| Kopetz, Hedwig, Die österreichische Akademie der Wissenschaften. Aufgaben, Rechtsstellung, Organisation (= Studien zu Politk und Verwaltung 88). Böhlau, Köln 2006. 472 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Wolfgang Mantl betreute Grazer Dissertation der in Graz 1976 geborenen, nach Studien in Graz, Wien und Paris seit 2001 als Assistentin am Institut für österreichisches, europäisches und vergleichendes öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Veerwaltungslehre tätigen Verfasserin. Sie geht davon aus, dass die jüngste Universitätsreform Österreichs den Universitäten verstärkte Autonomie, Vollrechtsfähigkeit und Globalbudgets gebracht habe, um ihre Profile in Forschung und Lehre zu schärfen, und Österreich von der öffentlichen Wahrnehmung noch weitgehend unbeachtet eine Institution habe, die diese modernen Reformziele bereits seit mehr als 150 Jahre verfolge. Die österreichische Akademie der Wissenschaften sei seit ihrer Gründung im Jahre 1847 nicht nur Gelehrtengesellschaft im klassischen Sinn, sondern führende Trägerorganisation innovativer Grundlagenforschung in Österreich (ursprünglich 48 wirkliche Mitglieder, in der Gegenwart theoretisch 90 wirkliche Mitglieder [2005 tatsächlich 165 wirkliche Mitglieder] in zwei Klassen).
Die nicht geschichtlich, sondern dogmatisch ausgerichtete Untersuchung gliedert sich klar und einleuchtend in fünf Teile. Davon schildert der einführende erste Teil (Von Forschergeist, Gelehrtentum und dem steten Blick aus dem Elfenbeintum) die soziokulturellen, institutionellen und forschungspolitischen Rahmenbedingungen, Gegenstand, Aufbau und Methode der Arbeit sowie die Akademien und den Akademiegedanken in Europa (Deutschland, Frankreich, England). Teil 2 betrifft die Aufgaben, Teil 3 die Rechtsstellung und Teil 4 die Organisation.
Das Resümee geht von Gottfried Wilhelm Leibniz’ Akademiekonzept aus, das mit Jürgen Mittelstrass für die Gegenwart fruchtbar gemacht wird. |
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| Korn, Frank, Körperverletzungsdelikte - §§ 223ff., 340 StGB. Reformdiskussionen und Gesetzgebung von 1870 bis 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, 3 Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung 12). Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, XVIII, 505 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Thomas Vormbaum betreute, im Sommersemester 2002 von der Fernuniversität Hagen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gehört in den größeren Rahmen der ansprechenden Materialien zu einem historischen Kommentar des Strafgesetzbuchs. Zeitlich geht sie der Dissertation Christian Grönings über Körperverletzungsdelikte 223ff., 340 StGB. Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1933 (= Juristische Zeitgeschichte, Beiträge zur modernen deutschen Strafgesetzgebung - Materialien zu einem historischen Kommentar 13) des Jahres 2004 voraus, legt für sie gewissermaßen den Grund und bildet mit ihr zusammen letztlich eine sachliche Einheit.
Gegliedert ist die Untersuchung in drei Teile. Zunächst legt der Verfasser für sich selbst Grundlagen, indem er Problemstellung, Forschungsstand, Methoden, Fragestellung und Darstellungsweise kurz beschreibt. Danach betrachtet er das Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten von 1851, für das ihm in der Gliederung zwischen vorsätzlicher Körperverletzung und Tatbeständen mit besonderen Anforderungen an die Person des Täters (Medizinalstrafrecht, Bauhandwerk) die fahrlässige Körperverletzung entgleitet, und die sonstigen Partikularrechte, für die er zwischen Körperverletzung (vorsätzliche Körperverletzung, fahrlässige Körperverletzung, Schmerzensgeld und Strafantrag), Vergiftung und Schlägerei sowie Körperverletzung im Amt trennt.
Der Schwerpunkt des Werkes liegt dann auf dem ausführlichen zweiten Teil, in dem der Verfasser die Entwicklung seit 1870 verfolgt. Ausgangspunkt ist das Reichsstrafgesetzbuch, dessen Entstehung der Verfasser sehr sorgfältig nachzeichnet. Es folgen Reformversuche u |
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| Korzilius, Sven, „Asoziale“ und „Parasiten“ im Recht der SBZ/DDR. Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung (= Arbeiten zur Geschichte des Rechts in der DDR 4). Böhlau, Köln 2004. 744 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die gewichtige Saarbrücker Dissertation des Verfassers. Sie befasst sich auf breiter Literaturgrundlage mit einer modernen, auch sozialgeschichtlichen Fragestellung, die ihre seinerzeitige Bedeutung in der Gegenwart freilich eingebüßt hat. Ihr Gegenstand sind die anführungsweise als Asoziale und Parasiten bezeichneten Menschen, die in einer sozialistischen Gesellschaft eigentlich aufgefangen sein oder werden sollten.
In der Einleitung beschreibt der Verfasser zunächst seinen Forschungsgegenstand als Praxis sozialer Kontrolle und Disziplinierung am Beispiel der von § 361 StGB alter, in der Deutschen Demokratischen Republik bis 1968 und in der Bundesrepublik Deutschland bis 1974 geltender Fassung kriminalisierten Personengruppen der Landstreicher, Bettler, Obdachlosen, Müßiggänger, Arbeitsscheuen und Prostituierten, an denen die Behandlung abweichenden Verhaltens in einer Gesellschaft bzw. durch einen Staat gut beobachtet werden könne. Hinsichtlich des Aufbaus entscheidet er sich naheliegenderweise für die zeitliche Abfolge. Danach legt er die in der Literatur bereits geleistete Arbeit und die noch bestehende Lücke umsichtig dar.
Den Beginn bildet die Sozialdisziplinierung als Mittel der Kriegsfolgenbeseitigung auf der Grundlage der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Dabei weist der Verfasser einerseits Kontinuität und andererseits auch Wandel nach. Die Reaktionen auf abweichendes Verhalten schwanken zwischen Fürsorge, Kontrolle und Bestrafung, wobei der Wiederaufbau der Fürsorge ebenso Abhilfe versucht wie Projekte zur Neuregelung der geschlossenen Unterbringung Asozialer auf Länderebene.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem |
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| Krämer, Klaus, Die Bestrebungen für einen Zusammenschluss zwischen Österreich und Deutschland 1918 bis 1921 in österreichischen und deutschen Akten. Diss. phil.. Hannover 2003. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Matthias Riedel betreute, 2003 von der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover angenommene philosophische Dissertation des Verfassers. Sie befasst sich auf der Grundlage ungedruckter und gedruckter Quellen und 23er Literaturtitel mit einer politisch für den deutschen Sprachraum gewichtigen Frage. Sie gliedert sich in insgesamt 11 Abschnitte, von denen die Abschnitte 4-7 den Schwerpunkt darstellen.
Die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich erklärte bekanntlich am 12. November 1918 durch Gesetzesbeschluss den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, was die Deutsche Nationalversammlung am 21. Februar 1919 einstimmig begrüßte. Die zwischen Februar und April 1919 in Berlin und Wien durchgeführten Anschlussverhandlungen beider Staaten wurden im Berliner Protokoll festgehalten und in der Unterkommission für Währungsangelegenheiten und der staatsfinanziellen Unterkommission vertieft. Die Friedensverträge von Versailles und Saint Germain verboten die Vereinigung nicht offiziell, machten sie jedoch von der Zustimmung des Völkerbunds abhängig.
Die daraufhin von der deutschösterreichischen Konstituierenden Nationalversammlung am 1. Oktober 1920 einstimmig beschlossene Volksabstimmung stieß auf den Widerstand der Entente-Mächte, die für den Fall der Durchführung mit der Einstellung der Hilfsaktion für Österreich drohten. Gleichwohl stimmten wenig später in Tirol 98,8 Prozent und in Salzburg 99,1 Prozent der Abstimmungsberechtigten für den Anschluss an das Deutsche Reich. Dabei ergab die detaillierte Untersuchung des Verfassers, dass die staatliche Vereinigung von allen Parteinen in beiden Staaten angestrebt wurde, so dass diese Zielsetzung als überp |
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| Kramer, Susanne, Vom lästigen Publikum zum mündigen Darsteller. Die Entwicklung der Beteiligungsrechte im Recht der öffentlichen Vorhaben seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland, Frankreich und England (= Europäische Hochschulschriften 2, 4743). Lang, Frankfurt am Main 2008. 175 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Michael Stolleis betreute, 2008 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation der von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten, rasch hintereinander als Rechtsanwältin, Staatsanwältin und Richterin tätigen Verfasserin. Ihr in der Einleitung geschilderter Untersuchungsgegenstand ist ansprechend. Hinsichtlich der Materiallage impliziert die Fragestellung nach der überzeugenden Einschätzung der Verfasserin einen Schwerpunkt auf der Gesetzgebungsgeschichte, die sie unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien analysiert, wobei auch archivalisches Material einbezogen wird.
Gegliedert ist die Arbeit in fünf sachliche Teile. Dabei beginnt die Verfasserin mit einer Bestandsaufnahme unter dem Titel Beteiligungsrechte im Rahmen immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und „environmental democracy“ im geltenden deutschen, französischen und englischen Anlagenzulassungsrecht. Als Wirkungen des Beteiligungsverfahrens ermittelt sie Präklusion, Entscheidungskonzentration und Privatrechtsgestaltung.
Der zweite Teil befasst sich mit frühen Verfahren mit Beteiligungsmöglichkeiten. Dabei fragt die Verfasserin einleuchtend nach der tatsächlichen Mitwirkungsmacht des Nachbarn als Vorläufer institutionalisierter Beteiligungsrechte. Besonderes Gewicht misst sie den Gewerbekonzessionen bei.
Der dritte Teil konzentriert sich auf Preußen. Hier verfolgt die Verfasserin die Beteiligungsrechte im gewerbepolizeilichen Genehmigungsverfahren vom Allgemeinen Landrecht (1794) über die allgemeine Gewerbegesetzgebung |
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| Kramer-McInnis, Georg, Der „Gesetzgeber der Welt“. Jeremy Benthams Grundlegung des klassischen Utilitarismus unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechts- und Staatslehre. Dike Verlag, Zürich 2009. LXII, 368 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Ernst Kramer väterlich sehr motivierte, während der lehrreichen Assistenzzeit am Lehrstuhl Lukas Gschwends in Sankt Gallen entstandene Dissertation des Verfassers. Sie bietet im Eingang ein kürzeres Verzeichnis der Literatur vor 1900 und ein längeres Verzeichnis der Literatur nach 1900, die zwar beide alphabetisch geordnet sind, aber jeweils den für die Ordnung verwendeten Familiennamen die für die Ordnung störenden Vornamen voranstellen. Bei dem verdienstvollen, wenn auch keineswegs vollständigen Werkverzeichnis Benthams, dessen chaotische Publikationsweise der Verfasser als legendär hervorhebt - weil nur die wenigsten der Werke von Bentham selbst vollendet oder zum Druck gebracht, viele gar nicht veröffentlicht, andere jahrzehntelang zurückbehalten, ergänzt und in veränderter Form herausgegeben wurden, darunter das Hauptwerk Introduction to the Principles of Morals and Legislation (1780-1789) oder On the Anti-Codification alias the Historical School of Jurisprudence (1830) -, unterscheidet der Verfasser 57 Nummern von A Comment on the Commentaries über A General View of a Complete Code of Laws (1786), Codification Proposal (1811-1817, veröffentlicht 1822), Constitutional Code (1822-1830), Of Laws in General (1782), Papers Relative to Codification and Public Instruction (1811-1817), Principles of the Civil Code (1786), Principles of International Law (1786-1789) und Principles of Penal Law (1775-1782) bis zu Truth versus Ashurst or Law as It Is, contrasted with what It Is Said to Be, wobei der unbestimmte Artikel anscheinend bei der Ordnung berücksichtigt ist, der bestimmte dagegen nicht.
In der Einleitung schildert der Verfasser zunächst die Forschungsdefizite im deut |
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| Kremer, Carsten, Die Willensmacht des Staates. Die gemeindeutsche Staatsrechtslehre des Carl Friedrich von Gerber (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 238). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XI, 464 S. Besprochen von Walter Pauly. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kremer, Carsten, Die Willensmacht des Staates. Die gemeindeutsche Staatsrechtslehre des Carl Friedrich von Gerber (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 238). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. XI, 464 S. Besprochen von Walter Pauly.
Nach den privatrechtsgeschichtlichen Untersuchungen Sibylle Hofers und Susanne Schmidt-Radefeldts sowie einer verfassungsgeschichtlichen zu seinem Wirken als sächsischer Kultusminister von Jördis Bürger ist seit der Jahrtausendwende nunmehr die vierte Monographie zu Carl Friedrich von Gerber erschienen. Die von Thomas Vesting betreute Frankfurter rechtswissenschaftliche Dissertation legt den Schwerpunkt auf Gerbers staatsrechtliches Werk, das unter Freilegung seiner willenstheoretischen Fundierung als System rekonstruiert wird. Habe in Gerbers Privatrechtssystem der Wille des Einzelnen und damit das System der subjektiven Rechte im Vordergrund gestanden, so dominierte im staatsrechtlichen System der Wille des Staates, wobei Staatsgewalt als Willensmacht erscheint, die von der Staatsrechtswissenschaft auf ihre Inhalte, Grenzen, Organe und Formen hin analysiert werde (S. 216ff.). Nicht ohne Grund hat sich denn auch Hans Kelsen in seiner Allgemeinen Staatslehre von 1925 in eine von Gerber über Paul Laband zu Georg Jellinek reichende Linie eingegliedert und Rudolf Smend in Gerber einen Vorläufer von Kelsen erblickt, wie Kremer zu berichten weiß (S. 3). Dass Gerber bei seiner Gründerleistung seinerseits auf die Leistungen anderer Autoren, wie namentlich den romanistischen Persönlichkeitsbegriff Georg Friedrich Puchtas (S. 234ff.) und das von Georg August Grotefend ins Staatsrecht transferierte Willensdogma (S. 224f., 238ff.) zurückgriff, wird ebenso herausgearbeitet wie die Strahlkraft von Gerbers Konzeption auf durchaus kritische zeitgenössische Autoren wie etwa Hermann Schulze (S. 227f., 243ff.). Eingebettet wird Gerber in den vielschichtigen Kontext der Wissenschaft vom gemeinen deutschen Staatsrecht, das |
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| Kriegsende 1918. Ereignis, Wirkung, Nachwirkung, im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hg. v. Duppler, J./Groß, Gerhard P. (= Beiträge zur Militärgeschichte 53). Oldenbourg, München 1999. IX, 399 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Zum 1. 1. 1900 trat zwar im Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft und beendete viele Jahrhunderte gemeinen Rechts. Vermutlich viel unmittelbarer berührt hat den Einzelnen aber der zu einem ganz unfeierlichen Zeitpunkt begonnene erste Weltkrieg. Er trennt folglich auch stärker das 19. Jahrhundert vom 20. Jahrhundert als irgendein anderes Ereignis der Weltgeschichte.
Dementsprechend hat eine wissenschaftliche Untersuchung des Kriegsendes 1918 in Bezug auf Ereignis, Wirkung und Nachwirkung bedeutsames Gewicht. Der Herausgeber der Zeitschrift war auch sehr erfreut darüber, dass er für das Werk in Rainer Schröder rasch einen zeitgeschichtlichen, vielseitigen Sachkenner als Rezensenten fand. Nach vielen Jahren der Erinnerung muss er freilich einmal mehr der Erkenntnis Raum geben, dass der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach, und das Werk in wenigen Sätzen selbst anzeigen.
Ausgangspunkt ist die 40. internationale Tagung für Militärgeschichte bei Gelegenheit der 80jährigen Wiederkehr des Weltkriegsendes. Die dort vorgetragenen Erkenntnisse sind im vorliegenden Sammelband vereinigt. Dabei sind mit Blick auf das Kriegsgeschehen auch mentalitätsgeschichtliche und kunsthistorische Fragestellungen aufgegriffen.
In der Einleitung führt Jörg Duppler als Herausgeber in die Thematik ein, während Alexandre Adler sich mit dem europäischen Bürgerkrieg von 1815bis 1945 befasst und Bruno Thoß das Jahr 1918 in der neueren Weltkriegsforschung aufgreift. Danach werden die militärischen Operationen der Mittelmächte an der Westfront 1918 (Rüdiger Schütz, Dieter Storz, Wolfgang Etschmann) und die militärischen Operationen der Entente an der Westfront 1918 (Hew Strachan |
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| Krise, Reformen - und Finanzen. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806, hg. v. Kloosterhuis, Jürgen/Neugebauer, Wolfgang (= Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Neue Folge Beiheft 9). Duncker & Humblot, Berlin 2008. 346 S. Besprochen von Stephan Schuster. |
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Aus der Tagung der Preußischen Historischen Kommission und des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zu Berlin, die vom 6. bis zum 8. Oktober 2006 in den Räumen des Geheimen Staatsarchivs stattfand, ist eine lesenswerte Sammlung von Studien zur preußischen Finanzgeschichte erwachsen. Die zwölf Beiträge sind einerseits den Finanzen des Königreiches Preußen vor, während und nach der militärischen Katastrophe von 1806 gewidmet, andererseits zeigen sie Parallelen und Kontrapunkte in anderen deutschen Staaten auf. Gerade diese vergleichende Perspektive – der etwas zu enge (Unter-)Titel lässt dies zunächst nicht erwarten – macht einen besonderen Reiz des Sammelwerks aus. Der Leser erhält einen profunden Einblick in eine Thematik, deren Erforschung durch archivalische Kriegsverluste in besonderer Art und Weise erschwert ist (S. 11). Die Beschäftigung mit der Finanzgeschichte der so genannten „Sattelzeit“ offenbart, insbesondere in Bezug auf Preußen, dass die Geschichte alles andere als ausgeforscht ist. Der Band, der den ersten Teil einer Trilogie bildet, mit der die Preußische Historische Kommission und das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz an die Katastrophe Preußens von 1806 und die anschließende Wiederaufbau- und Modernisierungsphase erinnern, ist in fünf Abschnitte gegliedert: Den einleitenden Beiträgen der Herausgeber (S. 9ff.) folgt ein Kapitel über die „Ausgangsposition“ der Krise (S. 25ff.), das insbesondere dem finanzwissenschaftlichem Diskurs um 1800 und den finanziellen Dimensionen der preußischen Außenpolitik vor 1806 gewidmet ist. Im darauf folgenden Kapitel („Preußen um 1800“, S. 121ff.) gehen drei Autoren der Frage nach, we |
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| Kuklík, Jan/Skřejpková, Petra, Kořeny a inspirace velkých kodifikací. Příspěvek k aplikaci „Principů“ E. F. Smidaka. (Wurzeln und Inspiration der großen Kodifikationen. Ein Beitrag zur Applikation der „Prinzipien“ E. F. Smidaks). Juristische Fakultät der Karlsuniversität in Prag, Prag 2008. 198 S. Besprochen von Inge Bily. |
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Die vorliegende Arbeit Jan Kuklíks und Petra Skřejpkovás ist in erster Linie Hand- und Arbeitsbuch für Studenten, aber nicht nur. Der chronologisch gegliederte Band[1] gibt einen Einblick in die Rechtsgeschichte Tschechiens und Europas, nennt die wichtigsten Rechtstexte der behandelten Epochen und Gebiete und stellt exemplarisch jeweils auch Auszüge aus einer Reihe dieser Rechtstexte vor.
Unter der Überschrift „Dr. h.c. Emil Smidak und seine ,Prinzipien’“ ist den Kapiteln I-XXII ein Einleitungsteil (S. 7-13) von Karel Malý, dem Leiter des Projektes „Smidaks Prinzipien und das Recht“, vorangestellt. Das Schaffen wie auch die Person Emil Smidaks erfahren hier eine ausführliche Würdigung. Der am 13. August 1910 in Ostrava (Ostrau) geborene Tscheche E. F. Smidak, Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, ist der Gründer der Avenira Stiftung und war bis zu seinem Tode ihr Vorsitzender. Seine Lebenserfahrung und ganz besonders die davon nicht zu trennenden Erfahrungen aus seiner Arbeit in der Industrie wie auch als Manager veranlassten ihn, einige Prinzipien zu formulieren, die seiner Meinung nach neue Möglichkeiten für das Funktionieren der menschlichen Gesellschaft eröffnen. Zu diesen Prinzipien Smidaks gehören: das Prinzip von Aktion und Reaktion, das Prinzip von Macht und Verantwortung sowie das Prinzip von positiver Angst und der Wirkung des „Unbekannten“.
Kapitel I (S. 15-18) widmet sich dem - offensichtlich ganz weit gefassten - Begriff der Kodifikation. Dabei werden Beispiele unterschiedlicher Kodifikationen vorgestellt und auch die Wandlung von Kodifi |
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| Kuller, Christiane, Finanzverwaltung und Judenverfolgung. Die Entziehung jüdischen Vermögens in Bayern während der NS-Zeit (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 160). Beck, München 2008. XXXVIII, 266 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuller, Christiane, Finanzverwaltung und Judenverfolgung. Die Entziehung jüdischen Vermögens in Bayern während der NS-Zeit (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 160). Beck, München 2008. XXXVIII, 266 S. Besprochen von Werner Schubert. XXXVIII, 266 S.
Im Rahmen des Forschungsprojekts: „Die Finanzverwaltung und die Verfolgung der Juden in Bayern“ (hierzu oben S. ) befasst sich Kuller mit der Erfassung, Entziehung und Verwaltung des Vermögens der jüdischen Verfolgten durch den Fiskus vornehmlich ab November 1941. Nach § 1 der 11. Verordnung vom 25. 11. 1941 zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I 1941, S. 722) konnte ein Jude, „der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, […] nicht deutscher Staatsangehöriger sein“. Das Vermögen des Juden, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach dieser Verordnung verlor, verfiel mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit dem Reich (§ 3 Abs. 1 S. 1 der VO). Damit war die Tätigkeit der Finanzbehörden erheblich vereinfacht worden, da nunmehr nicht mehr die Entziehung der Staatsangehörigkeit aufgrund von Gesetzen aus dem Jahre 1933 für jeden Einzelfall bei der Innenverwaltung beantragt werden musste. Im Rahmen der sog. „Aktion 3“ hatten die Finanzbehörden das Vermögen der emigrierten Juden und der Deportationsopfer – im Herbst 1941 fuhren die ersten Deportationszüge aus bayerischen Städten in den Osten (vgl. S. 140) – zu erfassen und zu verwerten. Zu diesem Zweck wurde beim Oberfinanzpräsidium eine eigene Dienststelle für Vermögensverwertung für zehn Arbeitsgebiete geschaffen (S. 49ff.). Mit der Abwicklung vermögensrechtlicher Aufgaben erfüllten, so Kuller, die staatlichen Finanzbehörden eine „wesentliche Funktion im Gefüge der Deportationen“: „Denn die Durchführung der wirtschaftlichen Enteignung bildete einen finalen Akt, ohne den die Auslöschung der bürgerlichen Existenz der Juden unvollständig geblieben wäre“ (S. 209). Damit waren Finanzbeamte zu Handlangern einer Politik geworden, „die |
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| Kurland. Vom polnisch-litauischen Lehnsherzogtum zur russischen Provinz. Ausgewählte Dokumente zur Verfassungsgeschichte 1561-1795, hg. v. Oberländer, Erwin/Keller, Volker. Schöningh, Paderborn 2008. 331 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kurland. Vom polnisch-litauischen Lehnsherzogtum zur russischen Provinz. Ausgewählte Dokumente zur Verfassungsgeschichte 1561-1795, hg. v. Oberländer, Erwin/Keller, Volker. Schöningh, Paderborn 2008. 331 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das in den rigaischen Meerbusen ragende, im Norden von der Düna, im Süden von Schamaiten begrenzte Kurland war in den ersten bekannten Anfängen von baltischen Kuren bewohnt. 1267 gewann der Deutsche Orden das Land, das danach einen der fünf Teile der livländischen Konföderation bildete. 1561 nahm der letzte Landmeister des Schwertbrüderordens (Schwertritterordens) das Ordensgebiet südlich und westlich der Düna vom König von Polen als Herzogtum Kurland zu Lehen, wobei Polen freie Religionsausübung und deutsche Obrigkeit zugestand, und 1795 kam das Gebiet bei der Aufteilung Polens an Russland, 1918 an Lettland, 1939 an die Sowjetunion und 1991 nach Auflösung der Sowjetunion wieder an Lettland.
Dieses Herzogtum lag zwar außerhalb des Heiligen römischen Reiches. Es war aber gleichwohl überwiegen deutsch geprägt, weil Herzog, Adel und die Mehrheit der Bürger deutsch waren und sowohl der König von Polen wie auch der Zar Russlands die Privilegien des Adels sicherten. Die lettischen Bauern hatten demgegenüber trotz ihrer größeren Zahl keine politische Bedeutung.
Geprägt ist die Geschichte des Herzogtums von dem Ringen zwischen Herzog und Ritterschaft um die Herrschaft. Diese Auseinandersetzungen wurden zwar von Schweden, Polen und Russland beeinflusst, trotz ihrer Besonderheiten bisher in der Verfassungsgeschichte aber zu wenig beachtet. Diesem Mangel will die vorliegende, interessante Dokumentation abhelfen.
In ihr legen unter einer Stadtansicht Mitaus (1702/nach 1731) als der Hauptstadt des Herzogtums Kurland und Semigallien die beiden Herausgeber in einem kurzen Vorwort zunächst ihre Ziele und Grundsätze offen. Danach beschreibt Volker Keller das Herzogtum im 16. und 17. Jahrhundert. An |
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| Kurtz, Diana-Catharina, Das Institut der Adoption im preußischen Allgemeinen Landrecht und im französischen Code civil zwischen Rezeption römisch-rechtlicher Prinzipien und verändertem Familienverständnis (= Rechtshistorische Reihe 332) Lang, Frankfurt am Main 2006. 233 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kurtz, Diana-Catharina, Das Institut der Adoption im preußischen Allgemeinen Landrecht und im französischen Code civil zwischen Rezeption römisch-rechtlicher Prinzipien und verändertem Familienverständnis (= Rechtshistorische Reihe 332) Lang, Frankfurt am Main 2006. 233 S.
Die Arbeit ist die von Rudolf Meyer-Pritzl betreute, während der Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl des Doktorvaters entstandene, von der juristischen Fakultät der Universität Kiel 2006 angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie widmet sich einem Institut, das nach Ansicht der Verfasserin im Laufe der Jahrhunderte immer wieder im Mittelpunkt des gesellschaftlichen und damit auch des rechtlichen Interesses stand. Kaum ein anderes Rechtsinstitut habe zudem seit der Antike eine solche Vielfalt in der Anwendung aufgewiesen wie die Adoption.
Im Titel weist die Verfasserin selbst auf die Schwerpunkte ihrer Bearbeitung hin. Allerdings erfolgt die Anordnung im Text rein chronologisch. Nach einer kurzen Einleitung betrifft der zweite Teil die Adoption im römischen Recht. Der erste dritte Teil behandelt Grundlinien der Entwicklung vom frühen Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert (59ff.), der zweite dritte, mit einem fünften Abschnitt einsetzende Teil (89ff.) die Regelung der Adoption im allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 und dem Code civil von 1804, wonach der mit einem kurzen Ausblick schließende vierte Teil das Ergebnis darstellt.
Die römischrechtliche Entwicklung beginnt mit der frühen römischen Gesellschaft und ihrer adrogatio und ihrem testamentum calatis comitiis. Es folgt die Adoption zur Zeit der Republik, wobei der Ablauf des Verfahrens in mancipatio und emancipatio, remancipatio und in iure cessio gegliedert wird und die Unterschiede zwischen adrogatio und datio in adoptionem dargelegt werden. In der Kaiserzeit werden politisch motivierte Adoptionen besonders wichtig.
Die Grundlinien der Entwicklung vom |
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| Laband, Paul, Staatsrechtliche Vorlesungen. Vorlesungen zur Geschichte des Staatsdenkens, zu Staatstheorie und zum deutschen Staatsrecht des 19. Jahrhunderts, gehalten an der Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg 1872-1918, bearb. und hg. v. Schlüter, Bernd (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 67). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Laband, Paul, Staatsrechtliche Vorlesungen. Vorlesungen zur Geschichte des Staatsdenkens, zu Staatstheorie und zum deutschen Staatsrecht des 19. Jahrhunderts, gehalten an der Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg 1872-1918, bearb. und hg. v. Schlüter, Bernd (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 67). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Paul Laband wurde in Breslau am 24. Mai 1838 als Sohn eines jüdischen Arztes geboren. Während seines Studiums der Rechtswissenschaft an den Universitäten Breslau, Heidelberg und Berlin ließ er sich 1857 christlich taufen, was er jedoch lebenslang verschwieg. Nach der Promotion in Berlin (1858) und der Habilitation in Heidelberg (1861) wurde er 1864 außerordentlicher, 1866 (nach der Einleitung 1872) ordentlicher Professor in Königsberg, von wo aus er nach dem Übergang von Elsass-Lothringen von Frankreich an das Deutsche Reich (1871) 1872 (so auch die Einleitung) an die Universität Straßburg wechselte, an der er bis zu seinem (kinderlosen) Tode am 23. März 1918 verblieb.
Am Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn stand die Rechtsgeschichte, in der sich Laband mit dem Schwabenspiegel (1861), dem Magdeburg-Breslauer systematischen Schöffenrecht (1863), den vermögensrechtlichen Klagen nach den sächsischen Rechtsquellen des Mittelalters (1869) und Magdeburger Rechtsquellen (1869) befasste. Mit dem Budgetrecht nach den Bestimmungen der preußischen Verfassungsurkunde wandte er sich jedoch ab 1871 entschieden dem Staatsrecht der Gegenwart zu. Bald wurde er einer der bedeutendsten deutschen Staatsrechtler des 19. Jahrhunderts.
Es war dementsprechend nur folgerichtig, dass Laband auch Gegenstand rechtsgeschichtlicher Forschung wurde. Auf der Suche nach dem Nachlass Labands stieß Bernhard Schlink, wie er in seinem kurzen Geleitwort mitteilt, im Regional- und Departementalarchiv in Straßburg auf gedruckte Gutachten, die Laband als Mitglied des Staatsrats des Reichsla |
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| Lacey, Helen, The Royal Pardon. Access to Mercy in Fourteenth-Century England. York Medieval Press, York 2009. VIII, 260 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lacey, Helen, The Royal Pardon. Access to Mercy in Fourteenth-Century England. York Medieval Press, York 2009. VIII, 260 S.
Das Recht der Krone, Gnade walten zu lassen, gehört mit zu den wichtigsten Hoheitsrechten nicht nur eines mittelalterlichen Herrschers. Dennoch wurde diesem Aspekt, von der Studie Naomi D. Hurnards (The King’s Pardon for Homicide before AD 1307, Oxford 1969) einmal abgesehen, bislang relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Daher ist das hier zu besprechende Buch zu begrüßen, das sich mit den für Individuen, für Gruppen sowie für alle Untertanen ausgestellten königlichen Begnadigungsakten (pardons) unter Zuhilfenahme von normativen Texten, Parlamentsdebatten, Rechtstraktaten und literarischen Texten (wie Protestliteratur) beschäftigt.
Der erste Teil widmet sich den pardons, die sich nur auf eine bestimmte Person und den von dieser Person verübten Verbrechen und Vergehen bezogen, und die ohne Rücksprache mit dem König (de cursu, zum Beispiel bei Notwehr) oder - in ungewöhnlichen Fällen - nach Konsultation des Monarchen (de gratia) durch die Kanzlei in Form eines Patentbriefes (letter patent) ausgestellt wurden, und schildert die Rolle, die der Antragsteller, Befürworter (intercessors) und der König hierbei spielten. Circa 500 Petitionen, in denen um ein pardon gebeten wurde, sind für das 14. Jahrhundert erhalten (überliefert in London in The National Archives: Public Record Office, SC 8, alle zur Zeit noch kostenlos online einzusehen und herunterzuladen unter http://www.nationalarchives.gov.uk/documentsonline, unter „other records“ findet man die Ancient Petitions Henry III – James I). Da diese Bittschriften recht standardisiert waren, vermutet Lacey, dass sie von professionellen, in den Grafschaften tätigen Anwälten (county lawyers) verfasst wurden.
Die Rolle der Befürworter wurde in einem Statut aus dem Jahr 1353 näher definiert: Es wurde bestimmt, dass der Patentbrief den Grund für die Begnadigung u |
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| Lampe, Kirsten, Human Rights in the Context of EU Foreign Policy and Enlargement (= Nomos Universitätsschriften Recht 488). Nomos, Baden-Baden 2007. 263 S. Besprochen von Dieter Kugelmann. |
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Menschenrechte als Wertegrundlagen sind ein elementarer Teil der Außenpolitik der Europäischen Union. Aufgrund der einschlägigen Rechtsnormen (Art. 6, 49 EU-Vertrag) spielen sie eine erhebliche Rolle beim Beitritt neuer Staaten zur Union. Die Arbeit Lampes versucht auf knappem Raum nicht nur die normativen Grundlagen der Menschenrechte in der EU auf 60 Seiten zu skizzieren, sondern ihre Rolle in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf 40 Seiten darzulegen, um sich dann dem besonderen Bereich des Minderheitenschutzes zuzuwenden. Ohne dass sich dies aus dem Titel ergibt, liegt hier der besondere Fokus der Arbeit. Die rechtlichen und politischen Grundlagen des Minderheitenschutzes werden geschildert (70 Seiten) und in der Folge auf die am 1. Mai 2004 beigetretenen Staaten Estland, Litauen, Slowakei und Slowenien projiziert (40 Seiten). Dieses umfassende Konzept ist gescheitert. Die allgemeinen Erläuterungen kommen oftmals über Andeutungen nicht hinaus, die Anwendungsteile haben überwiegend rein darstellenden Charakter. Der wissenschaftliche Ertrag bleibt gering. Zudem stellt Lampe dem Ganzen noch einen knapp zwanzigseitigen konzeptionellen Teil voran, der die politischen Konzeptionen zur Erklärung der Europäischen Union anreißt. Die Arbeit trägt insgesamt teils politikwissenschaftlichen, teils rechtlichen Charakter. Das wäre unschädlich und als interdisziplinärer Ansatz tragbar, wenn sie sich für einen Schwerpunkt entscheiden könnte, an dem die wissenschaftliche Vertiefung deutlich wird. Stattdessen gibt Lampe Überblicke. Ihre Fähigkeit, komplexe Sachfragen kurz und prägnant darzustellen, ist beeindruckend. An einzelnen Stellen sind Ansätze erkennbar, die einen Ausbau verdient gehabt hätten, etwa zum Minderheitenschutzsystem des Europarates. Der Ge |
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| Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich, hg. v. Gehringer, Horst/Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. VII, 268 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich, hg. v. Gehringer, Horst/Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2008. VII, 268 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Der Sammelband vereinigt die Referate der Tagung „Landesordnung und Gute Policey in Bayern, Salzburg und Österreich“ vom 3./4. Juni 2005 in Mühldorf/Inn. Das Vorwort begründet die Einbeziehung Salzburgs mit dem Tagungsort, dem bis 1802 salzburgischen Mühldorf. Damit wurde aber in glücklicher Weise ein nahezu gemeinsamer Rechtsraum angesprochen wie dies etwa das Formularbuch eines Johann Neuhofer von 1550 charakterisiert mit seinem Titel „Formular allerlai gemainer Contractbrief vnd andrer Schrifften, im Stift Salzburg, Land zu Bayrn und Oesterreich gebreichig“. Gegenseitige Wahrnehmung in der Gesetzgebung insbesondere durch die wirtschaftliche Nachbarschaft bezeugt übrigens der Beitrag von Michael Nadler über die Tabakbesteuerung in Bayern und Salzburg. Auch Peter Landau behandelt einen punktuellen Regelungskomplex, nämlich die eheliche Gütergemeinschaft im Bamberger Landrecht von 1769 mit Ausblicken zur Gütergemeinschaft im Deutschen Privatrecht bis zum BGB. Die übrigen Beiträge beschäftigen sich mit allgemein-legistischen Fragen. Martin P. Schennach beleuchtet das Verhältnis von Gewohnheitsrecht, Einzelgesetzgebung und Landesordnungen in Tirol in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Christian Neschwara den landständischen Einfluss auf die im wesentlichen Projekt gebliebene Landesordnung für Österreich unter der Enns 1654 (von ihm auf 1650 datiert), Josef Pauser die niederösterreichischen Policeyordnungen 1542 und 1552, Wolfgang Wüst untersucht die Landes- und Polizeigebote im bayerischen Reichskreis und Manfred Peter Heimers im Wesentlichen die Polizeigesetzgebung der Kaiserlichen Administration Kurbayerns von 1704 bis 1714. Stefan Breit ergänzt die in den genannten Beiträgen vor |
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| Langensteiner, Matthias, Für Land und Luthertum. Die Politik Herzog Christophs von Württemberg (1550-1568) (= Stuttgarter Historische Forschungen 7). Böhlau, Köln 2008. IX, 479 S. Besprochen von Dietmar Heil. |
Ganzen Eintrag anzeigen Langensteiner, Matthias, Für Land und Luthertum. Die Politik Herzog Christophs von Württemberg (1550-1568) (= Stuttgarter Historische Forschungen 7). Böhlau, Köln 2008. IX, 479 S. Besprochen von Dietmar Heil.
Die Erforschung des Alten Reiches im Konfessionellen Zeitalter machte in den letzten dreißig Jahren beträchtliche Fortschritte. Über den Aspekt der Religion hinaus wurde dieser eigentümliche „Staat“ mit seinen Institutionen und Mechanismen untersucht. Eher vernachlässigt wurde indessen die ständische Reichspolitik als Gelenk zwischen Territorium und Reich. Moderne Monographien zu maßgeblichen Figuren wie Kurfürst August von Sachsen oder Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz sind immer noch ein Forschungsdesiderat. Matthias Langensteiner hat mit seiner Untersuchung über die Politik Herzog Christophs von Württemberg (1550-1568) in diesem Sinne eine wichtige Lücke geschlossen.
Methodische Grundlage der Arbeit ist der parallel von Rudolf Vierhaus und Albrecht Luttenberger entwickelte Ansatz von Handlungsspielraum und Handlungsraum als Erklärungsmuster für politisches Handeln. Der epistemologische Anspruch an dieses Interpretationskonzept lautet, „alle handlungsregulierenden Elemente (zu) berücksichtigen, die ideell, mental oder personal bestimmt sind“, gleichzeitig jedoch für die „Beschreibung struktureller Gegebenheiten“ offen zu sein (S. 7). Im Zentrum der Untersuchung steht deshalb die „Konstruktion und Konsistenz des Handlungsraums württembergischer Politik unter Herzog Christoph“ (S. 10). Angesichts der Komplexität politischer Handlungsräume ergibt sich in der wissenschaftlichen Praxis allerdings die Notwendigkeit der Beschränkung auf diejenigen Aspekte mit der größten Relevanz. Der Autor fokussiert seine Analysen unter dieser Prämisse völlig plausibel auf a) die Doppelorientierung Württembergs als Reichsstand und Mitglied einer Konfessionspartei, b) die Wechselwirkung von konfessioneller Festigung des eigenen T |
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| Laufs, Adolf/Katzenmeier, Christian/Lipp, Volker, Arztrecht, 6. Auflage (= NJW Praxis 29). Beck, München 2009. XXIV, 531 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Während der erste Arzt der Welt völlig unbekannt ist, arbeitet in Deutschland in der Gegenwart jeder 266. Mensch als Arzt. Daran lässt sich leicht die große Bedeutung der Krankheit und Gesundheit, des Arztes und der Medizin in der modernen Gesellschaft samt ihrer außerordentlichen Entwicklung ermessen. Mit ihr haben sich auch zahlreiche Rechte und Pflichten des Arztes gebildet, die anscheinend 1938 erstmals in einem Buch mit dem Titel Arztrecht zusammengefasst wurden.
Bekannt hat dieses Wort aber eigentlich erst Adolf Laufs werden lassen. Er hat 1977 als dogmatisch interessierter, aber die Rechtsgeschichte erfreulicherweise nicht zu Gunsten von Gutachten aufgebender Rechtshistoriker das wohl erfolgreichste Werk dieses wichtigen Rechtsgebiets verfasst. Dessen fünfte Auflage ist nach dem Vorwort mit dem Autor in die Jahre gekommen, so dass er sich über die Mitwirkung jüngerer, tatkräftiger Kollegen freut, die das Buch auch über die sechste Auflage hinaus fortführen werden.
Vorangestellt ist dem Werk der hippokratische Eid. Auch in deutscher Übersetzung ist er ein historisches Dokument von besonderem Rang. Vielleicht schon Millionen oder zumindest noch Millionen von Ärzten weist er den sicheren Weg durch die nicht in jeder Hinsicht heile Welt.
Im Übrigen beschränkt sich das Buch naheliegenderweise auf die Dogmatik. Seine Bearbeiter behandeln Wesen und Inhalt des Arztrechts, ärztliches Berufsrecht, Ärztevertrag, ärztliche Hilfspflicht, Aufklärungspflicht und Einwilligung, Transplantation, Transfusion, Sektion, Intensivmedizin, Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch, Sexualmedizin, Fortpflanzungsmedizin, Genmedizin, Berufsgeheimnis, Dokumentation, Arztfehler, Haftpflicht, Passivlegitimation, Beweisrecht, Sachverständigentätigkeit, Heilversuch und medizinische Forschun |
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| Laufs, Adolf/Mahrenholz, Ernst Gottfried/Mertens, Dieter/Rödel, Volker/Schröder, Jan/Willoweit, Dietmar, Das Eigentum an Kulturgütern aus badischem Hofbesitz, red. v. Butters, Johanna/Furtwängler, Martin (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 172). Kohlhammer, Stuttgart 2008. LXVIII, 343 S., 1 Taf., CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Während in Württemberg seit dem frühen 19. Jahrhundert die Trennung des Vermögens des Staates vom Vermögen des regierenden, 1918 abgelösten Königshauses in mehreren Schritten in umfassender Weise mit eindeutigen Ergebnissen durchgeführt wurde, unterblieben im benachbarten Großherzogtum Baden vergleichbare Maßnahmen. Der Text der Verfassung des Jahres 1818 löste unterschiedliche Auslegungen der Domänenfrage aus und auch der Auseinandersetzungsvertrag der Republik Baden mit dem Hause Baden im Jahr 1919 schuf keine Klarheit über das Eigentum an zahlreichen Beständen und Gegenständen der verschiedenen Sammlungen. Aus diesem Grunde ergaben sich viele Fragen, als im Jahre 2004 das Haus Baden an die das Land Baden mit Württemberg verschmolzen fortführende Landesregierung Baden-Württembergs mit dem Verlangen auf Klärung des Eigentumsrechts herantrat.
Angesichts der damit verbundenen Schwierigkeiten berief das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württembergs eine Expertenarbeitsgruppe Eigentumsfragen Baden. Sie wurde am 29. 11. 2006 beauftragt, eine umfassende Klärung der Eigentumslage bei den ursprünglich vom erwogenen Vergleich der Beteiligten umfassten Kulturgütern vorzunehmen. Ihr gehörten Juristen und Historiker an, die als hervorragende Sachkenner nach einem Jahr intensiver Forschungen am 18. 12. 2007 ihr Gutachten erstatteten, das die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg im Druck und ergänzend als inhaltsgleiche elektronische Datei(en) auf Compact Disc vorlegte.
Im Eingang stel |
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| Le carte bolognesi del secolo XI, a cura di Feo, Giovanni. Note topografico-storiche sui documenti bolognesi del secolo XI, a cura di Fanti, Mario, 2 Bände, Appendice a cura di Modesti, Maddalena, Indici a cura di Siciliano, Luigi/Parmeggiani, Ricardo. (= Fonti per la storia dell’Italia medievale. Regesta chartarum 53, 1-3). Istituto storico italiano per il medio evo, Rom 2001, 2005. LXVIII, 1-444, 445-939, II, 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Nach bisherigem allgemeinem Wissen begann die heutige europäische Rechtswissenschaft auf der Grundlage des antiken römischen Rechts am Ende des 11. Jahrhunderts in Bologna. Ob die Universität dabei genau im Jahr 1057 oder 1088 aus dem Nichts entstand oder ob sie sich eher in einem gestreckten Vorgang ganz allmählich bis gegen 1150 zu einer dauerhaften Einrichtung entwickelte, wird sich vielleicht niemals wirklich klären lassen. Davon abgesehen ist die Stadt Bologna im elften Jahrhundert als Wiege einer neuen Rechtskultur in jedem Fall von besonderem Interesse.
Aus diesem Grunde verdient die Edition der Bologneser Urkunden des 11. Jahrhunderts durch Giovanni Feo einen besonderen, wenn auch bereits leicht verpäteten Hinweis. Vorangestellt ist ihr eine die Vorarbeiten Giorgio Cencettis gebührend ehrende Einführung. Dem folgen topographisch-historische Bemerkungen Mario Fantis, an welche die konkreten Bemerkungen zu (vielen von 472) einzelnen Dokumenten angeschlossen sind.
Die Ausgabe selbst setzt mit einer erheblich beschädigten Urkunde über eine Erbpacht vom 17. November 999 (paina enfiteosin) ein. In ihr gibt Adalbert, Sohn eines verstorbenen Gerard, zwei Stücke Bauland (terra laboratoria) bei S. Maria di Montecerere an Blanco und seine Frau Albiza. Der urkundende Notar ist unbekannt.
Von diesem Zeitpunkt an fließen die Dokumente ununterbrochen während des gesamten Jahrhunderts. Das 29. Dokument stammt vom 28. Februar oder März 1026, das 66. frühestens vom 10. Oktober 1 |
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| Legalität, Legitimität und Moral. Können Gerechtigkeitspostulate Kriege rechtfertigen? hg. v. Bruha, Thomas/Heselhaus, Sebastian/Marauhn, Thilo (= Jus internationale et Europaeum 24). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. VIII, 263 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen Legalität, Legitimität und Moral. Können Gerechtigkeitspostulate Kriege rechtfertigen? hg. v. Bruha, Thomas/Heselhaus, Sebastian/Marauhn, Thilo (= Jus internationale et Europaeum 24). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. VIII, 265 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Die hier versammelten, elf Aufsätze sind, wie sich der vorangestellten „Danksagung“ entnehmen lässt, aus Diskussionen hervorgegangen, die „im Umfeld des 70. Geburtstags“ Heinhard Steigers (Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht), Justus-Liebig-Universität Gießen, von Schülern und Freunden unter Beteiligung des Jubilars geführt wurden. Im Zentrum der Beiträge steht die Frage, ob von Staaten ausgeübte, militärische Gewalt ohne Autorisierung durch die Vereinten Nationen moralisch gerechtfertigt werden kann. Mehrere Aufsätze sind explizit völkerrechtsgeschichtlichen Themen gewidmet, andere weisen zumindest historische Aspekte auf. Die Autoren sind überwiegend Völkerrechtler, aber auch zwei Politikwissenschaftler, ein Soziologe und ein Theologe sind beteiligt. Die mit den Beiträgen verbundene Absicht ist, den „interdisziplinären Dialog“ zu fördern.
In dem Aufsatz: „Gerechtigkeit als Grundlage einer internationalen Ordnung? Anmerkungen zu John Rawls“ (S. 1ff.) widmet sich Mark Arenhövel dem dritten, großen Werk des US-amerikanischen Philosophen John Rawls (1921-2002), das dieser nach „A Theory of Justice“ (1971) und „Political Liberalism“ (1993) veröffentlicht hat, „The Law of Peoples“ (1999), und gelangt zu dem Schluss, Rawls sei zwar einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, für das 21. Jahrhundert komme das „Recht der Völker“ aber zu spät – weil es einem Denken in der Kategorie von Nationalstaaten verhaftet bleibe und transnationale oder supranationale Konstellationen kaum in Erwägung ziehe. Gerhard Beestermöller geht in dem Beitrag: „Thomas von Aquin: Die Idee des ‚gerechten Krieges’ als Friedensethik?“ (S. 25ff.) der Frage nach, ob die Lehre vom gere |
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| Leupolt, Söhnke, Die rechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts (= Juristische Schriftenreihe 222). Lit-Verlag, Münster 2003. 264 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Leupolt, Söhnke, Die rechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts (= Juristische Schriftenreihe 222). Lit-Verlag, Münster 2003. 264 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die 2003 in Köln angenommene Dissertation des als Rechtsanwalt für Ausländerrecht, Hochschulrecht und Strafrecht tätigen Verfassers, der sich nach dem Untergang der Deutschen Demokratischen Republik die Frage stellt, wie Deutschland auf das staatliche Unrecht der Deutschen Demokratischen Republik reagieren kann und soll. Wegen der Bedeutung dieser Thematik konnte rasch ein sachkundiger Referent gewonnen werden. Da allerdings die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht gelang, muss der Herausgeber das Werk selbst in einigen Sätzen anzeigen.
Gegliedert ist die Arbeit nach einer kurzen, Untersuchungsgegenstand, Fragestellung, Radbruchsche Formel (ein Richter hat sich im Konflikt zwischen dem positiven [gesetzten] Recht und der Gerechtigkeit immer dann und nur dann gegen das Gesetz und für die materielle Gerechtigkeit zu entscheiden, wenn das fragliche Gesetz entweder als unerträglich ungerecht anzusehen ist oder die im Begriff des Rechts grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen aus Sicht des Interpreten bewusst verleugnet, 1946) und den Gang der Untersuchung vorstellenden Einleitung in drei Kapitel. Im ersten Kapitel sucht der Verfasser nach der Rechtswirklichkeit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Dabei betrachtet er das gesellschaftlich-politische System (Staat und Partei, Recht, Sozialismus) und Fallgruppen typischen Unrechts (Grenzregime, politische Justiz, Maßnahmen des Ministeriums für Staatsicherheit, Enteignung, Wirtschaftsunrecht, Staatsdoping und Wahlfälschung). Im zweiten Kapitel erörtert er die außerstrafrechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts in Hinsicht auf die Personalpolitik, die Institutionen und die Rehabilitierung, die Aufarbeitung durch Strafrecht unter Berücksichtigung der menschenrechtsfreundlichen Auslegung des B |
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| Lieven, Jens, Adel, Herrschaft und Memoria. Studien zur Erinnerungskultur der Grafen von Kleve und Geldern im Hochmittelalter (1020 bis 1250) (= Heresbach-Stiftung Kalkar 15). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008. 237 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lieven, Jens, Adel, Herrschaft und Memoria. Studien zur Erinnerungskultur der Grafen von Kleve und Geldern im Hochmittelalter (1020 bis 1250) (= Heresbach-Stiftung Kalkar 15). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008. 237 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Dieter Geuenich betreute, im Wintersemester 2005/2006 unter dem Titel Memoria und adliges Selbstverständnis im Text territorialer Konsolidierung vorgelegte Dissertation des Verfassers. Er leitet mit der Sentenz magna est vis memoriae knapp in den Gegenstand ein. Intensivierung und territoriale Verdichtung der Herrschaft bilden angesichts der Allianz zwischen Herrschaft und Gedächtnis den komplementären Rahmen für das zentrale Anliegen, Memoria zunächst als ein soziales Konstrukt, welches durch Kommunikation und Interaktion im Rahmen sozialer Gruppen erzeugt wird, am Beispiel der Grafen von Kleve und Geldern näher zu beleuchten und dieses Konstrukt als ein vom herrschaftlichen Verdichtungsprozess des 11. bis 13. Jahrhunderts nicht zu trennendes Phänomen zu verstehen, was bisher in der rheinischen Landesgeschichte unterblieben war.
Die Untersuchung gliedert der Verfasser in fünf Abschnitte. Er beginnt mit den Vorfahren der Grafen von Kleve und Geldern (Gerhard und Rutger aus dem Umkreis der lothringischen Pfalzgrafen) in Historiographie und urkundlicher Überlieferung des 11. Jahrhunderts. Dabei stellt er die Lebensbeschreibung des Priesters Ailbert (Annales Rodenses, bald nach 1152/1153) den Urkunden voran.
Danach betrachtet er die Stammburgen Kleve und Geldern im Lichte der Archäologie. Er ermittelt die ersten Ansätze zum Aufbau gebietsbezogener Adelsherrschaft um 1100. Mittels der Stifte Wassenberg (1118) und Wissel verbindet er die Adelsherrschaft mit dem liturgischen Totengedenken, mittels der Grablegen Kamp und Bedburg patrimonium und liturgische memoria im 12. Jahrhundert.
Während der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgt |
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| Lindner, Anna, 100 Jahre Frauenkriminalität. Die quantitative und qualitative Entwicklung der weiblichen Delinquenz von 1902 bis 2002 (= Würzburger Schriften zur Kriminalwissenschaft 22). Lang, Frankfurt am Main 2006. XXII, 289 S., zahlr. Tab. und Graf. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lindner, Anna, 100 Jahre Frauenkriminalität. Die quantitative und qualitative Entwicklung der weiblichen Delinquenz von 1902 bis 2002 (= Würzburger Schriften zur Kriminalwissenschaft 22). Lang, Frankfurt am Main 2006. XXI, 289 S., zahlr. Tab. und Graf. Besprochen von Heinz Müller-Dietz.
Die Würzburger Dissertation hat ein Thema zum Gegenstand, das in dieser umfassenden Form, soweit ersichtlich, bisher noch nicht bearbeitet worden ist. Die Entwicklung der Frauenkriminalität in Deutschland hat zwar, was verschiedene Phasen, Erscheinungsformen und Erklärungsansätze angeht, zunehmend wissenschaftliche Beachtung gefunden. Doch ist die Verlaufsstruktur über den Zeitraum von einem ganzen Jahrhundert (1902-2002) zuvor noch nicht dargestellt und analysiert worden. Andrea Lindner hat dieses Unternehmen vornehmlich auf statistischer Grundlage in Angriff genommen. Dabei hat sie die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), die jeweils die Tatverdächtigen und deren mutmaßliche Delikte ausweist, und die Strafverfolgungsstatistik (StVStat), welche die gerichtlichen Verurteilungen und Aburteilungen erfasst, zugrunde gelegt. In die Interpretation des umfangreichen Datenmaterials, das die Entwicklung der Gesamtheit der Frauenkriminalität sowie der Delikts- und Altersstruktur im Zeitablauf wiedergibt, hat sie den bisherigen einschlägigen Diskussionsstand einbezogen. Eine vertiefte Gesamtdarstellung weiblicher Kriminalität im Untersuchungszeitraum, die sämtliche Aspekte erfasst, ist ersichtlich nicht das Ziel der Studie gewesen.
Freilich unterliegt die empirische Aussagekraft der von der Verfasserin erhobenen Befunde sowohl in quantitativer als auch in quantitativer Hinsicht nicht unerheblichen Einschränkungen - mit denen sie sich denn auch im Einzelnen auseinandersetzt. Kriminalstatistiken spiegeln keineswegs das wahre Ausmaß der Kriminalität und ihres Zuschnitts wider. Allein schon aufgrund des Dunkelfeldes bleibt den Strafverfolgungsbehörden eine nach |
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| Linka, Katharina, Mord und Totschlag (§§ 211-213 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870 (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 3, Band 29). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2009. XVI, 281 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Gabriele Zwiehoff unterstützte, von Thomas Vormbaum eröffnete, im November 2007 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Fernuniversität Hagen angenommene Dissertation der am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und juristische Zeitgeschichte der Universität tätigen Verfasserin. Sie steht im Rahmen des umfassenderen Vorhabens der Materialien zu einem historischen Kommentar des modernen deutschen Strafgesetzbuchs. Dementsprechend hat sie bereits eine Reihe von Vorbildern und Parallelen.
Gegliedert ist sie in drei Teile. Davon legt der erste Teil zunächst sachlich den Grund, indem er die Probleme und Methoden erörtert und dahei auf den Forschungsstand, die Fragestellungen und die Darstellungsweise aufmerksam macht. Historisch geht die Verfasserin vom deutschen Partikularrecht aus und stellt dafür das bayerische Strafgesetzbuch von 1813, das preußische Strafgesetzbuch von 1851 sowie ergänzend das österreichische, sächsische, badische und braunschweigische Strafrecht des 19. Jahrhunderts vor.
Im Hauptteil beginnt die Verfasserin mit dem Reichsstrafgesetzbuch und seinen drei Entwürfen. Danach betrachtet sie die Initiativen bis zum Beginn der Strafrechtsreform Im Mittelpunkt stehen dabei Franz von Liszt und die Reaktion Wachenfelds.
Mit dem Vorentwurf von 1909 setzt die Strafrechtsreform ein. Ihm folgt der Gegenentwurf von 1911. Der Entwurf der Strafrechtskommission von 1913 bleibt infolge des Ausbruchs des ersten Weltkriegs zunächst ohne Erfolg.
In der Weimarer Republik werden die Arbeiten wieder aufgenommen. Insgesamt werden 1919, 1922, 1925, 1927 und 1930 Entwürfe vorgelegt. Sie führen allerdings zu keinem abschließenden Ergebnis, wo |
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| Linksliberalismus in Preußen. Die Sitzungsprotokolle der preußischen Landtagsfraktion der DDP und DStP 1919-1932, eingeleitet und bearb. v. Stalmann, Volker (= Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Dritte Reihe Die Weimarer Republik Band 11), Halbband 1 März 1919 bis Dezember 1922, Halbband 2 Januar 1923 bis März 1932. Landtagsfraktion der Deutschen Demokratischen Partei und der Deutschen Staatspartei 1919-1932. Droste, Düsseldorf 2009. CXL, 1-616, VIII, 617-1307 S. Bespr |
Ganzen Eintrag anzeigen Linksliberalismus in Preußen. Die Sitzungsprotokolle der preußischen Landtagsfraktion der DDP und DStP 1919-1932, eingeleitet und bearb. v. Stalmann, Volker (= Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Dritte Reihe Die Weimarer Republik Band 11), Halbband 1 März 1919 bis Dezember 1922, Halbband 2 Januar 1923 bis März 1932. Landtagsfraktion der Deutschen Demokratischen Partei und der Deutschen Staatspartei 1919-1932. Droste, Düsseldorf 2009. CXL, 1-616, VIII, 617-1307 S. Besprochen von Werner Schubert.
Die Deutsche Demokratische Partei (DDP) spielte wegen ihrer Beteiligung an allen preußischen Kabinetten – auch in den meisten Reichskabinetten war sie vertreten – eine wichtige Rolle bei der Republikanisierung Preußens, das sich in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem „Vorbild demokratischer Stabilität und zum Bollwerk der Demokratie entwickelte“ (S. XI). Die DDP verfügte im preußischen Landtag zunächst über 75 Sitze (16,2% der Abgeordneten), verlor jedoch seit 1921 kontinuierlich an Zustimmung (1921: 26 Sitze [6,1%], 1928: 21 Sitze [4,4%] und 1932 2 Sitze [1,5%] nach der Umbenennung der Partei in: „Deutsche Staatspartei“). Auch heute noch bekannte Mitglieder der DDP-Landtagsfraktion waren Hugo Preuß (gest. 1925) und Höpker Aschoff (von 1925-1931 Finanzminister; von 1951-1954 Präsident des Bundesverfassungsgerichts). Die Fraktion repräsentierte vornehmlich das protestantische Bildungsbürgertum. Bemerkenswert ist der relativ hohe Anteil der jüdischen Abgeordneten; in der Anfangszeit der Weimarer Republik stimmten fast zwei Drittel der jüdischen Wahlberechtigten für die DDP (S. XVII). Die Edition macht die über 800 Sitzungsprotokolle der preußischen Landtagsfraktion – diejenigen der Reichstagsfraktion sind verschollen (S. CIX) – zugänglich, nachdem bereits 1980 L. Albertin und K. Wegner die Sitzungsprotokolle der Führungsgremien der DDP herausgegeben hatten. Die Kommentierung der meist knappen, mitunter st |
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| Löhr, Diana, Zur Mitwirkung der Laienrichter im Strafprozess. Eine Untersuchung über die rechtsgeschichtliche und gegenwärtige Bedeutung der Laienbeteiligung im Strafverfahren (= Studien zur Rechtswissenschaft 219). Kovač, Hamburg 2008. XIII, 353 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Löhr, Diana, Zur Mitwirkung der Laienrichter im Strafprozess. Eine Untersuchung über die rechtsgeschichtliche und gegenwärtige Bedeutung der Laienbeteiligung im Strafverfahren (= Studien zur Rechtswissenschaft 219). Kovač, Hamburg 2008. XIII, 353 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz.
Seit einiger Zeit ist der Diskurs über die Gründe und die Legitimation der Laienbeteiligung im Strafprozess verstärkt in Gang gekommen. Dabei ist gerade die rechtsgeschichtliche Frage von einiger Bedeutung, ob und inwieweit die Argumente, die - namentlich im 19. Jahrhundert - zur Mitwirkung von Geschworenen und Schöffen an der Hauptverhandlung in Strafsachen in Deutschland geführt haben, in der heutigen Situation noch tragfähig sind und jenes Institut noch zu rechtfertigen vermögen - oder ob zu dessen Beibehaltung neue Gesichtspunkte herangezogen werden müssen. Diana Löhr geht dieser Problematik in ihrer Kölner Dissertation (2007) auf der Grundlage einer rechtsgeschichtlichen Darstellung nach, die dann - in ihrem zweiten Teil - in eine detaillierte Analyse der gegenwärtigen deutschen Rechtslage mündet.
Im historischen Teil, der von der germanischen Zeit bis zu den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts reicht, hat sich die Verfasserin weitgehend auf (straf-)rechtsgeschichtliche Gesamtdarstellungen und Quellenstudien gestützt. Den Schwerpunkt ihrer Untersuchung haben - was angesichts der Rechtsentwicklung nicht weiter überraschen kann - vor allem das 19. und das 20. Jahrhundert gebildet. Für die germanische Zeit hat Löhr als Element der Beteiligung des Volkes an der Gerichtsbarkeit die Volksversammlung des Things in Anspruch genommen. Ein Wandel hat dann bereits zu Beginn der fränkischen Zeit eingesetzt. In zunehmendem Maße traten mit der Wahrnehmung des Richteramtes betraute Amtsträger an die Stelle der Volksrichter. Am Ausgang des Mittelalters war das volkstümliche Element aus der Rechtspflege weitgehend verbannt. Charakteristisch für diese Entwicklung |
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| Longerich, Peter, Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008. 1035 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Longerich, Peter, Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008. 1035 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Im Jahr 2000 hat Johannes Tuchel aus Anlass einer von ihm selbst erstellten biographischen Skizze zu Leben und Wirken Heinrich Himmlers eine wissenschaftliche Biographie als „ein Desiderat der Forschung“ eingemahnt. Nun, immerhin acht Jahre später, hat Peter Longerich mit dem vorliegenden voluminösen Band diese Lücke geschlossen.
Das mag einigermaßen erstaunen, ist doch der Reichsführer-SS nach Adolf Hitler zweifellos jener Exponent des Dritten Reiches, dessen Wirken die Ideologie und die politische Realität des nationalsozialistischen Herrschaftssystems am stärksten geprägt hat. Der totalitäre Maßnahmenstaat ist ebenso untrennbar mit seinem Namen verknüpft wie das Konzept eines rassistischen Imperialismus, das mit der Ermordung von Millionen von Menschen einherging. Weshalb also dieser späte Zugang?
Longerich selbst schreibt in seinem Dankwort (S. 771), er habe die letzten zehn Jahre an dem Buch gearbeitet. Diese extensive Genese ist dem Werk in jeder Hinsicht gut bekommen. Denn neben der Nutzung der einschlägigen deutschen und US-amerikanischen Archive konnte der Verfasser vor allem auch auf ungedrucktes Quellenmaterial aus Moskauer Beständen zurückgreifen; dazu kommt eine genaue Beschäftigung mit dem erst 1999 veröffentlichten Dienstkalender Himmlers, der für die entscheidenden Jahre 1941/42 nicht nur als Itinerar, sondern auch in thematischer Hinsicht von wesentlicher Bedeutung ist. Der Zugriff auf diese Basis war den Verfassern älterer Skizzen (wie Frischauer 1953; Wulf 1960; Fest 1963; Fraenkel/Manvell 1965; Höhne 1967; Padfield 1990; Breitman 1996) noch verwehrt.
Gestützt auf ein solides Materialfundament entwickelt Peter Longerich seine Arbeit in einer Weise, die in ihrer Verschränkung des Persönlichen mit den entscheidenden zeitgenössischen politischen Entwicklungen nur als mustergültig bezeic |
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| Lorentzen, Tim, Johannes Bugenhagen als Reformator der öffentlichen Fürsorge (= Spätmittelalter, Humanismus Reformation 44). Tübingen 2008, XII, 536 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lorentzen, Tim, Johannes Bugenhagen als Reformator der öffentlichen Fürsorge (= Spätmittelalter, Humanismus Reformation 44). Tübingen 2008, XII, 536 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Harry Oelke von Anfang an emphatisch geförderte, im Sommersemester 2007 von der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität München angenommene Dissertation des 1973 geborenen und nach dem Studium der Theologie und Germanistik mit Philosophie und Pädagogik in Kiel und Greifswald als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Kirchengeschichte der evangelisch-theologischen Fakultät in München tätigen Verfassers. Sie steht unter dem Martin Luthers letzten Zettel entnommenen Motto: Wir sind Bettler: hoc est verum. Dass einige seiner früheren Kommilitonen die Emigration wählten, um dort ihrem Pfarrberuf nachgehen zu können, weil es für sie, wie für Millionen anderer Menschen, kaum Aussicht auf einen guten Arbeitsplatz in Deutschland gab und die Gefahr plötzlicher Erwerbslosigkeit und sozialen Abstiegs drohte, durchdrang wie die heftigen Debatten über prekäre Lagen in den Unterschichten und die anhaltende Suche nach Auswegen aus der neuen Armut seine Studien in Dankbarkeit für die Arbeitsbedingungen eines Münchener Universitätsassistenten.
Über die Jugend der auf dieser gegenwärtigen Grundlage ins Auge gefassten, am 24. 6. 1485 geborenen Persönlichkeit ist nur wenig bekannt. Am 24. 1. 1502 immatrikulierte sich der Sohn eines Ratsherren aus Wollin an der Universität Greifswald zum Studium der freien Künste. Im Sommer 1504 verließ er die Universität ohne akademischen Abschluss, wurde wenig später Lehrer an der Stadtschule von Treptow an der Rega, lehrte Latein und legte ohne theologisches Studium die Bibel aus. 1509 wurde er Priester und Vikar an der Marienkirche in Treptow, 1517 Lektor im Kloster Belbuck.
Nach der Abfassung der ersten zusammenhängenden Darstellung der Geschichte Pommerns im Auftrag Herzog Bogis |
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| Lübbe, Hermann, Vom Parteigenossen zum Bundesbürger - über beschwiegene und historisierte Vergangenheiten. Fink, München 2007. 143 S. Besprochen von Hans-Michael Empell. |
Ganzen Eintrag anzeigen EmpellLübbevomparteigenossen20090614 Nr. 12791 ZRG GA 127 (2010) 73
Lübbe, Hermann, Vom Parteigenossen zum Bundesbürger - über beschwiegene und historisierte Vergangenheiten. Fink, München 2007. 143 S. Besprochen von Hans-Michael Empell.
Im Jahre 1983 hielt der Philosoph Hermann Lübbe einen Vortrag, in dem er die These vertrat, das Verhältnis der Deutschen zum NS-Regime nach 1945 sei nicht, wie insbesondere seit der Studentenbewegung behauptet, durch „Verdrängung“ gekennzeichnet. Vielmehr sei allen Deutschen bewusst gewesen, dass der Nationalsozialismus mit Kriegsende „in jeder Hinsicht verspielt“ hatte. Die Distanzierung von ihm habe als „normativer Konsens“ fungiert. Dieser Konsens sei aber nur tragfähig gewesen, weil Übereinstimmung darin bestanden habe, dass die individuelle „Verstrickung“ der meisten Deutschen in das NS-Regime, die allseits bekannt gewesen sei, öffentlich nicht thematisiert werden dürfe. Ein solches, wie Lübbe sagt, „kommunikatives Beschweigen“ sei notwendig gewesen, um die große Mehrheit des deutschen Volkes in den neuen demokratischen Staat zu integrieren. So habe sich die Demokratie in Deutschland erfolgreich etablieren können.
Der vorliegende Band beginnt mit einer Einführung unter dem Titel „Worum es sich handelt“ (S. 7ff.), in der Lübbe seine These „vom integrativen Sinn des Beschweigens biographischer Vergangenheitslasten im bundesrepublikanischen Alltag“ in Kurzfassung formuliert. Es folgt ein erneuter Abdruck seines Vortrages unter dem Titel „Der Nationalsozialismus im Bewusstsein der deutschen Gegenwart“ (S. 11ff.). Ausführlich setzt sich Lübbe sodann mit seinen Kritikern (darunter Carola Stern, Gesine Schwan und Hans-Ulrich Wehler) auseinander: „Beschwiegene Vergangenheiten und die Rückkehr zu politischer Normalität. Zur Wirkungsgeschichte einer umstrittenen These“ (S. 39ff.). Es folgt der erneute Abdruck eines von dem Politologen Jens Hacke geführten Interviews mit dem Autor: „Die |
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| Lüderssen, Klaus, Eichendorff und das Recht. Insel, Frankfurt am Main 2007. 102 S., Ill. Besprochen von Stephan Meder. |
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Joseph von Eichendorff (1789-1857) gehört wie Ludwig Uhland, Franz Grillparzer, Heinrich Heine, Theodor Storm oder Franz Kafka zu jenen „Dichterjuristen“, die nicht nur Aktenberge, sondern auch „Kladden und Zettel“ aufarbeiteten, welche dann „zu dem wurden, was später als ,Werk’ in die Geschichte einging“. Den Ausgangspunkt des Buches Klaus Lüderssens bildet die Frage: „Wie steht Eichendorff zu den großen Rechtsfragen seiner Zeit, und was bedeutet die Antwort, die man vielleicht erhält, für die Gegenwart?“ (S. 8). Auf der Suche nach Verbindungen zwischen Poesie und Recht durchforstet Lüderssen sowohl Eichendorffs Gedichte als auch die dramatischen Schriften, Romane und Erzählungen. Das Ergebnis ist ernüchternd: „Die narrative Argumentation“ war „Eichendorffs Sache nicht, und für das heikle Geschäft der Vermittlung von Recht und Literatur ist in seinen erzählenden Schriften kein Platz“ (S. 30). Schließlich wird Lüderssen aber doch fündig, und zwar in den politischen Schriften, deren Titeln man nicht unbedingt ansieht, dass es sich hier um Vorläufer des Law and Literature Movement handeln könnte.[1]
Eichendorff studierte nicht nur Rechtswissenschaften, sondern besuchte auch Vorlesungen bei Friedrich August Wolf und Friedrich Schleiermacher. Er war mit Achim von Armin und wohl auch mit Clemens von Brentano bekannt. Es ist die Zeit, als die Historische Rechtsschule gegen das „Naturrecht“ erfolgreich opponierte. Der Kampf gegen die Rechtsentstehungslehre des aufgeklärten Absolutismus hat bekanntlich den eigentlichen Anstoß zu ihrer Gründung gegeben: Während das vernunftrechtliche Staatsrecht davon ausgeht, dass eine über der Gesellschaft waltende absolute menschliche Autorität ihre zur Regelung des sozialen Lebens erdachten Normen von oben her befiehlt, lehrt die Historische Schule, dass das Recht unabhängig von i |
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| Ludwig, Thomas, Die Urkunden der Bischöfe von Meißen. Diplomatische Untersuchungen zum 10.-13. Jahrhundert (= Beihefte zum Archiv für Diplomatik 10). Böhlau, Köln 2008. IX, 337 S., 21 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Thomas Vogtherr in Leipzig und Osnabrück betreute, im Wintersemester 2002/2003 vom Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften der Universität Osnabrück angenommene Dissertation des Verfassers. Sie ist eine diplomatische Studie über die Urkunden, die namens der Bischöfe von Meißen bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts hinein ausgestellt wurden. Ihr Ziel ist es, mittels diplomatischer Kritik der Überlieferung zu hinreichend zuverlässigen Aussagen über die Echtheit und Originalität der einzelnen Stücke zu gelangen und Schriftentwicklung und Diktatentwicklung zu beobachten, Empfängerausfertigungen und Ausstellerausfertigungen zu unterscheiden und nach personellen Strukturen zu suchen.
Hinsichtlich des Forschungsstandes kann der Verfasser auf eine bereits 1962 von Walter Schlesinger hervorgehobene Lücke verweisen. Die materiellen Voraussetzungen für eine diplomatische Untersuchung erweisen sich als sehr günstig. Die Überlieferung Meißener Bischofsurkunden setzt unter Bischof Herwig 1114 ein (erstes erhaltenes Original von 1160) und umfasst bis zum Tode Bischof Alberts II. 1266 156 bischöfliche Urkunden und Briefe (bis 1200 17, 1200-1250 101), von denen 124 im Original (auf Pergament) erhalten sind.
Empfänger der Bischofsurkunden sind fast ausschließlich geistliche Institutionen (Altzelle [26], Domkapitel und Hochstift, Sankt Peter in Bautzen, Buch, Sankt Afra, Dobrilugk, Heiligkreuz bei Meißen, Mühlberg, Grimma, Dörschnitz, Marienstern, Bischöfe und Hochstift Merseburg, Riesa, Sornzig, Sankt Johannis in Freiberg, Franziskanerkloster Torgau, Zschillen und 23 bzw. 24 Empfänger je einer Urkunde). Die original überlieferten Meißener Bischofsurkunden lagern in der Gegenwart zu etwa zwei D |
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| Ludwig, Ulrike, Das Herz der Justitia. Gestaltungspotentiale territorialer Herrschaft in der Strafrechts- und Gnadenpraxis am Beispiel Kursachsens 1548-1648 (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 16). UVK, Konstanz 2008. 380 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ludwig, Ulrike, Das Herz der Justitia. Gestaltungspotentiale territorialer Herrschaft in der Strafrechts- und Gnadenpraxis am Beispiel Kursachsens 1548-1648 (= Konflikte und Kultur - Historische Perspektiven 16). UVK, Konstanz 2008. 380 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die das selten ins Auge gefasste Herz der Justitia als Blickfang verwendende Arbeit ist die von Gerd Schwerhoff betreute, von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Irmgard Harms Stiftung geförderte, unter dem Titel „Justitienfürst“ und gnädiger Herrscher - Einflussnahme der Landesherrschaft auf Strafrechts- und Gnadenpraxis am Beispiel Kursachsens 1548-1648 an der Universität Dresden angenommenes Dissertation der als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Das Duell als kulturelle Praktik in der frühen Neuzeit - Vergleichende Untersuchung zu Kursachsen, Mecklenburg und Schweden“ in Dresden tätigen Verfasserin. Sie will eine landesgeschichtliche Lücke schließen. Daneben untersucht sie die Strafrechts- und Gnadenpraxis in einem der führenden protestantischen Landesherrschaften des alten Reiches im 16. und 17. Jahrhundert erstmals umfassend und gliedert dabei nach einer kurzen Einleitung zu Aspekten der Forschung, Aufbau der Untersuchung und Quellen in drei Teile mit 10 Kapiteln.
Zunächst wendet sich die Verfasserin den Rahmenbedingungen des Strafrechtssystems zu. Dabei betrachtet sie als Institutionen den Landesherrn, die Landesregierung, Kommissionen, obere Gerichte und Instanzenzug sowie die lokale Ebene und als Prozessformen die Einhegung des peinlichen Verfahrens, das bürgerliche Verfahren und den gerichtlich legitimierten Vergleich. Bei den zwischen Festlegung und Anpassung eingerahmten Strafen schildert sie die Straftatbestände und die flexible Strafzumessung.
Der zweite Teil betrifft die Strafrechtspraxis. Dabei stellt die Verfasserin Rufe nach den Landesherren an die Spitze. Danach untersucht sie den Landesherrn als Richter und am Beispiel der Wilde |
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| Ludwig, Ulrike, Philippismus und orthodoxes Luthertum an der Universität Wittenberg. Die Rolle Jakob Andreäs im lutherischen Konfessionalisierungsprozess Kursachsens (1576-1580) (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 153). Aschendorff, Münster 2009. XI, 582 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Manfred Rudersdorf betreute, im Wintersemester 2006/2007 an der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenchaft der Universität Leipzig eingereichte und im Sommer 2007 angenommene Dissertation der in Wittenberg geborenen, nach dem Studium der mittleren und neueren Geschichte, der Kunstgeschichte und Ethnologie in Leipzig seit 2008 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Stiftung Leucorea in Wittenberg tätigen Verfasserin. Sie betrifft das Wirken des in Waiblingen am 25. 3. 1528 geborenen, in Tübingen am 7. 1. 1590 verstorbenen lutherischen Theologen, Kanzlers und Reformators Jakob Andreä. Dabei geht es der Verfasserin vor allem um die Untersuchung des konfliktreichen Verhältnisses zwischen der Wittenberger Universität und Andreä als Vertreter der Interessen des Herzogs von Kursachsen während der Reformmaßnahmen der Jahre von 1576 bis 1580.
Nach einer Einleitung in Thema, Methode, Fragestellung, Quellenlage, Literaturstand und Forschungsstand sowie die Konstitutionsfaktoren der mitteldeutschen Reformationslandschaft behandelt die Verfasserin zunächst die stark von den Gedanken Philipp Melanchthons geprägte Universität von ihrer Gründung im Jahre 1502 bis 1571. Daran schließt sie Krise und Sturz des Philippismus samt Generalvisitation und studentischen Unruhen an. Sehr ausführlich und sorgfältig geht sie danach auf die Wirksamkeit Andreäs ein.
Am Ende steht die in ihrer Entstehung genau verfolgte, kursächsische, bis 1830 geltende und wirkende Universitätsordnung von 1580 als konsolidierende normative Regelungsinstanz, bei der auch die praktische Umsetzung in die Betrachtung einbezogen wird. Nach ei |
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| Luig, Klaus, … weil er nicht arischer Abstammung ist. Jüdische Juristen in Köln während der NS-Zeit, hg. v. d. Rechtsanwaltskammer Köln. O. Schmidt, Köln 2004. 428 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Luig, Klaus, … weil er nicht arischer Abstammung ist. Jüdische Juristen in Köln während der NS-Zeit, hg. v. d. Rechtsanwaltskammer Köln. O. Schmidt, Köln 2004. 428 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Frage sei erlaubt, so beginnt das kurze Geleitwort des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Köln, warum erst jetzt, 60 Jahre nach der Zerschlagung des Nazi-Terrorregimes dieses Buch über das Schicksal der jüdischen Berufskollegen erscheine. Als Antwort bietet sich wohl am ehesten das Menschliche des Menschen an, das ihn das eigene Leben eher verklären als belasten lässt. Dementsprechend bleibt es oft der Folgegeneration vorbehalten, den tatsächlichen Gang von Geschehen aufzuzeigen und damit vielleicht einen Beitrag zur Verhinderung von Unrecht und zur Förderung von Toleranz, Achtung und Recht in der Zukunft zu leisten.
Das einem sehr persönlichen Grußwort Hilde Domins folgende Vorwort Klaus Luigs weist nachdrücklich darauf hin, dass die „Entjudung“, Entrechtung, Verdrängung, Vertreibung und Ermordung durch die Nationalsozialisten im Deutschen Reich im Allgemeinen an sich bereits gut erforscht und auch einem breiten Publikum durchaus vermittelt sei. Trotzdem sei es notwendig, dem bekannten Gesamtbild deutscher Zustände zwischen 1933 und 1945 lokales Kölner Kolorit zu verleihen, weil sich Kölner Politiker und Geschichtsschreiber immer wieder des Umstandes gerühmt hätten, Köln habe den Nationalsozialisten am längsten Widerstand geleistet und sei ihm am wenigsten gefolgt. Aus dem gleichen Grund sei auch eine besondere, dem Berufsstand der Juristen gewidmete Darstellung erforderlich, weil auch Mitglieder des Juristenstands nicht selten ihr Gewissen vorschnell damit beruhigt hätten, dass es in ihren Kreisen keinen Antisemitismus gegeben habe.
Demgegenüber solle die durch mehrere Seminare geförderte Untersuchung vor allem über die Schicksale der Kölner Opfer aufklären. Deswegen richte sich der Blick auf Herkunft, Ausbildung, Tätigkei |
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| Mächtel, Florian, Das Patentrecht im Krieg (= Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 25). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. IV, 413 S. Besprochen von Irmtraut Götz von Olenhusen/Albrecht Götz von Olenhusen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mächtel, Florian, Das Patentrecht im Krieg (= Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 25). Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. IV, 413 S. Besprochen von Irmtraut Götz von Olenhusen/Albrecht Götz von Olenhusen.
Erfindungen und technischen Entwicklungen haben die beiden Weltkriege geprägt. Sie waren nicht nur Materialschlachten, sondern auch „Erfindungskriege“ (Ernst Röthlisberger). Die Forschungen der führenden deutschen Industrie haben z. B. den Masseneinsatz chemischer Kampfstoffe im Gaskrieg ermöglicht. Giftige Chlorgase, dann die tödlichen K-Stoffe des sog. Senfgases (Lost) wurden zu einem auf allen Seiten ungeachtet der Haager Landkriegsordnung eingesetzten Kampfmittel. In ähnlicher Weise bestimmten militärische Erwägungen des Kriegsverlaufs die Entwicklung von Tankfahrzeugen. Die Bedeutung der technologischen Entwicklung für Ablauf und Ende des Ersten Weltkrieges – und damit zugleich des Patentwesens - ist in der historischen Wissenschaft allerdings schon durchaus untersucht worden, mag auch, wie der Verfasser zu Recht anmerkt (S.10f.) dem Patentrecht selbst GötzvonOlenhusenMächteldaspatentrecht20090813 Nr. 12843 ZRG GA 127 (2010) 69
rechtshistorisch oder historisch bisher geringe oder kaum Aufmerksamkeit geschenkt worden sein.[1]
Die bahnbrechende, wahrlich eine Lücke schließende Studie des Verfassers greift die Konflikte zwischen staatlichen und privaten Interessen unter zentralen Perspektiven auf; das im Krieg zu einem wesentlichen Institut erstarkende Geheimpatent wird in seiner Bedeutung erst vergleichsweise spät erkannt. Die Bekämpfung der „Patentspionage“ stand unter militärischen Vorzeichen. Die sog. Kriegspatente konnten auf eine längere Tradition staatlichen Geheimpatentwesens zurückblicken und daran anknüpfen. Wie in Deutschland benötigte die Erkenntnis, dass Innovationen und Rechtsgewährungen geheimzuhalten seien, allerdings auch im Ausland eine erstaunlich lange Zeit. Die schließlich erlassene „Bundesrats-Verordnung üb |
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| Machtergreifung in Augsburg. Anfänge der NS-Diktatur 1933-1937, hg. v. Cramer-Fürtig, Michael/Gotto, Bernhard (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Augsburg 4). Wißner-Verlag, Augsburg 2008. 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Machtergreifung in Augsburg. Anfänge der NS-Diktatur 1933-1937, hg. v. Cramer-Fürtig, Michael/Gotto, Bernhard (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Augsburg 4). Wißner-Verlag, Augsburg 2008. 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschen Reich 1933 ist ein revolutionärer Vorgang in der deutschen politischen Geschichte, weil in kürzester Zeit ein stürmischer politischer Umschwung erfolgte. Dass er in der öffentlichen Meinung einen festen Platz hat, zeigt die Tatsache, dass die Suchmaschine Google unter Machtergreifung allein ungefähr 1870000 Millionen Hinweise bietet. Dementsprechend ist die Machtergreifung auch bereits allgemein wissenschaftlich erfasst, doch kann das Bild im Detail immer noch verfeinert und veranschaulicht werden.
Anlässlich des Gedenkens an die nationalsozialistische Machtergreifung in Augsburg hat das Stadtarchiv Augsburg eine umfangreiche Ausstellung im Rathaus und im Stadttheater vom 15. September bzw. 28. September 2008 bis zum 16. November 2008 veranstaltet. In diesem Zusammenhang wurde ein großformatiger Ausstellungsband mit zahlreichen Abbildungen herausgegeben. Das mit einem Ausschnitt einer Wahlkundgebung auf dem Sportplatz an der Haunstettener Straße vom 24. Juli 1932 und aus einer Rede vom 9. März 1934 im Goldenen Saal auf demUmschlag geschmückte Werk auf elegantem Papier enthält neben Worten zum Geleit, zum Thema und zu Ausstellung und Katalog zahlreiche Aufsätze und Beiträge.
Grundstrukturen der NS-Herrschaft in Schwaben und Augsburg behandeln Bernhard Gotto, German Penzholz, Sven Keller, Bärbel Wallner und Martina Steber. Sieben weitere Studien gehen auf die Ausübung der NS-Herrschaft in Verwaltung und Gesellschaft ein (darunter Andreas Toppe, Im Schatten Münchens - Die Augsburger Justiz im Dritten Reich 1933-1938), vier Untersuchungen auf die Umsetzung der NS-Herrschaft in Wirtschaft und Industrie, weitere vier Betrachtungen auf die Auswirkunge |
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| Maetschke, Matthias, Ursprünge der Zwangskartellgesetzgebung. Der Entwurf eines Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen vom 12. Dezember 1909 (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 5). Nomos, Baden-Baden 2008. 275 S. Besprochen von Klaus Richter. |
Ganzen Eintrag anzeigen Maetschke, Matthias, Ursprünge der Zwangskartellgesetzgebung. Der Entwurf eines Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen vom 12. Dezember 1909 (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 5). Nomos, Baden-Baden 2008. 275 S. Besprochen von Klaus Richter.
Die vorliegende Arbeit, eine von Mathias Schmoeckel betreute Bonner Dissertation, befasst sich mit einem in der Kartellrechtsgeschichte bislang eher am Rande behandelten Thema, nämlich den Ursprüngen der Zwangskartellierung. Diese Thema ist rechtshistorisch von großem Interesse, da die Zwangskartellierung in Form der Zwangskartellgesetzgebung vor allem in der Wirtschaftsgeschichte des Dritten Reichs eine wesentliche Rolle spielt und Ursachenforschung gerade in diesem Bereich für das Verständnis der Wirtschaftsgeschichte des Dritten Reiches und auch für die Kartellgesetzgebung nach dem Zweiten Weltkrieg von entscheidender Bedeutung ist. Der Verfasser lotet die theoretischen Hintergründe der Zwangskartellgesetzgebung aus, die ihre Wurzeln in der Nationalökonomie des späten 19. Jahrhunderts haben und deren – zumindest theoretisches – Ziel es war, die Probleme der Kartellbildung in den Griff zu bekommen. Erinnern wir uns: Seit dem Wiener Börsencrash des Jahres 1873 und der Schutzzollgesetzgebung des Jahres 1879 blühte in der deutschen Wirtschaft das Kartellwesen auf. 1897 sicherte das Reichsgericht mit seiner berühmten Entscheidung zum sächsischen Holzstoffkartell die Kartellverträge rechtlich ab (RGZ 38, 155). Wissenschaftliche Rückendeckung erhielt das Kartellwesen von Anfang an durch die Nationalökonomie, wobei sich hier insbesondere die Vertreter der jüngeren historischen Schule der Nationalökonomie mit der Betonung des volkswirtschaftlichen Nutzens der Kartelle hervortaten. Dennoch war nicht zu übersehen, dass die Kartellbildung zu Problemen führte: In vielen Industriezweigen kam es erst gar nicht zur Kartellbildung, Kartelle brachen recht bald nach ihrer Gründung wieder auseinander oder sie |
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| Magdeburg 1200 - Mittelalterliche Metropole, preußische Festung, Landeshauptstadt - die Geschichte der Stadt von 805 bis 2005, hg. v. Puhle, Matthias. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005. 359 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Magdeburg 1200 - Mittelalterliche Metropole, preußische Festung, Landeshauptstadt - die Geschichte der Stadt von 805 bis 2005, hg. v. Puhle, Matthias. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005. 359 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.
Magdeburg an der Elbe wird im Diedenhofener Kapitular des Jahres 805 erstmals erwähnt. Die auf der ersten Seite des Bandes wiedergegebene Handschrift (f. 55v) wurde in Weißenburg im Elsass in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts geschrieben. Sie befindet sich in der Gegenwart in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (Cod. Guelf. 50.2 Auf. 4°).
Anlässlich der zwölfhundertsten Wiederkehr der Ersterwähnung fand vom 8. Mai-4. September 2005 in Magdeburg eine Ausstellung des kulturhistorischen Museums statt. Zu dieser wurde der Katalogband verfasst. In Lizenz des Verlags Theiss in Stuttgart ist er in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft erschienen.
Der Katalog beginnt nach Grußworten des Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts und des Oberbürgermeisters im ersten seiner zwölf zeitlichen Abschnitte mit Steingeräten aus einer Kiesgrube, deren Alter auf 200000 Jahre geschätzt wird. Er endet mit einer Erinnerungstafel zum Gewinn der Handball Champions League 2001/2002 durch den Sportclub Magdeburg. Die Zwischenzeit wird in 12 zeitliche Abschnitte geteilt.
Insgesamt spiegelt das dadurch ins Bild gebrachte Magdeburg wie kaum eine andere Stadt Brüche und Neuanfänge. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die mittelalterliche Stadt zerstört, im zweiten Weltkrieg die neuzeitliche Gestalt. Mehr als 80 Autoren beschreiben die vielen Aspekte, die sich gleichwohl mit Magdeburg verbinden lassen, in dem eindrucksvollen, durch Literaturhinweise, Ortsregister Magdeburg und ein Personenregister von Abelin bis Zunzern bereicherten Band.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Magdeburg. Die Geschichte der Stadt 805-2005, hg. im Auftrag der Landeshauptstadt Magdeburg von Puhle, Matthias/Petsch, Peter, Redaktion Hattenhorst, Maik. Stekovics, Dössel (Saalkreis) 2005. IX, 1056 S. Ill., graph. Darst., Kt. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Magdeburg. Die Geschichte der Stadt 805-2005, hg. im Auftrag der Landeshauptstadt Magdeburg von Puhle, Matthias/Petsch, Peter, Redaktion Hattenhorst, Maik. Stekovics, Dössel (Saalkreis) 2005. IX, 1056 S. Ill., graph. Darst., Kt. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Jahr 805 wird Magdeburg erstmals erwähnt. Im Diedenhofener Kapitular bestimmte Karl der Große bezüglich des Handelsverkehrs mit den Elbslawen, dass Aito (Atto, Hatto) an diesem Ort Aufsicht führen sollte. Für die gleiche Zeit beschrieb die im Süden Frankreichs entstandene Chronik von Moissac, dass Karls 811 vorverstorbener Sohn Karl mit einer großen Flotte auf der Elbe bis nach Magdeburg kam und das rechtselbische Land verwüstete.
Als den fränkischen Karolingern im aus der Reichsteilung entstehenden deutschen Reich im 10. Jahrhundert die sächsischen Ottonen als Könige folgten, wurde Magdeburg neuer Vorort von europäischer Bedeutung. Da sich der Mensch seiner stets neu vergewissern muss, regte 1996 Willi Polte als Oberbürgermeister ser Stadt eine neue Stadtgeschichte zum 1200jährigen Stadtjubiläum an. Den Herausgebern ist es gelungen, diesen Plan eindrucksvoll termingerecht zu verwirklichen.
Entstanden ist dabei ein auf Glanzpapier mit vielen schwarzweißen Abbildungen zweispaltig gedrucktes Sammelwerk mit rund fünfzig Beiträgen zahlreicher Gelehrter. Dementsprechend liegt keine Geschichte der Stadt aus einem Guss vor. Vielmehr werden zahlreiche einzelne Beiträge organisatorisch zu einer gewichtigen äußerlichen Einheit zusammengefügt, für welche die Chronologie den äußeren Rahmen bildet.
Nach einem Grußwort des Oberbürgermeisters und einer Einleitung der Herausgeber beschreibt Gert Böttcher die Vorgeschichte der Stadt und stellt Heike Pöppelmann den Magdeburger Raum vor 805 im Rhythmus des Elbestromes vor. Für das Mittelalter schildert Michael Kleinen die Entwicklung vom Grenzhandelsplatz zur Stadt (805-1251). In diesem Rahmen geht Michael Kleinen der Frage n |
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| Majer, Diemut, Frauen - Revolution - Recht. Die großen europäischen Revolutionen in Frankreich, Deutschland und Österreich 1789 bis 1916 und die Rechtsstellung der Frauen, unter Einbezug von England, Russland, der USA und der Schweiz (= Europäische Rechts- und Regionalgeschichte 5). Dike/Nomos, Zürich/Baden-Baden 2008. XXXIII; 479 S. Besprochen von Ilse Reiter. |
Ganzen Eintrag anzeigen Majer, Diemut, Frauen - Revolution - Recht. Die großen europäischen Revolutionen in Frankreich, Deutschland und Österreich 1789 bis 1916 und die Rechtsstellung der Frauen, unter Einbezug von England, Russland, der USA und der Schweiz (= Europäische Rechts- und Regionalgeschichte 5). Dike/Nomos, Zürich/Baden-Baden 2008. XXXIII; 479 S. Besprochen von Ilse Reiter.
Nach ihren 14 Vorlesungen zur Rechtsstellung der Frau in der Geschichte („Der lange Weg zur Gleichheit“, 1995) legt Diemut Majer nun eine umfangreiche Studie abermals zur Frauenrechtsgeschichte vor, in der sie eine „Verknüpfung zwischen ereignisgeschichtlichen (Frauen, Revolution) und rechtshistorischen Elementen (Rechtsstellung der Frauen)“ vornimmt (X). Von einer „klassischen“ Revolutionsgeschichte der Frauen distanziert sich Majer ebenso dezidiert wie von einer „klassischen“ Rechtsgeschichte der Frauen, vielmehr beschränkt sie sich darauf, revolutionsgeschichtliche „Befunde“ zur Stellung der Frauen im Ehe- und Familienrecht sowie im Bereich der politischen Rechte darzustellen und mit revolutionsgeschichtlichen Ereignissen zu verbinden.
Nach einem Vorwort, in dem sie aus Sicht der weiblichen Wissenschafterin und damit verbunden auch eigenen Diskriminierungserfahrungen einzelne Aspekte des Genderdiskurses der letzten 30 Jahre thematisiert, wendet sie sich den europäischen Revolutionen und ihren unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Frauen zu, wobei sie primär die Revolutionen in Frankreich 1789 und 1848, die entsprechenden Ereignisse des Jahres 1848 in Deutschland und Österreich sowie die deutschen von 1918/19 behandelt.
Majer eröffnet den Reigen mit der französischen Revolution von 1789, wobei sie zunächst auf die bekannten politischen Aktivitäten der Frauen im Revolutionsverlauf im Allgemeinen und die einzelner Protagonistinnen eingeht. Ein besonderes Augenmerk legt sie auf die Clubs und den Ausschluss der Frauen aus den politische |
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| Manitius, Max, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Band 2 Von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Kampfes zwischen Kirche und Staat (= Handbuch der Altertumswissenschaft, neunte Abteilung, zweiter Teil, Band 2). Beck, München 1923, Neudruck 1976. 873 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Manitius, Max, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Band 2 Von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Kampfes zwischen Kirche und Staat (= Handbuch der Altertumswissenschaft, neunte Abteilung, zweiter Teil, Band 2). Beck, München 1923, Neudruck 1976. 873 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gelegentlich geschieht Gefälliges völlig unerwartet. So kann man 2009 kostenlos ein wertvolles Werk erhalten, das 1923 erschienen und 1976 neugedruckt worden ist. Wie soll man sich dann zu dem Hinweis stellen, dass der Verlag sich freuen würde, wenn eine Besprechung möglich wäre?
Sicher kann man auf den Inhalt nochmals kurz hinweisen. Man kann also mitteilen, dass nach einer kurzen Einleitung 11 Theologen von Odo von Cluni bis Berengar von Tours und seinen Widersachern, 59 Werke der Geschichtsschreibung von den Cluniazenseräbten bis Adam von Bremen, 22 Werke der Hagiographie (Prosa) vom Liber de virtutibus s. Eugenii bis Waifarius von Salerno, 21 Werke der Dichtung von Gerhard von Soissons bis Alphanus I. von Salerno, 15 Werke zu den Fächern des Triviums von Ebarcius von St. Amand bis Walo von St. Arnulfs Briefen und schließlich 8 Werke zu den Fächern des Quadriviums von Wichram von Sankt Gallen bis Meinzo von Konstanz behandelt worden sind. Dabei wird man sich mit dem International Dictionary of Intellectual Historians darüber wundern dürfen, dass zu Max Manitius (Dresden 23. März 1858-Kötzschenbroda bei Radebeul 21. 9. 1933) trotz seiner Beiträge zur Geschichte frühchristlicher Dichter im Mittelalter (1890), der Geschichte der christlich-lateinischen Poesie bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts (1891), den Analekten des Horaz im Mittelalter (1893), der Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters (1911), Bildung, Wissenschaft und Literatur im Abendlande von 800 bis 1100 (1925) und Handschriften antiker Autoren in mittelalterlichen Bibliothekskatalogen (1935) kein Artikel in Wikipedia vorhanden ist, weil ein au |
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| Marx-Jaskulski, Katrin, Armut und Fürsorge auf dem Land - vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1933 (= Moderne Zeit 16). Wallstein, Göttingen 2008. 479 S., Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Marx-Jaskulski, Katrin, Armut und Fürsorge auf dem Land - vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1933 (= Moderne Zeit 16). Wallstein, Göttingen 2008. 479 S., Ill. Besprochen von Werner Schubert.
Rechtliche Grundlage der Fürsorgeunterstützung war von 1870 bis 1924 in Preußen das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 6. 6. 1870 i. V. m. dem Ausführungsgesetz vom 8. 3. 1871 zu diesem Gesetz. Den Unterstützungswohnsitz als Prinzip für die Verteilung der Armenlasten hatte bereits das preußische Gesetz vom 31. 12. 1842 über die Verpflichtung zur Armenpflege festgelegt. Ersetzt wurde nur dieses Prinzip durch das Aufenthaltsprinzip entsprechend der Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. 2. 1924, die ergänzt wurde durch die „Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge“ vom 4. 12. 1924 (S. 204f.), die dem Bedürftigen aber immer noch keinen Anspruch auf Fürsorgeunterstützung gewährte. Träger der Armenunterstützung waren die Ortsarmenverbände, d. h. die einzelnen Gemeinden, deren Vertretungskörperschaften über die jeweils zu gewährenden Unterstützungen entschieden (vgl. S. 72ff.). Die Praxis dieser Gesetze ist für den ländlichen Bereich bisher kaum erschlossen worden. Marx-Jaskulski untersucht anhand der Akten der Fürsorgeverwaltung von zwei Bürgermeistereien des Kreises Bernkastel und von Beschwerdeentscheidungen des Kreisausschusses von Wittlich – diese Kreise bilden heute den Landkreis Bernkastel-Wittlich (Rheinland-Pfalz) – für die Zeit von 1900-1933 die Voraussetzungen, unter denen eine Fürsorgeunterstützung bewilligt wurde. Auf der Grundlage der Fallakten erschließt sie den Umgang der kommunalen Fürsorgeverwaltung und der Bedürftigen mit den gesetzlichen Handlungsmöglichkeiten.
Nach einem Abschnitt über das Untersuchungsgebiet geht Marx-Jaskulski auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Finanzierung der Fürsorgeleistungen näher ein (S. 72ff.). Eine wichtige Rolle spielten die Bedürfnisprüfun |
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| Masschaele, James, Jury, State, and Society in Medieval England. Palgrave Macmillan, New York/Basingstoke 2008. VII, 271 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Masschaele, James, Jury, State, and Society in Medieval England. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2008. VII, 271 S.
Dieses Buch betrachtet die Geschichte der Jury von der Mitte des 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts aus sozial-politischer Sicht, hebt dabei – in der Tradition der „new constitutional history“ − ihre Rolle als Bindeglied zwischen Zentralregierung und der jeweiligen Grafschafte (local society) hervor und verweist auf ihre zentrale Bedeutung für den Staatsbildungsprozess. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei nicht etwa die Urteilsjury, die für Masschaele eine eher untergeordnete Rolle spielt. Ungemein wichtiger sind für ihn die Inquest Juries, die nicht nur Vorläufer der späteren Juryformen waren, sondern als eigenständige Form angesehen werden, deren Bedeutung durch das Aufkommen der court-based juries (presentment juries, assize juries, trial juries) keinesfalls geschmälert wurde. Im Gegenteil: die Zahl der sworn inquests, die drei Entwicklungsstufen durchliefen (bis Mitte des 12. Jahrhunderts; Regierungszeit Henrys II; ab der Regierungszeit Edwards I) nahm dramatisch zu (inquisitions post mortem, diem clausit extremum, ad quod damnum), und sie wurden zu zentralen Merkmalen der englischen Regierung und Verwaltung. Allerdings verlangte der wachsende Bedarf an Geschworenen im Rahmen dieser inquests und der court-based juries den Untertanen große Opfer ab, die diese bereit waren zu erbringen, da sie ein funktionierendes Jurysystem als besten Schutz „against the greed and corruption that was so obviously a part of their world“ ansahen (S. 118). Die Geschworenen, die aus der lokalen Gemeinschaft kamen und nach ihrem Urteilsspruch in diese Gemeinschaft zurückkehrten, waren Garanten dafür, dass die Urteile soziale Akzeptanz fanden und beachtet wurden. Obwohl die Jurymitglieder bestimmte Anforderungen zu erfüllen hatten und aus den oberen Schichten kommen sollten, bewirkte der zunehmende Bedarf an Geschworenen, dass auc |
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| Mazower, Mark, Hitlers Imperium. Europa unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, aus dem Englischen v. Richter, Martin. Beck, München 2009. 666 S., 37 Abb., 9 Kart. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mazower, Mark, Hitlers Imperium. Europa unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, aus dem Englischen v. Richter, Martin. Beck, München 2009. 666 S., 37 Abb., 9 Kart. Besprochen von Werner Schubert.
Die Rechtsgeschichte hat sich bisher nicht zusammenhängend mit den Plänen des Nationalsozialismus zur Neuordnung Europas insbesondere in den Jahren 1940/1941 und mit den rechtlichen Aspekten des Besatzungsregimes in den europäischen Staaten und Regionen befasst. Das Werk von Mazower, Direktor des Center for International History der Columbia University in New York City, befasst sich mit dieser Thematik aus allgemeinhistorischer Sicht unter breiter Einbeziehung der Unrechtspraxis des nationalsozialistischen Regimes zwischen 1939 und 1949. Mazower beschäftigt sich in Teil I seines Werks: „Der Weg nach Großdeutschland“ (S. 27-236) zunächst mit dem Verhältnis der Deutschen gegenüber den Slawen, dem Weg von Versailles nach Wien (Anschluss Österreichs 1938) und der Expansion und Eskalation in den Jahren von 1938 bis 1940 sowie anschließend mit der polnischen Teilung, dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und dem sog. Generalplan Ost (1940-1942). Teil II handelt unter der Überschrift: „Die Neue Ordnung“ (S. 247-498) von den einzelnen Aspekten der deutschen Besatzungs-, Ausbeutungs- und Vernichtungspolitik und von den von der Berliner Ministerialbürokratie 1940 bis 1942 verfolgten Plänen zur Bildung eines deutsch-europäischen Wirtschaftsraums (S. 119ff.), die sich u. a. mit der Frage gemeinsamer Zölle auf außereuropäische Importe und der gegenseitigen Ergänzung der Volkswirtschaften Europas befasste (zur Vereinheitlichung des europäischen Patentrechts vgl. W. Schubert, Akademie für Deutsches Recht 1933-1955, Bd. IX, Frankfurt am Main 1999, S. 495ff.).
Eine völkerrechtlich fundierte Besatzungspolitik scheiterte jedoch an der SS und dem Wiederaufstieg der NSDAP 1942/43. Best (seit 1942 Reichsbevollmächtigter für Dänemark) hatte noch 1942 |
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| Meder, Stephan, Rechtsgeschichte, 3. Auflage (= UTB 2299). Böhlau, Köln 2008. 465 S. Besprochen von Theodor Bühler. |
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Die „Rechtsgeschichte“ Stephan Meders ist in der dritten Auflage erschienen. Die erste Auflage erschien 2002, die zweite 2005. Auf nicht ganz 500 Seiten erfasst sie die Rechtsgeschichte von der Römischen Republik bis zur Gegenwart. Dieser Konzision verdankt die Monographie ihren Erfolg. Zudem überwindet sie die Trennung zwischen römischer und germanistischer Rechtsgeschichte.
Die Römische Rechtsgeschichte wird aufgeteilt in die drei Epochen, die Republikanische, die Klassische und die Nachklassische Periode. Innerhalb der Darstellung der Rechtsgeschichte im eigentlichen Sinn wird der Ursprung einzelner Institutionen eingeflochten, so des Kaufes (Seite 17) im Rahmen der Geschichte der zwölf Tafeln. Jedem Kapitel folgt ein entsprechendes Literaturverzeichnis.
Ausführlicher als dies im letzten und vorletzten Jahrhundert der Fall war, wird die republikanische Zeit gewürdigt. So kommen nicht nur schriftliche Rechtsquellen zur Sprache, sondern es werden die Rituale der sogenannten Libralakte (mancipatio und nexum) sowie die stipulatio geschildert und ausgelegt. Behandelt werden aber auch die manus- und die usus-Geschäfte, die patria potestas und der Vergleich. Im Abschnitt mit dem bezeichnenden Titel „Die Entstehung des Rechts aus der Gewalt“ (S. 33-39) vertritt der Verfasser die Meinung, dass von Recht erst gesprochen werden könne, wenn die Organisationsform eines Dritten auftritt, beziehungsweise wenn sich andere Menschen mit dem Konflikt befassen, die nicht im engen Sinne Partei sind (S. 33). Diese Auffassung führt dazu, die Fehde als „unrechtmäßig“ zu qualifizieren, soweit sie nur zwei Parteien betrifft und widerspricht Franz Wieackers Auffassung, wonach das Recht erst mit der Schriftlichkeit entstanden ist, was sich schon daraus ergibt, dass man das Ritual als rechtliches Kommunikationsmittel anerkennt. Besonde |
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| Medieval Petitions: Grace and Grievance, hg. v. Ormrod, William Mark/Dodd, Gwilym/Musson, Anthony. Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2009. X, 254 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
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Seit ca. 1272 war es in England üblich, mit Petitionen in Schriftform einen Gefallen oder eine Gnade vom Herrscher zu erbitten. Über 17000 dieser Bittschriften, die bis Anfang des 15. Jahrhunderts fast ausschließlich in Anglo-Normannisch, seit den 1440er Jahren vornehmlich in Mittelenglisch abgefasst wurden, sind heute noch im englischen Nationalarchiv (TNA) unter der Signatur SC 8 überliefert. Durch ein vom Arts and Humanities Research Council finanziertes Projekt unter Federführung William Mark Ormrods wurde nicht nur ein detailliertes Findbuch erstellt, sondern auch die Digitalisierung dieser Quellen vorgenommen, die zur Zeit noch kostenlos online einzusehen und herunterzuladen sind (http://www.nationalarchives.gov.uk/documentsonline). Der vorliegende Band, der sich hauptsächlich mit dem späten 13. bis späten 15. Jahrhundert befasst, ist das Ergebnis zweier 2006 in London im Rahmen dieses Projekts abgehaltener Konferenzen.
In seiner „Introduction: Medieval Petitions in Context“ (S. 1-11) gibt William Mark Ormrod einen kurzen Überblick über das Projekt und eine Zusammenfassung der folgenden Aufsätze. Gwilym Dodd (Parliamentary Petitions? The Origins and Provenance of the ’Ancient Petitions’ (SC 8) in the National Archives, S. 12-46) erläutert die Entstehungsgeschichte der artifiziellen, modernen SC 8-Klasse. Im 19. Jahrhundert wurden Petitionen aus verschiedenen mittelalterlichen Beständen genommen und in einer neuen Klasse (Special Collections) zusammengefasst. Daher kann heutzutage nicht immer klar ermittelt werden, welche Petitionen beim Parlament eingereicht wurden, doch argumentiert Dodd überzeugend, dass die meisten der in den SC 8 zusammengefassten Petitionen im Zusammenhang mit einem Parlament entstanden. Serena Connolly gibt einen Überblick über „Petitioning in the Anc |
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| Mehnert, Sabine Uta, Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und im Ehegattenunterhaltsrecht unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter. Ein Vergleich der rechtsgeschichtlichen Entwicklung in den beiden deutschen Staaten bis zum Jahre 1965. dissertation.de, Berlin 2002. 185 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Mehnert, Sabine Uta, Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und im Ehegattenunterhaltsrecht unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter. Ein Vergleich der rechtsgeschichtlichen Entwicklung in den beiden deutschen Staaten bis zum Jahre 1965. dissertation.de, Berlin 2002. 185 S.
Die Arbeit ist die von Hans-Jürgen Becker betreute, 2002 von der juristischen Fakultät der Universität Regensburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie gliedert sich klar in zwei Abschnitte. Davon behandelt der erste Abschnitt überblicksartig die Entwicklung der familienrechtlichen Stellung der Frau vor 1945 an Hand des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der Gleichberechtigung in der Weimarer Reichsverfassung und der rechtlichen und sozialen Auswirkungen des zweiten Weltkriegs, die dazu führten, dass viele Frauen vom Haus in das Arbeitsleben überwechselten und durch die kriegsbedingte Abwesenheit der Männer die Autorität der Frau in der Familie stieg.
Der zweite Abschnitt betrifft die Entwicklung der Stellung der Frau nach 1945. Er gliedert sich übersichtlich in drei Teile, in denen jeweils die Deutsche Demokratische Republik mit der Bundesrepublik Deutschland verglichen wird. Erfasst werden dabei die allgemeine Entwicklung, die Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und die Entwicklungen im Ehegattenunterhaltsrecht.
Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass der Gesetzgeber der Deutschen Demokratischen Republik die Gleichberechtigung der Frau als Gleichverpflichtung im Arbeitsleben verstand. Demgegenüber hielt der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland an dem überkommenen Leitbild der Hausfrauenehe fest. Auf dieser Grundlage ermittelt die Verfasserin detailliert die Unterschiede und die wenigen Gemeinsamkeiten in den beiden Rechtsordnungen, die mit der deutschen Einigung des Jahres 1990 wieder zusammengeführt wurden.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Meier-Braun, Karl-Heinz/Weber, Reinhold, Kleine Geschichte der Ein- und Auswanderung in Baden-Württemberg (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 190 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Wie alles, vor allem alles Irdische, ist auch der Mensch in die Zeit und damit in Entstehen und Vergehen eingebunden. Von seinen afrikanischen Anfängen bis zu seiner dominierenden Gegenwart ist er geschichtlich. Selbst Völker wachsen und schwinden, ohne dass sich Ursachen stets deutlich ermitteln lassen.
Aus dem baden-württembergischen Blickwinkel haben die beiden Verfasser, die als Leiter der Fachredaktion SWR International bei dem Südwestfunk in Stuttgart (und Integrationsbeauftragter des Senders) bzw. als Zeithistoriker bei der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg tätig sind, eine Lücke in der landeskundlichen Literatur entdeckt. Die deutsche Wirklichkeit als Einwanderungsland wird zu Unrecht geleugnet. Deswegen versuchen sie eine historische Einbindung der Gegenwart in die Entwicklung unter dem Gesichtspunkt, dass Baden-Württemberg schon immer ein Schmelztiegel war und dass Migration und Integration zusammengehören.
Dabei greifen sie mit wenigen Worten auf neolithische Ackerbaukulturen, Kelten, Römer und Alemannen zurück. Vertieft gehen sie auf neuzeitliche Glaubensflüchtlinge, Wanderarbeiter und Pomeranzenhändler ein. Eigenen Raum gewähren sie der jüdisch-christlichen Koexistenz.
Danach betrachten sie die Auswanderung der Banater Schwaben und Donauschwaben in den Osten sowie zahlreicher Bauernkinder in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten im Westen im 18. und 19. Jahrhundert. Schon bald braucht das industrialisierte Deutschland aber Arbeitskräfte, obwohl die Zuwanderung zwischen 1918 und 1933 wenig Vorteile und viele Nachteile in sich zu bergen schien. Den Zwangsarbeitern während des ersten Weltkriegs und den Fr |