkes ausser Kraft gesetzt wird“ (S. 1). Woraufhin er den damals für diesen Bereich zuständigen Bundesrat Edmund Schulthess für den Warenhausbeschluss mit bezeichnenden Worten erwidern lässt: „Wir haben |
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| Reiter, Ilse, Gustav Harpner 1864-1924 - Vom Anarchistenverteidiger zum Anwalt der Republik. Böhlau, Wien 2008. XI, 593 S. Besprochen von Hannes Ludyga. |
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Die Rechtshistorikerin Ilse Reiter, deren Forschungsschwerpunkte ansonsten vor allem die Thematik der politischen Ausbürgerung, der politisch motivierten Vermögensbeschlagnahme im Austrofaschismus und die politische Radikalisierung in Österreich in den 1930er Jahren sind, vom Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien untersucht in ihrem beinahe 600 Seiten umfassenden Werk Leben und Wirken des österreichischen Rechtsanwalts Gustav Harpner (1864-1924). Reiter leistet mit diesem Buch, das den Anforderungen an die Methode der „erneuerten Biographie“ vollständig gerecht wird, einen wichtigen Beitrag zur österreichischen Rechtsgeschichte im Allgemeinen sowie speziell zur Anwaltsgeschichte, die in Österreich und Deutschland noch immer ein Forschungsdesiderat bildet. Sie zog erfreulicherweise für ihre Untersuchung zahlreiche unveröffentlichte Quellen heran, was bis heute für zahlreiche Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker keine Selbstverständlichkeit ist. Auch aufgrund dieses methodischen Vorgehens gelingt es der Autorin in ihrer spannenden und sehr gut lesbaren Darstellung im Spiegel des Lebens von Harpner, einen umfassenden Einblick in die rechtlichen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen der „dekadenten Jahre“ zwischen etwa 1890 und 1914, im 1. Weltkrieg und in der 1. Republik auch unter dem Staatskanzler Karl Renner (1870-1950) in Österreich zu geben.
Gustav Harpner, der 1902 vom jüdischen zum katholischen Glauben übertrat, starb am 10. Juli 1924 mit 61 Jahren in Wien und wurde „in aller Stille“ (S. 15) auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Sein Sohn Otto bemerkte zu dem frühen Tod seines Vaters 1943 im britischen Exil: „Das Schicksal hat ihm erspart, den einstweiligen Zusammenbruch einer Welt zu erleben, deren Aufbau |
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| Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, Karl/Stolleis, Michael. Bd. 9 Danmark og Slesvig-Holsten - Dänemark und Schleswig-Holstein, 2 Halbbände, hg. v. Tamm, Ditlev (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 239). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XV, 1-640, VI, 641-1271 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Der vom dänischen Rechtshistoriker Ditlev Tamm herausgegebene Band 9 des Repertoriums der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit weist die Policeyordnungen des Königreichs Dänemark und der Herzogtümer Schleswig und Holstein nach und erschließt diese inhaltlich entsprechend einem bereits Bd. 1 der Reihe 1996 (vgl. hierzu die Rezension von G. Köbler, SZ GA 122 [2005], S. 637ff.) festgelegten Gliederungsschema nach Materien und Regelungsgegenständen (25 numerische Gruppen von Religionsangelegenheiten bis Bauwesen und Infrastruktur mit 200 Policeymaterien). Erschlossen werden insgesamt 3300 dänische und 3400 Policeygesetze der Herzogtümer in zeitlicher Reihenfolge (für Dänemark von 1536-1801, für die Herzogtümer von 1470-1806). Es werden alle obrigkeitlichen mit allgemeinem Geltungsanspruch versehenen Normen aus dem Polizeibereich erfasst, soweit sie von der zentralen Herrschaftsebene erlassen wurden. Wie die Herausgeber Tamm, Härter und Stolleis in ihrer gemeinsamen Einleitung feststellen, unterscheidet das Projekt vier Typen des Polizeigesetzes: Umfassende Polizeiordnung (Landesordnungen, Stadtordnung), Sonderordnungen (u. a. Zunftordnungen), Verordnungen als Einzelgesetze und Reskripte als schriftliche Befehle an nachgeordnete Behörden oder Personen (S. XI). In den speziellen Einleitungen geht Tamm auf die dänische Entwicklung ein, Härter auf die Entwicklung in Schleswig-Holstein, Letzterer unter den Stichworten Verfassungs- und Territorialgeschichte/Landesverwaltung und Verwaltungsaufbau mit detaillierten Hinweisen auf die Polizeygesetzgebung. Leider sind diese Einleitungen, die wichtige Informationen zu den St |
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| Republikflucht - Flucht und Abwanderung aus der SBZ/DDR 1945 bis 1961. Veröffentlichungen zur SBZ-/DDR-Forschung im Institut für Zeitgeschichte, hg. v. Melis, Damian van/Bispinck, Henrik (= Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Schriftenreihe, Sondernummer 2006). Oldenbourg, München 2006. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Republikflucht ist die Bezeichnung für das Verlassen der am 5. Juni 1945 in der Berliner Erklärung Großbritanniens, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Sowjetunion und später auch Frankreichs festgestellten sowjetischen Besatzungszone und der aus ihr im Oktober 1949 gebildeten Deutschen Demokratischen Republik ohne Erlaubnis der zuständigen Behörden. Gemäß Gesetz vom 11. Dezember 1957 war dies strafbar. Nach dem Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik des Jahres 1968 war ungesetzlicher Grenzübertritt mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht und durfte oder musste mit Verwaltungszwang bekämpft werden.
Von der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Öffnung der Grenze am 9. November 1989 verließen insgesamt etwa drei Millionen Menschen den durchschnittlich 17 Millionen Angehörige zählenden Staat. Viele von ihnen verstießen dabei gegen das vom Staat festgesetzte Recht. Dieser Massenbewegung standen während der gleichen Zeit etwa 550000 Übersiedler aus der Bundesrepublik Deutschland gegenüber.
Der mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern geförderte Band befasst sich mit der Entwicklung bis zum Bau der Mauer im Jahre 1961. Er gliedert sich in eine Thema, Forschungsstand, Fragestellung, Ansatz, Begrifflichkeit und Quellenbasis beschreibende Einleitung und drei Sachkapitel. Zahlreiche Dokumente und Statistiken veranschaulichen die überzeugenden Ausführungen.
Nach den Erkenntnissen der Bearbeiter wurde die Auswanderung anfangs wenig beachtet. Erst allmählich sah die junge Deutsche Demokratische Republik den unkontrollierten Grenzverkehr als Ordnungsproblem |
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| Reulecke, Martin, Gleichheit und Strafrecht im deutschen Naturrecht des 18. und 19. Jahrhunderts (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 9). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XII, 391 S. Besprochen von Lukas Gschwend. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reulecke, Martin, Gleichheit und Strafrecht im deutschen Naturrecht des 18. und 19. Jahrhunderts (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 9). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XII, 391 S. Besprochen von Lukas Gschwend.
Das hier zu besprechende Werk wurde im Wintersemester 2006/07 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Der Autor zielt darauf ab, den naturrechtlich-rechtsphilosophischen Diskurs über die Gleichheit im Strafrecht zwischen 1750 und 1850 zu analysieren. Er will im Einzelnen die Diskurse um die rechtliche und politische Funktion der Gleichheitsidee sowie betreffend die Theorie des staatlichen Strafrechts miteinander in Beziehung setzen. Es geht also um die Frage der Rechtsgleichheit der Untertanen bzw. Bürger gleichermassen wie um die Frage der Gleichheit bzw. Proportion zwischen Tat und Strafe. Diese komplexe Fragestellung entfaltet ihren besonderen Reiz vor dem historischen Hintergrund des rationalen Naturrechts, des Spätabsolutismus, der Aufklärung, des liberalen Vernunftrechts bei Kant und Hegel und deren frühen Adepten sowie der Emanzipation des Bürgertums. Reulecke beschränkt sich dabei nicht auf den Gleichheitsbegriff im Sinne der égalité der Rechtsunterworfenen, sondern prüft auch den Diskurs der Gleichheit im Sinne von Proportionalität zwischen Delikt und Strafe. Der Autor untersucht eine große Menge naturrechtlich-rechtsphilosophischer Schriften aus dem Untersuchungszeitraum, insbesondere Einzelabhandlungen, Lehrbücher und Systeme des Natur- und Vernunftrechts sowie zeitgenössische Werke des Staats- und Strafrechts.
Der Autor wählt als Ausgangspunkt seiner Darstellung das Verhältnis von Gleichheit und Ungleichheit im „status naturalis“ und „status civilis“ bei Hobbes unter Berücksichtigung von dessen Einfluss auf das deutsche Naturrecht, wobei die Werke Samuel Pufendorfs besondere Beachtung finden. Reulecke behandelt Grundsatzfragen von individuel |
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| Reyels, Lili, Die Entstehung des ersten Vertrages von Lomé im deutsch-französischen Spannungsfeld 1973-1975 (= Nomos Universitätsschriften Geschichte 18). Nomos, Baden-Baden 2008). 207 S. Besprochen von Dieter Kugelmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reyels, Lili, Die Entstehung des ersten Vertrages von Lomé im deutsch-französischen Spannungsfeld 1973-1975 (= Nomos Universitätsschriften Geschichte 18). Nomos, Baden-Baden 2008). 207 S. Besprochen von Dieter Kugelmann.
Die Geschichte der Europäischen Integration ist ein Wachstumsbereich der historischen Literatur. Im Schnittfeld von Politik und Recht, von innerstaatlichen Vorgängen und Geschehnissen auf europäischer Ebene können hochinteressante historische Prozesse identifiziert und wissenschaftlich erschlossen werden. Die zeitgeschichtliche Dissertation von Reyels nimmt sich die Entstehung des Vertrages der Europäischen Wirtschaftgemeinschaft mit den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-Staaten) als Referenz, um die europapolitischen Bedingungen vor dem Hintergrund der beiden Mitgliedstaaten Frankreich und Deutschland herauszuarbeiten und ihre Auswirkungen auf den Verhandlungsprozess des Lomé-Vertrages zu erörtern.
Der Verfasserin gelingt es, die politischen Rahmenbedingungen für die Verhandlungen über den Vertrag von Lomé herauszuarbeiten. Für die Bundesrepublik Deutschland standen europapolitische Aspekte im Vordergrund, während Frankreich von vornherein eine gezielte Entwicklungs- und Afrikapolitik verfolgte. Dies spiegelte sich in der organisatorischen Zuordnung, die in Deutschland beim Auswärtigen Amt lag, nicht beim Kanzleramt und schon gar nicht beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Personell ergaben sich Vorteile aus der Verflechtung des Personals der französischen Administration und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Konsequenter Weise konnte Frankreich im Lomé-Vertrag das Stabex-System durchsetzen, das unter Rückgriff auf den Gemeinschaftshaushalt der Exporterlösstabilisierung diente und insoweit den freien Markt beschränkte. Die Einigkeit der Mitgliedstaaten war die entscheidende Voraussetzung für das Handeln der EWG. Der Abschluss des Vertrages von Lomé mit den AKP-Staat |
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| Richard Scrope - Archbishop, Rebel, Martyr, hg. v. Goldberg, P. J. P. Shaun Tyas, Donington 2007. X, 236 S., 1 Stammbaum, 5 Grundrisse, 20 Abb. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Richard Scrope - Archbishop, Rebel, Martyr, hg. v. Goldberg, P. J. P. Shaun Tyas, Donington 2007. X, 236 S., 1 Stammbaum, 5 Grundrisse, 20 Abb. Besprochen von Susanne Jenks.
600 Jahre nach seiner Hinrichtung an Pfingsten 1405 für die Beteiligung an einem Aufstand gegen Henry IV stand Richard Scrope, Erzbischof von York, im Mittelpunkt einer in York abgehaltenen Konferenz. Bis auf die Beiträge Robert Swansons und Christian Liddys gehen alle in diesem Band abgedruckten Aufsätze auf dort gehaltene Vorträge zurück.
P.H. Cullum, Virginitas and Virilitas: Richard Scrope and his Fellow Bishops (S. 86-99) und R.N. Swanson, Bureaucrat, Prelate, Traitor, Martyr: Sketching Scrope (S. 17-27) stellen sein Wirken als Kirchenmann in den Mittelpunkt. Scrope war seit 1386 Bischof von Coventry und Lichfield und wurde 1398 Erzbischof von York. Mit dem Rebellen Richard Scrope beschäftigen sich hingegen die Beiträge von Devine, Liddy und Ormrod. Mark Ormrod (An Archbishop in Revolt: Richard Scrope and the Yorkshire Rising of 1405, S. 28-44) konzentriert sich dabei auf die Rechtfertigung für die Revolte, während Melanie Devine (The Dog that Did not Bark: Richmondshire and the 1405 Rebellion, S. 45-63) der Frage nachgeht, warum die Immunität Richmondshire, die zum Einflussbereich der Familie Scrope zählte, sich der Revolte nicht anschloss, ganz anders als die Stadt York, mit deren Rolle sich Christian D. Liddy (William Frost, the City of York and Scrope’s Rebellion of 1405, S. 64-85) beschäftigt. Edward IV aus dem Hause York versuchte sofort nach seiner Thronbesteigung, Richard Scrope heilig sprechen zu lassen, allerdings vergeblich. Dennoch wurde Scrope als Heiliger verehrt. Auf diesen Aspekt konzentrieren sich die Beiträge von Christopher Norton (Richard Scrope and York Minister, S. 138-213), Danna Piroyansky (Martyrio pulchro finitus: Archbishop Scrope’s Martyrdom and the Creation of a Cult, S. 100-112), Sarah Rees Jones (Richard Scrope, the Bolton Hou |
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| Riederer, Friedrich, Spiegel der wahren Rhetorik (1493), hg. v. Knape, Joachim/Luppold, Stefanie (= Gratia 45). Harrassowitz, Wiesbaden 2009. XXXVIII, 479 S., 14 Ill. Besprochen von Andreas Deutsch. |
Ganzen Eintrag anzeigen Riederer, Friedrich, Spiegel der wahren Rhetorik (1493), hg. v. Knape, Joachim/Luppold, Stefanie (= Gratia 45). Harrassowitz, Wiesbaden 2009. XXXVIII, 479 S., 14 Ill. Besprochen von Andreas Deutsch.
Zweifellos zählen die sogenannten Formular- oder Formelbücher zu den in der rechtshistorischen Forschung am meisten vernachlässigten Quellen. Dabei geben gerade sie neben den sogenannten Rechtsbüchern der Rezeptionszeit (Klagspiegel, Laienspiegel, Rechtenspiegel usw.) vielleicht am besten Aufschluss über Inhalte, Umfang und Tiefe der Rezeption des römisch-kanonischen Rechts in der deutschen Praxis jenseits von Universitäten und hoher Gerichtsbarkeit. Ihre große Bedeutung für die Praxis lässt sich nicht zuletzt an ihrer weiten Verbreitung – zumal nach der Erfindung des Buchdrucks – ermessen. Als erstes gedrucktes deutschsprachiges Kanzleibuch gilt ein anonymes, wohl 1479 in Ulm erstmals aufgelegtes „Formulare“. Für die wichtige Phase um 1500 können aber vor allem drei Schriften als herausragend angesehen werden: Zum einen die „Rethorica und Formulare teütsch“ des Pforzheimer Stadtschreibers Alexander Hugen, die, 1528 zum ersten Mal gedruckt, mindestens vierzehn Ausgaben erlebte und in einer Frankfurter Überarbeitung noch weitere zehn Mal aufgelegt wurde, zum andern das Büchlein „New practicirt rethoric und brieff formulary“ des Freiburger Notars und Prokurators Heinrich Gessler, das ab 1493 sechs Mal gedruckt wurde, und zum dritten schließlich der von Gesslers Freiburger Zeitgenossen, dem „Stadtbuchdrucker“ Friedrich Riederer, verfasste und von ihm selbst verlegte „Spiegel der waren Rhetoric – vß M. Tulio C. und andern getütscht“. Vermutlich darf dieses 375 Seiten starke, mit vier aufwendigen (zum Teil Dürer zugeschriebenen) Holzschnitten verzierte Werk als das bedeutendste der Literaturgattung gelten. Zwar erfuhr es insgesamt „nur“ fünf Auflagen (1493, 1505, 1509, 1517 und 1535), übertrifft die anderen Werke aber in inhaltlicher Hinsicht, diente |
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| Rohde, Jörg, Das Recht der genehmigungsbedürftigen Anlagen im Gewerbe- und Immissionsschutzrecht von 1810 bis in die Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung des preußischen Verwaltungsrechts (= Studien zur Rechtswissenschaft 64). Kovac, Hamburg 2000. 306 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rohde, Jörg, Das Recht der genehmigungsbedürftigen Anlagen im Gewerbe- und Immissionsschutzrecht von 1810 bis in die Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung des preußischen Verwaltungsrechts (= Studien zur Rechtswissenschaft 64). Kovac, Hamburg 2000. 306 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Rainer Wahl betreute, im Wintersemester 1999/2000 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau angenommene Dissertation. Der Verfasser war zeitweise wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl seines Betreuers. Sein Arbeitsgegenstand ist interessant und wohl allgemein bisher nicht gebührend beachtet.
Die kurze Einführung geht von einem Bittgesuch des Stadtrats Strüpf an den Fürstbischof von Bamberg vom 12. Mai 1802 aus. Inhalt ist die Errichtung einer Glashütte vor den Mauern Bambergs. Daran knüpfte sich in der Folge eine heftige Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern.
Der Verfasser nennt in der Einführung als erstes den Gegenstand seiner Untersuchung. Daran schließt er Ansatzpunkte und Eingrenzung an. Die Untersuchung selbst verläuft von der allgemeinen preußischen Gewerbeordnung von 1845, die unter französischem Einfluss erstmals gesetzlich in einem deutschen Land Gewerbefreiheit und Gefahrenabwehr abgrenzend regulierte, über die Gewerbeordnung von 1869 und deren Änderung im Jahre 1959 bis zum Immissionsschutzgesetz von 1974.
Gegliedert ist sie in die zwei Teile bis zum Bundesimmissionsschutzgesetz und seit dem Bundesimmissionsschutzgesetz (155ff.). Der erste Teil zerfällt in drei chronologisch geordnete Kapitel. In ihnen geht es vor allem um Gründe, Verfahren und Wirkungen.
Auf die Einzelergebnisse der ertragreichen Studie kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Insgesamt zeigen sie aber eindringlich die wachsende Bedeutung des Staates bei der Abwägung wirtschaftlicher Interessen mit anderen Gütern. Da die dabei auftretenden Gegensät |
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| Röhnelt, Tobias, Timm Kröger - Leben und Werk (= Rechtshistorische Reihe 379). Lang, Frankfurt am Main 2009. 196 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Röhnelt, Tobias, Timm Kröger - Leben und Werk (= Rechtshistorische Reihe 379). Lang, Frankfurt am Main 2009. 196 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Rechtswissenschaft ist eher eine nüchterne, trockene, einordnende Tätigkeit. In ihr kommen nicht immer alle hervorragenden Anlagen des einzelnen Menschen zu vollkommener Entfaltung. Deswegen ist es verdienstvoll, wenn auf zusätzliche Begabungen einzelner Juristen vor allem in den Bereichen der Kunst zusätzlich aufmerksam gemacht wird, weil dadurch auch Einzelne eine sachgerechte Würdigung erfahren, die durch rechtswissenschaftliche Leistungen nicht besonders hervorgetreten sind.
Tobias Röhnelts Arbeit ist seine von Rudolf-Meyer-Pritzl angeregte und betreute, im Wintersemester 2007/2008 an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation. Sie befasst sich mit einem Rechtsanwalt, der neben seiner juristischen Tätigkeit auch als Schriftsteller wirkte und sich als Neunundfünfzigjähriger ganz der Literatur hingab. Insbesondere geht es ihr um eine sachgerechte Einordnung des dadurch entstandenen Werkes.
Gegliedert ist die Untersuchung in acht Abschnitte. Dabei wendet sich der Verfasser nach einer kurzen Einleitung über Recht und Literatur der Biographie des in Haale bei Rendsburg in Holstein am 29. November 1844 als Sohn einer bis ins 17. Jahrhundert als frei nachweisbaren Bauernfamilie geborenen, nach dem frühen Tod des Vaters Rechtswissenschaft in Kiel, Berlin, Leipzig, Zürich und Kiel studierenden Timm Kröger zu, der nach anwaltlicher Tätigkeit in Flensburg, Berlin, Elmshorn und Kiel von 1903 an in Kiel seinen Ruhestand und Lebensabend als Schriftsteller bis zu seinem Tode am 29. 3. 1918 verbrachte. Seine Hauptwerke sind juristisch geprägte Novellen.
Unter Verwendung des Nachlasses untersucht der Verfasser insbesondere auch die Verarbeitung rechtlicher Fragen in den Werken und in den wenig bekannten juristischen Fachaufsätzen. Hinzu ko |
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| Roloff, Gunnar, Die Spruchaktentätigkeit der juristischen Fakultät der Universität Rostock und Bützow – zwischen Sommersemester 1760 und Wintersemester 1789/90 (= Rostocker rechtsgeschichtliche Reihe 3). Shaker, Herzogenrath 2003. X, 225 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Roloff, Gunnar, Die Spruchaktentätigkeit der juristischen Fakultät der Universität Rostock und Bützow – zwischen Sommersemester 1760 und Wintersemester 1789/90 (= Rostocker rechtsgeschichtliche Reihe 3). Shaker, Herzogenrath 2003. X, 225 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Ralph Weber betreute, 2003 von der juristischen Fakultät der Universität Rostock angenommene Dissertation des Verfassers. Bereits im Vorwort weist der Bearbeiter zu Recht darauf besonders hin, dass schon Jörgen Haalck bei seiner 1957 vorgelegten Untersuchung über die Gutachter- und Urteilstätigkeit der Rostocker Juristenfakultät in ihrem äußeren Verlauf den Wert des etwa 36000 Gutachten und Urteile umfassenden Materials erkannt habe, das von 1570 bis 1879 reiche und wegen seiner weitgehenden Lückenlosigkeit in Deutschland beinahe einmalig sei. Diese deutlichen Vorzüge schließen umgekehrt aber auch eine Gesamtbearbeitung aus, so dass sich der Verfasser zur Recht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt.
Im ersten Teil seiner Arbeit bietet er auf wenigen Seiten einen allgemeinen geschichtlichen Überblick (über das Heilige römische Reich deutscher Nation, Mecklenburg und Rostock) unter besonderer Berücksichtigung der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Danach wendet er sich ausführlicher der Entwicklung der Universität Rostock unter besonderer Berücksichtigung der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu, wobei er vertieft auf die Spaltung der Universität (in Rostock und Bützow vom 20. 10. 1760 bis April 1789) und ihre Wiedervereinigung bzw. Rückkehr eingeht. Danach behandelt er Rechtsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (allgemeine Rechtsgeschichte, Spruchaktenversendung).
Im vierten Teil wertet der Verfasser das vorhandene und erfasste Archivmaterial seiner Universität(en) für den ausgewählten Zeitraum aus. Dabei erörtert er nach Vorstellung seines Abfrageprofils das Archivmaterial (Signat |
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| Rombeck-Jaschinski, Ursula, Das Londoner Schuldenabkommen. Die Regelung der deutschen Auslandsschulden nach dem zweiten Weltkrieg (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London 58). Oldenbourg, München 2004. 484 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rombeck-Jaschinski, Ursula, Das Londoner Schuldenabkommen. Die Regelung der deutschen Auslandsschulden nach dem zweiten Weltkrieg (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London 58). Oldenbourg, München 2004. 484 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Kurt Düwell betreute, im Januar 2003 von der philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf unter dem Titel „Der Weg zum Londoner Schuldenabkommen“ angenommene Habilitationsschrift der als Privatdozentin in Düsseldorf tätigen Verfasserin. Sie betrifft das nach langen Verhandlungen am 27. Februar unterzeichnete, am 24. August 1953 ratifizierte und am 16. September 1953 in Kraft getretene Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit 21 bzw. 18 Verhandlungsteilnehmern über Forderungen 70er westlicher Staaten. Die vereinbarte Gesamtsumme belief sich auf gut 14 Milliarden Deutsche Mark.
Die Arbeit gliedert sich nach einer Einleitung in den interessanten und wichtigen Gegenstand in fünf Teile. Sie sind chronologisch geordnet. Am Beginn steht dabei die Schuldenfrage im Krieg und in den ersten Nachkriegsjahren.
Dem folgen die Vorbereitungen zur Lösung der Schuldenfrage, der Weg zur Hauptkonferenz, die Hauptverhandlungen und die abschließenden Regierungsverhandlungen. Am Ende fasst die Bearbeiterin ihre Ergebnisse ausführlich zusammen.
Von dem Abkommen erfasst sind Vorkriegsschulden und Nachkriegsschulden. Unter der Verhandlungsführung Hermann Josef Abs’ und seines persönlichen Referenten Paul Krebs konnte die Delegation der Bundesrepublik Deutschland einen hohen Schuldennachlass erreichen, wobei alle ausstehenden Forderungen auf Reparationen bis zum Abschluss eines nie geschlossenen förmlichen Friedensvertrags aufgeschoben wurden. Die Ratifizierung des Londoner Schuldenabkommens und des parallel vereinbarten Luxemburger Abkommens über die Rückerstattung von Vermögenswerten Verfolgter waren politische Vorbedingungen für die Aufhebung des |
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| Roth, Markus, Herrenmenschen. Die deutschen Kreishauptleute im besetzten Polen - Karrierewege, Herrschaftspraxis und Nachgeschichte. Wallstein, Göttingen 2009. 556 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Roth, Markus, Herrenmenschen. Die deutschen Kreishauptleute im besetzten Polen - Karrierewege, Herrschaftspraxis und Nachgeschichte. Wallstein, Göttingen 2009. 556 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Werk Markus Roths, hervorgegangen aus einer erheblich gekürzten, unter Norbert Frei entstandenen Jenaer Dissertation, befasst sich zunächst mit der Herrschaftspraxis und den Karrierewegen der Kreishauptleute im Generalgouvernement (S. 65ff., 119ff.), das die Distrikte Radom, Warschau, Lublin und Galizien umfasste. Im zweiten Teil geht Roth der „politischen Abrechnung“ nach 1945 nach (S. 282ff.; Entnazifizierung, Auslieferung und Prozesse in Polen; Ermittlungen in der Bundesrepublik; Nachkriegskarrieren). Wie Roth im Einzelnen nachweist, ist die Geschichte der deutschen Besatzungspolitik in Polen während des Zweiten Weltkriegs eine Geschichte des Terrors, der Korruption und der Vernichtung insbesondere der jüdischen Bevölkerung. Mit dem Ende der Militärverwaltung zum 25. 10. 1939 begann die Geschichte des Generalgouvernements, an dessen Spitze der damalige Präsident der Akademie für Deutsches Recht, Hans Frank stand. Die Zivilverwaltung war in drei Ebenen gegliedert: Unterhalb der Spitze in Krakau standen die vier bereits genannten Distrikte und die zunächst knapp 50 Kreis- und Stadthauptmannschaften, die von Kreis- und Stadthauptleuten geleitet wurden (S. 65ff.). Ferner existierte noch die polnische und ukrainische „Selbstverwaltung“ auf Gemeindeebene (S. 83ff.), die unter totaler Kontrolle der deutschen Verwaltung stand.
Die Kreishauptleute verfügten über einen großen Handlungsspielraum und waren in der Wahl ihrer Methoden in ihren Aufgabenfeldern (Deportation polnischer Arbeitskräfte, Ausbeutung der Landwirtschaft, Verfolgung und Ermordung der Juden) sehr frei. Nicht behandelt hat Roth von der Zielsetzung seiner Arbeit her das Verhältnis der Kreishauptleute zur Justiz. Wie die fast 150 Kurzbiographien (S. 456ff.) zeigen, waren mind |
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| Rüthers, Bernd, Das Ungerechte an der Gerechtigkeit. Fehldeutungen eines Begriffs. 3. Aufl. Mohr (Siebeck), Tüngen 2009. XV, 183 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rüthers, Bernd, Das Ungerechte an der Gerechtigkeit. Fehldeutungen eines Begriffs. 3. Aufl. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XV, 183 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bernd Rüthers (*12. Juli 1930 Dortmund) ist ein weltweit bekannter Arbeitsrechtler, Rechtsphilosoph und Methodenlehrer, der in den langen erfolgreichen Jahren seiner Tätigkeiten in Berlin und Konstanz bisher 39 Monographien und mehr als 370 Aufsätze verfasst hat. Seine von Hans Brox, dem kürzlich verstorbenen, didaktisch erfolgreichsten rechtswissenschaftlichen Autor des 20. Jahrhunderts betreute Habilitationsschrift über die unbegrenzte Auslegung ist 2005 in sechster Auflage erschienen und ist längst zu einem Klassiker geworden. Über die neuere Rechtsgeschichte hat Bernd Rüthers auch den Weg zur Zeitschrift für Rechtsgeschichte gefunden, in der er seit Jahren für Werte und gegen Unwerte eintritt.
Im Jahre 1991 hat er sich erstmals mit dem Ungerechten an der Gerechtigkeit ausdrücklich auseinandergesetzt. Seine eindringlichen Überlegungen zu Fehldeutungen eines Begriffs sind auf großes Interesse gestoßen. Dementsprechend war wenig später eine zweite Auflage erforderlich, in der die Fehldeutungen als Defizite erklärt wurden, woran der Verfasser auch in der nunmehr erfreulicherweise vorgelegten dritten Auflage festhalten konnte.
Vorangestellt sind ihr vier ausgewählte Zitate, mit denen der Verfasser rudimentär die Gerechtigkeit der Gegenwart umreißt. Danach hatte Bärbel Bohley 1991 Gerechtigkeit erwartet, aber den Rechtsstaat erhalten. Willi Geiger hatte es 1982 als illusionär bezeichnet, unter den in der Bundesrepublik Deutschland obwaltenden Verhältnissen von den Gerichten Gerechtigkeit zu fordern, und nach Herbert Rosendorfer (2005) hat Justiz mit Gerechtigkeit so viel zu tun wie die Landeskirchenverwaltung mit dem lieben Gott.
Im Ergebnis sieht der Verfasser das Vertrauen in Recht und Gerechtigkeit weltweit auf einem Tiefpunkt angelangt. Deshalb hält e |
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| Rüthers, Bernd, Verräter, Zufallshelden oder Gewissen der Nation? Facetten des Widerstandes in Deutschland. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. X, 239 S. Besprochen von Michael Stolleis. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rüthers, Bernd, Verräter, Zufallshelden oder Gewissen der Nation? Facetten des Widerstandes in Deutschland. Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. X, 239 S. Besprochen von Michael Stolleis.
Der Autor sagt es eingangs gleich selbst: Dies ist keine systematische und den Gegenstand erschöpfende historische Gesamtdarstellung, sondern ein auf persönlichen Interessen, Beobachtungen und entsprechenden Recherchen beruhender Essay, komponiert aus mehreren Einzelstudien. Es geht dem Konstanzer Zivilrechtler und Rechtstheoretiker um den Widerstand gegen politische und sonstige Pressionen im Nationalsozialismus und in der DDR, aber auch um den Komplex „1968“. Schon lange fasziniert ihn das Thema der Standfestigkeit von Intellektuellen in Diktaturen. Stets sind es nur wenige, die „Widerstand“ leisten. Die meisten arrangieren sich, so gut es eben geht, zumal wenn es keine generationenlang eingeübten freiheitlichen Bürgertugenden gibt. Für diejenigen, die diktatorische Regime gestützt und von ihnen profitiert haben, war „Widerstand“ ein Synonym für „Verrat“. Erst wenn die Regime zusammengebrochen und die politischen Maßstäbe wieder justiert sind, rückt der Widerstand langsam auf die „gute“ Seite. Nimmt man noch hinzu, dass auch in ungefährlichen rechtsstaatlichen Zeiten sich manche gerne einem „Widerstand“ zurechnen und damit ihrem Bürgerprotest höhere Weihen verleihen wollen, wird Widerstand zur schillernden Vokabel. Wer sie benutzt, hat auch eine eigene politische Position im Kopf. Nicht anders wäre es, sollte das 1968 ausgehandelte Widerstandsrecht in Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes jemals in Anspruch genommen werden.
Rüthers skizziert zunächst diese Ausgangslage. Er bleibt dabei auf dem festen Boden seiner freiheitlichen, „antiideologischen“ Überzeugungen und seiner durchweg spürbaren Geringschätzung verführbarer Intellektueller. Die psychologische Frage, warum linke und rechte Heilsversprechen so viele kluge Leute faszinieren konnten, interessiert i |
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| Salmen-Everinghoff, Christoph, Zur cautio damni infecti - Die Rückkehr eines römisch-rechtlichen Rechtsinstituts in das moderne Zivilrecht (= Rechtshistorische Reihe 392). Lang, Frankfurt am Main 2009. 159 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Salmen-Everinghoff, Christoph, Zur cautio damni infecti: Die Rückkehr eines römisch-rechtlichen Rechtsinstituts in das moderne Zivilrecht (= Rechthistorische Reihe 392). Lang, Frankfurt am Main 2009. 159 S. Besprochen von Gunter Wesener
Die cautio damni infecti und die operis novi nuntiatio waren Institute des römischen Nachbarrechts, die durch Jahrhunderte hindurch erhalten blieben. Sie finden sich etwa noch im österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 343 und § 340).
In seiner Bielefelder Dissertation gibt der Verfasser zunächst eine Darstellung der cautio damni infecti und der operis novi nuntiatio im antiken römischen Recht und geht dann auf die cautio damni infecti im gemeinen Recht des 19. Jahrhunderts ein (S. 43ff.). Der Antrag auf Kaution für zukünftig eintretenden Schaden erfolgte in Form der ordentlichen gerichtlichen Zivilklage gegen den Grundstücksnachbarn, von dessen Grundstück die Gefahr für das klägerische Grundstück ausging. Umstritten war die Anwendbarkeit der missio in possessionem. Die Anwendbarkeit des Missionenverfahrens wurde für das gemeine Recht überwiegend abgelehnt (S. 43). Die cautio damni infecti wegen eines vitium operis konnte verlangt werden, wenn von dem Betrieb einer Anlage oder einer Bautätigkeit ein Schaden auszugehen drohte (S. 45). Anwendung fanden im gemeinen Recht auch die Regeln über eine cautio de praeterito damno (S. 47f.).
Ein eigener Abschnitt ist der Verschuldenshaftung und der verschuldensunabhängigen Haftung im gemeinen Recht gewidmet (S. 55ff.). Die Pandektenwissenschaft vertrat grundsätzlich das strenge Verschuldensprinzip, doch wurden von vielen Autoren die römischen Quasi-Delikte bereits unter dem Gesichtspunkt einer verschuldensunabhängigen Haftung gesehen (S. 66).
Die Gesetzgebung des 18. Jahrhunderts hatte am Verschuldensprinzip festgehalten, bei den Quasi-Delikten mit einer Verschuldensvermutung oder Fiktion operiert. Der Codex Maximilianeus |
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| Savigny, Friedrich Carl von, Pandekten. Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, nach Savignys Vorlesungsmanuskript hg. v. Avenarius, Martin (= Savignyana 8 = Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 228). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XIV, 383 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Savigny, Friedrich Carl von, Pandekten. Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, nach Savignys Vorlesungsmanuskript hg. v. Avenarius, Martin (= Savignyana 8 = Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 228). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XIV, 383 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer den Namen „Friedrich Carl von Savigny“ in die bekannteste digitale Suchmaschine der Gegenwart eingibt, erzielt ungefähr 36100 Treffer. Freilich muss er im ersten Treffer zu seiner Überraschung erfahren, dass Friedrich Carl von Savigny zwar ein deutscher Jurist, aber eigentlich ein in München am 3. Juli 1903 geborener und am 15. März 1944 bei Tarnopol verstorbener Widerstandskämpfer war. Erst danach erschließt sich Friedrich Carl von Savigny jedermann als der bekannteste deutsche Jurist, dessen bloßer Familienname immerhin derzeit rund 2770000 digitale Nennungen weltweit auslöst.
Die vorliegende Edition bildet das Ergebnis von Arbeiten, die 1993 begonnen und 2007 im Rahmen eines Forschungssemesters des verdienstvollen Herausgebers ihren Abschluss gefunden haben. Sie ist Teil des von Joachim Rückert initiierten Projekts Savignyana, in dessen Rahmen die unveröffentlichten Materialien zu Leben und Werk Savignys herausgegeben werden. Da Savigny in Gegensatz zu Kollegen kein Pandektenlehrbuch veröffentlicht hat, ist die Veröffentlichung seiner Pandektenvorlesung an Hand von handschriftlichen Unterlagen besonders bedeutsam, weil nur auf diese Weise die ganze Wirkung Savignys auf das deutsche Recht sachgerecht ermittelt werden kann.
Zu Beginn des den Savignyanabänden 1 (Pandektenvorlesung 1824/1825, 1993), 2 (Vorlesungen über juristische Methodologie 1802-1842, 2. Aufl. 2004), 3 (Landrechtsvorlesung 1824, 1994 und 1998) und 5 (Politik und neuere Legislationen, 2000) folgenden achten Bandes führt der Herausgeber in die Bedeutung und die Grundsätze der Edition sachverständig ein. Zu Recht bezeichnet er das Pandektenmanuskript als das wichtigste Zeugnis |
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| Schädler, Sarah, „Justizkrise“ und „Justizreform“ im Nationalsozialismus. Das Reichsjustizministerium unter Thierack (1942-1945) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XII, 376 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schädler, Sarah, „Justizkrise“ und „Justizreform“ im Nationalsozialismus. Das Reichsjutizministerium unter Thierack (1942-1945) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. XII, 376 S. Besprochen von Werner Schubert.
Ab 20. 8. 1942 bis Kriegsende stand das Reichsjustizministerium (RJM) unter der Leitung von Georg (Otto) Thierack (1889-1946), der vorher sechs Jahre lang Präsident des Volksgerichtshofs gewesen war. Über die Ministerzeit Thieracks, in der sich die Justizpraxis und Justizpolitik immer stärker radikalisierte, lag bisher keine zusammenhängende Untersuchung vor, wenn man von der primär biographisch ausgerichteten Arbeit Constanze Brauns über Thierack von 2005 absieht. Die Neubesetzung des Justizministeriums steht im Zusammenhang mit der von der Partei, der SS und dem Propagandaministerium unter Goebbels ausgelösten bzw. inszenierten Justizkrise, deren Höhepunkt die Reichstagsrede Hitlers vom 26. 4. 1942 darstellte (S. 13ff.). In dieser Rede ließ sich Hitler als obersten Gerichtsherrn das „gesetzliche Recht“ bestätigen, einen missliebigen Richter „entweder zur gemeinsamen Kassation zu verurteilen oder ihn aus Amt und Stellung zu entfernen ohne Rücksicht, was er auch sei oder welche erworbenen Rechte er besitzt“ (S. 13). Treibende Faktoren der Justizkrise waren nicht eine vermeintlich widerständige Justiz, sondern Hitlers Juristenhass, der Konkurrenzkampf der Justiz mit dem Machtbereich Himmlers sowie die Konkurrenz unter den Parteijuristen (S. 32ff.). Die verwendeten Argumente wandten sich vornehmlich gegen die angeblich „volksfremden“ Strafurteile und die richterliche Unabhängigkeit (S. 19ff.). Mit Thierack als Reichsjustizminister und Rothenberger (bisher Präsident des OLG Hamburg) kamen zwei exponierte Nationalsozialisten und Parteijuristen an die Spitze des Reichsjustizministeriums. Rothenberger hatte sich Hitler durch eine Denkschrift über eine nationalsozialistische Justizreform empfoh |
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| Scheer, Tamara, Zwischen Front und Heimat. Österreich-Ungarns Militärverwaltungen im Ersten Weltkrieg (= Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte 2). Peter Lang, Frankfurt am Main 2009. 240 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Scheer, Tamara, Zwischen Front und Heimat. Österreich-Ungarns Militärverwaltungen im Ersten Weltkrieg (= Neue Forschungen zur ostmittel- und südosteuropäischen Geschichte 2). Peter Lang, Frankfurt am Main 2009. 240 S. Besprochen von Martin Moll.
Diese schmale Studie, welche die 2007 promovierte Tamara Scheer im Rahmen eines einjährigen Verwaltungspraktikums an der Landesverteidigungsakademie Wien erarbeitet hat, fügt sich zwar nahtlos in die nun (verspätet) auch in Österreich boomende Weltkrieg-I-Forschung ein, sie macht jedoch zugleich auf deren nach wie vor bestehende Defizite aufmerksam: Obwohl Österreich-Ungarn zwischen 1915 und 1918 teils allein, teils in Arbeitsteilung mit dem reichsdeutschen Verbündeten eine Reihe von fremden Staaten bzw. zu diesen gehöriges Territorium unterschiedlich lange besetzt hielt und folglich auch verwaltete, stammen die grundlegenden Arbeiten hierzu aus den 1920er Jahren. Angeregt von der sogenannten Weltkriegsserie der amerikanischen Carnegie-Stiftung, verfassten damals ehemalige Offiziere der Besatzungsverwaltungen einschlägige Studien, die naturgemäß unter der seinerzeitigen Begrenzung des Aktenzugangs sowie an der subjektiven Sicht ihrer Autoren litten.
Danach geriet das Thema, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in Vergessenheit, woran sich auch nichts Grundlegendes änderte, als in den 1990er Jahren vergleichende, beide Weltkriege in den Blick nehmende Fragestellungen in den Vordergrund rückten. Für den „Großen Krieg“ 1914-1918 interessierten vorrangig die im Zuge der ersten Kampfhandlungen verübten Gräueltaten an der Zivilbevölkerung (etwa in Belgien und Serbien), während der nachfolgende Besatzungsalltag im Hintergrund blieb. Möglicherweise trug hieran auch die Zersplitterung der Aktenbestände eine gewisse Mitschuld, verblieb doch – wie Scheer einleitend ausführt – ein erheblicher Teil der von den k. u. k. Besatzungsverwaltungen produzierten Dokumente nach Kriegsende in den jeweiligen Ländern. I |
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| Scheffczyk, Fabian, Der Provinzialverband der preußischen Provinz Brandenburg 1933-1945. Regionale Leistungs- und Lenkungsverwaltung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 58). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XVI, 273 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Scheffczyk, Fabian, Der Provinzialverband der preußischen Provinz Brandenburg 1933-1945. Regionale Leistungs- und Lenkungsverwaltung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 58). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XVI, 273 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Alexander von Brünneck seit 2005 betreute, im Wintersemester 2007/2008 der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder vorgelegte Dissertation des Verfassers. Sie beschreibt in der Einleitung angemessen Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Quellenlage. Danach folgen fünf Sachkapitel.
Ausgangspunkt ist die Geschichte des Provinzialverbands der Provinz Brandenburg bis 1933. Dabei greift der Verfasser bis auf die Einteilung Preußens in Provinzen im Jahre 1815 und die Gewinnung neuer Provinzen 1866 zurück. Vom Erlass der Provinzialordnung für die östlichen preußischen Provinzen 1875 verfolgt er dann die Geschichte seines Provinzialverbands bis 1933.
Auf dieser Grundlage wendet er sich allgemein den Provinzialverbänden als Trägern von Leistungsverwaltung zu. Der Weg führt dabei vom liberalen Rechtsstaat zum vorsorgenden Führerstaat. Dementsprechend stellt sich die Frage, wie sich die Provinzialverbände mit den neuen Verwaltungszwecken auseinandersetzten.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Eingliederung des Provinzialverbandes Brandenburg in den nationalsozialistischen Staat. Es beginnt mit Wahlen und einem neuen Oberpräsidenten sowie einem neuen Landesdirektor. Einen wichtigen Einschnitt bringt die Führerverfassung einschließlich des Wechsels im Oberpräsidium von Wilhelm Kube zu Emil Stürtz.
Überzeugend den meisten Raum gewährt der Verfasser der Tätigkeit der brandenburgischen Provinzialverwaltung in den Jahren zwischen 1933 und 1945. Sachlich untersucht er dabei nacheinander Arbeitsbeschaffung, Straßenbau, märkisches Elektrizitätswerk, Landesplanung, Fürsorgeverwaltung und Fi |
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| Schelle, Karel/Tauchen, Jaromír, Grundriss der tschechoslowakischen Rechtsgeschichte. Dr. Hut Verlag, München 2009. 196 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schelle, Karel/Tauchen, Jaromír, Grundriss der tschechoslowakischen Rechtsgeschichte. Dr. Hut Verlag, München 2009. 196 S. Besprochen von Werner Schubert.
Karel Schelle und Jaromír Tauchen, beide tätig an der Universität Brünn (Brno), Verfasser von Werken über Recht und Verwaltung im Protektorat Böhmen und Mähren (2009) und über Integrationskonzeptionen in Europa bis 1945 (2009), bringen mit dem vorliegenden Werk eine detaillierte Einführung in die Rechtsgeschichte der Tschechoslowakei von 1917-1992. Die vornehmlich verfassungsgeschichtlich orientierte Darstellung beginnt mit dem „Weg zur Errichtung eines selbstständigen Staates“ (S. 9ff.), insbesondere durch die Formierung des tschechoslowakischen Auslands- und Inlandswiderstandes (1915-1918). Es folgt ein umfangreiches Kapitel über die erste tschechoslowakische Republik mit ihrer vorläufigen Verfassung von 1918 und der Verfassungsurkunde von 1920. Im Abschnitt über die Staatsorgane (S. 24ff.) werden behandelt die Nationalversammlung, die starke Stellung des Präsidenten, die Regierung, die Gerichtsbarkeit und die öffentliche Verwaltung. Ausführlich gehen die Verfasser auf die Stellung der Sudetendeutschen zum tschechischen Staat, die Sudetenkrise und das Münchner Abkommen ein. Sehr knapp ist der Abschnitt über das „Recht in der ersten Republik“ ausgefallen (S. 37f.). Etwas detaillierter ist nur die Einführung der fakultativen Zivilehe angesprochen. In einer Neuauflage sollten weitere wichtige Einzelgesetze und insbesondere die auch ins Deutsche übersetzten Kodifikationsentwürfe zum Zivil-, Straf- und Prozessrecht, die in Deutschland nicht unbeachtet blieben, näher behandelt werden. In gleicher Weise sollte auch auf die Verfassungsgerichtsbarkeit sowie auf die breiten insbesondere rechtspolitischen Beiträge der tschechischen und deutschsprachigen Juristen (insbesondere auf den Deutschen Juristentagen in der Tschechoslowakei) hingewiesen werden. Das Kapitel für die Zeit von 1918-1938 wird abg |
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| Schelle, Karel/Tauchen, Jaromír, Recht und Verwaltung im Protektorat Böhmen und Mähren. Dr. Hut-Verlag, München 2009. 124 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schelle, Karel/Tauchen, Jaromír, Recht und Verwaltung im Protektorat Böhmen und Mähren. Dr. Hut-Verlag, München 2009. 124 S. Besprochen von Werner Schubert.
In dem vorliegenden Werk behandeln Schelle und Tauchen als Ergänzung ihres Werkes: „Grundriss der tschechoslowakischen Rechtsgeschichte“ (München 2009) die dort nur knapp angesprochene Rechtsgeschichte des Protektorats Böhmen und Mähren (1939-1945). Es umfasst Abschnitte über die Entstehung des Protektorats, die Stellung der Protektoratsorgane, die Organisation der örtlichen Verwaltung, die Gerichtsbarkeit, die Polizeiorganisation, die Rechtsstellung der Bevölkerung und insbesondere das Recht im Protektorat. Bei den „Organen“ des Protektorats ist zu unterscheiden zwischen dem Reichsprotektor in Böhmen und Mähren (Neurath, Heydrich, Daluege und ab 1943 Frick) einschließlich des Staatssekretärs bzw. seit 1943 des Deutschen Staatsministers Karl-Hermann Frank und der „autonomen“ tschechischen Regierung (Staatspräsident Emil Hácha, Ministerpräsident und Minister). Die örtliche Verwaltung unterstand teils den deutschen Oberlandräten, teils der tschechischen Bezirks- und Gemeindeverwaltung (S. 35ff.), welch letztere de facto seit 1942 durch das Deutsche Reich ausgeübt wurde. Der Abschnitt über die Gerichtsbarkeit ist zu knapp und geht nicht näher auf die Praxis der innertschechischen Gerichte ein. Das Kapitel über die Rechtsstellung der Bevölkerung befasst sich vornehmlich mit der Diskriminierung und Verfolgung der Juden. Der Abschnitt über das Recht ist primär dem Strafrecht gewidmet. In jedem Abschnitt bringen Schelle/Tauchen wichtige Gesetze und Verordnungen aus dem Verordnungsblatt des Reichsprotektors Böhmen und Mähren (1939-1943) bzw. des Verordnungsblatts des Deutschen Staatsministers (1943-1945) sowie aus der Sammlung der Gesetze und Verordnungen des Protektorats. Im Ganzen vermag die Darstellung und der Quellenteil nicht ganz zu überzeugen. Der Textteil ist insgesamt zu knapp und primä |
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| Schinke, Esther, Herrschen vor Ort - Verwaltung, Polizei und Justiz zwischen staatlicher Aufsicht und Selbstverwaltung in Schwäbisch Hall um 1850 (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 62). Thorbecke, Ostfildern 2008. VII, 310 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schinke, Esther, Herrschen vor Ort - Verwaltung, Polizei und Justiz zwischen staatlicher Aufsicht und Selbstverwaltung in Schwäbisch Hall um 1850 (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 62). Thorbecke, Ostfildern 2008. VII, 310 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Sönke Lorenz betreute, im Graduiertenkolleg Europäische antike und mittelalterliche Rechtsgeschichte, neuzeitliche Rechtsgeschichte und juristische Zeitgeschichte in Frankfurt am Main entstandene, im Sommersemester 2006 der geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen vorgelegte Dissertation der Verfasserin, von welcher der Verlag leider kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte. Zentrales Thema ist die Gemeinde im Königreich Württemberg im 19. Jahrhundert. Vom Vormärz bis zu den 1855er Jahren fragt die Verfasserin an Hand archivalischer Quellen der Stadt Schwäbisch Hall, des Oberamts Hall und des Jagstkreises nach der Durchsetzung des modernen Anstaltsstaats auf Gemeindeebene zwischen vereinheitlichender Zentralgewalt und kommunaler Selbstverwaltung.
Die Verfasserin legt in ihrer klaren Einführung Fragestellung und methodische Überlegungen, Gegenstand und Zeit, Quellen und Forschungsstand dar. Danach behandelt sie drei Sachbereiche. Diese betreffen die Gemeinde als Verwaltungseinheit, als Polizeibehörde und als Gericht.
Bei der Gemeinde als Verwaltungseinheit beginnt die Verfasserin mit den Staatseinrichtungen Württembergs und legt danach sorgfältig die Gemeindeverfassung auf Grund des Verwaltungsedikts vom 1. März 1822 dar. Danach geht sie auf den Staat vor Ort ein, der in Visitationen und Oberamtmännern sichtbar wird, bei denen die Verfasserin eine Zäsur im Jahre 1835 sieht. Als Brennpunkte des Verwaltungsalltags ermittelt sie die Wahlen und die Ernennung der Schultheißen, die Besoldung, die Übertragung der Kontrollfunktion für Wanderbücher und Pässe an einen Gehilfen des Stadtschultheißen sowie die |
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| Schleusener, Jan, Eigentumspolitik im NS-Staat. Der staatliche Umgang mit Handlungs- und Verfügungsrechten über privates Eigentum 1933-1939. Lang, Frankfurt am Main 2009. 313 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schleusener, Jan, Eigentumspolitik im NS-Staat. Der staatliche Umgang mit Handlungs- und Verfügungsrechten über privates Eigentum 1933-1939. Lang, Frankfurt am Main 2009. 313 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Diese am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Humboldt-Universität Berlin entstandene und von der Philosophischen Fakultät I angenommene philosophische Dissertation ist einem Thema gewidmet, das die zeitgeschichtliche Forschung zwar bisher schon unter verschiedenen Aspekten beschäftigt, aber noch nicht im Zusammenhang behandelt hat, nämlich die nationalsozialistische Eigentumspolitik, oder anders ausgedrückt, die Einwirkung der nationalsozialistischen Weltanschauung und der von dieser bestimmten Politik auf die überlieferte Eigentumsordnung. Untersuchungsziel des Verfassers ist der staatliche Umgang mit den Handlungs- und Verfügungsrechten über privates Eigentum in der Zeit von 1933 bis 1939. Die Beschränkung auf diesen Zeitraum begründet er mit dem Hinweis, dass ab dem Beginn des Zweiten Weltkriegs das Kriegsrecht den Umgang mit dem privaten Eigentum überlagert habe und daher das Wesen der nationalsozialistischen Eigentumspolitik in den Hintergrund habe treten lassen. Theoretische Basis für die Untersuchung des Verfassers ist die in den USA entwickelte und inzwischen auch in Deutschland von der Sozial- und Wirtschaftshistorie rezipierte Property-Rights-Theorie, die zwar nicht vollständig übernommen, aber doch als Ausgangspunkt zugrunde gelegt wird. Diese Theorie, die auf Arbeiten der Historischen Schule der Nationalökonomie des 19. Jahrhunderts zurückgeht, beruht auf dem Gedanken, dass es nicht darauf ankomme, das Eigentum als solches zu betrachten, sondern insgesamt die Handlungs- und Verfügungsrechte, die in Bezug auf das Eigentum bestehen und ausgetauscht werden, weil diese den Rahmen für jede wirtschaftliche Aktivität darstellen und die Grundlage für die Berechnung der Transaktionskosten und damit einer Neudefinition der Verfügungsrech |
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| Schlick, Caroline B., Apotheken im totalitären Staat - Apothekenalltag von 1937-1945, mit einem Geleitwort von Friedrich, Christoph (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie 85). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008. 594 S., 92 Abb. 56 Tab. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlick, Caroline B., Apotheken im totalitären Staat - Apothekenalltag von 1937-1945, mit einem Geleitwort von Friedrich, Christoph (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie 85). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008. 594 S., 92 Abb. 56 Tab. Besprochen von Werner Schubert.
Die neuere Geschichte des Apotheken-, Arzneimittel- und Drogenrechts ist bisher kaum in das Blickfeld der Rechtsgeschichte gekommen, so dass die Arbeit Caroline Schlicks über die Apotheken und den Berufsstand der Apotheker für die Zeit von 1937-1945 umso mehr zu begrüßen ist. Schlick setzt mit ihren Untersuchungen die Forschungen Gerald Schröders in dessen Werk: „NS-Pharmazie. Gleichschaltung des deutschen Apothekerwesens im Dritten Reich“ (Stuttgart 1988) fort. Allerdings befasst sich Schröder lediglich mit der Verbandsgeschichte und nicht mit der Apotheken- und Pharmaziegesetzgebung im Einzelnen. Erst das Werk Schlicks geht ausführlicher auf die Apothekengesetzgebung ein, und zwar im Wesentlichen erst für die Zeit von 1937 an. Die Gleichschaltung der Apothekerschaft war 1935 mit der Gründung der Deutschen Apothekerschaft abgeschlossen. Die Etablierung der Reichsapothekenkammer im Jahre 1937 beruhte auf einem Gesetz dieses Jahres. Beide Institutionen leitete Albert Schmierer, der enge Beziehungen zu den für das Apotheken- und Arzneimittelrecht zuständigen Sachbearbeitern des Reichsinnenministeriums hatte und die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Apothekenwesens erheblich mit beeinflusste. Unter den gesetzlichen Maßnahmen des NS-Regimes sind zu erwähnen das Gesetz vom 13. 12. 1935 über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken, die Reichsapothekerordnung vom 18. 4. 1937, die Bestallungsordnung vom 8. 10. 1937 sowie die Prüfungsordnung für Apotheker vom 8. 12. 1934. Für den Rechtshistoriker von Interesse sind ferner die Passagen über die Vorschriften zum Arzneimittelverkehr (S. 217ff.) und über die Betäubungsmittelgesetzgebung (S. 304 |
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| Schorn-Schütte, Luise, Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit. Studienhandbuch 1500-1789 (= UTB 8414 L). Schöningh, Paderborn 2009. 407 S., 192 Abb. Tab., Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schorn-Schütte, Luise, Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit. Studienhandbuch 1500-1789 (= UTB 8414 L). Schöningh, Paderborn 2009. 407 S., 192 Abb. Tab., Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
An Studienhandbücher geht man in der Erwartung heran, dass sie in der Lage sind, auf verhältnismäßig knappem Raum einen bestimmten Zeitabschnitt in den wesentlichen Zügen und auf dem aktuellen Stand der Forschung so darzustellen, dass auch ein Leser ohne besonderes Vorwissen diesen Entwicklungen zu folgen vermag. So will auch die Autorin – Lehrstuhlinhaberin für Neuere Allgemeine Geschichte in Frankfurt am Main und Vizepräsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) – ihr Buch verstanden wissen, wobei sie „keine mundgerechte Vorbereitung auf irgendwelche Abschlussprüfungen“ (S. 11) anbietet. Es geht ihr vielmehr um ein ergebnisoffenes Hinterfragen von wissenschaftlichen Positionen, ob etwa die Frühe Neuzeit mit Recht nach Paul Münch als „Inkubationszeit der Moderne“ betrachtet oder aber vielmehr betont in ihrer Eigenständigkeit gesehen werden müsse; zu diesem Zweck soll die vorliegende Überblicksdarstellung immer wieder Fakten und Interpretationen miteinander verbinden.
Der thematische Bogen, den Luise Schorn-Schütte dabei zu spannen hat, führt naturgemäß über ein weites Feld. Nach einführenden Betrachtungen zur Berechtigung der Anwendung des Epochenbegriffs auf den in Frage stehenden Zeitraum von der Reformation bis zur Französischen Revolution wendet sie sich im Kapitel „Prozesse und Strukturen“ zunächst dem Modell des Hauses zu, das – angelehnt an die Tradition des antiken oikos – zum Vorbild frühneuzeitlicher Herrschaftsmuster werden sollte. Über die Haushaltsformen und die Wirtschaftsordnungen geht der Weg der Darstellung zum gesellschaftlichen Wandel und den Veränderungen in der klassischen ständischen Gesellschaft: Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern, schließlich auch das Militär, Arme und Außenseiter werden in ihrem spezi |
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| Schreyer, Hermann, Das staatliche Archivwesen in der DDR (= Schriften des Bundesarchivs 70). Droste, Düsseldorf 2008. XII, 308 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der 1933 geborene Verfasser kennt seinen Sachgegenstand aus langjähriger eigener Anschauung bestens. Von 1958 an war er wissenschaftlicher Archivar im zentralen Staatsarchiv der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und von 1991 Leiter der Abteilung Deutsche Demokratische Republik im Bundesarchiv der Bundesrepublik Deutschlands. Bereits vor fünf Jahren trat er mit einer Untersuchung über die zentralen Archive Russlands und der Sowjetunion von 1917 bis zur Gegenwart eindrucksvoll hervor.
Auf diesem Hintergrund behandelt der Verfasser seinen Gegenstand chronologisch in vier Kapiteln gegliedert. Den Ausgangspunkt bildet das Ende des zweiten Weltkriegs. Bis dahin war das staatliche Archivwesen im Deutschen Reich im Wesentlichen einheitlich bürgerlich gestaltet, was sich naturgemäß nicht von einem Tag auf den andern Tag grundsätzlich ändern ließ.
Das zweite Kapitel betrifft die Zeit zwischen 1958 und 1968. Sie ist gekennzeichnet durch den bewussten Aufbau eines eigenen sozialistischen Archivwesens unter Karl Schirdewan, wobei mit dem 13. August 1961 eine ziemlich strenge Abschottung erfolgt und 1964 eine besondere Verordnung über das staatliche Archivwesen ergeht. Wichtigste Archive sind neben dem Deutschen Zentralarchiv die vom Verfasser in allen Abschnitten sorgfältig verfolgten thüringischen Archive, sächsischen Archive, mecklenburgischen Archive, sachsen-anhaltischen Archive und brandenburgischen Archive.
Mit dem Ende der Ära Ulbricht beginnt 1968 ein neuer Abschnitt. Ziel war vor allem der weitere Ausbau eines sozialistischen Archivwesens nach dem Vorbild der Sowjetunion. Dazu gehörten auch die durchgehende Besetzung der Führungsstellen mit Parteimitgliedern und die Trennung der Aktenerschließung von der Benutzerbetreuung, wobei die ideologische Ause |
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| Schubert, Kurt, Die Geschichte des österreichischen Judentums. Böhlau, Wien 2008. 170 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Kurt Schubert wurde in Wien am 4. März 1923 in einem bürgerlich-altösterreichisch gesinnten Elternhaus, das den Nationalsozialismus ablehnte und seine Feindschaft gegen das nationalsozialistische System vollinhaltlich deckte, geboren. Wegen seines Asthmas musste er nicht einrücken, aber sich mit Studienbeginn zum Luftschutzlehrer ausbilden lassen, als welcher er unter anderem einen Teil der Bibliothek des Rabbinerseminars in der Tempelgasse in Wien II rettete. Gerade noch vor Kriegsende zum Dr. phil. promoviert, beauftragte ihn der russische Stadtkommandant in der Mitte des Monats April 1945 mit der Wiedereröffnung der Universität, an der er am 2. Mai 1945 als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Orientalistik die erste Vorlesung an der Universität nach Kriegsende hielt (Bibelhebräisch für Anfänger).
Von dieser Zeit an lehrte er bis ins Sommersemester 2006 während 61 Jahren an der Universität. Ab 1946 nahm er im Lager jüdischer Flüchtlinge aus Osteuropa Unterricht in Talmud und Midrasch in klassischer Weise und in Modernhebräisch. 1948 wurde er in Hebraistik habilitiert und forschte seitdem - vielfach mit seiner Frau - in dem von ihm gegründeten Institut für Judaistik in vielen wichtigen Bereichen der Judaistik, bis der Tod dem liebevoll Moses genannten Gelehrten am 4. Februar 2007 die Feder aus der Hand nahm.
Die Geschichte des österreichischen Judentums wird von seinem Schüler Bernhard Dolna mit einem einfühlsamen Vorwort herausgegeben Vorausgeht ein Vorwort von em. Weihbischof Helmut Krätzl. Gefolgt wird es von einem Vorwort des Oberrabbiners Prof. Paul Eisenberg.
Gegliedert ist das Werk in zehn Abschnitte. Es beginnt mit dem Judentum von den Anfängen bis zur Wiener Geserah 1421 und der Vertreibung aus der Steiermark und Kärnten 1496, wobei ein erster Anfang in der Zollordnung von Raf |
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| Schuder, Rosemarie, Der „Fremdling aus dem Osten“ - Eduard Lasker - Jude, Liberaler, Gegenspieler Bismarcks, mit einem Vorwort v. Simon, Hermann. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2008. 269 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wenn der Fremdling aus dem Osten trotz Zusage für einen festen Rezensenten bei dem Herausgeber aus welchen Gründen auch immer niemals ankommt, bleibt immer die Möglichkeit der Anzeige auf Grund Ausleihe. Dabei geht es um ein Werk der1928 in Jena geborenen, vornehmlich historisch orientierten Schriftstellerin Rosemarie Schuder, die nach dem 1947 abgelegten Abitur vornehmlich als freie Journalistin für die ostdeutsche tägliche Rundschau und die neue Zeit arbeitete und zahlreiche historische Romane beispielsweise über den Münsteraner Wiedertäuferaufstand von 1534 oder über Paracelsus, Johannes Kepler und Michelangelo verfasste. Wie Hermann Simon, Direktor der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, in seinem kurzen Geleitwort ausführt, hat sich die Autorin gründlich mit Leben und Wirken des talentierten Parlamentariers und mutigen Publizisten Eduard Lasker beschäftigt und beschreibt in ihrer Spurensuche seine Entwicklung nicht in einer üblich erzählten Biographie, sondern unter Hervorhebung der Schwerpunkte, womit die Autorin in gewisser Weise auch an das mit ihrem Mann, Rudolf Hirsch (1907-1998), verfasste Standardwerk „Der gelbe Fleck - Wurzeln und Wirkungen des Judenhasses in der deutschen Geschichte“ (Ost-Berlin 1987) anknüpft.
Dementsprechend beginnt der Fremdling aus dem Osten am 13. März 1884 mit einem gespenstischen Geschehen in Berlin. Ein Totengericht im Reichstag. Der am 5. Januar 1884 auf einer Reise durch die Vereinigten Staaten von Amerika in New York verstorbene Rechtsanwalt und Politiker Eduard Lasker, der seit achtundsechzig Tagen nicht mehr unter den Lebenden weilte, wurde dort vor den Abgeordneten und ausgewählten Zuhörern und Vertretern der Presse verurteilt, wofür der Reichskanzl |
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| Schuldenlast und Schuldenwert. Kreditnetzwerke in der europäischen Geschichte 1300-1900, hg. v. Clemens, Gabriele B. (= Trierer historische Forschungen 65). Kliomedia, Trier 2008. 273 S., Tab. Diagr., Schaub. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Unter den fragenden Augen eines jungen Notars an seinem Schreibpult von etwa 1830 stellt der Sammelband die Ergebnisse des internationalen Workshops Kreditbeziehungen und Netzwerkbildungen - Die soziale Praxis des Kredits vor, der nach dem Vorwort vom 1. bis zum 2. Dezember bzw. nach der Einleitung vom 2. bis zum 3. Dezember von Lutz Raphael und Gabriele B. Clemens an der Universität Trier organisiert wurde. Mitglieder des Forschungsclusters Rheinland-Pfalz „Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke - Historische Forschungen und Gegenwartsanalysen zu Chancen und Risiken einer sozialen Beziehungsform“ diskutierten hier erste Ergebnisse und Forschungsperspektiven mit einer internationalen Expertengruppe. Leitthema war die Frage, wie sich in Europa seit dem Mittelalter bis zum beginnenden 20. Jahrhundert die Omnipräsenz von Schulden auswirkte.
Die bisher kaum so klar aufgezeigte Omnipräsenz westeuropäischer Kreditbeziehungen in Mittelalter und Neuzeit ist demgemäß auch der übergeordnete Gesichtspunkt der Einleitung der Herausgeberin. Sie weist insbesondere nachdrücklich darauf hin, dass diese Fragestellung in England und Frankreich bereits länger eindringlich verfolgt werde. Insofern hole der Workshop vor allen Dingen auch bisher Versäumtes nach.
Dem entspricht es, dass Phillipp R. Schofield als erster über Formen und Funktionen der Kreditvergabe im englischen manor court von 1250 bis 1350 berichtet. Anschließend betrachtet Peter Schuster unter dem Schlagwort The Age of Debt private Schulden in der spätmittelalterlichen Gesellschaft. Gerd Mentgen behandelt die Juden und das Einlager als Instrument der Kreditvergabe, während Franz Irsigler die Kreditgewährung und Formen der Kre |
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| Schulze, Götz, Die Naturalobligation. Rechtsfigur und Instrument des Rechtsverkehrs einst und heute - zugleich Grundlegung einer Forderungslehre im Zivilrecht (= Ius Privatum 134). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XXIX, 754 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
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Der Verfasser, nunmehr Professor für deutsches Recht an der Universität Lausanne, untersucht in seiner Heidelberger Habilitationsschrift die Rechtsfigur der Naturalobligation in höchst umfassender Weise, in historischer, rechtstheoretischer und rechtsdogmatischer Hinsicht.
In der instruktiven Einleitung (S. 1-45) erfolgt eine Einführung in das Thema; offene Fragen und Kontroversen, die Fragestellung der Arbeit, die Hauptthese, Methoden und Grundlagen sowie der Gang der Untersuchung werden aufgezeigt und vorgestellt.
Unter einer Naturalobligation versteht Schulze (S. 33) „das schuldrechtliche Leistungspflichtverhältnis, das mit rechtlichen Zwangsmitteln nicht einseitig durchsetzbar ist“. Im Anschluss an Fritz Klingmüller[1] formuliert er: „Das Leistensollen des Schuldners ist nicht erzwingbar.“ Die Naturalobligation sei als dogmatische Rechtsfigur zur Integration in ein europäisches Rechtsinstrument geeignet.
Forderungen unterteilen sich in durchsetzbare und nicht durchsetzbare Forderungen, in Zivilobligationen und Naturalobligationen. Diese Letzteren lassen sich wieder in zwei Arten einteilen: in rechtlich anerkannte, gesetzlich vorgegebene Leistungspflichtverhältnisse („institutionelle Naturalobligation“) und in richterlich festgestellte Leistungspflichtverhältnisse. Entstehungsgründe der Naturalobligation sind danach Vertrag, Gesetz und „die richterliche Feststellung eines außerrechtlich im Rahmen der Sozialordnung entstandenen Leistungspflichtverhältnisses“ (S. 33f.).
In dieser Besprechung soll vornehmlich auf den historischen Teil der Arbeit (S. 47-235)[2] eingegangen werden. Der Verfasser beginnt mit der Entstehung der obligatio naturalis im klassisc |
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| Schwartz, Philipp, Das lettländische Zivilgesetzbuch vom 28. Januar 1937 und seine Entstehungsgeschichte. Shaker, Aachen 2008. 334 S. Besprochen von Herbert Küpper. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwartz, Philipp, Das lettländische Zivilgesetzbuch vom 28. Januar 1937 und seine Entstehungsgeschichte. Shaker, Aachen 2008. 334 S. Besprochen von Herbert Küpper.
Das lettische Zivilgesetzbuch von 1937 ist nicht nur ein zentrales Monument der neuzeitlichen baltischen Rechtsentwicklung, sondern zugleich auch eine der großen römisch-rechtlichen Kodifikationen des 20. Jahrhunderts. Und es ist ganz nebenbei auch wieder das geltende Recht Lettlands, auch wenn seit seiner etappenweisen Wiederinkraftsetzung nach der lettischen Unabhängigkeit vieles modernisiert und fortentwickelt worden ist. Ein derartiges wichtiges Werk europäischer Rechtskultur verdient eine fundierte historische Aufarbeitung.
Wertvolle Forschungen zur Entstehung des lettischen Zivilgesetzbuchs wurden auch und vor allem in deutscher Sprache seit den 1950er Jahren veröffentlicht. Hier ist besonders Dietrich Loeber zu nennen, dessen Vater an der Ausarbeitung des Kodex aktiv beteiligt gewesen war. Solange die sowjetische Okkupation währte, konnten derartige Arbeiten nur auf das bis vor 1940 zurückreichende Gedächtnis der Autoren und wenige nach Westen gelangte Archivalien gestützt werden.
Hier setzt die Arbeit von Schwartz an. Er wertete die Archive in Riga und anderswo aus und fand noch zahlreiche Materialien, obwohl viele Bestände durch Krieg, Fremdherrschaft und ideologisch motiviertes Desinteresse verloren gegangen sind. Auch das lettische Schrifttum der Zwischenkriegszeit und die heutigen Arbeiten zum Zivilgesetzbuch zog er für das vorliegende Werk heran. Dass dadurch eine „kompilatorische Kompilation“ (S. 8) entstanden sein mag, nimmt der Autor gerne in Kauf – fehlt es doch auch in Lettland an einer umfassenden, mehr als punktuellen Bearbeitung der Entstehungsgeschichte des Zivilgesetzbuchs. Eine Zusammenführung und Neubewertung des vorhandenen Wissensstandes tut also dringend Not.
Und diese Arbeit leistet das vorliegende Werk. Es beginnt mit dem 1 |
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| Schwartz, Philipp, Das lettländische Zivilgesetzbuch vom 28. Januar 1937 und seine Entstehungsgeschichte. Shaker, Aachen 2008. 334 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwartz, Philipp, Das lettländische Zivilgesetzbuch vom 28. Januar 1937 und seine Entstehungsgeschichte. Shaker, Aachen 2008. 334 S. Besprochen von Werner Schubert.
Mit seinem Werk erschließt Schwartz erstmals Motive, Konzeptionen und Inhalte des Zivilgesetzbuches von 1937 für Lettland anhand insbesondere des umfangreichen lettischen Schrifttums zu dieser Kodifikation und zu deren Vorgeschichte. Die Gesetzgebungs- bzw. die Sitzungsprotokolle vor allem der maßgebenden Gesetzkommission von 1933-1936 waren leider nicht mehr auffindbar. Eine deutsche Übersetzung der litauischen Originalfassung des ZGB erschien 1937 als „Ausgabe des lettischen Justizministeriums“. Schwartz behandelt zunächst die Rechtsentwicklung in den russischen Ostseeprovinzen Estland, Livland und Kurland bis zur Gründung des unabhängigen lettischen Staates am 18. 11. 1918 (S. 9ff.). In diesen Provinzen galt seit 1864 das Provinzialrecht der Ostseegouvernements (Teil III: Liv-, Est- und Curländisches Privatrecht [BPR III; seit 1919 auch Lcl]), das eine Sammlung und Systematisierung des bestehenden Rechts in 4600 Bestimmungen enthielt und sich zu über die Hälfte auf das römische Recht stützte. Zu Lettland kam 1918 das Kurland, das südliche Livland und Lettgallen [Dünaburg], in dem hinsichtlich des Zivilrechts der von Schwartz nicht detailliert besprochene Svod (russisches Zivilgesetz X von 1834) galt.
Das Kapitel 2 des Werkes umfasst in vier Abschnitten die Entstehung der lettischen Zivilgesetzgebung. Teil 1 behandelt die Diskussion über den richtigen Weg der lettischen Gesetzgebung (Rezeption ausländischer Kodifikationen, Revision des BPR III oder Erarbeitung einer eigenständigen neuen Kodifikation). In den Kapiteln 2 und 3 (S. 54ff., 67ff.) geht der Verfasser auf die Arbeiten der ersten beiden Gesetzgebungskommissionen (1920, 1924) und auf die umfangreiche, zum Teil rechtsvereinheitlichende und reformierende Einzelgesetzgebung bis 1934 ein. Wichtig war insbesondere |
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| Schwarz, Robert, Das Stiftungswesen in der sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1945 und 1989. Zugleich ein Beitrag zum deutschen Stiftungsrecht unter dem Einfluss der Regime (= Europäische Hochschulschriften 2, 4653). Lang, Frankfurt am Main 2008. XXXVII, 246 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwarz, Robert, Das Stiftungswesen in der sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1945 und 1989. Zugleich ein Beitrag zum deutschen Stiftungsrecht unter dem Einfluss der Regime (= Europäische Hochschulschriften 2, 4653). Lang, Frankfurt am Main 2008. XXXVII, 246 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die durch die 1943 auf der Grundlage dreier Mietshäuser in Leipzig-Connewitz errichtete Stiftung des Baumeisters Albin Wilhelm Neumann angeregte, von Gero Dolezalek betreute, im Sommersemester 2007 von der Juristenfakultät der Universität Leipzig angenommene Dissertation des von 1996 bis 2003 Jura und von 2002 bis 2006 Immobilienmanagement studierenden Verfassers. Ihr Gegenstand ist interessant, wenn auch anscheinend so wenig behandelt, dass etwa drei Viertel aller von ihm einbezogenen Akten von ihm erstmals seit ihrer Archivierung zur Benutzung angefordert wurden. Die Quellenlage ist am besten in Brandenburg, am schlechtesten in Thüringen sowie in den Stadtarchiven und Kreisarchiven.
Der Verfasser gliedert seine Arbeit in 9 Abschnitte. Zunächst befasst er sich mit dem Stiftungsbegriff und dem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1896/1900 als der Grundlage des Stiftungsrechts in der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik. Danach behandelt er die Stiftungen im nationalsozialistischen Deutschland, zu denen auch sein Ausgangsfall zählt.
Im dritten Abschnitt wendet er sich dem Stiftungswesen in der sowjetischen Besatzungszone zu und ermittelt unter dem Stiftungsrecht in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1945 und 1952 das Stiftungswesen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen. Von hier aus verfolgt er das Stiftungsrecht in der Deutschen Demokratischen Republik von 1949 bis 1989, wobei er dann den fiduziarischen Stiftungen, den Stiftungen mit Sonder |
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| Schwedler, Gerald, Herrschertreffen des Spätmittelalters - Formen - Rituale - Wirkungen. Thorbecke, Ostfildern 2008. 568 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schwedler, Gerald, Herrschertreffen des Spätmittelalters - Formen - Rituale - Wirkungen. Thorbecke, Ostfildern 2008. 568 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 619 Ritualdynamik der Deutschen Forschungsgemeinschaft entstandene, von Jürgen Miethke betreute, mit Mitteln des Hauses Wittelsbach geförderte und im Wintersemester 2006/2007 von der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des Verfassers. Der Kern der Fragestellung geht auf die Forschungen Gerrit Schenks zum Herrschereinzug zurück. Der Umschlag zeigt zwei sich grüßende Könige und verbildlicht damit die Frage des Verfassers nach dem Verhältnis der verhandelten Inhalte zu den dabei gebrauchten zeremoniellen und rituellen Umgangsformen.
Untersucht wird der Raum zwischen Spanien im Südwesten, Litauen im Nordosten, Norwegen im Norden und Sizilien im Süden. Zeitlich werden die Jahre zwischen 1270 und 1440 erfasst. Für diesen Raum in dieser Zeit konnte der Verfasser insgesamt 204 geplante oder durchgeführte Monarchenbegegnungen ausfindig machen.
In seiner Einleitung beschreibt der Verfasser den unzureichenden Forschungsstand, seine Fragestellung sowie den Aufbau und die Untersuchungsebenen seiner Arbeit. Danach gliedert er seine Untersuchung in zwei Teile. Im ersten Teil erfasst er die Begegnungsformen europäischer Machthaber. Im zweiten Teil widmet er sich den Abläufen und Elementen.
Der erste Teil beginnt mit dem Verhältnis von Text und Ritual. Danach werden Verhandlungen und Formen der Konsensbildung (Albrecht I. von Habsburg und Philipp IV. von Frankreich), Vertragsschlüsse und Eide unter Königen (Reise König Sigismunds nach England), Belehnungsakte zwischen Königen (Otakar und Rudolf von Habsburg), Treffen mit gefangenen Königen (Johann II. von Frankreich), zwei Könige desselben Reiches (Ludwig IV. der Bayer und Friedrich der Schöne von Habsburg), Waffenstillstand und Fr |
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| Segert, Dieter, Das 41. Jahr. Eine andere Geschichte der DDR. Böhlau, Wien 2009. 284 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Segert, Dieter, Das 41. Jahr. Eine andere Geschichte der DDR. Böhlau, Wien 2009. 284 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Dieter Segert wurde in Salzwedel 1952 geboren. Er studierte in Berlin und in Moskau (Dr. phil.) und wurde am 1. November 1988 zum Parteisekretär der Sektion Philosophie der Humboldt-Universität Berlin gewählt, ohne dass er bis heute den Grund seiner Wahl begriffen hat oder haben will (S. 146). Damit eröffnete sich ihm neben manchem Anderen die Möglichkeit der Teilnahme an der Wende in der Deutschen Demokratischen Republik zwar nicht in der ersten, aber doch in einer verhältnismäßig vorderen Reihe.
Hierüber berichtet er vielleicht ziemlich offen unter Einfügung anschaulicher Bilder. Ausgangspunkt ist seine vollständige Sozialisation im deutschdemokratischen Sozialismus. Von hieraus bedauert er die tatsächliche Entwicklung, statt welcher er sich einen dritten Weg zwischen der vielleicht fehlerhaften Deutschen Demokratischen Republik und der mindestens ebenso fehlerhaften Bundesrepublik Deutschland in einem fehlerfreien Sozialismus gewünscht hätte.
Nach der Einführung mit Blätterfall und Mauerfall lässt er in einem ersten Teil sich die alte DDR regen. Dabei befasst er sich im zweiten Abschnitt des Buches mit den vergessenen Akteuren des Jahres 1889. Ein wenig wird mit Gerhard Schröder an der Tür zur Macht gerüttelt und ausführlich das vielleicht wagemutige Entstehen eines Sozialismusprojekts an der Humboldt-Universität geschildert.
Ausgangspunkt für die Wende ist Michael Gorbatschow in der Sowjetunion. Was hat ihn wirklich bewegt, sich der von der Deutschen Demokratischen Republik bald abgelehnten Politik der Perestroika trotz aller mit ihr auch verbundenen Gefahren des persönlichen Scheiterns zu verschreiben? Die wünschenswerte innerste Antwort auf diese Frage scheint er selbst bisher nicht öffentlich gegeben zu haben.
Jedenfalls zeichnete sich wohl im Gefolge der gorbatschowschen Politik im |
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| Sensburg, Patrick Ernst, Die großen Juristen des Sauerlandes. 22 Biographien. Becker, Arnsberg 2002. 276 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sensburg, Patrick Ernst, Die großen Juristen des Sauerlandes. 22 Biographien. Becker, Arnsberg 2002. 276 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Der Verfasser, Rechtsanwalt in Köln, nunmehr Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, erforscht seit mehreren Jahren die Biographien bedeutender Juristen aus dem Sauerland, einer Region im südöstlichen Westfalen. Nunmehr liegt ein Band mit zweiundzwanzig Lebensbildern solcher Juristen vor. Behandelt werden nicht nur so berühmte Juristen wie Johannes Althusius aus Diedenshausen, Johann Stephan Pütter aus Iserlohn, Johann Suibert Seibertz aus Brilon, Karl Ludwig Arndts (von Arnesberg) aus Arnsberg, Heinrich Eduard Pape aus Brilon, Johann Friedrich von Schulte aus Winterberg und Carl Schmitt aus Plettenberg, sondern auch weniger bekannte wie Franz Wilhelm von Spiegel aus Canstein, Kaspar Joseph Frhr. von Biegeleben aus Arnsberg, Johann Friedrich Josef Sommer aus Kirchhundem, Balthasar von Linde aus Brilon, Johann Matthias Gierse aus Gellinghausen, Hermann Gerlach aus Marsberg, Erwin Grueber aus Arnsberg, Ferdinand Frhr. von Lüninck aus Ostwig, Hermann Grashof aus Brilon, Rudolf Carl Ulrich aus Arnsberg, August Overweg aus Iserlohn, Karl Eduard Friedrich Lehr aus Meschede, Fritz Thomée aus Werdohl, Gustav Karl Ebbinghaus aus Iserlohn und Rudolf zur Bonsen aus Fredeburg.
Verbindungsglied dieser Juristen ist die gemeinsame Herkunft aus dem Sauerland. Von Interesse ist es zu sehen, welche Fülle an bedeutenden Juristen ein bestimmte Region hervorgebracht hat. Jeder Biographie ist ein Werkverzeichnis und ein umfassendes Literaturverzeichnis beigegeben. Aufgezeigt werden die Verwandtschafts- und Bekanntschaftsverhältnisse der einzelnen Juristenfamilien (S. 266-268). Eine zentrale Stellung nimmt die Familie Arndts ein, die seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ihren Sitz in Arnsberg hatte (S. 123).
In österreichischer Sicht sind vor allem Johann Friedrich (Ritter |
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| Simon-Holtorf, Anne Marlene, Geschichte des Familienwahlrechts in Frankreich (1871 bis 1945) (= Rechtshistorische Reihe 298). Lang, Frankfurt am Main 2004. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Simon-Holtorf, Anne Marlene, Geschichte des Familienwahlrechts in Frankreich (1871 bis 1945) (= Rechtshistorische Reihe 298). Lang, Frankfurt am Main 2004. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Werner Schubert angeregte und betreute, im Frühjahr 2004 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation der Verfasserin. Ihr Gegenstand ist die grundsätzliche Forderung nach einem Stimmrecht aller Betroffenen. Diese bisher Vision gebliebene Vorstellung verfolgt die Verfasserin von den Anfängen bis zur Gegenwart.
Gegliedert ist die Arbeit in insgesamt acht Teile. Dabei bietet die Verfasserin am Anfang eine allgemeine Einführung. In ihr behandelt sie Wahlrecht und Gesetzgebung Frankreichs in der III. Republik sowie Begriff und Zweck des Familienwahlrechts (vote familial, suffrage familial).
Anfänge des Familienwahlrechts werden in Frankreich erstmals 1850 bei Alphonse de Lamartine sichtbar. Dem folgen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts mehr als 15 weitere Anläufe. Sie finden mit einer gewissen Verspätung auch in Belgien Widerhall.
Im 20. Jahrhundert verstärken sich die Bestrebungen. Sie führen zu zahlreichen Gesetzesvorschlägen. Sie alle verfolgt die Verfasserin umsichtig und sorgfältig.
Nach einem Überblick über das Familienwahlrecht heute in Deutschland, Frankreich und Belgien fasst die Verfasserin ihre Ergebnisse kurz zusammen. Dabei kann sie die Gründe für das Scheitern der Pläne nur vermuten. Die Kritik der Gegner gründet sie einsichtig auf die Höchstpersönlichkeit der Stimmabgabe, das Gleichheitsgebot und Schwierigkeiten in der Durchführung, doch schließt dies, wie die Geschichtlichkeit des Wahlrechts insgesamt zeigt, nicht aus, dass sich das Blatt eines Tages vielleicht doch noch irgendwie wendet.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Späth, Annette, Die gewerbliche Erbensuche im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 19). Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2008. 377 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Späth, Annette, Die gewerbliche Erbensuche im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr (= Studien zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht 19). Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Jena 2008. 377 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Wolfgang Hau betreute, im Wintersemester 2007/2009 von der juristischen Fakultät der Universität Passau angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie geht von der in der jüngsten Vergangnheit deutlicher sichtbar gewordenen gegenwärtigen Erscheinung aus, dass in Deutschland jährlich mehr als 200 Milliarden Euro an Vermögen zur Vererbung anstehen und dass bei etwa acht Prozent der rund 800000 Todesfälle jährlich die Erben unbekannt sind, so dass sich ein Interesse an gewerblicher Erbensuche entwickelt hat, das vor allem bei größeren Werten auch grenzüberschreitende Wirkungen entfalten kann. Hierzu untersucht die Verfasserin unter Berücksichtigung der neueren Rechtsentwicklung in drei Teilen die rechtlichen Grundlagen, den Zahlungsanspruch bei besonderer Honorarvereinbarung und die möglichen Ausgleichsansprüche in den häufigeren Fällen, in denen Erbensuche auf eigenes Unternehmerrisiko erfolgt und Ausgleichsansprüche aus culpa in contrahendo, Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertiger Bereicherung nach deutschem oder französischem Recht in Betracht kommen könnten oder können sollten.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Spektakel der Macht. Rituale im Alten Europa 800-1800. Wissenschaftliche Buchgemeinschaft/Kunsthistorisches Museum Magdeburg, Darmstadt/Magdeburg 2008. 256 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Spektakel der Macht. Rituale im Alten Europa 800-1800. Wissenschaftliche Buchgemeinschaft/Kunsthistorisches Museum Magdeburg, Darmstadt/Magdeburg 2008. 256 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Mit diesem aufwendig ausgestatteten und typographisch vorzüglich gestalteten Werk wird eine Publikation vorgelegt, die einerseits eine Dokumentation der Kooperationsausstellung des Sonderforschungsbereiches 496 der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen mit dem Kulturhistorischen Museum Magdeburg bietet, anderseits die Ergebnisse des Münsteraner Sonderforschungsbereiches, der das Verhältnis von symbolischer Kommunikation und gesellschaftlichen Wertesystemen vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution zum Gegenstand hat, einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren möchte. Die Ausstellung selbst fand in der Zeit vom 21. September 2008 bis zum 4. Januar 2009 im Magdeburger Museum statt. Entsprechend dieser doppelten Zielsetzung gliedert sich der Band in zwei Teile, einen ersten, der knappe Essays über die verschiedenen Formen der Rituale als Ausdruck symbolischer Kommunikation wertbezogener sozialer Handlungen enthält, und einen zweiten, in dem die Exponate der Ausstellung in Wort und Bild beschrieben werden.
Dem Ganzen ist eine höchst konzise Darstellung von Wesen, Funktion und Entwicklung der Rituale im Alten Europa aus der Feder von Gerd Althoff und Barbara Stollberg-Rilinger vorangestellt, in der nicht nur die Quellen angegeben werden, aus denen wir unsere Kenntnis von den Formen der Rituale schöpfen, sondern auch eine Erläuterung der in der Ausstellung zusammengestellten Exponate geboten wird. Anders als in der Historiographie mit ihrer üblichen Epocheneinteilung in Frühes Mittelalter, Hohes Mittelalter, Spätmittelalter, Früher Neuzeit usw. sehen die Autoren den Zeitraum von 800 bis 1800 in Bezug auf die Entwicklung der Ritualkultur als eine Einheit an, die erst mit der Französischen |
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| Spieß, Pirmin, Kleine Geschichte der Stadt Neustadt an der Weinstraße (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). G. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 208 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Spieß, Pirmin, Kleine Geschichte der Stadt Neustadt an der Weinstraße (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). G. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 208 S. Besprochen von Werner Schubert.
Stadtgeschichten leiden oft darunter, dass Rechtsentwicklungen und rechtshistorisch wichtige Details nur ungenau erläutert werden. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich der Mannheimer Rechtshistoriker Spieß – ausgewiesen durch Arbeiten zur pfälzischen und Neustädter Rechtsgeschichte – der Stadtgeschichte von Neustadt (an der Haardt/an der Weinstraße) angenommen hat. Neustadt, um 1220/30 gegründet und erstmals 1243/44 urkundlich erwähnt, gehörte bis in die 90er Jahre des 18. Jahrhunderts zur Kurpfalz. In der französischen Zeit war Neustadt Hauptstadt eines Kantons im Donnersbergdepartement und kam 1816 zu Bayern. Seit Juli 1945 Teil der französischen Besatzungszone und des späteren Bundeslandes Rheinland-Pfalz, war und ist Neustadt ein Verwaltungsmittelpunkt für die Pfalz und von 1946 bis 1965 Sitz des pfälzischen Oberlandesgerichts (S. 166). Spieß beschreibt präzise die mittelalterliche Stadtverfassung und das Marktrecht, das Marktkäufe insoweit privilegierte, dass ein Eigentumsrecht an den gekauften Waren auch dann erworben wurde, wenn es sich um Hehlerware handelte (S. 26). Für kurze Zeit lehrten im 16. Jahrhundert einige reformierte Heidelberger Professoren in Neustadt, u. a. der Jurist Nikolaus Dobbin aus Rostock (S. 53f.). Für die napoleonische Zeit weist Spieß auf den Code civil mit seinem weiten Eigentumsbegriff (S. 78, 111) und die Einführung der Gewerbefreiheit hin. Zum Hambacher Fest – Hambach gehört seit 1969 zu Neustadt – merkt Spieß an, dass der Schwurgerichtsprozess gegen die Organisatoren dieses Festes der erste Prozess der deutschen Rechtsgeschichte sei, der vollständig mitstenografiert worden sei. Zu den aus Neustadt kommenden Persönlichkeiten gehört Willi Geiger, der 26 Jahre lang |
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| Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der frühen Neuzeit, hg. v. Asch, Ronald G./Freist, Dagmar. Böhlau, Köln 2005. VII, 442 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der frühen Neuzeit, hg. v. Asch, Ronald G./Freist, Dagmar. Böhlau, Köln 2005. VII, 442 S.
Der vorliegende Band, den der Herausgeber wegen des Ausbleibens einer zugesagten Rezension wenigstens kurz anzeigen muss, stellt das Ergebnis einer von der Thyssen Stiftung großzügig geförderten Tagung dar, die im Herbst 2002 an der Universität Osnabrück stattfand, an der die beiden Herausgeber damals lehrten. Er wird von einer Einführung Dagmar Freists über Staatsbildung, lokale Herrschaftsprozesse und kulturellen Wandel in der frühen Neuzeit eröffnet. Am Ende bietet Wolfgang Reinhard eine Zusammenfassung mittels der Fragestellung Staatsbildung durch Aushandeln?
Die zwischen Eröffnung und Abschluss liegenden fünfzehn Referate sind gleichmäßig in fünf Blöcke geteilt. Sie betreffen lokale Herrschaftspraxis, Vermittlung von Herrschaft zwischen Zentrum und lokalen Herrschaftsräumen, Herrschaft und rechtliche Normsetzung, Legitimation von Herrschaft sowie Staatsbildung und politisch-soziale Eliten. Fünf nichtdeutschsprachige Autoren sichern die Internationalität.
Dementsprechend beginnt Stefan Brakensiek mit lokalen Amtsträgern in deutschen Territorien der frühen Neuzeit. Michel Braddick beschäftigt sich mit State formation and political culture in Elizabethan and Stuart England. Politisches Engagement in englischen und französischen Provinzstädten des 18. Jahrhunderts vergleicht François-Joseph Ruggiu.
Die Vermittlung von Herrschaft betrachtet Birgit Emich an Hand der Bologneser libertà und der Ferrareser decadenza, Michel Cassan an der Beziehung der Krone zu den Städten unter Karl IX. und Ludwig XIII., Mark Häberlein hinsichtlich konfessioneller Grenzen, religiöser Minderheiten und der Herrschaftspraxis in süddeutschen Städten und Territorien in der frühen Neuzeit. Der Normsetzung wendet sich André Holenstein über die badischen Polizeiordnun |
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| Steck, Peter Karel, Zwischen Volk und Staat. Das Völkerrechtssubjekt in der deutschen Völkerrechtslehre (1933-1941) (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 6). Nomos, Baden-Baden 2003. IX, 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die als Teil eines von der Max-Planck-Gesellschaft und der deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts zur Völkerrechtswissenschaft zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus entstandene, von Walter Rudolf betreute und 2001 in Mainz angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in fünf Teile. Diese sind teils chronologisch, teils sachlich geordnet.
Der Verfasser beginnt mit der Vorgeschichte, für die er grundsätzlich ein bisher eher geringes Interesse an der Völkerrechtsgeschichte konstatiert. Danach beschreibt er die deutsche Völkerrechtswissenschaft in der Weimarer Republik, in der bis 1930 nur ein einziger Lehrstuhl für Völkerrecht (in Kiel, Niemeyer) bestand. Von hier aus geht er zur Völkerrechtssubjektivität in der Lehre vor 1933 über.
Der zweite Abschnitt betrifft die Haltung der etablierten Völkerrechtslehre nach 1933, für die der Verfasser einführend den außenpolitischen Hintergrund in drei Phasen der Revision (1933-1935), der Konsolidierung (1935-1937) und der Expansion (1937-1939) darstellt. Danach schildert er die Veränderung der wissenschaftlichen Landschaft. Für die Reaktion der Etatisten untersucht er die Werke Carl Bilfingers, Viktor Bruns’, Axel Freiherr von Freytagh-Loringhovens, Carl Schmitt, Heinrich Triepels, Heinrich Drosts, Friedrich Wilhelm von Rauchhaupts, Hermann Jahrreiß’ und Friedrich Berbers, die trotz großer Heterogenität den Staats als Subjekt des Völkerrechts ansahen und von der völkerrechtlichen Realität ausgingen.
Dem stellt der Verfasser danach das völkisch-etatistische Denken gegenüber. Für den völkischen Staat als Völkerrechtssubjekt benennt er Gustav Adolf Walz, Hermann Raschhofer, Edgar Tatarin-Tarnheyden, Alfred |
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| Štefanová, Dana, Erbschaftspraxis, Besitztransfer und Handlungsspielräume der Untertanen in der Gutsherrschaft. Die Herrschaft Frýdlant in Nordböhmen, 1558-1750 (= Sozial- und wirtschaftshistorische Studien 34). Oldenbourg, München 2008. 341 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
Ganzen Eintrag anzeigen Štefanová, Dana, Erbschaftspraxis, Besitztransfer und Handlungsspielräume der Untertanen in der Gutsherrschaft. Die Herrschaft Frýdlant in Nordböhmen, 1558-1750 (= Sozial- und wirtschaftshistorische Studien 34). Oldenbourg, München 2008. 341 S. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla.
Die Arbeit der Wiener Historikerin Dana Štefanová besteht aus einer mikrohistorischen Auswertung von Katastern, Grund-, Schöffen-, Stadt- und Gerichtsbüchern, Zins- und Steuerregistern, Urbaren und Kirchenregistern in der nordböhmischen Gutsherrschaft Frýdlant im Isergebirge, die in den Archiven von Děčin (Tetschen), Liberec (Reichenbach), Litomeřice (Leitmeritz), Zámrsk (Samrsk), Zittau, Wrocław (Breslau), Dresden und Prag vorgenommen wurde. Diese für drei exemplarisch ausgewählte Dörfer erhobenen Quellen liefern der Autorin Aussagen über die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Gutsherrschaft, den Untertanen und den Gemeinden in einem frühneuzeitlichen Territorium, das von der historischen Forschung der sogenannten „ostelbischen Gutsherrschaft“ zugerechnet wird. Štefanová untersucht den in drei ausgewählten Dörfern von 1558 bis 1750 vorgenommenen Besitztransfer in einem Zweihundertjahreszeitraum und leitet aus der erkennbaren Personage (deren Familien- und Sozialstruktur deutlich gemacht wird), den gutsherrlichen Einflussnahmen und der Beteiligung der Gemeinden der Untertanen Aussagen über die Periodisierung der Agrarentwicklung (bei der das Jahr 1620 und die Schlacht am Weißen Berg nach bisher herrschender Auffassung die Zäsur für die Einteilung in die Periode vor und die nach dem Weißen Berg abgibt, wobei letztere als Epoche der sogenannten „zweite Leibeigenschaft“ bezeichnet wird) in Mitteleuropa ab.
Štefanová kommt zu dem Ergebnis, dass die bisher überwiegend geteilte Meinung, wonach die Ergebnisse der Schlacht am Weißen Berg zur ungebremsten Konfiskation des Bodens für die herrschaftlichen Meierhöfe und zur Entrechtung der Un |
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| Steinbeck, Joachim, Die Anwendung des Allgemeinen Landrechts in der richterlichen Praxis. Sentenzen des Oberappellationssenats des preußischen Kammergerichts von 1794 bis 1803. Teil 1 und 2 (= Schriften zur preußischen Rechtsgeschichte 1). Lang, Frankfurt am Main 2004. VII, 994 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Jörn Eckert betreute, 2002 von der juristischen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des Verfassers. Nach der Einleitung des Betreuers ist sie der erste Ertrag eines von der deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützten Forschungsprojekts zum Thema Gesetzesbegriff und Rechtsanwendung im späten Naturrecht - Die Spruchpraxis preußischer Gerichte unter dem Allgemeinen Landrecht 1790-1836, dessen Ziel es ist, auf der Grundlage einer eingehenden aktenmäßigen Untersuchung der richterlichen Praxis zu ermitteln, wie die preußischen Gerichte in den ersten Jahrzehnten nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten im Jahre 1794 mit der neuen Kodifikation umgingen und insbesondere die vorgeschriebene strenge Bindung des Richters an den Wortlaut des Gesetzes tatsächlich beachteten oder nicht. Da ein sachkundigerer Rezensent seine Zusage bisher nicht einzuhalten vermochte, muss der Herausgeber das Werk in einigen Sätzen zumindest vorläufig anzeigen.
In seiner kurzen Einleitung geht der Betreuer auf die Fragestellung näher ein. Dabei weist er insbesondere darauf hin, dass er einen als Grundlage einer Rechtsprechungsanalyse geeigneten Bestand an Urteilen im brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam in den Sentenzenbüchern des Kammergerichts gefunden habe, wobei die Urteile des Oberappellationssenats besonders aufschlussreich sind, weil dieser für alle bedeutenderen Zivilverfahren in zweiter Instanz zuständig war. Eine von ihm selbst 1996 durchgeführte erste Auswertung von 500 Urteilen der Jahre 1790 bis 1800 hatte dabei bereits ergeben, dass die Richter des Oberappe |
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| Steirischer Wortschatz als Ergänzung zu Schmellers Bayerischem Wörterbuch gesammelt von Unger, Theodor, für den Druck bearb. und hg. v. Khull, Ferdinand. Leuschner und Lubensky’s Universitäts-Buchhandlung, Graz 1903, Neudruck mit einem Vorwort v. Jontes, Günter. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2009. XXIV, 662 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Österreich ist im Wesentlichen Teil des bayerischen Mundartraums. Dabei hat die Steiermark als Zone des sprachlichen Ausgleichs Anteil am Mittelbauyerischen und am Südbayerischen. Grund dafür ist die nach den verheerenden Einfällen der Awaren und Ungarn vom 8. bis 10. Jahrhundert schubweise und aus unterschiedlichen Gegenden des oberdeutschen Sprachraums erfolgende Wiederbesiedelung oder Neubesiedelung, die im Laufe weniger Jahrhunderte die Einschmelzung der älteren und dünneren karantanisch-slawischen Bevölkerung mit sich brachte.
Ein Interesse an der geschichtlichen Erfassung dieser Gegebenheiten erwuchs erst seit dem früheren 19. Jahrhundert. Als seine Folge häuften sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts am steiermärkischen Landesarchiv in Graz ein beachtlicher Bestand an handschriftlichen Quellen für eine Sammlung steirischer Mundartwörter und eine größere Zahl von älteren und neueren Druckwerken an. Daraus formte der 1840 geborene, am Studium der Rechtswissenschaft gescheiterte Theodor Unger als Beamter am Landesarchiv während zwanzigjähriger Tätigkeit ein bei seinem Tode im Jahre 1896 noch wenig geordnetes Werk, das Ferdinand Khull (Klagenfurt 1854-Graz 1942) als Lehrer am Grazer zweiten Staatsrealgymnasium 1903 im Druck erscheinen lassen konnte.
Obwohl als Ergänzung zu Johann Andreas Schmellers bayerischem Wörterbuch (1827-1837) gedacht, folgte es nicht der heute ungewöhnlich erscheinenden Ordnung der Wörter nach Stammsilbenvoklaen, sondern wählte die formale Reihung nach dem Alphabet unter Normalisierung der Wörter der gesprochenen Sprache nach Hoch- und Schriftsprach |
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| Strafjustiz und DDR-Unrecht. Dokumentation, hg. v. Marxen, Klaus/Werle, Gerhard, Band 5, 1, 2 Rechtsbeugung, unter Mitarbeit von Burghardt, Boris/Hohoff, Ute/Schäfter, Petra, Band 6 MfS-Straftaten, unter Mitarbeit von Schißau, Roland/Schäfter, Petra. De Gruyter Recht, Berlin 2007. LV, 568, VII, 573-1172, XV, 585 S. Besprochen von Thomas Vormbaum. |
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Die Edition mit den Erträgen des von den Herausgebern betriebenen Forschungsprojekts „Strafjustiz und DDR-Vergangenheit“ steht mit den hier angezeigten Bänden kurz vor dem Abschluss.
Band 5 der Dokumentation behandelt den Komplex „Rechtsbeugung“. Die betreffenden Verfahren bilden innerhalb der wegen DDR-Unrechts erhobenen Anklagen die größte Gruppe (S. XXIX). Dies erklärt, warum dieser Komplex zwei Teilbände der Edition ausmacht. Noch weitaus größer dürfte die Zahl der eingeleiteten, aber nicht zur Anklage gebrachten Ermittlungsverfahren gegen Richter und Staatsanwälte sowie in einigen Fällen auch gegen justizexterne Personen (wegen Anstiftung zur Rechtsbeugung) gewesen sein; sie sind jedoch nach den gut begründeten Editionsprinzipien der Herausgeber nicht berücksichtigt werden.
Gegenstand der Untersuchung waren vor allem Strafverfahren, daneben einige zivil- und arbeitsgerichtliche Verfahren der DDR-Justiz. Vor allem ging es um rechtswidrige strafrechtliche Verfolgung und um systembedingte Nichtverfolgung (vor allem Nichtverfolgung auf Anzeigen wegen Fälschung der Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989).
Die Verfahren endeten lediglich für 48% der Angeschuldigten mit einem Urteil. Die Verurteilungsquote lag bei nur 24% (S. XXXVII). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die zunächst die vielfach erhobenen rechtlichen Einwände gegen die Verfolgbarkeit der betreffenden Handlungen beiseite schob, sodann aber für die Erfüllung des Merkmals „Beugung des Rechts“ anstelle der früheren erhöhten subjektiven Schwelle eine fast eben so schwer zu überwindende objektive Schwelle |