| Holzborn, Timo, Die Geschichte der Gesetzespublikation – insbesondere von den Anfängen des Buchdrucks um 1450 bis zur Einführung von Gesetzesblättern im 19. Jahrhundert (= Juristische Reihe Tenea/www.jurawelt.com 39). Tenea, Berlin 2003. 168 S. |
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Diese Bonner juristische Dissertation des Jahres 2003 sprengt in jeder Hinsicht den Rahmen, den ihr Titel vorgibt: Einmal behandelt sie die Zeit seit der Frühantike bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Dann versteht sie die Publikation als „Kundmachung eines Gesetzestextes, sei er nun neu oder lediglich Niederschrift bekannter Rechtsnormen an eine größere Öffentlichkeit, d. h. eine wenigstens nicht verschwindend kleine Gruppe von Adressaten“ (S. 3), was weit über den eigentlichen Begriff der Promulgation hinausgeht. Sodann werden neben eigentlichen Gesetzen auch Rechtsbücher wie der Sachsenspiegel und der Schwabenspiegel berücksichtigt. Lediglich territorial, soweit es sich um die Zeit nach dem Frühmittelalter handelt, beschränkt sich die Untersuchung auf „Gesetze“ des alten deutschen Reiches.
Nach einem rechtstheoretischen Teil (Begrifferklärung, Gesetzesmaterien, Geltungsart und Gesetzestheorie im Mittelalter) untersucht der Verfasser die einzelnen Rechtsquellen vornehmlich des alten Reiches, wobei in jedem Einzelfall die betreffende Rechtsquelle und ihr Adressatenkreis zusammenfassend vorgestellt werden. Durch diese Einzeluntersuchungen geht allerdings der rote Faden verloren, den man in der Schlussbetrachtung wiederfindet. Diese Einzeluntersuchungen haben den Nebeneffekt, dass man hier den allergrößten Teil der edierten deutschen Rechtsquellen in Form von eigentlichen Regesten aufgelistet findet. Da aber diese Regesten zum größten Teil auf Sekundärliteratur (namentlich Otto Stobbes Geschichte der deutsche Rechtsquellen) beruht, sind den Gegenstand der Untersuchung betreffende Zitate aus den Originalquellen selten, obwohl die Originalquellen über Motive und Adressaten der Kundmachungen wes |
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| Holzfurtner, Ludwig, Gloriosus Dux. Studien zu Herzog Arnulf von Bayern (907-937) (= Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Beiheft 25). Beck, München 2003. XIV, 152 S. Kart. Besprochen von Hans-Werner Goetz. |
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Holzfurtners Ziel ist es, eine Monographie über den (ersten) bayerischen Liutpoldingerherzog zu schreiben und ihn dabei vom negativen Makel der bisherigen Forschung zu befreien: nicht „der Böse“, sondern, mit dem Etikett, das ihm das zeitgenössische ‚Fragmentum de Arnulfo duce’ beilegte, „der Ruhmreiche“ sei Arnulf gewesen und „ein politischer Kopf von weitaus größerem Format“, als seine historische Position ihn dies umsetzen ließ (S. 7). Dieses „Programm“ sucht der Autor einzulösen, indem er zunächst die „Vorgeschichte“ unter Markgraf Luitpold und dann, ausführlich und strukturell gegliedert, die einzelnen Aspekte des Herzogtums Arnulfs analysiert: die Herrschaftsübernahme, Ungarnkriege und Säkularisationen, die innere Führung (Herrschaftsinstrumentarium, Kirche, Reichsgut, Grafschaften, Adel), „Außenpolitik“ (Böhmen und Italien) sowie das Verhältnis zu den einzelnen Königen. So entsteht ein umfassendes, die Quellen und die bisherige Forschung ausgiebig (und kritisch) diskutierendes Bild.
Methodisch wäre allerdings mancherlei zu bemerken: Holzfurtner nimmt die Quellenbelege verschiedener Zeiten mehr oder weniger unterschiedslos für Arnulf in Anspruch, etwa wenn er den liutpoldingischen Besitz zusammenstellt (Karte S. 31). Daß die allein auf zeitgenössische Quellen gestützten Aufstellungen in meiner Dissertation nur ein Minimum des Besitzes wiedergeben, wie Holzfurtner zu Recht feststellt (und seinerseits nun durch alle Zeugnisse ergänzt), ist unbestreitbar, sie hatten aber den Vorteil, das Bild nicht durch spätere Zeugnisse zu verfälschen, wenn wir Herkunft und Alter dieses Besitzes nicht kennen. Gleiches gilt für eine zeitgenössisch nicht erkennbare herzogliche Hoheit über die Grafen, die Holzfurtner aus den Ranshofener Gesetzen vom Ende des 10. Jahrhu |
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| Homenaje al profesor Dr. D. José Manuel Pérez-Prendes Muñoz-Arraco, hg. v. Sánchez-Arcilla Bernal, José (= Cuadernos de historia del derecho, hg. v. Departamento de Historia del Derecho, 2004 Vol. extraordinario). Servicio de publicaciones Universidad Complutense, Madrid 2004. 371 S. Besprochen von Thomas Gergen. |
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Mit dieser Extraausgabe der Cuadernos de Historia del Derecho ehrt die Madrider Juristische Fakultät ihren Ordinarius für Rechtsgeschichte José Manuel Pérez-Prendes Muñoz-Arraco. Aus diesem Grunde haben die Herausgeber gut zwanzig Beiträge aus der gesamten Rechtsgeschichte bis in die juristische Zeitgeschichte hinein zusammengetragen, die im Folgenden jeweils kurz gewürdigt werden sollen.
Den Anfang macht Quintin Aldea Vaquero (Un noble español del Barroco. Don García de Toledo, VI Marqués de Villafranca – 1585-1649), der mit seinem Beitrag über Don García von Toledo, den sechsten Markgrafen von Villafranca, sich einem spanischen Adeligen des Barockzeitalters annähert, welcher in seiner Person den Prototyp des Ehrgefühls verkörpert, der in Spanien zur Zeit von Calderón de la Barca vorherrschte. Überzeugt davon, genügend Verdienste aufzuweisen, um in den Staatsrat einzutreten, lehnte dieser Markgraf das Amt eines Teniente de General de la Mar (Marinegeneraloberleutnant) ab, bis Philipp IV. die Ernennung schließlich zurücknahm. Die Ablehnung führte dazu, dass der Markgraf wegen Ungehorsams gegenüber der Monarchie gerichtlich verfolgt wurde und sich mit dem allmächtigen Grafen von Olivares anlegte.
Ebenfalls in die Barockzeit führt die Rechtshistorikerin Magdalena Rodríguez Gil mit ihrem Beitrag über Domingos Antunes Portugal, einen typischen „Barockjuristen“. Domingos Antunes war ein portugiesischer Rechtsgelehrter, der als Verteidiger der portugiesischen Restauração durch die Unabhängigkeit von Kastilien im Jahr 1640 hervortrat. Indem Domingos Antunes ein klassisches Privatrechtsinstitut, nämlich dasjenige der Schenkung, benutzte, drang er in die |
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| Hoppe, Katharina, Eigentum, Erbrecht und Vertragsrecht – Die Reformvorstellungen des Nationalökonomen Adolph Wagner (1835-1917) (= Berliner juristische Universitätsschriften, Grundlagen des Rechts 26). Berliner Wissenschafts-Verlag GmbH, Berlin 2003. XIII, 409 S. Besprochen von Stefan Stolte. |
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Ein „Theoretiker von keiner Bedeutung!“[1], der „in seidenen Kniehosen […] vom Elend der Schwachen“[2] spricht, und dem sowohl mathematische Methoden als auch soziologische Kategorien fehlen[3] – so lautet das schmähliche Urteil mancher zeitgenössischer Fachkollegen über Adolph Wagner[4]. Heute gilt er allerdings als Mitbegründer der monetären Konjunkturtheorie und sein „Gesetz von den wachsenden Staatsaufgaben und -ausgaben“[5] ist jedem Finanzwissenschaftler ein Begriff[6].
Zweifellos hatte Wagner Visionen: In der Zeit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich analysierte er das geltende Recht des Eigentums, das Erb- und das Vertragsrecht, und formulierte aus seiner nationalökonomischen Perspektive heraus Reformvorschläge.
Über Wagners Vorstellungen wurden in den staatswissenschaftlichen und philosophischen Fakultäten Deutschlands bereits in den 1920er und 1950er Jahren zahlreiche Dissertationen verfasst. Doch aus „spezifisch rechtshistorischer Perspektive“ blieben sie bislang unbeleuchtet. Diese Lücke zu füllen, unternimmt nun Katharina Hoppe in ihrer Dissertation, die der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin im Jahr 2002 vorlag. Eines Bekenntnisses darüber, was sie unter einer spezifisch rechtshistorischen Perspektive versteht[7] und welcher geschichtswissenschaftlichen Methoden sie sich bedienen will, enthält sich die Autorin.
Inhaltlich verfolgt sie das Ziel, den „Zusammenhang zwischen Nationalökonomie und Recht de lege ferenda“[8] bei Wagner zu erkunden, und seine Visionen im Spiegel zeitgenössischer Stellungnahmen sowie der Umsetzung durch Gesetzgebung und Praxis zu beurteilen.
In |
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| Hubig, Stefanie, Die historische Entwicklung des § 23 ZPO (= Rechtshistorische Reihe 270). Lang, Frankfurt am Main 2003. 173 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Die Arbeit ist die von Ekkehard Schumann betreute, 2002 von der juristischen Fakultät der Universität Regensburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie schildert nach einer kurzen Einleitung zunächst den heutigen Rechtszustand. Danach ist kein Gerichtsstand so umstritten wie der Gerichtsstand des Vermögens.
Von dieser Ausgangslage her wendet sie sich der Geschichte zu und erörtert zunächst die Gerichtsstände im gemeinen Recht. Dann behandelt sie die Entwicklung in Preußen und in Bayern sowie den Rechtszustand in Westphalen, Baden, Württemberg, Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Hessen. Dem folgen die Untersuchung der Entwürfe zu gemeinsamem deutschem Recht seit 1861 und die Entstehungsgeschichte der Zivilprozessordnung von 1879.
Insgesamt ermittelt die Verfasserin, dass der Gerichtsstand des Vermögens erstmals als § 34 im Anhang zur Allgemeinen Gerichtsordnung Preußens von 1809 aufspürbar ist, wo eigentlich nur eine bestehende Gerichtsstandsregelung durch Wegfall eines bisherigen Tatbestandsmerkmals (adeliges Gut oder Rittergut) abgeändert wurde. Rechtssystematisch und rechtsgeschichtlich leitet sie ihn vom ursprünglich lehenrechtlichen Gerichtsstand des Landsassiats ab. Zugleich zeigt sie auf, dass er in der Reichszivilprozessordnung die Zielsetzungen des aufgegebenen Arrestgerichtsstands als Fremdenforum übernahm.
Für die Gegenwart stellt ie die bestehenden Probleme dar. Dann schließt sie sich der von ihrem Betreuer vertretenen restriktiven Auslegung im Wege des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs an und hält eine Gesetzesänderung nicht für zwingend erforderlich. Zwei kurze Anhänge erleichtern die Übersicht über die einleuchtend dargelegten Zusammenhänge.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Huonker, Thomas, Diagnose: „moralisch defekt“. Kastration, Sterilisation und Rassehygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890-1970. Orell Füssli Verlag, Zürich 2003. 286 S., Ill. Besprochen von Adrian Schmidt-Recla. |
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Das bereits in der F.A.Z. wohlwollend besprochene Buch des Zürcher Historikers Thomas Huonker bietet einem nicht populärwissenschaftlich interessierten Leserkreis nur wenige neue Aspekte aus der (Rechts-)Geschichte der modernen nordatlantischen Eugenik. Die Tatsache, dass die Schweiz – und hier insbesondere die psychiatrische Universitätsklinik Burghölzli – eine mit ihrem ersten wirklich bedeutenden Psychiater August Forel einsetzende und von Eugen Bleuler fortgesetzte Vorreiterrolle in der europäischen Eugenikdebatte eingenommen hat, ist bislang keineswegs unerforscht. Auch das geistes- und naturwissenschaftliche Argumentationsreservoir, auf das sich schon Forel stützen konnte (Charles Darwin, Ernst Haeckel und Friedrich Nietzsche), ist in der Literatur seit langem bekannt. Jedoch ist das bei Huonker flüssig erzählt und auf die wesentlichen Zentralgesichtspunkte beschränkt.
So wird – erneut – deutlich: es war die moderne west- und mitteleuropäische Psychiatrie, die, gestützt auf die Vererbungslehre, der nordatlantischen Sterilisationsgesetzgebung und -praxis und der deutschen Krankenmordpraxis das theoretische Rüstzeug verschaffte und auch selbst kräftig Hand mit anlegte. Die Schweizer Psychiater hatten und haben dabei den deutschen nur eines voraus: sie selbst kamen nie in die Verlegenheit, selbst am Gashahn von Tötungsanstalten wie Hadamar, Grafeneck oder Bernburg stehen zu können/wollen/müssen. Die von Huonker (wieder) gelieferten Belege über die theoretische Ausrichtung auch vieler Schweizer Psychiater zur Geisteskrankeneuthanasie unterscheiden sich von der sonstigen europäischen und deutschen Kakophonie[1] nicht.
Für den Rechtshistoriker bietet die Schrift darüber hinaus vor allem eines: Moderne, eugenisch motivierte In |
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| Hyams, Paul R., Rancor and Reconciliation in Medieval England (= Conjunctions of Religion and Power in the Medieval Past). Cornell University Press, Ithaca/New York 2003. XXVII, 344 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
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Dieses Buch folgt einem Trend, der seit einigen Jahren in der englischsprachigen Rechtsgeschichte zu beobachten ist, nämlich der Kontextualisierung des Rechts innerhalb der Gesellschaft. Während sich andere mit den Erwartungen der Menschen beschäftigten (Anthony Musson, Hg., Expectations of the Law in the Middle Ages. Boydell und Brewer, Woodbridge 2001) oder nach der Moral im Recht fragten (Peter Coss, Hg., The Moral World of the Law [= Past and Present Publications]. Cambridge University Press, Cambridge 2000), wird hier das Augenmerk auf eine Emotion (Rache) gelegt. Hyams untersucht anhand von erzählenden Quellen, Rechtstraktaten und Gerichtsprotokollen, wie in der englischen Gesellschaft des Früh- und Hochmittelalters auf Ungerechtigkeit (injustice) und Unrecht (wrong) reagiert wurde und leistet damit einen Beitrag zur mediävistischen Konfliktforschung.
Um Vergeltung für begangenes Unrecht zu üben, standen dem Geschädigten verschiedene Wege offen, die von Stillhalten (lumping it) über Fehdehandlungen bis hin zum Beschreiten des Rechtsweges reichten, wobei der kreative Gebrauch der rechtlichen Möglichkeiten Gelegenheit bot, Rache zu nehmen, ohne sich selbst groß in Gefahr zu bringen (S. 209). Da Hyams Fehde nicht als Institution, sondern als „live process with a positive side“ (S. xvi) versteht, kann er „feud-like impulses“ identifizieren, „that motivated litigants in respectable legal systems.“ (S. 7). Ziel von Fehdehandlungen war die Beschämung und Erniedrigung des Gegners (S. 11). Hyams sieht darin also keine gezielten Drohgebärden, die den Gegner zum Nachgeben und Einlenken aufforderten, sondern eher eine „wie du mir, so ich dir“ – Mentalität („tit-for-tat“), wobei letztendlich Einigung (concord) und Genugtuung (satisfaction) für die Menschen a |
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| Ikadatsu, Yasuhiro, Der Paradigmawechsel der Privatrechtstheorie und die Neukonstruktion der Vertragstheorie in seinem Rahmen – Pufendorf, Wolff, Kant und Savigny (= Münchener Universitätsschriften, Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 89). Aktiv Druck & Verlag GmbH, Ebelsbach 2002. XI, 158 S. Besprochen von Alfons Bürge. |
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Die Debatten über Kontinuität und Wandel in der Geschichte und der Rechtsgeschichte sind alt und entsprechen einem bekannten Muster. Wenn eine Forschungsrichtung das Neue, Revolutionäre betont, legt die andere - oft nachfolgende - mehr Nachdruck auf die Elemente, welche trotz dem Wandel gleich geblieben sind. Meist spiegelt sich in diesem Wechsel eine Abfolge von Forschergenerationen; der von Thomas S. Kuhn in der Wissenschaftstheorie entwickelte Begriff des Paradigmawechsels, wie er auch von Paul Feyerabend in oft provokativer, jedoch stets inspirierender Weise weiterentwickelt und weitergedacht wurde, lässt sich dort gut gebrauchen, wo alte Vorstellungen an ihre Grenzen stoßen und sich andere, auf neuen Grundlagen aufbauende Denkmodelle durchzusetzen beginnen. Es liegt nahe, den für die Entwicklung des Privatrechtsdenkens von vielen Forschern als entscheidend betrachteten Übergang vom späten Vernunftrecht zur so genannten historischen Rechtsschule unter Modellierung solcher Paradigmata zu überprüfen, um die Entwicklung von Pufendorf bis Savigny unter dem Aspekt von Kontinuität oder Diskontinuität in den Griff zu bekommen. Yasuhiro Ikadatsu hat sich dieser anspruchsvollen Aufgabe gestellt.
Er wählt mit guten Gründen zur Erfassung des Pufendorfschen Paradigmas drei Kriterien, nämlich Heteronomie, eine Pflichtenlehre und schließlich eine „spezifische Art und Weise der Anordnung der römischen Institutionen“ (S. 2ff.). Sie setzt er in Gegensatz zum Savignyschen Paradigma einer Autonomie, einem System der Rechte sowie der Anordnung im Pandektensystem. Damit ist auch schon gesagt, dass es nicht das Anliegen der vor |
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| Integration durch Recht. Das Wismarer Tribunal (1653-1806), hg. v. Jørn, Nils/Diestelkamp, Bernhard/Modéer, Kjell Ǻke (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 47). Böhlau, Köln 2003. XI, 411 S. Besprochen von Inger Dübeck. |
Ganzen Eintrag anzeigen Integration durch Recht. Das Wismarer Tribunal (1653-1806), hg. v. Jørn, Nils/Diestelkamp, Bernhard/Modéer, Kjell Ǻke (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 47). Böhlau, Köln 2003. XI, 411 S.
In der Hansestadt Wismar fand in 2003 eine internationale Tagung zwischen Historikern, Rechtshistorikern, Archivaren und Kulturwissenschaftlern statt. Die unmittelbare Veranlassung dazu war der 350. Jahrestag der Gründung des Wismarer Tribunals. Das Tribunal sollte das Oberappellationsgericht der schwedischen Krone für die durch den Friedensschluss von Osnabrück erworbenen deutschen Provinzen sein. Die schwedische Krone erhielt unter anderem die Herzogtümer Bremen-Verden, Vorpommern mit Rügen, dazu von Hinterpommern die Städte Stettin, Garz, Damm und Gollnow und die Insel Wollin als Provinz der schwedischen Krone in perpetuum, aber doch zugleich als Lehen des heiligen Römischen Reiches.
Das Thema und die durchgehende Frage des vorliegenden Bandes ist das Wirken des Tribunals und das damit zusammenhängende Problem, ob Integration durch Recht geschehen kann und besonders, ob das der Fall war in den schwedischen Besitzungen. Die Frage „ob und wie Recht und Rechtsprechung eine integrative Wirkung entfalten können bzw wie sie das im Falle des Wismarer Tribunals taten“, wird hier nicht völlig beantwortet, aber sehr klar formuliert. Sowohl die landesinternen Bedingungen für die Wirksamkeit des Tribunals als auch die Organisation und die Akteure der Rechtssprechung in der schwedischen Reichslehen werden von deutschen und skandinavischen Forscher debattiert und analysiert. Die Beiträge sind thematisch und mit Hinblick auf Zielsetzung und Blickwinkel sehr verschieden.
Als besonders wertvoll und informativ für sowohl deutsche als auch nordische Leser ist die perspektivierende Konklusion von Nils Jørn, weil er nicht nur den eigenen Beitrag sondern auch die übrigen Beiträge des Bandes kommentiert und in seine Üb |
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| Iseli, Andrea, >>Bonne police<<. Frühneuzeitliches Verständnis von der guten Ordnung eines Staates in Frankreich. (= Frühneuzeit-Forschungen 11). bibliotheca academica, Epfendorf/N. 2003. 400 S. Besprochen von Michael Stolleis. |
Ganzen Eintrag anzeigen Holenstein, André, >>Gute Policey<< und lokale Gesellschaft im Staat des ancien régime. Das Fallbeispiel der Markgrafschaft Baden(-Durlach). Bd. 1, Bd. 2 (= Frühneuzeit-Forschungen 9,1, 9,2). bibliotheca academica, Epfendorf/N. 2003. 533, 535-938 S.
Iseli, Andrea, >>Bonne police<<. Frühneuzeitliches Verständnis von der guten Ordnung eines Staates in Frankreich. (= Frühneuzeit-Forschungen 11). bibliotheca academica, Epfendorf/N. 2003. 400 S.
Vorzustellen ist zunächst eine der wichtigsten neueren Monographien zur „Policey“ im 18. Jahrhundert. Holenstein, der schon vor einem Jahrzehnt durch eine große Untersuchung zur „Huldigung der Untertanen“ hervorgetreten war, hat nun den in Geschichte und Rechtsgeschichte zu beobachtenden Aufschwung der Forschung zur frühneuzeitlichen „Policey“ genutzt, um mehrere Ansätze zu kombinieren und auf diese Weise produktiv weiterzuführen. Seine zweibändige Berner Habilitationsschrift beginnt schon wuchtig mit 140 Seiten zum Forschungsstand und zum eigenen Vorhaben. Die Einleitung ist ein Kompendium der bisherigen Untersuchungen und ein wissenschaftsgeschichtlicher Leitfaden, der gleichermaßen auf historische wie rechtshistorische Studien aufmerksam macht und sie einordnet. Zunächst resümiert er die älteren, punktuell und wenig systematisch angelegten Studien zur Policey, die inzwischen durch die Konjunktur der Alltags-, Kultur- und Kriminalitätsgeschichte überlagert worden sind. Hinzu kommt die flächendeckende Erschließung des normativen Materials durch das Frankfurter Repertorium der Policeyordnungen, das neue Möglichkeiten der Recherche eröffnet hat und künftig durch die Einbeziehung des Materials der Städte weiterhin eröffnen wird. Seit längerem richtet sich der Blick der Historiker und Rechtshistoriker auf die Implementation dieser Normen, auf die praktische Durchsetzung sowie auf die Wechselwirkungen zwischen befehlenden Obrigkeiten und einer aktiv oder passiv reagierenden Be |
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| Iwanami, Atsuko, Memoria et oblivio. Die Entwicklung des Begriffs memoria in Bischofs- und Herrscherurkunden des Hochmittelalters (= Berliner historische Studien 36). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 196 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Iwanami, Atsuko, Memoria et oblivio. Die Entwicklung des Begriffs memoria in Bischofs- und Herrscherurkunden des Hochmittelalters (= Berliner historische Studien 36). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 196 S.
Die Arbeit ist die auf eine Anregung Joachim Ehlers’ im Wintersemester 1991/1992 zurückgehende, zu Beginn des Jahres 2002 am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin angenommene und anschließend überarbeitete Dissertation der seit 1996 an der Keio Universität (Tokio) tätigen Verfasserin. Ihr Ausgangspunkt ist eine Betrachtung über die Verbreitung und den auffälligen Anstieg der Verwendung des Begriffs memoria und seines Gegenbegriffs oblivio in bischöflichen Urkunden im Laufe des Mittelalters. Zu diesem Zweck werden vor allem die Arengen untersucht.
Im Einzelnen beginnt die Verfasserin mit den in vier Untergruppen zusammengefassten bischöflichen Urkunden von Mainz, Magdeburg, Halberstadt, Würzburg, Trier, Metz, Verdun, Toul, Arras; Laon, Tournai, Amiens, Angers, St. Aubin und Ronceray. Hieran schließt sie monastische Schriftzeugnisse aus Moslesme, Lérins und Le Mans. Den Beschluss bildet die Reichskanzlei (einschließlich Wibalds von Stablo und Corvey) unter Vergleich mit dem französischen Königtum.
Im Ergebnis erkennt die Verfasserin im Hochmittelalter eine auffällige Bedeutungserweiterung. Immer häufiger tritt neben das auf bestimmte Personen bezogene Gedenken das Gedächtnis im Zusammenhang des Bewahrens von vollzogenen Rechtsgeschäften, dem überzeitliche Dauer durch schriftliche Festlegung zu verleihen ist, wobei jedenfalls für die Untersuchungsräume die Überlieferung für eine Verbreitung von Westen (11. Jahrhundert) nach Osten (12. Jahrhundert) spricht. Man wird der Verfasserin darin beipflichten können, dass damit ein Ansatzpunkt dafür gewonnen sein dürfte, um Wechselwirkungen festzustellen zwischen dem wachsenden Bedürfnis nach schriftlicher Festlegung, der hierfür notwendige |
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| Jacobi, Andrea-Sabine, Ludwig Enneccerus 1843-1928 Rechtswissenschaftler und nationalliberaler Parlamentarier. Eine politische Biographie (= Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 16). Kovač, Hamburg 1999. 545 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jacobi, Andrea-Sabine, Ludwig Enneccerus 1843-1928 Rechtswissenschaftler und nationalliberaler Parlamentarier. Eine politische Biographie (= Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 16). Kovač, Hamburg 1999. 545 S.
Eine Geschichte der rechtswissenschaftlichen Lehrbücher ist noch nicht geschrieben. In ihr verdiente Ludwig Enneccerus wie Struve, Heineccius, Mackeldey, Windscheid, Larenz oder Brox einen hervorragenden Platz. Beherrschte doch sein Lehrbuch des bürgerlichen Rechts das frühere 20. Jahrhundert ziemlich eindeutig, ehe es nach 1933 wegen der Fortführung durch Martin Wolff verboten wurde.
Bei dieser Sachlage erstaunt es, dass es lange Zeit keine Monographie über diesen Marburger Gelehrten gab. Diese Lücke schließt die im Sommersemester 1997 am Fachbereich Geschichtswissenschaft der Universität angenommene, von Hellmut Seier betreute Dissertation. Allerdings will sie eine politische Biographie sein, nicht eine Biographie schlechthin.
Sie verwertet erstmals umfassend zwei bislang kaum erfasste Quellenbestände. Zum einen bezieht sie den persönlichen Nachlass ein. Zum anderen greift sie auf den Geschäftsnachlass Friedrich Althoffs zu, der von 1882 bis 1908 die Universitätsangelegenheiten Preußens maßgeblich mitbestimmte.
Die grundsätzlich chronologisch aufgebaute Arbeit gliedert sich in neun Abschnitte. Sie beginnt mit dem jungen Enneccerus, der als Pfarrerssohn in Neustadt am Rübenberge geboren wurde, früh den Vater verlor, mit der Mutter nach Hannover überrsiedelte, 1860 zu Garibaldis Freikorps nach Italien strebte und nach diesem erfolglosen Ausflug in Göttingen das Studium der Mathematik und nach Eintritt in das Corps Hildesco-Guestphalia und der Nachholung des Abiturs 1862 das Studium der Rechtswissenschaft aufnahm, dort den aus Hannover stammenden Professor für römisches und Landwirtschaft August Ubbelohde (1833-1898) für sich gewann , am 23. Juni 1868 mit summa cum laude promoviert wurde, sich am |
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| Jahns, Sigrid, Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich. Teil 2 Biographien (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 26). Böhlau, Köln 2003. LXII, 1466 S. mit CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jahns, Sigrid, Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich. Teil 2 Biographien (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 26). Böhlau, Köln 2003. LXII, 1466 S. mit CD-ROM.
Das bekannteste Gericht des Heiligen Römischen Reiches ist das von 1495 bis 1806 wirkende Reichskammergericht. Seine Geschichte hat insbesondere durch Bernhard Diestelkamps vielseitige Bemühungen erheblichen Gewinn erfahren. Noch nicht ausreichend erforscht sind seine Kammerrichter und Assessoren.
Teils auf dem Festland, teils in vielen schönen Sommerwochen auf Gotland hat Sigrid Jahns versucht, diese Lücke zumindest für einen kleineren Zeitraum zu schließen. Bereits im Wintersemester 1990/1991 hatte der Fachbereich Geschichtswissenschaft unter der Federführung Peter Moraws ihre diesbezügliche Untersuchung als Habilitationsschrift angenommen. Als Folge verketteter widriger Umstände erscheint erst ein Dutzend Jahre später als Teil 2 dieser Arbeit Das Reichskammergericht und seine Richter – Biographien, während Teil 1 nur als sobald wie möglich erscheinend angekündigt werden kann.
Die Leistung kann gleichwohl bereits auf dieser Grundlage als groß bezeichnet werden. Sie umfasst 128 Juristenbiographien, die jede für sich einen mehrere Generationen einbeziehenden genealogischen Zusammenhang ausmachen. Für die letzten 66 Jahre des Reichskammergerichts ist sie mit 92 Assessoren und 36 erfolglosen Präsentationen erschöpfend.
Geordnet sind die 128 Biographien nicht alphabetisch von Albini bis Zillerberg, sondern sachlich nach den zuletzt 28 Präsentationsberechtigten von Kurmainz bis zu der letzten alternierenden evangelischen Kreispräsentation. Innerhalb der einzelnen Präsentationsberechtigung gilt die zeitliche Abfolge. Dadurch werden die Besetzungslinien auf den Assessoraten erkennbar.
Bei mehreren Präsentationen derselben Person erscheint diese unte |
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| Jaspert, Nikolas, Die Kreuzzüge (= Geschichte Kompakt Mittelalter). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003. IX, 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jaspert, Nikolas, Die Kreuzzüge (= Geschichte Kompakt Mittelalter). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003. IX, 180 S.
Das Interesse an Geschichte wächst in der Gesellschaft unserer Zeit. Interessierte, Lehrende und Lernende fragen deshalb nach verlässlicher Information, die komplexe und komplizierte Inhalte konzentriert, übersichtlich konzipiert und gut lesbar darstellt. Für die Kreuzzüge – oder vielmehr dasjenige, was zu Recht oder zu Unrecht mit ihnen assoziiert wird – versucht die erforderliche Antwort im vorgegebenen Rahmen von 160 Seiten der Erlanger Mediävist Nikolaus Jaspert.
In der Diskussion um den Kreuzzug entscheidet er sich für einen Mittelweg. Kreuzzug ist jeder vom Papst ausgerufene und mit der Zusage eines Ablasses ausgestattete Kriegszug gegen Feinde des Glaubens und der Kirche. Aber im Mittelpunkt stehen die bekannten Züge in den Orient, denen gegenüber die Unternehmen in Spanien, an der Ostsee oder im Inneren im Hintergrund bleiben.
Bei den Vorbedingungen greift der Verfasser bis zu Augustinus und zur Hedschra Mohammeds von Mekka nach Medina zurück. Vor diesem Zeithorizont beschreibt er Christentum, Islam und Heidentum am Ende des 11. Jahrhunderts und zeigt ihre unterschiedlichen Konflikte bereits vor 1095 auf. Dabei tritt der östlichen Ausdehnung des Islam eine westliche Expansion des Christentums gegenüber, aus welcher der Reformpapsttum und Ritter vereinende Kreuzzugsgedanke erwächst.
Sein unmittelbares Ergebnis sind die Kreuzzüge in den Orient, deren Verlauf der Verfasser klar und knapp schildert. Dabei erörtert er praktische Probleme ebenso wie kritische Stimmen. Überzeugend stellt er auch die islamische Sicht dar.
Als augenscheinlicher Gewinn entstehen die Kreuzfahrerherrschaften. In ihnen werden Herrschaft und Gesellschaft ebenso beschrieben wie Wirtschaft und Recht. Besonders herausgearbeitet werden Stellung und Bedeutung der Kirchen Palästinas.
In den drei a |
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| Jendorff, Alexander, Verwandte, Teilhaber und Dienstleute. Herrschaftliche Funktionsträger im Erzstift Mainz 1514 bis 1647 (= Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 18). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg 2003. X, 398 S. 3 Abb., 1 Faltplan, CD-Rom Register, Karte. Besprochen von Wilhelm A. Eckhardt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jendorff, Alexander, Verwandte, Teilhaber und Dienstleute. Herrschaftliche Funktionsträger im Erzstift Mainz 1514 bis 1647 (= Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 18). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg 2003. X, 398 S. 3 Abb., 1 Faltplan, CD-Rom Register, Karte.
Die vorliegende Veröffentlichung ist ein „Kind“ der Gießener Dissertation des Verfassers[1], denn sie „beruht auf dem Material“, das er für seine Doktorarbeit gesammelt hat (S. IX). Davon ausgehend soll die Arbeit als „prosopographische Studie“ die Forschung zur Kurmainzer Staatlichkeit unterstützen (S. 15), wobei der Autor „in drei Ebenen“ vorgeht: „In einem ersten Schritt wird nach der Genese und Systemik des territorialen Gesamtsystems gefragt, im zweiten Schritt werden die analysierten abstrakten Strukturen sachlich und chronologisch an der Personengeschichte konkretisiert und im dritten Schritt wird die Datenbasis offengelegt“ (S. 21). Die einleitenden Studien zu „Genese und Systemik Mainzer Territorialstaatlichkeit im 16. und 17. Jahrhundert“ (S. 23-85) und zu den „Funktionsträgern kurfürstlicher Herrschaft“ (S. 87-161) kommen zu durchaus interessanten Ergebnissen, fußen aber zum wenigsten auf dem systematischen „Ämter- und Dienerverzeichnis“ (S. 163-339). Dafür ist dessen Quellengrundlage zu schmal und zu lückenhaft (vgl. S. 18ff.), woraus sich zwangsläufig auch die systematische Anordnung der Listen ergab: Für ein alphabetisches „Dienerbuch“ ergänzt durch eine „systematische Zusammenstellung“, wie es Franz Gundlach für Hessen vorgelegt hat[2], reicht das Material bei weitem nicht aus.
Das „Ämter- und Dienerverzeichnis“ enthält im wesentlichen die Bestallungen, soweit solche erhalten sind. Die Rubrik „Einstellung“ nennt allerdings manchmal stattdessen das Datum einer mehr oder weniger zufälligen Erwähnung, z. B. bei dem Amtmann zu Amöneburg Philipp v. Dürn (S. 228f. Nr. 2) „1520“ und als Quelle „Gudenus, Codex |
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| Jenks, Susanne, Die Bürgschaft im mittelalterlichen englischen Strafrecht (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 161). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. XII, 471 S. Besprochen von Wolfgang Sellert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Jenks, Susanne, Die Bürgschaft im mittelalterlichen englischen Strafrecht (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 161). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. XII, 471 S.
Spätestens seit dem wegweisenden Aufsatz Franz Beyerles vom „Ursprung der Bürgschaft“ (1927) wissen wir, welche zentrale Rolle dieses Rechtsinstitut in der germanischen Gesellschaft des frühen Mittelalters gespielt hat. Es war Teil eines ganzen Systems von Einstandspflichten der Familien, Sippen und Genossen. Das galt in besonderem Maße für die angelsächsische Gesellschaft, die man sich gleichsam in Bürgschaftsverhältnisse gegliedert und geordnet vorstellen kann. Wie die Verfasserin in ihrer Berliner phil. Dissertation am Beispiel des englischen Strafverfahrensrechts zeigen kann, hat sich in England diese Tradition bis in das späte Mittelalter und vermutlich noch darüber hinaus bewahrt.
Ziel der Dissertation ist eine Darstellung der Geschichte „der englischen Strafprozeßbürgschaft in ihrer gesamten Breite vom 12. bis 15. Jahrhundert“. Dabei geht es der Verfasserin weniger um sozialgeschichtliche Aspekte der Bürgschaftsgewährung, sondern hauptsächlich darum, durch eine Analyse der Gestellungsbürgschaften die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten der bis dahin weitgehend als identisch angesehenen Bürgschaftsarten „Bail“ und „Mainprise“ herauszuarbeiten.
Die Verfasserin stellt ihre Untersuchung auf eine breite Grundlage sowohl edierter als auch bisher nicht veröffentlichter Quellen. Dazu gehören u. a. verschiedene Rechtstraktate, Year Books und Abridgments, Statuten, Anordnungen und parlamentarische Petitionen, Statuten, Formelsammlungen (Registers of Writs) sowie vor allem die für das Mittelalter fast vollständig erhaltenen Akten der King’s Bench mit ca. 5000 Fällen.
Insgesamt versucht die Verfasserin zunächst einmal Ordnung in das Wirrwarr einer Fülle von Prozeßbürgschaften zu bringen, was ihr mit der von ihr angewandten Methode nur bedingt gelingt. |
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| Juristinnen in Deutschland. Die Zeit von 1900 bis 2003, hg. v. Deutscher Juristinnenbund (= Schriftenreihe Deutscher Juristinnenbund 1), 4. Aufl. Nomos, Baden-Baden 2003. 256 S. Ill. Besprochen von Esther Hartwich. |
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„Recht und Wirklichkeit fallen auseinander“ (S. 22). Diese zwar nur für die Entwicklung von 1922 bis 1933 aufgestellte These (S. 22) ist auf das gesamte erste Kapitel „Juristinnen und Juristinnenbund in der historischen Entwicklung“ (S. 13-58) übertragbar. Insbesondere in der Auswertung von Lebensberichten und Statistiken liegt die rechtshistorische Leistung der Publikation, die anlässlich des 55jährigen Jubiläums des Deutschen Juristinnenbundes in der 4. Auflage erschienen ist.[1]
Hinweise zum Beginn der Geschichte der Juristinnen erfolgen meist in einer Aufzählung von „leeren Daten“, die sich zudem auf die Zulassung zum Studium ab 1900 und die Öffnung des Richteramtes für Frauen im Jahre 1922 beschränken.[2] Im Gegensatz dazu wird im ersten Abschnitt „Der Kampf um die Zulassung zur juristischen Ausbildung“ (S. 11-16) in den Vordergrund gestellt, dass mit der Zulassung zum Studium (erstmals in Baden ab 1900, Preußen 1908, Mecklenburg bildete 1909 das Schlußlicht im Kaiserreich) für Frauen keinesfalls der Weg zu den juristischen Berufen geöffnet wurde. Vielmehr konnte das Studium lediglich mit der Promotion abgeschlossen werden. Das erste Staatsexamen sowie der staatliche Vorbereitungsdienst mit dem abschließenden zweiten Examen blieb den Frauen weiterhin verwehrt (S. 13-15). Dennoch versuchten Frauen ihre Rechtskenntnisse zu nutzen, etwa in der bereits 1900 von Camilla Jellinek in Heidelberg errichteten „Rechtsschutzstelle für Frauen“ (S. 15) oder seit 1916 als Gerichtsschreiberinnen (S.16).
Eine wesentliche Änderung trat erst mit der Weimarer Republik und dem neu eingeführten Art. 128 Abs. 1 und 2 der Reichsverfassung ein: „Alle Staatsbürger ohne Unterschied sind nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen |
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| Justiz = Justice = Justicia? Rahmenbedingungen von Strafjustiz im frühneuzeitlichen Europa, hg. v. Rudolph, Harriet/Schnabel-Schüle, Helga ( = Trierer historische Forschungen 48). Kliomedia, Trier 2003. 514 S. Besprochen von Mathias Schmoeckel. |
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Dieser Band will durch die Darstellung von „Rahmenbedingungen“ der Strafjustiz den Vergleich der Entwicklung in den europäischen Territorien besser ermöglichen als durch mikrohistorische Studien. Unter den Rahmenbedingungen verstehen die Herausgeberinnen die politischen, rechtlichen, geographischen, ökonomischen, sozialen bzw. soziologischen und kulturellen Voraussetzungen in den verschiedenen Teilen Europas. Da die letzteren Kriterien meist nicht aufgegriffen werden, ist der Rahmen eigentlich zu weit gespannt. Immerhin ist es den Herausgeberinnen aber gelungen, Beiträge ausgewiesener Spezialisten, Historiker und Juristen, zu sammeln. Indem diese insbesondere die Gerichte, das Verfahrensrecht und wesentliche Charakteristika der Strafverfolgung zahlreicher Länder und Regionen vorstellen, ermöglicht diese Beschränkung tatsächlich die angestrebte Vergleichbarkeit.
Die Herausgeberinnen geben in ihrem einleitenden Beitrag einen Überblick, in dem leider schon das gemeine Recht falsch definiert wird. Durch die begriffliche Einbeziehung des Partikularrechts wird der diskursive Antagonismus von gemeinsamer Strafrechtswissenschaft und regional differenzierten Ausprägungen nicht gesehen. Die folgenden Beiträge geben dagegen eine gelungene Übersicht über die Strafverfolgung in England (James A. Sharpe), Spanien (Iris Gareis) und Frankreich (Christine Petry). In der Literatur weniger oft behandelt und daher besonders interessant sind die Einführungen zum kolonialen Neuengland (Johannes Dillinger), Dänemark (Jens Chr. V. Johansen) und Schweden-Finnland (Pär Frohnert), wobei der viel stärkere Einfluss des gelehrten (Kirchen-)Rechts in Schweden frappiert. Mit starkem theoretischen Einschlag versehen ist die Darstellung Marco Bellabarbas zu (N |
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| Kaiser, Reinhold, Die Burgunder (= Urban Taschenbuch 586). Kohlhammer, Stuttgart 2004. 284 S., 20 Kart. im Text. Besprochen von Alois Gerlich. |
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Unter den Völkern der Wanderzeit sind die Burgunder das vielleicht merkwürdigste als historische Erscheinung. Vergleiche drängen sich auf: Franken, Alemannen, Bayern und Sachsen mögen hergekommen sein wo es auch mag, sie sind sesshaft geworden in den Räumen zwischen Alpen und Nordsee. Die Vandalen durchzogen Westeuropa, um in Nordafrika zu enden, die Westgoten sind vergleichbar in kleineren Dimensionen ihrer Bewegungen im heutigen Frankreich und auf der Iberischen Halbinsel, die Ostgoten ließen sich in Italien nieder. Von den Burgundern, die aus dem Osten kamen und römische foederati wurden, wurde schon bald, dann im Früh- und Hochmittelalter manches berichtet, doch wie sie als ethnische Einheit endeten, ist nicht deutlich zu erkennen. Mit ihnen als Stamm, Volk, Ethnos, die Versuche einer Begriffsfixierung lassen schon auf ihre Weise Schwierigkeiten erahnen, beschäftigt sich Reinhold Kaiser. Das ist für ihn als Mediaevist an der Universität Zürich naheliegend, gehört seine Wirkungsstätte doch zu den Gegenden, in denen wenigstens zeitweise Burgunder nachweisbar wurden. In die Forschung seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führt Kaiser ein und verbindet die Historiographie mit der ideengeschichtlichen Entwicklung, die in Deutschland zeitweise beeinflusst wurde durch eine gelegentlich hybride Germanophilie. Zusammenfassungen der Geschichte dieses Volkes gibt es viele, hier genannt seien im Handbuch der Schweizer Geschichte der Beitrag von Hans Conrad Peyer, im Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte der von Karl Heinrich Allmendinger (knapp), schließlich von Reinhold Kaiser selbst im Lexikon des Mittelalters und von Gerhard Köbler in dessen Historischem Lexikon der deutschen Länder. Als wegweisende Autoren jüngerer Zeit seien genannt Reinhard Wenskus, Eugen Ewig, Heinrich Büttner, Dietrich Hoffmann und Herwig Wolfram. D |
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| Kajtár, István, A 19. századi magyar állam- és jogrendszer alapjai. Európa – haladás – Magyarország (Die Grundlagen des modernen ungarischen Verfassungs- und Rechtssystems des 19. Jahrhunderts. Europa – Fortschritt – Ungarn) (= Institutiones Juris Dialog Campus Szakkönyvek). Dialog Campus Verlag, Pécs 2003, 294 S. Besprochen von Katalin Gönczi. |
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Der Dualismus von Tradition und bürgerlicher Umgestaltung ist der Leitgedanke des neuen Werkes von István Kajtár, in dem er die ungarischeVerfassungs- und Rechtsentwicklung im langen 19. Jahrhundert analysiert. Es handelt sich um ein neuartiges Werk der ungarischen rechtshistoriographischen Literatur, wobei die ungarischen Entwicklungstendenzen im europäischen Kontext aufgezeichnet und die Reflexion der Etappen der westeuropäischen gesellschaftlichen und politischen Modernisierung in den ungarischen Debatten des Vormärz dargestellt werden.
Kajtár hat dabei die bisher in der ungarischen Rechtsgeschichtsschreibung dominierende positivistisch-dogmatische Methodik überwunden – die Rechtsinstitute der ungarischen Verfassung werden hier in ihrem historischen Kontext geschildert. So bekommt der Leser zum Anfang ein adäquates Bild über das ständische Ungarn, dessen Verfassungssystem auf einer ungeschriebenen – also historischen – Verfassung beruhte. Dadurch wird deutlich, daß die Überwindung der taxativen Auflistung von Ämtern und Zuständigkeiten in der ungarischen Rechtshistoriographie neue Bahnen öffnen kann. Anstelle der Paraphrase von Gesetzestexten entsteht Raum für eine funktionsbezogene historische Analyse. Man erfährt dabei, daß die eigentlich meinungsbildenden Institutionen im ungarischen Vormärz die kleineren Kreisversammlungen der ungarischen Ständeversammlung waren und die Komitate der Komitate Pest sowie Zemplén dabei eine führende Rolle einnahmen. Das letztere war der Schauplatz, wo Lajos Kossuth, eine der wichtigsten Persönlichkeiten der ungarischen Geschichte im 19. Jahrhundert, seine politische Tätigkeit begann (S |
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| Kälble, Mathias, Zwischen Herrschaft und bürgerlicher Freiheit. Stadtgemeinde und städtische Führungsgruppen in Freiburg im Breisgau im 12. und 13. Jahrhundert (= Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau 33). Stadtarchiv Freiburg im Breisgau, Freiburg im Breisgau 2001. 407 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Das Arbeit ist die von Thomas Zotz betreute, 1999 von den philosophischen Fakultäten der Universität Freiburg im Breisgau angenommene, für den Druck geringfügig überarbeitete und ergänzte Dissertation des Verfassers. Sie führt in der Einleitung zutreffend aus, dass kaum eine mittelalterliche Stadt die Forschung so sehr beschäftigt hat wie Freiburg im Breisgau. Im Meinungsstreit um das Freiburger Stadtrecht schließt sie sich Martina Blattmann an, die Walter Schlesingers Vorstellungen erweiternd von einer Textfassung des Freiburger Gründungsrechts, einem noch vor 1178 entstandenen Stadtrechtsprivileg Herzog Bertolds IV., einer um weitere Privilegien erweiterten Handfeste Herzog Bertolds V. und verschiedenen Ergänzungssätzen aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ausgeht.
Allerdings liege die kommunale Entwicklung Freiburgs im 12. und 13. Jahrhundert noch weitgehend im Dunkel. Dies gelte besonders für ihren herrschafts- und sozialgeschichtlichen Hintergrund. Diese Lücke sei zu schließen.
Dabei bestehe allerdings das Problem, dass für Freiburg urkundliche Zeugnisse des 12. Jahrhunderts weitgehend fehlten. Deswegen sei für diese Zeit auf andere zähringische Städte auszuweichen. Wegen der gleichen Herren sei dies methodisch zulässig.
Seine Untersuchung beginnt der Verfasser mit der Zeit der zähringischen Herrschaft. Dabei geht er auf der Grundlage der Arbeiten seines Lehrers davon aus, dass der Freiburger Raum bereits im ausgehenden 11. Jahrhundert dicht besiedelt und herrschaftlich durchdrungen war und alte grundherrschaftlich geprägte Siedlungen ungefähr in einem Halbkreis um die spätere Altstadt Freiburg endeten. Der |
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| Kämpferische Wissenschaft. Studien zur Universität Jena im Nationalsozialismus, hg. v. Hoßfeld, Uwe/John, Jürgen/Lemuth, Oliver/Stutz, Rüdiger. Böhlau, Köln 2003. 1160 S., Ill. Besprochen von Walter Pauly. |
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Ein Jahr nach Hendrik Eberles Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in der Zeit des Nationalsozialismus haben sich Jenaer Geschichtswissenschaftler und Wissenschaftshistoriker der Aufarbeitung ihrer Universitätsvergangenheit im „Dritten Reich“ angenommen. Für den horrenden Preis von 154,- Euro wird dem Käufer in 32 Einzeluntersuchungen eine nahezu umfassend anmutende Darstellung der Entwicklung der Gesamtuniversität, Fakultäten und Institute einschließlich vergleichender Perspektiven geboten. Ein einleitendes Interview mit den Herausgebern führt den Leser in die Thematik und Fragestellungen ein. Hieran anknüpfend schildert ein Beitrag der Herausgeber Hoßfeld, John und Stutz („Kämpferische Wissenschaft“: Zum Profilwandel der Jenaer Universität im Nationalsozialismus) das vom Rassehygieniker und Kriegsrektor Karl Astel propagierte Universitätskonzept einer „kämpferischen Wissenschaft“ als eine Verflechtungsstrategie von Universitätsressourcen, Großindustrie und Institutionen des NS-Staates namentlich auf den Gebieten der Rasse- und Gesundheitspolitik, Raum- und Wirtschaftsplanung, Aufrüstung sowie Kriegsführung (S. 76f. und passim). Entgegen dem apologetisch verwandten Stereotyp der Nachkriegsgeschichtsschreibung wird das NS-System nicht mehr als genuin wissenschaftsfeindlich eingestuft, sondern die nachhaltig betriebene Funktionalisierung des Wissenschaftssystems aufgezeigt. Element dieses Konzepts ist zugleich eine „Art Selbstmobilisierung“ der Wissenschaftler für die „nationale Forschungsfront“ (S. 85), also ein wechselseitig verfolgtes Nutzenkalkül, das sich insbesondere noch in der Etablierungsphase befindliche Wissenschaftsdisziplinen zu eigen machten, um auf diese Weise für ihre Forschungsaufgaben Fremdressourcen zu gewinnen. Eingebunden in |
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| Kertelhein, Arne, Alltag und Kriminalität. Die Brücheregister des Dithmarscher Mitteldrittels 1560-1581 (= Rostocker Studien zur Regionalgeschichte 7). Ingo Koch Verlag, Rostock 2003. 335 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kertelhein, Arne, Alltag und Kriminalität. Die Brücheregister des Dithmarscher Mitteldrittels 1560-1581 (= Rostocker Studien zur Regionalgeschichte 7). Ingo Koch Verlag, Rostock 2003. 335 S. 11131
Der weite Obertitel hat seine Berechtigung: Da die Untersuchung über 16.000 Einzelfälle des Brücheregisters eines Dithmarscher Gebietes aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auswertet, ergibt sich ein heterogenes Bild: Neben Kriminalität und zivilrechtliche Streitigkeiten treten, wie wir modern sagen würden, Gebühren für bestimmte öffentliche Verfahren sowie Ordnungswidrigkeiten. Die untersuchten Quellen sind in erster Linie Landesrechnungen, in denen genannt werden die an den Rechtsstreitigkeiten beteiligten Personen, der Grund der Eintragung und die Höhe des zu entrichtenden Geldbetrages. In erster Linie geht es dem Verfasser um eine statistische Erfassung des Materials, wobei die Erforschung der Kriminalität im Vordergrund steht. Andere Quellen, in denen etwa die Verhängung von Leibes- oder Ehrenstrafen enthalten wären, werden nicht erfasst, wobei des Verfassers Schlußfolgerung, dass sie tatsächlich nicht vorkamen, nicht ganz sicher ist.
In einem kurzen ersten Teil wird das Territorium (das Dithmarscher „Mitteldrittel“) beschrieben, das etwa acht Kirchspiele in Holstein umfasste, von etwa 12.000 Menschen bewohnt wurde und traditionell ein wohlhabendes, bäuerlich geprägtes Land war; bis Mitte des 16. Jahrhunderts war es unabhängig, im Untersuchungszeitraum wurde es vom Erzherzog Johann beherrscht. Als Rechtsgrundlage der Rechtsprechung, die von den Mitgliedern der adligen Führungsschicht ausgeübt wurde, fungierte damals das Dithmarscher Landrecht von 1447, das 1559 reformiert wurde und subsidiär ausdrücklich das Sachsenrecht sowie das gemeine Recht für anwendbar erklärte. Für die Verfahren konstatiert der Verfasser in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts bereits einen hohen Grad an Schriftlichkeit, so dass der Landschreiber zur zentr |
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| Kiehnle, Arndt, Der Erwerb kraft öffentlichen Glaubens in der württembergischen Pfandgesetzgebung von 1825/1828 und im Bürgerlichen Gesetzbuch (= Schriften zur Rechtsgeschichte 113). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 592 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kiehnle, Arndt, Der Erwerb kraft öffentlichen Glaubens in der württembergischen Pfandgesetzgebung von 1825/1828 und im Bürgerlichen Gesetzbuch (= Schriften zur Rechtsgeschichte 113). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 592 S.
In Württemberg galten zu Beginn des 19. Jahrhunderts, vermittelt durch das dritte Landrecht von 1610, die Pfandrechtsregelungen des gemeinen Rechts, das ohne jedes Publizitätsmittel lediglich das bloße Vertragspfand anerkannte. Zahlreiche Gläubiger waren durch gesetzliche Pfandrechte und Pfandrechtsprivilegien gesichert. Ferner war die Begründung von Generalhypotheken zulässig, die auch das künftige Vermögen ergriffen. Dies hatte nach Kiehnle dazu geführt, dass ein Gläubiger sich dadurch, dass er sich von seinem Schuldner ein Pfandrecht habe bestellen lassen, keine Sicherheit habe verschaffen können, die diese Bezeichnung wirklich verdient hätte (S. 27). Die Reformbestrebungen der württembergischen Stände setzten 1816 ein, deren Initiativen zum „Pfandgesetz“ vom 15. 4. 1825 und zum Pfandentwicklungsgesetz vom 21. 5. 1828 führten. Kiehnle bringt zunächst einen Überblick über die Entstehung der Gesetze von 1825 und 1828 unter Hinweis auf die Vorentwürfe und die parlamentarischen Materialien sowie auf die wichtigsten Kommentierungen bzw. wissenschaftlichen Monographien (u. a. von Mayer von 1825/26, von Bolley von 1829, von Wächter von 1830, von Römer von 1876 und von Lang von 1893). Nach dem Gesetz von 1825 konnten Grundpfandrechte nur noch durch ihre Eintragung im Unterpfandsbuch entstehen. Die Grundsätze der Spezialität und Priorität sowie der Öffentlichkeit der Güter- und Unterpfandsbücher waren ausnahmslos durchgeführt, so dass in Zukunft Generalhypotheken und gesetzliche Pfandrechte ausgeschlossen waren. Ferner war ein gutgläubiger Erwerb eines Unterpfandrechts durch Bestellung seitens eines (im Güterbuch eingetragenen) Nichteigentümers möglich. Durch das Gesetz von 1828 wurde auch der gutgläubige Erwerb des Grundstü |
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| Kiesewetter, Andreas, Die Anfänge der Regierung König Karls II. von Anjou (1278-1295). Das Königreich Neapel, die Grafschaft Provence und der Mittelmeerraum zu Ausgang des 13. Jahrhunderts (= Historische Studien 451). Matthiesen, Husum 1999. 650 S., 2 Kart. Besprochen von Petra Roscheck. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kiesewetter, Andreas, Die Anfänge der Regierung König Karls II. von Anjou (1278-1295). Das Königreich Neapel, die Grafschaft Provence und der Mittelmeerraum zu Ausgang des 13. Jahrhunderts (= Historische Studien 451). Matthiesen, Husum 1999. 650 S., 2 Kart.
Mit vorliegender Monographie, bei der es sich um die gekürzte Fassung seiner Würzburger, von Peter Herde betreuten Dissertation handelt, hat Andreas Kiesewetter ein altes Forschungsdesiderat erfüllt und dem am wenigsten bekannten Angiovinen auf sizilischem Thron eine detaillierte, tiefgreifende Studie gewidmet. Der Verfasser hat sich dabei weder von der ungünstigen Quellenlage noch von dem hauptursächlich darauf hinzuführenden Umstand abschrecken lassen, daß es an wirklich fundierten Vorarbeiten fehlt. Mag vor der kriegsbedingten Vernichtung der im Staatsarchiv von Neapel aufbewahrten Register im September 1943 die schier erdrückende Masse an größtenteils ungesichtetem Urkundenmaterial entmutigend gewirkt haben, so erschwert jetzt die für die Regierungszeit Karls II. wenig fortgeschrittene Rekonstruktion der zerstörten Bestände eine intensivere Forschung. Kiesewetter hat sich, ungeachtet dieser Widrigkeiten und in Auswertung umfangreicher Dokumentensammlungen italienischer und französischer Archive, des argonesischen Kronarchivs in Barcelona sowie des Vatikanischen Archivs und von Gelehrtennachlässen an die Aufgabe gewagt, aus der Fülle der herangezogenen Zeitzeugnisse die Informationen herauszufiltern, die es ihm dann erlaubten, die Politik des Herrschers im Kontext seiner an Ereignissen wie an herausragenden Persönlichkeiten nicht armen Epoche nachzuzeichnen und zu bewerten.
Äußere Faktoren wie ein fast unüberschaubarer Bestand an Quellen und die Notwendigkeit, in einer ausführlichen Gesamtschau überhaupt erst einmal eine Wissensgrundlage zu schaffen, haben ebenso den Entschluß des Verfassers, seine Untersuchungen nicht auf die gesamte Regierungszeit Karls II. auszudehnen, herb |
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| Kirchengut in Fürstenhand. 1803: Säkularisation in Baden und Württemberg, Revolution von oben, hg. v. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg/Stadt Bruchsal. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2003. 152 S. Besprochen von Elmar Wadle. |
Ganzen Eintrag anzeigen 1. Alte Klöster – neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003 in Bad Schussenried vom 12. April bis 5. Oktober 2003. Begleitbücher, hg. v. Himmelein, Volker/Rudolf, Hans-Ulrich unter Mitwirkung v. Blickle, Peter/Maier, Konstantin/Quarthal, Franz/Schlögl, Rudolf, Bd. 1 Ausstellungskatalog, Bd. 2,1 und 2,2 Aufsätze. Thorbecke, Ostfildern 2003. 1467 S.
2. Kirchengut in Fürstenhand. 1803: Säkularisation in Baden und Württemberg, Revolution von oben, hg. v. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg/Stadt Bruchsal. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2003. 152 S.
3. 1803. Wende in Europas Mitte. Begleitband zur Ausstellung im Historischen Museum Regensburg, hg. v. Schmid, Peter/Unger, Klemens, Schnell & Steiner, Regensburg 2003. 640 S.
4. Bayern ohne Klöster? Die Säkularisation 1802/03 und die Folgen. Eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, hg. v. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München 2003, 539 S.
5. Lebendiges Büchererbe. Säkularisation, Mediatisierung und die Bayerische Staatsbibliothek, eine Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek. Bayerische Staatsbibliothek, München 2003, 238 S.
Die runde Zahl von 200 Jahren bot vielfache Gelegenheit, die grundlegende Bedeutung des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 in Vorträgen, Aufsätzen, Tagungen und Ausstellungen zu würdigen. Die üblichen Publikationen, die bereits erschienenen[1] ebenso wie die noch geplanten, werden gewiss das Interesse der rechtshistorischen Forschung finden. Ausstellungen indes, die gesehen und erlebt werden wollen, haben es schwerer, in der wissenschaftlichen Diskussion rezipiert zu werden; es sei denn, sie sind in Katalogen gut dokumentiert oder durch „Begleitbände“ mit dem Diskurs verbunden.
Die hier angezeigten Ausstellungsbände erfüllen diese Voraussetzun |
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| Kißener, Michael, Zwischen Diktatur und Demokratie. Badische Richter 1919-1952 (= Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 7. UVK, Konstanz 2003. 373 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kißener, Michael, Zwischen Diktatur und Demokratie. Badische Richter 1919-1952 (= Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 7. UVK, Konstanz 2003. 373 S.
Die Studie ist die erweiterte Fassung der von Rudolf Lill angeregten, im Jahre 2000 der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Karlsruhe vorgelegten Habilitationsschrift des als Leiter der Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten des Instituts für Geschichte der Universität Karlsruhe und seit 2003 als Zeitgeschichtler in Mainz tätigen Verfassers. Sie will auf der Datengrundlage der (541 im Personenregister alphabetisch mit jeweils höchster Dienststufe von 1933 bis 1945 und nach 1945 aufgeführten,) in Baden (Oberlandesgericht Karlsruhe, Landgerichte Konstanz, Freiburg im Breisgau, Offenburg, Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg und Mosbach sowie rund 60 Amtsgerichte) zwischen 1933 und 1945 in richterlichen Funktionen amtierenden Juristen möglichst präzis das berufliche und politische Verhalten über die politischen Systembrüche des 20. Jahrhunderts hinweg verfolgen. Dabei werden Aufbau und Erhalt des demokratischen Rechtsstaates der Weimarer Republik, Befürwortung und Widerstand im nationalsozialistischen Unrechtsstaat und Aufbau der Nachkriegsdemokratie im sich anbietenden chronologischen Nacheinander erfasst.
Die ausführliche Einleitung beginnt mit einem die vielfache, um nicht zu sagen allgemeine, Abneigung, zum Teil Geringschätzung der Juristen in Deutschland belegenden Zitat des Jahres 1900. Obwohl wenig später mit Hans Hattenhauer der Beitrag der deutschen Justiz zur Stabilisierung der Weimarer Republik 1918/1919 durch unbeirrte Fortsetzung ihrer Tätigkeit hervorgehoben wird, überwiegt die negative Beurteilung auch in der Folge. Die dabei erkennbaren methodischen Defizite versucht der Verfasser zu beheben.
Ausgehend von den Grundlagen und Traditionen richterlicher Tätigkeit in Baden (badische L |
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| Kittstein, Lothar, Politik im Zeitalter der Revolution. Untersuchungen zur preußischen Staatlichkeit 1792-1807. Steiner, Stuttgart 2003. 692 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kittstein, Lothar, Politik im Zeitalter der Revolution. Untersuchungen zur preußischen Staatlichkeit 1792-1807. Steiner, Stuttgart 2003. 692 S.
Das Werk stellt die Grundlagen der neueren Forschung, Ziel der preußischen Reformen von 1806/07 sei die „partizipierende Staatsbürgergesellschaft“ gewesen (S. 610), in Frage. Die Dynamik des Reformdenkens sei mit dem Gegensatz „Liberalität/Absolutismus“ nicht fassbar, da „es ursprünglich die Aufhebung des darin liegenden Gegensatzes von Staat und Gesellschaft in einer perfekt handlungsfähigen Einheit wollte“ (S. 617). „Unabhängige Repräsentation“ sei dem Reformdenken „zutiefst fremd“ gewesen: „Der Unterschied zwischen vermeintlich ,liberalem’ Beginn der Reform – indem die Gestalt des Freiherrn vom Stein neuerdings fast nur als Relikt erscheint, das selbst seine Verteidiger irritiert – und ,konservative Wende’ ist falscher Schein“ (S. 619). „Die Reformbewegung“, so Kittstein zum Schluss seiner Monographie, „konnte keine fortschrittliche Dynamik entfalten, weil sie in ihrer antifranzösischen, romantischen Progressivität selbst reaktionär war“ (S. 621). Die primär diplomatiegeschichtlich orientierte Arbeit schildert die Aktivitäten des Kabinettsministeriums und des preußischen diplomatischen Personals. Dieser relativ geschlossene Personenkreis begriff sich als Teil einer „europaweiten, homogenen Elite“, welche die Veränderungstendenzen der Außenpolitik und weitere Lebensbereiche sensibel wahrnahm“ (S. 21). Kittstein sieht die preußische Politik zwischen 1792 und 1807 „als Ausdruck einer Krise des Staatsverständnisses der politischen Elite“ (S. 21), deren wenig kraftvolles Handeln vor allem von Revolutionsfurcht bestimmt worden sei. Die Reformer wandten sich gegen die zentrale Stellung des Kabinetts, auf deren Mitarbeiter sie die außenpolitische Schwäche Preußens projizierten. Antifranzösische und antibürgerliche Ressentiments sowie „politische Angst“ seien, so Kittstein, die Antriebskräfte der Reformer |
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| Klee, Ernst, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer, Frankfurt am Main 2003. 731 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Klee, Ernst, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Fischer, Frankfurt am Main 2003. 731 S.
Dieses Lexikon, so schreibt der Verfasser, Sozialpädagoge, Theologe, Historiker, Publizist und Dokumentarfilmer in Frankfurt am Main, selbst im Vorwort, ist die Summe aus fast 25 Jahren Recherche zum Nationalsozialismus. Es umfasst 4300 Namen. Das bedeutet, dass im Durchschnitt ein Sechstel einer Seite pro Eintrag zur Verfügung steht.
Das Lexikon geht von jenen Namen aus, die in nationalsozialistischen Zusammenhängen immer wieder auffallen. Es enthält die wichtigsten Personen aus den Bereichen Fürsorge, Judenmord, Justiz, Kirchen, Konzentrationslager, Kultur, Medizin, Ministerialbürokratie, Partei, Polizei, Publizistik, Reichssicherheitshauptamt, Wehrmacht, Wirtschaft und Wissenschaft. Erfasst werden soll somit die gesellschaftliche Elite des Dritten Reiches einschließlich ihres Schicksals nach 1945.
Im Anhang erklärt der Verfasser auf wenigen Zeilen die SS-Ränge von Unterscharführer (Unteroffizier) über Oberscharführer, Untersturmführer, Obersturmführer, Hauptsturmführer, Sturmbannführer, Obersturmbannführer, Standartenführer, Oberführer, Brigadeführer und Gruppenführer bis zum Obergruppenführer (General). Ebenso übersichtlich schlüsselt er wichtige zeitgebundene Begriffe auf. Auf 16 Seiten wird die von ihm verwendete Literatur dokumentiert.
Die Namen der erfassten Personen reichen von Abderhalden bis Zwirner. Juristen sind nicht wenige dabei. Dies wird niemanden mehr überraschen können.
Auf Einzelheiten kann an dieser Stelle naturgemäß nicht eingegangen werden. Der Verfasser weist selbst darauf hin, dass sie angesichts der schwierigen Quellenlage lückenhaft oder auch fehlerhaft sein können. Wer immer aber künftig eine erste, leicht zugängliche Unterrichtung von Adolf Hitler abwärts sucht, wird an vielen Stellen dieses engagierten Lebenswerks fündig werden.
Innsbruck |
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| Köbler, Gerhard, Jusnews 2004. Juristische Nachrichten des Jahres 2004 aus Deutschland und der Welt (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 56). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2005. VI, 384 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Jusnews 2004. Juristische Nachrichten des Jahres 2004 aus Deutschland und der Welt (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 56). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2005. VI, 384 S.
Der fünfte Band von Jusnews will – geordnet nach den einzelnen Tagen - für das Jahr 2004 in deutscher Sprache in kürzester Form über das Wichtigste aus der Welt des Rechts berichten. Angestrebt ist ein Informationszeitraum von 24 Stunden nach Bekanntwerden eines Geschehnisses. Durch permanente Speicherung entsteht zugleich ein Nachrichtenarchiv.
Die tägliche Veröffentlichung im Internet (http://www.jusnews.com bzw. http://www.koeblergerhard.de) eröffnet den globalen Zugriff. Mit Hilfe von Suchbefehlen kann hier beliebig individuell ermittelt werden. Die kostenlos überall abrufbare Datei macht zudem für die Buchform ein aufwendiges Register entbehrlich.
Erlangen Gerhard Köbler
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| Köbler, Gerhard, Wer war wer im deutschen Recht. http://www.koeblergerhard.de. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Wer war wer im deutschen Recht. http://www.koeblergerhard.de
Im Telegrammstil umfasst das einfache, alphabetisch geordnete Sammelwerk bisher fast 25000 deutschsprachige Juristen aller Jahrhunderte. Es ist jederzeit überall für jedermann frei im Internet einsehbar und wird laufend erweitert. Nach Einarbeitung der Allgemeinen Deutschen Biographie und der Neuen Deutschen Biographie für die älteren Zeiten und von Kürschners Deutschem Gelehrtenkalender (1925ff.) für das 20. Jahrhundert dürften die meisten der bedeutenderen deutschen Juristen der Vergangenheit erfasst sein, doch besteht weiterhin die uneingeschränkte Möglichkeit, auf Mängel und Lücken zum Wohle der Allgemeinheit hinzuweisen.
Erlangen Gerhard Köbler
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| Köbler, Gerhard, Zielwörterbuch europäischer Rechtsgeschichte, 2. Aufl. (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 52). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag. Gießen 2004. XVIII, 758 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Köbler, Gerhard, Zielwörterbuch europäischer Rechtsgeschichte, 2. Aufl. (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 52). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2004. XVIII, 758 S.
Das Werk ist die zweite Auflage des 1997 im Verlag Beck erschienenen Lexikons der europäischen Rechtsgeschichte, das seit längerer Zeit vergriffen ist. Die Neuauflage bringt das Buch unter Beibehaltung aller seiner Ziele auf den Stand vom Frühherbst 2004. Seine laufende Aktualisierung ist für jedermann jederzeit und überall im Internet einsehbar (http://www.koeblergerhard.de).
Erlangen Gerhard Köbler
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| Koch, Norbert, Die Entwicklung des deutschen privaten Immissionsschutzrechts seit Beginn der Industrialisierung. Unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der höchstrichterlichen Rechtsprechung (= Rechtshistorische Reihe 293). Lang, Frankfurt am Main 2004. XXXIX, 395 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lies-Benachib, Gudrun, Immissionsschutz im 19. Jahrhundert (= Schriften zum Umweltrecht 122). Duncker & Humblot, Berlin 2002. IV, 479 S.
Koch, Norbert, Die Entwicklung des deutschen privaten Immissionsschutzrechts seit Beginn der Industrialisierung. Unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der höchstrichterlichen Rechtsprechung (= Rechtshistorische Reihe 293). Lang, Frankfurt am Main 2004. XXXIX, 395 S.
Das private und öffentliche Immissionsschutzrecht nimmt seit der Industrialisierung des beginnenden 19. Jahrhunderts eine Schlüsselstellung im Rechtssystem ein und stellt einen wichtigen Indikator für dessen Funktionsfähigkeit dar. Die bisherigen Arbeiten zum Immissionsschutzrecht von R. Ogorek, A. Thier, P. Preu und Ingo Palmer (vgl. Lies-Benachib, S. 25ff.) behandeln nicht zuletzt im Hinblick auf die Materialfülle nur Teilbereiche der Thematik, indem sie sich auf kürzere Zeitabschnitte beschränken oder anhand kleiner Untersuchungsgebiete arbeiten. Die Werke Lies-Benachibs und Kochs erweitern den zeitlichen Rahmen und die Quellenbasis gegenüber den genannten Darstellungen erheblich und streben eine Gesamtschau an: Die Arbeit Lies-Benachibs für das 19. Jahrhundert hinsichtlich des privaten und öffentlichen Immissionsschutzrechts, Kochs für das private Immissionsschutzrecht des 19. und 20. Jahrhunderts. Aus den Darstellungen ergibt sich folgender Entwicklungsgang: Der einsetzenden Industrialisierung begegnet die gemeinrechtliche Literatur mit einer Ausweitung der römischrechtlichen Quellen (D. 8, 5, 8, 5-7) zur Behandlung der nachbarrechtlichen Immissionsfälle, die allerdings erst 1863 mit der weiten Immissionstheorie Iherings (Einbeziehung auch von Lärm; vgl. Lies-Benachib, S. 41) abgeschlossen war. Ihering stellte mit der Erweiterung der actio negatoria zu einer allgemeinen Eigentumsklage nicht mehr auf die Art und Form der Einwirkung, sondern auf das Maß der Beeinträchtigung ab. Die Bestimmung des zu duldenden Maßes von Immissi |
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| Kodek, Ilse, Der Großkanzler Kaiser Karls V. zieht Bilanz. Die Autobiographie Mercurino Gattinaras aus dem Lateinischen übersetzt (= Geschichte in der Epoche Karls V. 4). Aschendorff, Münster 2004. X, 277 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kodek, Ilse, Der Großkanzler Kaiser Karls V. zieht Bilanz. Die Autobiographie Mercurino Gattinaras aus dem Lateinischen übersetzt (= Geschichte in der Epoche Karls V. 4). Aschendorff, Münster 2004. X, 277 S.
Die vorliegende Ausgabe der Übersetzung von Erinnerungen des Großkanzlers Karls V., Mercurino Arborio Gattinara, ist eine überarbeitete Fassung einer Wiener Dissertation von 2002, die bei Alfred Kohler, einem der besten Kenner Karls V. und seiner Zeit, angefertigt wurde. Die Handschrift im Familien-Depositum der Arborio Gattinara im Archiv von Vercelli war schon seit langem bekannt und wurde bereits 1915 von Carlo Bornate in den „Miscellanea di Storia Italiana“ veröffentlicht. In dieser Form fand der Text auch Eingang in die Forschung, worauf die Übersetzerin in ihrer Einleitung eingeht, wenn auch lediglich durch Aneinanderreihung der wichtigsten Forscher und ihrer Werke. Angesichts dieser Lage soll, wie sie vielleicht nicht frei von Ironie ausführt, ihr Werk all denen, die mit dem späthumanistischen Latein des Originals Probleme haben, der Zugang zur Welt Gattinaras und zur Umgebung Karls V. erleichtert werden. Es ist evident, dass allein schon dadurch Lehre und Forschung zu Reformation und Renaissance ein großer Dienst geleistet wird.
Hat doch der 1465 geborene piemontesische Jurist und Advokat eine erstaunliche Karriere gemacht. Sie begann, als er 1501/02 als Berater der Erzherzogin Margarete, Tochter Kaiser Maximilians und Gattin des Herzogs von Savoyen, in den Dienst des Hauses Habsburg trat, dem er bis zu seinem Ende 1530 verbunden blieb. Nach dem Tod ihres Mannes wurde Margarete Regentin der damaligen Niederlande und Gattinara zugleich noch „Präsident des Parlaments von Dôle“ (da damit der oberste Gerichtshof der Freigrafschaft Burgund gemeint ist, wäre „Parlement“ der treffendere Begriff). Die von ihm eingeleitete Justizreform verstrickte ihn in endlose Streitereien mit dem einheimischen Adel, die ihn sogar zeitweise um |
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| Kolbinger, Florian, Im Schleppseil Europas? Das russische Seminar für römisches Recht bei der juristischen Fakultät der Universität Berlin in den Jahren 1887-1896 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 173). Klostermann, Frankfurt am Main 2004. XIV, 348 S. Besprochen von Martin Avenarius. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kolbinger, Florian, Im Schleppseil Europas? Das russische Seminar für römisches Recht bei der juristischen Fakultät der Universität Berlin in den Jahren 1887-1896 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 173). Klostermann, Frankfurt am Main 2004. XIV, 348 S.
An den Universitäten des Zarenreichs nahm das römische Recht im 19. Jahrhundert für lange Zeit einen eher bescheidenen Rang ein.[1] Im Zusammenhang mit den Reformen der 1880er Jahre setzten konservative Kräfte dann aber eine neue juristische Studienordnung durch, in der der klassischen Bildung erhebliche Bedeutung zukam. Damit ging auch eine Aufwertung des Unterrichts im römischen Recht einher.[2] Zur Verwirklichung des neuen Studienplans veranlaßte die Regierung die Einrichtung zusätzlicher Lehrstühle und vermittelte die Gründung eines speziellen Seminars in Berlin, an dem unter der Leitung von Heinrich Dernburg, Ernst Eck und Alfred Pernice von 1887 bis 1896 Spezialisten für römisches Recht herangebildet wurden. Die Absolventen des Seminars wirkten anschließend an den Universitäten des Zarenreichs und vermittelten der russischen Rechtswissenschaft die Methoden der deutschen Romanistik des ausgehenden 19. Jahrhunderts.[3] Vorgeschichte, Arbeitsweise und Nachwirkungen des Berliner Seminars[4] sind Gegenstand von Kolbingers Buch. Es handelt sich um die ausgearbeitete Fassung seiner Kölner Dissertation aus dem Jahre 2001. Der Verfasser beschreibt, wie schon im früheren 19. Jahrhundert immer wieder versucht worden war, in Deutschland Professorennachwuchs für die russischen Universitäten heranzubilden. So waren z. B. seit 1829 zwei Gruppen von Stipendiaten für einige Zeit nach Berlin „abkommandiert“ worden, um unter der Aufsicht Savignys zu studieren. Der Verfasser legt die spezifischen Bedingungen des Rechtsstudiums im 19. Jahrhundert dar und beschreibt die Organisation des Seminars. Bei der Erörterung der Wirkungsgeschichte schildert er, wie die Lehre des römischen Rechts eine nur vorü |
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| König, Kai-Michael, Die völkerrechtliche Legitimation der Strafgewalt internationaler Strafjustiz (= Saarbrücker Studien zum internationalen Recht 23). Nomos, Baden-Baden 2003. 491 S. Besprochen von Karl-Heinz Ziegler. |
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1. Internationale Strafgerichte und Völkerstrafrecht sind Schöpfungen der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart. Insoweit ist die hier anzuzeigende Arbeit, eine von Georg Ress betreute Saarbrücker rechtswissenschaftliche Dissertation, notwendig dem geltenden Recht gewidmet. Dieses neue Gebiet des Völkerrechts ist zudem hochpolitischer Natur, wie namentlich die über den Kreis der Fachleute weit hinausreichende Diskussion über die Rolle des 1998 in Rom gegründeten Internationalen Strafgerichtshofs zeigt1.
Der Verfasser war sich bewusst, dass die Bestrafung von Individuen aufgrund von Verhaltensweisen, die in den zwischenstaatlichen Rechtsbeziehungen als Unrecht qualifiziert wurden, viel älter ist als die neue internationale Strafjustiz, die mithin ohne Rückgriff auf die Geschichte nicht umfassend gewürdigt werden kann. Daher überschreibt der Verfasser das umfangreiche erste Kapitel „Die Entwicklung des Völkerstrafrechts und der internationalen Strafgerichtsbarkeit“ (38-148). Die von der Antike bis zur Gegenwart reichende historische Darstellung hat den Umfang einer eigenen Dissertation. Das rechtfertigt eine Besprechung in dieser Zeitschrift, wobei wir uns wesentlich auf dieses historische Sachkapitel beschränken. Im Übrigen sei auf das ausführliche Inhaltsverzeichnis des Verfassers (7-16) verwiesen, in dem allein die Gliederung des ersten Kapitels fast zweieinhalb Druckseiten umfasst (7-9).
2. Der Verfasser beginnt seinen geschichtlichen Überblick mit Bemerkungen über (I.) „Ursprünge und Vorläufer in der Antike und im Mittelalter“ (38-42).
Das vorklassische Altertum fehlt, obwohl uns einige Normen durch das Alte Testament der Bibel überliefert sind. Zur klassischen Antike (39f.) wäre für den nicht rechtshistorisch vorgebildeten Lese |
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| Kotulla, Michael, Das konstitutionelle Verfassungswerk Preußens 1848-1918. Eine Quellensammlung mit historischer Einführung. Springer, Berlin 2003. XI, 290 S. Besprochen von Bernd-Rüdiger Kern. |
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Die preußische Verfassung gehört der dritten Welle der Verfassungsgebung im 19. Jahrhundert an, die infolge der revolutionären Ereignisse des Jahres 1848 einsetzte. Von daher ist der zeitliche Vorlauf für die Verfassungsurkunde gering. Dennoch gibt es mehr Materialien als bisher angenommen, ja mehr als bisher bekannt war. Diese Quellen sind in dem vorliegenden Band zusammengetragen, insgesamt 25, mit zum Teil zahlreichen Untertiteln, so daß eine Gesamtzahl von 57 erzielt wird. Die meisten dieser Dokumente betreffen die Änderungen der revidierten Verfassung von 1850. Bei den bisher nicht veröffentlichten Dokumenten handelt es sich um drei Verfassungsentwürfe zu der Verfassung von 1848 und einen zu der Verfassung von 1850.
In einer relativ kurzen Einleitung (S. 1-30) zeichnet der Verfasser den historischen Hintergrund der Verfassungsgebung nach. Als Vorbilder für den Urentwurf erkennt der Verfasser – entgegen der bisherigen Literatur – nicht nur die belgische Verfassung (diese nur für den Grundrechtsteil), sondern auch die französischen Charten von 1814 und 1830.
Der Einleitungsteil berücksichtigt die Dokumente und ergänzt sie insbesondere durch die stenographischen Berichte. Die Literatur wird nur spärlich herangezogen. Es zeigt sich, daß auch jetzt noch nicht restlose Klarheit über die Entwicklung im Einzelnen besteht. Diese Sekundärquellen sind in sich zum Teil widersprüchlich. Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht der Literatur wertet der Herausgeber die Verfassungsoktroyierung nicht als Staatsstreich, weil der König seiner Meinung nach noch nichts von seinem Gesetzgebungsrecht abgegeben hatte. Dem wird man folgen können.
Auf die in den letzten Tagen der Monarchie geplanten Verfassungsänderungen geht Kotulla bemerkenswerterweise nicht ein.
Die Qu |
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| Kretz, Hans-Joachim, Exlibris für Juristen. Beck, München 2003. VIII, 249 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Der Verfasser ist Leiter der Bibliothek des Bayerischen Landtags und hat gedacht, „was den Medizinern recht ist, muss den Juristen billig sein“. Weil es bereits etliche Bücher über Mediziner-Exlibris gab, keines jedoch über Juristen-Exlibris, schloss er diese Lücke. Aus mehr als 1000 Exlibris wählte er dafür 200 besonders schöne, kunst- und kulturgeschichtlich aufschlussreiche Darstellungen aus, die grundsätzlich in der Originalgröße abgebildet sind.
Einführend beschreibt er was Exlibris und speziell Juristen-Exlibris sind, nämlich von Juristen (im weitesten Sinn) zur Bezeichnung des Eigentümers auf die Innenseite des vorderen Buchdeckels geklebte Blätter, die oft juristische Symbole verwenden oder den Eigentümer mit juristischen Titulaturen bzw. Berufsbezeichnungen versehen. Er verbindet die Exlibris entstehungsgeschichtlich mit dem Buchdruck und damit mit den Inkunabeln. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Exlibris Sammelobjekt.
Die von ihm gesammelten Exlibris gliedert der Verfasser nach Motiven in fünf Gruppen. Er beginnt mit der Selbstdarstellung des Eigners, geht danach zu Paragraphenzeichen, Waage und Justitia über und schließt mit Verschiedenem. Im Anhang des für Kenner und Genießer sehr ansprechenden Werkes verzeichnet er Künstler und Eigner, darunter Gustav Radbruch, Hugo Sinzheimer und Ulrich Stutz.
Innsbruck Gerhard Köbler
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| Krüger, Kersten, Die landständische Verfassung ( = Enzyklopädie der Geschichte 67). Oldenbourg, München 2003. XI, 148 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Politische Mitbestimmungsrechte leiteten sich, so beginnt der Verfasser, Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Rostock, aus verschiedenen Traditionen her: zum einen aus der überkommenen Verfassung politischer Verbände, zum anderen aus dem römischen Recht und schließlich aus der Organisation der Kirche. Trotz dieser alten Wurzeln setzt die landständische Verfassung aber anscheinend erst im Hochmittelalter ein. Hier werden ziemlich gleichzeitig an verschiedenen Stellen (León 1188, England 1215, Ungarn 122 2, Heiliges römisches Reich 1231) Gruppen sichtbar, die ihre Mitwirkung an der Herrschaft über ein Gebiet einfordern.
Deswegen geht der Verfasser den älteren Wurzeln gar nicht weiter nach, sondern behandelt in seinem enzyklopädischen Überblick nur die Zeit zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert. Dabei folgen der Entstehung und dem Aufstieg die Struktur und Funktionen. Danach werden die Folgen der Reformation, ein Johann Jacob Moser (1769) nachgebildeter Modell-Landtag, eine Moser entnommene Übersicht über Landstände 1769 und zumindest chronologisch überraschend die Schwächung und Verdrängung nach dem Dreißigjährigen Krieg.
Unter Grundprobleme und Tendenzen der Forschung setzt der Verfasser wieder bei Moser ein. Nach der Bundesakte von 1815 wendet er sich der Literatur des 19. Jahrhunderts im Deutschen Bund wie im Deutschen Reich. Da hier die Landstände durch die Parlamente ersetzt werden, geht es danach im Wesentlichen um die Forschungsgeschichte, an der Juristen kaum (noch) beteiligt sind.
Breiten Raum nehmen danach Quellen und Literatur ein. Hauptsächlich kann dabei umfangreiche Literatur sechser Regionen , dreißiger weltlicher Territorien und neunzehner geistlicher Staaten vorgestellt werden. Angesichts dessen, dass die Bearbeitung der landständischen Verfassung gegenwärtig |
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| Küchler, Remigius, Obwaldens Weg nach Süden durch Oberhasli, Goms und Eschental (= Obwaldner Geschichtsblätter 24). Verein Säumerweg Brünig-Grimsel-Gries, Sarnen 2003. 416 S. Besprochen von Angelo Garovi. |
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Am 3. Juni 1403 schlossen die eidgenössischen Orte Uri, Unterwalden ob und nid dem Wald und Luzern ein Burg- und Landrecht mit dem Bischof von Sitten und den Walliser Zenden. Dieses Bündnis sicherte Obwalden (Unterwalden ob dem Wald) den kürzesten Weg nach Italien. Der Sarner Jurist und Rechtshistoriker Remigius Küchler hat zu diesem sechshundertjährigen Jubiläum die Handelsbeziehungen Obwaldens via Eschental nach Italien aufgearbeitet. Die Beziehungen ins Eschental sind schon im 14. Jahrhundert nachweisbar. 1382 wurde die „adelige“ politische Oberschicht in Obwalden und Nidwalden an einer gemeinsamen Landsgemeinde in Wisserlen gestürzt. Ziel der neuen „großbäuerlichen“ Oberschicht war es, den ennetbirgischen Handel zu propagieren. 1403 annektierten Obwalden und Uri das Livinental. Und bereits 1410 versuchten Uri und Obwalden - mit mehr oder weniger Unterstützung der anderen eidgenössischenOrte – das Eschental zu erobern. Nach vier Feldzügen waren sie schließlich erfolgreich. 1418 bestätigte ihnen König Sigismund den Besitz des Eschentals. Aber schon 1426 mussten die Eidgenossen nach einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Herzog Filippo Maria Visconti das Eschental wieder Mailand zurückgeben – und auch Obwalden unterschrieb nachträglich (1427) - nach Zusicherung einer Abfindungssumme – in Brig den Friedensvertrag. Dieser brachte Obwalden weitreichende handelspolitische Privilegien.
Küchler erwähnt diesen auch im Weißen Buch von Sarnen und in der Tschachtlan-Chronik (beide um 1470) überlieferten Versuch zur Eroberung des Eschentales. Doch: Bisher kaum erforscht und deshalb weitgehend unbekannt sind die handelspolitischen Beziehungen, die Küchler anhand bisher unbeachteter Quellen aus Obwalden, Bern, aus dem Wallis und Italien aufarbeitet und so neue Aspe |
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| Kuller, Christiane, Familienpolitik im föderativen Sozialstaat. Die Formierung eines Politikfeldes in der Bundesrepublik 1949-1975 (= Studien zur Zeitgeschichte 67). Oldenbourg, München 2004. VI, 393 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kuller, Christiane, Familienpolitik im föderativen Sozialstaat. Die Formierung eines Politikfeldes in der Bundesrepublik 1949-1975 (= Studien zur Zeitgeschichte 67). Oldenbourg, München 2004. VI, 393 S.
Die Familienpolitik bildet zunehmend einen wichtigen gesellschafts- und sozialpolitischen Themenbereich, der aufgrund seiner dezentralen Organisation der sozialstaatlichen Unitarisierungstendenz entgegenwirkt (vgl. S. 346). Dies führt nicht unerheblich zu der Unübersichtlichkeit und Widersprüchlichkeit, welche die Familienpolitik bis heute kennzeichnen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen Christiane Kullers steht die Entwicklung der westdeutschen Familienpolitik mit der Erweiterung des familienpolitischen Handlungsfeldes in den 60er und frühen 70er Jahren. Die Verfasserin geht dabei erstmals der Frage nach, wie unter besonderer Berücksichtigung Bayerns die föderativen Konfliktlinien verliefen und wie diese sich im Verlauf der 60er Jahre veränderten. Sie kann zeigen, dass die föderative Ordnung bestimmte Prämissen vorgab: Kompetenzverteilung, Finanzordnung und institutionelle Ordnung zwischen Bund und Ländern. Die Verfasserin hat sich mit Recht auf drei Problembereiche beschränkt, die „typische föderative Interaktionsformen im Bereich der Familienpolitik“ (S. 25) aufgreifen: die Entwicklung des Familienlastenausgleichs als Projekt der Bundespolitik, auf das die Länder über den Bundesrat Einfluss nehmen konnten, der Aufschwung der Familienbildungs- und –beratungsstätten, die als Bildungseinrichtungen der Kulturhoheit der Länder unterstanden, und die Entstehung des bayerischen Kindergartengesetzes von 1972 als Fallbeispiel für die familienpolitische Eigeninitiative eines Landes. Zunächst untersucht die Verfasserin detaillierter, als dies in vergleichbaren Arbeiten geschehen ist (vgl. u. a. D. Nelleßen-Strauch, Der Kampf um das Kindergeld. Grundanschauungen, Konzeption und Gesetzgebung 1959-1963, Düsseldorf 2003), die Veränderungen der Familienstru |
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| Kumlien, Mats, Uppfostran och straff. Studier kring 1902 års lagstiftning om reaktioner mot ungdomsbrott (= Rättshistoriskt Bibliotek 56), Lund 1997, 396 S., 8°. Besprochen von Dieter Strauch. |
Ganzen Eintrag anzeigen Kumlien, Mats, Uppfostran och straff. Studier kring 1902 års lagstiftning om reaktioner mot ungdomsbrott (= Rättshistoriskt Bibliotek 56), Lund 1997, 396 S.
Das Werk trägt den Titel (übs.): „Erziehung und Strafe. Studien zur Gesetzgebung von 1902 über Maßnahmen gegen Jugendstraftaten“. Es handelt sich um eine Uppsalenser Dissertation, die der dortige Ordinarius für schwedische Rechtsgeschichte, Rolf Nygren, betreut hat. Das hier vorgeführte Thema ist bis heute aktuell, geht es doch um die rechtspolitische Frage, ob Jugendliche ihrer Straftaten wegen zu bestrafen oder Erziehungsmaßnahmen zu unterwerfen seien. Das schwedische Strafgesetzbuch von 1864 hatte dafür bereits einige Grundregeln festgelegt: Kinder unter 15 Jahren waren nicht strafbar, sondern die Gerichte sollten „den Umständen entsprechend“ Erziehungsmaßnahmen anordnen, nämlich entweder Züchtigung durch die Eltern oder Einweisung in eine allgemeine Erziehungsanstalt. Allerdings gab es eine Ausnahme für 14-jährige Täter: Hatten sie ein schweres Verbrechen begangen und waren sie bereits hinreichend einsichtsfähig, so konnten sie strafrechtlich belangt, aber nur zu herabgesetzter Strafe verurteilt werden. Zwischen 15 und 18 Jahren waren die Jugendlichen straffähig, aber für gewisse Straftaten galten auch für sie geringere Strafen. Erziehungsmaßnahmen kamen für Täter, älter als 15 Jahre, nicht mehr in Frage. Dieser Stand der Dinge wurde seit dem Reichstag von 1896 allerdings kontrovers diskutiert. In der ersten Kammer war Gustaf Rudebeck, in der zweiten Fridtjuv Berg der Wortführer der Neuerer. Berg war es vor allem, der die Zielgruppen eines Jugendgerichtsgesetzes umriß: Es ging einmal um die Behandlung jugendlicher Missetäter, zum anderen um Fürsorge verwahrloster und sittlich vernachlässigter Kinder. Zur Vorbereitung eines Gesetzes setzte der König 1896 auf Bitte des Reichstages eine Kommission ein, die im Sprachgebrauch der Zeit „ligapojkskommitté“ (Rowdykommission) hieß.
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| Landwehr, Torsten, Das Kommissionsgeschäft in Rechtswissenschaft, Gesetzgebung und Rechtspraxis vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (= Rechtshistorische Reihe 277). Lang, Frankfurt am Main 2003. 411 S. Besprochen von Siegbert Lammel. |
Ganzen Eintrag anzeigen Landwehr, Torsten, Das Kommissionsgeschäft in Rechtswissenschaft, Gesetzgebung und Rechtspraxis vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (= Rechtshistorische Reihe 277). Lang, Frankfurt am Main 2003. 411 S.
In einem Zeitalter, in dem der Handel örtliche, nationale und internationale Grenzen überschritt, bedurfte es des Einsatzes von intermediären Hilfspersonen, um dieser Ausweitung der Handelstätigkeit gerecht werden zu können. Der einzelne Kaufmann reiste nicht mehr von einem Handelsort zum anderen, um seine Waren zu verkaufen oder neue Waren zu erwerben. Die Ausdehnung des Handelsgebietes bei gleichzeitig dem nicht Schritt haltenden eingeschränkten und beschwerlichen Verkehrsmöglichkeiten verlangte die Hinzuziehung von Personen, die mit der Ausführung von Teilbereichen des Handels betraut werden konnten. Dies wiederum führte nicht nur zu praktischen Schwierigkeiten – auch mit diesen Personen musste kommuniziert werden -, sondern auch zu neuen rechtlichen Problemen. Angesichts der mangelhaften Kommunikationstechnik war eines davon die Zu- oder Unzulässigkeit des Abweichens vom erhaltenen Auftrag. Die Einschaltung Dritter in eine eigentlich als Zweierbeziehung gedachte Handelsverbindung warf darüber hinaus haftungs- und zuordnungsrechtliche Komplikationen auf. Eine Handelsperson aus diesem neuen Bereich stellt der Kommissionär dar; mit der Herausbildung der auf ihn anwendbaren rechtlichen Grundlagen befasst sich die Göttinger Dissertation Landwehrs.
Die Arbeit ist in drei große Abschnitte gegliedert: im ersten wird die Rechtsliteratur des 16. und 17. Jahrhunderts zunächst auf die dogmatische Einordnung der Kommission untersucht; im zweiten Abschnitt geht es um gesetzliche Grundlagen der Kommission im 17. und 18. Jahrhundert; im dritten Abschnitt wird schließlich nicht nur die Rechtsliteratur, sondern auch die ökonomische Literatur des 18. bis hin zum beginnenden 19. Jahrhundert ausgewertet; abgeschlossen wird die Arbeit mit einem A |
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| Lebendiges Büchererbe. Säkularisation, Mediatisierung und die Bayerische Staatsbibliothek, eine Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek. Bayerische Staatsbibliothek, München 2003, 238 S. Besprochen von Elmar Wadle. |
Ganzen Eintrag anzeigen 1. Alte Klöster – neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003 in Bad Schussenried vom 12. April bis 5. Oktober 2003. Begleitbücher, hg. v. Himmelein, Volker/Rudolf, Hans-Ulrich unter Mitwirkung v. Blickle, Peter/Maier, Konstantin/Quarthal, Franz/Schlögl, Rudolf, Bd. 1 Ausstellungskatalog, Bd. 2,1 und 2,2 Aufsätze. Thorbecke, Ostfildern 2003. 1467 S.
2. Kirchengut in Fürstenhand. 1803: Säkularisation in Baden und Württemberg, Revolution von oben, hg. v. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg/Stadt Bruchsal. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2003. 152 S.
3. 1803. Wende in Europas Mitte. Begleitband zur Ausstellung im Historischen Museum Regensburg, hg. v. Schmid, Peter/Unger, Klemens, Schnell & Steiner, Regensburg 2003. 640 S.
4. Bayern ohne Klöster? Die Säkularisation 1802/03 und die Folgen. Eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, hg. v. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München 2003, 539 S.
5. Lebendiges Büchererbe. Säkularisation, Mediatisierung und die Bayerische Staatsbibliothek, eine Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek. Bayerische Staatsbibliothek, München 2003, 238 S.
Die runde Zahl von 200 Jahren bot vielfache Gelegenheit, die grundlegende Bedeutung des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 in Vorträgen, Aufsätzen, Tagungen und Ausstellungen zu würdigen. Die üblichen Publikationen, die bereits erschienenen[1] ebenso wie die noch geplanten, werden gewiss das Interesse der rechtshistorischen Forschung finden. Ausstellungen indes, die gesehen und erlebt werden wollen, haben es schwerer, in der wissenschaftlichen Diskussion rezipiert zu werden; es sei denn, sie sind in Katalogen gut dokumentiert oder durch „Begleitbände“ mit dem Diskurs verbunden.
Die hier angezeigten Ausstellungsbände erfüllen diese Voraussetzun |
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| Lehmann, Jochen, Sachherrschaft und Sozialbindung? Ein Beitrag zu Gegenwart und Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs (= Schriften zum bürgerlichen Recht 284). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 353 S. Besprochen von Thomas Finkenauer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lehmann, Jochen, Sachherrschaft und Sozialbindung? Ein Beitrag zu Gegenwart und Geschichte des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs (= Schriften zum bürgerlichen Recht 284). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 353 S.
1. In seinem ersten Teil (23-132) untersucht Lehmann den „Eigentumsbegriff des geltenden Zivilrechts“. Er legt dar, dass sich der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuchs bewusst einer Definition des Eigentums enthalten und lediglich eine Inhaltsbestimmung hat treffen wollen (31); er lehnt daher die Auffassung etwa von Sontis ab, der in § 903 S. 1 BGB[1] eine Legaldefinition erblickt (40, 44). Die Trennung von (unbeschränktem) Begriff und (beschränkbarem) Inhalt des Eigentums sei für das BGB prägend. Er tritt für die herrschende Meinung ein, die im Eigentum das umfassendste Recht an körperlichen Sachen sieht; nur diese Ansicht sei auch diejenige des Gesetzgebers gewesen (50). Die anderen Auffassungen, die zum Eigentumsbegriff vertreten werden, lehnt Lehmann als mit der Konzeption des BGB unvereinbar ab, wie das Eigentum als Ausschließungsrecht (Schloßmann), als Letztentscheidungsbefugnis (Schmidt-Rimpler), als Rechtsverhältnis (Blomeyer, Larenz, Georgiades) oder als Zuordnung (Westermann). Der herrschende Eigentumsbegriff habe die Funktion, dem Eigentümer ein subjektives Recht zuzuordnen, das dieser für seine eigenen Interessen verwerten könne und so die Herrschaft der Privatautonomie sichere; die zweite Funktion bestehe darin, die Einteilung unserer Sachenrechtsordnung in ein umfassendes Recht und beschränkte dingliche Rechte zu ermöglichen (90). Die drei Begriffe Totalität, Abstraktheit und Absolutheit kennzeichneten diesen Eigentumsbegriff; nicht auf derselben Stufe wie diese Begriffe stehe hingegen die sog. Elastizität des Eigentums, also seine Fähigkeit, nach Wegfall der dinglichen Belastung wieder zur umfassenden Berechtigung zu erstarken (91f.). Abschließend stellt Lehmann fest, dass der Eigentumsbegriff im 20. Jahrhun |
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| Levack, Brian P., Hexenjagd. Die Geschichte der Hexenverfolgungen in Europa, 2. Aufl. Beck, München 1999. 295 S. Besprochen von Harald Maihold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Levack, Brian P., Hexenjagd. Die Geschichte der Hexenverfolgungen in Europa, 2. Aufl. Beck, München 1999. 295 S.
Die Geschichtsschreibung der Hexenprozesse ist in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche regionale Untersuchungen bereichert worden. Der Versuch einer Gesamtdarstellung wurde jedoch bisher nur selten unternommen, und das inzwischen zur Einführungslektüre für Proseminare und Seminare gewordene Buch Gerhard Schormanns beschränkt sich auf die deutschen Länder. Das Buch Levacks, das 1999 bereits in zweiter Auflage und 2003 in dritter Auflage vorgelegt wurde, schließt eine Lücke im Angebot, weil es das Hexenthema als Gesamtphänomen darstellt, und zwar mit drei Besonderheiten. Erstens wird die Hexenverfolgung im gesamten europäischen Raum und nicht nur in Deutschland dargestellt, was die regionalen Unterschiede noch mehr hervorhebt. Zweitens fokussiert Levack die Darstellung schon von der ersten Seite an ganz auf die Frage, wie sich das Phänomen der Hexenjagd erklären läßt. Drittens schließlich verarbeitet er überwiegend englischsprachige Literatur, so daß er eine hilfreiche Ergänzung zu den deutschsprachigen Untersuchungen bietet. Der Levack hat damit alles, um ein wichtiges Einführungs- und Nachschlagewerk zur Geschichte der Hexenverfolgung zu werden. Wünschenswert wäre dazu in einer späteren Auflage die Beifügung eines Sachregisters.
Mit dem Titel des Buches stellt Levack die These auf, daß die Hexenverfolgung sich als gesamteuropäisches Phänomen darstellen und erklären lasse. Schon die einführenden Kapitel, erst recht aber die chronologisch-regionale Übersicht (S. 176ff) lassen jedoch daran zweifeln, ob man statt von „der Hexenjagd“ nicht besser von „den Hexenjagden“ sprechen sollte. Auch Levack kommt zu dem Ergebnis, daß „Hexenjagden außerordentlich vielschichtige historische Phänomene“ sind, „die nur aus einer Interaktion philosophischer, gesetzlicher und psychologischer Tendenzen zu erklären sind“ und „daß man von eine |
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| Lichtmannegger, Susanne, Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck 1945-1955. Zur Geschichte der Rechtswissenschaft in Österreich im 20. Jahrhundert (= Rechts- und sozialwissenschaftliche Reihe 23). Lang, Frankfurt am Main 1999. 404 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Lichtmannegger, Susanne, Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck 1945-1955. Zur Geschichte der Rechtswissenschaft in Österreich im 20. Jahrhundert (= Rechts- und sozialwissenschaftliche Reihe 23). Lang, Frankfurt am Main 1999. 404 S.
Lehrer wie Franz Gschnitzer, Theodor Rittler, Friedrich Nowakowski, Nikolaus Grass oder Walter Antoniolli, so beginnt die Verfasserin ihre im Rahmen eines Forschungsprojektes am Universitätsarchiv Innsbruck entstandene Untersuchung, prägten die junge Juristengeneration der durch außergewöhnliches, intellektuelles und wissenschaftliches Niveau beeindruckenden rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät Innsbruck der Jahre nach dem zweiten Weltkrieg. Wegen der im akademischen Leben üblichen jahrzehntelangen Kontinuität hebt sie freilich umgehend die selbst gesetzten zeitlichen Schranken auf und bezieht vornehmlich Nationalsozialismus und Austrofaschismus in das Blickfeld ein. Auf diese Weise werden rund 100 Vertreter der Rechtswissenschaft in Österreich im 20. Jahrhundert mit mehr oder weniger vielen Daten sichtbar.
Gegliedert ist die Untersuchung nach den einzelnen Fächern der Fakultät. Dadurch gelangt die Verfasserin zu acht übersichtlichen Einheiten. Von ihnen kann hier die Nationalökonomie vernachlässigt werden, weil sie zu dieser Zeit zwar noch einen hergebrachten, für Mehrheiten auch durchaus wichtigen Platz innerhalb einer rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät hat (Adolf Günther, Ansbach 21. 3. 1881-Innsbruck 14. 1. 1958), aber nicht Rechtswissenschaft ist.
Im Kirchenrecht steht im Mittelpunkt der in Salzwedel am 22. 9. 1880 geborene, in Breslau aufgewachsene, in Breslau Theologie, Philosophie, Rechtswissenschaft und Staatswissenschaft studierende, 1908 für Kirchenrecht, Staatsrecht und Völkerrecht habilitierte, in Innsbruck schon 1910 ins Gespräch gekommene, dann jedoch als außerordentlicher Professor nach Münster berufene, in Köln seit 1919 le |
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| Lieb, Thorsten, Privileg und Verwaltungsakt. Handlungsformen der öffentlichen Gewalt im 18. und 19. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 280). Lang, Frankfurt am Main 2004. 236 S. Besprochen von Franz-Ludwig Knemeyer. |
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Lieb, Thorsten, Privileg und Verwaltungsakt. Handlungsformen der öffentlichen Gewalt im 18. und 19. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 280). Lang, Frankfurt am Main 2004. 236 S.
Neben der Arbeit Markus Engerts über die historische Entwicklung des Rechtsinstituts Verwaltungsakt – erschienen kurz vor Drucklegung der hier anzuzeigenden Schrift – liegt mit der Bayreuther Dissertation von Thorsten Lieb eine zweite Untersuchung zu Handlungsformen der öffentlichen Gewalt – nicht nur der Verwaltung im heutigen Sinne – im 18. und 19. Jahrhundert vor. Beide Arbeiten zeigen die Entwicklungen in Deutschland hin zu den maßgeblich vom französischen Recht übernommenen act administratif. Die Arbeit Thorsten Liebs ist freilich im Wesentlichen eine Untersuchung zu Bedeutung und Niedergang der Rechtsinstitution des Privilegs. Dem Verwaltungsakt wird als in Deutschland neuer Handlungsform der Verwaltung nur innerhalb des fünften Kapitels ein geringer Raum gewidmet, um ihn dem Privileg gegenüberzustellen.
Den eigentlichen Kern der Arbeit bildet also die Entwicklung des Privilegs als Rechtsbegriff vor allem auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Der Untersuchungszeitraum ist bestimmt durch das Ende des Ancien-régime und die Französische Revolution, in deren Folge die Privilegienordnung in Frankreich beseitigt wurde und durch die Abschaffung der letzten Privilegien im rechtlichen Sinne in Deutschland in den 1930er Jahren. Erstaunlich ist für den Verwaltungsrechtler die Langlebigkeit der Institution des Privilegs trotz des sich langsam durchsetzenden Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz.
Gegliedert in sechs Kapitel stellt die Arbeit zunächst das Privileg am Ende des Ancien-régime vor. Ausgehend von unterschiedlichen Begriffsgehalten wird das Privileg im Rechtssinne gegen Ende des 18. Jahr |
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| Lies-Benachib, Gudrun, Immissionsschutz im 19. Jahrhundert (= Schriften zum Umweltrecht 122). Duncker & Humblot, Berlin 2002. IV, 479 S. Besprochen von Werner Schubert. |
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Koch, Norbert, Die Entwicklung des deutschen privaten Immissionsschutzrechts seit Beginn der Industrialisierung. Unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der höchstrichterlichen Rechtsprechung (= Rechtshistorische Reihe 293). Lang, Frankfurt am Main 2004. XXXIX, 395 S.
Das private und öffentliche Immissionsschutzrecht nimmt seit der Industrialisierung des beginnenden 19. Jahrhunderts eine Schlüsselstellung im Rechtssystem ein und stellt einen wichtigen Indikator für dessen Funktionsfähigkeit dar. Die bisherigen Arbeiten zum Immissionsschutzrecht von R. Ogorek, A. Thier, P. Preu und Ingo Palmer (vgl. Lies-Benachib, S. 25ff.) behandeln nicht zuletzt im Hinblick auf die Materialfülle nur Teilbereiche der Thematik, indem sie sich auf kürzere Zeitabschnitte beschränken oder anhand kleiner Untersuchungsgebiete arbeiten. Die Werke Lies-Benachibs und Kochs erweitern den zeitlichen Rahmen und die Quellenbasis gegenüber den genannten Darstellungen erheblich und streben eine Gesamtschau an: Die Arbeit Lies-Benachibs für das 19. Jahrhundert hinsichtlich des privaten und öffentlichen Immissionsschutzrechts, Kochs für das private Immissionsschutzrecht des 19. und 20. Jahrhunderts. Aus den Darstellungen ergibt sich folgender Entwicklungsgang: Der einsetzenden Industrialisierung begegnet die gemeinrechtliche Literatur mit einer Ausweitung der römischrechtlichen Quellen (D. 8, 5, 8, 5-7) zur Behandlung der nachbarrechtlichen Immissionsfälle, die allerdings erst 1863 mit der weiten Immissionstheorie Iherings (Einbeziehung auch von Lärm; vgl. Lies-Benachib, S. 41) abgeschlossen war. Ihering stellte mit der Erweiterung der actio negatoria zu einer allgemeinen Eigentumsklage nicht mehr auf die Art und Form der Einwirkung, sondern auf das Maß der Beeinträchtigung ab. Die Bestimmung des zu duldenden Maßes von Immissi |
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| Lilla, Joachim, Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933-1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924, unter Mitarbeit v. Döring, Martin/Schulz, Andreas. Droste, Düsseldorf 2004. 48*, 997 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
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Nach der in Weimar ausgearbeiteten Verfassung des (zweiten) Deutschen Reiches war der Reichstag (zusammen mit dem Reichsrat) das für die Gesetzgebung zuständige Verfassungsorgan. Durch sein Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 übertrug er seine Gesetzgebungsgewalt auf die Reichsregierung. Seitdem führte er ein gespenstisches Schattendasein und trat bis 26. April 1942 nur noch zu 19 Sitzungen zusammen.
Gleichwohl bestand er. Am Ende gehörten ihm mehr als 800 Abgeordnete an. Sie waren ausschließlich Mitglieder und Hospitanten der Fraktion der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei.
Eine befriedigende Übersicht über sie bestand bisher nicht. Dem hilft das neue Werk in vorzüglicher Weise ab. Insgesamt erfasst es in 1294 Artikeln (nach dem Umschlag 1295) Männer des Reichstags nach dem einheitlichen Aufbau Name, Geburtsdaten und Sterbedaten, Dauer der Zugehörigkeit, Mitgliedschaft in Landesparlamenten, Biographie und Quellennachweise.
Adolf Hitler ist die Nr. 433. Er war Mitglied des Reichstags von März 1933-1945 für den Wahlkreis 24. Im Übrigen beschränken sich die Angaben, um nicht Eulen nach Athen zu tragen, auf die Worte Führer, […] besuchte Volksschule und Unter-Realschule. War, um seine Studien zu ermöglichen, Bauarbeiter. Von 1914 bis 1920 Soldat. Ab 30. Januar 1933 Deutscher Reichskanzler.
Eineinhalb Seiten nimmt demgegenüber Roland Freisler (Nr. 261) ein. Etwa zwischen diesen Längen schwanken die von Abicht bis Zunkel reichenden Artikel. Gerade weil die meisten Abgeordneten mit der Partei stiegen und fielen und deswegen wie etwa der Bürgermeister Ernst Ittameier von Wassertrüdingen oder der Forstadjunkt |