Schilling, Lothar, Normsetzung in der Krise – zum Gesetzgebungsverständnis im Frankreich der Religionskriege (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 197). Klostermann, Frankfurt am Main 2005. IX, 514 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schilling, Lothar, Normsetzung in der Krise – zum Gesetzgebungsverständnis im Frankreich der Religionskriege (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 197). Klostermann, Frankfurt am Main 2005. IX, 514 S. Besprochen von Arno Buschmann.
Lothar Schillings materialreiche Kölner Habilitationsschrift aus dem Jahre 2005 ist einem Gegenstand gewidmet, der in jüngster Zeit immer stärker in den Blickpunkt der Forschung gerückt ist, nämlich dem Gesetzesverständnis oder besser dem Verständnis von der Legitimität der frühneuzeitlichen Gesetzgebung. Die Frage, die immer wieder aufgeworfen und erörtert wird, ist, inwieweit durch die frühneuzeitliche Gesetzgebung eine Positivierung des traditionalen Rechts herbeigeführt und damit eine Veränderbarkeit durch den Gesetzgeber ermöglicht wurde. Zu Recht weist Schilling darauf hin, dass die Antwort auf diese Frage auch Auswirkungen auf verbreitete Bild von der Beschaffenheit der absolutistischen Herrschaft haben muss, vor allem in Bezug auf die Stellung des fürstlichen Gesetzgebers, insofern diesem unter Berufung auf Bodins Souveränitätslehre stets eine weitgehende Herrschaftsgewalt über das gesamte Recht zugesprochen und die fürstliche Gesetzgebungskompetenz nach herrschender Auffassung als die entscheidende Grundlage für die Umgestaltung der fürstlichen Territorien in moderne Staatswesen angesehen worden ist.
Schilling erörtert diese Frage am Beispiel des frühneuzeitlichen Frankreich, dessen politische Verhältnisse schon von Carl Schmitt als entscheidend für die Entstehung des modernen Staates betrachtet wurden. Sein Ziel ist es, die zeitgenössischen Debatten über die Gesetzgebung und die Rechte des Königs als Gesetzgeber im Frankreich der Religionskriege zu analysieren und deren Verhältnis zueinander offenzulegen. Als Begründung für diese Fokussierung auf Frankreich führt er an, dass sich in keinem anderen europäischen Land der König schon so früh und so intensiv des Instruments der Gesetzgebung |
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Schlink, Bernhard, Vergangenheitsschuld. Beiträge zu einem deutschen Thema, 3. Auflage. Diogenes, Zürich 2007. 189 S. Besprochen von Bernd Rüthers. |
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Das Buch enthält acht zum Teil themenüberschneidende Beiträge des Autors aus den Jahren 1988, 1994, 1995, 1998, 2001, 2002, 2003 und 2004. Es geht ihm unter dem Leitthema „Recht und Schuld“ um den Umgang mit den Vergangenheiten in den beiden deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Der Untertitel des Buches heißt „Beiträge zu einem deutschen Thema“. Der achte Vortrag „Vergeben und Versöhnen“ wurde in Südafrika gehalten. Ein Blick über die Grenzen zeigt auch in Europa, dass „Vergangenheitsschuld“ kein deutsches, sondern ein weltweit aktuelles Thema ist. Das Fehlen dieses Aspektes in den sonst subtilen Darlegungen und Erwägungen des Verfassers fällt auf.
Der erste Abschnitt fragt nach der Möglichkeit und der Realität einer fortdauernden deutschen „Kollektivschuld“ (1988) für das, was zwischen 1933 und 1945 an Verbrechen von Deutschen angerichtet worden ist.
Der Autor beginnt mit einer eigenwilligen These, die er u. a. aus dem damals täglichen Abschluss des öffentlich-rechtlich gestalteten Fernsehprogramms (mit der Nationalfahne und Nationalhymne) ableitet:
„Die Geschichte, mit der wir leben, soll auf die Zeit seit 1949 verkürzt, die Zeit bis 1949 zur Vorgeschichte erklärt werden. Es liegt nicht an Fehlern der Regie, des Bühnenbildes oder der Choreographie, daß die Schaustellungen bundesrepublikanischer Staatlichkeit auf geschmacklose Weise an entsprechende Veranstaltungen der DDR erinnern. Es geht um die gleiche Sache. Die Bundesrepublik Deutschland holt die Etablierung einer eigenen Identität und Geschichte nach, die in der DDR vorgemacht wurde..“ (S. 15)
Der Leser stutzt. Hat hier ein Jüngerer einige politische Jahrzehnte nicht wahrgenommen? Die Aussöhnung mit Frankreich. Die besonderen Beziehungen der Bundesrepublik zum Staat Israel im Gegensatz zum verlogenen Unsc |
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Schmerbach, Folker, Das „Gemeinschaftslager Hanns Kerrl“ für Referendare in Jüterbog 1933-1939 (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XIII, 325 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Zwischen dem 12. 7. 1933 und dem Kriegsbeginn mussten etwa 20.000 preußische und seit 30. 1. 1936 auch die Referendare aus den übrigen Reichsgebiet acht Wochen ihres Vorbereitungsdienstes im „Gemeinschaftslager Hanns Kerrl“ in Jüterbog (60 km südlich von Berlin) verbringen. Mit dem Werk Schmerbachs liegt erstmals eine eingehende Untersuchung über dieses Lager vor, das die „Erinnerungen“ Sebastian Haffners 2002 einer breiteren Öffentlichkeit wieder in Erinnerung gebracht haben. Grundlage der Arbeit sind die General- und Sachakten des Reichsjustizministeriums und des Justizprüfungsamtes des Reichs im Bundesarchiv Berlin. Die Einrichtung des Lagers erfolgte durch eine Gründungsverordnung des preußischen Justizministers Kerrl vom 29. 6. 1933 (S. 22), wonach das Ziel des Lageraufenthaltes eine „Charakterprüfung“ sein sollte: „Im Rahmen der Großen Juristischen Staatsprüfung hat jeder Kandidat nach Ablieferung seiner letzten schriftlichen Arbeiten bis zur mündlichen Prüfung, also etwa sechs Wochen lang, in einem Gemeinschaftsleben mit anderen Kandidaten zu verbringen.“ Im Mittelpunkt des Lageraufenthalts stand zunächst eine wehrsportliche Ausbildung mit Arbeits- und insbesondere Bauleistungen. Jede berufswissenschaftliche Betätigung für die Examenskandidaten im Lager war zunächst verboten. Juristische Bücher mussten beim Eintreffen im Lager abgegeben werden (S. 20, 102). Die mündliche Prüfung fand oft nur 1-3 Tage nach dem Lageraufenthalt statt. Erst seit März 1935 wurde der Lageraufenthalt in den letzten Ausbildungsabschnitt verlegt (S. 102). Das Schulungskonzept wurde 1935 erheblich verändert; die wehrsportliche Ausbildung entfiel mit der Einführung der Wehrpflicht. Die Ausbildung in Arbeitsgemeinschaften war auf die Vermit |
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Schmidt, Manuela Maria, Die Anfänge der musikalischen Tantiemenbewegung in Deutschland. Eine Studie über den langen Weg bis zur Errichtung der Genossenschaft Deutscher Tonsetzer (GDT) im Jahre 1903 und zum Wirken des Komponisten Richard Strauss (1864-1949) für Verbesserungen des Urheberrechts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 125). Duncker & Humblot, Berlin 2005. 856 S. Besprochen von Margrit Seckelmann. |
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Im Dezember 2006 wurde beim Landgericht München I ein urheberrechtlich brisanter Fall anhängig gemacht. Die Erben Hugos von Hofmannsthal verklagten die Erben von Richard Strauss auf Zahlung eines Teils der Tantiemen, die aus den Aufführungen von Strauss-Opern erzielt würden, deren Libretti von Hofmannsthal geschrieben worden seien. Rechtsgrund für die Zahlung von Anteilen der Erlöse aus etwa dem „Rosenkavalier“, der „Elektra“ oder „Arabella“ sei eine Abrede zwischen dem Österreicher Hofmannsthal und dem Deutschen Strauss gewesen, dass so lange Anteile der Tantiemen aus diesen Opern an Hofmannsthal und seine Erben abzuführen seien, wie diese gezahlt würden, mithin siebzig Jahre nach dem Tod des 1949 gestorbenen Richard Strauss (und nicht demjenigen des früher verstobenen Hofmannsthal). Die 7. Zivilkammer des Landgerichts München I gab den Erben im Juni 2007 teilweise Recht: Die Zahlungspflicht ende erst dann, wenn auch Richard Strauss oder seine Rechtsnachfolger für die Aufführungsrechte der Opern keine Tantiemen mehr erhielten. Die Künstler – bzw. deren Rechtsnachfolger – hätten sich in den Jahren zwischen 1906 und 1949 in diversen Verträgen darauf geeinigt, dass Strauss die Rechte an den Opern wahrnehme und den Textdichter Hofmannsthal an den Erlösen beteilige, solange Strauss selbst oder seine Rechtsnachfolger für die Aufführungen Tantiemen oder sonstige Beträge als Autor oder Urheber erhielten. Interessant sind (jenseits der Frage des anzuwendenden Rechts) vor allem die Ausführungen des Gerichts zur Rolle von Richard Strauss: Diesem s |
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Schmidt-Bleker, Roland, Legislative Defizite im Schulrecht der preußischen konstitutionellen Monarchie. Eine rechtshistorische Untersuchung zum Vorbehalt des Gesetzes im preußischen Schulrecht (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 2). Nomos, Baden-Baden 2005. 151 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
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Die vorliegende, von Mathias Schmoeckel betreute Bonner rechtswissenschaftliche Dissertation beschäftigt sich mit einem zentralen Problem des preußischen Schulrechts im 19. Jahrhundert, nämlich dessen defizitärer gesetzlicher Grundlage, die in der allgemeinen Bewertung durch Jurisprudenz und Rechtshistorie üblicherweise beschönigend als „rechtliche Besonderheit“ verklärt und mit der Rechtsfigur des besonderen Gewaltverhältnisses begründet wird. Dem Verfasser geht es in seiner subtilen Untersuchung um den Nachweis, dass diese „rechtliche Besonderheit“ nicht aus dem besonderen Gewaltverhältnis entstanden ist, sondern ihren Ursprung in einem Konflikt zwischen Legislative und Exekutive in Bezug auf die rechtliche Gestaltung der Schule hatte, der bereits vor dieser erst von der Verwaltungsrechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts entwickelten Rechtfigur existierte. Es ist der auch uns Heutigen nicht unbekannte Kampf um die Macht über die Schule, der sich in diesem Konflikt manifestiert. Wer im Staat die Macht über die Schule hat, hat die Macht über Bildung und Bürger, über Geist und Entwicklung der Gesellschaft - damals wie heute.
Der Verfasser beginnt seine Untersuchung mit einer Skizze des preußischen Schulwesens in der Zeit des Absolutismus, deren wesentliches Ergebnis für ihn die Feststellung einer „faktischen Gewaltenteilung“ zwischen staatlicher und kirchlicher Schulverwaltung ist. Es folgt die Schilderung des Schulwesens im konstitutionellen Preußen des 19. Jahrhunderts, namentlich des verfassungsrechtlichen Rahmens für die Schulentwicklung seit dem Inkrafttreten der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850. Eingehend wird die Ent |
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Schmieder, Philipp, Duo rei. Gesamtobligationen im römischen Recht (= Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge 56). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 420 S. Besprochen von Gunter Wesener. |
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In der Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts war eine der umstrittensten Fragen des Obligationenrechts die vermeintliche Unterscheidung zwischen Korrealität und bloßer Solidarität. Das Wesen der Korrealobligation wurde auf die Formel gebracht: Einheit der Obligation, Mehrheit der subjektiven Beziehungen. Für die bloße Solidarität nahm man mehrere Obligationen an, die erst mit der Erfüllung erloschen[1]. Die moderne Romanistik hat diese Streitfrage überwunden und betrachtet sie als gegenstandslos. Sie erklärt den scheinbaren Gegensatz aus der historischen Entwicklung des römischen Rechts. Im klassischen Recht bestand eine sogenannte Konsumptionskonkurrenz, d. h. bereits die litis contestatio hatte bei strengrechtlichen Klagen eine gesamtzerstörende Wirkung; im justinianischen Recht hingegen bestand Solutionskonkurrenz (C. 8,40,28,2); erst die Erfüllung hatte gesamtbefreiende Wirkung. Einige Digestenstellen wurden bei der Reform nicht entsprechend geändert, so dass im justinianischen Gesetzeswerk Widersprüche bestehen, die man im Wege der Differenzierung zu lösen versuchte[2].
Philipp Schmieder, ein Schüler Wolfgang Kaisers und Detlef Liebs’, prüft in seiner Freiburger Dissertation die Frage, ob sich „das gesuchte, einheitliche, abstrakte Institut der Gesamtobligationen“ in den römischen Quellen überhaupt nachweisen lasse (S. 29). Er geht dabei nach den verschiedenen Entstehungsgründen vor. Ziel seiner Untersuchung „ist eine vergleichende Übersicht der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Voraussetzungen und Folgesätzen der Gesamtobligationen verschiedener Entstehungsgründe“ (S. 30).
Der Verfasser kommt auf Grund sehr sorgfältiger Exegesen, auf welche in dieser Besprechung nicht näher eingegangen werden kann, z |
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Schmoeckel, Mathias/Stolte, Stefan, Examinatorium Rechtsgeschichte. Heymanns, Köln 2008. XII, 398 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Rechtsgeschichte ist kein Selbstzweck stellen die Herausgeber zu Beginn ihres Werkes fest. Sie ist auch kein Luxus für zeitreiche Studenten. Vielmehr ist eine Grundkenntnis rechtshistorischer Fragestellungen einerseits und die Fähigkeit, Gesetze, Argumente und Sichtweisen in einen historischen Kontext einzuordnen, andererseits für das Verständnis des geltenden Rechts häufig unabdingbar.
Allerdings stehen, so die Herausgeber weiter, Studierende der Rechtswissenschaft vor dem Problem, dass sie die Fülle des rechtshistorischen Wissens unmöglich vollständig erlernen können. Sie ertrinken einfach in der Masse des Stoffes. Deswegen tut Beschränkung (oder Kanonisierung) Not, wie wohl jeder Verfasser eines rechtsgeschichtlichen Lernbuchs für sich erkannt hat.
Trotz der damit verbundenen, nicht verkannten Schwierigkeiten sehen die Herausgeber eine Möglichkeit. Auch in der Rechtsgeschichte existieren einige Grundlagen, die den meisten Juristen bekannt sind und aus diesem Grund für die Argumentation im Examen und in der Praxis häufiger herangezogen werden als andere. Wüssten Studierende und die Häufigkeit der Erwähnung, so könnten sie sich leichter vorbereiten und Prüfern müssten nicht mehr befürchten, durch Fragen zur Rechtsgeschichte die Note zu ruinieren.
Ausgehend von solchen Häufigkeiten bedienen sich die Herausgeber der willkürlich bestimmten Zahl 20. Jeweils 20 Gesetze, Juristen, Rechtsschulen, Herrschaftsformen, Rechtsfragen und Probleme bei der Rechtsdurchsetzung wurden ausgesucht. Hierauf wird keiner verzichten wollen. Durch die Gewinnung vieler, vor allem auch jüngerer Rechtshistoriker soll die Ausgewogenheit gesichert werden.
Die zwanzig Gesetze sind die Gesetze des Königs Hammu-rapi von Babylon, der Dekalog, das Zwölftafelgesetz, Codex Theodosianus, Lex Salica, Corpus Iuris |
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Schreiber, Carsten, Elite im Verborgenen. Ideologie und regionale Herrschaftspraxis des Sicherheitsdienstes der SS und seines Netzwerks am Beispiel Sachsens (= Studien zur Zeitgeschichte 77). Oldenbourg, München 2008. VIII, 501 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schreiber, Carsten, Elite im Verborgenen. Ideologie und regionale Herrschaftspraxis des Sicherheitsdienstes der SS und seines Netzwerks am Beispiel Sachsens (= Studien zur Zeitgeschichte 77). Oldenbourg, München 2008. VIII, 501 S. Besprochen von Martin Moll.
Angesichts einer Forschungsliteratur über den Nationalsozialismus, die mittlerweile ganze Bibliotheken füllt und selbst für den Fachmann nicht mehr überschaubar ist, vermag man sich kaum vorzustellen, dass es zu diesem Thema noch weiße Flecken geben oder der Fund einer einzigen Quelle zu wesentlich gewandelten Erkenntnissen führen könnte. Und doch ist es so. Wer die einleitenden Bemerkungen Schreibers zu der von ihm entdeckten Quelle und deren Relevanz anfangs mit Skepsis liest, wird bald eines Besseren belehrt.
Mit sichtlichem Stolz schildert der Verfasser, wie er 1998 durch einen glücklichen Zufall eine Personenkartei des für Sachsen zuständigen Leitabschnitts des Sicherheitsdienstes (SD) der SS entdeckte und wie er das Bundesarchiv auf die falsche Einordnung dieses Bestandes hinweisen konnte: Trotz der durchgehenden Verwendung der SS-typischen Sigrune und zahlreicher Stempel „Geheime Reichssache“ hatten die Archivare die in der Hinterlassenschaft der DDR-Staatssicherheit aufgefundene Kartei fälschlich als Produkt des SED-Staates klassifiziert. Die Kartei – von sämtlichen SD-Leitabschnitten ist nur diese eine erhalten geblieben – beinhaltet Karteikarten mit Personenangaben zu nicht weniger als 2.746 für den SD tätig gewesenen Männern und Frauen. Völlig zu Recht nahm Schreiber an, dass dieser singuläre Fund erstmals quellengestützte und vertiefende Einsichten in das regionale Netzwerk des SD, dieses wichtigen Teils des NS-Herrschafts- und Unterdrückungsapparates, erlauben werde. Was der Verfasser als Leipziger Dissertation vorgelegt hat, kann nunmehr in einer überarbeiteten und gekürzten Druckfassung nachgelesen werden.
Vom Forschungsansatz her reiht sich die Arbeit in |
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Schröder, Friedo, Die anwaltliche Tätigkeit während der nationalsozialistischen Herrschaft. Eine Analyse der anwaltlichen Argumentation in Zivilprozessen anhand der vorhandenen Prozessakten der Landgerichte Frankenthal, Wiesbaden, Limburg und Frankfurt und der Handakten der jüdischen Konsulenten des OLG-Bezirks Frankfurt am Main (= Rechtshistorische Reihe 235). Lang, Frankfurt am Main 2001. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schröder, Friedo, Die anwaltliche Tätigkeit während der nationalsozialistischen Herrschaft. Eine Analyse der anwaltlichen Argumentation in Zivilprozessen anhand der vorhandenen Prozessakten der Landgerichte Frankenthal, Wiesbaden, Limburg und Frankfurt und der Handakten der jüdischen Konsulenten des OLG-Bezirks Frankfurt am Main (= Rechtshistorische Reihe 235). Lang, Frankfurt am Main 2001. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Andreas Roth betreute, im Wintersemester 1999/2000 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaft der Universität Mainz angenommene Dissertation des bei Arndt Teichmann als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigten Verfassers. Da eine Rezensionszusage des Jahres 2001 trotz vielfacher Erinnerung nicht eingehalten werden konnte, muss die Untersuchung vom Herausgeber verspätet angezeigt werden. Sie behandelt eine interessante Fragestellung.
Gegliedert ist sie in zwei Teile, denen eine Vorbemerkung vorausgeht. In ihr weist der Verfasser darauf hin, dass die Argumentation von Rechtsanwälten in Zivilprozessen zwischen 1933 und 1945 bisher nicht systematisch betrachtet wurde. Es liegt nahe, dass er sich bei der Schließung dieser Lücke mit repräsentativen Quellen begnügen musste.
Im ersten Teil stellt der Verfasser die rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage von Rechtsanwälten vor und während des dritten Reiches dar. Dabei unterscheidet er zwischen Weimarer Republik und nationalsozialistischer Herrschaft. Verbesserte sich die Lage der Rechtsanwälte nach 1933 infolge der Verdrängung jüdischer Kollegen, so verschlechterte sie sich ab 1938 zusehends.
Im zweiten Teil wertet der Verfasser etwa 1200 archivierte Prozessakten und etwa 840 archivierte Handakten jüdischer Anwälte mit prozessbezogenem Inhalt aus. Etwa 6,5 Prozent der Prozessakten und 10 Prozent der Handakten lassen in der Argumentation einen auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten zurückzuführenden W |
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Schröder, Rainer, Die DDR-Ziviljustiz im Gespräch - 26 Zeitzeugeninterviews (= Rechtshistorische Reihe 373). Lang, Frankfurt am Main 2008. 273 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schröder, Rainer, Die DDR-Ziviljustiz im Gespräch - 26 Zeitzeugeninterviews (= Rechtshistorische Reihe 373). Lang, Frankfurt am Main 2008. 273 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Niemand weiß besser als der Historiker, dass das Geschehen mit Ablauf der Zeit von der Gegenwart zur Vergangenheit wird. Damit geht notwendigerweise auch Wissen über die ehemalige Gegenwart verloren. Dieses zu sichern kann zur Aufgabe des Historikers werden, wie sie sich Rainer Schröder in loser Verbindung zu einem umfassenden Projekt zur Erforschung der Zivilrechtskultur der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zum Ziel gesetzt hat.
Auf der Suche nach der Zivilprozesswirklichkeit dieses Raumes in dieser Zeit hat er deshalb in Verbindung von Sozialwissenschaft und Rechtswissenschaft Zeitzeugen befragt. Sie lassen aus Korrealitäten Kausalitäten erkennen und hauchen auf diese Weise statistischen Erkenntnissen persönliches Leben ein. Zugleich ermöglichen sie einen zusätzlichen Zugang zu dem Untersuchungsgegenstand, der freilich besonderen Gegebenheiten unterliegt.
Insgesamt sind 26 Zeitzeugeninterviews zu einer überschaubaren Einheit zusammengefasst. Sie betreffen die sechs verschiedenen Sichtfelder des Rechtsanwalts (8) , des Justitiars (9), des Justizangestellten (1), des Richters (3), des Schöffen (1) und des Außenstehenden (Wirtschaftlers, Wissenschaftler, Klägers) (4). Innerhalb der Sichtfelder wird dabei grundsätzlich zwischen soziologischer Sicht (10) und juristischer Sicht (16) unterschieden, wobei das einem Fragenkatalog folgende sehr erzählerische Herangehen der festen, faktenreichen Bindung an aufgeworfene Fragen gegenübergestellt wird.
Den Interviews werden gruppenweise kleine Einführungen vorangegeben. Die Interviewpartner werden aus Datenschutzgründen naheliegenderweise anonymisiert, Anpassungen des gesprochenen Wortes an die Schriftform möglichst unterlassen. Insgesamt sind auf diese Weise lesenswerte, zum Nachdenken anre |
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Schröder, Rainer, Verwaltungsrechtsdogmatik im Wandel (= Jus Publicum 166). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XVII, 379 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schröder, Rainer, Verwaltungsrechtsdogmatik im Wandel (= Jus Publicum 166). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XVII, 379 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Martin Schulte betreute, im Sommersemester 2006 von der juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden angenommene Habilitationsschrift des 1998 mit seiner Münsteraner Dissertation über Rechtsfrage und Tatfrage in der normativistischen Institutionentheorie Ota Weinbergers hervorgetretenen, seit 1999 in Dresden wirkenden Verfassers. Sie stellt sich die Frage, ob die Verwaltungsrechtswissenschaft in der Lage ist, gesellschaftliche Veränderungen ohne Verlust ihrer wissenschaftlichen Identität aufzunehmen. Dem geht sie in insgesamt drei Teilen nach, von denen zwei rechtsgeschichtlich ausgerichtet sind, während der dritte Teil rechtstheoretische Überlegungen in den Mittelpunkt stellt.
Nach einer kurzen Einleitung betrachtet der Verfasser die Entstehung und frühe Entwicklung der Wissenschaft vom Verwaltungsrecht, die es lange versäumt habe, ihre Geschichte vom Technikrecht her zu lesen, und stattdessen spätestens seit Otto Mayer (1846-1924) ihre Identität über die Eingliederung der öffentlichen Verwaltung in die Einheit des Staates und damit letztlich in der Idee innerer Souveränität als höchster, unabgeleiteter und ungeteilter Gewalt gesucht habe. Von hier aus beginnt er die Entstehung eines gemeindeutschen Verwaltungsrechts mit Robert von Mohl (1799-1875) und Friedrich Franz von Mayer (1816-1870). Dem Rechtsstaatsprinzip der Gründerzeit und der Etablierung der juristischen Methode schließt er den Weg vom formalen Rechtsstaatsprinzip (Kreuzbergurteil von 1882) über Carl Schmitt zum Staat der Daseinsvorsorge (Ernst Forsthoff) an.
Der zweite Teil hat den Funktionswandel der öffentlichen Verwaltung unter dem Grundgesetz zum Gegenstand. Dabei behandelt der Verfasser umsichtig fünf Punkte. Er beginnt mit dem Verwaltungsrecht als konkretisiertem Verfas |
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Schröder, Rainer, Zivilrechtskultur der DDR. Band 4 Vom Inkasso- zum Feierabendprozess - der DDR-Zivilprozess (= Zeitgeschichtliche Forschungen 2,4). Duncker & Humblot, Berlin 2008. XX, 426 S. Besprochen von Adolf Laufs. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schröder, Rainer, Zivilrechtskultur der DDR. Band 4 Vom Inkasso- zum Feierabendprozess - der DDR-Zivilprozess (= Zeitgeschichtliche Forschungen 2/4). Duncker & Humblot, Berlin 2008. XX, 426 S. Besprochen von Adolf Laufs.
Der vorliegende Band bildet den Abschluss eines großen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts zur „Zivilrechtskultur der DDR“. Wenn das Zivilrecht und sein Prozess nicht als Hauptmechanismus zur Unterdrückung der DDR-Bürger wirkten, welche Rolle spielte es dann in der Diktatur? Begrenztheiten ergaben sich schon daraus, dass neben dem Zivilprozess andere rechtliche und politische Lösungsmöglichkeiten bestanden wie die Eingaben, die Konflikt- und Schiedskommissionen und die Vertragsgerichte. Das Forschungsprojekt zog die Erkenntnisse aus der Statistik, der Alltagstheorie, aus Zeugenauskünften, aus Akten erstinstanzlicher Gerichte in Berlin und den gesetzlichen Gegebenheiten. So entstand ein umfassendes Bild der Zivilprozesswirklichkeit in den vier Jahrzehnten der Deutschen Demokratischen Republik.
Die Formel, die dem Buch den Namen gibt, vom Inkasso- zum Feierabendprozess, fasst die Entwicklung treffend zusammen. Im Zuge der Umgestaltung der DDR zu einem staatssozialistischen Land bildete sich der Prozesstyp des kurzen und unkomplizierten Inkassoverfahrens heraus mit Klagen staatlicher Versorger, insbesondere der Wohnungsunternehmen, gegen säumige Zahler. Doch dieser Verfahrenstyp verlor früh an Bedeutung, weil Klagen von Bürgern gegen sozialistische Betriebe und Institutionen Erschwerung erfuhren und seltener wurden. Das hochpolitische Wirtschaftsrecht entfernte sich vom Privatrecht als ein neues Rechtsgebiet für die Beziehungen der volkseigenen Betriebe und Kombinate untereinander und für deren Verhältnis zu Plan und Staat. Mit den Streitigkeiten auf diesen Feldern befassten sich die Vertragsgerichte, gerichtsähnliche Verwaltungsinstanzen mit privat- und öffentlichrechtlichen Zuständigke |
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Schulte, Petra, Scripturae publicae creditur. Das Vertrauen in Notariatsurkunden im kommunalen Italien des 12. und 13. Jahrhunderts (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 101). Niemeyer, Tübingen 2003. XII, 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schulte, Petra, Scripturae publicae creditur. Das Vertrauen in Notariatsurkunden im kommunalen Italien des 12. und 13. Jahrhunderts (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 101). Niemeyer, Tübingen 2003. XII, 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hagen Keller betreute, am Sonderforschungsbereich Der Verschriftlichungsprozess und seine Träger in Oberitalien (11.-13. Jahrhundert) entstandene, in Münster angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie geht in der Einleitung von einer notariell gefertigten Urkunde aus, die Martinus Gixilbertus 1256 dem Gericht in Como wegen eines behaupteten Grundstückskaufs aus dem Jahre 1233 vorlegte. An diesem Vorgang entwickelt sie Problemaufriss und Fragestellung und schildert danach Methode und Quellen.
Ihre Untersuchung gliedert sie in drei Teile, wobei sie mit dem Notar als öffentlicher Person beginnt und nacheinander Leumund und Wahrheit, Investitur, Legitimierung und soziales Profil der Comasker Notare im 12. und 13. Jahrhundert sowie die Kontrolle durch Stadtgemeinde und Zunft erörtert. Es folgt die Behandlung der öffentlichen Niederschrift der Urkunde an Hand der Verschmelzung von Vertragsschluss und Beurkundung, der Überprüfung und Authentisierung des Textes, der Wahl des Ortes in den (1265 bzw. 1094) Urkunden des Comasker Klosters S. Abbondio und der Zeugen. Im dritten Teil geht die Verfasserin auf die Intervention der Kommune ausführlich ein.
Im Ergebnis stellt sie fest, dass im Zuge der Verschriftlichung im 12. und 13. Jahrhundert auch private Rechtsgeschäfte zunehmend schriftlich fixiert wurden. Dabei erlangte die Urkunde als vollwertiges Beweismittel fides, wobei einen wichtigen Anhaltspunkt für das Vertrauen, dass ein Schriftstück ein vergangenes Ereignis wahrheitsgemäß wiedergab, der Notar bildete. Das Vertrauen in den Notar wurde anfangs in erster Linie durch die Namen der Zeugen zusätzlich abgesichert, später jedoch in zunehmendem Maße |
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Schultheiß, Sven, Gerichtsverfassung und Verfahren. Das Zentgericht Burghaslach in Franken (14.-19. Jahrhundert) (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien 7). Böhlau, Köln 2007. XXXIV, 557 S. Besprochen von Reinhard Schartl. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schultheiß, Sven, Gerichtsverfassung und Verfahren. Das Zentgericht Burghaslach in Franken (14.-19. Jahrhundert) (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien 7). Böhlau, Köln 2007. XXXIV, 557 S. Besprochen von Reinhard Schartl.
Die Studie, zugleich die von Dietmar Willoweit betreute Würzburger Dissertation des Verfassers, setzt sich eine Vertiefung der bisherigen Untersuchungen zur fränkischen Zentgerichtsbarkeit anhand der durch ihre zentrale Lage hervorgehobenen Zent Burghaslach zum Ziel. Kaiser Friedrich I. hatte 1168 den Würzburger Bischöfen das Privileg verliehen, in ihrem Herzogtum über die Zenten zu bestimmen und Zentgrafen einzusetzen. Aufgrund einer eingehenden Analyse der komplexen und scheinbar widersprüchlichen Quellen kommt der Verfasser abweichend von früheren Autoren zu dem Ergebnis, dass die Zent Burghaslach erstmals 1317 erwähnt wird, als Fürstbischof Gottfried III. die Zentgerechtigkeit an die Freiherrn von Vestenberg verlieh. Aus nicht aufklärbaren Gründen traten noch im 14. Jahrhundert die Herren von Hohenlohe als Mittler in das Lehensverhältniss der Bischöfe zu den Vestenbergern ein. Nach dem Tod eines Mitglieds der Familie von Hohenlohe-Speckfeld belieh der Würzburger Fürstbischof 1412 Graf Linhard von Castell mit der Zent, so dass die Herren von Vestenberg nunmehr Lehensnehmer der Grafen von Castell wurden. Erbrechtliche Ansprüche der Schenken von Limburg nach dem Tode des von Hohenlohe-Speckfeld führten bis zur Auseinandersetzung mit Castell im Jahre 1482 zu einer gemeinsamen Verwaltung des Zentrechts. Nachdem die Herren von Münster Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhundert eine Hälfte der Zent erworben hatten, kam es zu einem Kondominat zwischen ihnen und den vestenbergischen Zentherren. Deren Anteil fiel 1687 nach dem Aussterben der Vestenberger im Mannesstamm an Castell zurück. 1783 erwarb Castell auch die münsterische Hälfte. 1809 endete die Zentgerechtigkeit.
Schultheiß |
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Schulze, Hans K., Die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu. Die griechische Kaiserin und das römisch-deutsche Reich 972-991 (= Veröffentlichungen der niedersächsischen Archivverwaltung Sonderband). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2007. 119 S. 19 Abb., 1 farb. Ausklapptaf. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schulze, Hans K., Die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu. Die griechische Kaiserin und das römisch-deutsche Reich 972-991 (= Veröffentlichungen der niedersächsischen Archivverwaltung Sonderband). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2007. 119 S. 19 Abb., 1 farb. Ausklapptaf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Unter den weit mehr als einhunderttausend Pergamenturkunden des niedersächsischen Landesarchivs ragt die so genannte Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu vom 14. April 972 hervor, die nach der 1810 vollzogenen Säkularisation des Reichsstifts Gandersheim in das Staatsarchiv in Wolfenbüttel gelangte. Sie wurde im Jahre 2005 zur Aufnahme in das Weltkulturerbe (Weltdokumentenerbe) vorgeschlagen. Sie unterlag aber dem Handexemplar der Brüder Grimm von der Erstausgabe der Kinder- und Hausmärchen von 1812/1815 und der 1507 erstmals den Namen Amerika für die neu entdeckte Welt verwendenden Weltkarte Martin Waldseemüllers, so dass sie nicht als erste mittelalterliche Urkunde in das Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde.
Da es bei Einleitung des Bewerbungsverfahrens keine Darstellung gab, welche diese außergewöhnliche Geschichtsquelle und die Umstände ihrer Entstehung einem breiteren Publikum auf angemessene Weise bekannt gemacht hätte, sollte oder musste im Zusammenhang mit der Bewerbung dieser Mangel beseitigt werden. Für diese Aufgabe wurde Hans K. Schulze als einer der besten Sachkenner gewonnen. Unabhängig vom enttäuschenden Ausgang der Bemühungen steht sein eindrucksvolles Ergebnis nun der Allgemeinheit in einladender Form zur Verfügung.
Der Prolog rühmt die in Purpur, Blau und Gold leuchtende, mit guten Gründen als Original angesehene Heiratsurkunde eines unbekannten Künstlers als die schönste Urkunde des europäischen Mittelalters, vielleicht sogar der ganzen Welt. Sie ragt bereits durch ihre ungewöhnliche Größe von 144,5 x 39,5 Zentimetern aus der Masse der mittelalterlichen Diplome heraus, bildet auf Grund ihrer malerischen G |
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Schwarz, Jörg, Herrscher- und Reichstitel bei Kaisertum und Papsttum im 12. und 13. Jahrhundert (= Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters - Beihefte zu Böhmer, J. F., Regesta Imperii 22). Böhlau, Köln 2003. 510 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Jürgen Petersohn angeregte und betreute, im Sommersemester 1999 vom Fachbereich Geschichtswissenschaften der Universität Marburg angenommene, in etwas kleinerer Type gedruckte Dissertation des Verfassers. Sie geht nach der Probleme und Aufgaben schildernden Einleitung davon aus, dass es in der deutschen Herrscherkanzlei im 12. Jahrhundert zu einer Reihe von auffälligen Neuerungen im Bereich des Herrscher- und Reichstitels gekommen ist, die mit Heinrich V. einsetzen. Deren Ergebnis erwies sich dann für die gesamte weitere Geschichte des alten Reiches als grundsätzlich genügend.
Eine zusammenhängende Entwicklungsgeschichte des Herrscher- und Reichstitels fehlte bislang, obwohl nur sie eine ausreichende Antwort auf die Bedeutung der einzelnen Elemente liefern kann. Dementsprechend setzte sich der Verfasser die Schließung dieser Lücke zur Aufgabe. Deren Bewältigung geht von der Festigung des Titels Romanorum rex unter Heinrich V. aus und führt (von der erstmaligen Erweiterung des Wortes imperium durch das Beiwort Romanum im Jahr 1034) bis zur weitgehenden Durchsetzung des dreigliedrigen Reichstitels sacrum Romanum imperium im Interregnum des dreizehnten Jahrhunderts, wozu eine stete Spiegelung dieser Entwicklungsgeschichte in den Äußerungen der römischen Kurie kommt.
Geteilt wird dieser Weg in acht Abschnitte. Am Beginn stehen der deutsche König als Romanorum rex von Heinrich II. bis zu Heinrich V. und dem Papsttum. Es folgen die Reichsbezeichnungen der Päpste Calixt II., Innozenz II. und Ankaklet II. Der dritte Abschnitt behandelt Konrad III., die Anfänge Friedrich Barbarossas und das imperium Romanum im Spannungsfeld zwischen Byzanz, Papsttu |
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Schwendinger, Gerd, Gemeinschaftsrechtliche Grenzen öffentlicher Rundfunkfinanzierung. Audiovisuelle Daseinsvorsorge und Pluralismussicherung im Lichte von EG-Beihilferecht und Diensleistungsfreiheit (= Schriftenreihe europäisches Recht, Politk und Wirtschaft 327). Nomos, Baden-Baden 2007. 683 S. Besprochen von Dieter Kugelmann. |
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Die umfassend angelegte Arbeit erarbeitet mit großer Sorgfalt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die innerstaatliche Finanzierung des Rundfunks auf der Grundlage des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Schon der Titel stellt klar, dass der Verfasser im Gemeinschaftsrecht Grenzen der innerstaatlichen Handlungsspielräume verortet. Dem entsprechend liegt der Schwerpunkt der Arbeit (mit 407 Seiten) auf dem europäischen Beihilferecht.
Einleitend stellt der Verfasser die Rechtslage der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland mit vergleichenden Hinweisen auf andere Mitgliedstaaten dar. Er bewegt sich dabei überwiegend auf der gesicherten Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Zu Recht verfolgt er ein funktionales Konzept der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten und geht auf eine Reihe aktueller Fragen etwa der neuen Mediendienste ein. Der Hauptteil der Arbeit bezieht das allgemeine europäische Beihilfenrecht vertiefend mit ein und prüft die vom Europäischen Gerichtshof und der Kommission entwickelten Kategorien spezifisch für die Finanzierung des Rundfunks durch Gebühr. Überzeugend belegt der Verfasser, dass die Rundfunkgebühr als Beihilfe einzuschätzen ist. Eine Rechtfertigung kommt aber aufgrund des Art. 86 Abs. 2 EGV in Betracht, weil Rundfunk eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ist. Damit wird die Rechtfertigung der Gebühr auf die Erfüllung des Funktionsauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verlagert. Zugleich finden sich die komplexen Anwendungsprobleme des Art. 86 EGV im Rundfunk |
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Seifert, Jan, Funktionsverbgefüge in der deutschen Gesetzessprache (18.-20. Jahrhundert (= Germanistische Linguistik – Monographien 15). Olms-Weidmann, Hildesheim 2004. IX, 284 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das Werk ist die mit dem Kauf eines unscheinbaren Heftchens mit dem Titel Fingerzeige für die Gesetzes- und Amtssprache beginnende, von Wolfgang Brandt angeregte und betreute, während der Zeit des Verfassers als Mitarbeiter am Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften der Philipps-Universität Marburg entstandene Dissertation des Verfassers. Sie geht von der Feststellung aus, dass ein auffälliges Merkmal fachsprachlicher Textsorten und Funktionalstile die Neigung zu komprimiert-abstrakter Ausdrucksweise ist, insbesondere zum Gebrauch von Nominalisierungen im Bereich des Prädikatsausdrucks. In Anknüpfung an ein Marburger, bisher 84 deutsche Gesetze, Verordnungen, Mandate usw. zwischen 1706 und 1995 (darunter Teile des Codex Maximilianeus Bavaricus civilis, des Allgemeinen Landrechts, des badischen Landrechts, des sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des Bürgerlichen Gesetzbuchs) umfassendes Forschungsprojekt zur Gesetzessprache des 18. bis 20. Jahrhunderts befasst sie sich mit verbo-nominalen Konstruktionen, in denen statt eines Verbs eine Verbindung aus einem (semantisch verblassten) Verb und einem Abstraktum verwendet wird (z. B. zur Anwendung bringen, außer Betrieb setzen, in Besitz sein, in Empfang nehmen, in Gebrauch nehmen, zur Beschlussfassung kommen, unter Schutz stehen).
Sie gliedert sich außer in Einleitung und Zusammenfassung in fünf Abschnitte. Zunächst stellt sie Aspekte der Forschungsgeschichte dar, bereitet den von ihr verwendeten Funktionsverbgefügebegriff auf und ermittelt potentielle Motive für die Verwendung von Funktionsverbgefügen. Danach befasst sie sich mit syntaktischen Merkmalen der Gesetzessprache und untersucht dann den empirischen Befund in dem verwendeten Korpus.
Im Ergebnis stellt sie als |
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Seigneurial Jurisdiction, ed. by Bonfield, Lloyd (= Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History/Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und angloamerikanischen Rechtsgeschichte 21). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 237 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und angloamerikanisches Rechtsgeschichte sind ein interessantes, von Helmut Coing und Knut Wolfgang Nörr in die Wege geleitetes Unterfangen. Seit 1985 sind sie von führenden deutschen und angloamerikanischen Forschern betrieben worden. Im Jahre 2000 erschien in der bis zur Gegenwart auf 28 Bände angewachsenen Reihe auch ein Sammelband über die grundherrliche Gerichtsbarkeit, für den der Herausgeber auf Empfehlung einen jüngeren Rechtshistoriker als Interessenten gewinnen konnte, mangels Verwirklichung der Zusage im Spagat zwischen nominaler Rechtsgeschichte und ökonomisch lukrativer Advokatur aber selbst einige wenige anzeigende Zeilen verfassen muss.
Der von dem in New Orleans tätigen Herausgeber vorgelegte Band enthält außer seiner umsichtigen Einleitung neun Beiträge. Von ihnen betreffen zwei Drittel den Kontinent. Die drei sich auf England beziehenden Studien sind auffälligerweise ausnahmslos aus amerikanischer Sicht (New Orleans, Washington und Chicago) verfasst.
In der Einleitung beschreibt der Herausgeber die Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Aufgabenstellung. Da das Unternehmen naturgemäß nicht erschöpfend bewerkstelligt werden konnte, musste es in erster Linie um die Verbindung des Gegenstands mit dem jeweiligen Kontext gehen. Auf diese Weise konnte zumindest ein sowohl Ähnlichkeiten wie Unterschiede erweisender Rahmen für künftige Untersuchungen erarbeitet werden.
Für den Kontinent befasste sich Jean Coudert mit den justices seigneuriales en Lorraine vor 1600, während Jean-François Poudret die Rechtsprechung in Genf, Lausanne, Waadtland, Chablais, Valais |
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Senk, Norman, Junghegelianisches Rechtsdenken. Die Staats-, Rechts- und Justizdiskussion der „Hallischen“ und „Deutschen Jahrbücher“ 1838-1843 (= fundamenta iuris 3). Mentis, Paderborn 2007. 578 S. Besprochen von Walter Pauly. |
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Die von Hermann Klenner angeregte und von Michael Kahlo betreute Leipziger juristische Dissertation widmet sich mit den Hallischen und seit 1841 Deutschen Jahrbüchern einem zentralen publizistischen Organ des Vormärzes, in dem namentlich die Junghegelianer ein Sprachrohr fanden. An Untersuchungen zum Jung- und damit nahezu deckungsgleich Linkshegelianismus gebricht es nicht. Auch die in den Jahrbüchern geführte Diskussion um Staat und Verfassung wird in der vorliegenden Arbeit nicht erstmalig thematisiert. Wohl aber betritt der Verfasser Neuland, wenn er auch die in den seit Anfang 1838 wochentäglich erscheinenden „vier Quartseiten“ (S. 49) erfolgten Auseinandersetzungen um die Grundfragen von Recht und Rechtswissenschaft, insbesondere in kritischer Absetzung von der Historischen Rechtsschule, sowie um die Reform des Justizwesens ausleuchtet. Dabei geht es ihm nicht um den Aufweis einer homogenen Rechtsphilosophie, sondern um eine Erfassung der „ganzen Vielstimmigkeit“ (S. 32). Geschildert wird nach einer Einleitung zunächst die Entstehung der Jahrbücher unter der Führung Arnold Ruges in jenem geistig lebendigen „jungen Halle“, in dem kampfeslustige jüngere Wissenschaftler, zumeist der Hegelschen Philosophie verpflichtet, die eingesessenen Professoren der einst bedeutenden Aufklärungsuniversität herausforderten. Skizziert werden die auf die Reflexion der Wissenschaftsentwicklung gerichtete Programmatik und diverse Wandlungen der Blätter, in denen keineswegs nur Hegelianer zu Wort kamen. Auf bald 200 Seiten wird sodann die anfangs propreußisch geführte Staatsdiskussion in den Jahrbüchern referiert, die zunehmend in eine Kritik und schließlich ab 1841 regelrechte Opposition zum Preußen des seit 1840 regierenden Friedri |
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Senn, Marcel, Rechtsgeschichte - ein kulturhistorischer Grundriss, mit Bildern, Karten, Schemen, Register, Biographien und Chronologie, 4. Aufl. Schulthess, Zürich 2007. XXIII S., 3 Taf., 481 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gunter Wesener. |
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Senns Rechtsgeschichte ist nunmehr bereits in 4., wieder neu bearbeiteter und erweiterter Auflage erschienen, vier Jahre nach der 3. Auflage (2003)[1]. Die Neuauflage wurde gegenüber der 3. Auflage um etwa fünfzig Seiten vermehrt. Die Gliederung wurde grundsätzlich beibehalten. Das 12. Kapitel trägt nun die erweiterte Überschrift „Recht im Spannungsfeld von Industrialisierung, Positivismus, Naturalismus und Nationalismus“.
Auf S. XVIII muss es wohl richtig heißen „Privatrechtsgeschichte“ (nicht „Privatgeschichte“).
Eingefügt wurden Abschnitte über die Rechtsstellung der Frau, so „Die Rechtsstellung der Frauen in der spätmittelalterlichen Stadt“ (5. Kap. IV, S. 156ff.), „Das Geschlechterverhältnis vor der Französischen Revolution“ (9. Kap. V. 2, S. 283) und „Die Stellung der Frau im 19. und 20. Jahrhundert“ (12. Kap. IV, S. 375ff.). Besonders hervorgehoben wird die berufliche Tätigkeit der „Kölner Kauffrauen“ im Spätmittelalter (S. 166).
Senns Rechtsgeschichte ist bereits zu einem Standardwerk geworden, das vor allem in Hinblick auf seine kulturhistorische und methodische Ausrichtung einen wichtigen Platz unter den rechtshistorischen Lehr- und Handbüchern einnimmt.
Graz Gunter Wesener
[1] Dazu G. Wesener, ZRG Germ. Abt. 122 (2005) 383f.; zur 2. Auflage (1999) ders., ebd. 121 (2004) 519f.
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Severin-Barboutie, Bettina, Französische Herrschaftspolitik und Modernisierung. Verwaltungs- und Verfassungsreformen im Großherzogtum Berg (1806-1813) (= Pariser Historische Studien 85). Oldenbourg, München 2008. VI, 410 S., 5 Ill. Besprochen von Werner Schubert. |
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Das Großherzogtum (GHT) Berg verdankt wie auch das Königreich Westphalen und das Großherzogtum Frankfurt seine Gründung und Existenz dem französischen Kaiser. Bislang hat insbesondere das Königreich Westphalen wegen seiner Verfassung und aufgrund der Programmatik, mit der es von Napoleon bedacht wurde, die Aufmerksamkeit der Geschichts- und Rechtswissenschaft gefunden. Dagegen ist dem GHT Berg – sieht man einmal von der vor über 100 Jahren erschienenen Monographie von Charles Schmidt, Le Grand-Duché de Berg (1806-1813), Paris 1904 (deutsche Übersetzung, Neustadt an der Aisch 1999) ab – geringere Beachtung geschenkt worden. Deshalb ist es zu begrüßen, dass mit dem Werk von Severin-Barboutie wieder eine umfassendere Arbeit über das GHT Berg vorliegt. Ausgangspunkt der Studie ist die Frage nach Funktion, Wesen und Wirkung der französischen Herrschaft am Niederrhein: „Am Beispiel der französischen Herrschaftspolitik im GHT Berg sollen die Zusammenhänge zwischen Reformpolitik, dem Ausbau staatlicher Macht und der Modernisierung von Staat und Gesellschaft im frühen 19. Jahrhundert untersucht werden“ (S. 9). Im ersten Kapitel stellt die Verfasserin die Gründung und allgemeine Entwicklung des neuen Staates dar, der am 15. 3. 1806 gegründet wurde und 1808 seine größte Ausdehnung erreichte (17.300 qkm; 1811: 14.000 qkm). Der erste Großherzog war bis Mitte 1808 der Prinz Joachim Murat, ein Schwager Napoleons. Am 15. 7. 1808 übernahm Napoleon selbst die Herrschaft, übertrug jedoch die Herzogswürde im März 1809 seinem vierjährigen Neffen Louis Napoleon, für den er die Regentschaft führte. Während Berg unter Murat ein souveräner, von Frankreich allerdings abhängiger Staat war, wurden die Gesetzge |
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Signa iuris. Beiträge zur Rechtsikonographie, Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde, hg. v. Kocher, Gernot/Lück, Heiner/Schott, Clausdieter, Band 1, Band 2. Peter Junkermann Verlag, Halle an der Saale 2008. 182, 195 S. Besprochen von Hans Hattenhauer. |
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Dass diese neue Reihe Neues anstrebt und einen seit längerem bestehenden Bedarf befriedigt, lässt sich bereits daran erkennen, dass die Herausgeber im Erscheinungsjahr des ersten Bandes bereits einen zweiten herausbringen konnten. Es soll ein die bisherigen Wissenschaftsdisziplinen übergreifendes, in loser Folge erscheinendes Forum sein, ohne dass damit die Ausgrenzung thematisch verwandter Forschungen beabsichtigt ist. Seit je haben die damit gemeinten Gegenstände ihre Erforschung durch Vertreter mehrerer Disziplinen erfahren. Generationen von Rechtshistorikern haben diesen Themen immer wieder ihr Interesse, besser wohl: ihre Liebe, gewidmet. Mit Recht erinnern die Herausgeber an die Leistungen von Eberhard Freiherr von Künßberg, Karl Siegfried Bader, Karl Frölich und Louis Carlen. Doch sollte man auch jene von Hans Fehr und Eugen Wohlhaupter dabei nicht vergessen wie auch die fast unbekannten Antiquitates-iuris-Forschungen des 18. Jahrhunderts und vor allem Jacob Grimms „Rechtsaltertümer“. Das Fach der Rechtsgeschichte war niemals so eng verfasst, dass solche Arbeiten nicht den wissenschaftlichen Respekt auch anderer Disziplinen – oft mehr den jener als den der eigenen Fakultät – gefunden hätten. Nun aber sollen sich diese rechtshistorischen Nebenfächer entschlossener den Forschungen der verwandten Disziplinen öffnen, die sich im Rahmen ihrer Disziplinen immer auch für das Recht interessiert haben. So ist zu hoffen und auch zu erwarteten, dass mit dieser Reihe die alten Zäune zwischen den Disziplinen etwas niedriger werden und auf allen Seiten der Blick für die ganze Weite dieses Forschungsfeldes geschärft wird. Dabei kann auch die Rechtsgeschichte nur gewinnen und es ist erfreulich, d |
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Signori, Gabriela, Vorsorgen – Vererben – Erinnern. Kinder- und familienlose Erblasser in der städtischen Gesellschaft des Spätmittelalters (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 160). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001. XI, 449 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Verfasserin, 1992 durch Klaus Schreiner von Basel nach Bielefeld geholt, ist seit 1993 durch zahlreiche Veröffentlichungen hervorgetreten. So veröffentlichte sie beispielsweise 1995 Maria zwischen Kathedrale, Kloster und Welt - hagiographische und historiographische Annäherungen an den Typus der hochmittelalterlichen Wunderpredigt. Ihre Habilitationsschrift führte sie zu „Unsummen dröger Verträge“, die sie mit freundschaftlicher Hilfe und Ermunterung vieler Kollegen und Freunde zum Sprechen bringen konnte.
Ihre Einleitung beginnt sie mit Till Eulenspiegels Testament. Dabei stellt sie Schelmisches einerseits und Erbauliches andererseits einander gegenüber. Das Tauziehen zwischen Kirche und Welt führt sie über Kaplan Büchsenmeister bis zu Corporate Identities.
Ihre Untersuchung eines rechtsgeschichtlich durchaus bedeutsamen Themas gliedert sie in fünf Kapitel. Dabei beginnt sie, ihrer wissenschaftlichen Herkunft entsprechend mit dem Basler Schöffengericht und legt dessen Zusammensetzung und Aktivitäten dar. Insbesondere befasst sie sich mit den Fertigungsbüchern, in denen sie zwischen 1450 und 1500 etwa 4600 Käufe, 1800 Mächtnisse, 250 Erbeinsetzungen, 100 Gaben, 90 Notpfründen und 70 Testamente findet.
Im zweiten Kapitel konzentriert sie sich auf Mächtnis und Widem als zwei Formen gegenseitiger Altersvorsorge. Dabei beginnt sie mit den rechtlichen Voraussetzungen. Danach befasst sie sich mit verschiedensten Wechselfällen des bürgerlichen Familienlebens, in dem aber dann, wenn Verwandte als Erben vorhanden waren, die meisten Mächtnisnehmer das gültige (gesetzliche) Erbrecht respektierten.
Von dort aus geht sie zu Fa |
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Škrubej, Katja, Ritus gentis Slovanov v vzhodnih Alpah – Model rekonstrukcije pravnih razmerij na podlagi najstarejšega jezikovnega gradiva. (Ritus gentis der Slawen in den Ostalpen - Modell der Rekonstruktion der Rechtsverhältnisse auf der Grundlage des ältesten Sprachmaterials). Založba ZRC, Ljubljana 2002. 248 S. Besprochen von Inge Bily. |
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In vorliegender Untersuchung verbindet Katja Škrubej die Rechts- und Sprachgeschichte Sloweniens zu einer gelungenen Synthese. Vor der Autorin selbst (Vorwort, S. 11-12) kommt der Wiener Slawist Radoslav Katičić mit einer Empfehlung und Würdigung der Arbeit (S. 9-11) zu Wort. Auf das Abkürzungsverzeichnis (S. 13-16) folgt die Einleitung (S. 19-24) als das erste von 7 Kapiteln. Anschließend beschreibt Kapitel II (S. 25-40) die rechtshistorischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der mittelalterlichen Gentes in den Ostalpen, bevor Kapitel III (S. 41-73) einen Überblick zur Rechts- und Sprachgeschichte des Untersuchungsgebietes gibt.
Umfangreichster Teil und Kernstück des Buches ist Kapitel VI (S. 105-198) mit einer sprach- und rechtshistorischen Analyse ausgewählter slowenischer Rechtstermini nach einem von der Autorin entwickelten und zuvor in Kapitel V (S. 89-104) vorgestellten Untersuchungsschema. Für diese Analyse erfolgte die Auswahl des Wortschatzes nach seiner juristischen Relevanz und seinem Vorkommen in den ältesten slowenischen Sprachdenkmälern sowie darüber hinaus nach Vergleichsmaterial in anderen slawischen Sprachen, vgl. Kapitel IV (S. 75-87, bes. S. 75). Zusätzlich bezog die Autorin Wortschatz aus Wörterbüchern, außerdem Dialektmaterial wie auch Eigennamen ein. Durchgängiges Arbeitsprinzip dieser auch methodisch anregenden Untersuchung ist der Sprachvergleich zwischen dem Slawischen und dem Althochdeutschen und auch dem Lateinischen. Oftmals werden die behandelten Termini ins Englische und Deutsche übersetzt, ein wichtiger Schritt zur Überwindung der Sprachbarrie |
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Societates. Das Verzeichnis der Handelsgesellschaften im Lübecker Niederstadtbuch 1311-1361, hg. v. Cordes, Albrecht/Friedland, Klaus/Sprandel, Rolf (= Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte 54). Böhlau, Köln 2003. 130 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Bald nach dem Erhalt der Reichsfreiheit im Jahre 1226 entstand wohl mit der Ausbildung einer eigenständigen städtischen Verwaltung in Lübeck auch ein Stadtbuch, in dem unterschiedliche Vorgänge eingetragen wurden. Dieses erste Buch der Stadt ging als solches bereits vor 1811 verloren, doch wurden durch Jakob von Melle einige 1884 von Wilhelm Brehmer zusammengestellte Eintragungen bewahrt. Von 1284 bis 1818 wurde ein Amtsbuch für Grundstücksgeschäfte geführt, das wegen seiner Aufbewahrung in den oberen Räumen der Kanzlei als Oberstadtbuch bezeichnet wurde.
Daneben gab es ein weiteres Buch, in das nach einer Notiz des Jahres 1277 die Schulden (debita) aufgenommen wurden. Es hatte seinen Platz in den unteren Räumen der Kanzlei im Rathaus und hieß deswegen Niederstadtbuch. Sein ältester Band ging ebenfalls verloren.
Der dritte Band dieses Niederstadtbuchs ist damit der zweite erhaltene Band. Er wurde 2006 von Ulrich Simon ediert. Er betrifft die Jahre von 1363 bis 1399.
Der älteste erhaltene (zweite) Band des Niederstadtbuchs ist ein Schuldbuch, in das freiwillig Anerkenntnisse von Schuldverhältnissen und Löschungen solcher Verbindlichkeiten durch den Stadtschreiber aufgenommen wurden. Es besteht aus drei Teilen. Der erste Teil enthält ab 1305 Quittungen (recognitiones) zu gelöschten älteren Anerkenntnissen, die in dem vorangegangenen, nicht mehr erhaltenen Band standen, der zweite, bis etwa 1345 selbständige Teil die societates (Gesellschaften) ab 1311, der dritte, weitaus umfangreichste Teil Schuldanerkenntnisse (debita) für Zahlungen vor allem in Warentermingeschäften.
Diese lateinisch gehaltenen societates-Eintragungen wurden teilweise als Bewei |
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Spengler, Mark, Die Entstehung des Scheckgesetzes vom 11. März 1908 (= Rechtshistorische Reihe 365). Lang, Frankfurt am Main 2008. 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Spengler, Mark, Die Entstehung des Scheckgesetzes vom 11. März 1908 (= Rechtshistorische Reihe 365). Lang, Frankfurt am Main 2008. 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Werner Schubert angeregte und betreute Kieler Dissertation des Verfassers. Sie setzt eine Reihe ähnlicher Untersuchungen auf einem wichtigen und interessanten Teilbereich fort. Hierdurch wird die Privatrechtsgeschichte der jüngeren Vergangenheit vorteilhaft bereichert.
Gegliedert ist die Arbeit in drei Teile. Vorangestellt ist eine kurze Einführung, in welcher der Verfasser jedermann leicht fasslich den Scheck und die Unterschiede zwischen dem Kreditmittel Wechsel und dem Zahlungsmittel Scheck erklärt. Das Wort Scheck führt er (höchstwahrscheinlich) auf das englische exchequer zurück, das er mit einem persischen Wortstamm in Verbindung bringt, aus dem sich das deutsche Wort Schach gebildet hat, ohne dass sich über die genauen Vorgänge Sicherheit gewinnen lässt.
Der erste, umfangreichste Teil befasst sich mit den Anfängen des Scheckverkehrs bis zum Inkrafttreten des Scheckgesetzes, wobei der Verfasser naturgemäß ohne eigene Forschungen auf den Scheck im babylonischen Wirtschaftsleben, im antiken Griechenland, im hellenistischen und römischen Ägypten, im römischen Reich und im mittelalterlichen Italien zurückgreift. Hier sieht er seit dem 12. Jahrhundert das moderne Bankenwesen entstehen, auf Grund dessen sich der Scheck allmählich in Westeuropa verbreitet. In den Niederlanden wird der Scheck im 17. Jahrhundert zum tragenden Element eines Zahlungssystems, wonach England mit Hilfe der Bank von England und der Organisation des Clearingsystems dem Scheckverkehr eine gefestigte Grundlage gibt.
Demgegenüber entstand im deutschen Raum das Scheckwesen erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Gründe hierfür sieht der Verfasser in der Armut, der wirtschaftlichen Rückständigkeit und der politischen Zersplitterung. Mit der Industrialisier |
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Staat - Wirtschaft - Gemeinde. Festschrift für Werner Frotscher zum 70. Geburtstag, hg. v. Gornig, Gilbert H./Kramer, Urs/Volkmann, Uwe (= Schriften zum öffentlichen Recht 1069). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 848 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Staat - Wirtschaft - Gemeinde. Festschrift für Werner Frotscher zum 70. Geburtstag, hg. v. Gornig, Gilbert H./Kramer, Urs/Volkmann, Uwe (= Schriften zum öffentlichen Recht 1069). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 848 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Werner Frotscher wurde als Sohn eines Studiendirektors in Kiel am 20. September 1937 geboren. Nach dem durch ein Semester in Freiburg im Breisgau unterbrochenen Studium der Rechtswissenschaft in Kiel wurde er 1964 bei Christian-Friedrich Menger (Deutsche Verfassungsgeschichte der Neuzeit 1975, 8. A. 1993) mit einer Arbeit über die Abgrenzung der Zuständigkeit der großen Senate der oberen Bundesgerichte von der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 I GG promoviert. Nach der Assistentenzeit bei Georg-Christoph von Unruh, einem Schüler Ernst Forsthoffs und Hans Julius Wolffs, und der 1974 in Kiel mit einer Schrift über Regierung als Rechtsbegriff für öffentliches Recht erfolgten Habilitation wurde er 1976 an den Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaft der Universität Hohenheim/Stuttgart berufen, von wo er auch 1983 nach Marburg wechselte, um von hier aus zwischen 1987 und 1994 auch als vorsitzender Richter am Verwaltungsgerichtshof Hessens in Kassel tätig zu sein.
Bereits in diesen Arbeiten zeigen sich zwei Leitmotive seines späteren Wirkens. Zum einen geht es ihm um die Erreichung eines vertieften Verständnisses des geltenden Rechts von den politisch-historischen Grundlagen her. Zum anderen widmet er sich dem Selbststand des Rechts, der aus dem Akt seiner autonomen Setzung resultiert.
Eher spät hat dies zu einer wichtigen rechtsgeschichtlichen Frucht geführt. 1997 hat Werner Frotscher gemeinsam mit Bodo Pieroth eine Verfassungsgeschichte vorgelegt. Mit der zweiten Auflage 1999, der dritten Auflage 2002, der vierten Auflage 2003, der fünften Auflage 2005 und der sechsten Auflage 2007 ist ihr ein ungewöhnlicher Erfolg beschieden.
Zu Ehren dies |
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Städte im östlichen Europa. Zur Problematik von Modernisierung und Raum vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert, hg. v. Goehrke, Carsten/Pietrow-Ennker, Bianka. Chronos, Zürich 2006. 414 S. Besprochen von Katalin Gönczi. |
Ganzen Eintrag anzeigen Städte im östlichen Europa. Zur Problematik von Modernisierung und Raum vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert, hg. v. Goehrke, Carsten/Pietrow-Ennker, Bianka. Chronos, Zürich 2006. 414 S. Besprochen von Katalin Gönczi.
Die „okzidentale Stadt“ lässt sich nach der Typologie Max Webers mit dem Begriff ‚Rationalisierung‘ erfassen. Ausgehend von der Weber‘schen Stadtsoziologie entwickelte sich auch der Begriff ‚europäische Stadt‘, die durch ihre freiheitliche Rechtsordnung charakterisiert ist. Rationalisierung und Modernisierung zeigen also eine gemeinsame Richtung der Stadtentwicklung. Die Trennungslinie zwischen der rationalen Rechtsordnung der Stadt (‚Stadtluft macht frei‘) und dem agrarischen Land der Umgebung lässt sich daher als Folge von Rationalisierung und Modernisierung nachweisen. Diese Modernisierungstheorie wurde in den Forschungen zur Rechtsgeschichte Osteuropas vor allem in der jüngsten Zeit angewandt, wobei der Prozess der Modernisierung in seinem Zusammenhang mit Verwestlichung und Rechtstransfer untersucht wurde.[1]
Geleitet von der Theorie der Modernisierung arbeitete auch eine Gruppe von deutschen und schweizerischen Osteuropahistorikern über die Stadtentwicklung in Osteuropa. Sie widmeten sich der Entwicklung von Städten, deren Geschichte für Arbeiten zur deutschen Rechtsgeschichte viele interessante Facetten bietet und für deutschsprachige Leser besonders schwer zugänglich ist. Die Ergebnisse von fünf Workshops, geleitet vom Züricher Osteuropahistoriker Carsten Goehrke und von der Osteuropahistorikerin der Universität Konstanz, Bianka Pietrow-Ennker, wurden in diesem Band veröffentlicht. Diese Publikation ist zugleich eine gute Gelegenheit, einen Blick in die Werkstatt von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern zur osteuropäischen Geschichte zu werfen.
In der Einleitung setzt sich Pietrow-Ennker mit der historischen Entwicklung der Modernisierungstheorie und dem politischen Verstä |
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Stadtkölnische Reiserechnungen des Mittelalters, bearb. v. Militzer, Klaus (= Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 75). Droste, Düsseldorf 2007.LIX, 639 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Stadtkölnische Reiserechnungen des Mittelalters, bearb. v. Militzer, Klaus (= Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 75). Droste, Düsseldorf 2007. LIX, 639 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Sesshaftigkeit des Menschen beginnt auch die Reise. Mit der Verwendung von Geld für die entsprechenden Kosten erwächst auch ein Bedürfnis nach Rechnungslegung. Entsprechende Unterlagen sind seit dem hohen Mittelalter belegt.
Am Beginn der Beschäftigung des Bearbeiters mit Reiserechnungen der Stadt Köln stand ein Hauptseminar an der Ruhr-Universität Bochum, deren oder vielleicht eher dessen Teilnehmer eifrig an der Bearbeitung einzelner Rechnungen gearbeitet haben. Dabei sah es nach Mitteilung des Bearbeiters zunächst so aus, als ob es sich um einen überschaubaren Bestand gehandelt hätte. Im Laufe der Befassung traten allerdings entsprechend der Größe Kölns so viele weitere aufzunehmende Quellen hinzu, dass wieder ein umfangreicher Band entstand, der anfangs nicht so geplant war.
Insgesamt sind 125 Belege zusammengekommen, die der Bearbeiter überzeugend chronologisch geordnet hat. Sie setzen mit einer Reise nach Rom im Jahr 1394 ein und enden mit einer Rechnung eines Boten von 1506 oder 1507. Reiseziele sind Lübeck, Frankfurt am Main, Konstanz, Aachen, Koblenz, Bad Hönningen, Mainz, Lüttich, Löwen, Schwerte, Dortmund, Sittard, Kempen, Heidelberg, Andernach, Nürnberg, Bonn, Basel, Ulm, Zons, Antwerpen, Soest, Straßburg, Wien, Rhens, Uerdingen, Maastricht, Bremen, Arnheim, Hammerstein, Orsoy, Bacharach, Remagen, Düsseldorf, Hohenlimburg, Xanten, Utrecht, Nimwegen, Brüssel, Mons, Neuss, Hamburg und anderes.
In der Einleitung erörtert der Verfasser dankenswerterweise eine Reihe allgemeiner Reisefragen. In diesem Zusammenhang bietet er auch eine Liste der Wasserzeichen der ausnahmslos auf Papier geschriebenen, aus einem ursprünglich deutlich größeren Bestand erhalten gebliebenen Rechnungen, eine Übersich |
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Steffen, Dorothea, Bürgerliche Rechtseinheit und politischer Katholizismus (= Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, Neue Folge 116). Schöningh, Paderborn 2008. 591 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die Dissertationen von Michael Damnitz, Bürgerliches Recht zwischen Staat und Kirche. Mitwirkung der Zentrumspartei am BGB, 2001, und von Michael Wolters, Die Zentrumspartei und die Entstehung des BGB, 2001, haben sich ausführlich mit dem Anteil des Zentrums an der inhaltlichen Ausgestaltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs befasst. Demgegenüber geht es Steffen mit der vorliegenden Darstellung primär um die „Diskussionsprozesse [zur Rechtsvereinheitlichung], in denen sich Debatten innerhalb des politischen Katholizismus und Diskussionen außerhalb des politischen Katholizismus verflochten und wechselseitig beeinflussten“ (S. 30). Im Mittelpunkt stehen dabei die Haltungen und deren Begründungen, welche die katholischen Abgeordneten vortrugen, und die Berichterstattung in der zentrumsnahen katholischen Tagespresse (Germania, Kölnische Volkszeitung), aber auch die Beiträge in katholischen Zeitschriften und in den Historisch-Politischen Blättern (München) und im „Katholik“ (Mainz) sowie in der „Juristischen Rundschau für das katholische Deutschland“. Eine weitere wichtige Quelle war neben Einzelveröffentlichungen und Monographien insbesondere katholischer Kanonisten das Staatslexikon der Görres-Gesellschaft in der ersten Auflage (1889-1897) und in der zweiten Auflage (1901-1904). Für die Presseartikel war die wichtigste Quelle die Zeitungsausschnittsammlung des Reichsjustizministeriums im Bundesarchiv Berlin. Im Kapitel I geht es um die Debatten zwischen 1869 und 1873 über die Rechtsvereinheitlichung und damit die Auseinandersetzungen über den Antrag Miquel-Lasker, dem Reich die Zuständigkeit für das gesamte bürgerliche Recht zu verschaffen (S. 53-176). Die Ablehnung dieses Antrags durch das Zentrum wurde zunächst |
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Stercken, Martina, Städte der Herrschaft. Kleinstadtgenese im habsburgischen Herrschaftsraum des 13. und 14. Jahrhunderts (= Städteforschungen Reihe A, Darstellungen 68). Böhlau, Köln 2006. VIII, 259 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
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Jahrzehntelang hat sich die Städteforschung auf die Erforschung der großen Städte konzentriert und die Erforschung der kleinen Städte und deren Bedeutung - man möchte fast sagen: sträflich - vernachlässigt. Erst in jüngster Zeit hat sich das Bild gewandelt und die Städteforschung sich auch der Erforschung der kleinen Städte zugewandt und hierbei ein Fülle von neuen Erkenntnissen, namentlich in Bezug auf das Verhältnis dieser Kleinstädte zu ihren Stadtherren zu Tage gefördert. In diesem Kontext ist auch die vorliegende Studie Martina Sterckens, eine von der Zürcher philosophischen Fakultät approbierte Habilitationsschrift, zu sehen, die sich in einer besonders gründlichen Weise der Erforschung der Kleinstädte des habsburgischen Herrschaftsraumes im 13. und 14. Jahrhundert angenommen hat. Unter habsburgischem Herrschaftsraum versteht die Verfasserin den Herrschaftsraum der habsburgischen Grafen und der österreichischen Herzöge zwischen Hochrhein und Alpen, also im wesentlichen den Raum der heutigen Nordostschweiz mit Ausläufern in das süddeutsche Bodenseegebiet.
Im Mittelpunkt der Untersuchung steht stehen für sie Fragen nach der Genese der Kleinstädte, nach ihrem Verhältnis zu den Habsburgern als Stadtherrn, insbesondere im Hinblick auf die Errichtung einer habsburgischen Territorialherrschaft und vor allem im Hinblick auf die Rolle der Bürgerschaft dieser Städte bei der Ausübung der habsburgischen Herrschaft. Martina Stercken knüpft hierbei an die Ergebnisse der bisherigen landes- und stadtgeschichtlichen Forschung zur Kleinstadtgenese und zu den herrschaftlichen Funktionen der Kleinstädte bei der Errichtung und Organisation der Landesherrschaft an, bei der auch deren landständische Formierung ins Blic |
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Stiftungen und Stiftungswirklichkeit, hg. v. Borgolte, Michael (= Stiftungsgeschichten 1). Akademie, Berlin 2000. 200 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Stiftung ist der Rechtsgeschichte seit langem ein wichtiger Gegenstand, wie Schriften von Reicke, Pleimes, Scheyhing und Liermann zur Genüge beweisen. Dennoch war es schwierig, für das Werk einen Rezensenten zu finden. Frank Theisen schließlich war zwar dazu bereit, zur Erfüllung seiner Zusage aber bisher nicht in der Lage, so dass der Herausgeber mit wenigen Worten auf die Schrift hinweisen muss, die ein von Adolph Breymann um 1900 geschaffenes Standbild Heinrichs des Löwen für den Braunschweiger Hagenmarktbrunnen von etwa 1900 als Symbol führt.
Das Werk ist ein Sammelband mit elf Abhandlungen. Durch eine kurze Einleitung führt der Herausgeber in den Gegenstand ein. Ausgewählte Literatur zum mittelalterlichen Stiftungswesen, darunter 17 Studien des Herausgebers, und ein Personen- und Ortsindex runden das Buch ab.
Es beginnt mit Caspar Ehlers’ Abhandlung über unendliche Gegenwart - Speyer zwischen Konrad II. und Stefan George. Unmittelbar danach behandelt der Herausgeber den König als Stifter und wirft dabei Streiflichter auf die Geschichte des Willens. Auf ein großes Werk eines „kleinen Königs“ an Hand des Vermächtnisses Friedrichs des Schönen zwischen Disposition und Durchführung geht Katrin Poetel ausführlich ein.
Ralf Lusiardi behandelt unter dem Titel Fegefeuer und Weltengericht das Stiftungsverhalten und Jenseitsvorstellungen im spätmittelalterlichen Stralsund. Einen Bogen von den Stiftungen zur Frühgeschichte von Policey in spätmittelalterlichen Städten schlägt Frank Rexroth. Nach Individualisierungsprozessen fragt Volker Reinhardt am Beispiel von Programmen und Propaganda Florentiner Quattrocento-Kapellen.
Beobachtungen zur Anlage des Liber oblationum et anniversariorum (1442-ca. 1480) im Wiener Schottenkloster legt Redaktor Wolfgang Eric Wagner |
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Stirken, Hermann-Josef, Der Kölner Justizalltag im zweiten Weltkrieg dargestellt anhand der Lageberichte des Oberlandesgerichtspräsidenten und des Generalstaatsanwalts an das Reichsjustizministerium (= Berichte aus der Rechtswissenschaft). Shaker, Aachen 2008. XXVII, 200 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Die Berichte der Oberlandesgerichtspräsidenten und der Generalstaatsanwälte an das Reichsjustizministerium während der Kriegszeit stellen eine wichtige Quelle zur Justizgeschichte der NS-Zeit dar (Überblick bei Hans Michelberger, Berichte der Justiz des Dritten Reiches. Die Lageberichte der OLG-Präsidenten von 1940-1945 unter vergleichender Heranziehung der Lageberichte der Generalstaatsanwälte, Diss. iur. Freiburg i.Br. 1989; vgl. auch W. Schubert, in: Schleswig-Holsteinische Anzeigen 2007, S. 354f.) und dienten dazu, die politische Führung über die allgemeine Lage in den Gerichtsbezirken zu informieren. Stirken stellt in seiner Dissertation den Kölner „Justizalltag“ anhand der Lageberichte der dortigen OLG-Präsidenten und Generalstaatsanwälte vom Januar 1940 bis Januar 1945 dar. Im Teil A geht Stirken zunächst ein auf den Gemeinschaftsgedanken als eine Säule der nationalsozialistischen Ideologie und in diesem Zusammenhang auch auf den Bericht des OLG-Präsidenten vom 1. 9. 1940, in dem dieser die Schwierigkeiten behandelt, die bei der Berichtigung von Grundbüchern bestanden (S. 6ff.). Es folgen (Kurz-)Biographien der Reichsjustizminister, der Justizstaatssekretäre und der Kölner Behördenleiter. Der OLG-Präsident Alexander Bergmann (Dez. 1933-Mitte 1943) dürfte trotz seiner NSDAP-Mitgliedschaft „kein opportunistischer Parteigänger“ gewesen, sondern „auch durchaus kritisch und distanziert den Organisationen der NSDAP gegenübergestanden“ haben (S. 30). Stirken behandelt die Lageberichte unter den Gesichtspunkten der „Einflussnahme der Politik auf die Justiz“ (S. 39-77), des „Einflusses des Krieges auf das alltägliche Justizleben in Köln“ (S. |
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Strauch, Dieter, Rheinische Gerichte in zwei Jahrhunderten. Die Entwicklung der ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Rheinprovinz und ihren Nachfolgestaaten von 1798-2005 mit vier Karten (= Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 76). Droste, Düsseldorf 2007. 573 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Das vorliegende Werk über die Gerichte und die Gerichtsverfassung in den Gebieten der ehemaligen preußischen Rheinprovinz gliedert sich in eine systematische Darstellung der Gerichtsverfassung und in ein alphabetisches Verzeichnis der seit 1798 errichteten Gerichte mit einem Abriss ihrer jeweiligen Geschichte. Strauch behandelt zunächst die verwirrende Fülle der Gerichte in den rheinischen Territorien bis zur Einführung der französischen Gerichtsverfassung; so hatte Köln bis 1794 etwa 60 verschiedene Gerichte. Die Neugestaltung der ordentlichen Gerichtsbarkeit richtete sich zunächst nach den Verordnungen des Regierungskommissars Rudler von 1798 und folgte seit 1801 der innerfranzösischen Gesetzgebung. Oberste Gerichtshöfe für die rheinischen Gebiete waren zuletzt die Cour d’appelle in Trier und die Cour d’appelle in Lüttich (seit 1810 Cour impérial; S. 54ff.). Ausführlich beschreibt Strauch dann die Reorganisation der Gerichtsverfassung durch Preußen mit Verordnungen von 1819 bis 1821 (S. 74ff.). Berücksichtigt werden auch die Gerichte im oldenburgischen Fürstentum Birkenfeld, das seit 1879 mit Preußen eine Gerichtsgemeinschaft bildete, in dem an Preußen von Sachsen-Coburg abgetretenen Fürstentum Lichtenberg, im Oberamt Meisenheim (Hessen-Homburg) und im Bezirk des Justizsenats Ehrenbreitstein sowie in den standesherrlichen Gebieten. Den nächsten größeren Einschnitt brachte das Gerichtsverfassungsgesetz von 1877, das vor allem durch die Emmingersche Justizreform von 1924 geändert wurde. Die NS-Zeit brachte im Wesentlichen die Verreichlichung der Justizverwaltung mit Eingriffen in die Selbstverwaltung der Gerichte. Erörtert werd |
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Süßmann, Johannes, Vergemeinschaftung durch Bauen. Würzburgs Aufbruch unter den Fürstbischöfen aus dem Hause Schönborn (= Historische Forschungen 86). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 367 S., 12 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Studie ist die im Mai 2005 vom Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Universität Frankfurt am Main angenommene, besonders von Luise Schorn-Schütte und Notker Hammerstein geförderte Habilitationsschrift des Verfassers. Sie geht von dem 1719 eingeleiteten Stadtumbau Würzburgs durch den bereits 1724 verstorbenen Johann Philipp Franz von Schönborn aus. Sie fragt auf dieser Grundlage nach dem Sinn fürstlichen Bauens in dieser Zeit.
In der kurzen und klaren Einleitung behandelt der Verfasser Adelsherrschaft im Zeitalter der Staatsbildung. Dabei geht er auf grundsätzliche Fragen der Verfassungsgeschichte, Familiengeschichte und Kulturgeschichte ein. Im Rahmen der Entstehung moderner Staatlichkeit stellt er Otto Brunner und Wolfgang Reinhard einen eigenen Standpunkt gegenüber.
Im ersten seiner drei Untersuchungsfelder widmet er sich den Handlungsbedingungen in der Form einer Strukturanalyse reichsritterschaftlicher Stiftsherrschaft. Im Ergebnis hebt er die Handlungsoptionen eines Fürstbischofs hervor. Dabei stößt er auf Gründe, warum Fürstbischöfe über ihren Familienauftrag hinausgingen.
Die konkreten Handlungsgründe untersucht er mit Hilfe der Selbstdarstellung der Schönborn, der Abstammungslinien, Laufbahnentscheidungen, Partnerwahlen, Geschwisterreihen und Namengebung. Der eigentliche Grund der dabei sichtbar werdenden Aufstiegsdynamik bzw. des eine ungewöhnliche Politik ermöglichenden Selbstbewusstseins kann sich hierbei freilich immer nur vermutungsweise fassen lassen.
Der dritte Abschnitt betrifft das Handlungsfeld in der Form der Baupolitik. Hier sieht der Verfasser das Bauen nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel einer politischen und sozialen Struktu |
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Szemerédy, Julia, Ludwig Kuhlenbeck – Ein Vertreter sozialdarwinistischen und rassentheoretischen Rechtsdenkens um 1900 (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte 49). Schulthess, Zürich 2003. 195 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Marcel Senn, der die Autorin auf den Themenbereich vornationalsozialistischer Rassentheorien aufmerksam gemacht hat, betreute Dissertation der Verfasserin, die auf Empfehlung einem Rezensenten zur Besprechung anvertraut wurde. Trotz vieler Erinnerungen war eine Würdigung bisher leider nicht möglich. Deswegen muss der Herausgeber auf die Arbeit wenigstens mit einigen Sätzen hinweisen.
Gegliedert ist die Untersuchung in fünf Kapitel. Den Beginn macht ein Wettbewerb um 1900 mit seinen Hintergründen, in dem für die Beantwortung der Frage Was lernen wir aus den Prinzipien der Descendenztheorie in Beziehung auf die innerpolitische Entwicklung und Gesetzgebung der Staaten 30000 Mark ausgesetzt wurden, die Friedrich Alfred Krupp anonym zur Verfügung stellte. Den ersten Preis unter 60 Teilnehmern, darunter 11 Juristen, gewann der Arzt Wilhelm Schallmayer, während Ludwig Kuhlenbeck zwar teilnahm, aber keinen Gewinn erhielt und 1904 seine Arbeit Natürliche Grundlagen des Rechts und der Politik selbständig veröffentlichte.
Im Anschluss an diese Darlegung bietet die Verfasserin biographische Angaben zu Kuhlenbeck, der am 25. April 1857 als Sohn eines Schlossermeisters in Osnabrück geboren wurde, ab 1875 in Göttingen Rechtswissenschaft unter anderem bei Jhering studierte und 1885 bei Ludwig von Bar über einige Fragen aus der Lehre von der Stellvertretung in praktischer Anwendung promoviert wurde. Neben seiner ständigen wissenschaftlichen Tätigkeit leitete er 1901 bis 1904 die Juristische Wochenschrift. 1902 wurde er nach Lausanne berufen.
Im zweiten Kapitel behandelt die Verfasserin Kuhlenbecks an Rudolf von Jhering anknüpfende Natürliche Grundlagen des Rechts und der Politik, die R |
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The Biblical Models of Power and Law. Les modèles bibliques du pouvoir et du droit. Papers of the International Conference, Bucharest, New Europe College 2005. Actes du colloque international, Bucarest New Europe College 2005, hg. v. Biliarsky, Ivan/Păun, Radu G. (= Rechtshistorische Reihe 366). Lang, Frankfurt am Main 2008. 309 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der von Ivan Biliarsky, Rechtshistoriker in Varna/Bulgarien und Radu G. Păun, Forscher am Centre d’Études des Mondes Russes, Caucasien et Centre-Européen in Paris und am Institute of South-East European Studies der rumänischen Akademie der Wissenschaft in Bukarest/Rumänien herausgegebene Band enthält die Referate eines in Bukarest vom 29.-30. Januar 2005 abgehaltenen internationalen Kolloquiums. Sein Gegenstand waren die Beziehungen zwischen Theologie und Macht unter Konzentration auf die Bibel als die Quelle der mittelalterlichen und modernen Ideologie. Ziel war das gemeinsame Gespräch zwischen Orthodoxen, Katholiken und Protestanten sowie Historikern, Kunsthistorikern und Juristen zwecks vergleichender Reflektion und Gewinnung neuer Thesen dafür.
Dem Vorwort Radu G. Păuns über die Macht des Buchs zwischen Rhetorik und Praxis folgen insgesamt 13 Studien. Sie gliedern sich in drei Abteilungen. Verfasst sind sie meist auf Französisch und Englisch.
Mit Macht und Geist befassen sich Ivan Biliarsky (The Birth of the Empire by the Divine Wisdom and the Ecumenical Church an Hand einiger Beobachtungen zum äthiopischen Buch von Kebra Nagast), Andrei Pippidi (Règner saintement mit Beispielen aus den rumänischen Fürstentümern) und Ovidiu Cristea (Le prince, le serment et le parjure en Valachie [16. Jahrhundert]). Die Propheten und die Könige sind Gegenstand der Studien Gábor Klaniczays (The Ambivalent Model of Solomon for Royal Sainthood and Royal Wisdom), Elka Bakalovas (King David as Model of the Christian Ruler), Margarita Kuyumdzhievas (David Rex Penitent |
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The Northumberland Eyre Roll for 1293, hg. v. Fraser, Constance M. (= Publications of the Surtees Society 211). Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2007. XVI, 508 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen The Northumberland Eyre Roll for 1293, hg. v. Fraser, Constance M. (= Publications of the Surtees Society 211). Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2007. XVI, 508 S. Besprochen von Susanne Jenks.
Ein bedeutendes Herrschaftsinstrument des hochmittelalterlichen englischen Königs war die Entsendung von Reiserichtern, die - im Abstand von einigen Jahren - in die Grafschaften geschickt wurden, um vor Ort die Beschwerden und Klagen der Untertanen, aber auch die den König direkt betreffenden Pleas of the Crown zu hören und zu entscheiden. Die Gerichtsrollen der Reiserichter sind seit dem Ende des 12. Jahrhunderts überliefert, und es ist selbstredend zu begrüßen, wenn diese Akten ediert werden, insbesondere dann, wenn die Edition die Benutzung der Originaldokumente überflüssig macht. Dies ist zwar am ehesten durch die Veröffentlichung des gesamten lateinischen Textes zu erzielen, aber durchaus auch mit einer sorgfältig gemachten Regestserfassung zu erreichen. Leider erfüllt der vorliegende Band diese Erwartung aus mehreren Gründen nicht.
Bevor auf die Kritikpunkte im einzelnen eingegangen wird, ist zu betonen, dass der Band nur die zivil-, nicht aber die strafrechtlichen Fälle enthält, die von den Reiserichtern im Rahmen der Northumberland Eyre 1293 gehört wurden, worauf allerdings im Titel nicht hingewiesen wird. Von den acht im Nationalarchiv (The National Archives, Public Record Office, Kew, Surrey) überlieferten, diese Eyre betreffenden Gerichtsakten (Just 1/650-Just 1/656A, Just 1/1602), werden nur zwei herangezogen, nämlich die 80 Membrane umfassende Rex Akte (Just 1/650) sowie die 75 Membrane enthaltende Akte des Richters Hugh de Cressingham (Just 1/652), die nur die vor diesem Richter verhandelten Fälle notiert und somit weniger Eintragungen enthält. Obwohl die Reihenfolge der Fälle in der Cressingham Akte von der in der Rex Akte abweicht, wurde auf eine Konkordanz verzichtet. Zudem gibt die Herausgeberin für beide Akten eine s |
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Thomasius, Christian, Summarischer Entwurf der Grundlehren, die einem Studioso Juris zu wissen, und auf Universitäten zu lernen nötig …, Halle 1699, hg. und mit einem Vorwort sowie einem Personen- und Sachregister versehen v. Zenker, Kay (= Thomasius, Christian, Ausgewählte Werke 13). Olms, Hildesheim 2005. XXXVIII, 266, 71* S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thomasius, Christian, Summarischer Entwurf der Grundlehren, die einem Studioso Juris zu wissen, und auf Universitäten zu lernen nötig …, Halle 1699, hg. und mit einem Vorwort sowie einem Personen- und Sachregister versehen v. Zenker, Kay (= Thomasius, Christian, Ausgewählte Werke 13). Olms, Hildesheim 2005. XXXVIII, 266, 71* S. Besprochen von Arno Buschmann.
Die Reform des juristischen Studiums ist ein Dauerthema der Geschichte der Rechtswissenschaft und überhaupt der Geschichte des Rechts. Seit der humanistischen Kritik an der Methode von Glossatoren und Postglossatoren sind die Bemühungen um eine Reform des juristischen Studiums nicht zur Ruhe gekommen. Jedes Zeitalter, jede juristische Richtung und jede Rechtsschule fühlte sich bemüßigt, neue juristische Methoden zu entwickeln, neue juristische Unterrichtsformen einzuführen und überhaupt eine neue Art der juristischen Lehre zu praktizieren. Unter diesen vielen Versuchen nehmen Thomasius’ Bemühungen insofern eine besondere Stellung ein, als sie als erste das juristische Studium nicht nur auf eine neue Grundlage stellten, sondern es auch konsequent in der akademischen Lehre umsetzten. Dies macht den Reiz und die Bedeutung des „Summarische(n) Entwurffs der Grundlehren“ aus, in dem Thomasius seine Vorstellungen publizierte, der mit dem vorliegenden Neudruck erneut (nach 1979) zugänglich gemacht wird. In ihm entwirft Thomasius nicht nur eine umfassende philosophische und historische Grundlegung des gesamten juristischen Studiums, sondern vor allem einen Plan für die Einrichtung eines akademischen Vorlesungskursus, in dem Reihenfolge und Inhalt der einzelnen Lehrveranstaltungen bestimmt werden, wie dies von seinen Schülern in Halle, später auch von anderen Rechtslehrern praktiziert wurde.
Diese Bedeutung des thomasianischen Entwurfs wird vom Herausgeber Kay Zenker in seinem Vorwort, das in Wahrheit eine Einleitung in das Werk darstellt, zutreffend geschildert, wobei er besonders auf di |
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Thomasius, Christian, Versuch vom Wesen des Geistes, 1699, hg. v. Zenker, Kay. Olms, Hildesheim 2004. (getrennte Zählung) S. Besprochen von Georg Steinberg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thomasius, Christian, Versuch vom Wesen des Geistes, 1699, hg. v. Zenker, Kay. Olms, Hildesheim 2004. (getrennte Zählung) S. Besprochen von Georg Steinberg.
Wenn Christian Thomasius (1655-1728) als bedeutendster Vertreter der deutschen Frühaufklärung gilt, so rührt dies aus seiner langjährigen Publikations- und Lehrtätigkeit an der Universität Halle her, aus der Gründung einer „Thomasius-Schule“, deren Anhänger bedeutenden Einfluss auf das Geistesleben Preußens im achtzehnten Jahrhundert auszuüben vermochten. Allerdings ist keines der Werke von Thomasius selbst in den Rang eines allgemein anerkannten Lehrwerks aufgestiegen. Eine der Ursachen dürfte im „Eklektizismus“, in der partiellen Unausgereiftheit der an aufklärerischem Impetus so reichen thomasischen Werke liegen.
Mehr noch als in den philosophischen und juristischen Werken zeigt sich diese Unfertigkeit, diese in hart erkämpfter Abgrenzung von den überkommenen scholastischen Lehren teils fehlgehende Suche nach Neuem, in dem im Jahr 1699 erstmals veröffentlichten Versuch vom Wesen des Geistes. Der volle Titel des Werkes lautet: Versuch von Wesen des Geistes oder Grund-Lehren/ So wohl zur natürlichen Wissenschafft als der Sitten-Lehre. In welchen gezeiget wird/ daß Licht und Lufft ein geistiges Wesen sey/ und alle Cörper aus Materie und Geist bestehen/ auch in der gantzen Natur eine anziehende Krafft/ in dem Menschen aber ein zweyfacher guter und böser Geist sey. Thomasius unternimmt hier die Darstellung einer „Geisterlehre“, einer „Pneumatik“, die sich physikalisch versteht, mithin physikalisch-empirisch zu untermauern ist, zugleich aber Basis einer (christlichen) Metaphysik zu sein beansprucht, welche nicht zuletzt Aussagen über die (auch moralische) Natur des Menschen zulässt.
Nachdem er im ersten Kapitel erkenntnistheoretische Überlegungen (zum Verhältnis von sinnlicher Wahrnehmung und Vernunft) entwickelt, stellt Thomasius im zweiten Kapitel als gesicherte Basis se |
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Timmermann, Andreas, Die „Gemäßigte Monarchie“ in der Verfassung von Cádiz (1812) und das frühe liberale Verfassungsdenken in Spanien (= Spanische Forschungen der Görresgesellschaft, zweite Reihe 39). Aschendorff, Münster 2007. VIII, 421 S. Besprochen von Roland Kleinhenz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Timmermann, Andreas, Die „Gemäßigte Monarchie“ in der Verfassung von Cádiz (1812) und das frühe liberale Verfassungsdenken in Spanien (= Spanische Forschungen der Görresgesellschaft, zweite Reihe 39). Aschendorff, Münster 2007. VIII, 421 S. Besprochen von Roland Kleinhenz.
Mit der am 19. März 1812 verkündeten Verfassung von Cádiz (Constitución política de la Monarquía Española) wurde die spanische Monarchie zum ersten Mal von einer absolutistischen in eine konstitutionelle Monarchie umgewandelt. Vorbild war die französische Verfassung einer konstitutionellen Monarchie vom 3. September 1791. Diese war aber schon 1793 durch eine republikanische Verfassung abgelöst worden. Auch der spanischen Verfassung von 1812 sollte nur eine kurze Lebensdauer beschieden sein. 1814 errichtete der zurückgekehrte König Ferdinand VII. wieder die absolutistische Monarchie. Bezeichnenderweise geschah dies mit Hilfe Napoléons (Vertrag von Valençay, 11. 12. 1813). Dessen Inthronisation seines Bruders Joseph als König von Spanien im Jahr 1808 und der anschließende spanische Unabhängigkeitskrieg gegen Frankreich hatten erst entscheidend zum Verfassungswandel in Spanien beigetragen. Von 1820 bis 1823 wurde die Verfassung von Cádiz kurzzeitig mit Hilfe eines Militärputsches (pronunciamento) nochmals auf der spanischen Halbinsel in Kraft gesetzt, während sie schon zu dieser Zeit in Spanischamerika praktisch keine Bedeutung mehr hatte. Außer Frage steht aber, dass die Verfassung von 1812 große Bedeutung für die spanische Verfassungsentwicklung als eine Art Prototyp einer konstitutionellen Monarchie hatte und ihre Spuren noch in der aktuellen spanischen Verfassung von 1978 zu finden sind. Zahlreiche Einzelstudien haben sich mit verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit ihrer Entstehung, der Deutung von Verfassungsbestimmungen und den Auswirkungen der Verfassung von 1812 befasst. Timmermann fügt mit seiner zu besprechenden Studie eine weitere Untersuchung hinzu, indem er d |
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Toppe, Andreas, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, hg. i. V. m. d. Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Oldenbourg, München 2008. 467 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Toppe, Andreas, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, hg. i. V. m. d. Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Oldenbourg, München 2008. 467 S. Besprochen von Martin Moll.
Gleich am Anfang findet sich eine der wenigen Aussagen dieser nunmehr gedruckten Augsburger Dissertation, der man uneingeschränkt zustimmen kann: Seit langem stehen deutsche Kriegsverbrechen, vor allem jene des Zweiten Weltkriegs, im Mittelpunkt der Forschung; über sie werde nach moralischen Kategorien der Nachgeborenen geurteilt, nicht jedoch nach den damals geltenden Maßstäben des internationalen Kriegs- und Völkerrechts, mit denen sich die Forschung kaum auseinander gesetzt habe (S. 9). Diese Lücke will Toppe schließen, wobei drei zentrale Fragenkomplexe im Zentrum stehen: Das um 1938/39 geltende internationale Kriegs- und Völkerrecht, die hiermit befassten Institutionen der Wissenschaft und der militärischen Rechtsabteilungen sowie schließlich Rezeption und Anwendung dieser Normen durch die Streitkräfte. Zu diesem Zweck soll die deutsche Völkerrechtswissenschaft mit ihren ausländischen Pendants verglichen und gefragt werden, ob sich die Positionen der ersteren nach 1933 änderten. Diese löblichen Vorhaben gelingen dem Verfasser leider nur zum kleinen Teil.
Bedauerlich ist zunächst, dass der See- und Luftkrieg nicht berücksichtigt wird, auch über die 1940 zahlreichen Neutralitätsverletzungen erfährt man nichts. Des weiteren fragt man sich, wie Toppe zu seiner – in der Einleitung mit keinem Wort erläuterten – zeitlichen Abgrenzung kommt. 1899 als das Jahr der 1. Haager Konferenz erscheint noch verständlich, nicht jedoch, warum die Darstellung mit 1940 abbricht. Hörte der vom Verfasser vielbeschworene Diskurs der Rechtsgelehrten und -anwender in diesem Jahr auf? Viel eher ist anzunehmen, dass der ab 1941 eskalierende Landkrieg den Diskurs intensivierte. Da Toppe sich überwiegend mit dem Kombattantensta |
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Transaktionen Vermögen Pro bono. Festschrift zum zehnjährigen Bestehen von P+P Pöllath + Partners, hg. v. Birk, Dieter. Beck, München 2008. XIX, 568 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Transaktionen Vermögen Pro bono. Festschrift zum zehnjährigen Bestehen von P+P Pöllath + Partners, hg. v. Birk, Dieter. Beck, München 2008. XIX, 568 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Umsätze der großen Rechtsanwaltskanzleien Deutschlands betrugen 2007 bei Freshfields 370 Millionen Euro, Clifford 296, Hengeler 198, Linklaters 185, CMS Hasche Sigle 173, Lovells 145, White & Case 111, Gleiss Lutz 102, Baker & McKenzie 100, Shearman 98, Taylor Wessing 98, Nörr 92, Beiten Burkhardt 79, Allen & Overy 75, Latham 71, Luther 68, Heuking 64, Rödl 58, Weil 52 und Mayer Brown 45 Millionen Euro. Bei diesen ganz Großen ist Reinhard Pöllath noch nicht dabei. Dennoch macht er auf seine Partnerschaft dadurch besonders aufmerksam, dass er zum zehnjährigen Bestehen im bekanntesten juristischen Fachverlag Europas eine ansprechende Festschrift veröffentlicht.
In Marktredwitz 1948 geboren, hat der Namensgeber nach dem Studium des Rechts in Regensburg, München und Harvard eine Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgenommen. Nach vielen Jahren erfolgreicher Tätigkeit in - so die Festschrift - besten Kanzleien und Unternehmen war er Geschäftsführer Recht und Steuern eines Hotel- und Immoblienkonzerns geworden. In dieser Lage entschloss er sich im Frühjahr 1997 mit sechs früheren Kollegen und Mitarbeitern als Partnern in verschiedenen Großkanzleien als Pöllath + Partners die Selbständigkeit einer neuen Partnerschaft zu wagen, die in zehn Jahren auf zwanzig Partner mit 70 Mitarbeitern in München, Berlin und Frankfurt am Main angewachsen ist.
Ihre Arbeitsgebiet waren und sind integrierte Rechts- und Steuerberatung für Transaktionen, Private Equity, Fondsstrukturierung, Family office und mit lateralen Partnern Immobilien. Naturgemäß ist in dieser Welt des Geschäfts für Geschichte als Selbstzweck wenig Raum. Da aber alles Geschichte hat, kann es nicht schaden, wenn nach zehn Jahren einen Augenblick für Rückblick und Ausblick innegehalten und der |
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Troßbach, Werner/Zimmermann, Clemens, Die Geschichte des Dorfes. Von den Anfängen im Frankenreich zur bundesdeutschen Gegenwart (= UTB 8324). Ulmer, Stuttgart 2006. 336 S., 43 Abb. Besprochen von Bernd Schildt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Troßbach, Werner/Zimmermann, Clemens, Die Geschichte des Dorfes. Von den Anfängen im Frankenreich zur bundesdeutschen Gegenwart (= UTB 8324). Ulmer, Stuttgart 2006. 336 S., 43 Abb. Besprochen von Bernd Schildt.
Wer es unternimmt, auf rund 280 Seiten Text die Geschichte des Dorfes „erstmals in ihrer Gesamtheit und als Jahrhunderte überspannende Längsschnittanalyse darzustellen“ (S. 17), muss zwangsläufig in Kauf nehmen, nicht allen spezifischen Interessen an der Erforschung der Geschichte des Dorfes in gleicher Weise gerecht werden zu können. Die Autoren der vorliegenden Monographie fragen vornehmlich nach den grundlegenden und prinzipiell epochenübergreifenden Kriterien dörflicher Lebenswelten. Dabei geht es um die Dichotomie von Genossenschaft und Herrschaft im Dorf ebenso wie um die innerdörflichen Sozialstrukturen, um die Ursachen von Konflikten und Solidaritäten und vor allem um Probleme des Ressourcentransfers innerhalb und außerhalb der dörflichen Gemeinschaft.
Thematische Schwerpunktsetzung und Stoffgliederung folgen unverkennbar sozialgeschichtlichen Denkstrukturen, wodurch zwangsläufig traditionelle Themen – und insbesondere die hier interessierenden Fragen der Verfassungs- und Rechtsgeschichte – zurücktreten. Zwar ist von den fünf Sachkapiteln immerhin eines – IV. Dorfgemeinden und Staatsformierung: Kontinuität und Wandel dörflicher Institutionen 1350-1800 (S. 78-103) – vornehmlich verfassungsgeschichtlichen Fragenstellungen gewidmet, gleichwohl ist auch hier ein eher sozialgeschichtlicher Ansatz nicht zu übersehen.
Mit Blick auf das ansonsten sehr umfangreiche Literaturverzeichnis wird schnell deutlich, dass rechtshistorische Forschungsergebnisse nur in sehr begrenztem Umfang rezipiert worden sind. Die Hinweise beschränken sich weithin auf einige grundlegende monographische Arbeiten; selbst hier fehlt mit der Arbeit von Karl Siegfried Bader und Gerhard Dilcher: „Deutsche Rechtsgeschichte. Land und Stadt – Bürger und Baue |
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Tyerman, Christopher, God’s War. A new History of the Crusades. The Belknap Press of Harvard University Press. Cambridge/Massachusetts 2006. XVI, 1023 S., Ill. Besprochen von Petra Roscheck. |
Ganzen Eintrag anzeigen Tyerman, Christopher, God’s War. A new History of the Crusades. The Belknap Press of Harvard University Press. Cambridge/Massachusetts 2006. XVI, 1023 S., Ill. Besprochen von Petra Roscheck.
Im Vorwort zum dritten Band seiner Geschichte der Kreuzzüge hat Stephen Runciman den Rezensenten ins Stammbuch geschrieben: „Es ist abwegig und unangebracht, wenn Kritiker sich darüber beklagen, dass der Autor nicht das Buch geschrieben hat, welches sie geschrieben hätten, wenn sie sich mit dem Stoff befaßt hätten“ (zitiert nach der kongenialen deutschen Übersetzung von Peter de Mendelssohn). Mit Recht, denn es ist unrealistisch zu erwarten, dass die Darstellung und Analysierung sämtlicher Aspekte von den politischen Hintergründen, den militärischen Gesichtspunkten und komplizierten diplomatischen Verflechtungen über die gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Gegebenheiten bis hin zu den kirchengeschichtlichen und theologischen Voraussetzungen einer Bewegung, die das gesamte Abendland vom Hilfegesuch Kaiser Alexios’ I. bis zur Einnahme Konstantinopels durch die Osmanen, dazu noch die Nachzeichnung der Entwicklung der Kreuzfahrerstaaten und der Ritterorden - und all dies unter Berücksichtigung der abend-, der morgenländischen und der griechischen Sichtweise! - von einem einzelnen Forscher auch nur annähernd bewältigt werden könnte. Andererseits zeigt natürlich die Leidenschaftlichkeit, mit der die Diskussion geführt wird, sowohl die dauerhafte Aktualität des Themas sowie ein stets lebendiges, über die Grenzen der Fachwelt hinaus reichendes Interesse, als auch die schiere Unerschöpflichkeit des Sujets.
Anders als Runciman, der in seinem Meisterwerk, an dem immer noch alle Publikationen zur Geschichte der Kreuzzüge gemessen werden, den byzantinischen Blickwinkel bevorzugt hat, betont nun einführend Christopher Tyerman, sich auf die westeuropäische Perspektive beschränken zu wollen. Augenscheinlich angestrebt wird folglich ein „lateinis |
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Uhlenbrock, Henning, Der Staat als juristische Person. Dogmengeschichtliche Untersuchung zu einem Grundbegriff der deutschen Staatsrechtslehre (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 61). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 197 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Uhlenbrock, Henning, Der Staat als juristische Person. Dogmengeschichtliche Untersuchung zu einem Grundbegriff der deutschen Staatsrechtslehre (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 61). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 197 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Jörn Ipsen angeregte, während der Tätigkeit als Mitarbeiter an dessen Lehrstuhl entstandene, im Sommersemester 1999 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Osnabrück angenommene Dissertation des Verfassers. Sie sieht bereits im Vorwort neben dem besonderen Gewaltverhältnis und der Gewährung von Grundrechten durch den Staat auch die Doktrin vom Staat als juristischer Person als Relikt der vom monarchischen Prinzip geprägten Staatsrechtslehre an. Es sei an der Zeit, dass die deutsche Staatsrechtslehre ihr monarchisches Erbe abstreife und die Dogmatik des Staatsrechts der fortschreitenden Verfassungsentwicklung anpasse.
Chronologisch geordnet beginnt der Verfasser seine Untersuchung mit den Ansichten über die Rechtsnatur des Staates zu Anfang des 19. Jahrhunderts (Klüber, Jordan, Rotteck, Welcker, Maurenbrecher, Vollgraff, Karl Eduard Weiss, Leist, Gönner, Ancillon, Karl Salomo Zachariä, Dahlmann) und erkennt einen Widerspruch der Postulate der herrschenden Staatslehre mit dem Verfassungsrecht im Frühkonstitutionalismus, der zur Suche nach einer dogmatischen Grundlage für das konstitutionelle Staatsrecht geführt habe. Es folgt im zweiten Kapitel Wilhelm Eduard Albrecht mit seiner Begründung der Theorie der juristischen Persönlichkeit des Staates (1837) mit ihren Widerspiegelungen bei Maurenbrecher, Stahl, Roscher, Zoepfl, Schmitthenner, Mohl, Wippermann und Heinrich Albert Zachariä. Das dritte Kapitel befasst sich mit der juristischen Persönlichkeit als Ausdruck der staatlichen Willensmacht bei Carl Friedrich Gerber., dessen Staatspersönlichkeitslehre Paul Laband fortführt.
Danach wendet sich der Verfasser Georg Jellinek und der juristis |
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Unrecht und Recht. Kriminalität und Gesellschaft im Wandel von 1500-2000, hg. v. Borck, Heinz-Günther unter Mitarb. v. Dorfey, Beate (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 98). Verlag der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz 2002. 712 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Unter der Schirmherrschaft des rheinland-pfälzischen Staatsministers der Justiz fand im Jahre 2002 die wesentlich durch Zuwendungen der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur geförderte, auch von der Bitburger Brauerei unterstützte gemeinsame Landesausstellung der rheinland-pfälzischen und saarländischen Archive mit dem Thema Unrecht und Recht statt. Zwei von den Veranstaltern der Zeitschrift zugeleitete stattliche Katalog- bzw. Textbände fanden auch rasch einen Interessenten. Trotz vieler Erinnerungen hat ihn seine Tätigkeit als Vizerektor bisher leider von der Erfüllung seiner Zusage abgehalten, so dass der Herausgeber mit wenigen Sätzen auf das Werk hinweisen muss, wobei der Umfang allein des Begleitbandes eine ausführliche Würdigung bereits ausschließt.
Insgesamt sind dort 39 Beiträge vereinigt, die von 37 Bearbeitern hergestellt wurden. Sie beginnen mit Heinz-Günther Borcks Gedanken zur Landesausstellung, die in die Gesamtthematik anschaulich einführen. Sie enden mit Claudia Schmitts Weg vom königlichen Gefängnis zur modernen Justizvollzugsanstalt am Beispiel der von 1897 bis 1902 errichteten Wittlicher Strafanstalten mit 7,77 Quadratmeter großen Zellen und starken, gut gesicherten Türen.
In der Einführung folgt den Gedanken Heinz-Günther Borcks eine weitere Einführung Christine Petrys in die historische Kriminalitätsforschung. Jost Hausmann bietet Grundzüge der Strafrechtsgeschichte. In ihr folgen einander fränkische Zeit, Mittelalter, Rezeption, Carolina, gemeines Recht, Aufklärung, 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert auf der Grundlage dreier bekannter Standardwerke unter Verzicht auf Einzelnachweise.
Der erste |
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Urban, Nikolaus, Die Diätenfrage. Zum Abgeordnetenbild in Staatsrechtslehre und Politik 1900-1933 (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 38). Mohr (Siebeck), Tübingen 2003. XI, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urban, Nikolaus, Die Diätenfrage. Zum Abgeordnetenbild in Staatsrechtslehre und Politik 1900-1933 (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 38). Mohr (Siebeck), Tübingen 2003. XI, 222 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Michael Stolleis betreute, im Sommersemester 2002 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main angenommene Dissertation des zunächst als studentische Hilfskraft und dann von 1996 an für zwei Jahre bei seinem Betreuer als Assistent tätigen Verfassers. Sie behandelt eine bedeutende verfassungsgeschichtliche Fragestellung. Klar und einleuchtend gliedert sie sich chronologisch in drei Kapitel.
Der Verfasser beginnt mit der Diätenfrage im ausgehenden Kaiserreich zwischen 1900 und 1918. Dabei untersucht er sowohl die Politik wie die Staatsrechtslehre (Laband, Meyer, Hubrich, Schleicher, Ebel, Anschütz, Jellinek). Im Mittelpunkt steht die Änderung des Artikels 32 der Reichsverfassung in den Jahren 1905/1906 mit der Entschädigung der Anwesenheit bei Verbot der Besoldung, in deren Zusammenhang er auch die Frage erörtert, ob die Gewährung der Anwesenheitsgelder einen Kuhhandel mit der gleichzeitigen Reichsfinanzreform darstellen.
Als erste bewertende Stimmen dieser Verfassungsänderung verwendet er Stellungnahmen Gerlachs, Crons und Labands. Besonders vertieft er die Folgen der Diätengewährung für sozialdemokratische Parteifunktionäre. Die Problematik Aufwandsentschädigung oder Alimentationsanspruch behandelt er an Hand der Staatsrechtslehre der letzten Jahre des Kaiserreichs (Dambitsch, Laband, Danco, Pitamic, Hatschek, Anschütz, Friedländer).
Das zweite Kapitel widmet er der Übergangsphase von 1918/1919. Besonderes Gewicht kommt dabei der Diätenfrage in der Nationalversammlung von Weimar zu. Art. 40 der Reichsverfassung und das Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstags (1920) schaffen dann eine neue Rechtslage, die umgehend von vielen |
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Ureña, Enrique M., Die Krause-Rezeption in Deutschland im 19. Jahrhundert. Frommann-Holzboog, Stuttgart 2006. 392 S. Besprochen von Wolfgang Forster. |
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Der Philosoph Karl Christian Friedrich Krause (1781-1832) ist zu Lebzeiten weitgehend unbekannt geblieben. Seine Philosophie wurde jedoch ab 1840 in Spanien und später in den lateinamerikanischen Staaten (vgl. Stoetzer, O. Carlos, Karl Christian Friedrich Krause and his influence in the Hispanic World, 1998) äußerst wirkungsmächtig. Dort steht der „Krausismo“ für ein liberales, aber idealistisch aufgeladenes Politikverständnis unter Betonung des Harmoniegedankens und der Bildungsidee. Für die Verbreitung krausistischer Vorstellungen in Pädagogik, Politik und Rechtswesen (vgl. ZRG Germ. Abt. 120 [2003]) besonders bedeutend war die 1876 von einer Gruppe von Professoren, die durch die 1875 restaurierte spanische Monarchie entlassen worden waren, in Madrid gegründete „Institución libre de enseñanza“. Die Vorstellung, dass es sich beim Krausismo um eine veränderte, an die spezifischen Gegebenheiten und Bedürfnisse Spaniens angepasste und damit verselbständigte Version von Krauses Gedanken handele, hat seit dem 19. Jahrhundert das Bild von Krauses Einfluss geprägt. Ureña konnte 1988 durch genauen Textvergleich den Nachweis führen, dass ein zentraler Text („Ideal de la humanidad para la vida“, 1860) des Begründers des Krausismo, Julian Sanz del Río (1814-1869) entgegen dessen eigener Aussage eben keine veränderte Version der Gedanken Krauses, sondern eine wortgetreue Übersetzung von Aufsätzen Krauses war. Der spanische Krausismo wurde damit in eine neue Perspektive gesetzt; er muss nunmehr als Rezeption von Krauses ureigener Philosophie betrachtet werden. Seitdem verfolgt Ureña ein in Umfang und Detailgenauigkeit beeindruckendes Forschungsprogramm zu Krause, seinem Umfeld und seiner Wirkungsgeschichte, das man unter das Schlagwort „Nicht nur Krausismus, sondern auch Krausismus“ (vgl. 311) stellen kön |