| Moses, Annett, Kriminalität in Baden im 19. Jahrhundert – Die „Übersicht der Strafrechtspflege“ als Quelle der historischen Kriminologie (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B Forschungen 163). Kohlhammer, Stuttgart 2006. XXXV, 415 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Moses, Annett, Kriminalität in Baden im 19. Jahrhundert. Die „Übersicht der Strafrechtspflege“ als Quelle der historischen Kriminologie (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde, Reihe B: Forschungen, 163. Bd.). Kohlhammer, Stuttgart 2006. XXXV, 415 S.
Die Studie, die im Wintersemester 1998/99 von der Historisch-Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen und nunmehr in überarbeiteter sowie bibliographisch aktualisierter Fassung veröffentlicht worden ist, hat die Kriminalitätsentwicklung im Großherzogtum Baden im 19. Jahrhundert zum Gegenstand. Im Zentrum der Untersuchung steht der Zeitraum von 1829 bis 1878 (1879). Die Arbeit ist im Kontext der neueren sozialgeschichtlichen Forschung zu sehen, die namentlich die Einflüsse der Modernisierung in Staat und Gesellschaft auf normkonformes wie abweichendes Verhalten analysiert. Die quantitativ angelegte, auf der Makroebene angesiedelte Studie verdankt ihre Entstehung nicht zuletzt dem (glücklichen) Umstand, dass Baden der erste deutsche Staat gewesen ist, der nach dem Vorbild des französischen „Compte général“ von 1827 seit 1829 mit einer umfassenden Kriminalstatistik aufgewartet hat.
Zwar sind diesen als „Übersicht der Strafrechtspflege“ firmierenden und jährlich erscheinenden Datensammlungen seit 1808 „Civil- und Criminal-Tabellen“ vorausgegangen, die jeweils im Regierungsblatt veröffentlicht worden sind. Sie haben gewiss auf ein wachsendes Interesse an Informationen über die Tätigkeit der Gerichte sowie die strukturelle Entwicklung der Kriminalität schließen lassen. Doch ist erst mit der „Übersicht“ ein Datenwerk geschaffen worden, das die Geschäftstätigkeit der Strafgerichte in umfassender und vergleichsweise detaillierter Weise dokumentiert hat. Sie ist dann bis zur Einführung einer Reichskriminalstatistik im Jahre 1879 erschienen. Die „Übersicht“ hat nicht nur über die Zahl und Art der Verfahrenserledigungen (bis hin zu |
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| Müller, Philipp, Auf der Suche nach dem Täter. Die öffentliche Dramatisierung von Verbrechen im Berlin des Kaiserreichs (= Campus Historische Studien 40). Campus, Frankfurt am Main 2005. 423 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Müller, Philipp, Auf der Suche nach dem Täter. Die öffentliche Dramatisierung von Verbrechen im Berlin des Kaiserreichs (= Campus Historische Studien 40). Campus, Frankfurt am Main 2005. 423 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz.
Nicht erst die Weimarer Epoche war gekennzeichnet durch vielfältige und publikumswirksame massenmediale Darstellungen spektakulärer Verbrechen und Strafprozesse. Bereits im wilhelminischen Zeitalter ist namentlich die Presse zum Sprachrohr öffentlicher Diskurse über Kriminalität und deren strafrechtliche Aufarbeitung geworden. Daran haben nicht zuletzt die Betroffenen in einer teilweise fast schon modern anmutenden Weise partizipiert. Der Fall des Schusters Wilhelm Voigt, der als „Hauptmann von Köpenick“ in die Rechts- und Literaturgeschichte eingegangen ist – wie etwa Carl Zuckmayers „deutsches Märchen“ von 1930 und dessen spätere Verfilmungen demonstrieren – erscheint gleichsam symptomatisch für die erfolgreiche Vermarktung eines einschlägigen Lebensschicksals wie autobiografischer Tätererfahrungen. Er ist damals, wie die Quellenstudie Philipp Müllers zeigt, keineswegs der einzige, aber wahrscheinlich der bekannteste gewesen.
Der Verfasser ist am Beispiel von Berichten und Kommentaren der Berliner Tagespresse im Zeitraum von 1887 bis 1914 der Frage nachgegangen, in welcher Weise aufsehenerregende Straftaten und Strafprozesse in mehr oder minder engem Austausch – oder gar Zusammenwirken – von Strafverfolgungsorganen, Justiz und Zeitungen der Öffentlichkeit präsentiert wurden. An dieser publikumwirksamen Aufbereitung von Verbrechen wirkten beileibe nicht nur Täter nach ihrer Entdeckung und Aburteilung selbst mit. Vielmehr wurde auch die Bevölkerung in wachsendem Maße in die Aufklärung und Bekämpfung von Verbrechen einbezogen. Diese „öffentliche Dramatisierung“ von Straftaten hat den Verfasser denn auch dazu veranlasst, die von der Polizei – etwa im Wege von Steckbriefen und öffentlicher Aussetzung von Beloh |
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| Muscheler, Karlheinz, Die „Schopenhauer-Marquet“-Prozesse und das preußische Recht. Mohr (Siebeck), Tübingen 1996. 247 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Muscheler, Karlheinz, Die „Schopenhauer-Marquet“-Prozesse und das preußische Recht. Mohr (Siebeck), Tübingen 1996. 247 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Mai 1994 wählte der Verfasser einen (von zweien) von der 46jährigen unverheirateten Näherin Caroline Louise Marquet gegen den 33jährigen Arthur Schopenhauer geführten Prozess zum Gegenstand seiner Antrittsvorlesung in Bochum, um die Implikationen des deliktsrechtlichen Proportionalitätsprinzips im vormärzlichen Preußen zu beschreiben. Da es ihm schon bei der Beschäftigung mit diesem Verfahren lohnend erschien, beide Prozesse näher zu untersuchen und das vorfindbare Quellenmaterial zu edieren, veröffentlichte er zwei Jahre später das vorliegende Werk. Wie es öfter vorkommt, fand sich dafür auch ein Interessent, der aber seine Selbstverpflichtung zu erfüllen sich nicht im Stande sah, so dass mit unziemlicher Verspätung nach Rückleitung des Rezensionsexemplars wenigstens kurz auf die interessante Studie aufmerksam gemacht werden soll.
Am Sonntag, den 12. August 1821, hatte der zu dieser Zeit nicht besonders erfolgreiche Schopenhauer nach ganz kurzer Abwesenheit gegen 18 Uhr seine seit 16 Monaten von der Witwe Becker gemietete Unterkunft in Berlin, Niederlagstraße 4, betreten, um dort die befreundete 19jährige Tänzerin Carolin Médon zu erwarten. Im Entrée zu seinen beiden Zimmern fand er drei strickende Frauen vor. Da er sie als störend empfindet, wirft er die starke Person Marquet gewaltsam aus dem Entrée.
Die daraufhin von der Betroffenen angestrengten strafrechtlichen und schadensersatzrechtlichen Verfahren zogen sich über Jahre hin. Letztlich obsiegte die Klägerin. Die meisten Biographen Schopenhauers halten, gestützt auf dessen Darstellungen, den Vorfall für belanglos, die Klägerin für eine abgefeimte Lügnerin und die Urteile für falsch.
Der Verfasser untersucht die vorhandenen Verfahrensunterlagen selbständig. Vorweg schildert er den preußischen Zivilprozess u |
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| Myops. Berichte aus der Welt des Rechts, hg. v. Kiesow, Rainer Maria/Lahusen, Benjamin/Ogorek, Regina/Simon, Dieter. Jahrgang 1 2007. Beck, München 2007. 78 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Myops. Berichte aus der Welt des Rechts, hg. v. Kiesow, Rainer Maria/Lahusen, Benjamin/Ogorek, Regina/Simon, Dieter. Jahrgang 1 2007. Beck, München 2007. 78 S. Besprochen von Filippo Ranieri.
Warum in dieser Zeitschrift das erste Heft des neuen Periodikums des Beck Verlags angezeigt werden soll, findet die einzige Erklärung darin, dass es sich bei den Herausgebern wohl ausschließlich um Rechtshistoriker handelt. Hauptherausgeber und Leiter der Redaktion ist der Frankfurter Privatdozent Rainer Maria Kiesow, über den zu berichten es in dieser Zeitschrift schon Gelegenheit gab (siehe Germ. Abt., Bd. 124 [2007], S. 580-583). Neben ihm wirken der ehemalige Direktor am Frankfurter Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte und ehemaliger Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Dieter Simon, sowie die Frankfurter Rechtshistorikerin Regina Ogorek. Zu den Herausgebern gehört ferner auch der Berliner Referendar und Frankfurter Doktorand Benjamin Lahusen. Die Zeitschrift soll die Welt des Rechts kritisch beobachten und begleiten, und sie tritt wohl die Nachfolge des zwischenzeitlich eingestellten „Rechtshistorischen Journals“ an. Am besten sollten die Herausgeber selbst zu Wort kommen. »Myops ist eine Fliege,« – wird im Prospekt (S. 1) geschrieben – »Fliegen sind lästig, zumal dann, wenn sie einen Stachel haben. Myops hat einen Stachel und will ihn gebrauchen (…). Der heutige Myops hat es auf die Rechtslandschaft abgesehen (…). Normdeuter und Regelkundler will er mit kleinen, schmerzhaften Stichen um die schädliche Gemütlichkeit bringen. Beliebt wird auch dieser Myops nicht werden (…). Wer Sorge hat, jemandem auf die Füße zu treten, wird vielleicht über, aber nicht in Myops schreiben.« Aus den Beiträgen seien erwähnt Regina Ogorek, „Erst die Aktien, dann die Akten. Der Anwaltsberuf erfindet sich neu“ (S. 13-19) mit einigen auch historisch angereicherten Überlegungen zur Ökonomisierung und zum Funktionswandel der An |
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| Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 4 NS-Zeit Beamten-, Anerben-, Arbeits-, Patent- und Aktienrecht sowie Sonderrecht für die Juden. Lang, Frankfurt am Main 2006. 439 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nachschlagewerk des Reichsgerichts. Gesetzgebung des Deutschen Reichs, hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter. Band 4 NS-Zeit Beamten-, Anerben-, Arbeits-, Patent- und Aktienrecht sowie Sonderrecht für die Juden. Lang, Frankfurt am Main 2006. 439 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Der Band enthält die Leitsätze zu 238 Vorschriften des Reichs und Preußens aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Verglichen mit der beispielsweise von Schlegelberger/Hoche nachgewiesenen großen Rechtsmasse des NS-Zeit ist die Zahl der betroffenen Bestimmungen ziemlich gering, erklärbar aus dem übergroßen Teil von nicht-justiziablen Gesetzen und Verordnungen und aus der Beschränkung des Nachschlagewerks auf das Zivilrecht.
Die Entwicklung der Rechtsordnung unter dem Nationalsozialismus wird - zu Recht - unter den Gesichtspunkten des Rassismus, der Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen, des Einheits- und Parteistaates und des Angriffskriegs beschrieben. Diese Orientierungen bestimmen auch die Gesetze und die Leitsätze der Urteile aus dieser Zeit. Auffällig viele Entscheidungen ergingen zum Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (72) und zum Beamtenrechtsänderungsgesetz (52), in denen die Betroffenen seltener gegen den Verlust ihrer Stellung als um die Höhe ihrer weiteren Bezüge kämpfen. In den Nachweisen erscheinen ebenfalls das Reichsbürgergesetz und das Blutschutzgesetz, die Verordnungen zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben und über den Einsatz des jüdischen Vermögens von 1938, sowie viele einzelne, Juden benachteiligende Entscheidungen zu anderen Gesetzen. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und das Ehegesundheitsgesetz sind ebenfalls vertreten. Einige Leitsätze betreffen das Ermächtigungsgesetz, das Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat, das Neuaufbaugesetz, das Reichsstatthaltergesetz und, nicht zu vergessen, das Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen |
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| Napoleon. Trikolore und Kaiseradler über Rhein und Weser, hg. v. Veltzke, Veit. Böhlau, Köln 2007. XIV, 586 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Napoleon. Trikolore und Kaiseradler über Rhein und Weser, hg. v. Veltzke, Veit. Böhlau, Köln 2007. XIV, 586 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der wissenschaftliche Begleitband zur Napoleon-Ausstellung des Preußen-Museums Nordrhein-Westfalen vom 11. 2. bis 1. 7. 2007 in Wesel und Minden fasst den aktuellen Forschungsstand zur „Franzosenzeit“ auf dem Boden des heutigen Nordrhein-Westfalen zusammen. Im Mittelpunkt steht die Regierungszeit Napoleons in den linksrheinischen Departements, im Großherzogtum Berg und dem Königreich Westphalen sowie in den 1810/11 unmittelbar zu Frankreich gekommenen Landesteilen (u. a. Lippe-Departement). Die Aufsätze behandeln insbesondere die grundlegenden Modernisierungsprozesse in verfassungsmäßiger, rechtspolitischer und gesellschaftspolitischer Hinsicht im Rechtswesen, in der Judenemanzipation, der Kommunalverfassung sowie der wirtschaftlichen Struktur. Nicht ausgespart werden aber auch die Härten einer Besatzungspolitik, die durch hohe Militärkosten, Schutzzölle und den wirtschaftlichen Niedergang der rechtsrheinischen Gebiete gekennzeichnet war. Der Band wird eröffnet mit einem Beitrag H.-U. Thamers: „Buonaparte – Bonaparte – Napoleon. Vom Parteigänger der Revolution zum Kaiser“, der die verfassungsrechtliche Stellung Napoleons umreißt. J. Engelbrecht beschreibt in: „Bevor Napoleon kam: die ersten Jahre der französischen Herrschaft am Niederrhein“ (S. 71ff.) insbesondere die Rechtsreformen in den linksrheinischen Departementen bis 1800. Es folgt ebenfalls von Engelbrecht in: „Bürgerliche Reformen und imperiale Machtpolitik am Niederrhein und in Westfalen“ (S. 91ff.) ein Überblick über die Weiterführung dieser Reformen in der napoleonischen Zeit. Diese Thematik wird in weiteren Aufsätzen noch detaillierter behandelt. P. Burg stellt in: „Unter französischem Zepter. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Rheinland und Westfalen“ (S. 177ff.; leider mit nur wenigen bibliographischen Nachweisen) die Entfeudalisie |
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| Naß, Klaus, Die Reichschronik des Annalista Saxo und die sächsische Geschichtsschreibung im 12. Jahrhundert. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996. LVIII, 472 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Naß, Klaus, Die Reichschronik des Annalista Saxo und die sächsische Geschichtsschreibung im 12. Jahrhundert. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996. LVIII, 472 S.
Die Reichschronik des Annalista Saxo, hg. v. Naß, Klaus (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores 37). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2006. XXIX, 752 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Sommersemester 1995 wurden des Verfassers quellenkritische Studien zur Chronik des Annalista Saxo vom Fachbereich für Philosophie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Technischen Universität Braunschweig als Habilitationsschrift angenommen, die von Horst Fuhrmann, Hartmut Hoffmann, Rudolf Schieffer, Bernd Schneidmüller und manch anderem gefördert worden war. Reinhard Schneider wurde für eine Rezension in dieser Zeitschrift gewonnen, doch konnte sie anscheinend nicht realisiert werden. Deswegen verdient sie zumindest in Zusammenhang mit der jetzt vorgelegten Edition, deren Grundlage sie bildet, einen kurzen Hinweis.
Die Untersuchung geht von einer ausführlichen Beschreibung der Handschrift Paris, Bibliothèque Nationale 11851 aus, die als Original und als vermutliches Teilautograph der Chronik angesehen wird. Sie wurde wahrscheinlich im östlichen Sachsen an einem unbekannten Ort von mindestens sechs nicht näher bekannten Schreibern geschrieben. Spätestens 1292 ist sie Würzburg vorhanden, wo sie vermutlich bis ins frühe 16. Jahrhundert blieb.
Im Anschluss hieran ermittelt der Verfasser die für die Chronik verwendeten Quellen in chronologischer Folge der Jahresberichte. Für die Entstehung der Erstfassung bietet ihm das erschließbare Berichtsende mit dem Jahr 1142 einen ersten Anhaltspunkt, der wegen einiger zusätzlicher Überlegungen auf die Zeit zwischen 1144 bzw. 1148 und 1152 bzw. 1155 verfeinert wird. Die Nachwirkung erscheint im Vergleich zu der beeindruckenden Leistung auffallend gering und außerdem zeitlich begrenzt.
Auf dieser sorgfältig ermittelten kr |
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| Naturrecht – Spätaufklärung – Revolution, hg. v. Dann, Otto/Klippel, Diethelm (= Studien zum achtzehnten Jahrhundert 16). Felix Meiner Verlag, Hamburg 1995. VII, 303 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Naturrecht – Spätaufklärung – Revolution, hg. v. Dann, Otto/Klippel, Diethelm (= Studien zum achtzehnten Jahrhundert 16). Felix Meiner Verlag, Hamburg 1995. VII, 303 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vom 22. bis zum 24. November 1989 fand in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel die durch die Stiftung Volkswagenwerk ermöglichte Jahrestagung 1989 der deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts statt. In den anschließenden beiden Jahren wurden die dortigen Beiträge für den Druck erweitert und mit Nachweisen versehen. Die Gerda Henkel Stiftung sicherte die Drucklegung des 1995 erschienenen Bandes, der 1997 gefundene sachkundige Rezensent reichte aus Unvermögen fast ein Jahrzehnt später das Werk zurück, so dass dem Herausgeber der Zeitschrift die Aufgabe wenigstens einer kurzen Inhaltsangabe zufiel.
In seiner knappen Einleitung behandelt der Kölner Neuzeithistoriker Otto Dann das im Titel ausgedrückte Verhältnis aus der Spätzeit des Naturrechts, dessen Fundierung auf die allen Menschen gemeinsame, ihnen mit ihrer Natur gegebene Fähigkeit des Vernunftgebrauchs als politische Folge eine auf einen vertraglich geregelten Zusammenschluss freier und gleicher Teilnehmer gegründete Gesellschaft ermöglichte. Nach Jean Jacques Rousseaus 1762 gebotener Verbindung der natürlichen Rechte der Menschen mit der Souveränität des Volkes erwuchs auf dieser theoretischen Grundlage auch eine neue praktische Staatsverfassung, die freilich die revolutionären Ziele der Aufklärung nicht tatsächlich verwirklichte, so dass im frühen 19. Jahrhundert bereits eine Distanzierung von der Aufklärung des 18. Jahrhunderts stattfinden konnte.
Die sich an diese Grundlegung anschließenden 16 Referate gliedern sich in fünf Gruppen. Ihrer ersten geht es um den internationalen Kontext. Zu diesem Zweck untersucht Wolfgang Schmale das Naturrecht in Frankreich zwischen Prärevolution und Terreur, Henry T. Dickinson The Rise and the Fall of the T |
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| Niedermeier, Ursula, Lippisches Judenrecht und der Schutz der Juden in den Zivilprozessen der lippischen Obergerichte im 19. Jahrhundert (= Europäische Hochschulschriften 2, 4351). Lang, Frankfurt am Main 2006. 198 S. Besprochen von Arne Duncker. |
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Niedermeier, Ursula, Lippisches Judenrecht und der Schutz der Juden in den Zivilprozessen der lippischen Obergerichte im 19. Jahrhundert (= Europäische Hochschulschriften 2, 4351). Lang, Frankfurt am Main 2006. 198 S. Besprochen von Arne Duncker.
In ihrer sehr lesenswerten und unter erfreulich umfangreicher Auswertung von Gerichtsakten des 19. Jahrhunderts angefertigten Regionalstudie zum lippischen Judenrecht untersucht Niedermeier am Beispiel des Landes Lippe grundlegende Fragen der deutsch-jüdischen Rechtsgeschichte, in einer Weise, welche die Arbeit auch für die deutsch-jüdische Sozial- und Wirtschaftsgeschichte zu einem Gewinn macht. Inhaltlich geht es nicht vorrangig um das innerhalb der jüdischen Gemeinschaften praktizierte „jüdische Recht“ (der mosaischen Gesetze etc.), sondern um das von außen, nämlich von der Obrigkeit für die Juden gesetzte „Judenrecht“. Der gewählte Zeitraum (17.-19. Jahrhundert mit Schwerpunkt in der Zeit nach 1800) ist von einem Abbau dieses Sonderrechts gekennzeichnet. Am Ende steht die Emanzipation der Juden, sie erhalten die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Bürger.
Niedermeiers Arbeit ist in zwei hauptsächliche Untersuchungsabschnitte gegliedert. Im ersten Teil wird die „rechtliche Stellung der Juden in Lippe von 1648 bis zur staatsbürgerlichen Gleichstellung im Norddeutschen Bund 1869“ untersucht (S. 13-112), und der zweite befasst sich im wesentlichen mit der Auswertung historischer Prozessakten („Juden vor den lippischen Obergerichten im 19. Jahrhundert“, S. 113-172).
Einleitend werden die Rahmenbedingungen des lippischen Judenrechts umrissen (S. 13-25). In diesem Zusammenhang behandelt Niedermeier die rechtliche Stellung der Juden in Deutschland seit dem Frühmittelalter sowie die staatsrechtlichen und politischen Verhältnisse des Fürstentums Lippe im 19. Jahrhundert und die Siedl |
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| Nolte, Jakob, Demagogen und Denunzianten. Denunziation und Verrat als Methode polizeilicher Informationserhebung bei den politischen Verfolgungen im preußischen Vormärz (= Schriften zur Rechtsgeschichte 132). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 554 S. Besprochen von Lukas Gschwend. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nolte, Jakob, Demagogen und Denunzianten. Denunziation und Verrat als Methode polizeilicher Informationserhebung bei den politischen Verfolgungen im preußischen Vormärz (= Schriften zur Rechtsgeschichte 132). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 554 S. Besprochen von Lukas Gschwend.
Das Thema der Denunziation stößt seit 1990 zunehmend auf das Interesse der Geschichtswissenschaft. Die Forschung beschränkt sich keineswegs auf zeitgeschichtliche Perspektiven. Auch innerhalb der Rechtsgeschichte geinnt das Phänomen zunehmende Beachtung. Während Arnd Koch in seiner Habilitationsschrift Denunciatio. Zur Geschichte eines strafprozessualen Rechtsinstituts (Frankfurt: Klostermann, 2006) einen über 600 Jahre hinaus gespannten historisch-dogmatischen Forschungsansatz wählte, präsentiert Jakob Nolte eine breit angelegte qualitative Analyse des Themas im Kontext der Demagogenverfolgung im Vormärz (1819-1838) unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Preußen. Die Studie wurde im Sommersemester 2004 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen.
Noltes Arbeit umfaßt einerseits eine Analyse des strukturellen Denunziationsangebots, andererseits werden anhand von Fallstudien verschiedene Erscheinungsformen der Denunziation im preußischen Vormärz vorgestellt und untersucht. Der Autor möchte von der durch die Erfahrungen in den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts äußerst negativ konnotierten Bedeutung der Denunziation als Unrechtsmethode Abstand nehmen und aufzeigen, dass diese „integraler Bestandteil jeder Herrschaft und eine Machttechnik im herrschaftlichen Gefüge“ darstellt (S. 20). Recht, Rechtswirklichkeit sowie Herrschafts- und Rechtspraxis sollen im rechtshistorischen Umfeld der Denunziation für die Epoche des Vormärz’ untersucht werden. Die Studie beschränkt sich dabei keineswegs auf rechtshistorische Aspekte, sondern geht weit über das Problem der Denunziation im polizeilichen Ermitt |
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| Origini dello Stato. Processi di formazione statale in Italia fra medioevo ed età moderna, hg. v. Chittolini, Giorgio/Molho, Anthony/Schiera, Pierangelo (= Annali dell’Istituto storico italo-germanico 39). Società editrice il Mulino, Bologna 1994. 629 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Origini dello Stato. Processi di formazione statale in Italia fra medioevo ed età moderna, hg. v. Chittolini, Giorgio/Molho, Anthony/Schiera, Pierangelo (= Annali dell’Istituto storico italo-germanico 39). Società editrice il Mulino, Bologna 1994. 629 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Besprechung dieses interessanten Sammelbandes wurde noch im letzten Jahrtausend von Frank Theisen als Mitarbeiter Gero Dolezaleks zugesagt. Trotz zahlreicher Erinnerungen wurde die Zusage bisher nicht erfüllt. Deswegen muss der Herausgeber mit einigen Worten auf das Werk wenigstens hindeuten.
Der Band selbst verweist auf eine Historikertagung an der Universität von Chicago vom 26. bis 29. April 1993. Im Vorwort präsentiert Pierangelo Schiera Zielsetzung und Aufgabenstellung. Sie sind naturgemäß ziemlich weitgespannt.
Gegliedert ist der Band in insgesamt sieben Abteilungen. Davon befassen sich die vier Beiträge der ersten Abteilung mit den internationalen Beziehungen, die vier Beiträge der zweiten Abteilung mit dem Zentrum und der Peripherie unter besonderer Berücksichtigung Siziliens und Venedigs, die vier Beiträge der dritten Abteilung mit den Finanzen insbesondere von Florenz und Venedig, die fünf Beiträge der vierten Abteilung mit dem Recht (Mazzacane, Aldo, Diritto e giuristi nella formazione dello Stato moderno in Italia; Bellabarba, Marco, Norme e ordini processuali. Osservazioni sul principato di Trento tra XV e XVI secolo; Kuehn, Thomas, Antropologia giuridica dello Stato; Quaglioni, Diego, Fidelitas habet duas habenas. Il fondamento dell’obbligazione politica nelle glosse di Bartolo alle costituzioni pisane di Enrico VII; Savelli, Rodolfo, Tribunali, decisiones e giuristi – una proposta di ritorno alle fonte), die vier Beiträge der fünften Abteilung mit dem Hof, die drei Beiträge der sechsten Abteilung mit der Kirche und die drei Beiträge der abschließenden siebten Abteilung mit dem Verhältnis von Öffentlichem und Privatem. Eine |
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| Panorama 400 Jahre Universität Gießen. Akteure, Schauplätze, Erinnerungskultur, hg. im Auftrag des Präsidenten der Justus-Liebig-Universität v. Carl, Horst/Felschow, Eva-Marie/Reulecke, Jürgen/Roelcke, Volker/Sargk, Corina. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2007. 320 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Panorama 400 Jahre Universität Gießen. Akteure, Schauplätze, Erinnerungskultur, hg. im Auftrag des Präsidenten der Justus-Liebig-Universität v. Carl, Horst/Felschow, Eva-Marie/Reulecke, Jürgen/Roelcke, Volker/Sargk, Corina. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2007. 320 S., Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.
!527 gründete Landgraf Philipp von Hessen in Marburg die erste protestantische Universität des heiligen römischen Reiches. Bei der Teilung des Landes unter seinen Söhnen fiel Marburg 1567 an Hessen-Marburg, bei dem söhnelosen Tode Landgraf Ludwigs IV. von Hessen-Marburg 1604 an Hessen-Kassel. Als Landgraf Moritz von Hessen-Kassel 1605 seine Landeskirche calvinisierte, bot Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt den lutherischen Professoren Marburgs in dem mit etwa 3000 Einwohnern an ihn gefallenen Gießen eine feste Burg an einem neuen Gymnasium, für das er am 19. Mai 1607 auch ein kaiserliches Universitätsprivileg erhielt.
Vierhundert Jahre später ist auf Hochglanzpapier ein großformatiger schwergewichtiger Jubiläumsband erschienen. In drei Abteilungen gegliedert erinnert er an bedeutsame Personen, Orte und Angelegenheiten der Universität. Nach Angabe des Verlags war er so rasch vergriffen, dass für eine Rezension nur die kurzfristige Ausleihe verblieb.
Nach einem Grußwort des Ministerpräsidenten Hessens und Vorworten des Präsidenten und der Herausgeber beginnt der Band mit 23 Beiträgen über Akteure. In diesem Rahmen befasst sich Heinhard Steiger mit Gottfried Antonius und den Anfängen der juristischen Fakultät, Diethelm Klippel mit Johann August Schlettwein und Gerhard Menk mit Erwin Stein. Außerdem werden etwa behandelt Landgraf Ludwig V., Landgraf Moritz, Balthasar Mentzer, Georg Büchner, Justus Liebig, Adolf Harnack, Otto Behaghel, Hermann Aubin, Theodor Mayer, zwei Rektoren im Nationalsozialismus sowie Helene von Bila, Wissenschaftspolitikerin in der Nachkriegszeit.
Bei den Schauplätzen steht die unbestrei |
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| Pätzold, Stefan, Kleine Geschichte der Stadt Pforzheim (= Regionalgeschichte – fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2007. 263 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pätzold, Stefan, Kleine Geschichte der Stadt Pforzheim (= Regionalgeschichte – fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2007. 263 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der seit 2001 am Stadtarchiv Pforzheim tätige Verfasser legt kurz nach seinem Wechsel nach Bochum über seine bisherigen Einzelstudien hinaus einen Überblick über die inzwischen mehr als 100000 Einwohner zählende Goldstadt am Eingang zum Nordschwarzwald vor. Er beginnt dabei mit den ältesten Siedlungsspuren nördlich des Schwarzwalds an der Einmündung der Nagold in die Enz. Aus dem Jahr 245 n. Chr. belegt eine Säuleninschrift den Namen portus (Hafen) für die dortige Römersiedlung, die der Verfasser mit anderen vom vicus zur civitas erhebt.
Das erste seiner fünf Kapitel lässt er bis zum Ende des Mittelalters reichen, an dem als bekannter Sohn der Stadt Johannes Reuchlin (1455-1522) hervortritt. In der frühen Neuzeit wird Pforzheim von einer Residenzstadt (bis 1565) zur Goldstadt. Im 19. Jahrhundert setzt sich die Industrie weitgehend durch.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgen wirtschaftliche Depression, braune Diktatur und totale Zerstörung durch einen Luftangriff Großbritanniens im Februar 1945 aufeinander. Gleichwohl erwächst aus den Trümmern in kurzer Zeit eine moderne Großstadt. Abbildungen und Karten veranschaulichen das dargestellte Geschehen, Literaturverzeichnis und Zeittafel runden den handlichen Band ab.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Peregrinatio Hungarica. Studenten aus Ungarn an deutschen und österreichischen Hochschulen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, hg. v. Fata, Márta/Kurucz, Gyula/Schindling, Anton unter Mitarbeit von Lutz, Alfred/Senz, Ingomar (= Contubernium 64). Steiner, Stuttgart 2006. XII, 548 S., 29 Abb., 14 Diagr., 10 Tab., 3 Kart. Besprochen von Wolfgang Pöggeler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Peregrinatio Hungarica. Studenten aus Ungarn an deutschen und österreichischen Hochschulen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, hg. v. Fata, Márta/Kurucz, Gyula/Schindling, Anton unter Mitarbeit von Lutz, Alfred/Senz, Ingomar (= Contubernium 64). Steiner, Stuttgart 2006. XII, 548 S., 29 Abb., 14 Diagr., 10 Tab., 3 Kart. Besprochen von Wolfgang Pöggeler.
Als der ungarische Aufstand im November 1956 von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wurde, nutzten viele Ungarn die Wirren jener Tage zur Flucht in das westliche Ausland. In den kommenden Jahren etablierte sich unter den Madjaren ein Witz. Frage: Warum sind überhaupt Ungarn im Lande geblieben? Antwort: Aus purer Lust am Abenteuer!
Nun, im allgemeinen war es zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert genau anders herum: Das Verlassen der Heimat war ein Abenteuer, nicht das Zuhausebleiben.
In einem sorgfältig redigierten, schönen Buch widmen sich 25 Autoren den ungarischen Studenten an deutschen und österreichischen Hochschulen der vergangenen vier bis fünf Jahrhunderte. Dem Buch vorausgegangen war im Oktober 2003 eine deutsch-ungarische Tagung an der Universität Tübingen. Der Forschungsgegenstand wird im übrigen bereits seit den 1980er Jahren an der Budapester Lóránd-Eötvös-Universität verfolgt, und zwar mit dem ehrgeizigen Ziel, ein möglichst vollständiges Verzeichnis der Studenten aus Ungarn und Siebenbürgen zu erstellen, die in der Neuzeit (insbesondere der frühen) an europäischen Universitäten studierten.
Die ungarische Motivation für einen solchen Aufwand besteht, wie László Szögi in seinem Beitrag andeutet, in der Frage nach dem Kulturtransfer, der im Wege des Auslandsstudiums stattfand. Dahinter steht letztlich die Frage nach der ungarischen Identität und ein Stückweit nach der europäischen.
Ungarische Studenten besuchten schon im ausgehenden Mittelalter Universitäten in Krakau, Prag, Wien, Bologna, Paris und Oxford. Der Besuch von Universitäten in den |
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| Pernthaler, Peter, Die Identität Tirols in Europa. Springer, Wien 2007. XXI, 351 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pernthaler, Peter, Die Identität Tirols in Europa. Springer, Wien 2007. XXI, 351 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Vorfahren des seit 1963 durch zahlreiche Veröffentlichungen bekannten Innsbrucker Verfassungsrechtlers Peter Pernthaler sind durch Jahrhunderte am Ritten bei Bozen ansässig gewesen. Sein Vater wurde 1925 vom faschistischen Regime aus Italien ausgewiesen. Deswegen haben Südtirol und die „Einheit des ganzen Landes“ für ihn nicht nur eine wissenschaftliche Bedeutung, sondern hat er gemeinsam mit seinem Lehrer Felix Ermacora die jahrzehntelangen Bemühungen um den Abschluss und die Umsetzung der Paketlösung einer erneuerten Autonomie für Südtirol verfolgt und nach der Streitbeilegung von 1992 als Abteilungsleiter der europäischen Akademie Bozen die Südtirol-Autonomie gemeinsamem mit engagierten Mitarbeitern wissenschaftlich aufzuarbeiten versucht, musste aber bald erkennen, dass seine österreichischen föderalistischen und verfassungsrechtlichen Vorkenntnisse und Erfahrungen nicht mehr geeignet waren, die neue Selbständigkeit der Südtiroler Verfassung richtig zu erfassen.
Gleichwohl erwuchs aus dieser geschichtlichen, politischrechtlichen und persönlichen Erfahrung der Plan zu einer Untersuchung der komplexen Grundlage der regionalen Selbständigkeit und politgeographischen Einheitlichkeit des mit dem Begriff Identität gefassten Landes Tirol. Diese Identität hat wichtige historische Wurzeln, ist in der Gegenwart aber vor allem ein dynamischer Prozess der Entwicklung und Veränderung. Wesentlich verursacht wurde er durch die Trennung des seit dem 12. Jahrhundert entstandenen Tirol in zwei Teile (Bundesland Tirol Österreichs und autonome Provinz Bozen-Südtirol Italiens) in unterschiedliche nationalstaatliche Systeme mit eigenen gesellschaftlichen, politischen und staatsrechtlichen Grundlagen.
Deswegen kann nach einleuchtender Ansicht des Verfassers die Identität des „ganzen Landes“ (Tiroler Landesverfassung) nur als |
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| Philippi, Hans, Die Landgrafschaft Hessen-Kassel 1648-1806 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 46 = Kleine Schriften 8). Elwert, Marburg, 2007. X, 115 S. m. 8 Abb. u. 1 Kt. Besprochen von Alois Gerlich. |
Ganzen Eintrag anzeigen Philippi, Hans, Die Landgrafschaft Hessen-Kassel 1648-1806 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 46 = Kleine Schriften 8). Elwert, Marburg, 2007. X, 115 S. m. 8 Abb. u. 1 Kt. Besprochen von Alois Gerlich.
Zum 90. Geburtstag ihres um die geschichtliche Landeskunde Hessens hochverdienten Mitgliedes Hans Philippi veröffentlichen H.-P.Lachmann und A. Hedwig seinen Teil an dem allzu voluminös geplanten und daher wohl nie erscheinenden dritten Band des Handbuchs der hessischen Geschichte und retten so wenigstens etwas für die weitere Forschung. Philippis Reihung der Lebensbilder der Landgrafen beschreibt das politische Streben der Landesherren, die wechselnden Maßnahmen der Administration, die an den Calvinismus gebundene Konfessionsbewahrung, die vielen Rechts- und Verfassungsinitiativen, nicht zuletzt den weiten Horizont dynastischer Verbindungen. Nach Behebung der im Dreißigjährigen Krieg erlittenen Schäden mussten die Landgrafen als Herren eines der nur mittelgroßen Staaten im Alten Reich die Beziehungen zu den Nachbarn in Hessen-Darmstadt, den Hochstiften Mainz und Würzburg, den Standesgenossen in Thüringen, den mächtigeren Fürsten in Hannover und Brandenburg über alle lokalen Misshelligkeiten hinaus zu gestalten suchen, auch die Verbindung mit dem Kaiser nicht außer Acht lassen. Aus den europäischen Konstellationen, die durch Frankreichs Angriffe auf den Westen des Reiches und die Reaktionen der Seemächte bestimmt wurden, konnte sich Hessen-Kassel nicht heraus halten. Das belastete besonders die lange Regierungszeit des Landgrafen Karl von 1670 bis 1730. Durch den Anfall Hanau-Münzenbergs kam Hessen-Kassel 1736 in eine ihm bisher fernere Landschaft mit deren Vielfalt territorialer Bildungen. Durch König Friedrichs II. von Preußen Kriegspolitik entstanden neue Belastungen. Der Landgraf wurde zum Aufbau eines stehenden Heeres gezwungen, hässliche Begleiterscheinung war später der Soldatenhandel mit England und den neuen |
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| Piekenbrock, Andreas, Befristung, Verjährung, Verschweigung und Verwirkung. Eine rechtsvergleichende Grundlagenstudie zu Rechtsänderungen durch Zeitablauf (= Jus Privatum 102). Mohr (Siebeck), Tübingen 2006. XLVI, 567 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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„Meine Zeit steht in deinen Händen“ stellt der 1967 geborene, 1998 mit einer Untersuchung über den italienischen Zivilprozess im europäischen Umfeld hervorgetretene und danach als Rechtsanwalt tätige Verfasser seiner von Rolf Stürner betreuten, berufsbegleitend gewonnenen Habilitationsschrift voraus. Zwar verfolgt er die Bibel kaum über die Einführung hinaus, doch stellt er naturgemäß auf die grundlegende Gegebenheit ab, dass das Sein des Menschen in der Zeit verläuft. Daraus haben Menschen seit langem die Folgerung gezogen, dass die Rechte des Einzelnen durch den Ablauf von Zeit zwar nicht logisch verändert werden müssen, aber doch vernünftigerweise praktisch verändert werden können, was in Deutschland im Wesentlichen durch die Verjährung von Ansprüchen, die Befristung von Rechten, die Ersitzung von Rechten und die Verwirkung von Rechten geschieht.
Dem Verfasser geht es nicht in erster Linie um eine geschichtliche Arbeit über diese zivilrechtlichen Denkfiguren. Sein Ziel ist vorwiegend rechtstheoretischer Art bzw. nach Ausweis des Untertitels rechtsvergleichend. Auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen will er aber von einem gesicherten geschichtlichen Fundament ausgehen, weswegen er ausführlich die dogmengeschichtlichen Wurzeln der ihn interessierenden Einrichtungen behandelt.
Gegliedert ist die Untersuchung in eine Einleitung und drei Teile mit abschließender Zusammenfassung. Davon enthält die Einleitung eine besondere Begriffsbestimmung. In ihr wird zunächst der Rechtsbegriff erklärt und die Beschränkung der Untersuchung auf subjektive Rechte erläutert, danach der maßgebliche Zeitbegriff vorgestellt und schließlich die Kausalität des Zeitablaufs für die Rechtsänderung dargetan, |
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| Plassmann, Alheydis, Origo gentis. Identitäts- und Legitimitätsstiftung in früh- und hochmittelalterlichen Herkunftserzählungen (= Orbis mediaevalis – Vorstellungswelten des Mittelalters 7). Akademie-Verlag, Berlin 2006. 458 S. Besprochen von Alois Gerlich. |
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Die Verfasserin ist der Zeitschrift für Rechtsgeschichte bekannt seit ihren Untersuchungen über den Hof Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (ZRG 118, 2001, S. 509-514). Jetzt ist ihre Bonner Habilitationsschrift anzuzeigen, mit der sie sich mit dem andersartigen großen Thema in den Kreis von Gelehrten begibt, der mit den Namen Herwig Wolfram, Susan Reynolds, Walter Goffart, Hans Hubert Anton, Walter Pohl bestimmt wird. Um das neue Werk von Frau Plassmann zunächst oberflächlich zu charakterisieren, ist das nicht weniger als 53 Druckseiten umfassende Quellen- und Literaturverzeichnis zu nennen, das die Intensität der Forschung widerspiegelt. Mit Blick auf ihren Buchtitel weist sie auf Reinhard Wenskus hin, der mit seiner behutsamen Methode auf die späteren Historiker, hier besonders in Wien, eingewirkt hat. Alheydis Plassmann will die Frage beantworten, auf welche Weise eine Herkunftserzählung geeignet war zur Identitätsstiftung in einer Zeit, als die betreffende gens in den Kreis anderer christlichen gentes eingetreten war und die Aufzeichnung ihrer Geschichte erfolgen konnte (S. 22). Mit der von ihr durchgängig angewandten Bezeichnung gens greift sie auf den in den Quellen gebrauchten Ausdruck zurück, umgeht Schwierigkeiten der Übersetzung und der mit dem ‚Volks’-Begriff verbundenen, zeitweise politisch missbrauchten, Anwendungen. Sie wendet sich folgenden Autoren zu: Gildas, Gregor von Tours, Fredegar, Paulus Diaconus, Dudo von S. Quentin, Widukind von Corvey, Gallus Anonymus und Cosmas von Prag, also Historikern unterschiedlichster Herkunft, soweit diese noch nachweisbar ist, in heterogenen Umfeldern und weit auseinander liegenden Zeitspannen. Beachtet werden zu Ende noch Herkunftsberichte |
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| Pohlmann, Jörg, Entstehung, Rechtsträgerschaft und Auflösung der juristischen Person. Dogmengeschichtliche Betrachtungen im Vorfeld des BGB-Vereinsrechts 1900 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4491). Lang, Frankfurt am Main 2007. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Günter Christian Schwarz und nach dessen Tod von Jürgen Weitzel betreute, im Sommersemester 2006 von der Würzburger juristischen Fakultät angenommene Dissertation des Verfassers. Sie beginnt mit einem französischen Vorspruch Friedrich Nietzsches, einem Zitat aus dem Gedicht des Magister Ludi Josef Knecht in Hermann Hesses Glasperlenspiel und einem in französischer Sprache gehaltenen Vorwort. Darin dankt der einstige Assistent Günter Christian Schwarz, qui m’a permis d’élagir (!) mes connaissances, was sich sicher auf Deutsch einfacher und fehlerfreier hätte sagen lassen, und bedauert die Gefahr des Verlusts der geschichtlichen Grundlagen durch die raschen Fortschritte des europäischen Rechts, wogegen er mit seiner Arbeit ankämpfen möchte.
Ziel der Untersuchung ist es, Grundfragen zum Recht der juristischen Person in ihrer dogmengeschichtlichen Entwicklung darzustellen und so die Grundlagen des gegenwärtig einschlägigen Zivilrechts zu klären und offen zu legen. Im Einzelnen geht es um die staatliche Mitwirkung bei der Entstehung und der Auflösung der juristischen Person sowie um die Rechtsträgerschaft bzw. Vermögenszuordnung nach Entstehung und Auflösung. Zu diesem Zweck untersucht der Verfasser das Zivilrecht vom Codex Maximilaneus Bavaricus civilis von 1756 bis zum Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900, wobei er mit Rücksicht auf die Grundlagen dieser Rechtsquellen das wissenschaftliche Recht, nämlich das Pandektenrecht, die naturrechtlichen Lehren und das deutsche Recht in die Betrachtung einbezieht.
Vorweg schildert er kurz den Forschungsstand, in dem er trotz der Untersuchungen Wiedemanns, Köglers, Vormbaums, Söhnchens, Mummenhoffs und |
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| Polgar, Katalin, Das Oberappellationsgericht der vier freien Städte Deutschlands (1820-1879) und seine Richterpersönlichkeiten. Lang, Frankfurt am Main 2006. 332 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Jörn Eckert angeregte und nach dessen Tod von Rudolf Meyer-Pritzl betreute Dissertation der von 2003 bis 2005 als Mitarbeiterin am Lehrstuhl für deutsche und europäische Rechtsgeschichte, bürgerliches Recht und Handelsrecht der Universität Kiel tätigen Verfasserin. Sie sieht mit Karl August Förster, dass, was gewesen, nicht wiederkehrt. Da aber, wenn es leuchtend niederging, es lange noch zurückleuchtet, will sie überprüfen, wie leuchtend das Oberappellationsgericht für die freien Städte Lübeck, Hamburg, Bremen und Frankfurt am Main in der Hansestadt Lübeck war und wie leuchtend es niederging.
Gegliedert ist die Arbeit in sechs Teile. Dahinter steht im Wesentlichen die ohne Weiteres einsichtige chronologische Ordnung. Sie zerfällt in die Teile Gründung und weitere Entwicklung. Das Leuchten beim Auflösen erscheint dabei eher ziemlich untergeordnet.
Zu Recht weist die Verfasserin besonders darauf hin, dass die Entstehungsgeschichte des Gerichts schon mehrfach bearbeitet wurde. Deswegen erfolgt die Darstellung der Gründung unter Bezugnahme vor allem auf die vorliegende Literatur. Daneben werden aber auch bisher nicht bearbeitete Quellen berücksichtigt.
Der Gründungsgeschichte folgt die Darlegung der Gerichtsverfassung, wobei die Verfasserin zutreffend mit den Auswirkungen auf die bisherigen Gerichtsverfassungen der Hansestädte beginnt. Dem schließt sie die Besetzung (Präsident, Räte, Sekretär, Kanzlisten, Prokuratoren), (örtliche und sachliche) Zuständigkeit und das Verfahren des Oberappellationsgerichts an. Besonders behandelt sie dabei das Oberappellationsgericht als Austrägalgericht nach den Artikeln 18 bis 24 der Wiener Schlussakte des Deutschen Bundes und als Kompromissgericht.
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| Polizei, Recht und Geschichte. Europäische Aspekte einer wechselvollen Entwicklung. Beiträge des 14. Kollegiums zur Polizeigeschichte, hg. v. Gebhardt, Helmut (= Grazer rechtswissenschaftliche Studien 60). Grazer Universitätsverlag/Leykam, Graz 2006. 178 S. Besprochen von Andreas Roth. |
Ganzen Eintrag anzeigen Polizei, Recht und Geschichte. Europäische Aspekte einer wechselvollen Entwicklung. Beiträge des 14. Kollegiums zur Polizeigeschichte, hg. v. Gebhardt, Helmut (= Grazer rechtswissenschaftliche Studien 60). Grazer Universitätsverlag/Leykam, Graz 2006. 178 S. Besprochen von Andreas Roth.
Wie der Titel bereits andeutet, hat der Band, der aus einer in Graz im Jahre 2003 gehaltenen Tagung hervorgegangen ist, sehr unterschiedliche Themen aus etwa 200 Jahren Polizeigeschichte zum Inhalt; die Beiträge sind chronologisch gegliedert sind und haben einen Schwerpunkt im 19. Jahrhundert. Einleitend zeigt Alf Lüdtke, wie wechselhaft das Bild des Polizisten in den letzten gut 200 Jahren gewesen ist, wobei die beiden Gegensätze, der eingreifende Staatsdiener auf der einen Seite und der helfende Schutzmann auf der anderen, ständig begegnen. Auch die wechselvollen Forschungsperspektiven, von der Institutionengeschichte über den Ansatz Foucaults bis hin zur Geschichte der Praxis werden skizziert. Für die heutige Zeit werden Tendenzen hin zum Überwachungsstaat und zu einer Rückkehr zur Gewalt ausgemacht.
Mehrere Autoren widmen sich der österreichischen Polizeigeschichte. Der Herausgeber Helmut Gebhardt schildert zunächst die Gründung der österreichischen Polizei unter Maria Theresia und ihren Ausbau – am Pariser Vorbild orientiert – unter Joseph II. Die damalige Modernisierung bestand vor allem darin, dass nunmehr – dem allgemeinen Gleichheitssatz gehorchend – auch gegenüber adligen Personen eingeschritten werden konnte. Als zweites Standbein wurde 1848 die Gendarmerie gegründet, die an der Stelle der Grundherrschaften nunmehr für die öffentliche Sicherheit zuständig sein sollte und darüber hinaus zur Unterstützung der Justiz unmittelbar die Recherchen übernehmen sollte. Ein Gesetz von 1850 führte schließlich rechtsstaatliche Grundsätze in das Ermittlungsverfahren ein. Die polizeiliche Strafgewalt in Österreich (Franz Weisz) erfuhr in den 1850-Jahren e |
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| Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Allendorf an der Werra und des Salzwerks Sooden, hg. v. Eckhardt, Wilhelm A. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 13, Quellen zur Rechtsgeschichte der hessischen Städte 7). Elwert, Marburg 2007. XLVI, 478 S., 4 Farbtaf. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
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Der Titel der vorliegenden Quellenedition ist insofern etwas missverständlich, als es hier nicht nur um spezifisch rechtshistorische Dokumente geht, sondern darüber hinaus um Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte und besonders zur Verfassungsgeschichte der Stadt. Doch ist der Titel der Publikation seit dem ersten Band der Reihe, dem von Friedrich Küch schon 1918/1931 vorgelegten Doppelband „Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Marburg“ eingeführt und in der einschlägigen Forschung bekannt. Die Publikationen dieser Reihe sind eng mit so prominenten Namen wie Karl August Eckhardt und Karl E. Demandt verknüpft, und garantieren schon damit einen Standard, der von anderen Urkundenbüchern zur städtischen Geschichte selten erreicht wird. Nach Eschwege, Fritzlar, Marburg und Witzenhausen ist nun schon die fünfte, im kurhessischen Landesteil des heutigen Bundeslandes Hessen gelegene Stadt von dieser Editionsreihe erfasst – diesmal bearbeitet von dem ehemaligen Leiter des Marburger Staatsarchivs Wilhelm A. Eckhardt, einem Sohn des Rechtshistorikers Karl A. Eckhardt, der sich ebenfalls durch zahlreiche Forschungen zur hessischen Rechts- und Landesgeschichte einen Namen gemacht hat.
Die Edition basiert auf einer von dem Allendorfer Stadthistoriker Adolf Reccius angelegten Materialsammlung, die der Bearbeiter bereits 1953 übernehmen, aber wegen intensiver beruflicher Belastung erst jetzt zum Abschluss bringen konnte. Die edierten Stücke entstammen vor allem aus dem Stadtarchiv Bad Sooden-Allendorf und dem Staatsarchiv Marburg. Es musste eine Auswahl getroffen werden, im wesentlichen aus der Zeit vom 13. bis zum 16. Jah |
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| Quensel, Bernhard K., Max Webers Konstruktionslogik. Sozialökonomik zwischen Geschichte und Theorie (= Fundamenta Juridica 54). Nomos, Baden-Baden 2007). 350 S. Besprochen von Gerhard Dilcher. |
Ganzen Eintrag anzeigen Quensel, Bernhard K., Max Webers Konstruktionslogik. Sozialökonomik zwischen Geschichte und Theorie (= Fundamenta Juridica 54). Nomos, Baden-Baden 2007). 350 S. Besprochen von Gerhard Dilcher.
Die Arbeit geht auf eine Hamburger wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Dissertation zurück, die im Kontakt mit den Weber-Forschern Hubert Treiber und Stefan Breuer u. a. entstanden ist. Sie nimmt sich vor, Webers Begründung einer sozialwissenschaftlichen Methode zwischen der historischen und der theoretischen Schule der Nationalökonomie genauer zu analysieren. Dies zielt vor allem auf „seine Idealtypus-Lehre im Rahmen einer Theorie der Deutung sozialen Handelns“. Dabei will Quensel „unter den Ablagerungen der soziologischen Rezeptionsgeschichte“ die juridische Vorprägung der Weberschen Konzepte aufdecken (S. 19). Der Forschungsgegenstand ist nicht ganz neu, aber noch nicht in dieser genauen Ausrichtung und in einer solch umfangreichen Analyse angegangen worden. Beides, eine wissenschaftliche Methode zwischen Geschichte und Theorie wie auch die juridische Vorprägung der heute in der Geschichtswissenschaft zu neuem Ansehen gelangten Methodik Webers, kann auf das Interesse der Leser dieser Zeitschrift rechnen.
Im ersten Kapitel verfolgt der Verfasser die Anfänge Max Webers in der Jurisprudenz und seinen Übergang in die Nationalökonomie. Als grundlegend sieht er hierbei für Weber die Konzeption einer Sozialökonomik, in der Geschichte und Theorie miteinander vermittelt sind. Das zweite Kapitel bringt die hier vor allem interessierenden Ausführungen zu einer forschungspragmatischen Hermeneutik, zu ihren Wurzeln in der Auseinandersetzung zwischen Rechtsdogmatik, Rechtsgeschichte und Rechtssoziologie und ihr Ergebnis, der Idealtypus als Mittel historischen Verstehens. Das dritte Kapitel versucht, Webers Kapitalismusthese am Sonderfall der jüdischen Wirtschaftsethik zu überprüfen. Unter den hinzugefügten Exkursen interessiert hier vor allem der dr |
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| Ragg, Sascha, Ketzer und Recht. Die weltliche Ketzergesetzgebung des Hochmittelalters unter dem Einfluss des römischen und kanonischen Rechts (= Monumenta Germaniae Historica, Studien und Texte 37). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2006. XXXII, 303 S. Besprochen von Maximilian Hommens. |
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Zur Besprechung gelangt oben genanntes Werk, welches im Sommersemester 2004 vom Fachbereich Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz als Dissertation angenommen wurde. Sie wurde betreut von Prof. Dr. Alexander Patschovsky.
Um das Urteil vorwegzunehmen: die Arbeit ist eine reife Leistung des Autors.
Doch zunächst zum formalen: Einem Siglen- und Abkürzungsverzeichnis schließt sich ein 21 ½ seitiges Quellen- und Literaturverzeichnis an. Es folgen die eigentlichen Ausführungen zum Thema in drei großen Abschnitten: I. Ketzergesetzgebung in der Spätantike und im Frühmittelalter, II. Häresie im Hochmittelalter – Kirchenrecht und Rechtsliteratur, III. Häresie und Politik im Hochmittelalter.
Vorweg gestellt ist eine kurze Einleitung; die Arbeit schließt mit einer 10 ½ seitigen Schlussbetrachtung, angehängt sind ein Personen-, ein Orts- und ein Sachregister. Sauberer Druck, Übersichtlichkeit, ordentliches Papier und feste Fadenbindung sind heutzutage leider nicht mehr selbstverständlich, hier aber vorzüglich gegeben.
Zum Inhalt: in seiner Einleitung (S. 2) formuliert der Verfasser seine Forschungsfrage: „Können Häretisierungen in bestimmten Fällen auch als Ausdruck sozialer wie politischer Prozesse und Konflikte interpretiert werden?“. Die Antwort hierauf, die der Verfasser sorgfältig entwickelt und mit Belegen versieht, lautet: „Die von der Kirche forcierte Ausdehnung der Ketzerverfolgung auf die weltliche Rechtsebene, die Ausweitung des Häresiebegriffs und die immer stärkere Einbeziehung der Ketzersympathisanten in die rechtliche Verfolgung bereiteten im 12. und 13. Jahrhundert den Weg für die politische Instrumentalisierun |
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| Raiser, Thomas, Grundlagen der Rechtssoziologie, 4. Aufl. (= UTB 2904). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XXI, 370 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Raiser, Thomas, Grundlagen der Rechtssoziologie, 4. Aufl. (= UTB 2904). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XXI, 370 S.
Thomas Raiser, der nach dem Studium von Philosophie und Rechtswissenschaft in Tübingen, Bonn, Berlin und München bei Ernst Steindorff über Haftungsbegrenzung nach dem Vertragszweck promovierte und sich 1969 in Hamburg bei Hans Würdinger und Hans Möller mit der bekannten Untersuchung über das Unternehmen als Organisation habilitierte, hat sich stets nicht nur für das Recht, sondern auch für seine philosophischen und soziologischen Grundlagen besonders interessiert. Deswegen ist er nicht nur einer der führenden Kapitalgesellschaftsrechtler geworden, sondern auch einer der führenden deutschen Rechtssoziologen. Sein Erfolg zeigt sich unter anderem darin, dass seine 1972 erstmals vorgelegte Rechtssoziologie über unterschiedliche Zwischenstationen nunmehr in Tübingen eine vierte, neugefasste Auflage erfahren hat.
Das dadurch ausgezeichnete Werk gliedert sich nun übersichtlich in drei Teile, von denen der erste Teil sich um die Bestimmung des wissenschaftlichen Orts der Rechtsgeschichte als Teilgebiet der Soziologie und als Zweig der Rechtswissenschaft bemüht. Rechtssozologiegeschichte enthält der zweite Teil mit den chronologisch gereihten Theoretikern der Rechtssoziologie von Karl Marx und Friedrich Engels über Emile Durkheim, Eugen Ehrlich, Max Weber, Theodor Geiger, Niklas Luhmann bis zu Helmut Schelsky. Abschließend wird in zehn Kapiteln die Rechtssoziologie auf den Feldern Rechtsbegriff, Rechtsprinzipien, Sanktionen, Geltung und Wirksamkeit des Rechts, Macht, Herrschaft und Recht, Konflikt und Konfliktregelung, Erforschung der Rechtskultur, Menschen und Recht, Sozialprofil der Juristen und Evolution des Rechts exemplifiziert.
In der ersten, als Einführung in die Rechtssoziologie bei Schweitzer erschienenen Auflage hatte der Verfasser - entsprechend einer Forderung Eugen Ehrlichs - als Ziel seines Werkes eine Rec |
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| Ranieri, Filippo, Das europäische Privatrecht des 19. und 20. Jahrhunderts. Studien zur Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 54). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 503 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ranieri, Filippo, Das europäische Privatrecht des 19. und 20. Jahrhunderts. Studien zur Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 54). Duncker & Humblot, Berlin 2007. 503 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die meisten Arengen mittelalterlicher Urkunden weisen auf die Vergänglichkeit alles Irdischen und die Notwendigkeit hin, rechtzeitig Vorsorge dagegen zu treffen. Wie das bloße Wort im Raum verhallt, so wird auch Geschriebenes leicht vergessen, wenn es an entlegener Stelle und verstreut veröffentlicht ist. Deswegen sorgt sich der Weise bei Zeiten um sein Werk und legt es der Öffentlichkeit möglichst leicht zugänglich vor.
Dies gilt auch für Filippo Ranieri, den durch eine bilderbuchmäßig europäische Karriere ausgezeichneten Saarbrücker Gelehrten. 1944 geboren in Mailand und 1967 promoviert in Pavia hat er 1972 den Sprung an das Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte gewagt und sich in Frankfurt am Main habilitiert. Über Straßburg, Mailand und Rostock ist er 1995 nach Saabrücken gelangt. Stets hat ihn die europäische Rechtsgeschichte besonders interessiert, weswegen er neben vielen bekannten wegweisenden Monographien nun auch mit Unterstützung Elmar Wadles eine ausgewählte, weitere Nachweise einschließende, in drei Themenbereiche geteilte Vielzahl kleinerer und größerer Beiträgen versammeln kann, die er während der vergangenen drei Jahrzehnte auf dem Gebiet der Geschichte und des Strukturvergleichs des kontinentaleuropäischen Privatrechts veröffentlichte.
Unter dem Thema die kontinentale Rechtskultur als gegenseitiger Rezeptions- und Befruchtungsprozess vereint der erste Teil elf Beiträge. Sie betreffen etwa Rezeption und Assimilation ausländischer Rechtsprechung, le traduzioni e le annotazioni di opere giuridiche straniere nel secolo XIX oder französisches Recht und französische Rechtskultur in der deutschen Zivilrechtswissenschaft heute. Es geh |
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| Ranieri, Filippo, Juristen für Europa. Voraussetzungen und Hindernisse für ein „europäisches“ juristisches Ausbildungsmodell (= Münsteraner Studien zur Rechtsvergleichung 122). Lit, Münster 2006. 96 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ranieri, Filippo, Juristen für Europa. Voraussetzungen und Hindernisse für ein „europäisches“ juristisches Ausbildungsmodell (= Münsteraner Studien zur Rechtsvergleichung 122). Lit, Münster 2006. 96 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Filippo Ranieri verwirklicht den europäischen Gedanken höchstpersönlich in seinem Leben. Deswegen hat er sich ihm bereits in vielen Arbeiten verschrieben. Nun befasst er sich mit einem Juristenausbildungsmodell für ein besseres Europa.
Unmittelbarer Hintergrund der Veröffentlichung ist ein Vortrag des Verfassers in Münster. Mittelbare Ursache ist ein von der Fritz Thyssen-Stiftung gefördertes mehrjähriges Forschungsprojekt. Dessen Ergebnisse legt der Verfasser hier vor.
Ausgangspunkt dafür ist das Zusammenwachsen bisher vieler europäischer Staaten in europäischen Gemeinschaften, europäischer Gemeinschaft und europäischer Union während der letzten fünfzig Jahre. Dafür gibt es eine primärrechtliche Grundlage. Daraus ist bereits so viel sekundäres europäisches Gemeinschaftsrecht erwachsen, dass sich spätestens seit der Dienstleistungsrichtlinie des Jahres 1977 die juristischen Berufe in Europa – vor allem die Rechtsanwaltschaft – so sehr internationalisieren, dass sich seit etlichen Jahren eine europäische Juristenausbildung als Aufgabe und Herausforderung stellt.
Zu ihrer Bewältigung hält der Verfasser als Rechtshistoriker zu Recht die Erfassung des historischen Hintergrundes für unverzichtbar. Deswegen stellt er die deutsche gemeinrechtliche Tradition der praktischen Jurisprudenz, die Tradition des Rechtsunterrichts an den napoleonischen facultés de droit und die von beiden abweichende Tradition der angelsächsischen nichtakademischen Ausbildung dar. Damit sind sicherlich die wichtigsten europäischen Juristenausbildungswege erfasst.
Dem folgen Juristenausbildung und Rechtsprofessionen in Europa heute. Nach einem vergleichenden Überblick untersucht der Verfasser die Struktur der u |
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| Rathgeb, Christian, Die Verfassungsentwicklung Graubündens im 19. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 1). Schulthess, Zürich 2003. XXVIII, 215 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kley, Andreas, Verfassungsgeschichte der Neuzeit. Großbritannien, die USA, Frankreich und die Schweiz, unter Mitarbeit von Kissling, Christian. Stämpfli, Bern 2004. 265 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Wieser, Bernd, Vergleichendes Verfassungsrecht. Springer, Wien 2005, XVI, 152 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Hartmann, Peter Claus, Französische Verfassungsgeschichte der Neuzeit (1450-2002). Ein Überblick, 2. Aufl. Duncker & Humblot, Berlin 2003. 235 S. graph. Darst. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Berchtold, Klaus, Verfassungsgeschichte der Republik Österreich I 1918-1933. Springer, Wien 1998, XVI, 755 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Kölz, Alfred, Neuere Schweizerische Verfassungsgeschichte. Ihre Grundlinien in Bund und Kantonen seit 1848. Stämpfli & Co., Bern 2004. XXXII, 960 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Rathgeb, Christian, Die Verfassungsentwicklung Graubündens im 19. Jahrhundert (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 1). Schulthess, Zürich 2003. XXVIII, 215 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder.
Auf die theoretisch oft erörterte Frage, was denn Verfassungsgeschichte überhaupt sei bzw. wie sie darzustellen wäre, geben vorhandene Darstellungen eine pragmatische Antwort: Sie fällt sehr unterschiedlich aus. Dies betrifft schon einmal den örtlichen Raum: staatenübergreifend, staatsbezogen, sogar teilstaatsbezogen.
Die Darstellung Kleys betont im Titel allein den zeitlichen Bezug – „Neuzeit“ – und verschiebt den örtlichen in den Untertitel, der auf mehrere Staaten verweist. Tatsächlich verdeutlicht das Einheben auf gegenseitige Einflussnahmen Gemeinsames. Grundsätzlich sei eine Verfassung im Zusammenhang mit theologischen, philosophischen, geschichtlichen und anderen Vorstellungen zu sehen (26). Konkret betont werden etwa für die USA neben dem Vorbild Schweiz als Bundesstaat (88) „transatlantische“ ideengeschichtliche Einflüsse (90ff.), umgekehrt der Einfluss d |
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| Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, hg. v. Zimmermann, Reinhard in Verbindung mit Knütel, Rolf und Meincke, Jens Peter. C. F. Müller, Heidelberg 2000. 722 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gerhard Köbler, Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, hg. v. Zimmermann, Reinhard in Verbindung mit Knütel, Rolf und Meincke, Jens Peter. C. F. Müller, Heidelberg 2000. 722 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, so schreiben die Herausgeber am Beginn der Einführung in ihr Hans Hermann Seiler zum 24. Dezember 1999 als Geschenk zum 70. Geburtstag gewidmetes, von Herbert Kalb im Jahre 2000 zur Besprechung übernommenes, trotz vieler Erinnerungen aber bisher noch nicht besprochenes Werk, sind in unserem modernen Wissenschafts- und Lehrbetrieb zwei unterschiedliche, voneinander weitgehend getrennte Disziplinen. Dies zeige sich in Zuschnitt und Ausrichtung der Literatur ebenso wie in der Aufteilung der Vorlesungen sowie in den unterschiedlichen Methoden und Erkenntnisinteressen. Allerdings frage es sich, ob nicht auch Verbindungen zwischen beiden Disziplinen bestünden, insbesondere, ob rechtshistorische Erkenntnis nicht auch für die Privatrechtsdogmatik nützlich, stimulierend, vielleicht sogar notwendig sein könne.
In diesem Zusammenhang vertreten die Herausgeber zu Recht die Ansicht, dass das Ende der Rechtsgeschichte (in der Wertschätzung durch juristische Fakultäten und die Allgemeinheit) am besten durch gute rechtshistorische Forschung zu verhindern und die Bedeutung dogmengeschichtlicher Arbeit am besten durch gute dogmengeschichtliche Forschung zu gewährleisten ist. Der Wert der Rechtsgeschichte für das moderne Recht werde nur dann deutlich, wenn er nicht nur behauptet, sondern immer wieder demonstriert werde. Das setze voraus, dass Rechtshistoriker ihre Erkenntnisse verfügbar machten und Rechtsdogmatiker sich dieser Erkenntnisse bedienten, wozu der Dialog diene, wie er beispielsweise in Form eines Symposiums in Regensburg vom 11. bis 13. Juni 1998 stattgefunden habe.
Gewidmet sei dieses Symposium Hans Hermann Seiler gewesen, der sich über viele Jahre hinweg mit dem Thema Re |
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| Rechtssetzung und Rechtswirklichkeit in der bayerischen Geschichte, hg. v. Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard/Schlosser, Hans (= Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Reihe B, Beiheft 30). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 2006. 262 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtssetzung und Rechtswirklichkeit in der bayerischen Geschichte, hg. v. Hecker, Hans-Joachim/Heydenreuter, Reinhard/Schlosser, Hans (= Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Reihe B, Beiheft 30). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 2006. 262 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit 1999 veranstaltet die von Rechtshistorikern, Landeshistorikern, Archivaren und weiteren Interessierten gegründete Gesellschaft für bayerische Rechtsgeschichte Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen der bayerischen Rechtsgeschichte. Sie versucht, dadurch dem trotz des großen Interesses an der bayerischen Rechts- und Verfassungsgeschichte angesichts des Abbaus einschlägiger Stellen im Hochschulbereich sowohl an den juristischen Fakultäten wie auch im Bereich der Landesgeschichte drohenden Verlust in Ausbildung und Forschung zu begegnen, weil Rechtsgeschichte und Verfassungsgeschichte für Landeshistoriker, Archivare und Juristen eine unverzichtbare Grundlage darstellen. Vom 4. bis 5. Juli 2003 führte sie aus diesem Grund auch erstmals eine Jahrestagung durch, die an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt einen Platz in der geographischen Mitte Bayerns fand und unter einem scheinbar vielversprechenden, tatsächlich aber ziemlich blässlichen Titel die ganze Fülle der bayerischen Rechtsgeschichte vom Mittelalter bis an den Anfang des 19. Jahrhunderts widerspiegelt und dadurch einen Einblick in aktuelle Forschungen an Hochschulen und Archiven vermittelt.
Im schmalen, ansprechend mit einem Fehdebrief von 1436 geschmückten Band sind insgesamt acht Referate abgedruckt. Etwa zur Hälfte stammen sie von Historikern. Sie sind nicht streng chronologisch geordnet, doch steht die Lex Baiuvariorum fast ganz am Anfang und das Reichskammergericht ganz am Schluss.
Für die Rechtsgeschichte bietet Harald Siems ein umfassendes, in einzelnen Bereichen unterschiedliche Wirtschaftsumstände aufzeigendes Lebensbild des Volksrechts der Bay |
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| Rechtswissenschaft im Wandel. Festschrift des Fachbereichs Rechtswissenschaft zum 400jährigen Gründungsjubiläum der Justus-Liebig-Universität Gießen, hg. v. Gropp, Walter/Lipp, Martin/Steiger, Heinhard. Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. IX, 575 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtswissenschaft im Wandel. Festschrift des Fachbereichs Rechtswissenschaft zum 400jährigen Gründungsjubiläum der Justus-Liebig-Universität Gießen, hg. v. Gropp, Walter/Lipp, Martin/Steiger, Heinhard. Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. IX, 575 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zum 25. Mai 2007 lud der Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen zum Festakt zum 400jährigen Bestehen des Fachbereichs Rechtswissenschaft in der Aula der in ihrem Kern am 19. Mai 1607 mit einem Privileg Kaiser Rudolfs II. ausgestatteten Universität Gießen ein. Unter dem Titel Rechtsideen aus Gießen hielt Dieter Schwab einen Festvortrag über den durch Ihering, Gareis, Frank und Rosenberg beispielhaft verkörperten genius loci. Martin Lipp stellte die für diese Gelegenheit vorbereitete, in 34 Beiträgen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verknüpfende, in drei Teile gegliederte Festschrift vor, der eine von Reinhard Frank 1907 herausgegebene Festschrift für die juristische Fakultät in Gießen und eine 1957 vorgelegte Festschrift zur 350-Jahrfeier der Ludwigs-Universität/Justus-Liebig-Hochschule (mit zwei Beiträgen über die nach dem zweiten Weltkrieg zu Gunsten Marburgs bis 1964/1965 [Gießen-Gesetz vom 17. Dezember 1964] geschlossene juristische Fakultät) vorausgehen.
Historische Grundlagen der maßgeblich von Thilo Ramm wieder belebten Bildungseinrichtung betreffen dabei hauptsächlich die ersten vier Beiträge. In ihnen schildert Barbar Dölemeyer unter Veranschaulichung durch 18 Lichtbilder das Wirken Karl Frölichs und seines Instituts für Rechtsgeschichte einschließlich des digitalen Nachwirkens im Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main, Walter Gropp Vestigia iuris criminalis (Grolman, Birnbaum, Merkel, Liszt, Frank, Engisch) samt den damit gegebenen Guidelines für die Zukunft, während Martin Lipp das Verhältnis zwischen deutschem Privatrecht und Usus modernus im 16. und 17. Jahrhundert einer sorgfältigen neuen Über |
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| Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C. H. Beck, hg. v. Willoweit, Dietmar. Beck, München 2007. XVI, 1265 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert. Mit Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C. H. Beck, hg. v. Willoweit, Dietmar. Beck, München 2007. XVI, 1265 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Unter den Menschen gibt es bekanntlich Theoretiker und Praktiker. Den einen fällt etwas ein und die anderen machen etwas daraus. Wenn beide zueinander finden, kann sich eine für viele nützliche Symbiose entwickeln.
Seit 1763 verlegt die aus Sachsen nach Schwaben und Bayern gelangte Familie Beck Texte als Bücher. Seit dem 19. Jahrhundert hat sie sich mehr und mehr auf das Recht konzentriert. Im Ergebnis ist sie im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einem führenden Verleger juristischer Schriften in Europa geworden.
An dieser beeindruckenden Entwicklung hat Hans Dieter Beck maßgeblichen Anteil. Deswegen ist im Zuge gelungener unternehmerischer Imagepflege zu seinem 75. Geburtstag am 9. April 2007 eine umfangreiche, rostrot gehaltene Festschrift mit goldenen Lettern erschienen. Unter dem Präsidenten der bayerischen Akademie der Wissenschaften als Herausgeber geht es ihr um Rechtswissenschaft und Rechtsliteratur im 20. Jahrhundert mit – weil das eine ohne das andere in der Gegenwart nicht mehr wohl denkbar ist – Beiträgen zur Entwicklung des Verlages C. H. Beck, wobei an dieser Stelle naturgemäß nicht auf die überwältigende Vielzahl detaillierter Erkenntnisse und subjektiver Nachrichten eingegangen werden kann.
Mehr als 50 Autoren von Christian Calliess bis Wolfgang Zöllner, überwiegend Professoren in Berlin, Bonn, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Gießen, Göttingen, Heidelberg, Hamburg, Jena, Kiel, Mannheim, Marburg, München, Münster, Regensburg, Saarbrücken, Tübingen, Würzburg und Zürich, hat der Herausgeber um den Verleger geschart. Nach einem Überblick des Herausgebers über hundert Jahre Rechtswissenschaft behandeln sie die (neun) großen Rechtsgebiete und einzelne exemplarische Werke, ehe abschließend di |
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| Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, Johann Friedrich, Regesta Imperii, Unterreihe). Heft 22 Die Urkunden und Briefe des österreichischen Staatsarchivs in Wien, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Allgemeine Urkundenreihe, Familienurkunden und Abschriftensammlungen (1464-1469), bearb. v. Ottner, Christine. Böhlau, Wien 2007. 332 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg. |
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Innerhalb der Regestenreihe der Urkunden Kaiser Friedrichs III. konnten bereits an früherer Stelle dieser Zeitschrift die den Zeitraum von 1440 bis 1463 erfassenden Hefte 12, 13 und 18 von über 1.100 Friedrich-Urkunden aus dem Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv vorgestellt werden (ZRG Germ. Abt. Bd. 118, 551f:, Bd. 121, 646ff. und Bd. ##). Dieser bereits stattlichen Anzahl von Urkundenregesten werden nun weitere 290 hinzugefügt, nahezu 50 pro Regierungsjahr. Damit wurden der Forschung für die ersten 29 Regierungsjahre des Kaisers etwa 1.400 Schriftstücke zugänglich gemacht. Lediglich etwa die Hälfte der in Heft 22 erfassten Fridericiana sind bereits in der Regestensammlung Joseph Chmels enthalten.
Die Bearbeiterin geht in einer ausführlichen Einleitung auf die äußeren Merkmale der regestierten Urkunden ein – auf Beschreibstoffe ebenso wie auf Besiegelungen und Kanzleiunterfertigungen, auf sprachliche und stilistische Eigenarten, auf Formularbestandteile wie auch auf Urkundentypen. Auch wenn diese Formalien Rückschlüsse auf die Rechtsinhalte der betreffenden Urkunden zulassen, braucht dies an dieser Stelle nicht weiter zu interessieren. Wichtiger sind die erfassten Inhalte, soweit sie von rechtshistorischem Interesse sind. Zu unterscheiden sind Urkunden, in denen Friedrich als österreichischer Landesfürst handelte, und solche, die er kraft seines kaiserlichen Amtes ausfertigen ließ. Für den erstgenannten Bereich sind Urkunden zur Baumkirch |
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| Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, Karl/Stolleis, Michael. Bd. 8 Reichsstädte 3 Ulm, hg. v. Kremmer, Susanne/Specker, Hans Eugen (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 218). Klostermann, Frankfurt am Main 2007. VIII, 920 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der achte Band des von Michael Stolleis und Karl Härter herausgegebenen Repertoriums der Polizeiordnungen der frühen Neuzeit betrifft die Reichsstadt Ulm, deren überschaubaren Grundriss ein zwischen 1733 und 1740 entstandener Kupferstich als Umschlagbild des stattlichen Bandes zeigt. Im Eingang bietet Susanne Kremmer eine Einleitung in den Sachgegenstand, in der sie auf knappem Raum die Grundzüge der Verfassungsentwicklung, das große, geschlossene, reichsstädtische Territorium, die Ratsausschüsse und Ämter, die weitgehend in der Hand des Rates liegende Policeygesetzgebung, die Publikation, die archivalische Überlieferung sowie die Erfassung und Bearbeitung beschreibt. Dem folgt das Quellen- und Literaturverzeichnis.
Die frühesten reichsstädtischen Gesetze mit „Policeycharakter“ finden sich danach in dem um 1376 angelegten, etwa 450 teilweise am Schwörtag vorgelesene und beschworene Bestimmungen enthaltenden roten Buch der Stadt. Das Quellenmaterial ist größtenteils handschriftlich überliefert. Nach groben Schätzungen Susanne Kremmers wurden etwa 20 laufende Meter Akten und Bände durchgesehen.
Dabei zeigte es sich, dass sehr viele Ordnungen an mehreren Stellen aufgefunden wurden. Da sie sinnvollerweise nur einmal zu erfassen waren, reduzierte sich die überlieferte Zahl von etwa 20000 Ordnungen auf rund 5000. Sie reichen zeitlich vom 31. Mai 1316 (Bürgerrechtsordnung) bis zum 26. 11. 1802 (Steuerordnung), so dass die insgesamt 5244 Nummern aus 476 Jahren einen Durchschnitt von 11 Polizeiordnungen jährlich ergeben, wobei naturgemäß in den 215 Jahren der katholischen Zeit mit gut 7 Polizeiordnungen jährlich die Regelungsdichte deutlich ger |
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| Revista de dret històric català, Volum 5 (2005). Societat Catalana d’estudis jurídics. Filial de l’Institut d’estudis Catalans, Barcelona 2006. 244 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
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Der fünfte Jahrgang dieser von der katalanischen juristischen Gesellschaft herausgegebenen rechtshistorischen Zeitschrift enthält in einem ersten Teil eine Reihe von rechtshistorischen Untersuchungen und in einem zweiten Teil einige kurze Miszellen und Rezensionen. Aus den hier publizierten Aufsätzen sei wegen ihrer rechtshistorischen Bedeutung insbesondere erwähnt ein Beitrag von Juan Alfredo Obarrio Moreno (S. 61-97) über die Rezeption der römischen Regeln zum „beneficium inventarii“ in den historischen Rechtsquellen Kataloniens und in der damaligen Doktrin. Ein zweiter Beitrag von Patricia Zambrana Moral (S. 99-140) ist einem Teilaspekt des Strafrechts im mittelalterlichen Spanien gewidmet, insbesondere der Blutrache. Ein Beitrag von Esteve Bosch Capdevila (S. 141-156) beschreibt kurz die Entwicklung des schottischen Rechts, hat allerdings nur kompilatorischen Charakter und stützt sich auf bereits bekannte Sekundärliteratur. Maria Encarnación Gómez Rojo (S. 165-206) beschreibt die Pflege der Rechtsgeschichte an der Universität Autònoma von Barcelona zwischen den Jahren 1933 und 1938. Am interessantesten ist ein Beitrag von Manuel J. Peláez (S. 15-60), in dem die Rechtsprechung des Appellationsgerichts des Fürstentums Andorra zwischen den Jahren 1918 und 1921 beschrieben wird. Eine Vielzahl von Urteilen wird bei der Gelegenheit ediert und abgedruckt. Der katalanische Rechtshistoriker Fernando Valls y Taberner wurde im Jahre 1916 vom Bischof von Urgel als Appellationsrichter des Fürstentums von Andorra ernannt und wirkte bis in die 20er Jahre in dieser Funktion. Der Beitrag enthält eine ausführliche und reichlich dokumentierte Einführung, insbesondere zum Appellationsgericht des Fürstentums und zur Rechtslage von Andorra, und stützt sich im Wesentlichen auf di |
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| Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte. Register zu den Bänden 13-15/3 des neuen Pauly, hg. v. Landfester, Manfred/Egger, Brigitte (= Der neue Pauly Supplement 4). Metzler, Stuttgart 2005. IX, 396 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Geschichte der antiken Texte. Autoren- und Werklexikon, in Verbindung mit Egger, Brigitte hg. v. Landfester, Manfred (= Der neue Pauly Supplement 2. Metzler, Stuttgart 2007. X, 662 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte. Register zu den Bänden 13-15/3 des neuen Pauly, hg. v. Landfester, Manfred/Egger, Brigitte (= Der neue Pauly Supplement 4). Metzler, Stuttgart 2005. IX, 396 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
1837 gründete der Gymnasiallehrer August Friedrich Pauly als Hilfsmittel für Lehrer und Schüler die Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft in alphabetischer Ordnung, für deren Bearbeitung er 17 Mitarbeiter gewann. Nach seinem Tode setzten Ernst Wilhelm Walz und Wilhelm Siegmund Teuffel die Bearbeitung auf wissenschaftlichem Niveau fort. Bis 1852 erschienen 6 Bände in sieben Teilbänden, zusätzlich von 1864 bis 1866 der erste Band in Neubearbeitung in zwei Teilbänden.
Auf dieser Grundlage begann Georg Wissowa seit 1890 mit der Herausgabe von Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft in neuer Bearbeitung. Nach dem Abschluss der Neuausgabe im Jahre 1978 bestand dieser von vier weiteren Herausgebern fortgesetzte Pauly-Wissowa aus 66 Halbbänden, 15 Supplementbänden, einem Register der Nachträge und Supplementbände, einem Index von 1980, einem Gesamtregister in zwei Teilen von 1997 und einem systematischen Sach- und Suchregister auf CD-ROM. Dieses monumentale Zeugnis deutschen Wissens über das Altertum wurde zwischen 1964 und 1975 der Ausgangspunkt für einen fünfbändigen kleinen Pauly.
Angesichts des mit diesen Werken verbundenen Erfolges bot sich eine Weiterarbeit an, die seit 1996 im die Rechte führenden Verlag Metzler als Der neue Pauly Enzyklopädie der Antike begann. Sie erweitert die Wurzeln und Grundlagen und bezieht auch die nachantike Rezeption ein. Sie umfasst 18 Bände Lexikon und einen Registerband sowie seit 2004 zusätzliche Supplementbände.
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| Rheinbündischer Konstitutionalismus, hg. v. Brandt, Hartwig/Grote, Ewald (= Rechtshistorische Reihe 350). Lang, Frankfurt am Main 2007. 149 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rheinbündischer Konstitutionalismus, hg. v. Brandt, Hartwig/Grote, Ewald (= Rechtshistorische Reihe 350). Lang, Frankfurt am Main 2007. 149 S. Besprochen von Werner Schubert.
Der rheinbündische Konstitutionalismus der Jahre 1807 bis 1811 wurde lange Zeit als von Napoleon diktierter „Scheinkonstitutionalismus“ bezeichnet. Bereits Michael Hecker, Napoleonischer Konstitutionalismus in Deutschland, Berlin 2005 (hierzu Werner Schubert in ZGR GA 123 [2006], S. 668f.) hat eine solche Kennzeichnung zurückgewiesen. Auch nach Meinung der Herausgeber Brandt und Grothe sollte man nicht allein vom praktischen Scheitern der rheinbündischen Konstitutionen ausgehen. Vielmehr gelte es, „den Gehalt der einzelnen Verfassungsurkunden zu erfassen, zu analysieren und im Hinblick auf ihre Wirkung auch die langfristigen mentalen Folgen zu berücksichtigen“ (S. 12). Nach der Einleitung der Herausgeber: „Über die Anfänge des Verfassungsstaates in Deutschland“ (S. 7ff.) befasst sich G. Schuck in seinem Beitrag mit der Rheinbundakte von 1806 (S. 17ff.) Obwohl diese noch keine eigentliche „Verfassung“ bildete, lässt sich die Rheinbundakte – primär ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen Napoleon und den Mitgliedern – als „Quasi-Verfassungstext“ verstehen (S. 18), der die Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten dauerhaft auf eine völlig neue Basis stellte und Grundlage für die Verfassungsgesetzgebung in insgesamt sechs Mitgliedstaaten (Königreich Westphalen, Bayern, Reuß ältere Linie, Sachsen-Weimar-Eisenach, Anhalt-Köthen und Großherzogtum Frankfurt) war.
Die von Pariser Staatsratsjuristen ausgearbeitete Verfassung des Königreichs Westphalen von 1807, die Grothe in seinem Beitrag behandelt (S. 31ff.), stellte eine Mischung von napoleonischen Gesellschaftsvorstellungen und Machtansprüchen dar, wobei wohl erstere überwogen und Modellcharakter für die Rheinbundstaaten hatten. Grothe stellt in diesem Zusammenhang vor allem die Postulierung von Freiheitsrechten |
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| Richter, Klaus W., Die Wirkungsgeschichte des deutschen Kartellrechts vor 1914. Eine rechtshistorisch-analytische Untersuchung (= Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 138). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XI, 244 S. Besprochen von Siegbert Lammel. |
Ganzen Eintrag anzeigen Richter, Klaus W., Die Wirkungsgeschichte des deutschen Kartellrechts vor 1914. Eine rechtshistorisch-analytische Untersuchung (= Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 138). Mohr (Siebeck), Tübingen 2007. XI, 244 S. Besprochen von Siegbert Lammel.
Die Arbeit erweckte unter mehreren Gesichtspunkten die Neugier des Rezensenten: einmal erscheint das Kartellrecht in immer neuen Lichtern, eine richtungsweisende Aufarbeitung seiner Entwicklung fehlt wohl noch. Zum anderen sollte die berühmt-berüchtigte Entscheidung des Reichsgerichts vom 4. Februar 1897 „Sächsisches Holzstoffkartell“ hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die danach stattfindende Entwicklung der Kartelle untersucht werden. Und schließlich war die Arbeit dahin ausgelegt, modernere Ansätze aus der Wirtschaftstheorie für rechtshistorische Wirkungsgeschichte nutzbar zu machen. Mit den Worten des Autors „ ...dass es im Unterschied zur traditionellen historischen Methodik hier nicht darum geht, einfache Kausalketten zu stützen, sondern die Ursachen für ein spezifisches historisches Problem unter punktueller Anwendung von Erkenntnissen aus dem Bereich der Wirtschaftstheorie (konkret: Transaktionskostenökonomik und Neue Institutionenökonomik der Geschichte) zu analysieren“. Insgesamt ein hoher Anspruch, der hier eingelöst werden sollte.
Es ist sicher notwendig, gerade auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts – sei es nun rechtsgeschichtlich oder modernrechtlich – einen Blick über die Grenzen des eigenen Fachgebiets auf jene Wissenschaften zu werfen, die nach ihrem eigenen Anspruch „Wirtschaft“ theoretisch aufarbeiten und erfassen wollen. Der Autor greift hier auf zwei Theorien zurück: zum einen die Transaktionskostenökonomik, wonach sowohl für die Betreibung eines Wirtschaftssystems Kosten entstehen, als auch Informationsdefizite bestehen und die Kosten eingesetzt werden, um die Folgen dieser Defizite zu minimieren. Als weiteren Denkansatz gibt es die neue Institutionenökonomik de |
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| Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit, hg. v. Laudage, Johannes/Leiverkus, Yvonne (= Europäische Geschichtsdarstellungen 12). Böhlau, Köln 2006. 326 S., 8 Taf. Besprochen von Klaus Richter. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit, hg. v. Laudage, Johannes/Leiverkus, Yvonne (= Europäische Geschichtsdarstellungen 12). Böhlau, Köln 2006. 326 S., 8 Taf. Besprochen von Klaus Richter.
Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer Tagung, die am 2. und 3. Juni 2005 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf stattfand. Das thematische Spektrum der Beiträge von Johannes Laudage, Knut Görich, Theo Kölzer, Werner Rösener, Jens Ullrich, Alheydis Plassmann, Barbara Haupt, Yvonne Leiverkus, Jan Ulrich Keupp, Gerhard Lubich und Thomas Zotz umfasst das gesamte Spektrum höfischer Kultur und des Rittertums in der Stauferzeit. Der Leser erfährt hier das Wesentliche über das höfische Leben in der Stauferzeit, über die Ausrüstung staufischer Ritter oder über Barbarossa als Feldherr. Für einen Rechtshistoriker, der sich unter dem Aspekt der Entstehung öffentlichen Strafrechts mit der Stauferzeit befasst hat, sind insbesondere zwei Beiträge, nämlich Die Ehre des Reichs (Knut Görich) und Rittertum und Rationalismus. Friedrich Barbarossa als Feldherr (Johannes Laudage) von Interesse. Beide zeigen nicht nur die Voraussetzungen für ein geordnetes höfisches Leben und die Konfliktbewältigung auf, sondern bieten auch dem Rechtshistoriker interessante Ansatzpunkte für das Verständnis rechtlich relevanten Handelns in der Stauferzeit.
Der Schwerpunkt von Görichs Beitrag liegt auf dem Begriff honor, den Görich mit Ehre deutet. Er knüpft damit nicht nur an seine Monographie Die Ehre Friedrich Barbarossas (Düsseldorf 2001) an, sondern hebt sich – im Einklang mit der gleichlautenden Interpretation durch Dieter von der Nahmer –von anderen Deutungen ab, die honor beispielsweise mit Recht gleichgestellt haben (S. 39ff.). Es ist allerdings nicht unproblematisch, das Verhalten Friedrich Barbarossas nur auf den Begriff Ehre zu fokussieren. Die Gefahr liegt nahe, dass monokausale Erklärungsansätze gesucht werden. Dass die Diskussion unter Historikern seit |
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| Römermann, Martin Klaus, Kündigungen und Kündigungsschutz im Franquismus (= Rechtshistorische Reihe 344). Lang, Frankfurt am Main 2007. 187 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Römermann, Martin Klaus, Kündigungen und Kündigungsschutz im Franquismus (= Rechtshistorische Reihe 344). Lang, Frankfurt am Main 2007. 187 S. Besprochen von Werner Schubert.
Eine Arbeit über das spanische Arbeitsrecht unter Franco – ein Forschungsgebiet, das sich in Spanien erst in Anfängen befindet – verspricht auch rechtsvergleichend wichtige Aufschlüsse über die Steuerung des Arbeitsmarkts und des Arbeitsrechts im Europa der Diktaturen und autoritären Regime des 20. Jahrhunderts. Auch wenn sich Römermann in seiner Arbeit auf die Kündigung und den Kündigungsschutz im spanischen Recht zwischen 1936 und 1975 beschränkt, kommen gleichwohl grundlegende Fragen des Arbeitsrechts, insbesondere dessen Ideologie- und Systemabhängigkeit sowie dessen gesteigerte soziale Relevanz zur Sprache. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte der Zweiten Republik bis zur Machtergreifung Francos (S. 31ff.) behandelt Römermann mit dem Fuero del Trabajo von 1938, der nach anfänglichem Streit über dessen Rechtsnatur seit 1947 als Verfassung des Arbeitsrechts bzw. Norm mit Verfassungsrang galt (S. 60ff.). Der Fuero del Trabajo definierte den Wert der Arbeit und deren Bedeutung. Er erteilte dem „Klassenkampf“ sowie der „kapitalistischen Ausbeutung des Arbeitnehmers“ eine Absage und ersetzte die liberale Wirtschaftsordnung durch die sog. nationalsyndikalistische Ordnung. Die Syndikate umfassten die einzelnen Wirtschaftszweige; sie wurden hierarchisch von Funktionären der Falange geführt und staatlich strikt überwacht. Allein der Staat hatte das Recht, die Arbeitsbedingungen festzulegen und durch sog. Reglementaciones (Verordnungen) näher auszugestalten. Die gesetzlichen Grundlagen des Fuero del Trabajo Nacional, der ein Recht auf Arbeit, aber auch deren Pflichtcharakter herausstellte, sind zu sehen im Syndikalismus (als Antithese zu liberalen und sozialistischen Staatsverfassungen), in der katholischen Soziallehre (ohne allerdings deren Subsidiaritätsprinzip z |
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| Schauer, Christian, Aufforderung zum Spiel. Foucault und das Recht. Böhlau, Köln 2006. 383 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schauer, Christian, Aufforderung zum Spiel. Foucault und das Recht. Böhlau, Köln 2006. 383 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz.
Das Werk des Kulturwissenschaftlers Michel Foucault (1926-1984) erlebt auch und gerade nach seinem Tod eine bemerkenswerte, aber angesichts seiner herausragenden Gestalt kaum erstaunliche Karriere. So gut wie sämtliche geistes-, insbesondere humanwissenschaftlichen Disziplinen – von der Geschichte über die Philosophie, Soziologie, Anthropologie, Ethnologie, Psychiatrie, Pädagogik bis hin zur Kriminologie – haben seine vielfältigen Schriften ganz oder teilweise in analytischer wie kritischer Absicht rezipiert. Dies ist zumeist im Bewusstsein geschehen, dass sie fast durchweg die fachlichen Grenzen sprengen, weil dem französischen Meisterdenker an allem anderen als deren Einhaltung gelegen war. Dabei macht die Frage der fachlichen Einordnung nur eines jener zahlreichen Probleme aus, die um sein Werk kreisen und die anhaltende Beschäftigung mit ihm fördern. Die Leerstelle, die Recht und Rechtswissenschaft – trotz etlicher Untersuchungen – in dieser eindrucksvollen Rezeptionsgeschichte im Ganzen doch eingenommen haben, zu schließen, hat sich nunmehr Christian Schauer auf der Grundlage eines umfassenden interdisziplinären Ansatzes angeschickt. Es ist, soweit ersichtlich, die erste deutschsprachige Studie, die sich auf dieses Wagnis – das ja Versprechen und Erwartung eines geistigen Abenteuers ersten Ranges in sich trägt – eingelassen hat. Dass in einem solchen Projekt der Kultur-, namentlich der Philosophiegeschichte ein hervorragender Platz eingeräumt wird, kann auf Grund der einschlägigen Züge und Bezüge des Foucault’schen Werkes nicht weiter verwundern.
Vor dem Hintergrund einer schon vom Umfang her fast kaum noch überschaubaren kritischen Auseinandersetzung mit diesen schon thematisch weit auseinanderdriftenden – auch posthum publizierten – Schriften und unveröffentlichten Texten (siehe das Register des Fo |
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| Schennach, Martin P., Jagdrecht, Wilderei und ,gute Policey’. Normen und ihre Durchsetzung im frühneuzeitlichen Tirol (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2007. VII, 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schennach, Martin P., Jagdrecht, Wilderei und ,gute Policey’. Normen und ihre Durchsetzung im frühneuzeitlichen Tirol (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2007. VII, 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser dieser Innsbrucker Dissertation ist den Lesern dieser Zeitschrift bereits bekannt. Zuletzt hat er Härter, Karl, Policey und Strafjustiz in Kurmainz. Gesetzgebung, Normdurchsetzung und Sozialkontrolle im frühneuzeitlichen Territorialstaat auf eigenen Wunsch und sehr engagiert besprochen. Nun ist die aus einer ursprünglichen akademischen Qualifikationsarbeit hervorgegangene Untersuchung in den von Michael Stolleis und Karl Härter herausgegebenen Studien mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Wien veröffentlicht.
Die Arbeit selbst gliedert sich in eine Einführung, drei Sachabschnitte und Schlussbetrachtungen. Beigefügt ist eine Edition achter Quellentexte. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis weist die verwertete Literatur nach.
Zu Recht betont der Verfasser eingangs, dass die Geschichte der frühneuzeitlichen Gesetzgebung in Österreich bisher ungenügend erforscht ist, was auch für Tirol gilt. Danach beschreibt er den regionalen und überregionalen Forschungsstand. Nach ausführlicher Erörterung entscheidet er sich für die Zuordnung der Jagdgesetzgebung zum Bereich der guten Policey.
Bei der anschließend gestellten Frage wem gebührt die Jagd weist er auf die Stellung zwischen landesfürstlichem Regalitätsanspruch und bäuerlichem Gewohnheitsrecht hin. Dementsprechend ist die Rechtslage im Ergebnis ziemlich komplex. Beispielsweise wurde im Jahr 1700 die rege Jagd der bäuerlichen Bevölkerung regelmäßig mit dem Hinweis auf das vermeintliche alte Recht legitimiert.
Von hier aus geht der Verfasser auf die Jagd- und Wildereigesetzgebung als den normativen Rahmen über und versucht dabei als erstes eine Klärung des frühneuz |
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| Schirmer, Uwe, Kursächsische Staatsfinanzen (1456-1656). Strukturen – Verfassung – Funktionseliten (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 28). Verlag der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig/in Kommission bei Steiner, Stuttgart 2006. 1007 S. Besprochen von Michael Stolleis. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schirmer, Uwe, Kursächsische Staatsfinanzen (1456-1656). Strukturen – Verfassung – Funktionseliten (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 28). Verlag der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig/in Kommission bei Steiner, Stuttgart 2006. 1007 S. Besprochen von Michael Stolleis.
Unter dem nüchternen Titel verbirgt sich die monumentale Habilitationsschrift eines Leipziger Historikers, die sich, wie der Autor nicht ohne Stolz sagt, „ausschließlich auf ungedrucktes Archivmaterial“ gründet. Auf dieser Grundlage rekonstruiert Uwe Schirmer den gesamten Staatshaushalt Kursachsens während zweier Jahrhunderte. Es kann nur eine Rekonstruktion sein; denn einen Gesamthaushalt im modernen Sinn mit Einnahmen und Ausgaben kannte man damals nicht. Schon dies geleistet zu haben, bedeutet eine große Leistung. Auf der Einnahmenseite war zusammenzufassen die Fülle der verschiedenen direkten und indirekten Abgaben, Steuern und Domanialeinkünfte, Erträge des Bergbaus, der Salzsiedereien und der Forstwirtschaft, der Kreditaufnahmen und weiterer diverser Einnahmen (Schutzgelder, Tuchgeld, Heerfahrtsgeld usw.). Auf der Ausgabenseite standen die Zahlungen für das Herrscherhaus und den Hof, für die Verwaltung, für das Militärwesen, die Investitionen in den Bergbau und die Salzgewinnung, die Flößerei, die Landwirtschaft und – nicht zuletzt – in den Schuldendienst.
Dies alles führt das Buch in der Chronologie von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts vor, für den kursächsischen Haushalt 1470-1485, das albertinische Sachsen 1485-1539/41, das ernestinische Kurfürstentum 1485-1547, den Haushalt des Herzogs Johann 1514-1522, den Kurfürsten Johann Friedrich 1532-1547, das albertinische Sachsen 1539/41-1591, also vor allem für den Kurfürsten Moritz, für den Kurfürsten August 1553-1586, für Christian I. 1586-1591, Christian II. 1591-1611 sowie schließlich für den Kurfürsten Johann Georg I. 1611-1656.
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| Schleyer, Benjamin, Friedrich Wilhelm Bornemann (1798-1864). Eine Juristenkarriere im Preußen des 19. Jahrhunderts (= Rechtshistorische Reihe 337). Lang, Frankfurt am Main 2006. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schleyer, Benjamin, Friedrich Wilhelm Bornemann (1798-1864). Eine Juristenkarriere im Preußen des 19. Jahrhunderts (= Rechtshistorische Reihe 337). Lang, Frankfurt am Main 2006. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Hans Hattenhauer, dem verdienstvollen Herausgeber des preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794, angeregte und betreute Dissertation des Verfassers. Sie folgt ziemlich chronologisch geordnet dem Leben ihres Helden. Dieses teilt sie in insgesamt sechs Abschnitte.
Vorangestellt sind drei zeitgenössische Urteile. Darin rühmt Temme die großen Verdienste um die preußische Rechtswissenschaft und Rechtspflege, Heinrich von Friedberg das viele Gute des großen Rechtsgelehrten und Adolf Stölzel die Distanz zur historischen Schule und das Bemühen um eine enge Verbindung zwischen dem preußischen Landrecht und der gemeinrechtlichen Wissenschaft. Danach hat sich Bornemann nach übereinstimmender Ansicht in seinem Berufsleben um das preußische allgemeine Landrecht besondere Verdienste erworben.
Geboren wurde Bornemann in Berlin am 28. März 1798 als Sohn eines dichtenden Sekretärs der königlichen Lotterieadministration. Nach Schule und Studium am Geburtsort unter anderen bei Savigny trat er in den Justizdienst Preußens. Von dort stieg er1842 zum Mitglied des Staatsrats und 1848 für drei Monate zum Justizminister sowie 1860 zum Kronsyndikus auf und wurde zwischenzeitlich an der Universität Greifswald auf Grund seines Wirkens ehrenpromoviert und habilitiert, wobei allerdings die diesbezüglichen Urkunden vom Verfasser nicht aufgefunden werden konnten.
Sein Erstlingswerk von Rechtsgeschäften überhaupt und von Verträgen insbesondere (1825) ordnet der Verfasser als bahnbrechendes Muster für die Erforschung und Bearbeitung des preußischen Rechts ein. Durch diesen Erfolg wurde Bornemann zur ersten systematischen Darstellung des preußischen Zivilrechts ermutigt (1834ff.), die nach wenigen Jahren eine zwe |
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| Schlinker, Steffen, Fürstenamt und Rezeption. Reichsfürstenstand und gelehrte Literatur im späten Mittelalter (= Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 18). Böhlau, Köln 1999. LVI, 351 S. Besprochen von Gerhard Köbler. Vgl. dazu die vorzügliche Besprechung durach Gunter Wesener in Band 123. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schlinker, Steffen, Fürstenamt und Rezeption. Reichsfürstenstand und gelehrte Literatur im späten Mittelalter (= Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 18). Böhlau, Köln 1999. LVI, 351 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Es kann immer vorkommen, dass ein neugebauter Professor Neugebauer nach seiner Erstberufung eine als Privatdozent gegebene Rezensionszusage infolge der neuen Aufgaben nicht sofort erfüllen kann. In einem halben Dutzend Jahren sollte dies aber vielleicht doch möglich sein. Zumindest eine kurze Antwort auf ein Dutzend Erinnerungen sollte zu den akademischen Selbverständlichkeiten gehören, auf Grund deren der Herausgeber wenigstens eine späte kurze Beschreibung der guten Erstlingsarbeit eines jungen Kollegen versucht. Vgl. dazu aber vor allem auch die vorzügliche Besprechung durch Gunter Wesener in Band 123.
Die Arbeit ist die im Wintersemester 1997/1998 von der juristischen Fakultät der Universität Würzburg angenommene, von Dietmar Willoweit betreute und im Frankfurter Graduiertenkolleg für europäische mittelalterliche und neuzeitliche Rechtsgeschichte geförderte Dissertation des Verfassers. Es geht ihr um die Frage der Staatsbildung im Spätmittelalter. Besonderes Gewicht wird dabei der Untersuchung des Einflusses des gelehrten Rechts beigemessen.
Ausgehend von dem Begriff der Landesherrschaft, der sich ihm als bloßer Kunstbegriff der Forschung erweist, beschreibt der Verfasser in seiner gut gewichteten Einleitung seinen Gegenstand und seinen Aufbau der Arbeit, in der ihm Recht und Gesetz im Mittelalter keinesfalls deckungsgleich sind, kaum beantwortet werden kann, was Recht im Mittelalter überhaupt ist, und Einigkeit jedenfalls darüber geherrscht habe, dass das Recht überwiegend in Beziehung zum Gericht gedacht werde. Er wolle dem Forschungsdefizit abhelfen, das dadurch entstanden sei, dass Theodor Mayers Ansatz der Sicherung des Wegs zur Territorialherrschaft und Landeshoheit durch den fürstlichen Rang ni |
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| Schlottau, Ralf, Deutsche Kolonialrechtspflege (= Rechtshistorische Reihe 349). Lang, Frankfurt am Main 2007. 466 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Jörn Eckert betreute, von Hans Hattenhauer und Werner Schubert begutachtete Dissertation des Verfassers. Sie stellt Artikel 6 der Menschenrechtserklärung vom 26. August 1789 voran. Zudem fühlt sie sich von Goethes „denn indem wir die Irrtümer unserer Vorfahren einsehen lernen, so hat uns die Zeit schon wieder neue Irrtümer erzeugt, die uns unbemerkt umstricken“, bestens vertreten.
Ihr geht es darum, mit der deutschen Kolonialrechtspflege einen Aspekt des in den ehemaligen deutschen Schutzgebieten seit 1884 geltenden Rechts zu untersuchen. Neben dem Strafrecht geht es dabei vor allem um Zusammenhänge der Gerichtsverfassung und des Strafverfahrensrechts. Dieses bisher nicht erschöpfend bearbeitete Thema soll rechtshistorisch aufgearbeitet und aus heutigem Verständnis heraus neu bewertet werden.
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Zunächst beschreibt der Verfasser die deutschen Schutzgebiete (Deutsch-Südwestafrika, Togo, Kamerun, Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Neuguinea und Südsee-Inselgebiet, Samoa, Kiautschou) und auf einigen Seiten das dort geltende Recht der afrikanischen Eingeborenen, der Südseevölker und das chinesische Recht. Sehr ausführlich behandelt er dann die deutsche Kolonialrechtspflege mit ihrem theoretischen Fundament, dem Dualismus zwischen Recht der Weißen und der ihnen Gleichgestellten bzw. der Eingeborenen und der ihnen Gleichgestellten, den Rechtsetzungsbefugnissen, der Gerichtsbarkeit, dem Strafrecht und dem Strafprozessrecht sowie der Ungleichbehandlung, einigen Justizskandalen und dem Verhältnis zwischen Reichsstrafrecht und Kolonialstrafrecht, um danach kurz auf Kolonialschuld und Kolonialschuldlüge bzw. das Kolonialrecht Englands, Frankreichs und der Niederlande einzugehen.
Im Ergebnis sieht er die dreißig Jahre währende d |
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| Schober, Gerhard, Die Anwendung des Reichserbhofgesetzes im ehemaligen Amtsgerichtsbezirk Pfaffenhofen (= Forum Rechtswissenschaften 38). Meidenbauer, München 2007. 159 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Da über die praktische Umsetzung des Reichserbhofgesetzes (REG) in den unteren Ebenen (Erbhofgerichte, Kreisbauernschaften) nur wenig bekannt ist, ist es zu begrüßen, dass Schober sich dieser Thematik in seiner Regensburger Dissertation für den Amtsgerichtsbezirk Pfaffenhofen/Ilm – für den zweiten Amtsgerichtsbezirk des Landkreises Pfaffenhofen sind die Erbhofakten nicht überliefert – angenommen hat. Mit seinen etwas über 5.000 Bauernhöfen stand der Landkreis Pfaffenhofen in Oberbayern an zweiter Stelle (63% der Einwohner waren in der Landwirtschaft tätig). Bei den Reichstagswahlen im März 1933 stimmten 50,2% der Kreisbewohner (in Gesamtbayern 43,1%) für die NSDAP. 42% aller Höfe des Amtsgerichtsbezirks waren Erbhöfe (in Bayern 27,9%, im Deutschen Reich 21,6%). Hatte der Hof sich am 1. 10. 1933 im Gemeinschaftseigentum von Ehegatten befunden, so konnten diese Höfe in Abänderung des Erbhofgesetzes nach der 1. Durchführungsverordnung zum Erbhofgesetz als Ehegattenerbhöfe in die Erbhofrolle eingetragen werden (im Amtsgerichtsbezirk Pfaffenhofen 85% aller Erbhöfe; S. 70f.). Von 1943 an war die nachträgliche Bildung von Ehegattenerbhöfen zulässig (S. 87ff.; insgesamt 47 Höfe bis 1945). Schober geht zunächst allgemein auf die Durchsetzung der nationalsozialistischen Agrarpolitik näher ein (Entschuldung, Reichsnährstand, Reichserbhofgesetz, S. 42ff.). Obwohl Bayern seit 1919 über kein Anerbengesetz mehr verfügte, war die ungeteilte Gutsübergabe an einen männlichen Übernehmer noch zu Lebzeiten des Bauern im Untersuchungsgebiet „das fast ausnahmslos praktizierte Brauchtum“ (S. 38f.). Hierbei war die freie Bestimmung des Anerben – in der Regel der zur Hofwirtschaft geeignetste Sohn – durch den Hofeigentümer üblich.
Grundlage der Untersuchunge |
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| Schon, Karl-Georg, Die Capitula Angilramni. Eine prozessrechtliche Fälschung Pseudoisidors (= Monumenta Germaniae Historica, Studien und Texte 39). XX, 198 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Aus griechischen und lateinischen Kanones und römischen Synoden sowie Dekreten der römischen Bischöfe und Kaiser sind – nach ihren Eingangszeilen – die Kapitel zusammengesetzt, die Papst Hadrian (772-795) in Rom am 19. 9. 786 Bischof Angilram von Metz (768-791) übergeben haben soll. Diese 71 Kapitel umfassenden Capitula Angilramni sind die erfolgreichste Fälschung der kirchlichen Rechtsgeschichte. Deshalb bildet in der bisher als desolat beschriebenen Editionslage der pseudoisidorischen Fälschungen die Untersuchung und Edition dieses meistzitierten Stückes einen wichtigen Schritt zu mehr Transparenz.
In seiner Einleitung bietet der Verfasser einen kurzen klaren Überblick über die zwischen 847 und 852 zuerst in der Kirchenprovinz Reims auftauchenden kirchenrechtlichen Texte, die als falsche Dekretalen Pseudoisidors, Capitula Angilramni und Kapitulariensammlung des Benedictus Levita bekannt sind und durch die Hispana Gallica Augustodunenis, Nonnullae sanctiones sparsim collectae actionis primae sancti et magni Chalcedonensis concilii und die Collectio Danieliana ergänzt werden. Sie sind nach den Forschungen Zechiel-Eckes’ im Kloster Corbie entstanden. Sie zielten vor allem auf eine Stärkung der Stellung der Bischöfe gegenüber den Erzbischöfen.
In diesem Zusammenhang weist der Verfasser darauf hin, dass die Fälscher vermutlich mindestens teilweise nicht mit den vollständigen Quellen, sondern mit eigens angefertigten, zum Teil auch bereits verfälschten Exzerptreihen gearbeitet haben dürften. Er äußert dabei die Vermutung, dass Pseudoisidor sein Material in mehreren Bibliotheken zusammengesucht hat. In diesen Bibliotheken wären dann die betreffenden Exzerptreihen angefertigt worden, die von den Fälschern teils unmittelbar, teils in kunstvolle |
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| Schon, Karl-Georg, Unbekannte Texte aus der Werkstatt Pseudoisidors. Die Collectio Danieliana (= Monumenta Germaniae Historica, Studien und Texte 38). XII, 116 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Verfasser nimmt mit seinem Buch vor 25 Jahren unterbrochene Studien wieder auf. Er untersucht die Handschrift 442 der Berner Burgerbibliothek, die nach Emil Seckel eine der zahlreichen Überlieferungen der das Anklageverfahren gegen Bischöfe ordnenden Capitula Angilramni in ihrer üblichen Form bieten soll. Demgegenüber kommt der Bearbeiter zu dem Ergebnis, dass die nach dem frühneuzeitlichen Besitzer der Handschrift (François Daniel) so genannte Collectio Danieliana eine besondere Frühform der Capitula Angliramni überliefert.
Die von Hubert Mordek in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts datierte, inhaltlich auf das kirchliche Verfahren bezogene Handschrift enthält auf ihren ersten 36 Blättern eine Kanonessammlung in 195 Kapiteln mit den Capitula Angilramni und Auszügen aus den falschen Dekretalen Pseudoisidors. Der Verfasser zeigt, dass die Collectio Danieliana weitgehend aus Exzerpten aus Werken Isidors von Sevilla und Gregors des Großen, Pseudo-Silvester, Teil 1 der falschen Dekretalen, Capitula Angilramni, Dionysio-Hadriana, Collectio Vetus Gallica, Quesnelliana, Teil 3 der falschen Dekretalen, Dionysio-Hadriana, Capitula Angilramni usw. besteht. Im Ergebnis nimmt er an, dass ein Priester oder Diakon der Werkstatt der pseudoisidorischen Fälschungen die Materialien der Fälscherwerkstatt in der Sammlung zu Gunsten des eigenen Weiheordos benutzt hat.
Danach verfolgt er die Wirkungsgeschichte dieser Sammlung. Er findet Spuren in zwei Handschriften des dritten Viertels des neunten Jahrhunderts und in einer Handschrift der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts. Darin sieht er überzeugend einen weiteren Beleg für die Vermutung, dass Hinkmar von Laon mit dem Kreis der pseudoisidorischen Fälscher in Verbindung gestanden hat.
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| Schubert, Ernst, Fürstliche Herrschaft und Territorium im späten Mittelalter (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 35). Oldenbourg, München 1996. VI, 141 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der bekannte Göttinger Landeshistoriker (1941-2006) gliedert sein von G. Dohrn-van Rossum trotz vieler Erinnerungen binnen eines Jahrzehntes nicht besprochenes Werk in drei Teile. Zunächst bietet er einen enzyklopädischen Überblick. Danach zeigt er Grundprobleme und Tendenzen der Forschung auf und verzeichnet im Anschluss hieran Quellen und Literatur.
Der enzyklopädische Überblick beginnt mit der äußeren Gestalt des Fürstentums, für das im Rahmen der deutschen lande auf die Erscheinungsformen der Landesherrschaft (geistliche Wahlstaaten, Grafschaften, städtische Territorien), auf die Neugestaltung von Gebot und Gebiet mit Hilfe von Ämtern, Amtleuten und Kastnern sowie auf Landesteilungen und Kommerzialisierung hingewiesen wird. Als institutionelle und personale Strukturen der Herrschaft werden Räte, Verschriftlichung, Finanzen und Kirchen angesprochen. Danach wird über die Steuer von den Ständen zur Staatlichkeit fortgeschritten.
Als Grundprobleme werden fünf Bereiche erfasst. Ausgehend von der fragilen Terminologie (Territorialstaat, Landeshoheit, Landesherrschaft, Personenverbandsstaat, Flächenstaat, Land und Herrschaft) werden Gestalt und Charakter fürstlicher Herrschaft (Grundherrschaft, Gerichtsbarkeit, Lehnswesen, Städte, Residenzen), Bedeutung für die Entwicklung des modernen Staates (transpersonale Herrschaftslegitimation, Institutionen, Bürokratisierung, Gesetzgebung), Landstände und übergeordnete Beziehungen untersucht. Im Ergebnis scheint es dem Verfasser gerechtfertigt, von einer spezifisch mittelalterlichen Erscheinungsform des Fürstenstaats zu sprechen, der seine im 15. Jahrhundert verfestigte territoriale Konsistenz mit dem um die Mitte des 15. Jahrhunderts einsetzenden Bürokratisierungsschub an den Fürstenstaat des 16. Jahrh |